1914 / 40 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

88

d.

get Irn

Mel

ein 8 grof/

ger. wär gef

norwegischen Vortrages in

zum Deut

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

(Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Meine Herren, es geht nicht an, daß in Deutschland einem Mann, der durch ganz ungewöhnliche Leistungen und hervorragende moralische Qualitäten ein Ziel erreicht hat, dessen Erreichung seit Generationen von allen Kulturnationen der alten und neuen Welt mit schmerzlichen Opfern an Gut und Blut angestrebt worden ist, bei einer rein wissenschaftlichen, dankenswerten Tätigkeit Schwierigkeiten persönlich unliebsamer Art bereitet werden, ohne daß wirklich zwingende und dringliche Gründe dafür geltend gemacht werden können, und das war; in dem 1“ Fühs doch in diesem Maß⸗ nicht der Fall. (Sehr gut! bei den entee und ich glaube aus den Ausführungen des Herrn Schifferer entnommen zu haben, daß er mit der Bemerkung, es dürften örtliche Instanzen nicht von den höheren Instanzen desavouiert werden, wohl darauf hat anspielen wollen, weil mir sonstige Desavouierungen örtlicher Instanzen nicht bekannt sind aus der Tatsache, daß dem Entdecker des Südpols die Abhaltung eines 1 Flensburg genehmigt worden ist, der

den ist, daß eine Wandlung in der Dänenpolitik

Ses gn, . sei und auch in den Zeitungen und sonstwo sogar von einem Zickzackkurs die Rede gewesen ist, so glaube ich, daß derartige Behauptungen denn doch tatsächlich weit über das Ziel hinausschießen und der Begründung entbehren. (Abg. Dr. Schifferer

.Das habe ich gar nicht gesagt!) Meine Herren, sHohem Behauptungen bietet der Fall Amundsen in ber Tat keine berechtigten Unterlagen; denn die Zu⸗

das Verbot des norwegischen Vortrages hatte an vmn. bisherigen Dänenpolitik nicht das mindeste zu tun. Es Ucni. sich um ein vollkommenes Novum, um einen Fall, für den 88 keinen Präzedenzfall gab, und der auch gar nicht darauf gestützt werden konnte, daß es notwendig ist und auch in Zukunft notwendig bleiben wird, von den dänischen Vereins⸗ und Versammlungshäusern als den Schutz⸗ und Trutzburgen aller deutschfeindlichen Bestrebungen Auslandsdänen unter allen Umständen fernzuhalten.

Im übrigen muß ich auch die Behauptung des Herrn Abg⸗ Schifferer, daß die Königliche Staatsregierung eine Schuld an der Verschlechterung der Verhältnisse in Nordschleswig durch ihre wankel⸗ mütige Politik trage und daß „der Wechsel das einzig Ständige“ in der Politik der Staatsreglerung gewesen sei, doch mit aller Ent⸗ schiedenheit zurückweisen, mindestens insoweit es sich auf die neuere Zeit bezieht, die heute doch überhaupt nur zur Verhandlung stehen kann, nämlich auf die letzten Jahre, in denen ich eine Einwirkung auf diese Politik auszuüben in der Lage gewesen bin. 2

Meine Herren, sowohl Herr Abg. Johanßen wie auch Herr Abg. Schifferer haben als einzigen Beweis für die Behauptung eines ständigen Wechsels in der Politik die Tatsache erwähnt, daß im Jahre 1907, also vor 7 Jahren, der Optantenvertrag geschlossen wurde und daß im Jahre 1908 das Reichsvereinsgesetz im Reichstag beschlossen und auch vom Bundesrat genehmigt worden ist, das den Regierungen einen Teil ihrer Einwirkungsmöglichkeiten auf die Vereinsbetätigung in der Nordmark genommen hat. Meine Herren, ich gebe ohne weiteres zu, daß der Optantenvertrag ebensowohl wie das Reichs⸗ vereinsgesetz ihre zwei Seiten gehabt und daß sich neben manchen guten auch Schattenseiten dabei entwickelt haben. Immerhin sind das Vorgänge, die, glaube ich, bei einer Betrachtung über die jetzige Dänenpolitik der Regierung in der Nordmark, wie sie sich in den letzten 6 Jahren abgespielt hat, nicht mehr der Beurteilung werden zugrunde gelegt werden können. Jedenfalls bin ich in der Lage, zu erklären, daß, solange ich mich an dieser Stelle befinde, die Königliche Staatsregierung auch nicht einen einzigen Augenblick daran gedacht hat, die bestehenden Abwehrmaßregeln gegen dänische Agitation und Aggression irgendwie abzuschwächen im Gegenteil, sie sind in den letzten Jahren wohl sicher schärfer gehandhabt worden als vorher und daß ebensowenig jemals daran gedacht worden ist, durch eine in weitergehendem Umfang stattfindende oder wahllose Einbürgerung von Staatenlosen irgendwie deutsche Interessen preiszugeben oder abzu⸗ schwächen. Ich glaube, daß das eine dem Herrn Abg. Schifferer ge⸗ nügende Beantwortung der Frage sein wird, die er bezüglich der etwaigen Einbürgerung der Staatenlosen in Nordschleswig an mich gerichtet hat. Davon kann keine Rede sein.

Sodann komme ich auf die sonstigen Wünsche, welche Herr Abg⸗ Schifferer ausgesprochen hat. Er wünschte, daß eine Revision der Verordnung von 1908 in Erwägung gezogen werde, durch welche die dänische Sprache bei öffentlichen Versammlungen in einigen nörd⸗ lichen Amtsbezirken des Kreises Tondern zugelassen worden ist. Ich kann zusagen, daß in Erwägung gezogen werden wird, ob die Ver⸗ hältnisse sich inzwischen derartig geändert haben, daß eine Aenderung nach dieser Richtung hin geboten und notwendig erscheint. Ich vermag aber irgend welche Zusagen über das Ergebnis zunächst in keiner Weise zu erteilen. Mit Herrn Abg. Schifferer erkenne auch ich an, daß die Anwesenheit zahlreicher Auslandsdänen in den nördlichen Bezirken von Nordschleswig sehr wohl dazu geeignet ist, die deutsch⸗ feindliche dänische Agitation und die deutschfeindlichen Treibereien innerlich zu stärken und zu fördern. Es ist in neuerer Zeit tatsächlich beobachtet worden, daß die Dänen in der Nord⸗ mark sich ähnlicher Mittel bedienen, wie sie bisher nur seitens der Polen gebraucht worden sind, und daß daher eine gewisse Analogie der Verhältnisse in Nordschleswig mit denen in der Provinz Posen nicht wird in Abrede gestellt werden können. Ich kann aber Herrn Abg. Schifferer versichern, daß diese Verhältnisse schon seit geraumer Zeit die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich Lelenkt haben und auch weiter mit größter Aufmerksamkeit werden verfolgt werden.

Nun hat Herr Abg. Schifferer eine Bemerkung, die ich übrigens nur nebenbei, ganz beiläufig in der Budgetkommission gemacht hatte, zum Gegenstonde seiner Kritik gemacht. Ich. hatle im Anschluß an eine Aufzählung der positiven Maßnahmen, welche seitens der ein⸗

ZE11“ 5

ö“

schen Neichsan

Zweite Beilage

Berlin, Montag, den

16. Februar

zelnen Ressorts seit einer Reihe von Jahren in Angriff genommen worden sind, um die Deutschen Nordfchleswigs wirtschaftlich und kulturell zu fördern und zu heben, bemerkt, daß, insoweit auf diesem Gebiet auf der Versammlung in Flensburg Angriffe gegen die Staatsregierung erhoben worden seien, diese mir übertrieben oder grundlos zu sein scheinen. So ungefähr war der Wortlaut dessen, was ich gesagt habe. Es ist mir nicht eingefallen, damit irgendwie die Flensburger Versammlung als solche angreifen oder herabsetzen zu wollen; im Gegenteil, meine Herren, ich habe mit größter Befriedi⸗ gung von dem Verlauf der Flensburger Versammlung Kenntnis ge⸗ nommen, weil der Grundton, der auf dieser Versammlung zutage trat, durchaus patriotisch und von wahrem nationalen Empfinden ge⸗ tragen war. (Bravo!) Das erkenne ich vollkommen an. Aber das hindert doch nicht, daß ich, ebenso wie ich einige Aeußerungen des

Herrn Vorredners heute zurückgewiesen habe und meinerseits als zu weitgehend kennzeichnen muß, in gleicher Weise die Auffassung aufrechterhalten muß, daß einige von den Aus⸗

führungen, welche von einzelnen Rednern auf der Versammlung in Flensburg gemacht worden sind, m. D. doch Uebertreibungen ent⸗ halten haben. So ist es meines Erachtens zweifellos eine Ueber⸗ treibung, wenn in Form eines förmlichen Protestes Verwahrung ein⸗ gelegt worden ist gegen das Tempo, das seitens der Regierung in bezug auf die kulturelle und wirtschaftliche Förderung der Deutschen in Nordschleswig eingeschlagen worden ist. Wenn dann zugleich auch ein ganzes System von positiven Maßnahmen verlangt worden ist wie dies übrigens heute Herr Abg. Schifferer auch getan hat —, ohne daß irgend welche näheren Andeutungen darüber gegeben worden find, wie dieses System beschaffen sein solle, so glaube ich demgegenüber gerade durch meine Ausführungen in der Budgetkommission nach⸗ gewiesen zu haben, daß die Staatsregierung es ihrerseits an einem systematischen und klar umschriebenen Vorgehen nicht hat fehlen lassen. Auf dem Gebiete der Volksbildung und Volkswohlfahrt, der Erziehung und der Vorbildung der Jugend, ihrer fachtechnischen und hauswirtschaftlichen Ausbildung, auf dem Gebiet des öffentlichen Ver⸗ kehrs, der landwirtschaftlichen Meliorationen, der Besiedlung, der Be⸗

sitzfestigung und Entschuldung haben die einzelnen Ressorts nach einem

von ihnen gemeinsam anerkannten Programm in den letzten Jahren nicht nur vieles, sondern auch durchaus Ersprießliches geleistet. Und, meine Herren, wenn hier und da Fehlgriffe vorgekommen sind, so glaube ich denn doch, daß es zu weit geht, der Regierung in allen diesen Fällen die Verantwortung zuzuschieben oder sie allein dafür ver⸗ antwortlich zu machen. Es haben manche Unternehmungen Privater, die demnächst auch staatlicherseits unterstützt worden sind, allerdings nicht die Erwartungen voll erfüllt, die man bei ihrer Begründung an sie geknüpft hatte. Aber es lag doch an der Schwierigkeit der dortigen Verhältnisse, bisweilen auch daran, daß nicht immer diejenigen Personen, die seinerzeit die betreffenden Unternehmungen angeregt hatten und am meisten zu ihrer Begründung beigetragen hatten, demnächst als leitende Persönlichkeiten an die Spitze des Unter⸗ nehmens berufen werden konnten. Im großen und ganzen aber wird nicht in Abrede gestellt werden können, daß auf diesen Gebieten Gutes geleistet worden ist, und daß jedenfalls die Regierung es an einer energischen und nachhaltigen Förderung der deutschen Interessen nicht hat fehlen lassen.

Wenn dann ferner gesagt worden ist, es solle in Zukunft nicht in der „üblichen“ bureaukratischen und schematischen Weise, sondern weitsichtig und praktisch ich weiß nicht, ob etwa das Wort „großzügig' auch gefallen ist verfahren werden, so ist allerdings damit nicht direkt gesagt worden, daß bisher in gegenteiliger Weise verfahren worden sei. Aber aus dem ganzen Zusammenhang der Ausführungen muß man wohl ent⸗ nehmen, daß die Absicht eines derartigen Vorwurfs gegen die Staats⸗ regterung vorgelegen haben dürfte. Nun, meine Herren, nehme ich derartige Angriffe zwar nicht allzu tragisch, ich glaube aber, daß damit der deutschen Sache nicht gedient ist, und daß es im nationalen Interesse wertvoller ist, wenn das, was gelelstet worden ist, nicht lediglich in absprechender Weise verkleinert wird, sondern wenn da, wo die Regierung durch ihre leitende Mitwirkung und durch die Hingabe reichlicher Mittel tatsächlich Ersprießliches im Interesse des Deutschtums geleistet hat, das dann auch rückhaltlos an⸗ erkannt wird. Es dürfte damit die Kampfesfreudigkeit und die Sieges⸗ zuversicht in den deutschen Reihen besser gestärkt werden als durch einseitige Kritik, und solcher Kampfesfreudigkeit und Zuversicht bedarf

es, wenn wirklich dauernde und nachhaltige Erfolge erzielt werden

(Bravo!)

Abg. Graf von Baudissin (kons.): Ich bin ersucht worden, mich auf 10 Minuten zu beschränken; ich werde dem nachkommen und mich sehr kurz fassen. Den zutreffenden Schilderungen über die augenblicklichen Zustände in der Nordmark, wie sie die Abgg. Johanssen und Schifferer gegeben haben, füge ich nur noch den Hin⸗ weis auf die enge Verbindung zwischen den südjütischen Vereinen und denjenigen der Königsau hinzu. Sehr gefährlich sind auch die Volks⸗ schulen, welche in den nördlichen Gebieten wie in einer Reihe von Sperrforts eingerichtet sind, zu deren Besuch die Nordschleswiger aufgefordert und durch Prämien ermuntert werden, um dort die nord⸗ schleswigsche. Jugend zu dänischen Agitatoren zu stempeln. Wie in Wirklichkeit die Gesinnung dieser südjütischen Vereine ist, ersieht man am besten aus den Berichten über die Versammlungen in Dänemark, wo man nicht mehr so vorsichtig zu sein braucht. Da wird meistens über den § 5 des Prager Friedens gesprochen, nach dem die Nordmark eventuell wieder an Dänemark zurückfallen solle; der Abg. Kloppenborg, der ja in recht vielen solchen Versammlungen gewesen ist, wird mir das bestätigen können. Ebenso wird der Beykott auch auf Dänemark ausgedehnt, ein Flensburger Getreidehändler und Kommerzienrat ist in ganz Dänemark boykottiert worden. Die Wünsche des Abg. Schifferer werden im großen und ganzen von meinen Freunden unterschrieben; auch wir stehen unter dem Eindruck, daß die Regierungspolitik in den letzten Zeiten auch bei uns oben in der Nordmark nicht den Eindruck der Stetigkeit erweckt hat. Wenn heute der Minister erklärt, daß kein Schwanken statt⸗ finden solle, so ist dieser Vorwurf auch nicht gegen ihn gerichtet, sondern wir haben dabei einen längeren Zeitraum im Auge. Mit Befriedigung haben wir die Erklärung des Minlsters ge⸗ hört, daß die Flensburger Versammlung von ihm mit Freuden be⸗ grüßt worden ist. Wir können nur damit nicht ganz einverstanden

““

sollen.

zeiger und Königlich Preuß

1 dort Uebertreibungen stattgefunden haben sollen. Auch sa. a den Fall Amundsen können wir uns ihm nicht an⸗ schließen. Auch wir haben niemals befürchtet, daß Herr Amundsen selbst zu einer Demonstration Anlaß geben wollte⸗ Wir haben das nur angenommen von denjenigen, die hinter ihm stehen. Und er selbst hat ja auch dieses Gefühl gehabt, dafür ist der beste Beweis, daß er sich sofort aus jener Versammlung entfernt hat. Wir freuen uns also, daß unseren Wünschen Gerechtigkeit widerfahren soll, wir bedauern die frühere Unstetigkeit und hoffen, daß bei einer festen Politik der Regierung auch die Zustände in der Nordmark besser werden. 1““ 8 1

Hierauf wird Vertagung beschlossen. In persönlicher Bemerkung erkkͤt Abg. Dr. Schifferer (nl.), daß er in dem Zusammenhange, wie es in der Darstellung des Ministers erscheine, den Fall Amundsen nicht im Auge gehabt habe. Auf den Vorwurf der Uebertreibung behält er sich die Antwort für später vor. 1 8 Auf eine Anfrage des Abg. von Hennigs (kons.) erklärt der Präsident, daß die Interpellation und die Anträge bezüglich der Ueberschwemmung an der Ostseeküste am Dienstag auf die Tages⸗ ordnung kommen werden. Montag, 11 Uhr

Schluß 4 ¾¼ Uhr. Nächste Sitzung:

der Beratung des Etats des Ministeriums des Innern).

Statistik und Volkswirtschaft.

Der deutsche Arbeitsmarkt im Januar 1914.

Nach vorläufiger Mitteilung des Kaiserlichen Statistischen Amtes auf Grund der Berichte für das „Reichsarbeitsblatt“ zeigt die Lage des gewerblichen Arbeitsmarkts im Januar 1914 gegenüber dem Vor⸗ monat eine weitere Abschwächung. Gegenüber dem gleichen Monat 88 ist fast durchweg eine erhebliche Verschlechterung ein getreten. 3 8

Die Aufstellungen über den Beschäftigunggrad nach den Mit⸗ teilungen der Krankenkassen liegen diesmal noch nicht vor. 8

Nach den Berichten von 48 größeren Arbeiterfachverbänden mit zusammen 2 000 918 Mitgliedern waren Ende Januar 1914 47 v. H. der Mitglieder arbeitslos gegenüber 4,8 v. H. Ende Dezember 1913. Von Ende Dezember auf Ende Januar pflegt im all⸗ 3 gemeinen die Arbeitslosigkeit auf der gleichen Höhe zu bleiben, wenn nicht etwas zuzunehmen. Im Vorjahr ergab sich eine Steigerung der Arbeitslosenziffer zur gleichen Zeit von 2,8 auf 3,2 v. H. Die Arbeits⸗ semiher an sich ist also in diesem Jahr beträchtlich höher als im Vorjahr.

Bei 352 öffentlichen Arbeitsnachweisen mit 121 640 Ver⸗ mittlungen kamen im Januar auf 100 offene Stellen bei den männ⸗ lichen Personen 236, bei den welblichen 104 Arbeitsgesuche. Die ent⸗ sprechenden Ziffern des Vormonats waren 214 und 120. Hiernach hätte der Andrang männlicher Arbeitsuchenden weiter zugenommen, derjenige weiblicher Arbeitsuchenden abgenommen. Vom Dezember zum Januar ergab sich bei den männlichen Personen die übliche Verschlechterung, bei den weiblichen Personen die übliche schwache Verbesserung. Bei den männlichen Personen war aber in diesem Jahr die Verhältnisziffer für die Arbeiter ungünstiger. 3 Die Berichte von industriellen Firmen und Verbänden über die Lage des Arbeitsmarkts im Januar teilen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine weitere Abschwächung mit. Auf dem Ruhrkohlenmarkt wurde diese Abschwächung durch den Frost, der die Schiffahrt unmöglich machte, noch verschärft. Im ober⸗ und nieder⸗ schlesischen Bergbau war die Lage günstiger, hier herrschte nach w vor Arbeitermangel. Auf die Lage im Braunkohlenbergbau übte das Frostwetter einen günstigen Einfluß aus; die Mehrzahl der Bezirke klagt über Arbeitermangel. Roheisenindustrie sowie Stahl⸗ und Walzwerke berichten vielfach einen schwachen Geschäftsgang, der zur Einlegung von Feierschichten nötigte. Die Maschinenindustrie wies gleichfalls an vielen Orten einen Rückgang auf. Der Lokomotivbau war hingegen befriedigend, der Automobilbau gut beschäftigt. Insbesondere in der elektrischen Industrie machte sich, soweit die Großstädte in Betracht kommen, ein Ueberangebot an Arbeitern geltend. Die wichtigste Fweige der chemischen Industrie waren nach wie vor gut beschäftigt

i der Textilindustrie machte sich im Zusammenhang mit dem wenig befriedigenden Geschäftsgang ein großer Andrang an Arbeitskräften bemerkbar. 8

Von 298 Firmen ist die Arbeiterzahl angegeben, und zwar mit 357 834 zu Ende Januar gegen 356 459 zu Ende Januar 1912 Es ist also eine Vermehrung um 0 89 v. H. (im Vorjahre u 4,08 v. H.) eingetreten, während für den Dezember eine solche gegenüber dem Vorjahre um 1,386 v. H. zu verzeichnen war. Die Zunahme ist demnach geringer geworden. Im einzelnen verteilt sich die Zunahme im Januar gegenüber dem Vorjahr auf die chemische Industrie (†† 10,90), auf den Bersbau und das Hüttenwesen (+†. 1,39) und auf die Industrie der Maschinen (+† 0%5 v. H.); alle übrigen Industrien zeigen einen Rückgang. 8

Die ausländischen Arbeiter auf dem deutschen Arbeitsmarki im Januar 1914.

Nach dem Bericht der Deutschen Arbeiterzentrale machten sich auf dem landwirtschaftlichen Arbeitsmarkt im Monat Januar bereits die Vorzeichen der beginnenden Kampagne stark bemerkbar. Zahlreich gingen auf der einen Seite die Anfrage nach Arbeitskräften ein, während auf der anderen Seite in verhältnismäßig großer An⸗ zahl sich Aufseher und Vorarbeiter mit ihrem Anhang für den Früh⸗ 8 anboten. Da sie aber fast ausnahmslos auf die Zuweisung größerer Ar eitsstellen rechneten und auch zum Teil erhöhte Ansprüche stellten, konnte nicht allen eine ihrem Wunsche entsprechende Verwendung zu⸗ werden. Der Arbeiterzuzug selbst war wie gewöhnlich im Januar noch ganz gering. Nur an einigen Grenzübergängen war die Zahl der Zuwandernden nennenswert. Das vorhandene Angebot ge⸗ u aber, 6 den möcigen. W 28

ie Industrie hatte in allen Bezirken und Betriebsarten aus⸗ reichende Arbeitskräfte zur Verfügung. Auch die Montaninduftrie, a. mit Beginn der kalten Jahreszeit ihren Bedarf mit in uagedeckten Betrieben freigewordenen Arbeitern gedeckt hat, hatte, da anderweitige zusagende Arbeitsgelegenheit für die Arbeiter nicht vorhanden war,

unter Abgängen nicht zu leiden. Selbst die ob hatten ohne Betriebseinschränkung Aaoberschlestschen Gruben

seit 1” Arbeitermangel. seit langem einmal keinen

Die Ueberseeauswanderung aus Rußland un ich⸗ Ungarn ging nach den Beobachtungen noch weiter ne Italien hielt sie sich auf der Höhe des Vormonats.

Bei den Wanderarbeitern aus Rußland herrschte an der ost⸗ und westpreußischen Grenze noch vollkommene Stille. Es fand fast gar kein Zuzug statt. Ebensowenig wurde, abgesehen von dem wie übexall für später angemeldeten Bedarf, nach Arbeits⸗ kräften verlangt. Lebendiger war es an der schlesischeposenschen Grenze, wo bereits an einigen Grenzübergängen kleinere Arbeitertrupps zuwanderten und in der Landwirtschaft Aufnahme fanden

1“