sichern, daß bei Ausführung der betreffenden Bestimmungen mit weit⸗ gehendster Schonung vorgegangen wird. 8 . Abg. Hofer (Soz.) beschwert sich darüber, daß gerade im
Osten der kleine Gutsbesitzer gegenüber dem großen ge⸗ schädigt werde, und bemerkt: Durch unsere Zollpolitik wird es ermöglicht, daß wir unsern guten deutschen Roggen
nach Rußland schicken, wofür dann schlechte Futtermittel ein⸗ geführt werden. Durch die düfse eee Schutzzollpolitik wird die ganze Bevöoölkerung, in erster Linie die Millionen von Arbeitern und die Beamten, benachteiligt. Deshalb müssen wir dem Verlangen der Agrarier nach einem lückenlosen Zolltarif erhöhten Widerspruch ent⸗ gegensetzen. Der kleine Landwirt hat gar kein Interesse an hohen Schutzzöllen, im Gegenteil, er würde sich ohne sie viel besser stehen. Der Redner ergeht sich dann in breiten statistischen Ausführungen über die Verteilung des Grundbesitzes und den Tierbestand in Preußen. Die Besprechung wird geschlossen. Nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Ecker⸗ Winsen (nl.) und des Abg. von Pleh we (kons.), der bedauert, durch den Schluß der Besprechung verhindert zu sein, die tat⸗ sächlichen Unrichtigkeiten des Abg. Hofer richtigzustellen, werden die beiden Anträge der Agrarkommission überwiesen. Der Etat der Gestütverwaltung wird ohne De⸗ batte erledigt.
Bei dem Etat der Justizverwaltun g bemerkt Abg. Wodarz (Zentr.): Die Unterkunftsverhältnisse im Ge⸗ richtsgebäude in Oppeln, welche infolge der stetigen Zunahme der Geschäfte unhaltbar geworden sind, müssen perbessert werden. Die Justizverwaltung beabsichtigt, die Mißstände durch Vornahme einiger baulicher Aenderungen zu beseitigen. Das würde aber nur Flickwerk bedeuten, da der Raummangel so groß ist, daß wirksame Abhilfe nur durch einen Erweiterungsbau geschaffen werden kann. Der Erweite⸗ rungsbau würde auch den großen Vorzug haben, daß er das Kataster⸗ amt aufnehmen und dieses in räumliche Verbindung mit dem Grund⸗ buchamt bringen würde. Ferner ersucht der Redner die Justizverwaltung, die Gerichtsschreiber bei Erledigung von Hinterlegungsgeschäften ent⸗ sprechend einer vom Abgeordnetenhause angenommenen Resolution im weiteren Umfange als bisher heranzuziehen. 1 Abg. Dr. Liepmann (nl.): Bei der zweiten Lesung kam zur Sprache, daß ein Richter gegen eine eines schweren Verbrechens be⸗ schuldigte Angeklagte zu liebenswürdig gewesen wäre. Der Minister hatte gemeint, das wäre nur in konventioneller Form geschehen, hatte aber zugesagt, eine Untersuchung einzuleiten. Ich möchte den Mi⸗ nister nach den Ergebnissen dieser Untersuchung fragen. Die Kanzlisten der Justizbehörden wünschen die Schaffung neuer Kanzlistenstellen; eine dahingehende Petition ist der Regierung zur Erwägung über⸗ wiesen worden. Ich bitte den Minister, den Abschluß der Erwägungen möglichst zu beschleunigen und die Angelegenheit möglichst in wohl⸗ wollendem Sinne zur Erledigung zu bringen. Vor einiger Zeit wurden “ beschlagnahmt, wegen welcher das Landgericht 1 zu einer Verurteilung gekommen war. Der Abg. Kanzow hatte solche Postkarten bei der zweiten Lesung dem Hause vorgelegt. Der Minister hat das Urteil des Landgerichts in Schutz genommen. Inzwischen hat das Reichsgericht jedoch das Urteil aufgehoben und die Sache zur ander⸗ weiten Entscheidung an das Landgericht II verwiesen. Ich frage den Minister, ob die Karten wieder freigegeben worden sind. Justizminister Dr. Besele Ie Meine Herren! Gestatten Sie, daß ich auf die einzelnen An⸗ fragen gleich kurz erwidere. ’ Wegen des Gerichtsgebäudes in Oppeln hat im vorigen Jahre ine Untersuchung an Ort und Stelle stattgefunden. Die an dieser Untersuchung beteiligten Stellen sind der Meinung gewesen, daß ein Schritt, den die Justizverwaltung vorhat, nämlich die Einziehung einer Dienstwohnung, ausreichen wird, um dem Bedürfnis genügend Rechnung zu tragen. Zur Ausführung der Hinterlegungsordnung ist von mir eine Verfügung erlassen, durch welche die Landgerichtspräsidenten er⸗ mächtigt sind, die Gerichtsschreiber zur selbständigen Erledigung be⸗ stimmter Hinterlegungsgeschäfte heranzuziehen. Es muß vorläufig abgewartet werden, ob dies in einem der Sachlage entsprechenden Umfange im Laufe der Zeit geschehen wird. Die von mir veranlaßte Untersuchung über die Art und Weise, in der der Vorsitz in der Müllerschen Strafsache gehandhabt ist, hat ergeben, daß die Behauptungen, auf welche die Vorwürfe eines in⸗ korrekten Verfahrens gestützt wurden, nicht den Tatsachen entsprachen. Es ist durchaus ordnungsmäßig und richtig durch den Vorsitzenden verfahren worden, wie mir zuverlässig berichtet ist. (Abg. Dr. Liep⸗ mann⸗Stettin: Hört, hört!) Ich habe deshalb keine Veranlassung gehabt — und habe dies auch dem Vorsitzenden mitteilen lassen — seine Leitung irgendwie zu beanstanden. Dann ist wegen der Organisation der Kanzlei eine Anfrage gestellt. Die Erörterungen sind noch nicht abgeschlossen und werden auch voraussichtlich noch längere Zeit in Anspruch nehmen. G Ueber die Klausurarbeiten kann ich noch keine Erklärung abgeben. Es ist noch kein halbes Jahr her, daß sie gefertigt werden; es läßt sich daher über sie unmöglich schon urteilen. Schließlich war noch eine Anfrage wegen der Urteile an mich gerichtet, die in der Strafsache wegen Verbreitung unzüchtiger Post⸗ karten ergangen sind. Es trifft zu: das Reichsgericht hat ein Urteil Naufgehoben und die Sache an ein anderes Landgericht zurückgewiesen, und das ursprüngliche Urteil ist von diesem Landgericht nicht aufrecht⸗ erhalten worden. Soweit darüber Nachrichten in die Presse ge⸗ kommen und mir bekannt geworden sind, entsprechen sie dem Inhalt der Urteile. Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Vor mehreren Jahren ist ein Mann wegen Mordes zum Tode verurteilt, später zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt worden; er ist dann im Zuchthaus gestorben. Einige Jahre darauf hat sich durch Geständnis des wirklichen Mör⸗ ders seine völlige Unschuld herausgestellt. Deshalb erscheint es not⸗ wendig, ein Wort über die Todesstrafe zu sagen. Die „National⸗ zeitung“ hat in einem Artikel ausgeführt, die Todesstrafe sei eine Schande der Kultur und ihre Abschaffung nur eine Frage der fort⸗ schreitenden Kultur. Die Forderung, die Todesstrafe abzuschaffen, haben wir schon immer vertreten. Die politische Klasseniustiz hat im letzten Jahre wieder eine reiche Ernte gehalten. Man hat einfach Ar⸗ beitervereine, sogar Arbeitergesang⸗ und ⸗rudervereine für politisch er⸗ klärt; ja, nach den Geheimakten des Polizeipräsidiums sind sogar die Arbeitersanitätsvereine für politisch erklärt worden. Die Gerichte aben den politischen Charakter der Arbeiterorganisationen fast immer Besttißt. Das steht in schroffem Gegensatz zu dem Grundgedanken des Reichsvereinsgesetzes und zu den Erklärungen des damaligen Staatssekretärs des Innern, des jetzigen Reichskanzlers. Andere Or⸗ ganisationen, wie z. B. der Bund der Landwirte, die gelben Gewerk⸗ schaften und die christlichen Organisationen, werden nicht für politisch erklärt. Man will eben die jungen Arbeiter aus unseren Organisatio⸗ nen herausdrängen. Den Reichsverband gegen die Sozialdemokratie hat man sogar in das Reichsvereinsregister eingetragen, was bei politi⸗ schen Organisationen nicht geschehen darf. Das beweist den Klassen⸗ Garakter unserer heutigen Staats⸗ und Gesellschaftsordnung. Der Schriftsteller Leuß ist zu sechs Monaten Gefängnis und ein „Vorwäarts ⸗Reda teur zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Diese Verurteilungen sind unter Umständen ergangen, die die schärfsie Kritik herausfordern. Sie sind zunächst unter Ausschluß der Oeffent⸗ lichkeit ergangen, was objektiv nicht gebilligt werden kann. „Das zeigt, daß die Gerichte den Angeklagten nicht unbefangen gegenüberstanden.
“
7
Aus den Wendungen des Artikels wurde sorgfältig zusammengesucht, was man etwa im Sinne einer höswilligen Absicht der Beleidigung deuten könnte. Der Artikel von Leuß ist von heiligster Begeisterung getragen. Man sagt: Der Kronprinz muß geschützt werden. Aber jeder Staatsbürger muß geschützt werden; mehr Recht hat der Kron⸗ prinz auch nicht. Wenn er sich in die Arena der Oeffentlichkeit begibt, muß er sich auch gefallen lassen, daß man sich mit ihm be⸗ säaftigt. Vor kurzem hat man meine Freundin Rosa Luxemburg. zu einem halben Jahre Gefängnis verurteilt, weil ie über ihre und unsere Stellung zum Kriege gesprochen hat. Jeder Staatsbürger hat das Recht, seine Ansicht über den Krieg zum Ausdruck zu bringen. Man hat durch dieses Urteil nur eine Märtyrerin Kschaffen. Die Rosa Luxemburg hat dem Militarismus die schwersten
zunden geschlagen, und die Richter in Frankfurt a. M. waren die Totengräber dieses Militarismus. Man hat nun die Rosa Luxemburg durch die Juͤstis noch kaput zu hetzen gesucht. Wie parteiisch die preußische Justizpflege ist, zeigt der Fall, daß die Staatsanwaltschaft eine Verfolgung des bekannten Generals von Wrochem wegen Be⸗ leidigung des Reichstages abgelehnt hat. Das ist um so sonderbarer, als die Staatsanwaltschaft wiederholt ex officio der Volksvertretung die Anregung gegeben hat, die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu geben.
cch erinnere nur an den Fall des Vorwärtsredakteurs wegen Be⸗ leidigung des preußischen Landtags. Vielleicht wollte die Staatsau⸗ wallscha t in diesem sfale nicht vorgehen, weil ihr der rote Reichstag mit seinen 110 Sozialdemokraten nicht würdig erschien. Noch blamabler ist das Verhalten unserer Berliner Justiz und der Staatsanwaltschaft in dem Falle Siemens⸗Schuckert, in dem es sich um die Entwendung von Briefen durch den Angestellten Richter handelt, aus denen sich er⸗
ibt, daß die Firma Siemens⸗Schuckert systematisch Bestechungen der
öchsten japanischen Beamten und Offiziere geübt hat, um sich ein Monopol für ihre Lieferungen zu verschaffen. Dieser Angestellte hat diese Briefe gestohlen, um von ihnen zu Erpressungszwecken Gebrauch zu machen, eine Handlungsweise, die natürlich die schärfste Mißbilligung verdient. Weil man nun nicht wollte, daß die Sache in Japan ohne weiteres enthüllt würde, so wurde die Sache hier in Deutschland weiter verfolgt. Man telegraphierte die Reise des Richter an das General⸗ konsulat in Tokio, das Auswärtige Amt ließ eine sogenannte Denk⸗ schrift über die Sache ausarbeiten. Der Mann wurde nun verhaftet, und es wurde ein Haftbefehl erlassen. Das Auswärtige Amt hatte in Denkschrift mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die Gefahr estehe, daß diese Briefe veröffentlicht und verwertet werden könnten. Aus diesen Briefen aber ergab sich, daß die verbrecherische Manipulationen verübt hatte. Das Auswärtige Amt hat deutlich zum Ausdruck gebracht, daß diese höchst bedenklichen Manipulationen der Firma, wenn si bekannt gegeben würden, eine schwere Benachteiligung dieser Firma herbeiführen koͤnnten. Der Staatsanwalt hat zur Durch⸗ suchung der Dokumente denjenigen Beamten der Firma hinzugezogen, von dem die gravierenden Briefe geschrieben worden sind, außerdem noch den Justitiar der Firma; dappeg hält besser. Der Staatsanwalt hat dann diese Dokumente den Akten entnommen und in einem Ge⸗ heimfach verwahrt mit der Aufschrift: Dem Gericht stehen auf Wunsch zur Verfügung. Als ich als Verteidiger des Richter Einsicht verlangte, wurde mir gesagt: Nein, Sie bekommen sie nicht, von Ihnen ist zu erwarten, daß Sie diese Briefe veröffentlichen zum Schaden der Firma Siemens⸗Schuckert. Diese Handlungsweise muß dazu beitragen, die Firma Siemens⸗Schuckert in ihren unqualifizier⸗ baren Handlungen zu schützen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Hellenische Handlungen!) ch will kein Wort gebrauchen, das mir einen Ordnungsruf zuziehen könnte. Richter war angeklagt worden, weil er einen EErpteffungsbrief geschrieben haben sollte. Dieser Brief enthielt Auszüge aus Briefen, die die Firma schwer belasteten. Sollle man es für möglich halten, daß ein preußisches Gericht und die Staats⸗ anwaltschaft so weit gegangen sind, nicht einmal diesen Erpressungsbrief zu verlesen? Der Staatsanwalt beantragte 8 Jahre Zuchthaus mit der Begründung, daß er die Interessen der deutschen Industrie ge⸗ Uüdigt habe. Dabei hatte er nicht unwahre, sondern tatsächlich wahre
atsachen in seinem Erpressungsbrief mitgeteilt. Das Gericht ver⸗ urteilte ihn zu 2 ½ Jahren Zuchthaus und zog mildernd in Betracht, eß er durch die unlauteren Manipulationen 68 seinem Vorgehen ver⸗ führt worden sei. So hieß es in der mündlichen Urteilsbegründung, wie sie auch in bürgerlichen Blättern wiedergegeben ist. Das Gericht hat dann dieses mündliche Urteil schriftlich revidiert und die Be⸗ stechung der Firma umschrieben. Es heißt im Gegensatz zu der münd⸗ lichen zegründung, dem Bge agteg kam es nicht darauf an, vermeint⸗ liche Mißstände des Geschäftsbetriebes der Firma Siemens⸗Schuckert aufzudecken usw. Als ich das las, hat mich denn doch ein tiefer In⸗ grimm erfüllt. Man sollte nicht glauben, daß so etwas bei einem unparteiischen Richter vorkommt. Es wird das ganze Material der Oeffentlichkeit unterbreitet werden, und ich wünsche nichts mehr, Herr Justizminister, als daß ich wegen der Veröffentlichung dieses Materials angeklagt werde, damit ich die Möglichkeit erhalte, diese Dinge noch einmal vor der Oeffentlichkeit zu erörtern. In meiner blütenweißen Un⸗ schuld hatte ich früher so etwas in Deutschland nicht für möglich ge⸗ halten. Ich will das Wort W“ nicht gebrauchen, um mir nicht einen Ordnungsruf uzuziehen. . ezeichnend ist es, daß der Staats⸗ anwalt in der sitzung sich zu einem Berichterstatter äußerte, wäre uns der Liebknecht nicht dazwischen gekommen, dann wäre die Sache längst vorbei gewesen. Dieser Fall, in dem das Auswärtige Amt, das Generalkonsulat, die Staatsanwaltschaft, das Amtsgericht in Charlottenburg und das Landgericht in Berlin so einträchtig zusammen⸗ earbeitet haben, ist schlimmer als das, was ich aus den Annalen der Justiz in irgend einem Lande entnommen habe. (Prä sident: Ich kann eine solche abfällige Kritik der Justiz nicht zulassen.) Ein preußischer Richter hat einmal gesagt, die Strafrechtspflege werde von der Staats⸗ anwaltschaft geübt und durch ein Vetorecht der Gerichte gemildert. Dieses Urteil scheint mir gegenüber dem Falle Siemens⸗Schuckert noch allzu milde zu sein. Der Berliner „Lokal⸗Anzeiger“ hat aus An⸗ laß der Künstlerpostkarten und der sich daran knüpfenden Rechi⸗ sprechung geschrieben: jede Rechtssicherheit geht verloren wenn die Strafgesetze gereckt und gestreckt werden können, je nachdem es die jeweiligen Zeitverhältnisse zu verlangen scheinen. Nach den Worten des „Lokal⸗Anzeigers“, der außer von dem Staate auch von der Firma Krupp subventioniert wird, haben wir ein Recht, über unsere heutige Justiz 61 abfälliges dekäl hü fällen. Wir werden der Justiz immer wieder von neuem die Anklage der Klassenjustiz ins Ge⸗ sicht chleudern. 8 sseniustiz ins Ge
Justizminister Dr. Beseler:
Meine Herren! Auf einige Punkte, die der Herr Vo 2 rührt hat, muß ich kurz eingehen. Ich sage: kurz; 8 h 8 Sie von mir erwarten werden, daß ich meine Ausführungen in 6s licher Ausdehnung wie er vortrage. (Sehr richtig
Der Herr Abgeordnete hat auf die Urteile hingewiesen, die wegen Beleidigung des Kronprinzen des Deutschen Reiches ergangen sind und hat dabei bemerkt, der Kronprinz stände nicht anders wie jeder andere im Recht und genösse den gleichen Schutz wie jeder andere auch, nicht mehr. Das ist nicht richtig. Der Kronprinz ist nicht genötigt, “ Beleidigung seiner Person Antrag zu stellen, sondern es ist von Amts wegen einzuschreiten. So erklärt es sich auch, daß die Prozesse durch das Eingreifen der Staatsanwaltschaft veranlaßt sind, und zwar durch ihr selbständiges Eingreifen. Bei der Kritik von Handlungen des Kronprinzen in der Presse muß eingegriffen werden, wenn sie zu straf⸗ baren Beleidigungen führt, die der Majestätsbeleidigung in dieser Hin⸗ sicht gleichstehen (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.); das hat die Staatsanwaltschaft nach pflichtmäßigem Ermessen zu prüfen und da⸗ nach zu handeln. (Sehr richtig! rechts.)
Der Herr Abgeordnete hat es mißbilligt, daß der Staatsanwalt die Anzeige gegen den General von Wrochem nicht beim Reichstage eingereicht habe, um dessen Entscheidung wegen der Ermächtigung zur Strafverfolgung einzuholen. Meine Herren, dazu war er gar nicht be⸗
nung.)
rechtigt; es war Sache der Militärgerichtsbarkeit, hier zu prüfen, eingeschritten werden solle. . Der Herr Abgeordnete hat ferner erwähnt, daß Frau Luxremburg nach ihrer Bestrafung noch immer weiter in dem Sinne wie vor ihrer Verurteilung gewirkt habe. Soweit ich das aus den Zeitungen habe ver⸗ folgen können, habe ich den Eindruck gewonnen, daß Frau vneh nach ihrer Verurteilung, die übrigens noch gar nicht rechtskräftig ih sehr viel vorsichtiger geworden ist; ihre Worte sind sehr viel mehr 1 gewogen als vordem, und mit einer gewissen Geschicklichkeit so gefaßt⸗ daß das Strafrecht nicht zur Anwendung kommen kann. 8 Endlich hat der Herr Abgeordnete auf die Firma Siemens 8 Schuckert und auf die Prozesse hingewiesen, die in Verhindüng mit ihr stattgefunden haben. Meine Herren, ich bin nicht in der Lage, bi sichtlich dieser Firma, von deren Geschäftsführung mir Näheres ga nichts bekannt ist, Erklärungen abzugeben. Nur das weiß ich, daß i Staatsanwalt, wenn gegen die Firma Verbrechen und Vergehen 96 gekommen waren, verpflichtet ist, einzuschreiten, sobald er durch G Verhaftung sich des Täters hat bemächtigen können. Ferner war de Staatsanwalt durchaus berechtigt, Briefe, die für den Prozeß gegen Richter, der wegen Vergehens gegen die Firma Siemens und Schucken in Untersuchung gekommen war, von Bedeutung waren, zu den Aktat gegen Richter zu nehmen; Briefe aber, die für diese Strafsache nicht 9 Bedeutung waren, nicht zu diesen Akten zu nehmen. (Zurufe bei 1 Sozialdemokraten.) Die Feststellung der Zulässigkeit dieses Verfahrens ist nicht von mir allein erfolgt; sie hat die Zustimmung des Landgerich und des Reichsgerichts gefunden. Wenn nun schließlich der Herr Ab⸗ geordnete sagte, die Briefe seien in einem Geheimschrank verschwunden, so ist das eine rednerische Wendung; was soll denn das heißen? sind eben nicht zu den Akten gegen Richt den. 8 er gebracht wor An⸗ 8 Dann hat schließlich der Herr Abgeordnete noch einen harten? 8 griff gegen die Gerichte erhoben. Der Herr Präsident hat schon denh hingewiesen, daß dies der Ordnung widerspreche. Ich habe auch de Gericht zu verteidigen, und ich habe, ohne daß ich in der Lage gewesen bin, den Prozeß so zu studieren, wie es der Herr Abgeordnete getan zu haben scheint, die volle Ueberzeugung, daß das Gericht bei der Ab⸗ setzung der Urteilsgründe nichts getan hat, als was es mit seinem Ge⸗ wissen und seiner Pflicht vereinbaren kann. Eebhafter Beifall.) Der Herr Abgeordnete geht darauf aus, das wissen wir nachgerade, immer wieder die Behörden und namentlich die Gerichte durch Angriffe herab⸗ zusetzen. Und auch heute ist vieles oder alles von dem Herrn Abgeord⸗ neten nur zu diesem Zweck vorgebracht worden; dabei ist er, weil er aus neuerer Zeit nicht genügend Stoff hatte, noch auf ganz alte Sachen zurückgegangen, über die wir uns schon oft unterhalten haben. Gegelt ein derartiges Vorgehen muß ich entschieden Widerspruch erheben. All Ausführungen des Herrn Abg. Dr. Liebknecht gereichen nicht, wie er meinte, der Justiz zur Unehre; die Gerichte und die Behörden werden bestrebt bleiben, da, wo die Partei des Herrn Abgeordneten, er selber oder wer es sonst sei, gegen das Gesetz verstößt, so einzuschreiten, wie es ihre Verantwortung und Pflicht erfordert. (Lebhafter Beifall.) . Abg. Dr. Blankenburg nl.) beschwert sich über die Kon kurrenz der Gefängnisarbeit gegenüber der freien Arbeit. st Abg. Band (kons.); Ich muß auf das schärfste Protess gegen die Art und Weise erheben, wie die Abgg. Liebknecht und offmann hier gegen die preußischen Richter aufgetreten sind. Unsele Fhre als Richter steht zu hoch, als daß diese Verunglimpfungen 9 uns heranreichen. Wir müssen den Schleier hinwegziehen, als 18 diese Reden gehalten würden aus Interesse an der Sache und 8* Gerechti keit. Nein, sie werden aus Agitationsbedürfnis gehalten, um die Massen aufzupeitschen. Das hat der Abg. Liebknecht auff gen Parteitage zu Jena selbst erklärt. Die Herren möchten den 58 haben, außerhalb des Hauses so aufzutreten, dann werden sie erlehen daß wir noch Richter und Staatsanwälte haben, die diese Redeng richtig würdigen. (Zuruf bei den Soz. — Ruf rechts: Ruhe! — tter⸗ r a sih ent ersucht den Abg. Hoffmann, die Zwischenrufe zu un 2r assen. Seien Sie froh, daß wir nach Recht und nicht nach veg⸗ Gefühle richten, sonst würden Sie vielleicht noch schlechter vn kommen, denn die Richter auch Menschen, und es könnte, recht einem Richter einmal die Galle überlaufen. Dem Abg. Liebknens verspreche ich, beim nächstjährigen Justizetat jedem seiner Fälle meh it. älle gegenüberzustellen, wo in seiner Partei dasselbe passiert ung ute will ich nur zwei Fälle herausgreifen, erstens die Behandꝛant des Genossen Hildebrand auf dem Parteitage, von dem Dr. Fllde⸗ sagt, daß nicht einer der sozialdemokratischen Richter das Hin s brandsche Buch gelesen habe, weswegen er verurteilt wurde. Kan sind etwas bei einem Gerichtsverfahren passieren? Der zweite Fal⸗ qus⸗ die sechs Vorwärtsredakteure, die ohne jede Veranlassung hingaa⸗ geflogen sind. Man hat sich vorher noch nicht einmal mit delüssen, klage bekannt gemacht. Uns Richter können Sie nicht beeinfüamgem aber es gibt noch Geschworene und Schöffen, die unter Ums im beeinflußt und boykottiert werden können. Ich bitte dringende ihr neuen Strafgesetzbuch einen Schutz für diese Leute zu schaffenrir ver⸗ Richteramt in kreuer Redlichkeit erfüllen und zum Lohn jdelir alle folgt werden. „Ohne Ansehen der Partei, aber Gerechtigkeitzie noch ist unser Grundsatz, und darum auch Gerechtigkeit gegen linksz, wie es uns Pflicht und S lehrt. haft an Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Wir können die Autorsch Graf diesem Prozeß dem Kronprinzen mitzuschreiben⸗ APersSh EE1 von Schwerin ruft den Redner für diese seußenun grassen, die Der Justizminister hat sich damals birgeihene öh Korruption, die im Falle Krupp enthüllt s. von Sch merkungen über mich ... EPraäsident De⸗ unzulässig.) In dem a Der Ausdruck „höhnende Bemerkungen pollkommene Kenntnis deren Falle hat der Justizministfn Uirtein keinen Wert. Was Tatsachen. Infolgedessen, hat iit den Akten entnommen. Die gessgt habe über diesen Prelcherintung; sie gehörten zur Sache. Der bohlenen Papiefe waren von Bdaß nur vie Papiere, die nict. —. Justizminister hat festgeste rtnommen werden dürfen. Der M Sache gehören, den Akten entn 3 Wert Hore, Der h Ult weil die Dokumente großen Wert haben. Aber de wurde verurteilt, weil Gericht; Ver be Inhalt der Briefe ist vom Gericht in der Verhandlung nicht Fahalt, der ne Diese Dokumente hat der Staatsanwalt Simol Kenntnis gebracht. Dier “ 8 Sind deutsche vom Landgericht Berlin II heute noch in Verwahrung. Sind deut nng Gerichte dazu da, um Papiere verschwinden zu lassen? Die Auffassung des Justizministers zeugt von einer unkonstitutionellen Ansicht von 5 Stellung des Parlaments, wenn er sagt, wie hab in Recht,! Stellung des „agt, wir haben kein Recht, Ale teile zu kritisieren. Ich habe der Tüchtigkeit unserer Richter stets A Achtung widerfahren lassen. Ich greife den einzelnen Richter nicht
1 9. . 7 die persönlich an, sondern ich will nur an Beispielen, .
Richtigkeit. der Auffassung demonstrieren, daß die Richt⸗ unter politischen, sozialen und sonstiaen Einwirkungen stehen
„ 8 26 Dazu gehört vor allem die großkapitalistis⸗ e von der Art nus „Lokalanzeigers“. Alle unsere Redon 1 ibe nres Etats klingen nes in eine Anklage gegen die Justiz. Deshalb mag der Vorrednergor⸗ seinem Material kommen und mil uns das Tänzlein wagen. Den bo⸗ redner hat für seine Behauptung, daß Schöffen und Geschwaß⸗ olche einflußt werden, kein Beispiel beigebracht. Wir bestreiten, daah das Fälle vorgekommen sind. Wäre es aber einmal vorgekommen, Bätten ver⸗ kin Beispiel dafür, daß Ihre bösen Beispiele einmal gute Sittwnocheg dorben haben. Die beiden Fälle, von denen der Vorrecne handelt sich hat, sind von uns Dutzende von Malen nachgeprüft. Cat über ihne darum, daß eine politische Partei Grenzen getce Fäan Mitgliedschaft. Das ist etwas ganz anderes als die
(Fortsetzung in der Dritten Beilage⸗)