deutsch⸗amerikanische Handelsabkommen von 1907 am 1 August 1909 gekündigt. Es wird danach mit Ablauf des 7. Februar 1910 außer Kraft treten. Bis dahin können von den in dem Abkommen ausdrücklich aufgeführten deutschen Waren (Weinstein, Spirituosen,
stile Weine und Schaumweine, Kunstwerke usw.) höhere als die daselbst vereinbarten Zölle nicht erhoben werden. Auch hat Deutschland bis dahin Anspruch auf die in dem
Abkommen amerikanischerseits auf dem Gebiete der Zollverwaltungs⸗ bestimmungen gemachten Zugeständnisse. Im übrigen sind die Vor⸗ schriften des neuen amerikanischen Zolltarifgesetzes auch Deutschland segenüber am 6. August 1909 in Wirksamkeit getreten. Der neue Tarif bezeichnet die darin angegebenen Zollsätze als den Minimaltarif und bestimmt, daß die um 25 % des Warenwerts erhöhten Sätze desselben den Maximaltarif darstellen. Der Minimal⸗ tarif soll bis zum 31. März 1910 gegenüber allen Ländern Anwendung finden. Vom 1. April 1910 ab soll automatisch der Maximaltarif auf die Einfuhr aus allen Ländern angewendet werden, es sei denn, daß der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika durch eine Proklamation die weitere Verzollung der Herkünfte bestimmter Länder nach dem Minimaltarif anordnet. Dies soll der Präsident nach dem Gesetz nur bezüglich solcher Staaten tun, die nach seiner Ueberzeugung amerikanische Erzeugnisse durch Zoll⸗ oder sonstige Bestimmungen ni t unbillig differenzieren. 1 “
Das neue amerikanische Tarifgesetz enthält keine den Sektionen 3 oder 4 des Dingley⸗Gesetzes entsprechenden Bestimmungen, auf Grund deren die Regierung der Vereinigten Staaten einem anderen Lande besondere 1“ gewähren könnte. Da aus den Kongreßverhandlungen über das neue Tarifgesetz ferner mit aller Deuklichkeit hervorgeht, 58 der Kongreß einem von der amerikanischen Regierung etwa abgeschlossenen, Ermäßigungen des Minimaltarifs vereinbarenden Vertrage zurzeit seine Zustimmung nicht erteilen würde, so konnte es jetzt nur darauf ankommen, eine Verständigung zu erzielen, durch welche Deutschland der Minimaltarif gesichert wird. Abgesehen von dem Minimaltarif kamen ferner Zugeständnisse 8 dem Gebiete des Zollverwaltungsverfahrens in Betracht, d. h in erster Linie die Neubewilligung der in dem Abkommen von 1907 unter B, C, D, E, Faufgeführten Abmachungen. Die daselbst vereinbarte Bestimmung A mußte ausscheiden, da die in der Bestimmung A gekenn⸗ teichneten Waren künftig nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift nach dem
Narktwert in Amerika zu verzollen sind. In zweiter Linie erschien eine vertragsmäßige Festlegung von Abmilderungen der neuen Vor⸗ scheiften über die Angabe des dögnesane⸗ auf den eingeführten
aren (Markierungszwang) erwünscht.
85 Hisvemcber d. 8* h ben in Washington Besprechungen wegen der Neuregelung der deutsch⸗amerikanischen Handelsbeziehungen statt⸗
gefunden, in denen deutscherseits die vorstehenden Vorschläge gemacht worden sind. Eine Festlegung von Einzelbestimmungen bezüglich der
Markierung von Waren wurde amerikanischerseits abgelehnt, eine ent⸗ gegenkommände Praxis aber in Aussicht gestellt. Der Fortbestand der unter B bis F der Note aufgeführten Vereinbarungen sowie die Ge⸗ währung des Minimaltarifs wurde zunächst von der Erfüllung einer größeren Anzahl von Forderungen abhängig gemacht. Im Laufe der Besprechungen schieden eine Reihe dieser Forderungen aus, und es wurden in dem darauffolgenden amtlichen Schriftwechsel von der Amerikanischen Regierung die nachstehenden Forderungen aufrecht erhalten: 1) Gewährung aller deutschen Vertragszollsätze, oder angemessene Kompensationen durch Gewährung von Zollermäßigungen über die bisherigen Vertragssätze hinaus, 2) Zulassung von amerikanischem Schweinefleisch nach der Vor⸗ nahme der amtlichen Trichinenschau in Deutschland, aber ohne Beibringung der gegenwärtig noch verlangten Bescheinigung über erfolgte mikroskopische Trichinenuntersuchung in den Ver⸗ einigten Staaten, 3) Zulassung von cchlachtung. Bezüglich der Punkte 2 und 3 wurde deutscherseits erklärt: Der⸗ artige sanitäts⸗ und veterinärpolizeiliche Vorschriften richteten sich nach den jeweiligen Gesundheitsverhältnissen in den einzelnen Ländern. In allen Ländern und nicht zum wenigsten in den Vereinigten Staaten beständen Einfuhrverbote ähnlicher Art und in der Union werde von diesen Einfuhrverboten insbesondere auch Deutschland betroffen. Unter anderem sei die Einfuhr von lebendem Rindvieh aus Deutschland verboten, während sie aus anderen Ländern zugelassen sei. Die Kaiserliche Regierung könne auf die genannten beiden Forderungen im Rahmen der Tarisverhandlungen nicht eingehen. Um aber einen Beweis ihrer freundschaftlichen Gesinnungen gegenüber Amerika zu geben, werde die Kaiserliche Regierung, falls die Union die Abschaffung der Trichinen⸗ atteste gesondert zur Sprache bringe, auf eine Erledigung dieser An⸗ im Sinne der amerikanischen Wünsche hinzuwirken bereit sein. Bezüglich der Einfuhr lebenden Viehes dage en könne die Kaiserliche Regierung weder ein Entgegenkommen in zussicht stellen noch in irgendwelche Verhandlungen eintreten.
Bezüglich der deutschen Vertragssätze sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen. Bei dieser Sachlage erschien es erwünscht, die im Gesetzentwurfe vorgesehene Ermächtigung für den Bundesrat zu beantragen, da hierdurch die Möglichkeit geschaffen wird, nach dem 7. Februar den Vereinigten Staaten die bisher eingeräumten Ver⸗ tragssätze weiter zu gewähren und bei den weiteren Verhandlungen die Zollfatze des deutschen Vertragstarifs keinschließlich der damit im Zu⸗ sammenhange stehenden sonstigen Vergünstigungen hinsichtlich der Ver⸗ zollung) insoweit zuzugestehen, als zur Erzielung eines Einverständ nisses notwendig ist.
amerikanischem Rindvieh zur sofortigen
„Nr. 3 des „Eisenbahnverordnungsblatts“ heraus⸗ zegeh im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 28. Fannar, at folgenden Inhalt: Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten
vom 22. Januar 1910, betr. Prüfungsordnung.
Statistik und Volkswirtschaft.
Aus dem Bericht über die Betriebsergebnisse der ver⸗ einigten vren. und hessischen Staatseisenbahnen im Rechnungsjahre 1908/09. . Am 31. März 1908 betrug die Bahn (Eigentums)länge der in der preußisch hessischen Betriebsgemeinschaft vereinigten Staats⸗ eisenbahnen 35 974,10 Km. Davon waren 35 746,90 km für den öffentlichen Verkehr bestimmt, und zwar 35 504,46 km Vollspur⸗ und 242,44 km Schmalspurbahnen; nicht dem öffentlichen Verkehr dienten 227,15 km Vollspur⸗ und 0,05 km Schmalspurbahnen. Am 31. März 1909 hatten die in der Betriebsgemeinschaft vereinigten 3 ahnen für den offentlichen Verkehr eine Gesamtlänge von 6 373, 81 km, wovon 36 132,19 km vollspurig waren. Rechnet man hierzu die Länge der von der Großherzoglichen Eisenbahndirektion Oldenburg verwalteten, aber dem preußischen Staat gehörigen Wilhelmshaven⸗Oldenburger Eisenbahn mit 52,38 km, so ergibt sich eine Gesamtbahnlänge von 36 426,19 km. ie preußischen Provinzen, die übrigen
Diese verteilt sich au deutschen Staaten und auf ens Staatsgebiete, wie folgt: Ende März Ende März 1909 die 1909 1908 mehr
ostlichen Provinzen.
di 16 945,99 km 16 468,54 km 477,45 km e westlichen „ 15 319,22 „ 15 180,06 139,16 „ Uhreußen zusammen . 22 285,21 m 31878,00 dm 81001 Em A se deutsche Staaten 4 152,60 4 142,30 „ 10,30 „
6 2 2 2 2
im ganzen Eisenbahnen rre⸗ öffentlichen
grb r . .636 426,19 km 35 799,28 km 626,91 km.
Das verwendete Anlagekapital betrug Ende März: 1909 1908 1909
Mill. ℳ Mill. ℳ ühr,
im Bereiche der Betriebsgemeinschaft. 10 348,94 9 917,588 431,36 außerhalb der Betriebsgemeinschaft 98 8,36 0,63 insgesamt preußisches Eigentum . . . 10 013,01 9 590,94 422,07.
Der Fuhrpark hatte am Ende des Rechnungsjahres 1908/09
bezw. 1907/08 einen Bestand von 1908 1907 LSXolkomotiven 18 483 17 320 . Personenwagen 35 232 32 777 8 Gepäckwagen . . . . . 10 270 9 342 — Güter⸗ und Arbeitswagen 392 494 372 843.
Zum Vergleiche sei noch bemerkt, daß der Bestand des Fuhrparks im Jahre 1880 4419 Lokomotiven, 6896 Personenwagen, 1880 Gepäck⸗ wagen und 88 730 Güterwagen betrug.
Die im Bereiche der preußisch⸗hessischen Eisenbahnbetriebsgemein⸗ schaft aufgekommenen Einnahmen stellten sich, wie folgt:
1908/09 1907 1908/09 ’“ Einnahme G 108 soder weniger (— Mill. V 92 Mill. Mill. 8 ℳ 8 ℳ 70 ℳ I 70 Personen⸗ und Ge⸗ päckverkehr 539,4 28,24] 524,1 26,83]⁄ + 15,3 + 2,91 Güterverkehr . . . . 9 65,17 1295,5 66,30% — 50,6 — 3,91 sonst. Einnahmen . 125.9. 6.,59]° 134,3. 6,87 — 8,4 — 6,23 Gesamteinnahme 1910,2 100,00] 1953,9/ 100,00% — 43,7 — 2,24.
Es betrug ferner die Gesamtausgabe [1381,2 100,00] 1319,8 100,001 —+ 61,4 + 4,65, somit der Gesamtüberschuß! 529,0 — l 634,1 — [— 105,1 — 16,57.
Was die Einnahmen im besonderen betrifft, so ist zu bemerken, daß diejenigen aus dem Personen⸗ und Gepäckverkehr 15,3 Millionen Mark mehr, die aus dem Güterverkehr 50,6 Millionen Mark und die fonstigen Einnahmen 8,4 Millionen Mark weniger betrugen als die des Wrjahres. Die Gesamtausgabe is Wum 61,4 Millionen Mark höher als im Vorjahre, so daß also der Gesamtüberschuß um 105,1 Millionen Mark niedriger ist als im Jahre 1907/08. In Prozenten des durchschnittlichen Anlagekapitals c der Betriebs⸗ uͤberschuß, also die Rente, für das Rechnungsjahr 1908/09 4,78 gegen 6,10 % für das Vorjahr 1907/08, 7,07 % für das Jahr 1906/707, 7,13 % für 1905,06, 6,80 % für 1904,05, 6,77 % für 1903/04, 6,22 % für 1902,03, 6,11 % für 1901/02, 6,87 % für 1900/01, 7,03 % für 1899/1900.
ie Güterbeförderung des öffentlichen Verkehrs im Bereiche
der preußisch⸗hessischen Staatsbahnen betrug 286,17 Millionen Tonnen
egen 299,42 Millionen Tonnen im Vorjahre, ist also um 13 Millionen Fae oder 4,42 % zurückgegangen.
1908 mehr (+)
oder weniger (—)
Es wurden befördert 190 8 000
1000 t % IJ. nach dem Nor⸗ maltarif: 1) Eil⸗und ExpreßBßut 2 455,7 2 473,1 — 17,4 0,70 2) Fenchtgut 1 “ Stückgut 1 gemeinen Stück⸗ 1“ gutklasse. . . 7758,7 779 Stückgut der Spezialtarifklasse 3 338,4 3 413,1 — 74,7 — 2,19 Frachtgut in Wagenladungen der Klaße A1 2 230,2 2 298,9 — 68,7 — 2,99 der Klasse B.. 5 023,5 4 994,1 + 29,4 + 0,59 der Spezial⸗ tarifklasse A 2 4 709,8 4 879,9 — 170,1 3,49 der ezial⸗ tarifklasse . 12 652,7 12 471,7 + 181,0 + 1,45 der Spezial⸗ tarifklasse II. (in Ladungen von 10 000 kg) 8 033,0 8 812, — 779,2 — 8,84 er Spezial⸗ tarifklasse II. (in Ladungen von 5000 kg) 4 608,3 4 873,5 — 265,2 — 5,44 der Spezial⸗ tarifklasse III 58 040,3 62 637,1 — 4 596,9 — 7,34 Frachtgut zusammen 106 394,9 112 179,9 — 5 785,0 — 5,16 II. nach Aus⸗ . nah metarifen 177 327,1 184 769,0 — 7 441,9 — 4,03 I und II zusammen 286 177,7 299 422,0 — 13 244,3 — 122. Der Gesemtgtevehtehr aller deutschen Eisen⸗ bahnen betrug in Millionen Tonnen: 1908 1907 1908 mehr 359,3 359,2 0,1. Der Güterversand der norddeutschen Verkehrsbezirke
im ganzen ist von 252,7 Millionen Tonnen im Jahre 1907 auf 256,4 Millionen Tonnen im Jahre 1908, somit um 3,7 Millionen Tonnen oder 1,47 % gestiegen.
In der Beförderung einzelner Waren attungen sind folgende Veränderungen eingetreten. Es wurden befördert in 1000 t:
Warengattung mehr Warengattung weniger AaeEenee“ S66,5 Erddde— 6 Flach 1““ 8 28 8 11“ 38 Weheeeren “ 4,3
Roggen 488,7 Kalk, gebrannter . . . . 312,4 bel europäisches 72,6 Kartoffeln . . . . . .. 185,1 Mehl und Mühlenerzeugnisse 27,8 Kleie . . . . . . . . . 20,6 Oeichen— 30,0 Rühben— 791,0 II 6* 21,1 Stiitkt 10,8 Zucher, toh . . . . ... 13,4 Steine, bearbeitete . 68,2 SüNiua 18,2 Steine, gebrannte und rohe 897,4 Wolle 19,2
* Zucker, raffiniert 50,2.
b Zur Arbeiterbewegung. 1 8
Um die infolge der Aussperrung der Färbergesellen erfolgte Stillegung der Färberei⸗ und Bleichereibetriebe in ihrer Wirksamkeit zu unterstützen, haben sich, wie die „Köln. Ztg.“ aus Barmen erfährt, sämtliche Eisengarnfabrikanten des Wuppertals verpflichtet, keinerlei Farb⸗ oder Bleichaufträge aus⸗ zuführen, die ihnen aus Anlaß der Stillegung der Betriebe des Ver⸗ eins der Färberei⸗ und Bleichereibesitzer etwa zugehen, und keine Arbeiter aus den ruhenden Betrieben anzustellen. (Vergl. Nr. 29
d. Bl.
egen eee ec Beilegung des Streiks bei der Firma Delta⸗Werk, Hugo Linder in Solingen, der nun schon bald fünf Wochen dauert, sind, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ mitteilt, Ver⸗ handlungen eingeleitet worden. In einer Sitzung, an der Vertreter des Arbeitgeberverbandes, der Firma Linder, des Industriearbeiter⸗ und des Metallarbeiterverbandes teilnehmen, hofft man eine Einigung beischen den beiden Parteien zu erzielen.
In Harondet bei Amiens zertrümmerten, wie „W. T. B.“ meldet, etwa fünfzig Wollkrempler die Fenster der Tuchfabrik
der Gebrüder Saint, die mehrere Wollkrempler entlassen hatten,
und drangen in die Arbeitsräume ein, wo sie die elektrischen Lampen zerstörten, die Treibriemen zerschnitten Uund große Verwüstungen anrichteten. Gendarmerie und berittene Jäger sind zur Wiederherstellung der Ruhe nach Harondet entsandt worden.
Kunst und Wissenschaft.
In der letzten Sitzung des Vereins für die Geschichte der Mark Brandenburg sprach Dr. Haß über die Hofbeamten und den 2 in der Mark Brandenburg unter Kurfürst Joachim II. Er begann mit einer allgemeinen Charakteristik der fürstlichen Verwaltung während der territorialen Zeit, indem er nament⸗ lich den engen Zusammenhang zwischen Hofstaats⸗ und allgemeiner Landesverwaltung betonte, und erörterte dann näher die Organisation der Hofverwaltung sowie die Entwicklung der einzelnen Hofämter, die er bis ins 17. Jahrhundert hinein verfolgte. Die ältesten und vor⸗ nehmsten Chargen waren die des Marschalls und der Hofmeister (Haushofmeister und Hofmeister der Kurfürstin). Den Vorrang hatte bis etwa zum Ende des 15. Jahrhunderts das Hofmeisteramt; in der Folgezeit steigt jedoch der Hofmarschall zum Chef des gesamten Hof⸗ staats einschließlich der Räte auf, bis ihm mit dem Regierungs⸗ antritt Johann Georgs wieder ein Oberhofmeister als zum mindesten ebenbürtig zur Seite tritt. Zwei neue, besonders in späterer Zeit wichtig gewordene Hofämter entstanden erst während der Regierungs⸗ zeit Joachims II.: das des Schloßhauptmanns und des Ober⸗ kämmerers; besonders auf das letztere, dessen Existenz in dieser Zeit bisher unbekannt geblieben ist, wurde nachdrücklich hin⸗ ewiesen. Zu diesen höheren Hofbeamten, die meist zugleich als äte eine wichtige Rolle in der Justiz⸗ und Finanzverwaltung spielten, zählte damals auch der Hauptmann des Amts Mühlenhof, der großen Zentraldomäne, die die Naturalien für den Hofhalt sammelte und zum Teil verarbeitete. Dagegen erscheint die Stellung des Küchenmeisters und der Schenken nicht mehr als so bedeutend wie zeitweise im Mittelalter. In der Mitte zwischen den obersten Hofchargen und dem niederen „Hofgesinde“ stand der Haus⸗ vogt; er hatte nicht 598 die Aufsicht über das Schloß zu führen, sondern übte auch die Jurisdiktion über die Hofbeamten und die Bewohner der Schloßfreiheit und der Burglehen aus. — Abgesehen von den eigentlichen Hofbeamten, bildeten die Umgebung des Kurfürsten eine v Anzahl von Edelleuten, die sich ständig am Hoflager aufhielten und für ihre Dienstleistungen vollkommen Unterhalt, zum Teil auch eine Besoldung erhielten. Der Vor⸗ tragende machte über ihre Obliegenheiten wie auch ihre Zahl und Glie⸗ derung nähere Mitteilungen und besprach namentlich die Frage, inwieweit die im 17. und 18. Jahrhundert bestehende Unterscheidung zwischen Kammerherren (= „Kämmerern“*), Kammerjunkern und Hofjunkern schon im 16. Jahrhundert vorbereitet war. Er wies dann ferner aus mehreren erhaltenen Personalverzeichnissen nach, daß zwar die meisten dieser Hofjunker dem Landesadel angehörten, jedoch auch mehrere nicht⸗ märkische Familien unter ihnen vertreten waren. Noch stärker und auffallender war die Heranziehung „ausländischer“ Elemente bei den Hofbeamten. Gerade in den wichtigsten Vertrauensstellungen befanden ich lange Feit hindurch — zum Verdruß der Stände — e Edel⸗ leute: der bedeutendste der adligen Räte, Eustachius von Schlieben, stammte aus der Lausitz, der als Soldat und Diplomat gleich be⸗ währte Hofmarschall Adam von Trott war ein Hesse, und einer der vertrautesten Kaäͤmmerer, Wolf von Closter, war aus Westfalen in die Mark gekommen. Ueber diese Männer wie auch über den Oberst⸗ kämmerer Matthias von Saldern konnten einige charakteristische Einzel⸗ heiten mitgeteilt werden. Der Vortragende zeigte dann noch, in welcher Weise die am Hof dienenden Junker vomn sturfärsten für ihre Dienste mit Angefällen, Lehen, Geld und Grundbesitz belohnt wurden, wie einzelne allmählich im Hofdienst emporkamen, wie die meisten schließlich mit einer einträglichen Domäne versorgt wurden und wies zum Schluß darauf hin, daß diese freigebige Art des Kurfürsten, seine Beamten und Diener zu belohnen, wesentlich zu der bekannten Zerrüttung seiner Finanzen beigetragen hat. In der Diskussion wies Herr Dr. von Caemmerer, anknüpfend an eine Bemerkung des Vortragenden über den innigen Zusammenhang von Hof⸗ und allgemeiner Landes⸗ verwaltung im 16. Jahrhundert, kurz auf die Hauptmomente hin, durch die die heute bestehende Scheidung allmählich herbeigeführt worden ist. Als erster Schritt dazu kann die Gründung einer be⸗ sonderen Hofstaatskasse im Jahre 1673 angesehen werden, von der dann beim Regierungsantrikt Friedrich Wilhelms I1. eine besondere Hofmarschallamtskasse abgezweigt wurde, wobei zugleich das schon unter Friedrich I. organisierte Hofmarschallamt (von dem heute die gesamte Hofverwaltung ressortiert) festere Formen gewann. Mit dem Untergange des alten Staats verschwand auch die Hofstaatskasse; ein halbes Menschenalter später (1820) voll⸗ zog sich mit der Gründung der Kronfideikommißkasse die endgültige finanzielle Trennung von Krone und Staat. — Die von der Hof⸗ verwaltung streng zu scheidenden „Haussachen“ gehörten im 18. Jahr⸗ hundert zur Kompetenz des die Hoheitssachen verwaltenden Kabinetts⸗ ministeriums; ein im Jahr 1812 gegründetes besonderes Ministersum für die Haussachen hat nur bis zum Zusammenbruche des Staats bestanden. Das heutige Hausministerium ist 1819 gegründet, hat aber seinen von den übrigen Ministerien unterschiedenen Charakter erst mit der Einführung der Verfassung erhalten, während z. B. in der vormärzlichen Zeit zeitweise die gesamte Domänenverwaltung von ihm Eserterte 6 odann sprach Dr. F. Arnheim über die Markgräfin Dorothea von Bayreuth. Bis vor kurzer Zeit las at allen genealogischen Nachschlagewerken, sie sei 1734 gestorben. Dies ist jedoch ein Irrtum. Sie wurde vielmehr damals heimlich na S weden gebracht, wo sie als „Frau Oberst von Zettwitz“ —. 27 Jahre lebte. Ueber ihre Schicksale, besonders ihren Aufenthalt in Schweden, gibt eine auf Archivalien beruhende kleine Abhandlung, die der schwedische Reichsheraldiker Graf Adam Lewenhaupt 1904 in der Stockholmer illustrierten Monatsschrift „Wort und Bild“ veröffent⸗ lichte, recht wertvolle Aufschlüsse. Das sonst noch vorhandene ge⸗ druckte und ungedruckke Marerat scheint wemüch Wcterhaft w Kim.
Im Architektenverein in Berlin, Wilhelmstraße 92/93, w am 7. d. M., Abends 7 ½ Uhr, Dr. Otto Küm . Direktorial⸗ assistent und Leiter der orientalischen Kunstabteilung an den König⸗ lichen Museen in Berlin, einen Vortrag über zPaus und Ku 3 3 in Fexan⸗ halten. Der Vortrag wird von zahkreichen Lichtbildern egleitet sein.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Adelaide, 3. Februar. Die Blätter schätzen die füͤpauftralische Weizenernte auf 24 475 000 Bushels. Für die Ausfuhr kommt hiervon ein Quantum von 20 777 500 Bushels in Ziffern bedeuten eine Rekordernte.
Verkehrsanstalten
Die Eisenbahn Kristiania — Bergen
Unlängst ist die Eisenbahnlinie Kristiania —Bergen in jhrer ganzen Ausdehnung eröffnet worden, womit — chn 1— dbschloß, das eine große nationale Bedeutung hat und für den Per⸗ sonen⸗, Post⸗ und Güterverkehr von weittragender Wichtigkeit ist Denn mit dieser 492 km langen Bahn werden die durch ein mächti es Langgebirge getrennten östlichen und westlichen Teile Norwegens g einander verbunden. Während die Reise früher auf dem Se längs einer rauhen Küste drei Tage in Anspruch nahm, wurde Fahrt zwischen Kristiania und Bergen bereits durch den vorläͤufigen Betrieb der Bahn, wobei ein Umweg über das im Süden liegende Drammen gemacht werden mußte, auf 23 Stunden abgekürzt dem nun auch der östlichste Teil der ber man ist, dauert sie nur noch 14 Stunden, auf der Linie fällt weg.
kach⸗ ogenannten Bergener Bahn sac. und die bisherige Uebernachtung