1914 / 59 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 10 Mar 1914 18:00:01 GMT) scan diff

mechanik sich verträgt mit der, ich will es nennen: RSebensauffassung

zwar diesmal aus dem „Vorwärts“, nicht aus den „Sozialistischen Monatsheften“, denn das erregt immer den Unwillen der sozialdemo⸗ kratischen Partei. (Unruhe und Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ich zitiere aus dem unangefochtenen „Vorwärts“. Da steht über die Arbeiterverhältnisse in Deutsch Ostafrika:

„Die in der ostafrikanischen Kolonie geltenden Bestimmungen über die Anwerbung und Behandlung der einheimischen Arbeiter, die im wesentlichen auf der Anwerbeverordnung vom .. . beruhen, sind, wenn man sie mit gleichartigen Bestimmungen anderer Kolo⸗ nien vergleicht, keineswegs inhuman.“

(Hört, hört!) An anderer Stelle steht, daß die Arbeiterverordnung sormell eine gute Verordnung ist. (Sehr richtig! und Zurufe bei den Sozialdemokraten: Formell!) Ja, meine Herren, die Regie⸗ rung kann nicht hinter jedem Paragraphen des Gesetzes stehen. Cachen bei den Sozialdemokraten.)

Die Regierung ist bemüht, die Gesetze durch ihre Exekutive durchzuführen; daß in einem Lande, das zweimal so groß ist wie Deutschland, es mit der Exekutive gelegentlich hapert, weil nicht genug Beamte da sind, das werden Sie verstehen. Es wird ebensowenig wie von Ihnen von der Regierung gewünscht, sondern im

Gegenteil bedauert, wenn die Bestimmungen nicht so durchgeführt werden können, wie wir es möchten, und wie es notwendig ist. Aber, meine Herren, Sie sehen doch aus den Bestimmungen, welchen Weg die Regierung in Berlin geht, und wie diesem Wege das Gouverne⸗ ment folgt. Ich möchte Ihnen nur durch die Anführung einzelner dieser Bestimmungen beweisen, daß die deutsche Regierung ihren Stolz darin sucht, auch den wirtschaftlich Schwachen in unseren Kolonien zu helfen und ihre Lebensbedingungen zu fördern. (Bravo!) Wir haben z. B. eine tägliche Arbeitszeit von nur 10stündiger

Dauer; die angeworbenen auswärtigen Arbeiter haben Anspruch auf

freie Rückbeförderung; eingehende Vorschriften sind über die Schaffung guter Unterkunft, von Kochstellen gegeben; eine Verpflichtung ist da für Krankenfürsorge; Aborte müssen angelegt werden; die größeren Pflanzungen müssen ein Hospital haben, es müssen Heilgehilfen angestellt werden. Meine Herren, aus alledem erseben Sie doch, daß die Regierung bemüht ist, für das Wohl der Eingeborenen und für das Wohl der eingeborenen Arbelter zu sorgen. Die von mir vorher angeführte Ziffer von 26 Millionen in 6 Jahren für sanitäre Zwecke sind doch schließlich auch nicht ein Nichts! (Zurufe von den

Sozialdemokraten.) un ist von zweien der Herren Vorredner, dem Herrn Abg. Erz⸗

berger und dem Herrn Abg. Dittmann, unabhängig voneinander aus der Denkschrift über die Schutzgebiete diejenige Stelle hier im Hause vorgetragen worden, an der die Regierung unumwunden zu⸗ gibt, daß auf den ostafrikanischen Pflanzungen bei der Lohnbehandlung der Eingeborenen allerlei Anstände zu finden waren. Daraus ist dann der Schluß gezogen worden, daß die Verhältnisse in den Kolonien allgemein fürchterliche seien. Ja, meine Herren, wenn die beiden Herren Abgeordneten die Zeit gehabt hätten, noch etwas weiter zu lesen oder die Absicht gehabt hätten, weiter vorzulesen (geiterkeit), dann wäre noch der folgende Passus für das hohe Haus sehr interessant gewesen. Es steht nämlich in derselben Denkschrift:

„Die Arbeiterfürsorge hat in denjenigen Bezirken, in denen Distriktskommissare angestellt sind, insbesondere in den Nord⸗ bezirken, eine erhebliche Besserung erfahren. (Sehr richtig! rechts.)

Die umfangreiche Tätigkeit der Arbeiterkommissare erweist sich immer mehr als für beide Teile, Arbeitgeber und Arbeiter, nutz⸗ ngend.“

T noch nicht immer die gute Absicht der Regierung durch⸗ eführt ist, so, meine Herren, glauben Sie mir, liegt das nicht an den vielen kleinlichen Gründen, die hier angeführt worden sind. Ich möchte da den Herrn Abg. Naumann zitieren, der die Debatte in der Budgetkommission durch seine Ausführungen meines Erachtens auf eine höhere Plattform gebracht hat. Der Herr Abgeordnete hat sich nicht an die Symptome gehalten, sondern die Krankheit nach ihrer innersten Natur zu erkennen und zu heilen 98 raj unsere modern 3

ge aufgeworfen, wie denn eigentlich 1“ der Neger! Ich glaube, ich habe 86 Herrn Abgeordneten richtig verstanden, daß er diesen Gegensatz hervorheben wollte. (Zustimmung links.) Ja, meine Herren, das ist des Pudels Kern. Aus dieser Verschiedenheit der Lebensauffassung, aus der Verschiedenheit der Trainierung für die Alrbeit entstehen die vielen Inkongruenzen, die je nach dem

Temperament des weißen Arbeitgebers mehr oder weniger erfreulich aausfallen.

8 Es ist behauptet worden, daß Arbeitszwang herrsche! Ich habe das abgeleugnet, und ich muß das ableugnen, solange ich nicht Beweise dafür erhalte; denn die Verordnungen, die im Schutzgebiet Deutsch Ostafrika betreffs des Verbots des Arbeitszwangs bestehen, sind nach Kenntnis der Zentralbehörde nicht aufgehoben. Ich habe mich im vorigen Jahre auf den Standpunkt der Resolution des hohen Hauses gestellt, wonach die Gouverneure angewiesen werden sollten, in jeder Arbeitsordnung die Bestimmungen, die irgendwie einen Zwang zur Arbelt enthalten, aufzuheben, und ich habe in diesem Sinne an die Gouverneure die entsprechenden Erlasse ergehen lassen. Ich habe das Prinzip dem Reichstag gegenüber, nichts zu vertuschen,

vielleicht in in Ordnung

den Kolonien nicht ganz

a8 nn 1 denn mir kommt es darauf an, daß ich Ihr Ver⸗ trauen habe, und das kann ich nicht durch Vertuschen ge⸗

winnen, sondern nur, wenn ich die ungeschminkte Wahrheit sage.

(Lebhafter Beifall.) Es ist auch mir Wege, sondern dutch

zu Ohren gekommen, nicht auf offiziellem private daß anscheinend 8

in einigen anderen Distrikten Deutsch Ostafrikas so ““ sich eingeschlichen habe. (Abg. Erzberger: Sehr richtig!) Ich bin dabei, die Sache zu untersuchen. Nach den mir vorliegenden Telegrammen kann es sich handeln, daß das Arbeiterkartensystem, das in Wilhe msta Sebeaasc hat, auf die Küstengebiete ausgedehnt worden ist. Ich 8 e 18 er⸗ suchen, meine Herren, ob in dieser Ausdehnung des 8 1b ems etwa ein verschleierter Arbeitszwang liegt. Ist das der Fall, dann wird er abgeschafft werden. (Bravo!)

Das Wort „Zwang“ ist ja so außerordentlich hätte es eben beinahe in einem Sinne angewandt, zunsympathisch ist. Aber, meine Herren, so ganz oh Zwang gennen Sie es moralischen Zwang w.

gefährlich. Ich der Ihnen sehr ne irgendwelchen ird der Neger

kaum arbeiten. (Sehr richtig! rechts.) Wir wollen Mittel und Wege suchen, eine solche Form von Zwang nennen Sie es psychologischen Einfluß oder welche milden Worte Sie wählen wollen zu finden, der einen Anstoß auch bei denjenigen Mitgliedern des hohen Hauses nicht erregt, die vielleicht eine Neigung haben, die humanitären An⸗ chauungen dem Neger gegenüber etwas zu stark zu betonen. Wir haben bei uns schließlich auch Arbeitszwang, und wir haben ja auch zahlreiche Eingriffe des Staats in das per⸗ sönliche Leben der Bürger. Wir haben die Dienstpflicht, die Ver⸗ pflichtung zur Leistung von öffentlichen Arbeiten, die Verpflichtung der Hilfeleistung bei Feuersgefahr, kurz, wir haben zahlreiche Ver⸗ pflichtungen im bürgerlichen Leben, wo kein Mensch Anstoß daran nimmt, wenn die Regierung den einzelnen Bürger aus seiner Privat⸗ tätigkeit herausreißt und ihn zwingt, für die Oeffentlichkeit zu arbeiten. In diesem Sinne werden Sie gewiß auch den Gouverneuren eine ge⸗ wisse Befugnis zur Zwangsanwendung zugestehen.

Auf der anderen Seite aber soll dieser Zwang nicht dahin aus⸗ gedehnt werden, daß die Leute mit amtlicher Befugnis gezwungen werden, an Eisenbahnen zu arbeiten oder in die Plantagen zu gehen. (Zuruf im Zentrum.) Ja, Herr Abg. Erzberger, stellen Sie sich doch, bitte, auf den Standpunkt, daß wir in unseren Kolonien schwierige Probleme zu lösen haben. (Zuruf im Zentrum: Ich bin ganz ein⸗ verstanden!) Nun, dann ist es gut. (Große Heiterkeit.)

Meine Herren, wenn ich nun die Eingeborenenverhältnisse man darf in den Kolonien nie und nirgends verallgemeinern in Osi⸗ afrika und Kamerun mit einander vergleiche, so muß ich sagen, daß im allgemeinen die Eingeborenenverhältnisse in Deutsch Ostafrika günstiger liegen, und daß das Los der Eingeborenen dort besser ist als in Kamerun. (Sehr richtig! rechts.) Die Kameruner Verhältnisse sind teilweise recht traurige, das gebe ich ohne weiteres zu. Aber an der ungünstigen Lage der Verhältnisse der Eingeborenen in Kamerun sind nicht etwa einseitig die Plantagenbesitzer schuld. Das ist nicht der Fall. Das Los der Träger und das Los der Familien der Träger ist sehr viel trauriger als das Los der Plantagenarbeiter. Ich habe die vorgestern so viel geschmähte Plantagengesellschaft Viktoria be⸗ sichtigt. Ich habe mir dort die prachtvollen Kakaobestände, die Ma⸗ schinen⸗ und Fabrikeinrichtungen und die Arbeitereinrichtungen angesehen. Nach dem, was ich dort gesehen habe, kann ich nicht glauben, daß das ganze Unglück in Kamerun von den Plantagengesellschaften herkommt; das ist wirklich übertrieben. Ich möchte hier erinnern an das, was der Herr Abg. Arendt gesagt hat: man muß die Sachverständigkeit der alten Afrikaner nicht all zu hoch einschätzen, und ich muß Sie bitten, die Beschwerden, die aus Afrika kommen und bei 40 Grad Reaumur geschrieben sind (Heiterkeit), nicht all zu schwer zu nehmen, sondern sie ebenso objektiv und ruhig zu prüfen, wie die Vewaltung es tut. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Die Berichte werden auch bei 40 Grad Reaumur geschrieben!) (Heiterkeit.) Nein, nein, für diese wichtigen Sachen suchen wir uns kühle Tage aus. (Heiterkeit.) Meine Herren, ich bitte Sie, abgesehen von den klimatischen Ein⸗ flüssen auf die Beschwerdeführer, Ihr Augenmerk auch darauf zu richten, daß dabei die Interessen der einzelnen Berufskreise mitsprechen. In Kamerun stehen Kaufleute und Pflanzer in ihren Interessen ziemlich scharf gegenüber. Die Pflanzer sind teilweise ungehalten darüber, daß ihnen die Kaufleute tausende und abertausende

von Arbeitskräften von den Pflanzungen durch den Trägerdienst wegnehmen, umgekehrt klagen die Kaufleute aus analogen Gründen über die Pflanzer. Also, wenn Beschwerden gegen Pflanzer kommen dann ist anzunehmen, daß sie von Kaufleuten herrühren, und vice versa. Die Beschwerden müssen genau geprüft und unter die Lupe genommen werden; dann werden die Fälle, die vorgebracht worden sind, an Schärfe verlieren. Besonders erfreut war ich ich darf wohl auch etwas Gutes von den Weißen in den Schutzgebieten sagen über die Tabakpflanzungen in Nordkamerun. Da habe ich Ver⸗ hältnisse gesehen, die mich an das erinnerten, was ich an muster⸗ haften Einrichtungen auf den holländischen Pflanzungen in Sumatra gesehen habe: da war eine Eingeborenenfürsorge und eine Ordnung und Sauberkeit, von der ich wünschte, daß sie überall in den Kolonien nachgeahmt würde.

Ich habe nun während meines Aufenthalts in Kamerun einer gewissen Klasse der Bevölkerung ziemlich unverblümt die Wahrheit gesagt. Das ist in der Presse gerügt worden, und doch paßt das, was ich gesagt habe, genau in den Rahmen unserer Debatte hinein und wird, glaube ich, von allen Mitgliedern des hohen Hauses unterschrieben werden. Ich habe dort, nachdem ich in Jaunde und Ebolowa das Trägerwesen oder Unwesen selbst kennen gelernt habe, den Herren folgendes vorgehalten:

„Es ist ein trauriger Zustand, zu sehen, wie die Dörfer von Männern entvölkert werden, wie auch Weiber und Kinder Lasten tragen, wie das ganze Leben eines Volkes sich auf der Straße ab⸗ spielt! Das, was ich in Jaunde und Ebolowa auf der Landstraße gesehen habe, hat mich auf das tiefste bekümmert. Das Familien⸗ leben geht zugrunde, Eltern, Gatten und Kinder sind getrennt. Es werden keine Kinder mehr geboren, da die Frauen die größte Zeit des Jahres von den Männern getrennt sind.“

Meine Herren, von jemand, der so etwas sagt und schreibt, können Sie doch nicht erwarten, daß er die Warnungen, die an ihn bezüglich der Behandlung der Eingeborenen herantreten, unbeachtet vorüber⸗ gehen läßt. Wir tun alles, was wir tun können. Aber die Verhält⸗ nisse sind außerordentlich schwierig zu reglen. Selbst wenn ich aber zugeben wollte, daß die Mistände nicht so sind, wie ich es glaube, sondern so, wie sie in den schwärzesten Farben ich glaube, die schärfste Tonart hat Herr Dittmann angeschlagen hier geschildert sind, so würde damit immer noch nicht das Entvölkerungsproblem von Afrika als gelöst gelten können. Eine Kausalität zwischen den einzelnen Mißhandlungen und der behaupteten Entvölke⸗ rung von Ostafrika und Kamerun ist damit nicht nach⸗ gewiesen. Die Entvölkerung hat ganz andere Ursachen und muß von ganz anderer Seite aus beobachtet und geprüft werden. Die Fragen der Bevölkerungspolitik namentlich in Deutsch Ostafrika sind sehr schwer in ganz zuverlässiger Weise zu beurteilen, da uns Statistiken fehlen, da keine Standesamtsregister von den Eingeborenen geführt werden, und da außerdem Volkszählungen über das gesamte Schutzgebiet von Deutsch Ostafrika noch nicht vor⸗ genemmen worden sind. Das, was ich von Deutsch Ostafrika sage, kann ich auch auf die Kolonie Kamerun ausdehnen.

Daß aber in Ostafrika in itgendeinem Distrikt eine Bevölkerungs⸗ abnahme nachgewiesen worden ist, das muß ich auch gegenüber den sonst sehr interessanten Ausführungen des Paters van der Burgt

z mächst, bis es erwiesen ist, in Abrede stellen. (Hört, hört! rechts.) S Es können für die geringe Bevölkerung, die der Pater van der Burgt in dem ihm wohlbekannten Bezirk gesehen hat was ich nicht leugnen will eine ganze Reihe von Ursachen maßgebend sein. Diese Ursachen möglichst genau zu ermitteln, wird die Aufgabe des Gouverneurs sein, und ich werde alle Gouverneure anweisen, nach dieser Richtung genaue Untersuchungen vorzunehmen. Ich möchte Ihnen einzelne Tatsachen anführen, die geeignet sind, die Zahlen des Paters van der Burgt doch etwas in Zweifel zu ziehen. Was die Verhältnisse in dem angrenzenden Taborabezirk betrifft, so kann ich beweisen, daß da der Pater etwas zu schwarz gesehen hat. Die Ein⸗ geborenenbevölkerung im Taborabezirk betrug bei der ersten Zählung im Jahre 1912 405 000 und bei der nächsten im Jahre 1913 437 000. Das ist ein Bevölkerungszuwachs! Aehnlich sind in dem benachbarten Bezirk Bukoba die Eingeborenenzahlen von 1910 bis 1913 um 60 000 gestiegen, in Muansa um 45 000. Das ist also auch ein Bevölke⸗ rungszuwachs. Auch in anderen Bezirken, Morogoro, Lindi, Pangani, ist die Eingeborenenzahl innerhalb dreier Jahre um 30 000 bis 40 000 gestiegen.

Trotzdem ist es nicht zu leugnen, daß sich in einzelnen Land⸗ schaften eine Spur von einer Entvölkerung zeigt. Aber wir wollen sine ira et studio vorgehen, wir wollen nicht ohne weiteres die Weißen verantwortlich machen, sondern prüfen, ob die Eingeborenen nicht selbst schuld sind, ob nicht Unsitten und Laster innerhalb der Eingeborenen auch mit in Betracht gezogen werden müssen, wenn wir auf die eigentliche, tiefere Ursache der Sterblichkeit der Eingeborenen kommen. Ich werde die Gouverneure ersuchen, in diesem Punkte das möglichste zu tun, damit wir Klarheit haben.

Nun komme ich zu dem ebenso sehr umstrittenen Thema der Haussklaverei. Als ich die Denkschrift des Gouverneurs Schnee durchgelesen hatte, hatte ich das Gefühl: das ist eine Denkschrift, die die Debatte im nächsten Reichstag eigentlich sehr erleichtern wird; denn an sich steht die Denkschrift durchaus auf dem Standpunkt der Resolution. Der einzige Unterschied zwischen der Auffassung des Gouverneurs und der Resolution ist der, daß das Tempo ein anderes sein soll. Ja aber, meine Herren, ist es denn richtig, daß man wegen dieses Tempos das Kind mit dem Bade ausschüttet und behauptet ich glaube, das hat der Herr Abgeordnete Erzberger getan —, der Gouverneur Schnee hätte die Sklaverei in so rosigen Farben geschildert, daß es den An⸗ schein habe, als wolle der Gouverneur selbst am liebsten ein Haus⸗ sklave sein! (Heiterkeit rechts.) Der Herr Abgeordnete Erzberger hat gesagt, diese Denkschrift sei der beste Beweis dafür, daß man die Sklaverei perpetuieren wolle. Ja, meine Herren, die 9 Seiten der Denkschrift möchte ich ebensowenig, wie der Herr Abgeordnete Erz⸗ berger es wollte, hier vorlesen. Aber ich bin glücklich, eine Stelle in der Denkschrift gefunden zu haben, die langes Vorlesen ersetzt, und die dem widerspricht, was der Herr Abgeordnete Erzberger in so schwarzen Farben geschildert hat. Am Schlusse der Denkschrift heißt es:

„Die Verwaltung wird es sich angelegen sein lassen, nach Möglichkeit ein schnelleres Tempo in der Hörigenbefreiung durch Freikauf und Freilassung herbeizuführen, als bis jetzt der Fall war, und wird, soweit dies in den einzelnen

Bezirken ohne Beunruhigung der Bevölkerung möglich ist, auch sonst geeignete Maßnahmen zwecks schleunigerer Beseitigung der Hörigkeit ergreifen. Sie wird weiterhin die Frage einer völligen Aufhebung der Haussklaverei vor dem natürlichen Ende derselben im Auge behalten.“ Meine Herren, daraus sehen Sie doch den guten Willen des Gouverneurs, die Haussklaverei aufzuheben. 3

Außerdem, meine Herren, ist von den Gegnern der Denkschrift die Bedeutung des Jahres 1905 erheblich unterschätzt worden. Der Herr Abgeordnete Erzberger hat gefragt: wie sehe ich es einem Neger an, ob er nach dem 1. Januar 1905 geboren ist? Die Präsumption ist aber doch, daß der Neger frei ist! Die Beweislast für das Hörig⸗ keitsverhältnis trifft nicht den Hörigen, sie trifft den Herrn, und in dieser Beziehung helfen dem Sklaven die Register, die von der Re⸗ gierung geführt werden. Wenn der Herr nicht nachweisen kann, daß sein Diener ein Sklave ist, wird er eben für frei erklärt.

Außerdem hat der Herr Abg. Erzberger gesagt, es gebe Ein⸗ geborene, die 80, 90 Jahre alt seien, und es würde deswegen die Sklaverei erst im Jahre 2005 aufhören. Meine Herren, das ist über⸗ trieben. Das Durchschnittsalter bei uns ist 30 Jahre, und bei den noch mangelhaften sanitären Verhältnissen im Schutzgebiet können Sie bei den Eingeborenen das Alter sicherlich nicht über 30 Jahre rechnen. Wir sind uns also nur um ungefähr 10 Jahre auseinander.

Ferner ist gesagt worden, das Los des Haussklaven sei zwar kein sehr schlechtes, das dürfe man aber als Argument nicht anwenden; denn die Sklaverei als Institution sei vom ethischen Standpunkt aus auf alle Fälle zu verwerfen. Aber man kann doch die Tatsache, daß ie Haussklaven nicht so schlecht behandelt werden, immerhin für das Tempo der Abschaffung der Sklaverei in Rücksicht nehmen. Ich möchte Ihnen eine kleine Geschichte erzählen, die in Ostafrika passiert ist, damit Sie sehen, wieviel harmloser man dort im Lande das Sklavereiverhältnis auffaßt, ohne sie als ein Argument benutzen zu wollen zugunsten der Sklaverei: Die Askari sind im allgemeinen Freie. Zu Askarldiensten werden Hörige nicht genommen.. Zu⸗ fällig ist einmal ein Askari angenommen worden, der nicht ein Freier, sondern ein Höriger war. Der Hauptmann gab sich die größte Mühe, den Herrn dieses hörigen Askari zu veranlassen, den Mann frei⸗ zukaufen. Der Herr hat es getan und dem Askari die Freiheit gegeben. Der Hauptmann sagte das dem Askari: dein Herr hat dich jetzt frei geschrieben, du bist nicht mehr Höriger. Anstatt des freudigen Dankes, den der Hauptmann erwartete erwidert der Askari: „Für so schlecht hätte ich meinen Herrn nicht 3 5 82 gehalten! (Heiterkeit.) Ja, meine Herren, das ist eine harmlose k 1 schichte, die aber beweist, daß wir in allen dies ose kleine Ge⸗ zu schwarz sehen, wenn ich auch mit Iheen in der Tat 11“ an sich von uns nicht gut bin, daß die

möchte in diesem 3 8

tragen: Unabhängig 8 noch etwas anderes vor⸗ Schnee ist ein früherer Koloni enischrift des Gouverneurs

fih nt früh olonialeleve, Dr. Weidner, d it dem Sklavenproblem eingehend ,2 der genau demselben Resultat end beschäftigt hat, zu nur mit der Ausnahme, daß er glan üt, dauern als bis 1930. Aus dies w 111 esem sehr interessanten Buch, das jetzt

ovn Mzr 1e z1.. 8 1 n ie gedruckt wird und von dem

Hause Exempl 1 5 kleines Kapitel remplare vorlegen werde, möchte ich ein

vortragen. In Zanzibar wurde die Sklayerei mit