212 Sitzung vom
zweiten
Kech
hervorragende,
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deutscher Reichstag. “ 8 24. Februar 1909, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortsetzung der Bergtung'des Reichshaughaltsrtats für 1909, 9 war „Etat für den Rechnungshof des Deutschen Reichs“. ie Budgetkommission hat nach langer Beratung beschlossen, fm 889 die Annahme des Etats en bloc und folgender olution vorgeschlagen:
„den Herrn eschragen⸗, zu ersuchen, die erforderlichen Maß⸗ Faln durch die 89 Vereinfachung der gesamten nungslegung herbeigeführt wird.“ dj Der Reserenr Abg. e 69 (Zentr.) verweist auf die Tatsache, daß in esem Jahre zum ersten Male der Etat des Rechnungshofes der Budget⸗ ommission überwiesen worden ist, und auf den vor einiger Zeit vom ause angenommenen Antrag Görcke, einen eigenen Rechnungshof für das eich zu konstituieren und ihn von der preußischen Oberrechnungs⸗ Kammer loszulösen. In der Kommission sei der Zeitpunkt für ge⸗ ommen erachtet worden, auch eine innere Reform des Rechnungs⸗ wesens beim Rechnungshof herbeizuführen, insbesondere das Schreib⸗ werk tunlichst einzuschränken und die formelle Seite hinter der sachlichen Prüfung der Rechnungen in den Hintergrund treten zu lassen, zumal die Echtheit der Belege ja doch nicht vom echnungshof geprüft werde. Man wolle, ohne irgendwie die ontrolle zu beeinträchtigen, den Bureaukratismus bei dieser Be⸗ rde einigermaßen eindämmen und ihr mehr kaufmännischen Geist einflößen; die eigentliche Prüfung solle mehr in die Lokal⸗ instanzen und, Provinzialinstanzen verlegt und die Super⸗ revision durch einen Stab von höheren Beamten wahrgenommen werden. azu gehöre allerdings auch eine Reform des Reisekostenwesens, sowie eine entsprechende Erziehung der betreffenden zur Oberkontrolle be⸗ rufenen Beamten, wofür nur erstklassige Kräfte herangezogen werden ürften. Seltsam müsse berühren, daß der zur Kontrolle der Etats⸗
tuegaben und Einnahmen berufene Rechnungshof sich selbst wieder⸗ 8
olt Etatsüberschreitungen, sogar bis zu 100 % habe zu schulden vommen lassen. schgeeng worden sei auch über die kurze Arbeitszeit er Beamten, die höchstens 5 bis 7 Stunden täglich betrage. Es sei daneben darauf hingewiesen worden, daß dem Revisions⸗ seamten der Nachmittag völlig zu häͤuslichen Arbeiten frei⸗ gelassen sei. In dankenswerter Weise habe ein Vertreter des echnungshofes der Kommission den Geschäftsgang des Rechnungshofes darzulegen, versucht und auch Andeutungen behufs einer etwaigen Rr. orm namentlich hinsichtlich der Arbeitszeit gemacht; bei den Revisionsbeamten und ihrer eigenartigen Prüfungstätigkeit, sowie bei dem großen Maße ihrer Verantwortung sei eine Aenderung in letzterer Beziehung nicht angezeigt. Daß ein zu formales bureaukratisches Wesen beim Rechnungshofe herrsche, habe der Ver⸗ treter nicht bestritten, rein kalkulatorische Rechnungsnachprüfungen fänden aber nur stichprobeweise statt. Der Rechnungshof suche in materieller Richtung besonders die Bildung von Monopolen zu ver⸗ gindern. Zur ereinfachung des Verfahrens hei den Kassen⸗ verwaltungen werde der Rechnungshof das Seinige beitragen. Auf die Klagen, daß der Reichstag vom Rechnungshof nicht genügend be⸗ fücksichtigt werde, sei erwidert worden, daß die gesetzlichen Be⸗ süimmungen strikte beobachtet worden seien; allerdings er gäben sich fändig etatsrechtliche Zweifel, über die sich der Rechnungs⸗ di auch mit, der Reichsfinanzverwaltung in Verbindung setze; , sei unbillig und den Tatsachen nicht entsprechend, den echnungshof nach den in der Oeffentlichkeit besprochenen und’ als kleinlich bezeichneten Moniten zu beurteilen. Eine gründliche Abbilfe bezüglich des gesamten Rechnungswesens ne nur durch Abänderung des § 11 des Oberrechnungskammer⸗ gesetzes von 1872 erreicht werden. Der Rechnungshof werde bestrebt sein, den Reichstag in den Bestrebungen auf Vereinfachung des Rechnungswesens bei den weiteren Verhandlungen in jeder Weise zu unterstützen. Die Kommission habe festgestellt, daß durch diese Dar⸗ egungen im großen und ganzen die hervorgehobenen Mängel beseitigt orden seien; einstimmig sei daraufhin die Resolution angenommen öhder die er dem Phehbin zur Annahme wärmstens namens der udgetko on empfehle.
getomanfston e (Fent.): Die Kommission ist im allgemeinen von den Darlegungen des Vertreters des Rechnungshofes sehr erbaut ge⸗ wesen und hat ihm ein volles Vertrauensvotum gegeben, indem sie ben Etat on bloc annahm. Wir wünschen im Rechnungshof lauter erstklassige Beamte; es dürfen diese Stellen in keiner Weise als Sinekuren aufgefaßt werden. Beamte müssen es ein, die mit der gesamten Bewirtschaftung des Etatz im engsten Zusammenhange stehen. Es wird auch darauf Bedacht zu nehmen sein, daß die Beamten eventuell später in die Verwaltung zurücktreten können, so besonders diejenigen, welche aus der Post, aus der Eisenbahnverwaltung in den Rechnungshof getreten sind. Ferner muß erwogen werden, ob der Reichskanzler nicht die Erinnerungen des Rechnungshofes, soweit sie grundsätzlicher Natur sind, in irgend iner Weise dem Reichstage oder seiner Kommission zugänglich machen kann, sowie ob sie nicht im Reichsschatzzmt übersichtlich gesammelt erden können. Einer Aenderung des Gesetzes von 1872 würde es sadurch gar nicht bedürfen. Die Angriffe, die auf den Rechnungshof vnder Oeffentlichkeit hier und da erfolgt sind, sind tatsächlich ungerecht
unbegründet.
Abg cr. Wagner (dbkons.): Wir werden der Resolution selbst⸗ perstäͤndlich zustimmen; korrekterweise hätte in der Resolution 79 so Revisionsgeschäft neben dem Rechnungswesen Erwähnung finden
en.
Damit schließt die Diskussion. . 8 Der Etat für den Rechnungshof wird unverändert ge⸗ nehmigt und die von der Kommission beantragte Resolution instimmig angenommen. br In dritter Beratung wird hierauf der Gesetzentwurf zur rgänzung der Gesetze, veneffnn Postdampfschiffsver⸗ mndungen mit überseeischen Ländern, ohne Debatte fürültig genehmigt. Die dazu vorliegenden Petitionen werden rledigt erklärt. wirt Es folgt die dritte Lesung der Vorlage, betreffend die Ein⸗ Autung von Armenunterstützung auf öffentliche Rechte.
. doßh diese Vorlage wird ohne Diskussion unverändert in der
ug der Beschlüsse zweiter Lesung endgültig genehmigt.
ser F allgemeinen Rechnungen über den Reichshaushalt
Rechnungsjahre 1903 und 1904 werden in Aatraä Lesung auf Grund der in zweiter Lesung angenommenen Cie der Rechnungskommission endgültig verabschiedet. nahm benso wird in dritter Beratung die Uebersicht der Ein⸗ austra und Ausgaben für die afrikanischen und Lesunglischen Schutzgebiete nach den Beschlüssen zweiter Csendgültig erledigt. ahmen folgt die zweite Beratung der Uebersicht der Ein⸗ 88 190 und Ausgaben des Schutzgebiets Kiautschou
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8 Als Be⸗. Adene eisctersatge gibt der Abg. von Bol ko (dkons.) eine Uebersicht den reinna 5
eitungen im Etat für Kiautschou für 1906, durch welche die da bedeute de von über ½ 1“ worden ist. Von nomit begrnderen Mehrausgaben wurde eine solche von 186 000 ℳ ten wandet, daß im Jahre vorher für 60 000 ℳ Munftion üͤber⸗ en bernund e, und ebenso für 1907 Munition noch auf dieses Jahr de dig gewesemen worden ist. Außerdem seien mehr Schießübungen not⸗ dededamtt begn; Kapitel 11 weist eine Mehrausgabe von 181 839 ℳ auf⸗ auf utend iesdündet wird, daß die Ueberführungskosten nach Ostasien nandligerem teise gestiegen sind. Der Versuch, die Mannschaften port bis WDege dahin überzuführen, z. B. durch Eisenbahn⸗ ientsin, habe sich als nicht durchführbar erwiesen,
weil er eine bedeutende Belastung für die Regierung ergeben hätte. Bei den einmaligen Ausgaben findet sich eine Mehrausgabe für Hoch⸗ und Tiefbauten einschließlich Landerwerb in Höhe von 394 975 ℳ. Sie wurde von der Regierung mit dem ungünstigen Dollarkurs erklärt, jedenfalls irrtümlich, denn es kann doch nur der hohe Dollarkurs der Grund gewesen sein. Ferner wurde auf die vermehrten Ausgaben infolge der schnellen Entwicklung der Stadt hingewiesen. Eine Mehrausgabe von 142 000 ℳ kommt auf Rechnung der Schaffung von öffentlichen Anlagen vor dem Gouvernementsgebäude. Die Mehrausgabe wurde damit begründet, daß das Land kahl sei und vor Sandstürmen und Abschwemmungen geschützt werden müsse. Gleichwohl hätte man diese Anschonungen auf das nächste Jahr verschieben können, wo sie dann von der Budgetkommission sicher bewilligt worden wären. Infolge dieser Ausstellungen möchte ich an Stelle des Antrages der Budget⸗ kommission, die Uebersicht durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären, vorschlagen, von der Uebersicht Kenntais zu nehmen vor⸗ behaltlich der Erinnerungen des Rechnungshofes bei Prüfung der Rechnung. Dies wird sich mit dem Antrag Erzberger ziemlich decken. Die Rechnungskommission beantragt, die vorbezeichnete Uebersicht durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären.
Dagegen liegt vom Abg. Erzberger (Zentr.) der Gegen⸗ antrag vor, den Kommissionsantrag abzulehnen und, wie folgt, zu beschließen:
„der Reichstag hat von der vorgelegten Uebersicht, vorbehaltlich der bei der Prüfung der Rechnungen sich etwa ergebenden Er⸗ innerungen, Kenntnis genommen.“
Abg. Erzberger (Jentr): Leider sind auch diesmal an der Re⸗ gierungsbank wenig Vertreter der Regierung vorhanden. Sparsamkeit kann nur durchgeführt werden, wenn die von dem Reichstage vorgenommenen Abstriche von der Verwaltung auch beachtet werden. Geschieht dies nicht, so drehen wir uns im Kreise herum. Warum die Kommission vorgeschlagen hat, die Rechnungen durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären, verstehe ich nicht. Ueberhaupt sollte uns über solche Dinge ein schriftlicher Bericht erstattet werden. Wie viele der Abgeordneten haben denn verstanden, was der Referent gesagt hat? Der Antrag der Kommission geht nicht an; wenn der Reichstag die Uebersicht für erledigt erklärt hat, dann kann der Zweifel entstehen, ob der Rechnungshof noch in der Lage ist, etwas zu monieren. Erledigt wird durch die heutige Debatte gar nichts. Wir müssen die frühere Formel aufrecht erhalten, deshalb bitte ich Sie um Annahme meines Antrages. Es tritt hier eine Mehreinnahme von nahezu 50 % hervor, woraus folgt, daß wir die Einnahme künftig höher einzusetzen haben. Um so geringer kann dann der Reichszuschuß sein. Schlimmer aber sind die Mehrausgaben von 50 % bei Positionen, wo wir sie am wenigsten erwartrten. So ist z. B. für die Erhaltung der Dienst⸗ wohnungen um 26 000 ℳ mehr ausgegeben worden. Die Ausstattung der Gouvernementsgebäude ist hier wiederholt moniert worden; es sind auch Abstriche gemacht worden, aber ohne Erfolg. Für die Instand⸗ haltung und Ergänzung von Munition sind 140 % mehr aus⸗ gegeben worden; das ist mit eine Fae des neuen Schleßreglements. Wenn wir dies für Kiautschou zulassen, so wird auch der preußische Kriegsminister im Laufe des Jahres mit einer solchen Vermehrung der Munition kommen. So etwas muß unzs rechtzeitig mitgeteilt werden. Die Beförderung der Truppen über See kann ich nur billigen. Wenn wir den Landweg wählten, dann fließt das alles in russische, japanische und chinesische Kassen. Gegen die Ueberschreitung von 180 000 ℳ babe ich also nichts zu erinnern. Mit den einmaligen Ausgaben sollte man aber recht vorsichtig sein. Es wird in Kiautschou sehr teuer gebaut; allein die Baukosten betrugen 21 000 ℳ bei 48 000 ℳ Gesamtkosten. Es hat eine Etateüberschreitung von 20 % stattgefunden. Diese Mehrausgaben werden auf die Kursschwankungen zurückgeführt. Es ist aber viel mehr aus⸗ gegeben worden, als wir im vorigen Jahre abgestrichen haben. Ueberraschend ist auch die Mehrausgabe für Aufforstungen: 80 000 ℳ waren bewilligt, 122 000 ℳ sind ausgegeben. Es heißt, die Mehrausgabe sei hervorgerufen durch die Anlage eines kostbaren Parks um das Wohngebäude des Gouverneurs. Bei der traurigen Lage unserer Finanzen können wir uns doch einen solchen Luxus nicht gestatten. Ich habe die wichtigsten und größten Etatsüberschreitungen zur Sprache gebracht und will auf die anderen jetzt nicht eingehen. Sie werden aber mit mir der Ansicht sein, daß wir mit der Uebersicht nicht zufrieden sein können; wir müssen eine spezialisierte genaue Darlegung verlangen, wofür all die höheren Aufwendungen gemacht sind; in den Erläuterungen ist eine solche Darlegung nicht enthalten, und auch in der Kommission ist sie nicht gegeben. Wir wünschen
also schriftliche Berichterstattung und eingehende Begründung 88; Etatsüberschreitungen. Der Etat ist dazu da, eingehalten zu werden.
Abg. Dr. Görcke (nl.): Die Darlegungen des Vorredners könnten den Anschein erwecken, als ob wir in der Rechnungskommission unsere Schuldigkeit nicht getan und der Regierung nicht auf den Zahn gefühlt hätten. Das ist aber geschehen. Wenn ein schrift⸗ licher Bericht herausgegeben wird, so wird noch weniger Kenntnis davon genommen, denn die große Mehrzahl der Abgeordneten legen die schriftlichen Berichte ad acta. Hier hört doch aber immerhin eine Anzahl von Mitgliedern zu. Bei dem Antrag, die Uebersicht für erledigt zu erklären, handelt es sich allerdings um eine neue Form. Aber es liegt hier ein Mißverständnis vor. Der Vorsitzende der Kommission sagte: dann ist also die Sache erledigt. Der Bericht⸗ erstatter hat nun diesen Ausdruck übernommen. Ich kann versichern, daß wir die Frage der Dienstwohnungen schon in der Kommission zur Sprache gebracht haben. Da der ganze Etat mit einem Ueberschuß abschließt, konnten wir in der Sache nichts tun. Hinsichtlich der be⸗ deutend höheren Summe für Munition haben wir Aufschluß dahin bekommen, daß 1905 von 138 000 ℳ mehr als 60 000 ℳ erspart sind, so daß die Ueberschreitung nicht so groß ist, wie sie zunächst aussieht. Dasselbe rifft zu auf die Position „Armierungen“. Auch hier liegt die Sache so, daß vorher erbebliche Mittel, und zwar über 200 000 ℳ erspart sind. Infolge⸗ dessen glaubten wir uns mit der Mehrausgabe einverstanden erklären zu können. Ich selbst habe in der Kommission die Anfrage eestellt, ob es nötig wäre, die Straßen in Kiautschou schon mit
aanalisation und den übrigen Errungenschaften der Neuzeit anzulegen.
Da ist mir entgegnet, es würde verkehrt sein, wenn man eine solche Neuanlage nun nicht auch wirklich nach neuen Prinzipien ausbauen wollte. 1907 und 1908 sind aber auf Antrag Paasche diese Positionen ausdrücklich gestrichen. Es ist darauf zu sehen, daß die Budget⸗ kommission besonders darauf hinweist, daß diese Posten wenigstens nicht überschritten werden dürfen. Was die Parkanlage anbelangt, so habe ich den Eindruck gewonnen, daß sie nicht anders als unter Aufforstung ausgeführt werden konnte. Wir stehen in der Rechnungs⸗ kommission vor der Tatsache, daß man uns sagt, wir können Auf⸗ schluß verlangen und Fragen stellen, aber darüber hinaus nich s. Es muß zweifellos in der Zukunft darauf hingewirkt werden, daß derartige Ueberschreitungen nicht mehr vorkommen. Wir müssen eine bessere Verbindung zwischen Reichstag und Rechnungshof haben.
Kaiserlicher Korvettenkapitän Brüninghaus: Meine Herren! Bevor ich auf die Anstände, die der Abg. Erzbeiger gegen die zur Beratung stehende Uebersicht der Einnahmen und Aus⸗ gaben des Schutzgebietes Kiautschou für 1906 vorgebracht hat, eingehe, möchte ich bemerken, daß man bei Bewertung dieser vorliegenden Uebersicht berücksichtigen muß, daß das Schutzgebiet sich damals erst im achten Jahre seiner Entwicklung befunden hat, und daß die Vorarbeiten für diesen Etat im Schutzgebiet aufgestellt werden mußten etwa 1 ½ Jahr, bevor er genehmigt werden konnte. Im Jahre 1904/05 war bekanntlich der russisch⸗japanische Krieg, so daß infolge der ungünstigen Postverbindungen der Etat im Schutz⸗ gebiet aufgestellt werden mußte, bevor der Etat für 1905 8 worden war. Wie der Abg. Görcke schon ausgeführt hat, ist ja formell gegen die zur Beratung stehende Uebersicht nichts einzuwenden, da auf Grund des Dispositivs zum Reservefonds die Verwaltung, wenn sie es für J. hielt, berechtigt war, Mehreinnahmen zu
Mehrausgaben zu verwenden. Ich bemerke dabei, daß das Dispositiv I 8 8
zum Reservefonds für Kiautschou noch eine weitergehende Fassung hatte als das Dispositiv zum Reservefonds bei den übrigen Schutzgebieten. Es ist ausdrücklich in dem Dispositiv zum Reserbefonds für Kiautschou gesagt, daß Mehreinnahmen und Minderausgaben zur Verstärkung anderer Titel verwendet werden dürfen. Die Verwaltung braucht sich aber gar nicht auf die rein formelle Seite zurückzuziehen.
Ich werde versuchen, die Einwände und Beanstandungen des Abg. Erzberger auch in sachlicher Hinsicht zu entkräften. Ich darf, mich zunächst wenden dazu, daß der Abg. Erzberger
bemängelt hat, daß die Einnahmen des Schutzgebietes im Ekat in so wenig zutreffender Weise veranschlagt worden sind. Zum Teil sind die Mehreinnahmen entstanden dadurch, daß der Dollarkurs ganz erheblich gestiegen war, nämlich um etwa 20 %, daß also die sämt⸗ lichen Einnahmen, die ja im Schutzgebiet in Dollar einkamen, in der in Markwährung aufgestellten Uebersicht, eo ipso um 20 %, höher erscheinen mußten. Des weiteren möchte ich anführen, daß der Anteil an den Einnahmen des chinesischen Seezollamts, der mit die IISTö für das Schutzgebiet darstellt, gerade erst im
nistehen begriffen war. Im Jahre 1905 erst ist dieses Abkommen abgeschlossen worden, sodaß die Verwaltung nicht in der Lage gewesen ist, mit Sicherheit zu übersehen, wie viel einkommen würde. Sie mußte dabei unbedingt vorsichtig zu Werke gehen. Es beweist dies gerade das Etatsjahr 1908. Es sind im Etat 1908 625 0900 ℳ eingestellt. Damit ist das geschehen, was der Abg. Erzberger als richtig und gut hinstellte, nämlich daß man die voraus⸗ sichtlichen Einnahmen so hoch als möglich beziffert. Bei Aufstellung des Etats für 1908 konnte man wohl bei Abwägung der herrschenden Verhältnisse mit einer derartigen Einnahme rechnen. Leider kann man jetzt schon mit einiger Sicherheit übersehen, daß im Jahre 1908, insbesondere da der Dollarkors um rund 25 % gesunken ist, nicht 625 000 ℳ aus den Zolleinkünften einkommen werden, sondern etwa 125 000 ℳ weniger, also nur 500 000 ℳ, — ich meine, gerade dieser Umstand sibt uns Veranlassung, nicht dem Weg zu folgen, der vorgeschlagen worden ist, mit den Einnahmen möglichst hoch zu gehen, sondern er mahnt uns, hier doch sehr vorsichtig zu ver⸗ fahren. Einer der Hauptpunkte in den Ausführungen des Akg. setbenger war, daß draußen zu teuer gebaut würde. Er hat diese seine Ansicht verschiedentlich vertreten. Der Abg. Paasche habe ihm einen Fall zur Sprache gebracht, nachz dem im Schutz⸗ gebiete Kiautschou für die Ausführung eines Baues, der 48 000 ℳ erforderte, allein an Bauleitungskosten 21 000 ℳ ansgegchen worden sein sollen. Ein derartiger Prozentsatz an Bauleitungskosten ist im Schutzgebiete in keinem Falle entstanden. Ich möchte bei dieser Gelegenheit generell betonen, daß man die Bauleitungskosten, wie sie hier in Deutschland gang und gäbe sind und die sich in den verschiedenen Verwaltungen — wir haben eine Umfrage gehalten — auf durchschnittlich wenigstens 5 % der Baukosten belaufen, nicht ohne weiteres auf das Schutzgebiet anwenden kann. Einmal ist dort
bei den chinesischen Arbeitern eine ganz erheblich stärkere Bauaufsicht
nötig, und anderseits sind ja die Baukosten an sich jetzt wenigstens ungefähr dieselben wie in der Heimat, während die Auslandsgebhälter für die Beamten ganz erheblich höher sind. Wir haben festgestellt, daß in Hongkong, das wir doch zum Vergleich nehmen können, die Bauleitungskosten für das Jahr 1907 — die Enquete ist so ein⸗ gebend wie möglich veranstaltet worden 11,2 % betragen haben, während in Kiautschou die Bauleitungskosten 10,1 % be⸗ tragen haben, also immerhin noch 1 % weniger als in Hongkong, das auf eine beinahe 60 jährige Vergangenheit zurückschaut, während Kiautschou erst das erste Jahrzehnt vollendet hat. 3
glaube also, daß dieser Tatsache gegenüber die Behauptung, daß die Bauleitungskasten in Kiautschou eine ganz ungewöhnliche und ungeheuere Höhe angenommen haben, nicht aufrecht erhalten werden kann. Wenn ich mir nun gestatten darf, auf den vom Abg. Erz⸗ berger besonders o he. Fall einzugehen, so liegt hier eine irrtüm⸗ liche Auslegung eines Kostenanschlags des Gouvernements vor. In dem Kostenanschlag, den der Abg. Paasche in einem Aktenstück gelegentlich der Verhandlungen in der vorjährigen Budgetkommission gesehen hat, stand folgendes: Für Betrieb und Erhaltung des Wasser⸗ werks 85 000 ℳ, Rohrleitung 30 000 ℳ, Werkstatt⸗ und Lagerräume 18 000 ℳ, Bauleitung 27 000 ℳ. Ja, meine Herren, in diesen 27000 ℳ sind einbegriffen die sämtlichen persönlichen Kosten für das Betriebs⸗ personal der gesamten Wasserversorgung für Tsingtau. In diesen 27 000 ℳ stecken rund 21 000 ℳ Ausgaben für das Personal, das für den Betrieb des Wasserwerks notwendig ist. Es ist ohne weiteres zuzugeben, daß dieser Irrtum aufkommen konnte. Für die Zukunft ist dem vorgebeugt. Jetzt, wo die Wasserversorgung für Tsingtau im wesentlichen abgeschlossen ist — 1909 wird sie fertig —, ist dieses Personal bei Kap. 16 Titel 1 der fortdauernden Ausgaben des Etats für 1909 eingestellt. Ich darf die Ausführungen über die Bauten nochmals dahin resümieren, daß der von dem Abg. Erz⸗ berger angeführte Fall auf einer irrtümlichen Auslegung beruht, und daß die Baukosten im Schutzgebiet Kiautschou sich niedriger stellen als in der Kolonie Hongkong. Meine Herren, dann hat der Abg. Erzberger — es gehört auch noch zu dem Kapitel Bauten — be⸗ mängelt, daß hier 26 000 ℳ Ueberschreitungen beim Bau und der Unterhaltung der Dienstwohngebäude gemacht sind. Ich gebe gern zu, daß die Erläuterung, die in der Uebersicht stebt, nicht gerade sehr glücklich gewählt ist. In der Hauptsache sind diese Unterbaltungs⸗ kosten darauf zurückzuführen, daß die alten Chinesenhäuser, in denen damals noch ein großer Teil der Offiziere und Beamten wohnen mußte, ganz ungewöhnlich hohe Unterhaltungskosten verursacht haben. Bei den einmaligen Ausgaben ist stark bemängelt worden, daß bei Hoch⸗ und Tiefbauten eine Etatsüberschreitung von 392 000 ℳ stattgefunden hat. Meine Herren, diesen 392 000 ℳ Mehrausgaben steht gegenüber eine Minderausgabe bei den Hafenbauten von 355 000 ℳ, sodaß das also etwa balanciert. Ich möchte mir ge⸗ statten, Ihre Aufmerksamkeit auf einen Punkt zu lenken, der nicht außer acht gelafsen werden sollte. Ich glaube, es ist nicht richtig,
daß man bei einer in der Entwicklung begriffenen Kolonie ohne weiteres einen Etat herausnimmt — oder hier die Ueber⸗ sichten — und diesen für sich allein betrachtet. Man bekommt
ein viel richtigeres Bild von der Fonds⸗ und der ganzen Etat⸗ wirtschaft, wenn man die Etats im ganzen sich betrachtet. Mir liegt eine Aufstellung vor, aus der sich ergibt, daß von 1898 bis 1907 vom Reichstage bewilligt worden sind für Hafenbauten 27,39 Millionen und tatsächlich ausgegeben sind 27,32 Mill. Mark. Im Endeffekt stimmen also die Summen beinahe genau überein. Es läßt sich mit Rücksicht auf die gerade notwendigen Bauten nicht für jedes Jahr ohne weiteres vom Gouvernement voraussagen: baue ich jetzt schnell Hafen⸗ oder Hochbauten oder umgekehrt. Wenn die Bau⸗ summen, die vom Reichstage bewilligt werden, in dem einen Jahre etwas überschritten werden, kann im nächsten Jahre der Betrag wieder eingespart werden. Ich glaube, es würde sehr unsparsam werden, wenn man sich darauf steifen wollte — wenn ich so sagen darf —: die Summe ist für Hafenbauten da und diese für Hochbauten in diesem Jahre, folglich muß die Summe auch in diesem Jahre verbaut werden. Das Gonvernement hat, in vollem Einverständnis mit der Zentralbebörde, immmer dahin gewirkt, daß diese Summen, die gegen⸗ seitig deckungsfähig sind, möglichst nicht auf das eine Jahr ein⸗ geschränkt werden, sondern daß dabei die gante Konstellation, die Kon⸗ junktur mit zu berücksichtigen ist. Ich darf zum Schluß noch auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen. Es war gesagt, die Kostenanschläge müßten sorgfältiger gemacht werden, damit die Budgeikommission in der Lage wäre, die Sache genauer zu prüfen. Hierzu ist zu bemerken, daß es sehr schwierig ist, Kostenanschläge lange Zeit vor der Bau⸗ ausführung zu machen, zu einem Zeitpunkt, in dem man noch nicht weiß, wie sich die Preise und der Dollarkurs gestalten werden. Ich möchte um dieses zu illustrieren, anführen, daß in Hongkong, wo die Ver⸗ waltung auf eine sechsmal längere Tätigkeit zuruͤckdlickt als wir in Kiautschou, beispielsweise ein Postgebäude, das mit 500 000 Dollar veranschlagt war, schließlich auf ,900 000 Dollar zu stehen gekommen ist, daß ein Gerichtsgebäude, für das 400 000 Dollar angefordert waren, schließlich beinahe 800 000 Dollar gekostet hat, und daß für das Wasserwerk, für das 835 000 Dollar angefordert waren, schließlich 1 200 000 notwendig wurden. Das gibt doch zu denken. Es ist tat⸗