1908 / 152 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 30 Jun 1908 18:00:01 GMT) scan diff

mich auf die Bemerkung beschränken, wie die heutigen Ausführungen des Herrn Abgeordneten nur bestätigen, daß die Widerlegung seiner Behauptungen vom 27. Juni seitens des Herrn Finanzministers schlagend gewesen ist (Lachen bei den Soztaldem.) und das Richtige in jeder Beziehung getroffen hat. (Bravol rechts.)

Abg. Dr. Wiemer (frs. Volksp.): Die Notverordnung, die uns jetzt beschäftigt, stellt dcüde geeigneten Tummelplatz für Aus⸗ einandersetzungen über Arbeitsverhältnisse und Lohnbedingungen dar. Darauf einzugehen, haben wir später bei der Etatberatung noch Ge⸗ legenheit genug. Aber eins will ich bemerken: Im letzten Wahl⸗

f hat die Sozialdemokratie besonders uns gegenüber in schärfster Form den Terrorismus und Bopykott ge⸗ übt. Eine Wahlbeeinflussung, die von soztaldemokratischer Seite geübt wird, muß nicht minder scharf verurteilt werden, wie jede Beeinflussung, die von anderer Seite gegenüber ab⸗ hängigen Wählern ausgeübt wird. Notwehr ist lediglich ein Slag. wort, mit dem nichts bewiesen und nichts erechtfertigt wird. wehr kann doch nur gegenüber denjenigen erfolgen, die eine Bedrückung ausüben. Das aber können Sie von den harmlosen, von der Sozialdemokratie abhängigen Gastwirten, Kaufleuten und anderen Elementen nicht behaupten. Deshalb gereicht es der Sozialdemokratie nicht zum Ruhme, wenn diese Art von Wahl⸗ beeinflussungen vorkommt und hier noch verteidigt und beschönigt wird. Was den Gesetzentwurf betrifft, so hat die in der

Zgwoischenzeit möglich gewordene nähere Prüfung die von uns bei der

ersten Lesung geltend gemachten Bedenken nicht nur nicht beseitigt, fondern im Gegenteil nur noch verstärkt. Die von mir bereits erwähnten Argumente will ich nicht wiederholen, aber 89 andere hinweisen, die für die Beurteilung der V n Betracht kommen. Aus juristischen Gründen ist es mir zweiselhaft ob der Weg, den die Regierung gewählt hat, überhaupt gangbar ist. Durch eine kirchliche Notverordnung kann keine dauernde Umlage eingeführt werden. Das kann nur durch ein in den vorgeschriebenen Formen erlassenes Kirchengesetz geschehen. Die Berufung auf 8

der Generalsonodalordnung iür F 8 Mhäber Fniin⸗ rründen n zulässig. 2 die Möglichkeit geschaffen, die Gebcser der Umlagen gerichtlich anzufechten, weil sie nicht in der kirchen⸗ rechtlich allein zulässigen Weise beschlossen worden sind. Dazu kommt ein staaisrechtliche Bedenken: Im 1 des Entwurfs ist das Datum nicht in den Text bineingeschrieben, und was jetzt be⸗ lossen wird, ist somit unvollständig. Das Datum kann nicht einfach sFloffen a⸗ werden, dies wäre ein staatsrechtliches Unikum und von bedenklicher Tragweite. Der Staatszuschuß kann nicht verweigert werden, wenn der notwendige zweite Teil der Maßnahme jetzt ge⸗ nehmigt wird; die Bewilligung des Staatszuschusses wird dann später nur noch eine Formsache sein. Wir sind gar nicht in der Lage nachzuprüfen, ob die von den Synoden beschlossenen Steuersätze auch richtig sind. Es soll und wird erreicht werden, daß die Geistlichen schon vor der allgemeinen Besoldungsaufbesserung höhere Bezüge erhalten. Die Verwendung der kirchlichen Mittel ge⸗ schieht doch unter Mitwirkung des Staates, wie sie den Staats⸗ beamten nicht zuteil wird. Das erregt berechtigte Verstimmung. Die Beamten, die jetzt keine Gehaltserhöhung bekommen, sollen noch zu erhöhten Umlagen für kirchliche Zwecke herangezogen werden. Wenn man die Vorlage in jeder Beziehung einwandfrei gestaltet hätte, wäre sie einstimmig vom Hause angenommen worden.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Holle: Meine Herren! Der geehrte Herr Vorredner hat heute im wesentlichen dieselben sachlichen Gründe, nur unter näherer Aus⸗ führung, wiederholt, die er am 27. Juni schon vorbrachte. Ich möchte

doaher nur ganz kurz auf einige Punkte erwidern.

Es handelt sich bei dieser Vorlage in keiner Weise um staatliche Mittel, sondern lediglich um die Erhebung kirchlicher Steuern. Die⸗ selben sollen nicht dazu dienen, Besoldungserhöhungen bei allen Geist⸗

lichen durchzuführen oder Teuerungszulagen zu geben in ähnlichem

Umfange, wie sie die Lehrer bekommen haben, sondern nur dazu, einen verhältnismäßig kleinen kirchlichen Fonds zu sammeln, aus dem be⸗ dürftigen Geistlichen Vorschüsse auf die zu erwartende Gehaltsauf⸗ besserung gegeben werden können.

Der Nachweis der Gesetzmäßigkeit der Vorlage ist eingehend unter

Anführung der gesetzlichen Bestimmungen in der Begründung erbracht.

Ich brauche daher darauf nicht näher einzugehen. Wenn der Herr Vor⸗ redner an der Vorlage bemängelt hat, daß das zu bestätigende Kirchen⸗ gesetz ohne Datum angegeben sei, so erwidere ich ihm, daß dies in ähnlichen Fällen stets geschieht und auch in der Vergangenheit stets geschehen ist. Das Kirchengesetz bekommt sein Datum erst durch die Allerhöchste Bestätigung, und diese kann erst eingeholt werden, wenn das zur Ergänzung des Kirchengesetzes erforderliche Staatsgesetz von

den beiden hohen Häusern des Landtags genehmigt ist.

Die Bewilligung von Staatszuschüssen kommt, wie ich mir bereits auszuführen erlaubt habe, jetzt überhaupt nicht in Frage; darüber wird erst bei der Beratung des Pfarrerbesoldungsgesetzes selbst zu be⸗ finden sein.

Nachdem der Abg. Dr. Iderhoff (freikons.), der sodann das Wort erhält, darauf verzichtet hat, geht der Antrag ein, die Debatte zu schließen. Zum Wort ist noch der Abg. Hoff⸗ mann (Soz.) gemeldet. Der Schlußantrag wird gegen die

Stimmen der Sozialdemokraten, der Freisinnigen und eines Teils des Zentrums und der Nationalliberalen angenommen.

Die Vorlage gelangt darauf im einzelnen und bei der Gesamtabstimmung gegen die Stimmen der Freisinnigen und

der Sozialdemokraten zur endgültigen Annahme.

Damit ist die

Präsident v röcher teilt den Eingang folgenden Schreiben

des Präfident; des nee mik: „Eure Exzellenz beehre

mich ganz ergebenst zu ersuchen, die Mitglieder des

der Abgeordneten zu einer vereinigten Sitzung beider

des Landtags zur Entgegennahme einer Allerhöchsten

heute mittag 12 Uhr in den Sitzungssaal

Abgeordneten gefälligst einladen zu wollen.“

8 888 dann fort: Damit sanh Eie ee J angelangt. unsere Sitzun

demselben Rufe, mit 8 i salichen haben, mit dem Rufe:

Seine Majestät der Kaiser, unser Allergnädigster König und Herr,

vor dem Hoch den Saal verlassen; die anwefenden Mitalieder stimmen begeistert dreimal in das Hoch ein.) Ich schließe die Sitzung.

Schluß 10 ¾ Uhr.

Um 12 Uhr Mittags traten beide Häuser des Landtags zur gemeinsamen Schlußsitzung ban welcher der Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Fürst von Bülow, der Vizepräsident des Staatsministeriums, Staatssekretär des Innern Dr. von Bethmann Hollweg, der Justizminister Dr. Beseler, der Minister der öffentlichen Arbeiten Breitenbach, der Minister des Innern von Moltke und der Staatsminister Sydow beiwohnten. Präsident des Herrenhauses Freiherr von Manteuffel: Ich eröffne die Schlußsitzung der beiden vereinigten Häuser des Landtags berufe zu Schriftführern die Herren Jürgensen, von dem. Hagen

vrifägdes von Burgsdorff. Ich gebe das Wort dem Herrn Minister⸗

des Staatsministeriums, Reichskanzler Fürst von Buülow: Ich habe den beiden Häausern des Landtags eine Alerhöchste Botschaft zu verkünden. (Die Versammelten erheben sich, die Sozialdemokraten sind nicht anwesend.) Die Botschaft lautet: „Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen, haben auf Grund des Art. 77 der Verfassungsurkunde vom 31. Ja⸗ nuar 1850 den Präsidenten Unseres Staatsministeriums, Fürsten von Bülow, beauftragt, die gegenwärtige Sitzung beider Häuser des Landtags Unserer Monarchie am 30. Juni d. J. in Unserem Namen

zu schließen. Gegeben Kiel, an Bord M. J. „Hohenzollern“, den 30. Juni 1908. (gez.) Wilhelm R. Gegengeleichnet von dem Königlichen Staatsministerium.“ be die Ehre, dem Herrn Präsidenten die Urkunde zu über⸗ 1 c. ba Brund des mir erteilten Allerhöchsten Auftrages erkläre ich die Sitzungen des Landtags für geschlossen.

Präsident des Herrenhauses Freiherr von Manteuffel: Meine Herren, ehe wir auseinandergehen, wollen wir wiederum einstimmen in den Ruf: Seine Majestät der Deutsche Kaiser Wilbelm II., König von Preußen, unser Allergnädigster Herr, lebe hoch, hoch und nochmals hoch! (Die Versammelten stimmen dreimal in den

Ruf

Präͤfident

ein.) Schluß 12 Uhr 7 Minuten.

8 Zur Arbeiterbewegung.

In einer Versammlung der Berliner Rohrleger und Helfer, die der Allgemeine Deutsche Metallarbeiterverband zu Sonntag einberufen hatte, wurde die Beratung des neuen Tarif⸗ entwurfs beendet. Der von der Tarifkommission vorgelegte Ent⸗ wurf wurde, der „Voss. Stg. zufolge, im wesentlichen an⸗ genommen, nur die von der Kommission vorgesehenen Lohnforde⸗ rungen der Helfer wurden von der Versammlung um 5 erhöht. In dem nunmehr angenommenen Tarifentwurf fordern die Rohr⸗ leger eine Erhöhung des Stundenlohns von 67 ½ auf 75 ₰, die Helfer von 50 auf 60 ₰. Die Arbeitszeit soll wie bisher 9 Stunden betragen. Die Landzulage soll von 3 auf 3,50 erhöht werden. Der neue Tarif soll am 1. September d. J. in Kraft treten und bis zum 1. September 1910 gelten. Die Arbeitgeber werden voraussichtlich heute ihren Tarifentwurf fertiggestellt haben. Für die Bewegung kommen etwa 3000 Rohrleger und Helfer in Berlin in die bei etwa 250 Unternehmern beschäftigt sind. In der Ver⸗ ammlung am Sonntag wurde ein Antrag des Vertreters der christ⸗ lichen den Professor Dr. Franke als Ver⸗ mittler für die gegenwärtigen Organisationsstreitigkeiten anzurufen,

abgelebnt.

„W. T. B.“ meldet aus Göteborg unter dem 29. Juni: Als beute hier 350 englische Arbeitswillige eintrafen, kam es 28 großen Straßenunruhen, bei denen die Menge, als die Polizei gegen sie vorging, mit Steinen gegen die Beamten warf. Auch wurden einige Schüsse abgefeuert und mehrere Personen verwundet. Während der Unruhen brach in einem Holzlager Großfeuer aus.

Kunst und Wissenschaft.

Das Märkische Museum (am Märkischen Platz) wird vom 1. Juli ab an allen Tagen mit Ausnahme der Sonnabende von 10 bis 3 Uhr für das Publikum geöffnet sein. Der Eintritt ist un⸗ entgeltlich. Ein kurzer Führer durch die Sammlungen ist im Vor⸗ raum für 10 zu haben.

Technik.

Wie an anderer Stelle kurz gemeldet wurde, hat in der ersten Sitzung der z. Z. in Dresden tagenden 49. Hauptversammlung des Vereins Deutscher Ingenieure der General der Kavallerie z. D. Graf von Serneg einen Vortrag über lenkbare Luftschiffe gehalten. achdem der Redner einleitend darauf hingewiesen hatte, daß er schon seit zwölf Jahren mit dem Verein Deutscher In⸗ genieure in Beziehung stehe, und seinen Dank für die Aufmunterung und Unterstützung wie nicht minder für gewordene ve aus⸗ gesprochen hatte, die ihn wobl auf seinem Wege geleitet, ihn aber nicht von dem gesteckten Ziel hätten abbringen können, ging er seiort auf die Darstellung des von ihm erdachten und zur Durch⸗ ührung gebrachten Luftschiffsystems über. Er wies dabei zunächst auf die von sbmn schon vor langer Zeit aufgestellte Tatsache, die nachher von verschiedenen Forschern durch Beobachtungen bestätigt wurde, hin, daß der Widerstand einer bewegten und auf diese Weise von der Luft angeströmten Fläche nicht im gleichen Verhältnis mit der Flächengröße wachse, daß vielmehr die bewegten Flächen einen Druck erleiden, der mit der Zunahme der Flächen⸗ größe nur in einem immer rascher abnehmendem Ver⸗ hältnis wächst. Die Bedeutung dieser Wahrheit ist für die Luftschiffahrt, die notwendig mit Körpern von gewaltigen Querschnitten arbeiten muß, von höchster Bedeutung. Auch die von Helmholtz vor Jahren ausgesprochene Ueberzeugung, daß der Bau von Luftschiffen überhaupt unmöglich sei, konnte den Grafen nicht von der Durchführung seiner Idee abbringen; denn schon die Ueberlegung, daß die Abhängigkeit der Geschwindigkeit der Seeschiffe von der Ge⸗ schwindigkeit des Wogenganges einem ganz anderen Gesetz folge, als die der Luftschiffe von den von ihnen erzeugten Luftwogen, brachte ihn auf den Gedanken, daß in den Helmholtzschen Darstellungen nicht alles sein könne. Tatsäͤchlich i ja auch die Ursache Heenhol schen Irrtums in der Einsetzung eines falschen I1“ er⸗ kannt worden. Dann entwickelte Graf Zeppelin die Idee, die ihn zu der Annahme seines starren Systems geführt hat. Eine starre zvlindrische, die Gaszellen enthaltende Röhre, die eine Gondel mit Motor tragen soll, kann natürlich nicht eine bestimmte Länge über⸗ schreiten, ohne daß die Auftriebsverhältnisse zu ungünstig werden. Nichts aber hindert, mehrere solcher Röhren mit darunter befind⸗ lichen Motorgondeln aneinanderzusetzen; man gelangt so zu der Möglichkeit, Luftschiffe von bestimmtem Querschnitt und von fast unbegrenzter Länge zu bauen, wobei noch der Vor⸗ teil gewonnen wird, daß das Fahrzeug mehrere Motoren erhält, ein Umstand, der die Betriebssicherheit natürlich be⸗ deutend erhöht. Die starre zylindrische Röhre mit darin befindlicher Gaszelle weist aber noch andere Vorteile auf; nämlich die für die Steuerfähigkeit unentbehrliche Erhaltung seiner äußeren Gestalt ohne jedes weitere Hilfsmittel (Fortfall der Ballonets), Leichtigkeit des Befestigens von Steuern und Stabilitätsflächen usw. Ein starres Luftschiff muß natürlich einen bestimmten Festigkeitsgrad haben, um alle zu erwartenden Beanspruchungen aushalten zu können. Die während der Fahrt in der Luft eintretenden Drucke und Spannungen sind ver⸗ hältsnismäßig gering und hängen nur von der Eigenbewegung des Fahr⸗ zeuges ab, da Winde und Stürme, wie noch vielfach von Laien gemeint wird, mit ihrer Kraft nicht in Betracht kommen. Das Luftschiff be⸗ wegt sich mit denselben Beanspruchungen in der 2 Atmosphäre wie in der ruhenden. Dagegen sind die Kräfte, die beim Landen durch relative Bewegung der Atmosphäre zur Erdoberfläche entstehen, wohl ins Auge fassen. Die Erfahrungen, die mit den bisher gebauten starren Schlcer beim Niedergehen auf eine gewonnen sind, haben in jeder Beziehung sehr günstige Ergebnifse phant. Der Redner schilderte dann eingehend die Leistungen der Luftschiffe beim Niedergehen auf der Wasserfläche des Bodensees und die Einrich⸗ tungen, welche sich hieraus sin ein Niedergehen auf dem festen Lande als notwendig herausstellen. Die überzeugende Darstellung gipfelt darin, daß das Landen derartiger gewaltiger Flugkörper vermittels geeigneter Vorrichtungen, die auf dem Erdboden getroffen sind, ohne

Gefahr vonstatten gehen wird.

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Die Propeller, die bei dem Zeppelinschen Luftschiff gebrauch wurden, zeichnen sich durch lhr⸗ verhältnismäßig geringe Orßfe aus. Der Graf legte eingehend die Versuche dar, die ihn zu dieser An⸗ ordnung bestimmt haben. Schnell drehende kleine Schrauben wirken danach günstiger als große und langsam drehende. Nach dem Redner gilt der einfache Erfahrungssatz, daß die Größe der Schrauben am hesten so zu wählen ist, daß der Motor auf die für ühn geeignetste Drehzahl kommt. Ein Hauptvorzug des starren Systems ist der, daß d ropeller in der richtigen Sge das heißt in der Höhe des iderstandsmittelpunktes angebracht werden können, was bei den un starren Systemen nicht der Fall ist. Dieser Umstand es alle dings mit sich, daß jede Geschwindigkeitsveränderung während de Fahrt von den Gondeln anders aufgenommen wird als von dem eigentlichen Schiffskörper, sodaß das System hierdurch eine Neigung zur Aufrichtung beziehungsweise zum Niederkippen erhält, welche, einma v durch die steilere Stellung der Unterflächen beziehungsweise Oberflächen des defhniff behen noch gesteigert wird. Aber dieser kleine Nachteil wird sofort durch den günstigen Umstand übertroffen, daß die starr mit dem Luftschiffkörper befestigten Motorgondeln infolge ihres großen Gewichts und des langen Hebels ein großes Kräftemoment entwickeln welches dem Umkippen entgegenwirkt. Obwohl die starren System aus diesem Grunde sich bereits einer verhältnismäßig guten Stabilitä erfreuen, ist es dennoch angebracht, sie an ihrem Heck mit sogenannte Stabilitätsflossen, wie sie bei allen anderen Luftschlffsystemen auf⸗ treten, zu versehen. Das starre System bietet den großen Vorteil, daß man solche Flächen an jeder Stelle und in jeder beliebigen Größe anbringen kann. 8

Nachdem der Redner dann die Eigenschaften des bei dem Bau des Gerippes verwendeten Aluminiums und der benutzten Profile usw. besprochen hatte und auf die Dichtigkeit seiner Gashüllen, die so gut wären, daß in 24 Stunden nur ein Auftriebsverlust von etwa 22 kg eintritt, eingegangen war, wurde eingehend übe die lediglich bisher benutzten Daimler⸗Motoren berichte Die beim letzten Luftschiff eingebauten wogen ohne Schraube und Uebertragungen 500 2 sind also bedeutend schwerer als die Motoren anderer Systeme. Sie haben aber den großen Vorteil, daß sie verhältnismäßig weniger Betriebsmittel verzehren als Motoren von gleicher Stärke, aber mit viel geringerem Gewich Mit Benutzung von Zahlen wies der Redner die überraschende Tat sache nach, daß für Luftschiffe verhältnismäßig schwere Motoren mit geringem Benzinverbrauch günstiger sind als leichtere von gleicher Stärke. Ein Luftschiff mit genügend großer Geschwindigkeit, etwa 1 bis 14 m in der Sekunde, das vermöge seines Benzinverbrauchs ein lange Fahrzeit habe, ist eben mehr wert als ein schnelleres Schiff mi geringerer Fahrzeit.

Die folgenden Auseinandersetzungen beschäftigten sich mit den Steuern des Luftschiffs. Eingehend wurden die bielen Erfahrungen besprochen, die man bei der Seitensteuerung durch Verlegung un Vergrößerung dieser Steuer gewonnen hat. Dann wurde auf die hohe Bedeutung der Höhensteuer 8. die Fahrt und die Leistung hingewiesen, bei welchen ganz besonders die Vorteile des starren Systems in Betracht kamen.

Der Redner ging dann auf die genauere Darstellung der Ge wichtsverhältnisse des neuesten Luftschiffs über. Besonders wertvoll war der Hinweis, daß die Abmessungen dieses Luft⸗ schiffes so gewählt sind, daß nicht nur alle zur Bewegung und

ührung unter den verschiedenen denkbaren Vorkommnissen er⸗ orderlichen Menschen (insgesamt 12), sondern auch alle Einrich⸗ tungen und Gegenstände, welche bei dem Betrieb als notwendig in Betracht kommen, doppelt mitgenommen werden können. Der Graf besprach ferner die Geschwindigkeiten der von ihm erbauten Luftschiffe und die Geschwindigkeitsfrage überhaupt. Die verschiedenen Methoden der Geschwindigkeitsmessung wurden ehirden und als beste diejenig hingestellt, dieselbe Wegstrecke hin und her bei möglichster Windstill mehreremal zu überfliegen und aus den ermittelten Geschwindigkeiten das Mittel zu nehmen. Auf diese Weise wurden für das ältere Luft⸗ schiff ungefähr 50 Stundenkilometer ermittelt. 8

Nachdem der Redner darauf aufmerksam gemacht hatte, daß möglicherweise einzelne Luftschiffe unstarrer Systeme größere Ge⸗ schwindigkeiten entwickeln könnten oder auch eclass Fahrtdauer, abe niemals beides zugleich, stellt er für diese Systeme folgend leitenden Grundsätze auf: 8

1) sie können nicht in derselben 18 durchfahren wie die ganz starren Luftschiffe

2) eine Beschädigung ihrer einheitlichen Gaszelle führt zu Verlust nicht nur der Tragfähigkeit, sondern noch schneller der Gestal welche zum Steuern unerläßlich ist;

3) die Erhaltung der Gestalt bleibt immer ungestörten Wirkung der stets empfindlichen Ballonetvorr von dem Gang des zugehörigen Motors.

um Schluß gab Gra eeppelin eine interessante Darstellung des Werdeganges seines Luftschiffes. Er wies f die vielen Schwierig keiten und Hindernisse hin, die er nur durch ein seltenes Zusammen⸗ wirken von glücklichen Bedingungen habe überwinden können, und be⸗ dauerte, daß so mancher Erfinder, der vielleicht eine die de Menschheit fördernde Idee vertreten habe, nicht in derselben Weise vom Glück begünstigt worden sei. Obwohl er wisse, wie groß die Schar der Erfinder sei, die aus Unkenntnis der in Betracht kommenden Ver⸗ hältnisse oder nicht mit der nötigen Vorbildung ausgerüstet, sich mit Problemen beschäftigen, die eine Förderung überhaupt nicht finden können, ist der Graf doch der Meinung, daß man ernstlich daran denken müsse, wirklich wertvolle Erfindungen zu heben und zu fördern. Ihm schwebe in dieser Beziehung ein aus staatlichen und anderen Mitteln zu unterhaltendes Institut vor, das die Aufgabe habe, durch Fachmänner ihm vorgelegte wertvolle Gedanken und Er⸗ findungen zu prüfen. Er glaube, daß auf diese Weise am besten der Weizen von der Spreu gesoades werden könne, und sei gern bereit, vesennc durch eine Stiftung bei der Gründung eines solchen Institut mitzuwirken. 3

it den Luftraum ebensowei

von de stung und

Land⸗ und Forstwirtschaft. Saatenstand in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Der Kaiserliche Konsul in St. Paul berichtet unterm 11. d. M. Die Ernteaussichten im amerikanischen Nordwesten sind trotz der reichlichen Regenfälle, die über Minnesota, Nord⸗ und Süd⸗Dakot während der letzten vier Wochen niedergegangen sind und ein Steigen der Flüsse über die gewöhnliche Frühjahrshochwassermarke hinaus zu Folge hatten, zur Zeit vielversprechend. Zwar liegen aus dem Süden von Minnesota und aus dem Red Rivertale Berichte vor, wonach die Saat in diesen Gegenden unter der Feachüigte zu leiden hat, von sachverständiger Seite wird aoc versichert, daß der Schaden nicht bedeutend sein würde, vorausge seht daß von nun an auf trockene 85 Wetter gerechnet werden könnte. ezüglich des Flachsbaus läß sich jetzt übersehen, daß die in Minnesota und Süd Dakota sehr erheblich zurückgegangen ist; dagegen weist die Anbaufläche in Nord⸗Dakota eine kleine Vergrößerung auf. *4

Das Verhältnis der vorjährigen Anbaufläche der verschiedenen Getreidearten zur diesjährigen ergibt sich aus der nachstehenden Tabelle. Danach ist die Anbaufläche bei Sommerweizen, Hafer und Gerst durchweg größer als im Vorjahre. .

Die diesjährigen Zahlen darin sind auf Grund von 2500 Aeuße rungen aus Farmerskreisen von dem Minneapolis Daily Marke Record aufgestellt worden, während den vorjährigen die Bundes statistik zu Grunde liegt.

Som⸗ Du⸗ Ueber⸗

8 rum haupt Mais Hafer Roggen Gerste

102,7 78,6 96,6 97,6 104,0 98,8 106,6 91,6 5

Lein⸗

Minnesota Nord⸗

8 Dakota 102,3 91,2 99,5 100,5 103,3 101,8 109,9 91,0 Süd⸗ 8

Dakota 101,5 94,6 99,8 107,3 101,3 96,6 109,1 102,4

Was die Saat anlangt, so stand sie in Minnesota und de beiden Dakotas am 1. d. über dem Durchschnitt, wie die nach⸗