1909 / 48 p. 11 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Feb 1909 18:00:01 GMT) scan diff

sich durchweg um Persönlichkeiten, die bei den Rettungsarbeiten ihr Leben in Nächstenliebe und Opferwilligkeit mannhaft eingesetzt und

verloren haben. 1 Andenken! (Lebhafter Beifall.) Ich darf siern 8 hrep set ihrfan, daß alle Bevölkerungsklassen in

all den betroffenen Gebieten bereitwilligst und oft unter eigener Gefahr für Leib und Leben sich in den Dienst des Rettungswerkes gestellt haben. Insbesondere haben sich aber die freiwilligen Feuerwehren auch dem feindlichen Element des Wassers gegenüber als treue Helfer in der Not hervorragend bewährt (Bravol), und gerade von ihnen

haben einige Mitglieder in Erfüllung ihrer freiwillig übernommenen

FPflichten das Leben eingebüßt. Auch die Behörden haben überall

ihre Schuldigkeit getan. Das Militär, das an zahlreichen Stellen Schutz, entscheidende Hilfe und Rettung gebracht, hat sich in diesen Tagen den Dank der Bevölkerung erworben. (Sehr richtig!)

Meine Herren, die angerichteten Schäden sind über eine große Anzahl der Flußtäler in dem Gebiet zwischen Elbe und Rhein nicht in gleicher Weise verteilt; ihre genaue Feststellung hat bei der Kürze der Zeit noch nicht erfolgen können, da namentlich auch noch heute über Wiesen und Feldern Schnee, Eis und zum Teil Wasser steht.)

Was nun die von den Herren Interpellanten und Antragstellern an⸗ geregte Frage der Einleitung einer Hilfsaktion aus öffentlichen Mitteln betrifft, so muß ein Teil der Schäden von vornherein freilich aus⸗ scheiden. Es kann nicht Aufgabe und Ziel einer aus staatlichen und kommunalen Mitteln zu gewährenden Hilfe sein, jedweden Schaden, der durch Naturereignisse angerichtet ist, jedwedem, der geschädigt ist, sozusagen versicherungsgemäß zu ersetzen. Die öffentliche Hilfe muß sich auf solche Fälle beschränken, in denen ein örtlicher Notstand vor⸗ liegt, d. h., in denen entweder die Einwohner eines Bezirks an ihrem Privateigentum in einer Weise geschädigt sind, daß ihre wirtschaftliche Existenz ohne Beihilfe aus öffentlichen Mitteln nicht aufrecht erhalten werden kann, oder in denen Gemeinden oder sonstige Verbände an ihren im öffentlichen Interesse hergestellten Anlagen Schädigungen erlitten haben, zu deren Wiederherstellung sie aus eigenen Mitteln ohne eine öffentliche Beihilfe nicht genügend leistungsfähig sind. Die öffent⸗ liche Hilfe muß darauf gerichtet sein, in diesen Fällen zu bieten, was zur Erhaltung im Haus⸗ und Nahrungsstande und zur Deckung der aus eigenen Mitteln nicht aufbringbaren Kosten der Wiederherstellungs⸗ arbeiten unbedingt erforderlich ist. Ich glaube, diese stets festgehaltenen Grundsätze hier ausdrücklich noch einmal hervorheben zu sollen, um keine unberechtigten und unerfüllbaren Erwartungen aufkommen zu lassen.

Nach den mir vorliegenden Berichten der Provinzialbehörden und nach den Ermittlungen, die mein in das Lahntal und in den Koblenzer Bezirk entsandter Kommissar eingezogen hat, sind aber die eben stizierten Voraussetzungen für eine Hilfe aus öffentlichen Mitteln bezüglich einer ganzen Reihe von Ortschaften und Wirtschaften des bezeichneten Gebiets tatsächlich gegeben. Es ist in dem hier in Rede stehenden Gebiet zwar nirgend ein ganze, weite Bezirke einheitlich um⸗ fassender Notstand vorhanden, auch leidet in den einzelnen betroffenen Ortschaften die Bevölkerung nicht unter einem augenblicklichen Mangel an Nahrung, Wohnung oder Kleidung soweit letzteres in einzelnen Fällen zutraf, hat die freiwillige Liebestätigkeit bereits in dankens⸗ werter Weise Abhilfe geschaffen —, es handelt sich vielmehr

durchweg um einzelne, durch ihre ungünstige Lage in den Fluß⸗ tälern der Hochwasserwelle besonders ausgesetzt gewesene Gemeinden und Ahnwesen. Dies trifft im besonderen zu in der Probinz Hessen⸗Nassau, namentlich im Lahngebiet, auf dem Westerwald und dem Niederlahn⸗ kreis, in der Rheinprovinz insbesondere im Wiedbachtal und Siegtal, in der Provinz Hannover im Flußgebiet der Leine, in der Provinz Sachsen in den Kreisen Nordhausen und Heiligenstadt. In der Provinz Westfalen scheint ein eigentlicher Notstand mit Ausnahme von vielleicht einigen wenigen Gemeinden erfreulicherweise nicht vor⸗ zuliegen.

8 8c habe nun die Oberpräsidenten beziehungsweise die Regierungs⸗ präsidenten angewiesen, an der Hand eines Formulars, das sich bei den Hochwasserschäden in Schlesien und in Ostpreußen als praktisch erwiesen hat, die genauen Feststellungen über den Umfang der er⸗ forderlichen Hilfe sobald als möglich zu machen. In besonders dringenden Fällen werden natürlich auch schon vorher die zur Be⸗ hebung der ersten Not erforderlichen Mittel vom Staate vorschuß⸗ weise zur Verfügung gestellt, wie zum Beispiel bei der erwähnten Ortschaft Dausenau, das auf telegraphische Bitte des Landrats sofort telegraphisch erfolgt ist. (Bravol) Sache der Kreisärzte ist es, die Bevölkerung über die Gefahren aufzuklären, über die Gefahren, die aus der Durchfeuchtung der Wohnungen und aus der Verschlämmung der Brunnen solchen Katastrophen zu folgen pflegen. In dieser Beziehung ist das Erforderliche veranlaßt.

Meine Herren, schlimmer als in den bisher von mir behandelten Hochwassergebieten liegen die Verhältnisse in dem örtlich zwar eng egrenzten, aber dafür in seiner ganzen Ausdehnung gleichmäßig schwer betroffenen Deichbruchgebiet an der Elbe. Hier ist für einen ganzen einheitlichen Bezirk von etwa 40 000 ha eine direkte Landeskalamität eingetreten. Ueber die Entstehung und den Verlauf dieses Unglücks vowie über die zu seiner Behebung getroffenen Maßnahmen hat sich der Herr Landwirtschaftsminister zu dessen Ressort die Deich⸗ angelegenheiten gehören vorbehalten, dem Hause Mitteilung iu dächen Ich habe mich an Ort und Stelle selbst von der Größe

8 Schadens überzeugt. Wenn in diesem Gebiete Verluste an

dernschenleben glücklicherweise nicht zu beklagen sind, so ist dies allein v nun ciele, aufopfernden und nachhaltigen Tätigkeit der Umwohner,

di. entlich aber den braven Pionieren zu danken (lebhaftes Bravol) ge und Nächte lang in und mit den Wogen und Eisschollen een haben und noch jetzt in angestrengter Hilfsarbeit stehen. die Vernichtung der Saaten, die Schädigungen der Felder, der 18 an Vieh und Vorräten, die Schädigungen an Gebäuden, Dric und Inventar, die Zerstörung an den Wegen, Dämmen, dnen bahnanlagen, Deichen und Gräben werden voraussichtlich erreichen ehrere Millionen Mark ausmachenden Schadensbetrag

gerun Aber 6 Verl

anßes 5 Notstand, der ein Eingreifen erforderlich macht, liegt hier ersolgter m Zweifel vor. Die öffentliche Hilfe wird auch hier nach erweiste Festftellung des Schadens soweit es sich als erforderlich Unnegejalt schon vorher nach Maßgabe der hierfür seit Jahren nit n 88 und in der Praxls bewährten Grundsätze, wie ich hier⸗ verden. Di. der Staatzregierung zusagen kann (Bravol), gewährt temndsätlte e Voraussetzung für die Auswendung staatlicher Mittel ist der ortliche eine entsprechende Beteiligung der der an der Beseitigung 1 8 Notstände in erster Linie interessierten weiteren Kom⸗

munalverbände, der Provinz (sehr richtig!) und der Kreise, eine Be⸗ teiligung, die auch bisher in allen Fällen von seiten der betreffenden weiteren Kommunalverbände tatsächlich übernommen worden ist. Die staatliche Hilfeleistung selbstgeschiehtteils in der Form, daß die Mittel unter quoten⸗ mäßiger Beteiligung der weiteren Kommunalverbände zur Deckung be⸗ stimmter Ausgaben à fonds perdu zur Verfügung gestellt werden, teils in der Form langfristiger unverzinslicher Darlehne unter Verzicht auf Rückzahlung eines Teils der Darlehnsbeträge. Die Gewährung von Mitteln à fonds perdu unter quotenmäßiger Beteiligung der Provinz und der Kreise erfolgt in der Regel zum Zwecke der völligen Deckung von Ausgaben für militärische und sonstige außerordentliche Hilfeleistungen, zu mit dem Hochwasser in Zusammenhang stehenden sanitären Zwecken wie Trocknung von Häusern, Wasserversorgungen, zur Beseitigung von Schäden, für welche ein Pflichtiger nicht vor⸗ handen oder nicht zu erreichen ist, sowie zur Gewährung von Nahrung, Wohnung und Kleidung und von Beihilfen zur Beseitigung der Schäden an Mobilien, Gebäuden und Feldern, sowie zu Beihilfen an Unbemittelte, von denen wegen dauernder Leistungsunfähigkeit eine Wiedereinziehung auch im Laufe der Zeit nicht erwartet werden kann. Die Gewährung langfristiger zinsloser Darlehne empfiehlt sich im allgemeinen schon um deswillen, weil die Summen, welche im einzelnen Fall zur Verfügung gestellt werden können, größer gegriffen werden können als bei Bei⸗ hilfen ohne Auflage der Rückgewähr. Derartige Darlehne sind zunächst am Platz für Gemeinden oder andere öffentliche Ver⸗ bände zum Zweck der Wiederherstellung von Wegen, Brücken und Anlagen, zu Uferschutzwerken usw. Sie empfehlen sich weiter für Private zum Zwecke der Beschaffung von Saatgut, zur Erneuerung des Viehstandes sowie ganz allgemein in allen Fällen, in denen die Betroffenen voraussichtlich nicht dauernd leistungsunfähig geworden sind, sondern nur zur Beseitigung erlittener Schäden für gewisse Zeiten eines zinslosen Kapitalbetrages bedürfen.

Was die Form der Gewährung solcher Darlehne anlangt, so hat man bei den Notständen in Schlesien und in den östlichen Provinzen den Modus angewandt, daß der Staat und die Provinz die eigent⸗ lichen zinslosen Darlehne unter Verzicht auf Rückzahlung gewisser Prozente des Darlehnsbetrages an die einzelnen Kreise gab, die ihnen als alleinige Schuldner verhaftet blieben. Die Kreisver⸗ bände, die die örtlichen und persönlichen Verhältnisse am besten zu übersehen imstande sind, gaben dann ihrerseits Darlehne an die einzelnen Betroffenen weiter. Im Hinblick auf das Risiko, welches die Kreise bei der Wiedereinziehung der von ihnen an Verbände oder Privatpersonen gegebenen Darlehne übernehmen, wird dann von ihnen eine weitere Beteiligung bei dieser Art der Hilfsaktion nicht gefordert. Verzinsliche Darlehne würden die Sache außerordentlich komplizieren. Es bleibt ja unbenommen, sich ver⸗ zinsliche Darlehne von den Kreisen geben zu lassen.

Diese Grundsätze, meine Herren, haben sich in der Praxis durch⸗ aus bewährt, und die Staatsregierung wird voraussichtlich auch bei dem jetzigen Notstande ihre Hilfsaktion dementsprechend einrichten. Ob für die Flüssigmachung der erforderlichen Mittel dem Landtage eine besondere Kreditvorlage zugehen wird oder ob die Mittel in der Erwartung der nachträglichen Genehmigung beider Häuser des Land⸗ tags zunächst außeretatsmäßig verausgabt werden, läßt sich im gegen⸗ wärtigen Stadium der Angelegenheit ebensowenig übersehen wie die Höhe des erforderlichen Gesamtbetrages.

Jedenfalls darf das hohe Haus sich versichert halten, daß seitens der Königlichen Staatsregierung in Befolgung der von ihr in solchen ernsten Fragen stets festgehaltenen Grundsätze alles geschehen wird, was notwendig ist, um in Verbindung mit der stets bereit gefundenen freiwilligen Liebestätigkeit, deren tatkräftiges Einsetzen wir auch jetzt wieder freudig begrüßen können, in allen vom Hochwasser so schwer betroffenen Landesteilen die Leistungsfähigkeit der Gemeinden und die Erhaltung der Bevölkerung in Haus⸗ und Nahrungsstand stellen. (Bravo!)

Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim:

““

Meine Herren! Ich habe den ausführlichen Darlegungen des Herrn Ministers des Innern, die sich ja auch auf die landwirtschaft⸗ lichen Schäden erstreckten, einige Worte hinzuzufügen.

Es liegen mir eine ganze Anzahl von Mitteilungen von Melio⸗ rationsbaubeamten aus den verschiedensten Flußgebieten vor, wonach große Abschwemmungen von Ackerkrume, die gewissermaßen auf dem festgefrorenen Untergrund vollständig abgerutscht ist, und große Ver⸗ schotterungen und Verschlemmungen von Wiesen vorliegen. Wie groß die Schäden sind, läßt sich ja jetzt noch garnicht übersehen. Sämt⸗ liche Meliorationsbaubeamte erklären, daß heute noch keinerlei Ueber⸗ sicht darüber gegeben werden kann. Das erklären sie aber alle, daß sich die Flußregulierungen ganz außerordentlich bewährt haben. Ueberall, wo die Flüsse reguliert sind, haben die Uferbefestigungen ge⸗ halten, und hat eine derartige Verschlemmung und Verschotterung, wie sie an den nicht regulierten Flüssen eingetreten ist, nicht statt⸗ gefunden.

Ueber den Nutzen der Talsperren ist ja schon gesprochen worden. Die Talsperren haben gerade deshalb so günstig gewirkt, weil sie in⸗ folge des niedrigen Wasserstandes in diesem Jahre nicht voll waren. Die Talsperren im Westen dienen ja im allgemeinen nicht dazu, das Hochwasser zurückzuhalten, sondern sie dienen als Wasser⸗ und Kraft⸗ quellen für die Städte, waren aber in diesem Falle glücklicherweise leer und haben dadurch außerordentlich günstig wirken können.

Ich will nun noch einiges über den großen Dammbruch in der Wische mitteilen. Meine Herren, das Eis hatte sich in der Elbe bei Niedrigwasserstand festgesetzt. Es kam dann die große Hochflutwelle aus Böhmen mit schwerem Eisgang. Dieser Eis⸗ gang traf auf das feststehende Elbeis, schob sich über und unter diese feststehende Decke und bildete da eine Stopfung. Sobald der Eis⸗ stand es nötig gemacht hatte, hatten die Eisbrechdampfer ihre Arbeit begonnen. Es haben 4 kleinere und 2 größere Eisbrechdampfer gearbeitet. Bei dem niedrigen Wasserstand konnten die großen Eis⸗ brechdampfer zuerst nicht arbeiten, sondern im allgemeinen nur die kleinen. Sie sind auch anfangs ganz gut vorwärts gekommen und haben zeitweise bis zu 15 km den Tag aufgeeist. Je stärker und schwerer das Eis wurde, desto langsamer ging die Sache vorwärts sodaß später zum Teil nur 4, 5, 6 km pro Tag fertiggestellt werden konnten.

Inzwischen brach dann, wie schon bekannt ist, der Deich im oberen Gebiet der Wische bei Berge, und das Wasser strömte nun in die 40000 ha große Wische ein. Es werden von den 40 000 ha nach meiner

Schätzung ungefähr 35 000 ha unter Wasser kommen, wasserfrei bleiben werden nur die dicht an der Elbe gelegenen höheren Gebiete. Die ganze Wische hat nämlich ihre höchste Lage in der Nähe des Flusses. Dort sind in früheren Zeiten leichte Sandböden angeschwemmt worden und der ganze Boden ist dort erhöht worden, während die niedrigeren Teile in dem hintersten Ende, in dem am weitesten von der Elbe abliegenden Gebiet liegen. Dorthin ist nun das Wasser geströmt und hat innerhalb einiger Tage die ganze Wische unter Wasser gesetzt.

Ueber die Schäden, die an Häusern, Vorräten usw. angerichtet worden sind, hat der Minister des Innern ja schon gesprochen. Es handelt sich jetzt darum: wie groß werden die Schäden an Aeckern und Wiesen sein? Meine Herren, ich glaube, daß starke Verschlem⸗ mungen usw. nicht stattfinden werden, nur in dem tiefsten Tal geht der Strom mit einer gewissen Geschwindigkeit durch, und nur dort kann er solche Schäden anrichten. Auf der übrigen Fläche fließt das Wasser nur langsam, und da sind solche Schäden nicht zu erwarten.

Wie die Wintersaaten sich halten werden, können wir heute noch nicht übersehen. Nach meiner Erfahrung ich bin am Wasser groß geworden werden, wenn es gelingt, das Wasser jetzt abzuführen, die Weizensaaten, wenn sie nicht vorher etwa durch den Frost gelitten haben, wahrscheinlich nicht sehr stark gelitten haben. Ich glaube auch, daß die Roggensaaten wohl in der Lage sein werden, jetzt bei der großen Kälte das fließende Wasser, was ja immer nicht so schädlich wirkt wie das stagnierende, zu ertragen.

Die Frage ist aber: wird es gelingen, den Deich jetzt zu schließen? Meine Herren, ich habe bei meiner Anwesenheit in dem Ueber⸗ schwemmungsgebiet veranlaßt, daß die Provinzialbehörden sich sofort mit größeren Unternehmern in Verbindung setzten und mit ihnen an Ort und Stelle die Deichbrüche untersuchen, um feststellen zu können, ob ein Deichschluß gegenwärtig möglich wäre. Es hat eine Besichtigung stattgefunden. Das Wasser ist aber, da die Eisbrechdampfer noch nicht bis an die Bruchstelle vorgedrungen sind, immer noch nicht so weit abgefallen, daß man sich ein anschauliches Bild davon machen kann, ob es möglich sein wird oder nicht. Die Eisbrechdampfer arbeiten gegenwärtig außerordentlich langsam. Sie sind gestern nur ein paar hundert Meter vorgedrungen. Von gestern Abend bis heute Mittag sind sie so gut wie gar nicht vorwärts gekommen. Sie sind an einen Eisblock gekommen, der bis zu 7 m Mächtigkeit hat, an den sie fast wirkungslos anrennen. Es wird also, wenn dieser Elsblock sich noch sehr weit ausdehnt, was man ja noch nicht übersehen kann, noch einige. Zeit dauern, bis sie an die Bruchstelle herankommen. Sobald sie an die Bruchstelle heran sind, werden sofort wahrscheinlich bis 2 m Wasser abfallen. Ich glaube, daß dann die Bruchstelle wasserfrei sein wird, ein Einfluß also nicht mehr statt⸗ finden wird, sodaß wir dann genau übersehen können, ob ein Schluß möglich ist.

Es soll, wenn es möglich ist, dann sofort mit allen Kräften darangegangen werden und versucht werden, die Bruchstelle bis zum Eintritt des Frühjahrshochwassers zu schließen. Gelingt das, dann wird es möglich sein, den größten Teil der Wische im Frühjahr zu bestellen; gelingt es nicht, dann fürchte ich, werden wir mit den Ver⸗ lusten der Ernte für das folgende Jahr für das überschwemmte Gebiet der Wische rechnen müssen. Davon wird also der Schaden abhängen. Hoffen wir daher, daß es gelingen wird, die Bruchstelle zu schließen. (Bravo!)

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Lassen Sie mich noch einige kurze Bemerkungen machen um weiteren Aufschluß über die Gründe zu geben, die zu der Katastrophe bei Berge geführt haben.

Als die gewaltigen Wassermassen, die das ganze Strombeit und die Vorländereien ausfüllten, an der Havelmündung erschienen, führte die Havel niedriges Wasser. Infolgedessen wurde ein großer Teil des Elbstroms abgelenkt in das Havelbett und drang dort bis zu 35 km. aufwärts.

Die Folge dieser Ablenkung war eine sehr erhebliche Verminderung der Stromkraft der Elbe. Die weitere Folge war, daß sich in un⸗ mittelbarer Nähe der Havelmündung die Eisversetzung bildete, welche den Anlaß zu der schweren Katastrophe gab.

Der Eisbrecherdienst, dessen der Herr Landwirtschaftsminister soeben Erwähnung getan hat, hat in diesem Winter bereits sehr früh eingesetzt; wiederholt haben die Eisbrecher von Harburg elbaufwärts gehen müssen, und als diese Katastrophe sich vorbereitete, war die Flottille zur Stelle. (Bravo!)) Nachdem in anerkennenswerten Worten der Pioniere und deren Hilfstätigkeit gedacht ist, möchte ich meinerseits nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die Mann⸗ schaften, die auf den Eisbrechern tätig sind, ebenfalls ganz außer⸗ ordentliches geleistet haben (bravol), vom frühesten Morgengrauen bis in die späte Nacht. Sie haben bei dem Lichte der Scheinwerfer ge⸗ arbeitet, und wenn sie zu später Stunde abrücken mußten, so geschah es lediglich deshalb, weil Gefahr für Schiffe und Mannschaften in der Nacht bestand. Die Fortschritte waren gute, zeitweilig ganz außerordentliche bis in die letzten Tage. Ich bin selbst jüngst bei den Eisbrechern gewesen und habe mit Befriedigung festgestellt, daß sie auch bei den schwierigsten Verhältnissen vorwärts dringen und die Schiffe sich bewährten. Erst seit gestern ist eine Stockung ein⸗ getreten, nicht eine vollständige Stockung. Gestern sind 300 m geleistet worden, und heute abend wird berichtet, daß die Eisbrecher, trotzdem sie auf eine Eiswand von 7 m Höhe gestoßen sind, immer noch 150 m vor sich gebracht haben. Es sind noch zu überwinden etwa 4 bis 5 km. Wenn man annehmen dürfte, was ich meinerseits nicht annehme, daß sie nur in gleichem Tempo vorwärts kämen, würde die Beseitigung der Eis⸗ versetzung freilich noch eine Reihe von Tagen dauern. Aber wir haben im Laufe der letzten Tage beobachtet, daß nach sehr schweren Stauungen doch wieder erhebliche Erleichterungen eintreien. Was den Hochwasserdienst an der Elbe betrifft, so darf ich bemerken: hat gut funktioniert, das gilt für die gesamten Ströme, soweit si meinem Ressort unterstehen.

Die Katastrophe an der Elbe hat auch eine sehr empfindli Störung im Eisenbahnverkehr zwischen bven- herbeigeführt. Für die Verkehrsinteressen ist Sorge getragen. Es ist auch von meinem Ressort angeordnet worden, daß Liebergaben für die gesamten überschwemmten Gegenden frachtfrei befördert werden (bravol), und heute abend ist bekanntgegeben, daß datjenige Vieh, welches aus den Ueberschwemmungsgegenden in der Wischeniederung stammt, und zurzeit in unmittelbarster Nähe der Niederung eingestellt

war, sofern es vorübergehend nach entlegeneren Gebieten überfü werden sollte, um dort eingestellt in werden —, daß