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andere. Aber ich eikenne an, es kann auch anders sein, und solche Ausnahmen, die die Regel bestätigen, müssen gesetzlich bekämpft und unmöglich gemacht werden. (Bravo!) —
Also, meine Herren, das ist die eine Selte der Erörterungen, bei denen ich zu einem ganz positiven Ergebnis über das, was geschehen muß, gekommen bin. Ich habe die Absicht gehabt, bei der nächsten
h bietenden Gelegenheit eine gesetzliche Regelung der Frage vorzu⸗ schlagen, und ich habe mich inzwischen entschlossen, im Königlichen Staatsministerium, dessen Votum ich in der Eile nicht habe einholen
unen, einen entsprechenden Vorschlag zu machen.
Nun habe ich vorhin gesagt, es müsse auch das Verantwortlich⸗ keitsgefühl der Arbeiter gestärkt werden, und ich habe vorhin schon angedeutet, daß ich es nicht für richtig halten würde, wenn man das Institut der Arbeiterkontrolleure in der Weise einführte, wie man es in anderen Ländern eingerichtet hat, und zwar abgesehen von einer ganzen Reihe von grundsätzlichen Erwägungen aus dem rein sachlichen Frunde, daß solche Arbeiterkontrolleure ebenso wenig mit vollem Er⸗ folge kontrollieren können, wie ein Staatsbeamter oder ein Zechen⸗ kamter. Der Arbeiterkontrollerr kann so gedacht werden, daß er, wie es in einem anderen Lande — es ist in Belgien — geschieht, aus einer Anzahl von Leuten, die der Industrie⸗ und Arbeitsrat präsentiert, vom Minister ernannt wird. Er hat dann das Recht, alle Gruben in seinem Bezirk in ge⸗ wissen Pausen zu sehen. Er befährt sie ebenso, wie sie der Revier⸗ wamte befährt. Die Kontrolle kann immer nur eine periodische, keine dauernde sein.
Es ist außerdem noch das Bedenken zu erwägen, daß man nicht wohl Arbeiter mit polizeilichen Funktionen ausstatten kann. Ich bin der Ansicht, man kann einem Arbeiter, der nicht Beamter ist, nicht voligeiliche Funktionen, d. h. die Augübung von Hoheitsrechten über⸗ teagen. Das ist nach meiner Meinung ganz unmöglich. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Fürchterlich!) Aber ich bin mir immer mehr arüher klar geworden, daß man den Arbeitern die Möglichkeit geben muß, mit der Werksleitung zusammen für die Betriebsicherheit in dem für sie gegebenen Kreise zu wirken. Sie wissen, daß wir in den staat⸗
en Betrieben an der Saar große Arbeiterausschüsse haben. Jede teigerabteilung wählt einen Vertrauensmann in den Ausschuß. Wir äben ferner die Bestimmung, daß dieser Vertrauensmann die Baue
einer Steigerabteilung an einem von ihm zu bestimmenden Tage im
konat in Begleitung des zuständigen Grubenbeamten befahren kann.
ieser Beamte hat seine Moniten, die sich allerdings nur auf die zur
scherheit der Arbeiter getroffenen Einrichtungen und Bestimmungen
sehen dürfen, in ein Befahrungsbuch einzutragen. Dies Befahrungs⸗ uch wird dem Direktor vorgelegt, und die Moniten werden in der nächsten Sitzung des Arbeiterausschusses, die in den Staatswerken immer ünter Vorsitz des Direktors oder seines Stellvertreters stattzufinden üu durchgesprochen, sofern nicht das Monitum bereits Anlaß gegeben at, vorher die erforderlichen Anordnungen zu treffen. 1b
Ich kann nur sagen, diese Einrichtungen haben sich bewährt, sie ind mir persönlich gerade bei den schweren Unglücksfällen, die wir gehabt haben, eine Erleichterung gewesen. Das erste, was ich tue, wenn ich nach einem solchen Unglück aufs Werk komme, ist, daß ich aus der Belegschaftsliste feststelle: wie viel von den Vertrauens⸗ männern leben? wo ist das Befahrungsbuch des Vertrauens⸗ mannes? Dann lasse ich mir den Vertrauensmann kommen und sage: zeige mir, waz du befahren hast! sage mir, was du ge⸗ sehen hast! sage mir, warum du die und die mir bekannten Dinge in
stm Befahrungsbuch nicht eingetragen hast, und benenne mir irgend
welche Leu deiner Ansicht Auskunft geben können! Eine derartige Fe natenn S die Behörde sofort in die Lage, diejenigen rmittelungen anzustellen, die ihr im geeigneten Moment wünschens⸗ ert erscheinen, und sie gibt vor allen Dingen der Verwaltung und en Behörden die außerordentlich beruhigende Möglichkeit, mit Ver⸗ trauvengleuten der Arbeiter im gegebenen Moment sich zu verständigen ⸗ Die Einrichtung hat aber auch den Vorteil: dadurch, daß man die Tätigkeit des betreffenden Vertrauensmannes, der selbstverständlich ver Bergmann sein muß, auf die Abteilung beschränkt, in der er felbst arbeitet, gewinnt man in dem Mann doch in gewissen Grenzen einen Sachverständigen, d. h. jemanden, der die Verhältnisse der Ab⸗ ung ganz genau kennt, der — meine Herren, unterschätzen Sie das nicht’ — täglich in den Betrieb kommt, der also, wenn ihm irgend eiwas unsicher erscheint, auf Grund der Erfahrungen, die er sich in⸗ wischen angeeignet hat, und, wenn er seinen Posten richtig ausfüllt, 8 sertrauensmann nicht bloß der Belegschaft, sondern auch des Nrbeitgebers, seine Vorgesetzten wirksam unterstützen 18 “ Mei ür meine Person habe bereits wiederholt in diesem “ — ö“ gegeben, daß diese Ein⸗ tung, die wir an der Saar haben, und an deren Entwicklung ich dersänlich unablässig gearbeitet habe — ich lasse mir die Leute mmer kommen, wenn ich da bin, ich habe bei den Befahrungen zur füfung der Betriebssicherheit den Vertrauensmann immer hinter mir böbre lassen —, weiter ausgebaut werden müsse. Ich habe der rivatindustrie wiederholt empfohlen, freiwillig diesem Beispiel des je kus zu folgen; aber ich habe auch gesagt, ich hätte Bedenken, 8 8 schon gesetzlich einzuführen, weil ich erst einmal sehen müsse, wie dih die Emichtung auch anderwärts bewähre. Ich habe inzwischen trselbe Einrichtung im Ruhrrevier auf den fiskalischen Zechen ge⸗ effen. Erhebliche Erfahrungen liegen dort darüber nicht vor; die Scg müssen sich selbst erst an die Sache gewöhnen und sie müssen, gech 8 Herren, das ist sehr charakteristisch: eigentlich erst von der seie werwaliung für ihr Amt erzogen werden. Aber ich habe die ü eberzeugung, daß man mit einem Ausbau der Arbeiteraus⸗ der Richtung, daß man aus den Arbeiterausschüssen für be⸗ Arbeite kleine, fest abgegrenzte Teile des Betriebes, die der betreffende asorießt genau kennt, Vertrauensmänner bestellt, tatsächlich zu einem die seslichen Ende gelangt; und ich würde also nach der Entwicklung, be Enge genommen haben, auch in diesem Punkte kein Bedenken lihe n dem Königlichen Staatsministerium vorzuschlagen, eine gesetz⸗ würde gelung in diesem Sinne in Preußen eintreten zu lassen. Es hohen 8 e wenn ich auf diesem Wege die Zustimmung dieses es finden würde. Frage ene Herren, damit erledigt sich ein weiteres Eingehen auf die reichsgesegh reichsgesetzlichen Regelung. Die Gründe, die gegen eine „ iche Regelung dleser Frage sprechen, habe ich wiederholt Vertr 8 — gehabt, hier auseinanderzusetzen, sie sind wiederholt von den vorzenern der verbündeten Regierungen im Reichstag auseindergesetzt halte 8 und ich brauche auf sie nicht wieder zurückzukommen. Ich dauch für überflüssig, wenn wir in Preußen, wie ich das für
hinweisen.
unsere Pflicht halte, von selbst dasjenige tun, was wir als not⸗ wendig auf diesem Gebiete erkannt haben. (Sehr richtig! Zuruf links: Wenn!)
Ich brauche nach diesen Ausführungen auch nicht weiter einzugehen auf die Frage der Arbeiterkontrolleure. Sie ist nach dem, was ich vorhin gesagt habe, nach meiner Ansicht abgetan. Ich möchte nur noch auf eins Meine Herren, wir müssen bei allen unser sozialpolitischen Maßnahmen immer von der Auffassung ausgehen, sie so zu gestalten, daß sie nicht zu politischen Einrichtnngen ausarten (sehr richtig!), und daß sie nicht statt zur Förderung des soztalen Friedens zur För⸗ derung des sozialen Unfriedens ausfallen. (Sehr richtig!) Meine Herren, ich habe die Ueberzeugung, daß das mit den Arbeiterkon⸗ trolleuren, wie sie immer von uns verlangt werden, sicher der Fall sein wird. Ich habe aber umgekehrt die Ueberzeugung, daß wir mit einem Ausbau der Arbeiterausschüsse, wie ich sie vorgeschlagen habe, wesentlich dazu beitragen werden, nicht bloß die Betriebssicherheit der Werke zu erhöhen, sondern auch diejenigen Beziehungen zwischen Ar⸗ beiterschaft und Verwaltung, die zu einem gedeihlichen Zusammen⸗ halten notwendig sind, wesentlich zu festigen und zu fördern.
Ich gehe noch weiter, meine Herren. Ich habe die Ueberzeugung, daß, wenn unsere Werksverwaltungen diese Einrichtung richtig be⸗ nutzen, dann wird das ein geeignetes Mittel sein, große, brave und vortreffliche Teile unseres Volkes, die auf Irrwegen sind (Lachen bei den Sozialdemokraten), wieder dahin zu bringen können, daß sie sich ihres Vaterlandes freuen und ihre staatsbürgerlichen Pflichten in anderer Weise erfüllen als das jetzt vielfach geschieht. (Lebhafter Beifall.)
Auf Antrag des Abg. (Zentr.) findet eine Be⸗ sprechung der Interpellation statt. .
Abg. Krause⸗Waldenburg (frkons.): Die Trauer über dieses schwere Unglück hat unser ganzes Volk ergriffen und über die Grenzen des Vaterlandes hinaus sympathische Kundgebungen edlen Mitgefühls hervorgerufen. Diese Trauer teilen alle Mitglieder des Hauses in allen Parteien. Wir wollen diese Sache ohne jede Rücksicht auf die Parteistellung behandeln. Es bedarf erst noch der Feststellung, ob auf der Grube alle den Anforderungen der Neuzeit entsprechende Ein⸗ richtungen zum Schutze der Arbeiter getroffen gewesen sind, und ob sie dauernd in zweckentsprechender Weise benutzt worden sind. Meine Freunde bitten den Minister, diese Untersuchung mit der größten Sorg⸗ falt und gründlich und zuverlässig ohne Ansehen der Person vornehmen zu lassen. Wir danken dem Minister für die Erklärung, daß dies in umfassendem Maße geschehen wird. Wir sind überzeugt, daß alle Be⸗ amten und Arbeiter so bald wie möglich werden vernommen werden, damit Klarheit geschaffen und der Oeffentlichkeit die Beunrubigung ge⸗ nommen werden kann, welche durch Zeitungsnachrichten veranlaßt worden ist. Die Presse hat ihre Aufgabe bei diesem beklagenswerten Unglücks⸗ fall nicht erfaßt. Gewiß muß die Presse alle Nachrichten über ein solches Unglück bringen, aber sie soll nicht nach Angaben von Personen, die vielleicht gar kein Urteil haben, Vorwürfe gegen die Verwaltung der unglücklichen Gruben richten. Es läßt sich heute überhaupt noch kein Urteil fällen. Wenn die Presse danach gehandelt hätte, wäre die Beunruhigung vermieden worden. Dem Interesse der Grubenverwaltung und aller ihrer Beamten entspricht es, daß die Untersuchung mit aller Gründlichkeit ohne Ansehen der Person geführt wird, denn nur so ist die Grube in der Lage, die Vorwürfe zurückzuweisen. Bei allen Parteien ist ferner der Wunsch, daran mitzuwirken, daß Maß⸗ regeln getroffen werden, welche nach menschlicher Berechnung für die Zukunft große Unglücksfälle verhindern oder mildern können. Daran mitzuwirken, sind meine Freunde bereit. Wir stimmen dem Minister darin zu, daß dieser Fall nicht geeignet ist, parteipolitische Forderungen durchzusetzen. Unter diesen Forderungen nenne ich das Verlangen nach einem Reichsberggesetz. Die Regierung und die große Mehrheit dieses Hauses hat sich bereits dagegen ausgesprochen. Wenn man dieses Unglück benutzt, um diese Forderung von neuem zu stellen, so muß man nachweisen, daß nur das Reich die Möglichkeit hat, solche Maßregeln zu bestimmen, die einem solchen Unglück vor⸗ beugen können. Davon hat der Interpellant gar nichts gesagt; er hat nur allgemein auf diese Forderung hingewiesen. Wir stehen mit dem Minister auf dem Standpunkt, daß die preußische Ge etzgebung den vollen Willen und die volle Befähigung zeigen muß, solche Vorschriften selbst zu erlassen, die die Sicherheit in den Gruben gewährleisten, so daß man sagen kann, die Gesetzgebung des Reiches ist nicht er⸗ forderlich. Meine Freunde erklären, daß sie gewillt sind, in einen Ausbau der preußischen Berggesetzgebung einzutreten, und wollen Vorschläge machen, die sich im Rahmen dessen bewegen, was der Minister ausführte, d. h. zunächst in der Richtung einer Stärkung des Verantwortlichkeitsgefühls der Beamten. Die Verantwortung darf nicht mehr allein auf den Schultern eines einzelnen Beamten liegen, eine Mehrheit von Beamten muß die Verantwortung für einen fest begrenzten Bezirk übernehmen, den sie übersehen können; dabei muß die Aufsicht geteilt werden für die einzelnen Betriebszweige, die Berieselung, das Schießen usw. Wir sind mit dem Minister ferner einverstanden, daß das Verantwortlichkeitsgefühl der in der Grube befindlichen Arbeiter gestärkt werden muß. Der Arbeiter soll aber nicht berufsmäßiger Kontrolleur werden, sondern Arbeiter bleiben; aber es kann ein Vertrauensmann der Arbeiter mit einem Beamten die Grube befahren, seine Bedenken äußern, die dann weiter be⸗ sprochen werden müssen. Diese Einrichtung wird segensreiche Folgen
für den Betrieb der Bergwerke sowie für die Stellung der Arbeiter
1 Werksleitung haben. Wenn der Minister Vorschläge in dieser har denn dem Fnach vorlegen wird, werden sie sicherlich die ein⸗ mütige Zustimmung des Hauses finden; jedenfalls kann ich das für meine Freunde sagen. 1 Abg. Dr. Eickhoff (fr. Volksp.) spricht namens seiner Freunde das tiefe Bedauern aus über den Tod der 343 Bergleute, die 200 Witwen und 1200 Waisen hinterließen. Hocherfreulich sei es, daß die französische Nation die erste war, die ihre Teilnahme aus⸗ drückte, und daß die französische interparlamentarische Gruppe eine besondere Adresse (die Redner verliest) gesandt habe. Ge⸗ fordert müsse nun eine strenge Untersuchung werden; mit Dank sei es zu begrüßen, daß der Minister diese zugesagt und auch gewissen Zeitungsnachrichten darüber widersprochen habe, welches Urteil er bereits in der Sache hätte formulieren können. Bedauerlicher⸗ weise habe die Zechenverwaltung die telegraphisch angekündigte An⸗ kunft eines Regierungsvertreters nicht abgewartet, sondern selb⸗ ständig Maßregeln getroffen. Die Arbeiter hätten den sozialdemo⸗ kratischen Abg. Sachse zum Mundstück ihrer Anklagen gemacht; wenn dessen Vorwürfen auch nicht beizutreten sei, so zeige doch dieser Um⸗ stand den Grad der Erbitterung. In jedem Falle müßten die Schutz⸗ maßnahmen ausreichender gemacht werden, damit nicht fast in jedem Jahre sich ein großes Grubenunglück ereigne. Der Generalsekretär Behrens habe im „Tag' nachgewiesen, daß jährlich 8. Berg⸗ beiter verunglücke, in einem Jahre allein 92 445 Versetzte, 1906 allei 924 Tote und 1907 sogar 1206 Tote zu verzeichnen seien. 8 rapen müsse die Kontrolle durch Arbeiterkontrolleure verbessert Pen n. Der Minister scheine z. B. keine Kenntnis davon zu haben, veßcg † der Zeche Radbod bereits am 29. Oktober einige kleinere I stattgefunden haben. Im Berliner „Börsen⸗Courier“ Explo⸗ ü sogar ein fachmännischer Grubenbefitzer, für die Arbeiter⸗ habe s ure ausgesprochen. Auf den fiskalischen Saargruben dontrollant, aeige ähnliche Einrichtung, die vorbildlich werden bestehe Hoffentlich gelinge es, die Arbeiterorganisationen wie in sollte. H politisch zu gestalten, heute seien sie leider zumeist sozial⸗ England unpoger beste Süus siege aber in dem Crlatz eies heich. demoktatisch. a für die Arbeit rorganisationen die geheime Wahl berggesetzes, Mindestens müsse diese gewährt werden, um den vorsehen müche ertrauen wiederzugeben. Die preußische Berggesetz⸗ Arbeitern das ese; durchaus unzureichend; die Vorlage der Re⸗
agvele 88 ftagte gewesen als zuletzt die des Hauses. Es handle sich
hier um keine Parteisache, aber die freisinnige Partei werde nicht
müde werden, die Forderung zu erheben, daß in absehbarer Zeit Wandel
geschaffen werde.
Abg. Leinert (Soz.): Bei dem Unglück von Courridres sagte man, ein solches könne bei uns nicht passieren; nun ist es doch ge⸗ schehen. Diese Unfälle und auch die vielen kleinen Unglücksfälle müssen immer wieder die Aufmerksamkeit auf die Gefährlichkeit des Bergbaues lenken. Die Bergarbeiter haben eine Krankheitsziffer von 65 %. Die Bergleute meinen, daß bei der großen Kohlenförderung auf Radbod die Bergbehörden nachsehen mußten, ob alles in Ordnung war. Die Wasserleitung war nicht in Ordnung, um die erforderlichen Wassermengen zur Berieselung heranzuschaffen, und zudem ist die Grube sehr staubhaltig gewesen, es soll vor Staub nicht auszuhalten ge⸗ wesen sein, man soll nicht haben sehen können. Die Lampen waren allerdings vorschriftsmäßig; fiel aber einmal eine herunter, so war es nicht möglich, den Drahtkorb vom Staub zu reinigen, ohne die Lampe in den Strom der Kompreßluft zu halten, um den Staub fortzublasen. Die Arbeiter hatten gemeldet, daß nicht Wasser genug da war; es geschah aber nichts, und am 11. November hat es an Wasser gefehlt. Wenn die Leitung am 9. November eingefroren war, haͤtten die Arbeiten eben eingestellt werden müssen. Wenn freilich ein Beamter kam, so hieß es: heute kommt Besuch, heute muß ordentlich berieselt werden. Das Wasser lief dann nur so lange, wie der Beamte herumlief. Die Direktion der Grube ist gesetzlich nicht verantwortlich, sondern nur der Betriebsleiter. Das ist ein Fehler. Bei den vorhandenen Wetteranlagen durften in der Grube gesetzlich höchstens 600 Arbeiter beschäftigt werden, die Morgenschicht betrug aber über 1000 Mann. Die Angaben über die Vortrefflichkeit der Wettereinrichtungen be⸗ weisen gar nicht, daß die Wetter auch wirklich aus der Grube heraus⸗ gebracht worden sind. Die Arbeiter klagen, daß der frische Wetter⸗ strom nicht in alle Abbaue hineingedrückt worden ist. (Rufe bei den Nationalliberalen: Namen nennen!) Ich habe die Namen alle in meinen Notizen, ich habe auch eine schwarze Liste, auf der 5386 Namen stehen. Sie können nicht verlangen, daß ich hier die Bergleute mit Namensnennung in Gefahr ringe. Die Einfahrer sollen teilweise gar nicht eingefahren sein, Wetterkontrolleure hat es auf der Grube Radbod überhaupt nicht gegeben. Der Berginspektor Holländer hat einige Tage vor der Katastrophe auf die Angaben eines Beamten hin erklärt, daß er die Verantwortung für die Wetterführung nicht mehr übernehmen könne, und diese Tatsache läßt sich, trotzdem sie die„Rheinisch⸗Westfälische Zeitung“ in Abrede stellt, eidlich beweisen. Die Bergbehörde ist bei diesem Unglück nicht allein der Mit⸗ angeklagte, sondern der Hauptangeklagte. Und nun soll die Bergverwaltung selbst untersuchen, ob sie selber mit schuld sei. Jeder Richter erklärt sich in solchem Fall für befangen, die Bergverwaltung tat es nicht. Der Minister soll dem Prinzen Eitel⸗ Fritz gesagt haben, daß er die Ueberzeugung gewonnen habe, daß die Beamten sich keine Verstöße gegen die bergpolizeilichen Be⸗ b hätten zu schulden kommen lassen. Heute bestreitet das der Minister. Wie kann aber eine solche Mitteilung vom 12.
bis 20. November durch die Presse gehen, ohne Widerspruch
zu finden? Zu dem Minister hat kein Bergarbeiter mehr das Vertrauen, daß er im stande wäre, für die Gesundheit der Arbeiter zu sorgen. Die Bergverwaltung ist nicht arbeiter⸗
freundlich. Die Bergbehörden lehnen ja, wie in einem Prozeß gegen den Redakteur Wagner von der „Bergarbeiterzeitung“ zu Tage gekommen ist, jeden Verkehr mit den Vertretern des Berg⸗ arbeiterverbandes ab und nehmen von den Eingaben des Verbandes keine Notiz. . dem Borussia⸗Prozeß ist es erklärlich, daß die Bergarbeiter jedes Vertrauen verloren haben. Die Bergbehörde hätte den Betrieb von Radbod überhaupt nicht genehmigen dürfen, ehe sie sich nicht überzeugt hatte, daß Wasser genug da war. Wir hören aber, daß nicht einmal Trinkwasser genug da war. Der Redner führt noch mehrere Fälle einer nach seiner Meinung mangelnden Kontrolle an und spricht sein Erstaunen darüber aus, daß in der vorhin verlesenen ministeriellen Erklärung die kleine Explosion auf der Zeche Radbod vom 29. Oktober nicht erwähnt sei; am 30. Oktober sei diese Explosion den Bergarbeitern seitens der Verwaltung als ein Sprengschuß bezeichnet worden. Die Arbeiter seien auch der Ueber⸗ zeugung, daß am Unglückstage noch manches zu retten gewesen wäre, wäre Wasser vorhanden gewesen. Der Redner verliest ein Telegramm des Abg. Sachse, wonach zwei Bergleute sic noch retten konnten, und schließt daraus, daß andere Bergleute lebendig eingemauert worden seien, um, wie sich der Generaldirektor der Grube ausgedrückt habe, „die Grube zu retten“, also im Interesse des Kapitals. Der Redner verliest sodann eine Anzahl Namen von Personen, die in besonderer Weise an der Grube interessiert seien, es müsse diesen von hier aus zugerufen werden, daß an ihrer Dividende das Blut der Arbeiter klebe. Der Land⸗ tag könnte den Arbeitern eine Freude machen, wenn er auf ein preußisches Berggesetz verzichtete und auf ein Reichsberggesetz hin⸗ wirken würde. Der Prinz Eeenerredecch habe den Arbeitern ver⸗ sprochen, seinen Einfluß zu Gunsten der Forderung der Berg⸗ arbeiter geltend zu machen. Wenn man sich aber den Einfluß des Reichskanzlers betrachte, sei doch wenig Aussicht auf die Erfüllung der Wünsche der Arbeiter vorhanden. Was aber könne höher stehen als Leben und Gesundheit der Arbeiter? Politische Gründe seien es wieder, die man gegen die Arbeiterkontrolleure einwende. Der Minister habe früher einmal erklärt, die Arbeiterkontrolleure seien nicht möglich, weil sie von den Grubenbesitzern gemaß⸗ regelt werden würden. Dann hindere man doch die Gruben⸗ besitzer daran! Man wolle die Arbeiterkontrolleure nicht zu⸗ lassen, weil man fürchte, daß es Sozialdemokraten sein würden. Damit sage man, daß man Leben und Gesundheit der sozialdemokra⸗ tischen Arbeiter nicht schützen wolle. Wenn die Bergarbeiter bei diesem Unglück ihre Ruhe bewahrt hätten, so sei das ihrer Organi⸗ sation zu danken. (Rufe rechts: Es ist gehetzt worden!) Wer behaupte, daß gehetzt worden sei, verstehe die ganze Sache nicht. Beruhigung unter den Arbeitern werde nur ein Reichsberg⸗ gesetz bringen. Damit beseitige man auch das unverantwortliche persönliche Regiment im Bergbau durch den Inspektor, Oberinspektor, Direktor, Generaldirektor, Aufsichtsrat und Bankkonsortium. Nach der Mitteilung des Ministers seien bereits Bergleute von der Staats⸗ anwaltschaft eidlich vernommen worden; das sei aber nicht der Fall, und es sei unerfindlich, wie solche Irrtümer in dem Protokoll des Ministers vorkommen konnten. Möge man gegen die Schuldigen ohne Rücksicht auf das Grubenkapital mit aller Schärfe vorgehen. „Präsident von Kröcher: Wie ich mich aus dem Stenogramm überzeugt habe, hat der Abg. Leinert an einer Stelle von einer be⸗ wußten Irreführung durch die Bergbehörde gesprochen. Ich kann das nur als unzulässig bezeichnen. 3
Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:
Meine Herren! Nur einige ganz kurze Bemerkungen. — D Herr Abg. Leinert hat meine Mitteilungen über die Feststellungen bemängelt, die ich bei Gelegenheit meiner Anwesenheit auf der Zeche Radbod gemacht habe. Ich habe dazu folgendes zu bemerken.
Mein Kommissar war am Donnerstag — das war ja wohl der Tag des Unglücks — Abends auf der Zeche eingetroffen; ich selbst traf am anderen Nachmittag ein. Ich hatte unterwegs bereits eine Reihe von Preßäußerungen gelesen, darunter vor allen Dingen auch die Behauptung, daß die Rieselanlagen in Unordnung gewesen seien nicht funktioniert hätten. Ich wandte mich unmittelbar nach meiner Ankunft auf der Zeche an meinen Kommissar und fragte ihn: Was wissen Sie darüber. Darauf sagte er mir: Mir ist dieselbe Be⸗ hauptung auch entgegengetreten; ich habe eine Anzahl von Beamten und auch Mitglieder des Arbeiterausschusses darüber befragt und bis jett die Antwort bekommen, daß alles in Ordnung gewesen wäre. Diese Leute sind selbstverständlich nicht schriftlich, sie sind nicht eidlich vernommen worden; es waren mündliche Mitteilungen, die meinem