1914 / 59 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 10 Mar 1914 18:00:01 GMT) scan diff

„Dresden“ und die Schlachtschiffe der Vereinigten Staaten „Connecticut“ und „Minnesota“ sowie das amerikanische Lazarettschiff „Solace“ sind nach Tampico abgegangen.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Rio de Janeiro hat der Oberst Setembrino, Befehlshaber der Bundes⸗ truppen in Fortaleca, der Hauptstadt des Staates Cearaà, dem Kriegsminister mitgeteilt, daß der Generalstreik aus⸗ gebrochen sei. Der Handel sei gelähmt. Der Hafen⸗ und Straßen⸗ bahnbetrieb stocke, die Gasanstalten seien in Gefahr. Bewaffnete durchzögen die Stadt, bedrohten die Püssanten und drängen in Privatwohnungen unter dem Vorwand, eine Haussuchung vor⸗ nehmen zu wollen, ein. Die Regierung sei außerstande, die Ordnung zu sichern. Die Aufständischen lagerten in einer Ent⸗ fernung von 25 km vor der Hauptstadt. Abteilungen der Bundestruppen bewachten gegenwärtig die Geschäfts⸗ und Privat⸗ häuser. uf Grund dieser Depesche wurde der Belagerungs⸗ zustand über Cearaà verhängt.

Asien.

Die Budgetkommission des hauses hat einer Meldung des „W. mit 48 gegen 7 Stimmen beschlossen, beim Marineetat außer eer vom Abgeordnetenhause bereits vorgenommenen Herab⸗ setzung um dreißig Millionen dem Oberhause eine weitere Herabsetzung um vierzig Millionen Den zu empfehlen. Der Premierminister Namamoto wandte sich gegen die Maßnahme und erklärte, die Herabsetzung würde die nationale Verteidigung

nstlich behindern.

japanischen Ober⸗ T. B.“ zufolge gestern

Afrika. die „Agenzia Stefani“ erfährt, sind die alten Fehden Tel. Ni g Tigre in Abessinien aus Eifersucht um die

in der Provinz Vorh wischen den Häuptern der Provinz erneut aus⸗ rherrschaft zwisch nach Addis Abeba be⸗

gebrochen. Die Fürsten waren b hae ha um der Krönung Lidsch Jeassus bei⸗ zuwohnen und sich wegen der schweren Anschuldigungen

zu verantworten, die die einen gegen die anderen gerichtet hatten. Da aber jedes Stammesoberhaupt sich fürchtete, sein Land auf nade und Ungnade einem

an überlassen, so brach die Fehde aus. In einem ersten Fahepfe Fahn 11 Dlbschash Gabre Selassie von Adua den Ras Sebat von Adigrat, der in der Schlacht ums Leben kam. Aber in einem zweiten Kampfe wurde der Dedschas Gabre Selassie von dem Dedschas Sium von Makalle geschlagen. Die Regierung von Addis Abeba hat den Ras Wolde Georgis von Amara beauftragt, sich nach Tigre zu begeben, über das er die Oberhoheit ausübt, um dort die Ordnung wiederher⸗ zustellen. I ““ üdafrikanischen Abgeordnetenhause be⸗ antragte Im scfe Smuts gestern die dritte Lesung der Indemnitätsbill und betonte dabei, wie „W. T. B.“ meldet, daß die Verbannung der deportierten Arbeiterführer nicht not⸗ wendigerweise eine dauernde sei, da das Einwanderungsgesetz es ermögliche, Deportierten eine zeitlich beschränkte Erlaubnis zur Rückkehr zu geben, falls guter Grund dazu vorhanden sei. Die deportierten Arbeiterführer könnten wegen keines Verbrechens verfolgt werden; sie seien aber Leute, die eine soziale Revolution herbeiführen könnten. Nach kurzer Debatte wurde die In⸗ demnitätsbill mit 70 gegen 12 Stimmen angenommen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstags und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten

Beilage.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (46.) welcher der Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow beiwohnte, die zweite Beratung des Etats der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung bei dem Fonds von 110 000 zur Förderung der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung und Rechtsberatung für die minder⸗ bemittelten Bevölkerungskreise fort. Hierzu liegt eine Denk⸗ scchrift über die Verhältnisse und die Tätigkeit der preußischen Arbeitsnachweisverbände vor. b

Berichterstatter Abg. Oe ortschr. Volksp.) berichtet, daß die Kommission eine 1nga” Elbanlense Fonds im nächsten Etat befürwortet habe und die Hoffnung hege, daß auch der Finanzminister zustimmen werde. Die Denkschrift beantragt er namens der Kom⸗ mission nach Kenntnisnahme für erledigt zu erklären. .

Abg. Dr. Liepmann⸗Leltow (nl.): Es ist ja erfreulich, daß der Titel von 90 000 auf 110 000 erhöht worden ist. Aber

ine Freunde i es für notwendig, daß die trebungen Eehe der nichigewergfürshfün Arbeitsvermittlung und Rechts⸗

Förderung . noch mehr unterstützt werden. Aus der Denkschrift k wir, daß der Bezirk der Arbeitsnachweisverbände im allgemeinen die Provinz umfaßt. Die von den 1 mitgeteilten Ergebnisse der Vermittlungstätigkeit lassen ein entehliches Anwachsen der Vermittlungszahlen erkennen.

Fs p⸗ telten die öffentlichen Arbeitsnachweisstellen des Verbandes 8 E im Jahre 1912/13 .“ Arbeiter, die des Ver⸗ bandes der Provinz Westfalen im Jahre 1911 etwa 10 000 Personen, im Jahre 1912 sogar 13 000 Personen. Der mitteldeutsche Arbeitsnach⸗ weisverhand vermittelte im Jahre 1912/13 insgesamt 11 830 Personen in der Landwirtschaft. Ein Teil der Arbeitsnachweisverbände widmet im Zu⸗ sammenwirken mit den Handwerkskammern dem Ausbau der Lehrstellen⸗ vermittlung zugunsten des Handwerks seine besondere Aufmerksamkeit. Der märkische Arbeitsnachweisverband hat zu diesem Zweck eine Zentral⸗ stelle für Lehrstellenvermittlung in Groß Berlin errichtet. Die bisher für diese Tätigkeit aufgewendeten staatlichen Mittel sind sehr gering, und wir müssen auch hier wünschen, daß sie wesentlich erhöht werden. Die Vermittlung muß für alle Branchen, für alle Bevölkerungskreise erfolgen. Wie notwendig die Rechts⸗ beratungsstellen sind, zeigt u. a. der Umstand, daß unter dem Deckmantel der Religion, besonders in den katholischen Landesteilen, unlautere Elemente das Publikum zu schröpfen. Diese Leute wollen nur ihre Provisionen haben, alles andere ist ihnen leichgültig. Erfüllungsort ist gewöhnlich ein von dem Orte des Köufers entfernt liegendes Amtsgericht. Dort sind dann bei der Klage die Leute gewöhnlich nicht vertreten und sind

immer die Leidtragenden. Der Richter kann den Schwindel 1 eine Worte entsprechend nicht immer erkennen, weil der Kläger Puelitum durch Rrüetbe

zu drehen weiß. Deshalb muß das 1

de i die bh en Warnungen und T“ Meine dringende Bitie an den Minister geht dahln, 84 1a solchen Posten für diese Zwecke in den Ctat einzustellen, daß der von wir gewünschte Zweck, die Bekämpfung des Schwindeltums, auch wirklich erreicht wird. Hier ist nicht mit kleinen Mitteln zu helfen,

wenn wir die Rechtsauskunftsstellen weiterhin einrichten und ent⸗ sprechend ausbauen wollen. Abg. Dr. Flesch (fortschr. Volksp.): Es handelt sich bei der Arbeitsvermittlung nicht um eine Sache der Partei, sondern um eine Angelegenheit, die die Allgemeinheit betrifft. Ich halte es für wichtig, die Organisation der Arbeitsnachweise richtig aufzubauen, nämlich unter Wahrung vollständiger Parität. Die Arbeitsnachweise müssen mehr als bisher auf das platte Land ausgedehnt werden. Gerade in Preußen haben wir auf dem Gebiete des Arbeitsnachweises besondere Aufgaben zu erfüllen. Diese Frage greift in die verschiedenen Ressorts hinein, wir haben darüber schon beim Landwirtschaftsetat und beim Etat des Ministeriums des Innern eine Debatte gehabt und werden sie wieder beim Kultusetat und vielleicht auch beim Eisenbahnetat, bei dem die Tariffragen zu besprechen sind, haben. In den religiösen Dingen üben wir Parität, aber bei dem Arbeits⸗ nachweis haben wir leider noch keine Parität. Wer den Arbeits⸗ nachweis in der Hand hält, hat die Herrschaft über den ganzen Staat und über die ganze Volkswirtschaft. Bei den Arbeitern schien es eine Zeitlang, als ob sie sich auf den Standpunkt der öffentlichen gemeinnützigen Arbeitsnachweise stellen wollten; leider ist diese Erkenntnis nicht lange bestehen geblieben. Die Arbeiter meinten, der öffentliche Arbeitsnachweis sei zwar ganz schön, aber sie wollten doch schließlich den Arbeitsnachweis als Macht⸗

mittel selbst in der Hand haben. Auch bei den Innungen wollen die Innungsmeister den Arbeitsnachweis in der Hand behalten, und die

Bäckerinnungen haben sogar das Vorrecht erhalten, bei der Einszellung von Gesellen ausschließlich den Innungsnachweis benutzen zu dürfen, was mit der Gewerbeordnung im Widerspruch steht. Es widerspricht auch direkt der einheitlichen Organisation des Arbeitsnachweises. Bei der Großindustrie liegt es ebenso; die Hirsch⸗Dunckerschen Gewerk⸗ vereine haben sich erst kürzlich für die gesetzliche Regelung des Ar⸗ beitsnachweises ausgesprochen, um dem Zwangsarbeitsnachweis des Zechenverbandes zu entgehen. Wir haben die große Aufgabe, nicht nur für den natürlichen Zuwachs an Arbeitern zu sorgen, sondern auch für den künstlichen Andrang von Arbeitskräften. Im letzten Jahre sind über 700 000 Arbeiter aus dem Auslande zu uns ene Die ausländischen Saisonarbeiter werden bei uns in so großer Zahl beschäftigt, während im Inlande selbst Arbeitsnot herrscht. Die Ar⸗ beitsnachweise sollten einmal die Frage genau untersuchen, woher das kommt. Es wird einfach gesagt, daß die inländischen Arbeiter die Arbeiten nicht machen wollen, zu denen die ausländischen Arbeiter sich hergeben; deshalb muß eben untersucht werden, warum unsere inländischen Acbeiter diese Arbeiten nicht übernehmen wollen. Schon vor fünf Jahren haben wir beantragt, eine Denkschrift über diese Fragen herauszugeben; jetzt liegt sie endlich vor, und in weiteren fünf Jahren wird vielleicht allggemein die Notwendigkeit anerkannt werden, diese Frage von Grund aus zu regeln.

Kommissar, Geheimer Oberregierungsrat Dr. Franke: Was die Regierung bezüglich der Betätigung von Innungen und Innungs⸗

mitgliedern auf dem Gebiete des Arbeitsnachweises gegenüber den Forderungen der Arbeiterorganisationen für zuläaͤssig erachtet hat, steht durchaus in Uebereinstimmung mit Entscheidungen der Gerichte, auch des Reichsgerichts. Nach diesen sind die Innungen befugt, ihren andere Arbeitsnachweise als die der

Mitgliedern zu verbieten, Innungen zu benutzen.

(Schluß des Blattes.)

Kunst und Wissenschaft.

Bis auf die Entdeckungen und Forschungen der jüngsten Zeit galt es für feststehend, daß die religiösen Vorschriften des Jent 8 figürlichen Darstellungen in der islamischen Kunst unmöglich gemacht oder wenigstens stark behindert hätten. Die Auf⸗ deckung von Wandmalereien im Omaijadenschloß Amra (zwischen 710 und 750 n. Chr.) und in der Abbasidenresidenz Samarra (838 883 n. Chr.) und Buchillustrationen aus dem 7. bis 17. Jahr⸗ hundert haben diese Annahme, was malerische Bildwerke anlangt, als irrtümlich erwiesen. Gegen die plastische Wiedergabe des Menschen konnte die islamische Orthodoxie mit größerem Recht unter Berufung auf die Vorschriften des Koran Einspruch erheben, und dennoch konnte auch das in Skulptur ausgeführte Bildnis nicht ganz aus der islamischen Kunst verdrängt werden. Die im Kaiser Friedrich⸗ Museum befindlichen, in Mschatte gefundenen rohen Steinfiguren und die beglaubigte Ueberlieferung, daß in den Tulunidenpalästen in Katro zu Ende des 9. Jahrhunderts geschnitzte und bemalte halblebens⸗ große vorhanden gewesen seiten, liefern hierfür neben Porträtmedaillen den Beweis. Was für Mesopotamien und Syrien galt, hatte noch in höherem Maß für das schittische Persien Gültigkeit, wo die gewaltigen Felsreliefs der Achämeniden und diejenigen aus der sassanidischen Epoche die Nachkommen zu Nachbildungen reizen mußten. Noch im 18. und 19. Jahrhundert haben persische Herrscher sich und ihren Hof in mächtigen Felsreliefs darstellen lassen. Aus der über 1000 Jahre währenden Zwischenzeit waren uns, abgesehen von Stücken der Reliefkeramik, persischse figürliche Reliefs und Freifiguren nicht bekannt, und so beanspruchen denn einige jüngst ausgegrabene Bildwerke besonderes Interesse, die in die islamische Abteilung des Kaiser Friedrich⸗ Museums gelangt sind und die der Professor Dr. F. Sarre im Märzheft der „Amtlichen Berichte aus den Königlichen Kunst⸗ sammlungen“ unter Beigabe von Abbildungen beschreibt. Es handelt sich dabei in erster Linie um eine in der Nähe der Ruine von Raghes gefundene, 62 cm hohe, in drei Teile zerbrochene, sonst aber wenig verletzte Figur aus feinem Stuck, in Hochrelief und teilweise freiplastischer Modellierung. Sie war ursprünglich in kräftigen Farben (blau, rot, gold) bemalt und stellt einen bartlosen Jüngling dar, der einen nicht mehr kenntlichen Gegenstand in der rechten Hand hält. Die Haltung des Körpers lehnt sich an sassanidische Vorbilder an. Wahrscheinlich gehörte die Figur zu einem größeren Reliefwerk, einer

Thronszene. Die erhaltene Figur stellt wohl einen Verwandten oder Bedienten dar, der links von dem thronenden Fürsten stand und ihm einen Gegenstand reichte. Als Entstehungs⸗

zeit läßt sich aus der Gewandung etwa das 11. Jahrhundert an⸗ setzen. Künstlerisch mit dieser Figur verwandt ist ein kleiner Frauenkopf aus grünblau glasierter Fayence, der auch der vormongoli⸗ schen Zeit angehört. Einen ganz anderen, völlig ostastatisch anmutenden Stil zeigen zwei weitere Köpfe, die im vergangenen Jahre bei Raghes aus⸗ gegraben wurden. Sie sind stark beschädigt, weisen nur noch geringe Reste der Bemalung auf und scheinen zu einem stark plastischen Relief zu gehören. Die runden Köpfe, hochgewölbten Brauen, schräggeschlitzten Augen, die ausgeprägten Nüstern und der winzige Mund zeigen dasselbe Kunstempfinden, das die Malerei der persischen Mongolenzeit aus⸗ zeichnet, die uns in Buchillustrationen und in ä Keramik aus dem 13.—14. Jahrhundert erhalten ist. Derselben Zeit dürften auch die beiden Köpfe angehören. Eine Hofszene mit thronenden Fürsten und Hofstaat stellen zwei runde Stuckreliefs dar. Eine Figur auf einem dieser Reliefs entspricht durchaus jenem oben erwähnten Jünglings⸗ bilde. Beide Reliefs dürften als Schmuck eines Bauwerks gedient haben. Endlich verdient noch ein Stuckfries Erwähnung, der in starkem Relief eine Löwenfigur zwischen Blattranken zeigt und an die Stuckdekorationen erinnert, die in Konta und Diarbekir zum Vorschein gekommen sind, nur daß auf unserem Relief der Tierkörper lebendiger und naturalistischer wiedergegeben ist.

f rache ohne Kehlkopf. Noch vor kurzer Zeit hätte es lch Fsolen einem Menschen, der wegen einer Krank⸗ heit des Kebhkopfs beraubt werden mußte, eine verständliche Sprache wiederzugeben. Die Untersuchungen über die Sprache ohne Kehlkopf

ehen freilich in eine verhältnismäßig frühe Zeit zurück. Der böhmische Arzt Czermak, der dem Kehlkopfspiegel zur allgemeinen Einführung verhalf, hat zuerst schon 1858 eine Beobachtung über das Sprechvermögen ohne Keblkopf veröffentlicht. Erst seit der Einführung der die völlige Heraus⸗ nahme dieses Organs sich die Er⸗

eine

Operation, 2 haben

bedingt,

fahrungen darüber vermehren können. Sie lehren ohne Aus⸗ nahme, daß die Sprache ohne Kehlkopf zwar nicht ganz unterbunden, aber nur auf sehr geringe Entfernungen hörbar und auch nur bei großer Aufmerksamkeit verständlich ist. Das begreift sich aus der Entstehung der Sprache. Die aus den Lungen heraufgeholte Luft reibt sich an den Stimmbändern und dadurch kommt ein Geräusch zustande, das dem eines Hauchs oder allenfalls eines Flüsterns gleicht oder aber bei anderer Stellung der Stimmbänder einen eigentlichen Ton oder das erzeugt, was man als Stimme bezeichnet. Die Unter⸗ scheidung der Vokale, in denen die Stimme hauptsächlich zum Ausdruck kommt, beruht auf den verschiedenen Stellungen, die den einzelnen Teilen des Mnndes gegeben werden. Es ist die Aufgabe der Lippen, der Zunge und des Gaumensegels, der ausströmenden Luft verschiedenartige Hindernisse in den Weg zu stellen und dadurch eine mannigfaltige Abänderung der Geräusche herbeizuführen, auf die die Bildung der Konsonanten begründet ist. Bei manchen Kon⸗ sonanten sind aber auch die Stimmbänder beteiligt. Ein Mensch ohne Keblkopf ist ausschließlich auf die Mundbewegungen angewiesen, da die Stimmbänder nicht mehr mitwirken. Wie die Sprache unter dieser Beeinträchtigung überhaupt zustande kommt, hat schon Czermak eingehend studiert und damtt auch den Weg zu der neuerdings er⸗ worbenen Errungenschaft geebnet, einem kehltopflosen Menschen ähn⸗ lich wie einem Taubstummen den Gewinn einer verständlichen Sprache zu lehren. Es handelt sich dabei um die Fähigkeit, die Luft im Rachenraum anzusammeln und beim Ausstoßen mög⸗ lichst gut zu verwerten. Dr. Fröschels hat jetzt in der Wiener Gesellschaft der Aerzte eine Frau vorgestellt, die im Verlauf von zwei Monaten, nachdem ihr der Kehlkopf wegen einer bösartigen Geschwulst hatte herausgenommen werden müssen, eine zwar nicht angenehme, aber doch verständliche Sprache erlernt hat. Eine ganze Reihe von Aerzten hat sich darum bemüht, einen solchen Erfolg zu erzielen. Es gelingt, der Sprache wieder eine genügende Stärke und auch einen stimmlichen Charakter zu verleihen, nur bleibt sie rauh und entbehrt der Modulation. Im Gegensatz zur Kehlkopfstimme wird sie als Schlundstimme bezeichnet. Ihr Ursprung liegt gewissermaßen in einem Ersatz der Stimmbänder durch eine enge Spalte am oberen Ende der Ersa vcsr oder im Schlund. Den Anteil der Speiseröhre hat Fränkel zuerst festgestellt. Er ist aber nicht immer vorhanden, denn Fröschels hat insbesondere mit Hilfe der Röntgenuntersuchung bei seiner Patientin nachgewiesen, daß ihre Sprache ohne Mitwirkung der Speiseröhre gebildet wird. Die Schwierigkeit des Erlernens beruht hauptsächlich darauf, daß die Atmung während des Sprechens möglichst herabgesetzt wird. Da es vorzugsweise darauf ankommt, die bei der gewöhnlichen Sprache durch die Stimmbänder geschaffene Stimmritze künstlich zu ersetzen, so wird zu diesem Zweck die Zunge nach hinten gelegt. Der Unterricht ver⸗ langt von seiten des Lehrers wie des Schülers große Geduld, aber es muß als ein Segen bezeichnet werden, daß sie in allen Fällen von Erfolg gekrönt sein kann. Früher hat man versucht, die Sprache durch einen künstlichen Kehlkopf wieder herzustellen, der aber nicht nur unästhetisch wirkt, sondern auch große Unbequemlichkeiten verursacht und von manchen Leuten überhaupt nicht vertragen wird.

In der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunst⸗ gewerbemuseums, Piinz Albrechtstr. 8, beginnt der Sommer⸗ unterricht am 16. April. Die Anmeldungen haben daselbst Zimmer 55 in der Zeit vom 23. bis 28. März von 9 bis 2 Uhr zu erfolaen. Hierbei sind von den Bewerbern Arbeiten vorzulegen, die ein Urteil über ihre Befähigung und über Art und Umfang der bisher genossenen Vorbildung gestatten. Die Aufnahmeprüfungen, von deren Ergebnis die zunächst probeweise Aufnahme abhängt, findet vom 2. bis 8. April statt.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Mittwoch, „Lohengrin“, mit Herrn Kirchboff in der Titelrolle, aufgeführt. Die Elsa singt Frau Denera, die Ortrud: Frau Plaichinger, den Telra⸗ mund: Herr Hoffmann, den König: Herr van de Sande, den Heer⸗ rufer: Herr Habich. Dirigent ist der Kapellmeister Laugs. Nachdem im Januarzyklus des „Parsifal“ bereits Vorstellungen im Dauerbezuge stattgefunden haben, können in der jetzt bevorstehenden Aufführungsreihe mit Rücksicht auf den nicht entfernt zu bewältigenden Andrang Dauerbezugs⸗ vorstellungen nicht stattfinden. Um jedoch den vielen von Dauer⸗ beziehern geäußerten Wünschen nach Möglichkeit entgegen zu kommen, werden für die Vorstellungen am 3., 6., 8., 11. und 14. April die Dauerbezugskarten den Inhabern vorbehalten bleiben und können am Freitag, den 13. März von 9—1 Uhr, gegen Vorzeigung des Dauer⸗ bezugsvertrags an der Fns III des Königlichen Opernhauses abge⸗ hoben werden; eine Vorbestellungsgebühr wird nicht erhoben.

Im Königlichen Schauspielhanse geht morgen Richard Strauß „Ariadne auf Naxos“ unter der Leitung des omponisten, mit Hermine Bosetti als Zerbinetta, Herrn Jadlowker als Bacchus und Frau Dur als Ariadne, in Szene. In den übrigen Hauptrollen sind die Damen Andrejewa⸗Skilondz, Engell, Schloßhauer⸗Reynolds Bl⸗ Ghast mit 89 Heee cse. W und Wiedemann

igt; im vorausgehenden „Bürger als Edelmann“ Vallentin die Rolle des Jourdain. 6 sie

sechs

(Der Konzertbericht befindet sich in der Dritten Beilage.)

Mannigfaltiges. Berlin, 10. März 1914. 1

Der vor wenigen Tagen zum ersten Male im wissenschaftlichen Theater der „Urania“ veranstaltete, von Direktor Artur 2” elschestühe Fnerhe Hochspannung“ war nicht nur in seinen klaren Darlegungen ein in Wahrheit „hochspannender⸗ und fesselnder, sondern auch in der über⸗ wältigenden Fülle von Bildern und Experimenten, die er brachte, und dürfte seine Anziehungskraft in diesem Sinne auch bei den mehrfach 1n s aüe Wiederholungen bewähren. In zwei Teile gegliedert, behandelte der Vortrag zunächst die Stromversorgung von Berlin und berührte damit eine Fräͤge von hohem Gegenwartsinteresse angesichts der gerade jetzt viel erwogenen und besprochenen Entscheldung, ob die Stadt Berlin am 1. Oktober 1915, wozu sie be⸗ rechtigt ist, die Berliner Elektrizitätswerke übernehmen wird oder nicht. Tritt der letztere Fall ein, so erwägen die Werke die Errich⸗ tung einer riesigen Ueberlandzentrale in Bltterfeld, die fortan Berlin mit elektrischem Strom versehen würde. Berechnungen haben ergeben, daß der Transport der elektrischen Energie sich nur halb so teuer stellt wie der der Kohle nach Berlin und ihre Verwendung zum Be⸗ trieb eines entsprechenden Werkes in Berlin zur Erzeugung des gleichen Stroms; die Kohle wird in Bitterfeld an Ort und Stelle in Form von Braunkohle in großen Mengen gewonnen. Diese Billigkeit ist jedoch an die Voraussetzung geknüpft, daß der Strom in einer Span⸗ nung von 100 000 Volt von Bitterfeld nach Berlin 100 km weit geschickt wird. In diesem Falle brauchen die erforderlichen Dräht nur 1,5 cm stark zu sein, während um die gleiche Energie i 828 Spannung von 220 Volt, auf welche der hochgespan me in der seine ö“ zu industriellen Zwecken zuri muß, von Bitterfeld nach Berlin gesandt, 18 Drã Dicke erfordern würde. Es liegt auf der Hand daß gewählt werden kann. Er bedingt somit die Aulags eieg eraenlrere⸗ Weg Bitterfeld. Aehnliche Anlagen, die bish bge eines Kraftwerkes in deutende zu entsenden hatten vefi 28 zentralen, doch entsenden sie ihre Starkst dungestelle auf erheblich niedrigene Starlströme in der Stärke von etwa 15 000 Vol Spannung, die vom Bitterfelder K. olt. ie sovie e Maßnahmen Föstmerh n vihen äuterte der Redner ei 8 eesse bestehen müssen, er

er eingehend. Ihm stand ein Strem von 150 000