1914 / 19 p. 10 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Jan 1914 18:00:01 GMT) scan diff

t hat, daß sie erst durch den Beschluß der sogenannte organisation der Zentrumspartei genötigt worden sei, in anderer Weise die Sache zu regeln. (Hört! hört! bei den Freikonserbativen und links.)

Meine Herren, ich hatte geglaubt, daß ich mich im übrigen in der letzten Sitzung so ausführlich über den angeblichen Widerspruch zwischen dem Herrn Handelsminister und meiner Wenigkeit ausgelassen hätte, daß ich nicht genötigt werden würde, nochmals darauf zurückzu⸗

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mich doch, noch einmal den wirklichen Tatbestand hervorzuheben. Meine Herren, der Herr Handelsminister hat bei der Beratung des Gesetzentwurfs über die gewerbliche Fortbildungsschule sich in der Kommission des Abgeordnetenhauses zu einem Antrage, der folgender⸗ maßen lautete: Den staatlich anerkannten Religionsgesellschaften kann durch Beschluß des Schulvorstandes eine angemessene Zeit zur religiösen Unterweisung zur Verfügung gestellt werden. Der Beschluß bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörden geäußert. Die Aeußerungen des Herrn Handelsministers hat der ver⸗ ehrte Herr von Pappenheim nicht ganz vollständig wiedergegeben. Der Minister hat in dem Eingange seiner diesbezüglichen Erklärungen aus⸗ drücklich betont ich zitiere hier den Wortlaut des Kommissions⸗ berichts —: Gegen den Antrag Nr. 97 zu III dann keine Einwendungen er⸗ heben zu wollen, wenn unter keinen Umständen irgend ein Zwang zur Teilnahme an dem fakultativen Religionsunterricht ausgeübt werde. Und dann hat er am Schlusse seiner diesbezüglichen Ausführungen wiederum hinzugefügt: Der Antrag Nr. 97 sei für die Staatsregierung unannehmbar, jedoch nur für den Fall, daß irgend ein Zwang zur Teilnahme nicht ausgeübt werde.

Also, meine Herren, in dem wesentlichen Punkte, auf den es an⸗ kommt, nämlich in der Frage, ob ein Zwang der Beiwohnung des Religionsunterrichts statuiert werden soll, stimme ich mit dem Herrn Handelsminister vollkommen überein. Aber ich stimme mit ihm auch in der anderen Frage überein, daß nämlich durch Ortsstatut eine Be⸗ stimmung über die Lehrgegenstände in der Fortbildungsschule nicht eingeführt werden könnte, eine Vorschrift, die ausdrücklich in der An⸗ weisung vom 16. August 1913 hervorgehoben worden ist und hier bei den beiden letzten Herren Rednern eingehende Kritik gefunden hat.

Meine Herren, der Antrag, um den es sich in der Aeußerung des Handeleministers handelte, spricht nicht vom Ortsstatut, er spricht auch nicht von einer Genehmigung des Ortsstatuts, sondern davon, daß der Schulvorstand eine angemessene Zeit zur religiösen Unterweisung zur Verfügung stellt, und dieser Beschluß durch die Aufsichtsbehörde genehmigt werden kann. Er hält also daran fest, daß die Schulbehörde diejenige ist, die berufen ist, den Unterrichts⸗ gegenstand festzusetzen, in diesem Falle den Religionsunterricht, und daß zweitens dazu die Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde er⸗ forderlich ist. 8

Meine Herren, ich habe bereits gegenüber Herrn Abg. von Heydebrand ausdrücklich betont, um damit auch den Schein eines Widerspruches zwischen meinen Ausführungen und denen des Herrn Handelsministers, zwischen dem Herrn Handelsminister und der Ausführungs⸗ anweisung, die von dem Herrn Kultusminister und mir erlassen worden ist, zu beseitigen, daß ich jeden Augenblick bereit sein würde, dieselbe Erklärung abzugeben, die der Herr Handelsminister abgegeben hat, daß ich unter der Voraussetzung, daß der Beschluß des Schul⸗ vorstandes der Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde unterliegt und ein Zwang zur Beiwohnung des Religionsuaterrichts nicht statuiert wird, auch meinerseits dem damals zur Beratung stehenden Antrage zugestimmt haben würde. Ich kann unter der gleichen Voraussetzung auch dem Antrag von Pappenheim zustimmen. (Sehr gut! bei den Freikonservativen.)

Meine Herren, ich muß mich doch ausdrücklich darüber beklagen, daß nach den Ausführungen, die ich zu dem in Frage stehenden Ge⸗ setz gemacht habe, und besonders nach den Ausführungen, die ich in der Sitzung vom 19. Januar d. J. gemacht habe, noch Zweifel dahin erhoben werden können, als wenn die Königliche Staatsregierung nicht auch ihrerseits davon durchdrungen wäre, daß die Unterweisung und Erziehung der heranwachsenden Jugend nicht anders als mit der Hilfe religiös⸗sittlicher Einwirkung, auch mit Hilfe des Religions⸗ unterrichts erreicht werden könnte. Der ganze Widerspruch, der sich zwischen den Herren der konservativen Partei und der Zentrums⸗ partei einerseits und der Staatzsregierung andererseits aufgerollt hat, beruht, bei Licht besehen, eigentlich lediglich auf dem Worte „Zwang“. (Sehr richtig! bei den Freikonservativen.)

Die Staatsregierung hat aus den Gründen, die ich bei den früheren Verbandlungen wiederholt angeführt habe, unverändert den Standpunkt eingenommen, daß sie der Erteilung des Religionsunter⸗ richts in keiner Weise entgegen wirkt, ihn im Gegenteil fördern will, daß sie aber den Zwang zur Beiwohnung des Religionsunterrichts nicht zugeben kann. Ich glaube, Sie werden es mir erlassen, diese Gründe zu wiederholen, mit denen ich damals den Standpunkt der Staatsregierung gerechtfertigt habe. Eine Aenderung des Stand⸗ punkts der Staatsregierung ist ausgeschlossen, und ich kann nur die Bitte aussprechen, daß Sie dem Wege folgen, den das leitende Blatt der Zentrumspartei, die „Kölnische Volkszeitung“, in ihrer Nummer vom 19. Januar angegeben hat: begnügen Sie sich mit dem, was Ihnen die Staatsregierung angeboten hat, und helfen Sie uns mit, durch die Forthildungsschule die heranwachsende Jugend auch zu staatstreuen und kirchlich gesinnten Männern zu erziehen. (Bravo! bei den Freikonservativen und Nationalliberalen.)

Abg. Dr. von Campe (nl.): Nach den Worten, die der Land⸗ wirtschaftsminister soeben gesprochen hat, wird man sich davon über⸗ zeugt haben, daß ein Widerspruch zwischen ihm und dem Handels⸗ minister dem Sinne nach tatsächlich nicht besteht. Wenn Abg. von Pappenheim gesagt hat, daß man den Gemeinden vollständig freie Hand lassen und aus dem Grunde auf die Zentrumsanträge nicht eingehen wolle, so ist er einem Irrtum verfallen gegenüber den Er⸗ klärungen, die im Herrenhause sowohl als auch vom Abg. von Pappen⸗ heim selbst hier im Plenum gemacht worden sind. Abg. von Pappen⸗ heim hat früher gesagt, daß seine Partei es nach der bestimmten Er⸗ klärung des Ministers ablehne, die Frage des Religionsunterrichts mitzuentscheiden. Wenn der Minister den Gemeinden die freie Hand beschränkt, so stehen dem unsere Erklärungen entgegen. Nun hat der Abg. von Pappenheim —. und darin liegt der Schwer⸗ vunkt seiner Ausführungen gesagt, die jetzigen Ausführungsbestim⸗ mungen ständen im Widerspruch mit dem Gesetz. Das ist ein un⸗

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in Schul⸗ gem

kommen. Aber die Aut führungen des Herrn von Pappenheim zwingen

eingehen würden.

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ein schwerer Vorwurf gegen den Minister. Aber er ist durchaus unbegründet. Die Ausführungsverordnungen stehen weder im Wider⸗ spruch mit dem Gesetz noch auch mit der Resolutton, die vorhin hier vorgelesen worden ih. Der Abg. von Pappenheim hat allerdings einen Satz aus der Ausführungsverordnung vorgelesen. Nach diesem Satze aber folgen Ausführungen, die aus einem warmen religiösen Herzen kommen, in denen darauf hingewiesen wird, wie der ganze Unterricht von christlichem Geiste erfüllt werden kann, wie zu diesem Zwecke geeignete Geistliche zum Unterricht herangezogen werden sollen. Da weiß ich nicht, wie man auch gegenüber dem Wortlaut der Resolution sagen kann, aus der Anweisung erhelle ein Geist, der die Religion gewissermaßen als quantité négligeable behandle. Das ist nicht der Fall. Wäre es der Fall, dann würden Sie ganz gewiß auch meine Freunde an Ihrer Seite finden. Diese Ausführungsanweisung verweist dabei ausdrücklich auf eine frühere Ausführungsverordnung, wo von der Notwendigkeit der religiösen Vertiefung gesprochen wird. Die Ausführungen des Abg von Pappen⸗ heim sind also durchaus abwegig. Wenn man sich die Gedankengänge der damaligen Verhandlungen vergegenwärtigt, so zeigt sich das noch viel mehr. Im Herrenhause hatte Kardinal Kopp den Antrag gestellt, es solle eingefügt werden, es sei die religiöse Fortbildung zu erstreben. Diesen Antrag ließ er später fallen, und er zog sich auf die Resolution zurück, die dann angenommen wurde. Der Landwirtschaftsminister hat erklärt, er könne der Resolution nur dann zustimmen, wenn keinerlei Zwang ausgeübt werde. Kardinal Kopp hatte gesagt, daß auch dieser Antrag nur den freien Untenicht bezwecke, der Religions⸗ unterricht brauche noch nicht einmal lehrplanmäßig festgelegt zu sein. Dann hat er also diesen Antrag zurückgezogen, die Resolution wurde angenommen, und jetzt wird behauptet, daß auf Grund dieser Resolution eine Verpflichtung der Staatsregierung vor⸗

liege, den obligatorischen Religionsunterricht zu dulden. Bei einer genauen Verfolgung der Verhandlungen an der Hand der

stenographischen Berichte kann man zu einem solchen Urt il gar nicht kommen. Ebenso war es auch hier im Abgeordnetenhause. Die Agitation gegen die Einführung von Fortbildungsschulen im Lande draußen ist nicht gerade spontan aus dem Volke heraus entstanden, sondern sie ist hervorgerufen worden von Vertretern der Zentrums⸗ partei. Das beweisen klar die Preßäußerungen. Der Landwirt⸗

schaftsminister hat von der sog. Untecrichtskommission des Zentrums gesprochen ich nehme an, er meint den Verein für christliche

Unterweisung —, von dem der Widerstand ausgegangen ist. Die Art, wie die Agitation von seiten des Zentrums gegen den Land⸗ wirtschaftsminister betrieben wird, ist nicht die Art von Stützen der Autorität. Dem Antrag des Abg. von Pappenheim können wir nicht zustimmen, denn er ist in dieser allgemeinen Form einfach die Brücke zur Einführung des obligatorischen Religionsunterrichts, und deshalb hoffe ich, daß die Resolution, auch wenn sie hier angenommen wird, die Zustimmung der Staatsregierung nicht finden wird. Es ist behauptet worden, die Fortbildungsschule würde zu sozial⸗ demokratischen Zwecken mißbraucht. Weisen Sie uns das erst einmal nach. Wenn Sie das nachweisen können, dann würden Sie uns an Ihrer Seite sehen, denn für politische Zwecke ist die Fortbildungs⸗ schule nicht da. Die Fortbildungsschule ist dazu da, um junge Leute für den Konkurrenzkampf tauglich zu machen, der heute mehr als je den Mittelstand bedroht. Dahin zu wirken, werden Sie uns immer bereit finden. Aber wenn Sie hier in bezug auf den Religionsunterricht irgendeinen Zwang, direkt oder indirekt, ausüben wollen, dafür sind wir im wohlverstandenen Interesse der Religion nicht zu haben. (Lachen beim Zentrum.) Sie sind anderer Ansicht, ich achte Ihre Meinung, bitte achten Sie auch unsere Meinung. Treten Sie uns mit sachlichen Gründen entgegen, dann werden wir uns über diesen Punkt zwar vielleicht nicht verständigen können, aber wir werden uns mit aller Ruhe auseinandersetzen können. Lachen sind keine Gründe. Mit Lachen verdeckt man oft nur, daß man keine Gründe hat. Wir wissen ganz genau, daß nur auf religiöser Grundlage den Kindern das gegeben werden kann, was sie brauchen für den Kampf ums Dasein.

Abg. Ramdohr (freikons.): Wir haben mehr Vertrauen zu der Resolution des Abg. Pappenheim als der Abg. von Campe. Wir haben nicht den Eindruck, daß der Antrag Pappenheim letzten Endes den obligatorischen Religionsunterricht in den Fortbildungs⸗ schulen einführen will. (Zuruf links: Sie sind ein Optimist!) Wenn ich nun einmal die Wahl habe zwischen Pessimismus und Optimismus, dann stelle ich mich doch lieber auf die Seite des Optimismus. Uebrigens stehe ich in dieser optimistischen Auffassung nicht allein da. Wir können den Antrag von Pappenbeim nur so verstehen, daß auf die Einführung des Religionsunterrichts in den ländlichen Fortbildungsschulen kein Zwang ausgeübt werden soll. Ich habe das Vertrauen, daß dies im Sinne des Abg. von Pappenheim

liegt. Wir können daher diesen Antrag annehmen. Ich habe leider die Befürchtung aus meiner Praxis, daß die großen Hoffnungen, die wir im vorigen Fruühjahr bezüglich der Entwicklung der Fortbildungsschulen hatten, nicht so

in Erfüllung gegangen sind, wie es wünschenswert wäre. Wenn in den ländlichen Gemeinden durch Ortsstatut der Fortbildungs⸗ schulunterricht eingeführt werden kann, so ist die Befürchtung nicht von der Hand zu weisen, daß leider nicht so viel Orte, wie wir ge⸗ wünscht hatten, den Unterricht einführen. Wenn in einer Gemeinde mit ungefähr 26 jungen Leuten nur am Unterricht durch Ortsstatut 5 bis 6, höchstens 7 teilnehmen, so kann das leider nicht als ein glänzendes Resultat bezeichnet werden. Dadurch wird auch die Freudig⸗ keit des Lehrpersonals am Unterricht wesentlich eingeschränkt. Bedingt durch die Leutenot hat sich ein großer Teil der Landgemeinden ge⸗ weigert, Fortbildungsschulen durch Ortsstatut einzurichten. Die Landgemeinden wollen sich nur zur Errichtung von Fortbildungs⸗ schulen entschließen, wenn sie die Garantie haben, daß in ihrem Amts⸗ bezirke sämtliche Dörfer ebenfalls Fortbildungsschulen eintichten. Die Ausbildungskurse für die Fortbildungsschulleyrer begrüße ich freudig. Ich habe selbst an einem dieser Kurse teilgenommen und hatte meine helle Freude daran, mit welcher Freudigkeit und welchem Optimismus die Herren an die Arbeit gingen. Ich danke der Re⸗ gierung, daß sie diese Kurse eingerichtet hat, und bitte sie, noch mehr von diesen Kursen einzurichten. Der Turnunterricht läßt sich aller⸗ dings in sämtlichen Fortbildungsschulen nicht überall ganz gleich⸗ mäßig einführen. Das ist zu bedauern, aber nicht abzuändern⸗ In den städtischen Fortbildungsschulen kann der Turnunterricht doch regel⸗ mäßig erteilt werden, weil da sehr viele Turnlehrer zur Verfügung stehen. Auf dem Lande aber geht es nicht so. Hier ist immer nur ein einziger Lehrer. Jedenfalls um allen Mißständen auf dem Ge⸗ biete des Fortbildungsschulwesens entgegenzutreten, ist es unbedingt notwendig, daß uns ein allgemeines obligatorisches Fortbildungsschul⸗ gesetz vorgelegt wird. 888 Abg. Graue⸗Brandenburg (fortschr. Volksp.): Namens meiner politischen Freunde erkläre ich, daß wir den Antrag von Pappenheim ablehnen. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn dieser Antrag von seiten des Zentrums eingebracht wäre. Dieser Antrag macht ja zu⸗ nächst einen ganz unschuldigen Eindruck. Aber nach den Aus⸗ führungen, die früher von konservativer Seite in dieser Beziehung gemacht wurden käaun man das Schlimmste befürchten. Die kurze Zeit, die den Fortbildungsschulen zur Verfügung steht, sollte man nicht noch mit Religionsunterricht weiter verkürzen. Es wird hier der Versuch gemacht, die Kirche einen ausschlaggebenden Einfluß auf die Fortbildungsschulen gewinnen zu lassen. Ich habe das Vertrauen zu der Regierung, daß sie diesen Bestrebungen wie bisher entschlossenen Widerstand entgegensetzen wird Es ist nicht Aufgabe des souveränen Staates, den Interessen und Ansprüchen der Kirche irgendwie zu dienen. Es würde den Interessen des Staates widersprechen, wenn wir auf den Antrag Pappenbeim Es liegt auch nicht im Interesse der Kirche. Was würde denn das für ein Religionsunterricht werden, für den nur eine ganz kurze, knappe Zeit zur Verfügung steht? Man könnte da nur einen ganz oberflächlichen Unterricht geben. Was sollen wir denn von dem Religionsunterricht der Volksschule halten, wenn er so er⸗ gebnislos ist, daß er jetzt wieder aufgenommen werden soll⸗ Da die Einführung des Religionsunterrichts nicht im Staatsinteresse liegt so müssen wir den Antrag Pappenheim ablehnen. 3

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Abga. Hoffmann (Soz.): Den Abg. von Pappeaheim ein⸗ treten zu sehen für die Selbständigkeit der preußischen Kommunen, ist etwas ganz Besonderes und muß hier festgestellt werden. Wir kennen unsere Pappenheimer! Sie wollen den Religionsunterricht von der Wiege bis zum Grabe oder, modern ausgedrückt, vom Brut⸗ apparat bis zum Krematorium. Das Ministerium hat in dieser Frage Schritt für Schritt nachgegeben. Es soll kein Zwang ausgeübt werden, aber niemand wird bestreiten, daß man den obligatorischen Religionsunterricht in das Gesetz hineinschmuggeln will. Die Wünsche des Zentrums können durch den Antrag Pappenheim wohl kaum noch übertroffen werden. Der Religionsunterricht soll zur Unterdrückung der arbeitenden Massen führen, das ist ein Mißbrauch der Religion. Es zeugt von sehr wenig Gottvertrauen und Zuversicht zu Ihrer Religion, wenn Sie glauben, ohne Gendarm Religionsunterricht nicht erteilen zu können. Sie sind davon überzeugt, daß dies ohne Zwang nicht geht, das ist ein sehr bedenkliches Zeichen. Das Zentrum hat seine Forderungen noch immer bezahlt bekommen, darum verstehe ich, daß

es auch hier energisch für den Antrag P JbEEEE11 v b 2 appenheirn . Der Turn unterricht ist auf Verlangen d 1111“

ir gn Aangen des Kriegsministers eingefüh den damit die Diensttauglichkeit der jungen Teute sicht 1eö. geht. Der Hauptgrund aber war der, daß die Sozialdemokratie schon vor dem Kriegsminister eingesehen hatte, wie nuͤtzlich das Turnen ist, und daß man den Arbeiterturnvereinen nur die Schlinge um den Hals legen wollte; der Zweck ist nur, die Kinder von der Volksschule bis zur Kaserne vor dem sozialdemotratischen Geist zu schützen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen, wenn Sie nicht e Zellenunterricht einführen wollen, bei dem keiner mit dem anderen in Berührung kommt. Wenn die Regierung Versammlungsbeschlüsse beachten vnn dann kommen wir nicht zu kurz, denn unsere Massenversammlungen sind immer viel größer als die des Zentrums: da bringen Sie die Regierung in die Klemme. In der Schule werden die Kinder mit Religion schon überfuttert, daher werden Sie mit der Religion in der Fortbildungsschule nur das Gegenteil Ihres Zweckes Sie haben kein Recht dazu, die Kinder nach dem vierzehnten L ebens⸗ jahre zur Teilnahme am Relzgionsunterricht zu 6 8 8 Die Jugend, die denken gelernt hat, würde sich einfach acs Fhr gef tlliches Recht berufen und die Teilnahme verweigern. Die Forbbilbun 8⸗ schulen sollen doch dazu da sein, die mangelhafte Aüübild his den Kindern auf den Volksschulen noch immer zu teil wird wenigften einigermaßen zu ergänzen. Aber da wird davon gesprochen 8* nüsse die staatserhaltende Gesinnung gepflegt werden. a Söö wir gern den Worten des Abg. von Campe zu, der sagte, die Fort⸗

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bildungsschulen dürften nicht zu politischen Zwecken mi t werden. Offenbar liegt die Sache jetzt so: 111

daß die obligatorische Fortoildungsschule kommt, und da will man ihr rechtzeitig die Giftzähne ausbrechen; jetzt gehen Sie darauf aus, daß der Unterricht möglichst illusorisch wird, deshalb die Verquickung mit der Religion. Sie wollen sich in einen Konflikt stürzen mit der Jugend gerade in dem Alter des Stürmens und Drängens. Ver⸗ suchen Sie es nur, und Sie werden sehen, wie elend Sie Fiasko erleiden.

Abg. Marx (Zentr.): Es ist ein eigenartiges Schauspiel, hier ausgerechnet Abg. Hoffmann als Verteidiger einer Ausführungs⸗ bestimmung der Regierung zu sehen. Das sollte doch dem Minister zu denken geben. Jedes Bekenntnis eines positiven Christen⸗ tums wird ja von diesen Herren mit Spott und Hohn über⸗

schüttet. So, wie es der „Vorwärts“ noch jüngst getan hat, lassen wir unser Weihnachtsfest nicht begeifern.

Die sozialdemokratische „Freiheit“ in religiösen Dingen ist Intoleranz⸗ Wo ein chzistliches Volk ist, da ist kein Boden für die Sozial⸗ demokratie. Wo die katholische Kirche sich voll auswirken kann, da gibt es keine Sozialdemokratie. Die Fortbildungsschule soll ein Gegengift gegen die sozialdemokratischen Einflüsse sein; deshalb fordern wir den Religionsunterricht. Das verstößt nicht gegen das Landrecht. Gerade im Alter von Sturm und Drang braucht die Jugend die Hilfe der Religion. die Taten des Landwirtschaftsmmisters stehen im Widerspruch mit seinen warmen Worten über die Bedeutung der Religion, über die wir uns nur freuen können. Die Schulorganisation zur Verteidigung des christlichen Unterrichts ist auf Beschluß des Katholikentages gegründet worden und ist eine rein katholisch⸗konfessionelle Organisation. Sie hat als solche mit der Zentrumspaltei gar nichts zu tun, und i mnuß daher von vornherein und für alle Zukunft jede Verantwortung 5* Zentrumspartei ablehnen für das, was diese Schulorganisatton tuteli (Abg. Adolf Hoffmann: Und der Vorsitzende ?) Der ist dn faltensch, der Vorsitzender der Schulorganisation ist sisation mit politischen Dingen gar nichts zu tun. muß ich sagen, daß bindende Beschlüsse der Geistlichen fiaee Be dh überhaupt nicht gefaßt worden sind. Die National⸗ A; fäͤbre gar nicht imstande, in dieser Sache eine Polemik mit . ren. Diese Herren betrachten das Zentrum ganz in der politisch g des Evangelischen Bundes. Die Zentrumspartei ist eine genau weiß, was sie für das Wohl des Vater⸗ gramm, 1““ 88 8 8 Eroßes 11“ Peer Weisee ne uns erschweren, wenn Sie in solche Mase 11““ Die Staatsregierung wird es uns einst Dan wiesen haben. Des 1u 88 11“ kzeugung binng. 5 9”* Vas s n i eller Fnnmftorkes so weiter wachsen. Wir 1“ Be⸗ verlangen, daß dbiten, was uns zunser Gewissen vorschreibt, wmenn wir ständen aieichgenelt wird. n unterricht den alten Unterrichtsgegen⸗

Abg. Freiherr von Richthof 38 religiö kserzi Lichthofen k(kons.): Wir halten die Volkkerziehung an sich für grundsätzlich absolut wünschens⸗ richts geeinigt Unses Ant auf die Einführung des fakultativen Unter⸗ rung den obligato ser Hüng war dadurch veranlaßt, daß die Regie⸗ hat, und weil 8 Leligionsunterricht für unannehmbar erklärt Religionsunte icht uns sagten, die Einführung des obligatorischen die Einführung des Usehtö mit einem Schlage ausführbar. Gegen daß Lehrer und Geistl öö Religionsunterrichts spricht auch,

Lande igiösen Unterweisung weder auf dem Lande, noch in d SH 3 1 s d. Wir och in den Städten in genügender Anzahl vorhanden sind.

Wir wollten deshalb nehme

er G FI n, bas ühr s. 98 Gesetz bbe die Pflichtsotbeahn was durchführbar ist. Daß das Gesetz

gsschule nicht zustande kam, hatte zwei 1“ pen Antrag auf Einführung des fakultativen Reli⸗ mals der Arht⸗ J Fisg von meiner Partei in der Kommission da⸗ gionsunterricht Fabin ellt worden, daß das Wegöleiben von dem Reli⸗ münder der betrefe ndefrei sein soll, wenn die Eltern oder Vor⸗ Kinder sich mit dem Wegbleiben einverstanden zu können Das glaubten wir als einen sehr gelinden Zwang bezeichnen doüru und wir nahmen an, daß die Regierung darauf eingehené⸗ Grurh andelsminister aber ging darauf nicht ein. Der zweite der Ficht ecen das Gesetz nicht zustande kam, war der, daß wir Fortbildannengren, daß der Kultusminister bei der Ueberwachung der zen ngsschulen eine gewisse Mitwirkung haben müsse. Auch dies wurde damals von der Regierung nicht akzeptiert, und deswegen kam 998 Gesetz nicht zustande. Aber der Handelsminister aab noch eine Finene Erklärung ab. Er sagte allgemein, er werde die sakultative Linführung des Religionsunterrichts nicht verbieten, wenn derselbe in ie sechs Stunden eingereiht werden könnte. Insofern ist allerdings ein Unterschied zwischen der Ansicht des Landwirtschaftsministers und 8 des Kultusministers festzustellen. Ich glaube, so war tatsächlich di Sachlage. Es ist auch ein genereller Unterschied zwischen der zweiten Ausführung des Handelsministers und den in den letzten Lagen von der Regierung gemachten Ausführungen festzustellen. Aber schließlich ist das doch alles Nebensache. Die Hauptsache ist doch, daß wir uns klar werden, um welche staatserhaltenden fundamentalen Ge⸗ sichtspunkte es sich hierbei handelt. Es handelt sich darum, wenn die Gemeinde in ihrer Mehrheit den Religionsunterricht fakultativ ein⸗ führen will, ob einem solchen Willen die Regierung ein kategorisches Nein gegenüberstellen will. Es handelt sich darum: welche Gründe der Staatsraison hat die Regierung, einer solchen Entschließung der Gemeinde ein Nein entgegenzusetzen Man hat hier zurückgegriffen preußische Landrecht das bestimmt, daß ein vierzehnjährigen

auf das