Budgetkommission auseinandergesetzt habe, ist er beim Abschied mit
dem Charakter als Oberst ausgezeichnet worden (Bravo! rechts), er
ist also in allen Ehren aus dem aktiven Dienst ausgeschieden.
Es ist nun neuerdings von dem Herrn Oberstleutnant Frei⸗ herrn von Schleinitz selbst in der Presse allerlei behauptet worden, was ich an dieser Stelle teilweise widerlegen muß. Es ist behauptet worden, daß die Schuld an der ganzen Urundiangelegenheit und an ihrer Vertuschung nicht dem Kommandeur der Schutztruppe zufiele,
4 sondern seinem Vorgesetzten, dem Gouverneur der Kolonie. Meine
Herren, selbst wenn ein konkurrierendes Verschulden des Gouverneurs
oder eines anderen Beamten vorliegt, so kann das den Kommandeur nach militärischer und ziviler Auffassung nicht davon entlasten, daß er
unterlassen hat, energisch in der Schutztruppe einzuschreiten und einen besonderen Bericht darüber seiner vorgesetzten Behörde zu erstatten. Sehr richtig! im Zentrum.) Ich betone ferner, daß die im „Zehlen⸗ dorfer Tageblatt“ nach einem Interview mit dem Herrn Oberst⸗ leutnant von Schleinitz verbreitete Behauptung, Herr von Schleinitz habe seinem direkten militärischen Vorgesetzten, dem jetzigen General⸗ leutnant von Glasenapp, in Daressalam von den Vorgängen in Urundi Mitteilung gemacht, nach den Untersuchungen, die ich an⸗ estteltt habe, und auch nach der Erklärung, die Herr von Schleinitz nir in Gegenwart von Generalleutnant von Glasenapp abgegeben hat, nicht zutreffend ist. (Hört, hört! im Zentrum und bei den Sozial⸗ demokraten.) Herr von Glasenapp hat von dem Umfange des Tat⸗ bestandes in Urundi keine Kenntnis gehabt, sonst wäre Herr von Glasenapp der erste gewesen, der energisch eingeschritten wäre.
8 Die Untersuchung, wie weit Beamte des Schutzgebiets mitschuldig ind, hat ein negatives Resultat ergeben! Weder der Gouverneur, reiherr von Rechenberg, noch sein damaliger Vertreter Methner aben irgendetwas mit der Vertuschung der Angelegenheit zu tun.
Ich glaube, meine Herren, nach dieser Erklärung können Sie die leidige Angelegenheit des Freiherrn von Schleinitz als erledigt be⸗ trachten.
S
263. Sitzung vom 20. Mai 1914, Vormittags 10 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Burcau.) der Annahme des Reichshaushaltsetats für 1914 in dritter Lesung und der Abstimmung über eine Reihe von Re⸗ soolutionen, worüber in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet vorden ist, setzt das Haus die zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, FFaefeh Aenderung der §§ 66, 70 usw. es Militästrafgesetzbuchs, fort. Nach den Abgeordneten Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp.), Stadthagen (Soz.) und Fehrenbach (Zentr.), deren Reden gleichfalls schon vorgestern mitgeteilt worden sind, er⸗ lärt der Abg. Stadthagen (Soz.): Den Verbesserungen werden wir atürlich zustimmen. Aber es liegt doch kein Grund vor, daß wir An⸗
een zustimmen, die direkt eine Verschlechterung gegenüber dem be⸗ henden Zustande bringen.
Preußischer Kriegsminister, Generalleutnant von enhayn:
Meine Herren! In der vorigen Debatte über die jetzt zur iskussion stehenden Frage habe ich mir gestattet, Ihnen darzulegen, welche sachlichen und welche formalen Gründe die verbündeten Re⸗ gierungen abhalten, auf die Vorschläge Ihrer Kommission einzu⸗ gehen. Ich will es Ihnen heute ersparen, Ihnen die sachlichen Gründe nochmals vorzutragen. Aber, meine Herren, während der ganzen Auseinandersetzungen über diese Frage habe ich nicht ein einziges
rt gehört, das mir widerlegt hätte, was ich Ihnen an formalen Bedenken gegen die Kommissionsbeschlüsse unterbreitet hatte. Ich abe viele Worte gehört; ich habe harte Worte gehört; man hat von Starrsinn gesprochen, von Kommandogewaltspolitik, von Prestigepolitik, und ich weiß nicht, von was sonst och; aber widerlegt hat mich niemand, man hat nicht nmal den Versuch gemacht! (Zuruf links: Sollen wir jetzt vieder von neuem mit der Polemik anfangen?) — Herr Abgeordneter, ich betone, daß es sich hier um die formalen Bedenken handelt. Ich habe die sachliche Seite ausdrücklich ausgeschaltet; es liegt mir ganz fern, hier jetzt mit einer neuen Polemik anzufangen. Aber ich muß nochmals begründen, warum die verbündeten Regierungen dem Kom⸗ missionsentwurf leider nicht beitreten können. Wir können keine Vorschläge annehmen, die schon formal absolut nicht annehmbar sind. Dagegen kann ich nur nochmals feststellen, daß ich durchaus ereit bin, den verbündeten Regierungen zu empfehlen, dem Antrag van Calker beizustimmen. Darin ist allerdings nicht die Umwandlung der Ist⸗Bestimmung in dem Fahnenfluchtsparagraphen in eine Kann⸗
Bestimmung enthalten, wie sie der Herr Abgeordnete Fehrenbach als 8 wünschenswert hinstellte. Ich glaube aber, der Herr Abgeordnete G Fehrenbach hat schon selbst in überzeugender Weise die Gründe dar⸗
gelegt, welche die Regierung davon abhalten müssen, der Umwandlung dieser Bestimmung in eine Kann⸗Bestimmung beizutreten. Ich kann Ihnen nur versichern, daß in den wenigen Fällen, in denen durch diese Bestimmung in der Praxis Schärfen oder Schroffheiten hervor⸗ gerufen werden, von dem Gnadenrecht in weitestgehender Weise Ge⸗ 8 brauch gemacht werden wird und worden ist. Sodann muß ich gegenüber den Ausführungen des sozialdemo⸗ kratischen Herrn Redners noch einmal konstatieren, daß es den ver⸗ bündeten Regierungen nicht zulässig erscheint, die Anträge der sozial⸗ demokratischen Partei zu akzeptieren. Ich hatte gehofft, daß diese Partei nach meinen neulichen Worten wenigstens bis heute Gelegen⸗ heit nehmen würde, die schreienden Unstimmigkeiten, die in diesen Anträgen enthalten sind, herauszubringen. Sie hat es nicht getan. Ich weiß nicht, ob geschäftsordnungsmäßige Schwierigkeiten sie daran verhindert haben. Es ist aber wirklich interessant: wenn hier ein Regierungsvertreter, oder — ich möchte nur von mir sprechen —
Nach
Fal⸗
wenn ich hier meinen Standpunkt in pflichtmäßiger Weise vertrete und natürlich gegenüber anderen Meinungen auch daran festhalte, dann ist man hier sehr schnell bereit, mir zu sagen: Sie sind — na, ich will die Ausdrücke nicht wiederholen; ich will bloß von „Starrsinn“ sprechen —, ich wäre also starrsinnig. Ja, meine überzeugend dargetan, daß 1b emokratischen Partei einfach unmöglich sind, ganz einfach schon formal unmöglich. Man kann nicht Anträge
stellen, in denen vier Paragraphen fehlen, man kann nicht Anträge 8 stellen, in denen alles auf den Kopf gestellt wird, was in den allge⸗ 8 meinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches enthalten ist. Trotzdem
ist keine Aenderung erfolgt; genau so wird die Sache jetzt wieder
vorgetragen wie sie damals vorgetragen wurde, Demgegenüber
fehlt mir der Komparativ von Starrsinn, der zur Kennzeichnung solchen Verfahrens dienen könnte. Demnächst, meine Herren, wende ich mich zu dem Antrage, den heute die Herren Dr. Müller⸗Meiningen und Fehrenbach gemeinsam vorgelegt haben. Ich kann erklären, daß dieser Antrag, da er ein neues Moment in diesen Paragraphen bringt, nämlich das Moment der mildernden Umstände, mir nicht mehr unannehmbar erscheint. Es handelt sich um die Fahnenflucht im Komplott. Bei dieser können mildernde Umstände eigentlich nur auf seiten der Verführten in Frage kommen. Diese haben die Herren Abgeordneten Dr. Müller⸗Meiningen und Fehrenbach denn auch wohl im Auge. Daß bei diesen unter Um⸗ ständen mildernde Umstände anerkannt werden können und müssen, gebe ich von meinem Stndpunkte zu, und ich werde mich bemühen, die Zustimmung der verbündeten Regierungen zu diesem Antrage, falls er im Hause angenommen werden sollte, zu gewinnen. (Bravo! links.) Der Herr Abgeordnete Fehrenbach hat endlich angedeutet, es sei ihm wünschenswert, wenn ich meine schon in der Budgetkommission abgegebene Erklärung wiederholte, die darauf hingeht, daß ich in Er⸗ wägungen und Verhandlungen eingetreten bin, inwiefern sich der Kreis der Vorgesetzten, zu denen natürlich auch die Gendarmen gehören, bei Kontrollversammlungen gegenüber den Mannschaften des Beurlaubten⸗ standes einschränken ließe. Meine Herren, ich kann diese Erklärung nur nochmals bestätigen. Weiteres kann ich Ihnen heute aber nicht darüber sagen; denn ich bin, wie ich das schon in der Strafgesetzkommission des Näheren dargelegt habe, in dieser Beziehung nicht selbständig, son⸗ dern ich muß mit einer großen Anzahl von Behörden verhandeln, deren Gutachten abwarten und kann erst mit definitiven Entschlüssen auf⸗ warten, wenn diese Vorfragen geklärt sind.
Der Herr Abgeordnete Stadthagen hat dann gesagt, die Kultur beruhe auf der Arbeit, alle Kultur beruhe auf der Arbeit (Sehr richtig; bei, den Sozialdemokraten.) —
Sehr richtig! meine Herren. Ganz meine Ansicht. Aber das, was er hinzufügte, war unrichtig. Er sagte, die Kultur beruhe auf der Arbeit eines Standes. Das tut sie nicht (achen bei den Sozialdemokraten.), sondern sie beruht auf der Arbeit aller Stände, die in unserem Reiche, in unserem Vaterlande zusammenstehen (Zurufe von den Sozialdemv⸗ kraten: Der arbeitenden!); und es ist ein Verbrechen, wenn man zwischen diesen Ständen eine Scheidewand aufzurichten versucht, die diese gemeinsame Arbeit hindert. (Sehr richtig! rechts. — Lachen und Unruhe bei den Sozialdemokraten.)
Meine Herren, nur noch wenige Worte. Wir nähern uns jetzt mit Riesenschritten der Saurengurkenzeit, und da erheben sich manchmal aus dem Meere, wie Sie alle wissen, Riesentiere, die furchtbaren Schrecken verbreiten. Es ist gut, wenn man diesen Seeschlangen, wenn sie anfangen sich herauszurecken, das Genick umdreht. (Sehr richtig! rechts. — Zuruf von den Sozialdemokraten.) Ich sage das mit Bezug darauf, was hier gestern bei der letzten Debatte über dieses Gesetz ge⸗ sagt worden ist. Auch da scheint sich eine Legende aus den Wassern zu erheben —, eine Legende dahingehend, daß die Heeresverwaltung oder die verbündeten Regierungen geswungen gewesen wären, mit diesem Gesetz hervorzutreten. Ich möchte demgegenüber doch feststellen, daß dieses Gesetz aus dem eigensten Entschluß der verbündeten Regierungen hervorgegangen ist, ohne jeden Zwang, und daß dieses Gesetz zeigt, wie ernst es die verbündeten Regierungen damit nehmen, im Einklang mit diesem hohen Hause und damit auch durch die Verbindung dieses hohen Hauses mit dem Volke zusammen zu arbeiten. Freilich werden solche Versuche nicht immer belohnt. Ein anderer Versuch ist ja gestern unter einer kurzen Nachrede eines der verehrtesten Herren Abgeordneten dieses hohen Hauses begraben worden. In dem Falle, meine Herren, war es ganz richtig, die Hoffnung noch am Grabe aufzupflanzen; denn in diesem Falle ist es mir möglich, trotz des Begräbnisses entsprechend den hier ausgesprochenen Wünschen diese Einrichtung — ich spreche von der Nachrichtenstelle alias Pressereferat — weiter bestehen zu lassen, und zwar unter erschwerenden Umständen insofern, als ja damit vermehrte Arbeit auf solche Personen gelegt wird, die reichliche anderweitige Tätigkeit haben. Es entspricht das wenig meinen Absichten; aber ich kann diese Nachrichtenstelle weiter bestehen lassen, und da ich fest davon überzeugt bin, daß sie für das Zusammenarbeiten zwischen Volk und Heer günstig wirken wird und nötig ist, werde ich sie weiter bestehen lassen. (Bravo!l rechts und bei den Nationalliberalen.)
Durch das heute zur Debatte stehende Gesetz will ich auch denselben
Zweck ererichen. Ich will wesentliche und greifbare und alle für jetzt erreichbaren Vorteile denen, die in Frage kommen, zukommen lassen. Wenn Sie aber den verbündeten Regierungen dieses Gesetz ablehnen, so gibt es keine Möglichkeit, die Vorteile, die es zweifellos birgt, den⸗ jenigen, die es betrifft, zuzuwenden. Ich kann daher nur, wie beim letzten Male, als ich über diese An⸗ gelegenheit sprach, die Bitte an Sie richten: stimmen Sie dem Gesetz⸗ entwurf, wie er sich aus dem Antrage van Calker Dr. Müller⸗ Meiningen, Fehrenbach und dem Antrage Stupp mit dem Worte „bis“ ergibt, zu. (Bravo!)
Präsident Dr. Kaempf: Der Herr Kriegsminister hat der Be⸗ merkung des Abg. Stadthagen hinzugefügt, es sei ein Verbrechen, eine Scheidewand zwischen den verschiedenen Ständen aufzurichten. Wenn⸗ ein Mitglied dieses Hauses einem anderen Mitgliede dieses Hauses dies gesagt hätte, so würde ich es zur Ordnung gerufen haben.
Abg. Stu Zentr.) hat zu dem Kommissionsbeschl zu § 70 ( Fahnen luc ) 1üh h in schweren Fenis die veh 8, bis auf 3 Monate, im Rückfalle auf 6 Monate ermäßigt werden kann das Amendement eingebracht, statt „im Rückfalle auf 6 Monate“ zu sagen: „im Rückfalle bis auf 6 Monate. Er empfiehlt diesen Antrag zur Annahme und bedauert nochmals, daß der Kommissionsbeschluß wo⸗ nach in 8 74 die Mußvorschrift wegen Versetzung in die zweite Felase des Soldatenstandes in eine Kannvorschrift verwandelt werden sollte von der Heeresverwaltung nicht. akzeptiert worden ist. Die Kom⸗ mission habe mit 18 gegen 2 Stimmen diesen Vorschlag gemacht, um in diesem Punkte dem Kriegsgericht völlig freie Hand zu lassen.
Abg. Stadthagen (Soz.): Ich habe nicht das erklärt, was der Kriegsminister aus meiner Rede herausgehört hat. Ich habe erklärt, daß die Kultur auf der Arbeit aller schaffenden Stände beruht, aber nicht auf dem Nehmen der raffenden Stände. Wenn er meint daß das letztere eine Kulturarbeit sei, dann bedauere ich, daß diese Kultur ihm nicht gestohlen werden kann. Wir stehen da auf ganz entgegen⸗ gesetzten Weltanschauungen; die Kultur beruht in der Tat auf der Arbeit der schaffenden Stände, nicht auf der Aneignung dieser Arbeit seitens der raffenden Stände.
Damit schließt die zweite Beratung.
In der Abstimmung wird zunächst der Kommissionsbe⸗ schluß hinsichtlich der Kontro versammlungen gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Polen wieder beseitigt. Die Anträge der Sozialdemokraten werden gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt. Auch im übrigen wird nach den Anträgen van Calker die Vorlage der verbündeten Re⸗
gierungen wiederhergestellt. Der Antrag St gelangt 88 agiie ebenso hegeenn. der Antrag Müller⸗einingan⸗ Fehrenbach. Der Kommissionsbeschluß zu § 74 und 7 2 9 nach bei Fahnenflucht neben der Gefängnisstrafe anh nt Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes 88 vnn. werden „kann“ (nicht „muß“), kommt nach dem Antrage v Calker wieder in Fortfall. 1 Vor der letzten Einzelabstimmung gibt der 11 Abg. Haase (Soz.) die Erklärung ab, daß seine Partei, Wme b auch mik Bedauern, so doch für das Gesetz als Ganzes stimmen me Nach der Beendigung der zweiten Lesung beantragt er . Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp.) sofort, öh — die Zusammenstellung der Beschlusfe zweiter Lesung abzuwarten, di dritte Lesung vorzunehmen.
bg. Fehrenbach (Zentr.) schließt sich diesem Antrage an. Ein Widerspruch wird von keiner Seite erhoben; der Ge⸗ setzentwurf wird ohne Debatte in der dritten Lesung endgültig gegen die eine Stimme des Abg. Stadthagen (Soz.) an⸗ genommen. schri
Zu der Denk t über die Rücklagen der Berufsgenossenscha ten wird heute ohne Diskussion der Antrag der 26. Kommission angenommen, wonach der Reichstag erklärt, daß den gesetzlichen Anforderungen durch die Vorlegung Genüge geschehen ist und ein Anlaß zur derung der gesetzlichen Bestimmungen über die Rücklagen nicht vorliegt.
Es folgt die Beratung der zur zweiten Lesung des Reichshaushaltsetas 1914 beantragken Resten u 1 on des Abg. Weilnböck (dkons.) und Genossen: baß
„Den Herrn Reichskanzler zu e 1 irken, da das Ct den 38 August 1909, Fhebene hathn ae anrwendung von Gerste betreffend, den Bestimmungen des Hesebos
entsprechend durchgeführt wird, sodaß eine Umgehung des Gesehes verhindert und eine Schädigung der Gerstebauer und der Reichskasse
ausgeschlossen ist.“ (dkons.): Ich habe schon in der
Abg. Weilnböck ausgeführt, welche enorme Menge von sogenannter aus Rußland eingeführt und im Inlande zollwidrig verwendet wild. Im Sinne des Gesetzes gilt nur als Malzgerste die Gerste, die iu Brauzwecken verwendet wird. Nun wird aus dem Auslande Qualitäts⸗ gerste eingeführt. Wir haben es in der Periode 1913/14 besonders er⸗ lebt, daß unter dem Namen Futtergerste andere Gerste zu dem geringeren Zoll in großen Mengen importiert wurde, während die Einfuhr der Malzgerste von Jahr zu Jahr abgenommen hat. Das Verhältnis der eingeführten I zur Futtergerste verhält sich ungefähr wie 2: 12. Daraus ergibt sich offenbar, daß ein großer Teil der anderen Gerste zu Brauzwecken verwendet wird. Um diese Umgehung des Ge setzes zu verhindern, reichen die in der Zollordnung e rlassenen Kontroll vorschriften nicht aus. Ich will keiner Zollstelle und keinem Beamasg einen Vorwurf machen, aber es ist kaum möglich, daß ein einzelne Beamter sich über die Beschaffenheit der Gerste ein Urteil bilden 1gi namentlich bei großem Andrang. Es müßte mindestens angeordn 1 werden, daß das, was als Futtergerste angemeldet wird, auch geteh zeichnet wird. Zedenfalls ist der jetzige Zustand unhaltbar. Die Gers 3 einfuhr erstreckt sich fast auf alle Länder der Welt und überall wisn Qualitätsgerste gebaut und ausgeführt. Ich könnte Ihnen durch Muster von eingeführter Qualitätsgerste, die als Futtergerste ungekenn zeichnet eingeführt wird, den Nachweis führen, wie notwendig ein Ein⸗ schreiten auf diesem Gebiete ist. Durch diese Einfuhr wird nicht nur
ie deutsche Landwirtschaft, sondern auch die Reichskasse geschädigt. Die Identität der zu dem niedrigen Zollsatze eingeführten Futtergerste ist nicht nachzuweisen, weil die Gerste von Hand zu Hand geht. Auf einem einzigen Zollamt sind von 200 000 Doppelzentnern. Gerst 172 000 Doppelzentner ungekennzeichnet geblieben und dem freien Vey kehr übergeben. Wir möchten wissen, wieviel Gerste von allen Zol stellen an ungekennzeichneter Gerste dem freien Verkehr überliefert worden ist. Für die Reichskasse mag das einen jährlichen Verlust von 20 Millionen ausmachen. Dabei fscher wir mit der Laterne nach neuen Steuerquellen, um berechtigten Anforderungen zu genügen. Den größten Schaden aber hat die gerstebauende deutsche Landwirtschaft. Der gesetzlich vorgesehene Schutz der Gerste muß auch wirklich durch⸗ geführt werden, wenn nicht der deutsche Gerstebau noch weiter zurück⸗ gehen soll. Bei uns in Süddeutschland, namentlich in Bayern, ist der Gerstebau von kolossaler Wichtigkeit für die Landwirtschaft. Diese Frage ist für den Reichstag mindestens so wichtig, wie die preußische Wahlrechtsfrage. Ich bedaure nur, daß ich bei der Geschäftslage des Hauses nicht näher darauf eingehen kann. Ich habe gezeigt, wie un⸗ haltbar die heutigen Gersteeinfuhrverhältnisse sind. Die verbündeten Regierungen haben die Verpflichtung, die deutschen Gerstebauer zu schützen, übernommen; wir erwarten, daß ihren Worten nun auch die Taten folgen.
Abg. Dr. Freiherr von Aretin (Zentr.): Antrage zu. Die Statistik belehrt uns, daß der Verbrauch an Brau⸗ gerste, soweit die Einfuhr in Betracht kommt, zurückgegangen ist. Den Zollbehörden kann man natürlich keine Vorwürfe machen. Aber es scheint doch, als ob in den einzelnen Bundesstaaten die Ueberwachung nicht gleichmäßig und streng genug ist.
Präsident Dr. K. aempf: Nachdem ich aus dem amtlichen Ste⸗ nogramm ersehen habe, daß ein Zweifel vorhanden sein kann, ob der
riegsminister seine Aeußerung auf den Abg. Stadthagen bezogen hat, und nachdem er mir persönlich hat mitteilen lassen, daß die Aeuße rung ganz allgemein gelten sollte und nicht sich auf den Abg. Stadt⸗ hagen bezog, so entfällt der Anlaß der von mir gemachten Erklärung⸗ Die Angelegenheit ist somit erledigt. Preis⸗ Geheimer Oberregierunasrat Dr. Trautvetter: Eö“ rückgang im Jahre 1912/13 ist dadurch zu erklären, dgß⸗ 69 Lernheen82 reien sich eingedeckt hatten, die später noch auf Der brauchbare Gerste keine hohen Preise mehr vohünch die Futiergerste Bundesrat ist zu Bestimmungen ermächtigt, wongch die huüstergente durch ihre Eosinfärbung gekennzeichnet werden 5 uchbar gemacht wird lich, aber nicht tatsächlich für Brauereizwecke unbrauchbar gemacht wird.
ie Anregu d orredner werden geprüft werden, wobei es sich herausstellen wird Inwieweik ein Einschreiten der verbündeten Regie⸗
läßt sich nicht aufrecht erhalten, Auch ich stehe auf dem Standpunkt daß Futtergerste infolge ihrer Behandlung bei der Einfuhr nicht o7 Braugerste verwendet werden kann. Der Antrag Weilnböck läuft schließlich darauf hinaus, den kleinen Landwirten die Futtergerste” verteuern. 8 ö üssen Abg. Koch sfortschr. Volksp.): Umgehungen des Gesets mül ha g unmöglich gemacht werden. Der Ruckgang des erbralchs an Malzgerste ist auf andere Ursachen zurückzuführen, Die Futtet gerste darf nicht noch teurer werden, als sie jetzt schon ist. v“ Abg. Weilnböck (dkons.): J. Zollbeamten keinen
1 2 & (drons.): Ich wollte den Vorwurf machen, daß sie pflichtwidrig gehandelt haben. Im Gegen⸗ nach meinen Erfahrungen den betreffen
teil habe ich ausgeführt, daß den Zollbeamten kein Vorwurf trifft. Auch habe ich nicht behanptet daß Futtergerste als Braugerste verwendet wird. Dagegen muß 1 Möglichkeit der Vermischung von framte
Fehctten daß die hi Erste minderer Qualität mit unserer guten Gerste wohl möglich wir⸗ Allerdings ist auch der Gegenbeweis nicht geführt daß Fu 18 gerste niemals als Braugerste verwendet worden ist. Es ist er Harch⸗ gierungen alles tun wollen, um die
zweiten Lesung „anderer“ Ger
Wir stimmen dem
daß die verbündeten Re 8 führung der Gerstenverzollung möglichst zu sichern. Wir werden Nan später noch genauer mil dieser Materie zu beschäftigen haben. bamit sollte für die betreffenden Zollbeamten einen Kursus einrichten, daeir⸗ sie vollkommen gleichmäßig ausgerüstet sind. 56
8 E(ortsetzung in der Zweiten Beilage.)
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