1914 / 56 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Mar 1914 18:00:01 GMT) scan diff

einer Zeit begonnen haben, als eine Erlaubnispflicht dafür noch nicht bestand, der Gewerbebetrieb untersagt werden.

Darbietungen der im Abs. 1 bezeichneten Art unterliegen, wenn sie in einer Schankwirtschaft veranstaltet werden, um den Umsatz an Speisen und Getränken zu vermehren, neben den vorstehenden Vor⸗ schriften der besonderen Regelung durch die von der Landeszentral⸗ behörde bezeichnete Behörde.

Die Ortspolizeibehörde ist befugt, gewerbsmäßige Instrumental⸗ musikaufführungen jeder Art und gewerbsmäßige phonographische Vor⸗ führungen in Schankwirtschaften oder an anderen öffentlichen Orten, wenn dadurch die Nachbarschaft erheblich belästigt wird, zu verbieten oder zu beschränken. Gegen die Verfügung der Ortspolizeibehörde ist binnen zwei Wochen die Beschwerde an die höhere Verwaltungs⸗ behörde zulässig; diese entscheidet endgültig.“

Artikel 3. G Der § 33 b der Gewerbeordnung erhält die folgende Fassung:

8W88 8 Der Erlaubnis der Ortspolizeibehörde bedarf, wer gewerbsmäßig, 8* ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei ob⸗ walte

1) Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustharkeiten von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten, ⁊2) Mustkaufführungen von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen arbieten will.

Eine Erlaubnis nach Abs. 1 Nr. 1 ist nicht erforderlich, wenn die Darbietungen in Räumen erfolgen sollen, für welche eine ent⸗ prechende Erlaubnis nach § 33a erteilt ist.“

Artikel 4. I. Der § 35 der Gewerbeordnung wird wie folgt geändert: '1) Im Abs. 2 wird hinter dem Worte „Sprengstoffen“ ein⸗

geschaltet: . 3 3 „, der Kleinhandel mit Bier, der Betrieb von Speise⸗ wirtschaften“; 4 2) der Satz 2 des Abs. 4 wird aufgehoben. II. Der § 40 der Gewerbeordnung wird wie folgt geändert: Im Abs. 1 wird zwischen den Worten „dürfen“ und „weder“ eingeschaltet: „soweit nicht besondere reichsgesetzliche Vorschriften dies alasäg III. Hinter § 40 der Gewerbeordnung wird folgender § 40 a eingefügt: 1 a.

.„§ 8 Bei dem Vorliegen eines besonderen Bedürfnisses kann die Orts⸗ polizeibehörde den Betrieb von Schankwirtschaft vorübergehend und auf Widerruf gestatten. Die Entscheidungen sind endgültig.“ b 8 Hinter § 40 a der Gewerbeordnung wird folgender § 40 b eingefügt:

„§ 40 b. 1—

Witd ein Unternehmen, das nach §§ 33, 33 a der Erlaubnis be⸗ darf, von einer anderen als natürlichen Person betrieben, so erlischt die ihr erteilte Erlaubnis mit dem Ablauf von fünfundzwanzig Jahren nach der Erteilung. Für Unternehmen, die am Tage des Inkraft⸗ tretens des Gesetzes bestehen, erlischt die Befugnis zum Betrieb, auch wenn bisher eine Erlaubnis nicht erforderlich war, mit dem Ablauf von fünfundzwanzig Jahren nach diesem Tage.“

V. Im § 422 der Gewerbeordnung wird 1

a. im Abs. 1 statt der Worte „mit Ausnahme von Bier und Wein in Fässern und Flaschen und vorbehaltlich des nach § 33 erlaubten Gewerbebetriebs“ gesetzt:

„mit Ausnahme von Wein in Fässern und Flaschen und

von Bier in Fässern und vorbehaltlich des nach §§ 88 40a erlaubten Gewerbebetriebs. Auf die Abgabe von Bier in Flaschen an Wiederverkäufer findet das Verbot keine Anwendung.“ und b. im Abs. 3 hinter dem Worte „kann“ eingefügt: „abgesehen von § 40 a,“.

Artikel 5. nös 45 der Gewerbeordnung erhält die folgenden Zusätze als

Das gleiche gilt für Personen, die der Gewerbetreibende zur Leitung eines der im § 33 bezeichneten Betriebe oder eines Teiles der⸗ selben oder zur Beaufsichtigung bestellt hat.

Der Betrieb der im § 33 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe darf, ab⸗ gesehen von den Fällen des § 46, nur dann durch Stellvertreter aus⸗ geübt werden, wenn besondere Umstände der persönlichen Ausübung entgegenstehen. Die Ausübung des Betriebs durch den Stellvertreter bedarf der Erlaubnis der von der Landeszentralbehörde bezeichneten Behörde. Wird die Erlaubnis versagt oder zurück dies den Beteiligten mittels schriftlichen Bescheids unter Angabe der Gründe zu eröffnen. Gegen den Bescheid ist der Rekurs zulässig. Der Rekurs hat keine aufschiebende Wirkung. Wegen des Verfahrens und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und 21.“

8 Artikel 6.

Im § 49 Abs. 1 der Gewerbeordnung ist vor den Worten: „ge⸗

dachten Gewerbe“ statt „im § 33 zu setzen: „in den §§ 33, 33 a“. Der § 147 Abs. 1 Ser 8 h

I. Der § 147 eer Gewerbeordnung erhält in Nr. 1 folgenden Sassft als Abs. 2:

„Wer vor ätzlich ohne die vorschriftsmäßige Erlaubnis den Be⸗ trieb eines der im § 33 Abs. 1 oder der im § 33 a bezeichneten Ge⸗ werbe unternommen oder fortgesetzt hat oder von den bei der Er⸗ laubnis festgesetzten Bedingungen abgewichen ist und deshalb rechts⸗ kräftig verurteilt worden ist, wird, wenn er abermals eine dieser Handlungen begeht, mit Geldstrafe von fünfzig bis eintausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Die Anwendung dieser Vorschrift bleibt ausgeschlossen, wenn seit der Rechtskraft der letzten Verurteilung bis zur Begehung der neuen Straftat drei Jahre verflossen sind;“ 8

II. Der § 147 Abs. 1 der Gewerbeordnung erhält zu Nr. 1 lgenden Zusatz als Nr. 1a: B .1; wer ohne die erforderliche Erlaubnis eines der im § 33 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe durch einen Stellvertreter t

88 betreibt;“.

1“ Artikel 8.

Der § 148 der Gewerbeordnung erhält nach Nr. 3 folgenden

3 Zusatz als Nr. 3 a: „Za. wer den nach § 33 Abs. 5, 6 oder § 33 a Abs. 5 erlassenen Anordnungen oder den auf Grund des § 332 Abs. 6 endgültig erlassenen Verfügungen zuwiderhandelt;“.

Artikel 9. Dieses Gesetz tritt am .. . . . .... in Kraft.

. Sibun Deutscher Reichstag. Beri 8 dües d.März 1914, Nachmittags 1 Uhr.

Das Haus se 8 Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Reichs⸗Post⸗und Tdie zweits Beratung des Etats für die

9 * . . Ausgaben Besolduncgenn süenverwaltung bei den dauern⸗

Ueber den An S ie Zent 2. d. Bl. berichtet vüeh e Sitzung ist in dertterwaltung 8828

Zu dem Titel er gestrigen Nummer Zu dem Titel „Ausgaben uf Ausführungen der Ane die Pastcgenten⸗ Heievkt (wirtsch. Vgg.) und Dr. Neumann⸗Hofer ortscher ver Hersfeld Staatssekretär des Reichspostamts pt. der Meine Herren! Wir haben in den vorausgegangenen 8

nehrfach über die Postagenten gesprochen. Ich möchte Lee

, 9

besoldung eingetreten sei.

daß wir schon im Jahre 1913 für die Verbesserung der Bezüge der Post⸗ agenten 260 000 gefordert haben, und daß in diesem Jahre auch wieder eine Erhöhung von 263 000 von Ihnen erbeten wird. Es handelt sich darum, das Durchschnittsgehalt der Agenten zu erhöhen.

Wir sind auch damit beschäftigt ich habe das bereits gestern ausgeführt —, wo es sich ermöglichen läßt, das Gehalt zu zerlegen in die Entschädigung für Dienstleistungen, für den Raum und sonstige Bedürfnisse.

Was die Frage betrifft, die der Herr Abg. Neumann⸗Hofer gestellt hat, so kann ich ihm darauf erwidern, daß wir bei der Vergebung der Agenturen stets dahin streben, eine Persönlichkeit auszuwählen, die das Vertrauen der Gemeinde genießt und mit der geschäftlichen Tätigkeit der Einwohner nicht in direkter Beziehung steht. Aber in allen Fällen ist das letztere nicht zu vermeiden.

Es wird die Herren interessieren, zu hören, aus welchen Ständen sich die Postagenten zusammensetzen. Wir haben im ganzen 10 518 Post⸗ agenten, davon sind 2 % Eisenbahnbeamte, sonstige Beamte 4 ½ ͤ, Lehrer 8 %, im Ruhestand lebende Post⸗ und Telegraphenbeamte und Unterbeamte 1 *%, sonstige im Ruhestand befindliche Beamte nahezu 3 %, Privatiers und Rentiers 6 , Kaufleute 13 %, Gastwirte 16 9%, Landwirte 17 N, Handwerker 13 9%, Personen aus anderen Berufen 15 9. Sie sehen daraus, daß alle Stände dabei beteiligt sind, und die Oberpostdirektionen treten auch mit dem Gemeindevorsteher und den sonst angesehenen Personen in Verbindung, wenn es sich um die Wahl eines neuen Agenten handelt, um zu hören, ob Einwendungen gegen die Person selbst vorliegen. Also nach den Grundsätzen, die Herr Abg. Dr. Neumann⸗Hofer hier geltend gemacht hat, wird schon verfahren. Daß es nun in einzelnen Fällen manchmal nicht möglich ist, Personen zu finden, die mit der geschäftlichen Tätigkeit des Ortes nicht in Ver⸗ bindung stehen, ist natürlich; das sind aber nur Ausnahmen.

Bei den Ausgaben „Für Hilfsleistungen bei den Verkehrsanstalken“ gelangt die von der Kom⸗

mission beantragte Resolution zur Annahme, die eine Erhöhung

der Tagegelder der nichtetatsmäßig angestellten Post⸗ und Telegraphenbeamten und ebenso eine Erhöhung der Bezüge der Gehilfinnen bei den Postämtern 3. Klasse herbeiführen will, und bei den Ausgaben „Zuschuß zu den Post⸗ krankenkassen“ die Kommissionsresolution: „den Reichs⸗ kanzler zu ersuchen, nach Ablauf des ersten Betriebsjahres der Krankenkasse über die Ergebnisse und Leistungen nach ein⸗ zelnen Distrikten gesondert im Reichstage Bericht unter An⸗ gabe der für eine Gesundung und zweckmäßigen Ausgestal⸗ tung der Kassen veranlaßten und in Aussicht genommenen Maßnahmen zu erstatten.“

Die sogenannte „Ost markenzulage“, außerordent⸗ liche unwiderrufliche Zulagen für die in der Provinz Posen und in den gemischtsprachigen Kreisen der Provinz Westpreußen angestellten mittleren, Kanzlei⸗ und Unterbeamten, 1 200 000 Mark“ hat die Kommission gestrichen.

Ein Antrag Bassermann (nl.) und ein Antrag Schultz⸗Bromberg (Rp.)⸗Gra Westarp (dbkons.) wollen die Position wieder herstellen. zußerdem haben die Abg. Fechulb (Rp.) und Graf Westarp (d ons.) folgende Resolution

eantragt:

„Den Reichskanzler zu eersuchen, zu erwägen, ob und inwieweit die hier angeforderten Zulagen auch auf andere gemischtsprachige Kreise und Reichsteile ausgedehnt werden können, in denen aähn⸗ liche Verhältnisse obwalten wie in der Provinz Posen und den ge⸗ mischtsprachigen Kreisen der Provinz Westpreußen.“ 8

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke: 1

Meine Herren! Aus dem Umstand, daß die Reichspostverwaltung wieder die Forderung auf Bewilligung der Ostmarkenzulage in den Etat eingesetzt hat, können Sie ermessen, welchen Wert die Verwal⸗ tung auf diese Ostmarkenzulage legt, und ich glaube, daß im ganzen Hause auch kein Zweifel darüber besteht, daß diese Zulage eine sehr wichtige Angelegenheit für die Beamten ist. Es ist schon früher zum Ausdruck gekommen, und ich kann es nur wiederholen, daß es sich um mehr als 6000 Beamte handelt, denen die Zulage entzogen ist, und die die Zulage wieder erhalten möchten. Wenn schon jede Gehalts⸗ erhöhung wichtig ist für das Personal und besonders für Personal, das sich nicht übermäßig hoher Gehälter erfreut (Sehr richtig! links.), dann wird sie aber noch viel wichtiger, wenn es sich um Beamte handelt, die diese Betrüge jahrelang bezogen haben und denen plötzlich 10 % ihres Gehalts eentzogen wird. Einige von den Herren sind ja⸗ bei früheren Debatten der Meinung gewesen, die Sache hätte jetzt nicht mehr so große Schwierigkeiten, sie wäre für die Beamten nicht mehr so schlimm, weil inzwischen eine Erhöhung der Beamten⸗ Die Tatsache ist ja richtig; für einen Teil der Unterbeamten und der mittleren Beamten, die besonders von der Entziehung der Ostmarkenzulage betroffen werden, ist eine Gehalts⸗ erhöhung eingetreten. Aber diese Gehaltserhöhung steht doch in keinem Verhältnis zu dem, was ihnen durch Wegfall der Ostmarken⸗ zulage entzogen wird. (Sehr richtig! links.) Ich möchte den Herren einige Zahlen geben, die sich darauf beziehen, welche Einbuße an Ge⸗ halt die einzelnen Beamtenklassen erleiden. Die Einbuße beträgt bei der Landbriefträgerklasse bis zu 140 N, bei der Postschaffnerklasse bis zu 70 ℳ, bei den Postschaffnern der Oberpostdirektion auch bis zu 70 ℳ, bei den gehobenen Unterbeamten bis zu 210 (Hört, hört! rechts.), bei der Assistentenklasse bis zu 180 ℳ, bei der Sekretärklasse bis zu 420 und bei der Obersekretärklasse bis zu 450 ℳ. Meine Herren, diese Zahlen sprechen doch sehr deutlich und zeigen, welch schwerer Eingriff in die Verhältnisse der Beamten durch die Streichung der Zulagen vorgenommen worden ist.

Nun ist ja vielfach ausgeführt worden, daß diese Zulagen kor⸗ rumpierend wirken. Ja, meine Herren, wenn es sich darum handelte, so etwas einzuführen, könnte man es ja verstehen, daß Mißtrauische etwas zweifelhaft sein könnten. Hier handelt es sich aber doch darum, daß die Beamten, für die wir hier sprechen, diese Zulage jahrelang bezogen haben, und wir haben auch von den Herren Vertretern der polnischen Fraktion bisher nicht ein Wort darüber gehört, daß die Beamten, die in ihren Distrikten tätig sind, nun korrumpiert seien, oder daß sie irgend einen Anlaß hätten, über die Beamten zu klagen. (Zuruf von den Polen: Na, nah

Der Redner der polnischen Fraktion, der Herr Abgeordnete Brandys, hat vor einigen Tagen ausgeführt, daß auch seitens dieser Herren dort noch Wünsche vorhanden sind. Aber davon, daß Klagen 8 die Beamten darüber laut geworden sind, daß diese Zulagen 11“ auf sie gewirkt haben, habe ich kein Wort gehört, ich

auch keir Ich glaube nicht, daß dieser

ner der anderen Herren.

aber erst Bfeweäsag.

Vorwurf nach den Wahrnehmungen, sie Herren an Ort und Stelle gemacht haben, aufrecht erhalten werden kann. .

Versetzen Sie sich doch einmal in die Lage der Beamten, die vier Jahre lang diese Zulage bezogen haben. Jeder verständige Mensch macht sich doch einen Plan für seine Lebensweise, für die Versorgung seiner Kinder, für alle sonstigen Ausgaben, die er hat. Die Beamten haben mit dieser Zulage gerechnet, sowohl, was ihre Wohnung, als auch, was die Zukunft ihrer Kinder usw. anlangt, und sich gesagt, bis dahin können wir mit unseren Ausgaben gehen. Und nun wollen Sie auf einmal eingreifen und sagen: jetzt hört die Sache auf, du mußt dir eine billigere Wohnung mieten, mußt dir die Gestaltung der Zukunft deiner Kinder anders denken, und was dergleichen mehr ist. Die Zulage ist doch nur gegeben worden, um die Postbeamten mit den preußischen Beamten gleich zu stellen.

Ein Beispiel, meine Herren! In einen kleineren Ort kommt ein Eisenbahnassistent und mietet eine Wohnung von 3 Zimmern für 320 oder 350 ℳ. Jetzt kommt ein Postassistent und will sich eine Wohnung in demselben Hause mieten. Glauben Sie etwa, der Wirt wird ihm diese Wohnung billiger geben? Wir haben uns hier doch öfters darüber unterhalten, daß jedesmal, wenn eine Zulage ge⸗ geben wird, der Hauswirt bestrebt ist, die Mieten für die Beamten zu erhöhen. In einer Großstadt läßt sich die Sache ja vermeiden. Da sagt der Beamte: ich ziehe nach einer anderen Gegend. In den kleinen Orten ist das aber ausgeschlossen. Es handelt sich doch hier um keine politische Zulage, sondern nur um eine Gleich⸗ stellung der Postbeamten mit den preußischen Beamten. Ich bitte Sie daher, meine Herren, dringend, nicht auf dem abweichenden Standpunkte, den Sie bisher eingenommen haben, zu beharren; denn das wäre eine Unbilligkeit. (Sehr richtig! rechts.) Also ich halte es nicht für gerechtfertigt, den Beamten, die jahrelang diese Ver⸗ gütung bezogen haben, sie nun zu entziehen, und empfehle Ihnen noch einmal, von der Streichung dieser Forderung abzusehen. (Lebhaftes Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Abg. Schlee (nl.): Es wird immer behauptet, daß es sich hier um eine politische Frage handelt, der Beweis dafür wird aber nicht angetreten. Man versteigt sich sogar zu der Behauptung, die Zu⸗ lage verfolge eine antipolnische und Freetsrähsis he de 0 Davon kann gar keine Rede sein. Da müßten wir ja in den Ostmarken im Zustande des Kulturkampfes stehen. Wir sind aber so kultur⸗ kampfunlustig wie möglich. (Lachen im Zentr. und bei den Polen.) Ihr Lachen ist keine Widerlegung. Wir Deutsche im Osten sehen ein, daß wir nur durch einen Füsanrnrenschass aller Stände ohne Rücksicht auf Religion und Konfession dem Ansturm der Polen be⸗ gegnen können. Daß Nationalliberale und Freikonservative für die Ostmarkenzulage eintreten, ist doch noch kein Beweis, daß die Zu⸗ lage korrumpierend wirkt. An sich ist die Zulage etwas Unver⸗ fängliches. Sie will die Gehälter der Empfänger auf die Höhe bringen, die andere Beamte, die die Ostmarkenzulage beziehen, er⸗ reicht haben. Das kann man doch unmöglich korrumpierend nennen. Nun könnte allerdings in dem Zweck, der mit der Zulage verbunden ist, etwas Korrumpierendes liegen. Einen solchen Zweck müßten Sie Sie behaupten, der Staat Preußen gebe seinen Beamten eine eehaltszulage von 10 %, diese Zulage korrumpiere sone Beamten politisch, das Deutsche Reich wolle gleiche Zulagen, folg⸗ lich sei auch dieser Zweck ein politischer und wirke auch diese Zu⸗ lage korrumpierend. Diese Behauptung ist jedoch nicht richtig. Der preußische Staat ist nach meiner Meinung so fest Pee wie aum ein anderer Staat, und seine Beamten haben durchweg ein so hohes Pflichtgefühl, daß sie ihre Pflicht ohne Rücksicht auf ihr Gehalt ausüben. serade im Kampf gegen vermeintliche staats⸗ feindliche Bestrebungen hat der preußische Staat seine Beamten so fest in der Hand, daß es dieser Zulage zu diesem Zwecke gar nicht bedarf. Diejenigen Beamten, die ihre Pflicht nicht tun, würden sehr bald entfernt werden, daß als der Staat Preußen die Zu⸗ fage aus politischen Gründen gibt, kann ich nicht anerkennen. Aber selbst wenn man jene Behauptung als dce unterstellte, folgt daraus schon, daß auch die Ostmarkenzulage im eich eine politische ist? Der Staat reußen gibt nicht jedem Beamten eine O. tmarken⸗ zulage und siht sie widerruflich; wir wollen sie jedem Beamten in den Ostmarken geben und ürwihefuffich Dadurch 8 jede Will⸗ kür in der Verteilung ausgeschlossen. Es wird ein Ausgleich mit den anderen Beamten erstrebt, die die Fulage haben. Es erfordert die ausgleichende Gerechtigkeit, daß die Beamten so gestellt werden, wie sie früher standen. Stehen denn etwa zunsere Beamten in einem schweren Kampfe mit den TI Volksteilen? Wäre es so, würden wir uns vor Beschwerden aus den Ostmarken nicht retten können. Alle Beschwerden aber, die hier gegen die Beamten vor⸗ gebracht werden, richten sich gegen Verfehlungen, die auch vor der Be⸗ willigung der Ostmarkenzulage gerügt worden 1 Unsere Beamten erfüllen ihre Pflicht doch mit einer vorbildlichen Treue und Ge⸗ wissenhaftigkeit, sie sind frei von jeder Voreingenommenheit gegen die polnischen Staatsbürger, so daß vielfach die Meinung entstehen konnte, gerade die Polen müßten ihnen diese Zulage gewähren. Ich lasse das dahingeste lt. Jedenfalls handelt es sich hier um eine wirt⸗ schaftliche Notwendigkeit. Es bleibt doch Tatsache, daß eine all⸗ gemeine Gehaltserhöhung für die Beamten in öhe von 10 des Gehalts erfolgt ist; die Provinzial⸗, Kreis⸗ und Schulverbände, die Stadt⸗ und Landgemeinden haben sich diesem Vorgange angeschlossen. Da darf das Reich doch nicht zurückbleiben, es darf seine Beamten nicht schlechter stellen, als die Staats⸗ und Gemeindebeamten stehen. Es handelt sich hier durchweg um kleinere und Fle ne Beamten, um kleine Existenzen; da müßten doch au gerade die Sozialden 8 kraten für diese Zulage eintreten. Selb tverständlich werden wi auch für den weitergehenden Antrag der Rechten stimmen

Abg. Noske (Soz.): Cs erübrigt sich, in diesem Reichstage über die Ostmarkenzulage lange Reden zu halten. Die Versicherung, daß es sich um eine wirtschaftliche Maßnahme handele, ist bsolut unrichtig; es handelt sich um eine rein politische Maßregel be suimmt zur Nieder⸗ haltung des polnischen Elements in den polnisch ün idesteilen. Der Appell an die Sozialdemokraten, den der V b er soeben hat er⸗ schallen lassen, ist durchaus nicht am Platze var e 11 reichen Anträge zum Zweck der Besser 1“

9 träge, die gerade bei der Vernaltunss lellung der Unterheamten An

tets auf den energischsten Wider stand gestoßen sind. 1 11““ der letzte Tage sind wir ganz und gar nicht in der Lage, zu glauben, daß de EEE eue Feiner Fürsorglichkeit für seine Unterbeamten sich Cplest; er zat es ruhig geschehen lassen, daß die Unterbeamten in ihr Fir. 1 swer gekränkt werden durften und hat kein Wort der Miße⸗ 8 1gnng. dafür gehabt. In den nächsten Tagen haben wir ja reichlich Ge Wö“ bei der Nobelle zur Besoldungsordnung uns anzustrengen, überall wirklicher Notlage der Beamten abzuhelfen; es kann ja die

Postverwaltung diese ungenüg 55 durch ei bessere ersetzen. Die Iigenügende Rovelle zurückztehen und durch eine

ge stmarkenzulage i ts als eine der verwe

lichsten politischen Kampfma Facchle der Polen. Aus ten gbiichen Erwägungen lehnen wir auch den weitergehenden Antrag 1 Rechten ab. Na den Erfahrungen, die wir an der Nordwest⸗ und ich gpa Deutschlands haben machen müssen ist zu befürchten, hdaß sich in diesen Distrikten bei der Annahme jenes Antrages desselben unhaltbaren Mißstände stellen würden.

Abg. Graf We tarp (dkons.): Wir bitten dringend, daß das hohe Haus die s eg Sehasgron,ha8 die große Unbilligkeit wieder aufhebt, die den Postbeamten in diesen Landesteilen angetan worden ist. Am 29. März 1912 wurde hier binnen 2 Tagen beschlossen, den Postbeamten 10 ihres Einkommens zu Eicsiehen⸗ Sie können sich die dadurch in diesen Kreisen hervorgerufene Aufregung und schwere Be⸗ drängnis denken. Man hat dann den Beamten die Zulage bis zum

wie in den polnischen Landesteilen heraus⸗