Zöpfe retten konnten, so wenig wird das den preußischen Würden⸗ trägern gelingen. Es waren keine sentimentalen Träumer, die das demo⸗ kratische Wahlrecht in Oesterreich, Frankreich usw. eingeführt haben, es waren politische Geschäftsmänner, die in nüchterner Erwägung zu ihrem Schlusse gekommen sind. Zu Gunsten der Klassenwahl hat der Minister⸗ präsident den Freisinnigen Vorhaltungen über das Recht der nackten Zahl gemacht. Was er an ihre Stelle setzen wollte, war sogar dem Klassenparlament ungenießbar. Die geheime Stimmabgabe soll alle geistig schwächeren Wähler unfrei machen. Jetzt wissen wir es also. Das öffentliche Wahl⸗ recht soll dazu dienen, die geistig schwächeren Wähler zu schützen. Es ehrt den Kanzler, daß ihn das Schamgefühl gehindert hat, offen zu sagen, daß die Beamten der Regierung zu folgen haben. Haben diese nicht auch materielle Interessen? Man traut den Beamten nicht über den Weg. Es gibt nichts Feigeres als den Versuch der wirtschaft⸗ lich Mächtigen, die wirtschaftlich Schwachen um ihre Ueberzeugung zu be⸗ trügen. Das preußische Wahlrecht steht hinter dem Rußlands zurück. Mit der preußischen 2 ks- wurde das Versprechen des Königs nur formell eingelöst; die Junker haben verhindert, daß das Versprechen materiell Aealöst wurde. Vielleicht handelt es sich auch um gottgewollte Abhängigkeitsverhältnisse. Gewiß sind auch Ausschreitungen vor⸗ gekommen; was beweisen aber diese kleinen Dinge gegenüber dem Willen des Klassenbewußtseins! Wo es zu Ausschreitungen gekommen ist, waren nicht die Arbeiter daran schuld, sondern die Polizei mit ihrer ungeschickten Provokation. Seit Jahrzehnten hat Preußen nicht mehr ein ahnliches imposantes Schauspiel gesehen; Hunderttausende von Arbeitern wurden getrieben von dem gleichen Impuls. Der Idealismus, von dem der Reichskanzler sprach, lebt nicht oben, sondern in den unteren Massen. Die Arbeiterschaft ist gewohnt, Opfer zu bringen, e wird 89 auch durch Opfer beim Wahlrecht nicht abschrecken lassen, das mögen Sie sich gesagt sein lassen. Das Blut, das geslossen ist, ist für die große Idee des Befreiungskampfes der Arbeiter⸗ scchaft geflossen. Hierauf ergriff der Reichskanzler Dr. von Bethmann
Hollweg das Wort, dessen Rede übermorgen im Wortlaut mitgeteilt werden wird.
(2 — Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen 1 824) Sitzung, welcher der Finanzminister Freiherr von R hein vbaben beiwohnte, zunächst die erste Beratung des Gesetz entwurfs, betreffend die Reisekosten der Stadts⸗ v Abg. . ohn (fr. Vgg.): In der Kommission wird man sich eg,Pertehohrn Frgffen- 8 nicht eine andere Einteilung und eventuell eine Zusammenfassung von verschiedenen Beamtengruppen zu empfehlen ist. Mit der Pauschalierung der Reisekosten für die 8 Zeamfen, die öfter auf Reisen sind, sind wir einverstanden. Die Bestimmungen über die Entschädigung für Fahrkosten auf Landwegen erden ebenfalls in der Kommission eingehend besprochen werden müssen, besonders mit Rücksicht auf die Medizinalbegmten.
8 Abg. Wallenborn (Zentr.): Es handelt sich bei der Begu — achtung der Vorlage nicht um die Frage, ob Reisegelder oder Tage⸗ gelder zu gewähren sind, sondern vor allem um eine Herabminderung der Kosten Bei den höheren Beamten ließe sich eine Verminderung der Kilometerkosten wohl noch durchführen. Der Ausdruck, Subaltern⸗ eamte“ sollte in der Vorlage vermieden werden. Das Beste wäre die Gewährung von Freifahrkarten, also dieselbe Regelung, die schon
ei den Eisenbahnbeamten vorhanden ist. 8 Damit schließt die Diskussion. Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen.
(Schluß des Blattes.)
Die Vorlage
W“
wird einer
Dem Reichstage ist der am 13. Oktober v. J. in Bern zwischen dem Deutschen Reiche, Italien und der Schweiz ab geschlossene neue Vertrag, betreffend die Gotthardbahn, Nebst Schlußprotokoll zugegangen.
Nach amtlichen Ermittlungen sind bei der am 15. d. M. stattgehabten Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise Mülheim.⸗ Wipperfürth ⸗Gummersbach insgesamt 0 913 Stimmen abgegeben worden. Davon haben der Ober⸗ landesgerichtsrat Marx⸗ Düsseldorf (Zentrum) 20 376, der Schhriftsteller Dr. Erdmann⸗Cöln (en . a 10 924,
der Rechtsanwalt Falk⸗Cöln (national iberal) 8465, der Pfarrer Hoemann⸗Gummersbach (christlich⸗sozial) 1140 Stimmen er⸗ halten; zersplittert waren 8 Stimmen. Es hat also Stichwahl stattzufinden zwischen Marr (Zentrum) und Erdmann (Sozial demokrat).
8
erausgegeben im solgenden Inhalt: gungen Status und S
Nr. 7, des „8 atts füͤr das Deutsche Reich⸗, 5 :8 ShtFala- des Pine vom 18. Februar hat 1) Konsulatwesen: Exequaturerteilung 8 Ermächti⸗ zur Vornahme von Zivilstands handlungen. 2) er deutschen Notenbanken Ende Januar 1910. 3) Marine iffahrt: Erscheinen des vierten Nachtrags zur amtlichen Ausgabe des Internationalen Signalbuchs. 4) Zoll⸗ und Zulassung eines zollfreien Vetseluaseeches 88 n wollenen, baumwollenen und leinenen 1 Be⸗ olszgen über die Tragung der Untersuchungskosten im Zo verkehr. zetwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung. t 6 2 der Rennställe in Hoppegarten un 3 ist, der „Voss. Ztg.“ zufolge, in den Ausstand getreten. und ürt in den Stallungen beschäftigten Stalleute, etwa⸗ 480 fücgee 9 ere Leute, verlangen einen Mindestlohn von 25 ℳ für 8 lligt die Jockeys und Lehrjungen sind an dem Ausstand nich
„In Düsseldorf sind die Dachdeckergehilfen in eine Lohn⸗ eetreten. Sie fordern, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ mit⸗
die Arba Erhöhung des Stundenlohns von 60 auf 65 ₰. während nehm eitgeber eine Verkürzung auf 55. ₰ vorschlagen. Die Arbeit⸗ „omer wollen, falls ihre Forderung nicht bewilligt werden sollte, am pril in den Ausstand kreten. “ „Köl ach einer Meldung aus Antwerpen droht dort, wie die n. Ztg.“ erfährt, ein Ausstand der Hafenarbeiter, da die aachmi Forderung auf Durcharbeiten und Feierabend um 4 Uhr mittags abgelehnt haben. 82
Kunst und Wissenschaft.
sansa⸗ Königliche Institut für Meereskunde, Georgen⸗ 88 8. 34—36, veranstaltet in der kommenden Woche, Abends 8 Ühr, 1 öffentliche, Herren und Damen zugängliche Vorträge: am ZS tag spricht der Professor A. Manes⸗Berlin über Seekrieg und Berke berung, am Donnerstag der Baurat G. de Thierry bind i die Freie Hansestadt Bremen, ihre Hafenanlagen und Ver⸗ Ligdungen mit der See und dem Hinterland, unter Vorführung von Regierungsrat Neuberg⸗ Einlaßkarten sind von von 6 Uhr
8
Böhtbildern; am Freitag behandelt der 2
in das Meer im Spiegel des Rechts. ab bis 3 Uhr Mittags und an den Vortragsabenden selb Vor
b zum Prei fü 9 des zum Preise von je 25 — den d in der Geschäfts des Instituts 7 5 ₰ für d ptr b chäftsste
A. F. In der Februarsitzung der Vorderasiatischen Gesell⸗ schaft sprach Baron Lichtenberg „über die Einflüsse der ägeischen Kultur auf Syrien und Aegypten und die Datierung der kretischen Perioden“: Schon im dritten und zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung sind im Gebiet des östlichen Mittelmeeres vier Kulturen deutlich zu unterscheiden: die ägeische, kleinasiatische, semitische und ägyptische. Durch die Ausgrabungen der letzten Jahre ist dies immer klarer geworden. An verschiedenen Punkten haben die Ausgrabungen auch Neuzeitliches zutage gefördert, und es steht zu erwarten, daß in dieser Richtung bald noch weitere Aufschlüsse erfolgen werden. Vermochte man in Orchomenos und Tiryns die Entwicklung bis weit in die Steinzeit hinein zu ver⸗ folgen⸗ so war ein Gleiches auch auf den Inseln des Jonischen Meeres is in die Kultur hinein der Fall, die man die mykenische nennt. Daß diese aus Mitteleuropa eingedrungen ist und arischen Völkern angehört, wird durch die Anwendung der Spirale als Ornament beglaubigt. Zwar ist diese Behauptung nicht unbestritten ge⸗ blieben, da englische Gelehrte, wie Evans, die Spirale aus Aegypten ableiten; aber dieser Widerspruch wird hinfällig, wenn man die Wanderungen der Spirale kritisch ins Auge faßt, die von Europa nach Süden vor sich gingen, nicht umgekehrt; denn bereits in der neolithischen Zeit fand dies Dekorations⸗ motiv in Mitteleuropa Anwendung, wie zahlreiche keramischer 1r.. in Bosnien, Siebenbürgen, am Harz, am Spessart und um Erfurt herum beweisen. In der gleichen Zeit und viel später noch war die Spirale in Aegypten unbekannt, als Ornament unbenutzt und in ihrer Anwendung beschränkt auf Hellas, die Balkanhalbinsel, Teile von Klein⸗ asien und die Insel Cypern; obgleich Berührung der ägeischen Kultur mit anderen Kulturen auch damals schon bestand, wie als Literaturquellen die Aufzeichnungen des Tutmosis, ägyptische Inschriften und das Alte Testament bezeugen, und wie zum andern zahlreiche bildliche Dar⸗ stellungen aus dem zweiten Jahrtausend ebenso wie unzählige Funde von Scherben und Bruchstücken aller Art erhärten. Von den ägypti⸗ schen Nachrichten über Einflüsse der anderen gleichzeitigen Kulturen sind vor allem die Annalen der Pharaone Tutmosis III. und Ramses III. wichtig, in denen u. a. über den Zug nach Syrien be⸗ richtet wird: veülh syrischen Häfen sind voll gewesen mit allem, was ebraucht wird.“ Eine gewisse Art Schiffe wird mit einem besonderen Namen benannt, wie man heute etwa von „Indienfahrern“ redet, als Schiffe, die ihren Lauf nach anderen Ländern haben,“ womit ge⸗ gebenenfalls nur die Länder des Aegäischen Meeres gemeint sein können. Was diese Schiffe brachten, wird aufgezählt, u. a. Säulen, Stützen, Balken. Diese Reihenfolge legt die Vermutung nahe, daß das für das holzarme Aegypten wichtige Hol⸗ u. a. in Gestalt von Säulen, ein hervorragend wichtiger Einfuhrartikel war. Hieran darf die Er⸗ fahrung nicht irre machen, daß wir aus der ägyptischen Architektur nur die Steinsäule, genauer den Steinpfeiler, kennen. Es gab sicher daneben noch zahlreiche Verwendungen für Säulen aus Holz. Wichtig
ist jedenfalls, daß aus dem Lande der Fsgeschen Kultur Uälzdene Saulen nach dem Lande am Nil eingeführt wurden. Als Verfrachter werden. Namen genannt, die auf Cypern
oder andere griechische Inseln hindeuten. In einem Annalenbruchstück aus Karnak wurden als eingeführt Kunstgegenstände von Keftinarbeit (2) erwähnt. Unter den El⸗Amarnabriefen befinden sich Korrespondenzen des Königs von Cypern mit Amenophis IV., die über einen lebhaften Handelsverkehr zwischen Cypern und Aegypten keinen Zweifel dassen Einmal wird aus Cypern eine Sendung von Kupfer und Blaustein angekündigt und gleich gesagt, was man als Gegengabe erwartet (wobei natürlich an Tribut nicht zu denken ist). Von der Enge der Beziehungen zwischen den Nachbarländern zeugt anch ein Brief, in dem für die Witwe eines in Aegypten gestorbenen cyprischen Kaufmanns die Bitte ausgesprochen wird, ihr Hab und Gut des Verstorbenen auszuliefern. Von weiteren Beziehungen der Nachbarländer ist ein paar hundert Jahre später aus Anlaß des sogenannten Seeräuberkrieges die Rede, der auf eine starke Völkerwanderung hinzuweisen scheint. Daß es sich hierbei um Völker kaukasischer Rasse und vorderasiatischer Herkunft handelt, geht aus den Namen Pulasata und Takara hervor, die man Grund hat mit Philistern und Teukrern identisch zu halten: letzterer ein alter griechischer Volksstamm, ersterer sicher nicht von semitischer,
sondern von arischer Abstammung. Für die Verwendung hölzerner Säulen spricht, vorausgesetzt, daß man der Er⸗ zählung einen historischen Kern zuhilligt die Geschichte des Simson und seines Unterganges, als er durch gleichzeitiges machtvolles
Erfassen zweier Säulen den Tempel, dessen Dach sie trugen, zum Zu⸗ sammensturz brachte. Hölzerne Säulen gab es auch in Kreta und Tyrus, später auch in Trosa. Die Darstellungen am Löwentor von Mykene und auf erhaltenen kretischen Bildern lassen daran keinen Zweifel. Sie waren auf Steinplatten gesetzt, von denen sie abgerückt werden konnten. Reichlich zum Beweise des Einflusses ägeischer auf ägyptische Kultur fließt vor allem die Quelle der bildlichen Dar⸗ stellungen. Keftin (die Bezeichnung für griechische Arbeit) werden
häufig in der Totenstadt der 18. Dynastie (1600 —1400) erwähnt; auch in den auf die 11. und 12. Dynastie (2200 — 1900) zurück⸗ zuführenden Bildwerken gilt viel als Keftin, was etwa soviel als „Tauschware“ bedeutet. An diesen Arbeiten findet
sich zuerst in Aegypten die Spiralenverzierung und andere bekannte sich zie “ auch Schalen nach mykenischen Vorbildern und allerlei Zierat aus dieser Quelle, u. a. der Ochsenkopf mit Rosette zwischen den Hörnern. Spätmpkenische Gefäßtypen sind am Grabe Ramses' III. dargestellt; in rein thebanischen Gräbern, also aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends, findet man dann auf einmal die Spirale in großer Verbreitung. In anderer Anwendung tritt die Spirale auch als Umrahmung von Skarabäen auf. Die ersten Stücke ehen auf die Hyksos⸗Zeit (um 1700) zurück und sind von ziemlich schlechter Ausführung. Allgemeine Verbreitung scheint diese Verwendungsart dann unter der 18. und 19. Dynastie (1600 —1270) und in besserer Ausführung, häufig auch in Verbindung mit dem Mäander, gefunden zu haben. Skarabäen 88 Art finden sich vielfach auch in Gräbern, die sonst noch Keftindarstellungen enthalten. Sehr häufig ist die Spirale in Verbindung mit Mäander und Rosette auch auf Schmucktöpfen in Gräbern des neuen Reiches (1600 — 1150) angewandt. Unter der 20. Dynastie sienc 1150) wird die Spirale seltener, die 21. Dynastie (1150 — 950) scheint sie als veraltet ganz aufgegeben zu haben. Die als drittes beweiskräftiges Moment, um die Einflüsse der ägeischen Kultur auf Syrien und Aegypten zu erläutern, oben an⸗ geführten „Funde verschiedenster Art“ können naturgemäß nur dann mitsprechen, wenn ihre Chronologie nach Möglichkeit genau festzu⸗ stellen ist. Unter dieser selbstverständlichen Voraussetzung ist als Zeichen alten Importes ägeischer Arbeiten nach Aegypten eine gewisse Art von Siegeln in Form eines Knopfes anzusprechen, die sich bei
Abydos in Gräbern der 6. bis 11. Dynastie (2500 — 2000) vorgefunden haben. Zahlreiche Gegenstücke dazu finden sich auf den Inseln des Aegäischen Meeres. Ferner
ergaben Gräber der 12. und 13. Dynastie (um 1900 und 1800) viele Scherben von Gefäßen, die dem in Kreta häufig vertretenen Camaresstil entsprechen; in der Nähe, fanden sich auch solche der mittel⸗mykenischen Zeit aus der Regierungszeit von Tutmosis II. und III. (um 1500). In Theben wurden unter Tutmosis IV. sehr viele Gegenstände des Kunstgewerbes aus Cypern eingeführt. Am Ende der 18. und zu Beginn der 19. Dynastie (um 1400) kam die spät⸗mykenische Form der Bügelkanne in Aegypten in Mode. In dieser Zeit ist viel Kostbares aus Griechenland nach Aegypten importiert worden, das hin und wieder zutage kommt, so vor Fnnier Zeit ein besonders schönes Stück, eine Holzscheibe, auf der, ähnlich den be⸗ kannten naturalistischen Stierdarstellungen, Löwen dargestellt sind. Sprachen somit auch die gelegentlichen Funde für einen starken Import ägeischer Arbeiten nach Aegypten, so ist umgekehrt, wenn auch in sehr viel geringerem Verhältnis, auch ein ägyptischer Export nach den Ländern des Aegäischen Meeres vorhanden gewesen. In⸗ Kreta, Rhodus und Mykene sprechen ägyptische Kleinfunde aus den Zeiten von Tutmosis III. und Amenophis IV. für diese Tatsache. Daß auch nach dem näher gelegenen Syrien, namentlich von Cypern und Kreta her, an Philister und Teukrer eine Einfuhr lehhaft im Gange war, ist nur natürlich. Wo immer in Syrien Gegenstände der Kleinkunst oder des Kunstgewerbes gefunden werden,
verleugnen sie ihren cyprischen, kretischen oder mykenischen Ursprung nicht. Es sei aus Veröffentlichungen der jüngsten Zeit auf die Ab⸗ bildungen einiger Schalen mit Spiralornamentik hingewiesen. Der im vorstehenden nachgewiesene rege Verkehr zwischen Aegea und Aegypten hätte nach verständigem Ermessen starke Beeinflussungen beider Länder aufeinander herbeiführen müssen. Diese Wirkung äußerte sich aber verschieden. Die Aegypter bezeigten, ihrer ganzen Veranlagung entsprechend, wenig Lust zur Nach⸗ ahmung der ägeischen Vorbilder, umgekehrt aber entsprachen die Griechen schnell jeder ihnen wertvoll erscheinenden Anregung. Daraus entsprang eine Verlangsamung der ägyptischen Anpassung an ägeische Vorbilder, wie es durch die späte Uebernahme des Mäanders und der Spirale als Volute an die ägyptische Säule erst unter der 18. Dynastie besonders einleuchtend bekundet wird. Das gilt auch von Metallarbeiten, wie eingelegte Dolche, die mehrfach in Gräbern gefunden worden sind und die, wie beispielsweise ein Dolch aus einem Grabe der Hyksos⸗Zeit, verglichen mit gleichzeitigen ägeischen Arbeiten, eine ungeschickte Komposition, gegebenen⸗ falls in dem 4 Löwen darstellenden Hauptschmuck der Klinge, zeigen. An den entsprechenden ägyptischen eingelegten Arbeiten sind die Tiere freischwebend, und nicht zur Umgebung, dem Gelände, in Beziehung gesetzt dargestellt; das ist kennzeichnend für sie zur Unterscheidung von den ein viel größeres Können verratenden ägeischen gleichartigen Arbeiten. Die entsprechenden Beobachtungen vergleichs⸗ weiser Minderwertigkeit der ägyptischen Arbeiten kann man auch an den Fußböden in El⸗Amarna, an Vasen⸗ und Gefäßformen machen, sofern sie nicht von Aegea direkt übernommen und durch ägyptische Künstler nachgeahmt waren. Letzteres geschah z. B. mit den schon genannten Bügelkannen, als sie dge. tewöhnlich stark in Gebrauch kamen. Das ist mit szerhel nachzuweisen teils an Mustern, die in Aegea nicht gebräuchlich waren, teils am Material, das nicht Terracotta, sondern eine andere Masse, u. a. Ton, ist. Nur in einem Punkte war Aegypten für Aegea unbedingt vorbildlich: in seinen unerreicht vollkommenen, von den Griechen, namentlich der späteren Zeit, voll anerkannten und viel benutzten Papyris. Und noch einen anderen wichtigen Vorteil vermag die heutige Wissenschaft aus dem Nachweis des ägeischen Einflusses auf Aegypten zu ziehen, d. i. die hiervon gegebene Möglichkeit der Datierung der ägeischen Kultur, der Zeiten ihres Beginns und ihrer Dauer. Versuche zu dem Zweck der Datierung der vormykenischen Kultur und der Blütezeit der Kultur Kretas sind schon von anderer Seite gemacht, es ist eine Tabelle der Gleichzeitigkeit der verschiedenen Kulturstufen aufgestellt worden. Diesen Ergebnissen, denen die gleichen Erwägungen zugrunde liegen, wie sie hier als durch das Studium der beiderseitigen Beeinflussungen gegeben an⸗ gestellt werden, kann der Vortragende nur beistimmen und es als einen Glücksfall anerkennen, daß die ägyptische Chronologie ungleich genauer feststeht als irgend eine andere, vor allem als die hierin alles zu wünschen übrig lassende ägeitische. Hiernach ergibt sich für die Datierung der ägyptischen Kulturen etwa das Folgende:
Aelkere Kultur, zum Teil noch steinzeitlich, hier eingeschlossen die Funde von Orchomenos und Tiryns, ist gleichaltrig mit der 6.—11. Dynastie Aegyptens (2500 — 2100 v. Chr.).
Jüngere Kultur, Schichtzeiten 4. u. 5. v. Mykene, minoische Kultur auf Kreta, ist gleichaltrig mit der 12.—13. Dynastie Aegyptens (2000 — 1800).
Die Zeit der kretensischen Palastbauten und der 2. bis 3. Schichtzeit v. Mykene ist gleichaltrig mit der Hyksos⸗Zeit (1700).
Die spätminoische Entwick ung, wie sie u. a. in der thebanischen Nekropole hervortritt, ist gleichzeitig mit Tutmosis III. und IV. von der 18. Dynastie (1600 1400). Diese letzte ägeische Epoche schließt etwa mit der 19. Dynastie (1400 —-1270) ab.
Die Insel Cypern, die im vorstehenden nicht genannt ist, war der letzte Ausläufer der ägeischen Kultur, die sie zu pflegen und rein zu erhalten wußte Weiter entfernte Völker unterlagen einer gewissen Semitifizierung. Die hier versuchte Datierung, auf Grund der gegen⸗ seitigen Beeinflussung der verschiedenen alten Kulturen dürfte auch ethnographisch nicht ohne Interesse sein. Sie ist auf dem Gebiete dieser Wissenschaft noch manches zu erklären imstande.
Der Verband deutscher Kunstgewerbevereine tritt am
12. und 13. März dieses Jahres in Berlin zu seinem zwanzigsten Ver⸗
tretertage zusammen. Der Verband umfaßt zurzeit 47 Vereine mit rund 19 000 Mitgliedern; den Vorsitz führt der Verein für deutsches Kunstgewerbe in Berlin. 8
11““
Ausstellungsnachrichten.
Die Kaiserlich russische Technische Gesellschaft wird in der Zeit vom 17. April bis 1. Juni d. J. in ihren Räumen in St. Peters⸗ burg eine internationale Ausstellung von Verbrennungs⸗ motoren veranstalten. Die Ausstellung wird aus nachstehenden Abteilungen bestehen: a. Motoren für Landwirtschaft, b. Motoren für Kleinindustrie, c. Motoren für industrielle Zwecke, d. Motoren für den Transport (Schiffsmotoren, Eisenbahnmotoren, ö motoren, Automobilmotoren, Luftschiffsmotoren usw.), e. Motoren⸗ elemente und Zubehör, f. Literatur der Verbrennungsmotoren, Zeich⸗ nungen, Diagramme usw.
8
Theater und Musik. Friedrich Wilhelmstädtisches Schauspielhaus.
Das Friedrich Wilhelmstädtische Schauspielhaus hatte mit seinem gestrigen Wiederbelebungsversuch an G. von Mosers Lust⸗ spiel „Der Hypochonder“ keinen rechten Erfolg. Mit den Militärschwänken Mosers und mit seinem immer noch lustigen „Bibliothekar“ ist dieses Stück nicht zu vergleichen; seine Lebenskraft ist eben erschöpft. Dank der guten Aufführung wurde auch gestern manche komische Situation viel belacht, aber das Interesse für die Vor⸗ hänge wollte sich im allgemeinen nicht mehr einstellen. Den Hypochonder pielte Herr Holthaus, der das Lustspiel auch in Szene gesetzt hatte, ungemein komisch und hatte in Herrn Kaufmann (Stadtverordneter Sauerbrei) einen ihm ebenbürtigen Partner. Die energische Frau Sauerbrei gab Agnes Werner⸗Wagner Gelegenheit, ihre humoristische Charakterisierungskunst an einer lohnenden Aufgabe zu erweisen. Einwandfrei war auch das Zusammenspiel der Damen Immisch, Henschel, Giebel, der Herr ladek, Sarnow und der andern Mit⸗
Volksoper.
1 In der Volksoper, die fast allwöchentlich eine Uraufführung oder eine Neueinstudierung bringt, wurde gestern „Mandanika“, romantische Oper in 1 Akt von Gustav Lazarus (Dichtung von Julius Freun d), zum ersten Male gegeben. Diese Opernkomposition des geschätzten Pianisten, die den Weg nach Berlin erst spät gefunden hat, bietet, ohne gerade eine tiefgehende Wirkung auszuüben, gefälliges für Auge und Ohr und dürfte sich aus diesem Grunde eine Weile auf dem Spielplan der Volksoper behaupten. Mit allzu kritischen Blicken darf man freilich die Musik und die Dichtung nicht betrachten denn die Verse sind oft recht , und die Musik ziemlich physiognomielos Den Inhalt bildet ein indisches Märchen. Durch ein Blumenwunder offen⸗ bart Brahma die Königliche Herkunft einer Bajadere, die der Herrscher dann als sein Gemahl auf den Thron erhebt. Die Aufführung un 2 der Leitung des Kapellmeisters Enders und der Regie des 5 Glesinger zeigte die Sorgfalt der Vorbereitung, deren sich die Pertn oper von Anfang an befleißigt hat. Die Titelpartie san Fräu 2 Eggeling mit viel Anmut, den König Herr Sigward R. lf räͤulein weicher Tenor angenehm auffiel. Auch Fräulein Recke ler b7 einer Art Ortrudrolle hervor. Die kleineren Aufgaben 8 deich 8 Fräulein von Ballogk, den Herren Arnold und Kaiser ,x löst. Den Abend beschloß eine Wiederholung 88 Pessmn
„Regi 8 er“ it ebein Donizettis
Miath. tochter’, mit 1“ Renolde als Gast in der 8
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