1914 / 60 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Mar 1914 18:00:01 GMT) scan diff

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich

282. Sitzung vom 10. März 1914, Nachmitlags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Auf der Tagesordnung steht zunächst eine Anfrage.

Der Abg. Duffner (Zentr.) fragt: . „Ist der Herr Reichskanzler bereit, der vom Reichstag in der 30. Sitzung vom 19. März 1912 angenommenen Resolution, nach e emäß § 22 des Kaligesetzes als vierte Aus⸗ welcher gemäß § 22 des K. ig gangsstation für die Berechnung der Frachten Colmar (EIs.) festzusetzen sei, Folge zu geben und die Veröffentlichung der Verordnung im Reichsgesetzblatt sso rechtzeitig erfol en zu lastene daß die Sommer⸗ und Herbstabschlüse der süddeutschen S schaft in Kali auf der Frachtbasis Colmar (Els.) erfolgen können:

Unterstaatssekretär im Reichsamt des Innem Dr. Richter: Verechnung der Frachten für Kalisalze kann die Festsetzung einer vierten, im Elsaß gelegenen Ausgangsstation, neben den schon bestehenden drei Ausgangsstationen Staßfurt, Wienenburg und Salzungen, erst in Erwägung gezogen werden, sobald die elsässischen Kaliwerke in der Lage sind, den Bedarf der Landwirtschaft an Düngesalzen in dem für die neue Ausgangsstation in Frage kommen⸗ den Gebiete zu decken. Das ist zurzeit noch nicht der Fall. Gegen⸗ wärtig haben nur die Werke Amslie I und II eine gemeinsame Fabrik und sind daher allein imstande, 40 ℳ% Düngesalz zu liefern. Es ist indes anzunehmen, daß im Laufe des Jahres 1914 noch einige weitere elsässische Werke eine endgültige Beteiligungsziffer erhalten werden, und daß auch eine zweite große 18 den Betrieb wird er⸗ öffnen können, sodaß dann, voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahres, die Festsetzung einer vierten Ausgangsstation im Elsaß durch den Bundesrat wird erfolgen können.

Darauf wird die zweite Beratung des Etats für das Reichskolonialamt in der allgemeinen Besprechung beim Titel: Gehalt des Staatssekretärs fortgesetzt.

Abg. Schwarze⸗Lippstadt (Zentr.): Der letzte sozial⸗ demokralische Redner scheint von der Kolonialgeschichte wenig zu wissen. Er verwechselt offenbar die Vergangenheit mit der Gegen⸗ wart. Auf dem Gebiete der Eingeborenenpolitik hat sich gegen früher doch manches gebessert Es geht doch nicht, so allgemein zu sagen, die begangenen Greuel sind eine Folge der kapitalistischen Ausbeutungs⸗ politik. Er hat aber Einzelfälle von Greueln überhaupt nicht ange⸗ führt. Mit I Verallgemeinerungen ist nichts zu beweisen. Er hatte die Pflicht, Tatsachen anzuführen. Gerade Südwestafrika ist sehr wohl zu besiedeln, wenn genügend Wasserkräfte erschlossen werden. Zu begrüßen ist die Erklärung des Staatssekretärs, daß die sanitären Verhältnisse in den Kolonien verbessert, mehr Aerzte gestellt werden sollen. Um die Krankenfürsorge haben sich die Missionen die größten Verdienste erworben. Jedenfalls tut die Regierung auf diesem Felde, was sie kann. Die Entwicklung geht Schritt für Schritt weiter. Das gilt auch von den Eisenbahnen. Davon, daß die Regierung damit Schluß mache, wie die Sozialdemokratie es wünscht, kann nicht die Rede sein. Ueberall, wo wir in den Kolonien Eisenbahnen gebaut haben, sind gute Fortschritte gemacht worden. Der Grundsatz: Ora et labora ist stets der unsrige gewesen, es ist auch der Grundsatz der fatholischen Missionen; ohne Arbeit und ohne Christentum kein Kulturfortschritt. Der Redner wendet sich dann gegen die Aeußerung des Abg. Henke, daß der Bau der Bahn nach Ruanda lediglich den Erfolg haben werde, daß weitere Strasexpeditionen unternommen würden und die Bevölkerung ausgerottet werden würde. Die Ansiedlungs⸗ bestrebungen der Missionen müßten von der Regierung kräftig unter⸗ stützt werden. Auf keinen Fall dürften die Missionenschulen schlechter behandelt werden als die Regierungsschulen. Auch in den Kreisen des Abg. Henke bricht sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn, daß mit Schlagworten wie Kapitalismus uüsw. nichts anzufangen sei. Leider habe die Rücksicht auf die Baumwollenfrage und im Zu⸗ sammenhange damit die Befürchtung von Arbeiterentlassungen im In⸗ lande die Sozialdemokraten nicht zu einer richtigeren; zuffassung über die Kolonien geführt. Er, Redner, sei überzeugt, daß die Kolonien ich immer günstiger entwickeln werden und auch bei den Sczialdemo⸗ raten eine günstigere Beurteilung finden werden.

Abg. Dr. Paasche (nl.): Ich kann mich mit den Ausführungen des Vorredners gegen den Abg. Henke durchaus einverstanden erklären. Ich freue mich, daß sie in einem viel günstigeren Tone gehalten waren

als die neulichen Ausführungen des Abg. Erzberger. Uebrigens glaube ich, daß auch sie nicht so böse gemeint waren. Ich habe schon früher darauf hingewiesen, daß für ein aufstrebendes Industrieland die Kolo⸗ nien eine absolute Notwendigkeit sind. Davon wird sich wohl schließ⸗ lich auch die Sozialdemokratie überzeugen. Diese malt mit Vorliebe schwarz in schwarz. Es klingt ja sehr schön, sich für den „schwarzen Bauern’ ins Zeug zu legen. Ein eigentliches Eigentumsrecht wie bei uns gibt es in den Kolonien überhaupt nicht, namentlich nicht in Es ist doch nicht so, daß die schwarzen

Kamerun und Ostafrika. 1 armen Bauern von ihrem Eigentum von den bösen Weißen vertrieben werden. Es kann auch von einem Bauernstand hier kaum die Rede sein. Der Schwarze verläͤßt nach ein paar Jahren sein bebautes Land und geht wo anders hin; Land ist überall in Hülle und Fülle vorhanden. Der gesamte Durchschnitt der Bevölkerung ist nur 0,8 Menschen auf den Quadratkilometer in Deutsch Ostafrika, in Rnanda, dem am dichtesten bevölkerten Teile, sind es 70. Die Er⸗ ziehung der Naturvölker durch die Kulturnationen kann doch nur darin besteben, daß die in ihnen schlummernden Kräfte nicht nutzlos

verkümmern, sondern geweckt und zum Nutzen der Gesamtheit frucht⸗ bar gemacht werden. Ietzt lungert der Neger vielfach herum, indes ine Frau das Feld bestellt und für die Beschaffung der Nahrung sorgt; dann und wann nur nimmt er einmal Gelegenheitsarbeit an. Wenn diese Neger zur Plantagenarbeit herangezogen und die Plan⸗ tagen verständig verwaltet werden, so ist der erste Schritt dieser Er⸗ ziehung zur Kultur getan. Unsere Kolonien bringen schon jetzt für Hunderte von Millionen Produkte hervor, die auf dem Weltmarkt und für unsere Industrie von großer Bebeutung ö“ immer mehr werden. Auch die Denkschrift weist daß immer neue Produkte erzeugt werden, die Produktion immer mehr an Mannig⸗ faltigkeit gewinnt. Das würde der Neger allein mit seiner „Bauern kultur niemals erreicht haben. Man kann also die Plantagen nicht verbieten wollen. Die Begründung, daß auf ihnen eine geradezu „grauenerregende“ Wirtschaft herrsche, hat sich, wie es zu erwarten war, als eine der 1 Uebertreibungen serwiesen. Wo früher Un⸗ sicherheit war, wo Sklavenraub an der Tagesordnung war, und die Stämme sich gegenseitig hinmordeten, da mußte sich die Bevölkerung auf einen engen Raum dicht zusammendrängen, und es entstand Ueber⸗ völkerung. Jetzt herrscht Ruhe und Frieden, die Bevölkerung strömt von den Bergen herunter, die Dichtigkeit der Bewohnerschaft geht auf die Hälfte zurück. Das ist alles nur natürlich. Unschön und unglück⸗ lich ist es, daß die Plantagenarbeiter auf den Landstraßen herumliegen müssen, daß sie so weite Wege zur Arbeitsstätte haben. Dem wird ja

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abgeholfen, indem wir Eisenbahnen bauen. Helfen Sie (zu den Soz.) die mit schaffen, dann haben wir Wege, dann

kann der Neger seine Frau mitnehmen; jetzt muß er sie daheim lassen, jetzt kann er sie nicht in die Wüste mitschleppen. Uebrigens ist das Eheleben der Neger lange nicht so intim wie bei uns; wie die Reisenden aus dem

eebiet der Nilquellen berichten, gehört die

Erste Beilage

ärz

AEmxrmrerere

Berlin, Mittwoch, den II.

Negerfrau heute dem einen Askari, morgen dem zweiten, und so gepts von einem zum andern. Alle humanitären Bestrebungen, die f 8 ie Arbeiter in die Tat umgesetzt werden, wird und muß B S waltung unterstützen. Es muß dafür gesorgt werden, daß er auf der Plantage wohnen kann. Er soll sich dort heimis h fühlen, seinen eigenen Besitz haben, so verlangt eine der von der Kommission augenommenen Resolutionen. Dieses letztere Verlangen geht viel zu weit. Der Begriff des Grundeigentums nach unserer Anschcmung ist dem Neger nicht nur fremd, sondern auch gar nicht sympathisch, wie erst neuerdings der Regierungsrat Zache⸗Hamburg in einem Artikel dar⸗ getan hat. Der Neger, der jeden vierten Tag frei hat, wird sich hüten, die 3 oder 4 Morgen, die ihm zu freiem Eigentum und zur Bewirt⸗ schaftung überwiesen sind, zu beackern, dort Kulturen anzmlegen usw. Das fällt ihm gar nicht ein, er geht lieber nach Hause, er will von dieser Art Freiheit gar nichts wissen. Was soll denn geschehen, wenn man den eigentlichen Herrn dieses Grundstücks feststellen will? Diese Erwägungen zeigen schon, wie weit die Resolution wegen des Schutzes von Freiheit und Eigentum der Eingeborenen über das Ziel hinaus⸗ geht.

Weit eher wird dieser Negerbesitzer, wenn er irgend kann, den Grandseigneur spielen und selbst Sklavenhalter werden, der seinen Besitz von anderen Negern bearbeiten läßt. Es geht hier wie bei uns, wenn jemand sich heraufgegrbeitet hat, dann läßt er seine Stiefeln, die er früher selbst geputzt hat, von anderen putzen. Der PI. besitzer behandelt seine Leute schon im eigenen Interesse gut. Aber er muß auch die Möglichkeit haben, die nötigen Arbeiter zu be⸗ kommen. Er schließt Jahreskontrakte ab, weil er sich die nötigen Arbeitsleute sichern will. Ein gewisser Druck und Zwang ist nicht zu vermeiden. Auch die Missionen müssen in dieser Richtung. arbeiten. Sie pflegen mit Recht den Grundsatz: Ora et labora. Wir müssen eben auch den schwarzen Arbeiter daran eewöhnen, daß er durch seine Arbeit Kulturwerte schafft. Um den Schwarzen unsere Kultur zu bringen, dazu hätte es keiner politischen Kolonisation bedurft. So aber müssen wir für die mitsorgen, die sich der schweren Aufgabe unterzogen haben, diese Kultur in das Land hineinzubringen. Das ist die Pflicht des Reiches. Die Resolutionen der Kommission gehen zum Teil über das Ziel hinaus, der Staatssekretär wird sich das für ihn Brauchbare heraussuchen. Die Regierung kann die Resolutionen, die so in der Eile zwischen 11 und 12 Uhr in der Kommission an⸗ genommen werden, nicht so ohne weiteres ausführen. Früher sah man bei uns in Deutschland viele Bettler, eine Erscheinung, die z. B. jetzt im Tiergarten sehr selten ist. Zurzeit als wir bei uns reine Naturalwirtschaf⸗ hatten, gab es bei uns ganze Bettlerinnungen. Unter der Herrschaft des Kapitalismus ist es damit also besser ge⸗ worden. Wir müssen uns aber das Vertrauen der Neger gewinnen, indem wir die Krankheiten bekämpfen. Die Schlafkrankheit zum Stillstehen zu bringen, scheint ja schon einigermaßen gelungen zu sein. Aber die Syphilis herrscht noch sehr. Hier könnte vielleicht eine ver⸗ stärkte Einfuhr von Salvarsan helfen. Auf die Erfolge der Be⸗ kämpfung des Alkohols können wir noch nicht so stolz sein, trotzdem der übermäßige Alkoholgenuß, dem die vielen Kolonialskandale zuzu⸗ schreiben sind, wohl nicht mehr so stark ist. Es entfällt in Kamerun aber immer noch auf den Kopf der weißen Bevölkerung zehnmal mehr Alkohol als bei uns. Auch in Togo wird noch ein ganz stattliches Quantum hinter die Binde gegossen. Auch ich bin der An⸗ sicht, daß wir den großen Forstbestand in unseren Kolonien uns er⸗ halten müssen. Aber man muß den Wald allmählich verjüngen und verbessern, indem man allmählich mehr Nutzhölzer anpflanzt. So kann man Werte schaffen, die tausendmal besser sind, als die südwest⸗ afrikanischen Diamanten. Wir haben zu der Kolonialverwaltung

volles Vertrauen. Abg. D. Naumann sfortschr. Volksp.): Das Maß der Kritik steigert sich in diesen Wochen, wo wir über den Kolonialetat im lenum und in der Kommission verhandeln. Ich habe gestern in der Kolonialgesellschaft davon etwas vernommen, habe auch etwas von dem Regierungsrat Zache gehört, daß wir in den nächsten Wochen die nötige Antwort erhalten werden. Es wurde darin gesagt, daß im Reichstag nicht genug eingeweihte Männer sitzen. Man müußh zugeben, daß der Reichstag nicht eine spezielle Kenntnis über jede Ungelegenheit hat. Aber hier handelt es sich nicht darum, sondern die Frage soll ent⸗ schieden werden, ob man Geld für Kolonialzwecke und für die Kolo⸗ nialinteressenten ausgeben soll. Wenn dier Kolonialinteressenten darauf verzichten könnten, Reichsmittel für Kolonialzwecke in An⸗ spruch zu nehmen, dann wäre es etwas anderes. Aber so verlangen sie vom Reichstage: Lerne zahlen, ohne zu reden. Dieses lerne 16 ohne zu reden, drückt man dem Staatssekretär gegenüber aus: schaffe Geld, aber störe uns nicht. Wenn beide dieses getan haben, dann kann der Mohr gehen. Unter diesen Bedingungen und Umständen wird niemand von uns Geld geben können. Ueber die Ansprüche der weißen bei der Geldverwendun mitzureden, läßt sich ver⸗ handeln. er Anspruch ist unter Umständen durchaus berechtigt. Er ist um so berechtigter, je größer der Anteil wird, der von den Ko⸗ lonien selbst aufgebracht wird. Aber man darf dabei nicht vergessen, daß nicht alles Geld, was die Kolonien aufbringen, aus den Händen der Weißen stammt. Es lassen sich keine genauen Ziffern angeben, wieviel die Eingeborenen und wieviel die Weißen zu den Einnahmen der Kolonien beisteuern. Aber es ist gar kein Zweifel, daß ein recht beträchtlicher Teil desselben von den Schwarzen herstammt. Dann müssen aber die Pflanzer bedenken, daß sie den Einfluß des Reichs⸗ tages überschätzen. Die Budgetkommission ist beim Gesetz der Ge⸗ setze, dem Etat, doch vielfach nur auf Resolutionen und kleine Aende⸗ rungen beschränkt. Der Reichstag teilt mit dem Gouvernementsrat das Schicksal, daß er nur begutachtende Körperschaft in diesen Dingen ist. Es sollen nun die Gouvernementsräte vor den enlscheidenben Verhandlungen im Reichstage zu den Etats der Schutzgebiete Stel⸗ lung nehmen, und dem Reichstage die Etats der Schutzgebiete unter Beifügung der Verhandlungsprotokolle vorgelegt werden. Das ist alles sehr schön und gut, aber praktisch kaum durchführbar. Die zwei großen Aktiva in den Kolonien sind die große Diamantenausbeute und die vorzeitige Fertigstellung der Tanganjikabahn. Man hat in bezug auf den Bahnbau die Verdienste verschiedener Männer herbvor⸗ gehoben; dabei hat man einen Mann vergessen, der um die Tan⸗ ganjikabahn große Verdienste gehabt hat, den früheren Staatssekretär Dernburg. Wir denken weiter daran, daß bei diesem Kulturwerk eine Menge Deutscher, Ausländer und Farbiger mitgearbeitet haben; Ingenieur, Techniker, Handwerker und Einheimische haben dabei ihr Leben lassen müssen. Daß man deswegen ein solches Werk unterlassen soll, wird niemand verlangen. Immerhin muß die Hnegisceüch⸗ Bilanz so genau wie möglich gezogen werden. Unter den an eren Resolu⸗ tionen wird die Verstärkung der Aerzte von allen gebilligt werden müssen. Früher, als die Aerzte noch nicht da wauen, wie war es da, als noch die Sklavenjagden da waren, der alte Schmutz? Da waren alle Notstände vorhanden, und die Bevölkerung. war nicht so dezimiert, als sie nun auf Grund einer dreißigjährigen Arbei der Zivilisation zu sein scheint. Wenn man daran erinnert, so wacht bei den Pflanzern das Gefühl auf, als seien sie persönlich an⸗ gegriffen. Gewiß kann man von den Pflanzern sehr viel Gutes reden, von ihrem Mut, ihrer Ausdauer usw. Je mehr man dieses anerkennt, um so dunkler wird das Problem. Es liegt uns fern, die Pflanzer moralisch anzuklagen. Sie verhalten sich vorweg noch so, wie unsere industriellen Unternehmer bei Beginn der staatlichen Sozialreform. Diese empfanden die Sozialreform als einen Angriff auf ihre per⸗ sönliche Ehre und Würde. Das Endergebnis in den Kolonien ist ein

Minus in der Bevölkerung. Es wird zwar nicht ganz bestritten, daß

der Pater van der Burgk Erfahrungen gemacht hat über die Ent⸗

reußischen Staatsanzeiger.

völkerung; aber über die Ursache fehlt die hinreichende Durchsichtig⸗ keit. Hätte man Standesämter und eine Volkszählung dort, so würde man klarer sehen. Die Regierung wird zur Klarung auf diesem strit⸗ tigen Gebiete soviel tun müssen, als möglich ist. siatebag hat ge⸗ sagt, an der Tatsache des Rückganges lasse sich nicht zweife n. Aber worin liegt er? Auf eine Uesch⸗ hat schon der Kollege Gothein hin⸗ gewiesen; es ist die große Mobilisation der Bevölkerung durch das Trägerwesen. Früher gab es auch Träger, aber weniger. Jemehr Kautschuk und Kakao produziert wird, desto mehr Leute werden aus ihren Wohnsitzen enkfernt. Das neue System hat die Leute aus ihrer früheren Lebensart, dem Bummeln usw., herausgebracht. An den Bahnen sind allein 19 000 Schwarze beschäftigt. Der springende Punkt ist, daß die Eisenbahnen Träger unnötig machen, aber nicht so schnell, wie man erwartet. Die langen Eisenbahnlinien brauchen Zubringer, und dazu sind Menschen unentbehrlich. Es ist wahrschein⸗ lich, daß durch diese Periode des Eisenbahnbaues hindurch der Zeit⸗ punkt erreicht wird, wo der Träger überflüssig wird. In Kamerun werden durch die neuen Bahnen, die dort auch nach unseren Wünschen gebaut werden sollen, neue Ne⸗ sermassen mobilisiert werden, des⸗ leichen in Deutsch⸗Ostafrika durch die Ruanda⸗ und die Urundibahn. Vermißt habe ich in der inhaltsreichen Rede des Staatssekretärs das Eingehen auf die Resolutionen, die die Verhältnisse der Neger⸗ arberter bei den wirtschaftlichen Unternehmungen betreffen; er ging darüber wie über einen theoretischen Monolog des Reichstages leicht hinweg. Für Kamerun ist die Frage, wie die Versetzung der 2 völkerung aus den höher gelegenen Distrikten nach der Küste vor si gehen soll, äußerst wichtig. In Südwest ist die Frage dieselbe hin sichtlich der Versetzung der Ovambo in die Diamantendistrikte. Di Resolution spricht davon, daß die eingeborenen Arbeitskräfte nich aus Gegenden mit andern klimatischen Voraussetzungen beschafft werden dürfen. Dr. Rohrbach aber sagt: Ohne Ovambo keine 8 iamanten Die Resolution verlangt ferner die Einschränkung der Anbaupflich der weißen Erwerber, die Reservierung von Arbeiterdörfern, das Verbot der Trennung von Frauen von den eingeborenen Arbeitern Das läßt sich ja alles nicht durch Gesetze festlegen; aber wie so ganz anders diese Dinge in der Praxis gehandhabt werden, zeigt der schon mehrfach erwähnte Artikel des früher in den Kolonien beschäftigten jetzt am Hamburger Kolonialinstitut wirksamen Regierungsrates Zache im „Tag“. Der Mechanismus der Arbeit, der jetzt den Negern durch uns auferlegt wird, 270 Arbeitstage im Jahre für Menschen, die seit einem Jahrtausend und länger nicht gearbeitet haben, sondern die Frauen arbeiten ließen, ist ganz unvermittelt gekommen, während das deutsche Volk erst in vielen, vielen Jahrhunderten aus seinem Natur⸗ zustande zu dem arbeitsamen Volke der Gegenwart gemacht worden ist. Wir können doch in dieser Weise weder die Gesetze der Arbeit, noch die Gesetze des Arbeiterschutzes ohne jedes längere Uebergangsstadium von Europa und Deutschland nach Innerafrika übersetzen. Als Ueber⸗ gangsstadium denkt man sich das Pflanzer⸗, das Käthnersystem. Will man aus der Mobilisierung wieder zu einer festen angesessenen Be⸗ völkerung gelangen, oder will man den Wanderarbeiter zu ein ständigen Einrichtung machenn In Ruanda soll ja der Versuch mit der Eingeborenenkultur unter deutscher Leitung gemacht werden, man

will dort keine Ansiedlung von Weiße Die Missionsaus⸗ Budgetkommission sehen konnten,

ßen zulassen.

stellung, die wir in dem Zimmer der

hat uns einen anschaulichen Begriff von der großen Entwickelung des Missionsgedankens und von ihren Leistungen gegeben. Die Schul⸗ leistungen der Missionen, können einen gewissen Gegenwert bean⸗ spruchen; neben den Missionsschulen 1 aber die Regierungsschulen unbedingt notwendig, wo auch der An hänger des Islams seine Kinder hinschicken kann. Wir wuünschen durch die Annahme der Resolution auch dem Begriff „Schutz in dem Worte Schutzgebiet wieder mehrn zu seinem Rechte zu verhelfen.

.Abg. Noske (Soz.): Ich trete im Gegensatz zum Vorredner dafür ein, daß die Kolonien, auch wenn sie keine Zuschüsse mehr er⸗ fordern, der Kontrolle des Reichstages nicht entraten dürfen, solange im Namen des Reiches dort darauf losgewirtschaftet wird. So überschwengliche Reden für die Kolonien wie früher sind in diesen Tagen hier nicht gehört worden; man hat sich bescheiden und einsehen gelernt, daß man mit unendlicher Geduld bestenfalls eine Förde⸗ rung der Schutzgebiete herbeiführen kann, eine Auffassung, die wir stets vertreten und gepredigt haben. Wenn es in den Kolonien wirk⸗ lich etwas besser geworden ist, dann ist es der scharfen Kritik der Sezialdemokratie zu verdanken. Man will jetzt nicht mehr 99 schnell kulturelle und wirtschaftliche Werte der Eingeborenen verni⸗ ten, wie es früher geschah. Verhüten wollen wir auf jeden Fall, daß, wie in Südwestafrika, in der Zukunft Gesellschaften auf Kosten des Reichs sehr hohe Dividenden einstecken. Wir haben nie die Absicht aus⸗ gesprochen, die Kolonien zu verschenken, oder die Eingeborenen“ sich selbst zu überlassen. „Wenn es auch für uns selbstverständlich ist, daß der Gouverneur in den Kolonien in der Verwaltung das letzte Wort zu sprechen hat, so geht es doch nicht an, die Verwaltung selbst in die Kolonien zu verlegen. Dadurch würde der R⸗ichstag sein winziges Kontrollrecht aufgeben. Es ist interessant, aus der Denk⸗ schrift zu ersehen, daß in anderen Kolonien für die kulturelle Entwick⸗ lung der Eingeborenen viel mehr geschieht. Der Abg. Paasche hat sich darüber beklagt, daß so wenig geschieht, um selbst einen Einblick in die Kolonien zu bekommen. Nun, in nächster Zeit wird ja das Geld für die Kronprinzenreise bewilligt werden. Das Schießverhot in den Kolonien sollte auf eine ganze Reihe von Jahren ausgedehnt werden. Im Kaiser Wilhelmsland ist es durch das Vorgehen der Paradiesvogeljäger sogar zu Aufständen und infolgedessen zu Straf⸗ Fegehitionen gekommen. Vor 25 Jahren haben wir Ostafrika in

esitz genommen, um dort den Sklavengreueln, entgegenzu⸗ treten. Jetzt auf einmal soll die Sklaverei in Ostafrika bis weit über das Jahr 1930 hinaus erhalten bleiben.

Das Unglaublichste ist, daß, wie in Tabora, der Menschenhandel sogar amtlich beglaubigt wird. Sieht man die Ausgaben des Post, und Marineetats an, und betrachtet auch die Verzinsung, dann ist der Zuschuß des Reiches wesentlich höher als 20 Millionen. Da die wirtschaftlichen Vorteile in gar keinem Verhältnis zu den aufgebrach⸗ ten Kosten stehen, so muß auf jeden Fall auf eine Verringerung der militärischen Ausgaben hingearbeitet werden. Es ist 2 begrüßen, daß jetzt vorgeschlagen wird, Südwestafrika und Ostasrika zu den Ausgaben für die 1 heranzuziehen. Diese hat ja auch nur polizeiliche Aufgaben. CEs ist doch recht eigenartig, wenn der Landes⸗ rat in Südwestafrika sich dagegen ausspricht, daß das Reich Anteil an den reichen Diamanteneinnahmen hat. Togo kon t h olche Blüte erlangen, weil man von dort die Plantage nte eine Peche hhlan hat. Das Gefängnis ist in den Tropen enwirtschaft. mit der Todesstrafe. Kamerun wird noch jetzt als 9 gleichbedeutend zeichnet. Wir können die bisherigen Zustände; d rügelkolonie be⸗ verantworten. Mit der Mär von der Besj dne en Kolonien nicht sollte man aufhören. Sie geht aüßego ung Südwestafrikas und Land zu Farmzwecken wird rdentlich langsam vor sich,

In Südwestafrika vollzieht sic ein beüfte gar licht mehr verkauft.

fundienbesitz. Die evangelischen M licher Uebergang zum Lati⸗ weniger als über Ltaen eissionsgesellschaften haben nicht nen ftehen nicet 140 000 Hektar Grunstes Die katholischen vnsfcht

öt zurück is, daß de sge Ses gne82 6 Beweis, daß d e eeääsl. betrifft so beginnt jetzt die Tuberkulose in Südwestafrita Böüteiß Weiße, die an Tuberkulose leiden, werden direkt vor der 18 Knme Banh geceggt. sbüch die Jahl 82 Gestelungepflichtigen geht w 1 1 *9, daß die dortigen Gesundheitsverhältniss nicht so gut sind, wie es immer behauptet wird. serichectsbertt Rani⸗

jie Patres nicht nur beten. zurück. Was die Gesundheits⸗