1883 / 21 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Jan 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Das „Armee⸗Verordnungs⸗Blatt“ gende Allerhöchste Kabinetsordre:

Meine Armee hat heute in Meinem in Gott entschlafenen ge⸗ liebten Bruder, dem General⸗Feldzeugmeister Prinzen Carl von Preußen Königliche Hoheit, ihren ältesten General verloren, der ihr über 70 Jahre in hohen Ehren und mit wärmsten Herzen angehört hat. Es wird der Armee ein tief empfundenes Bedürfniß sein, an Meiner und Meines Hauses schmerzlichen Trauer um den Verstorbenen Antheil zu nehmen, und bestimme Ich demzufolge:

1) Sämmtliche Offiziere der Armee und Marine legen, vom Tage des Eingangs dieser Ordre ab, 14 Tage hindurch den Trauerflor um den Arm an.

2) Bei dem Grenadier⸗Regiment Prinz Carl von Preußen (2. Brandenburgischen) Nr. 12, bei dem Schleswig⸗Holsteinischen Ulanen⸗Regiment Nr. 15 und bei der gesammten Artillerie währt diese Trauer 3 Wochen. 8

Sie haben hicrnach das Weitere zu veranlassen.

Berlin, den 21. Januar 1883. 8 Wilhelm. An den Kriegs⸗Minister.

Gestern Morgen wurde die Leiche Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl, angethan mit der Uniform der Garde-Artillerie mit den Abzeichen des General⸗Feldzeug⸗ meisters, in den Sarg gelegt und um 2 Uhr Mittaas von dem Minister des Königlichen Hauses und dem Justiz⸗Minister im Beisein des Hofmarschalls und der drei Adjutanten des dahin⸗ geschiedenen Prinzen rekognoscirt. Hierauf wurde der Sarg geschlossen und in den weißen Stucksaal der ersten Etage des Palais gebracht. Der Sarg, aus Zink, mit schwarzem Sammet bekleidet, der untere Theil reich mit goldenen Palmenblättern und goldenen Arabesken geschmückt, ruht auf goldenen Löwenfüßen und ist mit goldenen Griffen an seinem unteren Theile verziert. Der Sargdeckel, der einfach in schwarzem Sammet gehalten ist, trägt auf der einen Seite das große achtspitzige Kreuz des Johanniter⸗ Ordens. Auf dem Kopfende des Sarges war die große prinz⸗ liche Krone auf purpurnem Sammetkissen befestigt, zu Füßen des Sarges zwei Tabourets mit den Insignien und Orden aufgestellt. In dem Saale waren die drei großen Rundbogenfenster, welche nach dem Hofe und dem Garten führen, schwarz verhängt, die weißen Marmorwände mit schwarzen Festons ausgestattet und die Rückwand in einen Hain von Palmen und exotischen Gewächsen umgewandelt. Am Kopfende des Sarges, den vier hohe silberne Gueridons um⸗ gaben, erhob sich eine weiße Marmorsäule, den Engel des Friedens auf der Spitze. Eine Fülle von Kränzen, Palmen⸗ zweigen und Kreuzen bedeckten den Sarg. Die Ehrenwache am Eingange des Saales hielten 2 Sergeanten vom 1. Garde⸗ Feld⸗Artillerie⸗Regiment, während im oberen Treppenvestibul 2 Krongardisten paradirten.

Gegen 8 Uhr Abends erfolgte die Anfahrt des Hofes und der fremden Fürstlichkeiten, die sich im Gartensaal versam⸗ melten, wo die Ankunft Sr. Maäjestät des Kaisers und Königs erwartet wurde. Sobald Allerhöchstderselbe erschienen war, setzte sich der Zug unter Vortritt des Hofmarschalls, und zwar zunächst Se. Majestät der Kaiser, Allerhöchstseine Schwester führend, sodann Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschasten, der Großfürst Nikolaus von Rußland, der Herzog und die Herzogin von Edinburg, die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses, der Großherzog und die Großherzogin von Baden, der Großherzog von Mecklenburg, der Erbgroßherzog von Oldenburg mit Gemahlin, der Prinz August von Württem⸗ berg, über die goldene Treppe nach dem Paradezimmer in Bewegung, wo in einem Halbkreise vor dem Kata⸗ falk auf Sesseln Platz genommen wurde. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte der Trauerfeier, in ihrem Tragsessel sitzend, in einer für Allerhöchstdieselbe neben dem Sarge hergerichteten Loge bei. Sobald der Zug den Saal betrat, stimmte der Domchor den Gesang: „Selig sind die Todten“ an. Als die letzten Klänge verhallt waren, trat der Ober⸗Hofprediger D. Kögel an den Sarg und hielt die Ge⸗ dächtnißrede. Mit dem Liede: „Was Gott thut, das ist wohlgethan!“ schloß die ernste Feier.

Heute Nachmittag um 2 Uhr fand im Dome, in welchen die Leiche gestern Abend 11 Uhr überführt worden, die Trauerfeier statt. Der Sarg, der außer der Fürstenkrone und den Abzeichen des Johanniter⸗Ordens mit dem kostbarsten

weißen und grünen Blüthen⸗ und Blätterschmuck geziert war, stand unmittelbar vor dem Altar aufgebahrt; zwischen diesem und dem Katafalk befand sich der Platz für die evangelische Geistlichkeit der Haupt⸗ und Residenzstadt Berlin. Sechs Kandelaber, zu beiden Seiten des Altars aufgestellt, erleuchteten außer den Flammen an den Seitenwänden das fernere der schwarz ausgeschlagenen Kirche. Vor den Kandelabern standen zehn Tabourets, auf welchen die Insignien lagen. Zwischen 1 und 2 Uhr wurde mit den Glocken sämmtlicher Kirchen der Stadt in drei Pausen geläutet, wozu die Domkirche das Zei⸗ chen gab. Als zuerst geläutet wurde, trat der Hosmarschall des verstorbenen Prinzen, Kammerherr Schloßhauptmann von Königsberg, Graf von Dönhoff, an das Kopfende des Sarges, auf welchem, und zwar auf einem Kissen von drap d'r, die Krone ruhte. Gleichzeitig mit dem Hofmar⸗ hall stellten sich die Adjutanten des verstorbenen Pri „Oberst⸗Lieutenant von Unruh, Hauptmann von Sluyterman⸗Langeweyde und Hauptmann von Witzleben, sowie die dazu kommandirten Offiziere und Ritter des Johan⸗ niter⸗Ordens zu beiden Seiten des Sarges hinter die Tabou⸗ rets, auf welchen die Insignien auf Kissen von Drap d'argent ruhten und zwar: a. hinter das vom Kopfende des Sarges rechts besindliche Tabouret mit der Kette des Schwarzen Adler⸗ Ordens, dem Orden pour le mérite und dem Eisernen Kreuze der Oberst und Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers von Lindequist, Commandeur des 1. Garde⸗Regiments z. F.; b. hinter das vom Kopfende des Sarges links befind⸗ liche Tabouret mit dem Kommandostabe der Oberst von Lettow⸗Vorbeck, Commandeur des Grenadier⸗Regiments Prinz Carl von Preußen (2. Brandenburgisches Nr. 12); c. hinter das rechts in zweiter Reihe befindliche Tabouret mit der Kette des Königlichen Haus⸗Ordens von Hohenzollern und den anderen Königlich preußischen Orden und Kriegsdenkmünzen: der Oberst von Kretschman, Commandeur des 3. Garde⸗ Grenadier⸗Regiments Königin Elisabeth; d. hinter das links in zweiter Reihe befindliche Tabouret mit den Insignien des Käaiserlich russischen St. Georgs⸗Ordens und der Kaiserlich russischen Kriegsdenkmünzen: der Oberst Lieutenant Chales de

Beaulier, Commandeur des Schleswig⸗Holsteinischen Ulanen⸗

veröffentlicht fol⸗

Regiments Nr. 15; e. hinter das rechts in dritter Reihe be⸗ findliche Tabouret mit den Ordens⸗Insignien des Herren⸗ meisters: der Oberst von Balluseck, Commandeur des 2. Garde⸗ Feld⸗Artillerie⸗Regiments, Rechtsritter des Johanniter⸗Ordens; hinter das links in dritter Reihe befindliche Tabouret mit dem Schwerte des Herrenmeisters: der Oberst⸗Lieutenant von Prittwitz und Gaffron, Commandeur des Großherzoglich Hes⸗ sischen F ld⸗Artillerie Regiments Nr. 25, Rechtsritter des Jo⸗ hanniter Ordens; g. hinter das rechts in vierter Reihe befind⸗ liche Tabouret mit den anderen fremden Kriegsorden und Denkmünzen: der Oberst⸗Lieutenant von Elern, Führer des 1. Brandenburgischen Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 3, Ge⸗ neral⸗Feldzeugmeister; h. hinter das links in vierter Reihe befindliche Tabouret mit dem Helm: der Oberst⸗Lieutenant von Unruh; i. hinter das rechts in fünfter Reihe befindliche Tabouret mit den Ritterhandschuhen der Hauptmann von Sluyterman⸗Langeweyde; k. hinter das links in fünfter Reihe befindliche Tabouret mit den Sporen der Haupt⸗ mann von Witzleben. Gleichzeitig stellen sich auch die hier an⸗ wesenden Commendatoren des Johanniter⸗Ordens auf die Estrade zu beiden Seiten des Kopfendes des Sarges. Die anwesenden Deputationen der preußischen Regimenter, deren Chef der hochselige Prinz war oder denen Höchstderselbe à la suite angehörte, und zwar: 1) vom 1. Garde⸗Regiment z. F.; 2) vom Grenadier⸗Regiment Prinz Carl von Preußen (2. Brandenburgisches Nr. 12); 3) vom Schleswig⸗Holstei⸗ nischen Ulanen⸗Regiment Nr. 15; 4) vom 1. Brandenburgischen Feld⸗Artillerie⸗ Regiment Nr. 3 (General⸗Feldzeugmeister); 5) vom 2. Brandenburgischen Feld⸗Artillerie⸗Regiment Nr. 18 (General⸗Feldzeugmeister) und 6) vom Brandenburgischen Fuß⸗Artillerie⸗Regiment Nr. 3 (General⸗Feldzeugmeister), sowie die Deputationen fremdherrlicher Regimenter, deren Chef der Prinz war, ordneten sich am Fußende des Sarges unten auf der Estrade. Die Dienerschaft des Verschiedenen stellte sich im offenen Raum unter der Kanzel auf. Die zur Feier ein⸗ geladenen Personen, die Obersten Hof⸗, die Ober⸗Hof⸗ und die Hofchargen, die General⸗Adjutanten, die Generale à la suite und die Flügel⸗Adjutanten, die Prinzlichen Hofstaaten, die General⸗Feldmarschälle, die hier anwesenden Ritter des Ordens vom Schwarzen Adler, die Chefs Fürst⸗ licher Häuser, der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, die Generale der Infanterie und der Kavallerie, die Staats⸗ Minister, die Bevollmächtigten zum Bundesrath, die Präsi⸗ denten und Deputationen des Reichstages und beider Häuser des Landtages, die General⸗Lieutenants, die Wirklichen Ge⸗ heimen Räthe, die General⸗Majors, die Räthe erster Klasse, die Obersten und die in Regiments⸗Commandeur⸗Stellungen befindlichen Offiziere, die Räthe des Ministeriums des König⸗ lichen Hauses, die Königlichen Kammerherren, die hier an⸗ wesenden Ritter des Johanniter⸗Ordens, die Deputationen der sonst geladenen Körperschaften und die Kammerjunker hatten sich um 1 Uhr im unteren Raume der Kirche ver⸗ sammelt.

Die zur Beisetzung kommandirten Truppen bestanden aus einer Escadron des Garde⸗Kürassier⸗Regiments mit der Stan⸗ darte und dem Trompeter⸗Corps, einer Escadron des 1. Garde⸗ Dragoner⸗Regiments und einer Escadron des 2. Garde⸗ Ulanen⸗Regiments, Mse drei Sehe unter dem Befehl des Obersten von Ostau, Commandeurs des Garde⸗ Kürassier⸗Regiments. Von der Garde⸗Infanterie, unter dem Kommando des Obersten von Wißmann, Commandeurs des 2. Garde⸗Regiments z. F. waren ein Bataillon vom 2. Garde⸗Regiment z. F. mit der florumhüllten Fahne, den Spielleuten und der Regimentsmusik, ein Bataillon vom Kaiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 1 und ein Bataillon vom 3. Garde⸗Regiment z. F. zugegen. Die Ar⸗ tillerie hatte 12 Geschütze mit dem Trompetercorps gestellt. Die ganze Trauerparade wurde vom General à la suite Ge⸗ neral⸗-Major Grasen von Alten, Commandeur der 1. Garde⸗ Kavallerie⸗Brigade, befehligt. Die Kavallerie und Infanterie nahm im Lustgarten, die Artillerie in der Cantianstraße Auf⸗ stellung. Sämmtliche Truppen waren im Paradeanzuge, mit dem Abzeichen der Armeetrauer, erschienen. Eine dichtgedrängte, unabsehbare Volksmenge umgab in ehrfurchtsvollem Schweigen den Dom und das Schloß.

Sobald die Allerhöchsten Herrschaften und die an⸗ wesenden Höchsten Leidtragenden erschienen waren, nahmen Dieselben auf den im Halbkreise vor dem Altare aufge stellten Sesseln Platz; das Gefolge ordnete sich hinter Denselben. Hierauf begann der Gottesdienst. Nachdem der Domchor: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“ (Hiob 19, 25— 27) ge⸗ sungen hatte, wobei die oberste Stimme: „Christus, der ist mein Leben, Sterben ist mein Gewinn“ begleitete, sprach der Hofprediger D. Baur das Eingangsgebet und die Liturgie. Die Gemeinde sang alsdann: „Jesus, meine Zuversicht“, worauf Ober⸗Hofprediger D. Kögel, anknüpfend an Ebräer 4, 9 und 10 (Darum ist noch eine Ruhe vorhanden), die Gedächt⸗ nißrede hielt, in welcher derselbe auch den Lebenslauf des Verewigten schilderte. Es folgte Gebet und Einsegnung der Leiche, worauf der Chor: „Sei getreu bis in den Tod, so will ich Dir die Krone des Lebens geben“, anstimmte. Das Gebet des Herrn, der Segen und der Geneindegesang: „Jesus, er mein Heiland lebt“, schloß die er⸗ hebende und ergreifende Feier. In dem Augenblick, wo der Geistliche den Segen über die sterbliche Hülle des Prinzen sprach, wurden dreimal zwölf Kanonen in der Cantianstraße gelöst und drei Salven von den im Lustgarten aufgestellten Bataillonen gegeben. Noch einmal beteten der Kaiser und die andern hohen Leidtragenden an dem Sarge, um dann in aller Stille das Gotteshaus zu verlassen. Die Orgel fuhr mit der Mufik fort, bis der Hof und die anderen Anwesenden den Dom wieder verlassen hatten. Nach Lösung der Kanonen E wiederum mit allen Glocken eine halbde Stunde lang geläutet.

Der Sarg verbleibt bis Abends 8 Uhr in der Parade⸗ aufstellung im Dome, um sodann nach Nikolskoe bei Potsdam übergeführt zu werden, und zwar geleitet die Leiche bis Zehlendorf reitende Artillerie, von dort ein Theil des Regiments der Garde du Corps. In der Kirche von Nikolskoe giebt die Leib⸗ compagnie des ersten Garde⸗Regiments die Ehrenwache ab. Um zwei Uhr Nachts wird in Nikolskoe der Sarg mit den üblichen Ehren in die Gruft gesenkt.

Sitzung

Der Schlußbericht über die gestrige des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.

Der General⸗Lieutenant Freiherr von Los, General⸗ Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Com⸗

mandeur der 5. Division, welcher zum Ehrendienst bei Sr.

Königlichen Hoheit dem Herzog von Edinburg befohlen worden, ist aus Frankfurt a. O. hier eingetroffen.

Der General⸗Lieutenant von Boehn, Commandeur der 21. Division, ist behufs Abstattung persönlicher Meldungen aus Frankfurt a. M. hier angekommen.

Der General⸗Lieutenant Freiherr von Salmuth, Commandeur der 7. Division, ist aus Magdeburg hier einge⸗ troffen.

Zu den Trauerfeierlichkeiten für den verewig⸗ ten Prinzen Carl, Königliche Hoheit, sind u. A. hier ein⸗ getroffen: die General⸗Lieutenants von Helden⸗Sarnowski, Inspecteur der 1. Feld⸗Artillerie⸗Inspektion, von Bychelberg, Inspecteur der 3. Feld⸗Artillerie⸗Inspektion, und von Scheliha, Inspecteur der 4. Feld⸗Artillerie⸗Inspektion, die Ge⸗ neral⸗Majors von Lyncker, Commandeur der 6. Feld⸗Artillerie⸗ Brigade, von Lewinski, Commandeur der 2. Feld⸗Artillerie⸗ Brigade, von Zglinitzki, Commandeur der 9. Feld⸗Artillerie⸗ Brigade, von Schroetter, Commandeur der 10. Feld⸗Artillerie⸗ Brigade, und von Krieger, Commandeur der 7. Feld⸗Artillerie⸗ Brigade, sowie die Obersten von Deimling, Commandeur der 5. Feld⸗Artillerie⸗Brigade, von Fragstein⸗Niemsdorff, Com⸗ mandeur der 11. Feld⸗Artillerie⸗Brigade, Schüßler, Comman⸗ deur der 8. Feld⸗Artillerie⸗Brigade, und Jacobi, Commandeur der 15. Feld⸗Artillerie⸗Brigade. Außerdem ist eine größere Anzahl von Regiments⸗Commandeuren und Deputationen der bezüglichen Artillerie⸗Regimenter sowie ferner Deputationen des Grenadier⸗Regiments Prinz Carl von Preußen (2. Bran⸗ denburgischen) Nr. 12 und des Schleswig⸗Holsteinischen Ulanen⸗ Regiments Nr. 15 hier angekommen.

Bayern. München, 23. Januar. (W. T. B.) Prinz Arnulph begiebt sich heute Abend im Auftrage des Königs zu den Leichenfeierlichkeiten nach Berlin.

Sachsen. Dresden, 23. Januar. (Dr. J.) Der General⸗Adjutant, General⸗Lieutenant von Carlowitz wird sich im Allerhöchsten Auftrage nach Berlin begeben, um da⸗ selbst in Vertretung des Königs an den Feierlichkeiten der Beisetzung der Leiche weiland Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl von Preußen Theil zu nehmen.

Mecklenburg. Schwerin, 22. Januar. Nachdem mit den Ständen über eine Aenderung der unter dem 3. März 1879 publizirten Normativbestimmungen für die Bewilligung von Unterstützungen aus Landesmitteln zum Bau von Neben⸗ oder Sekundär⸗Eisenbahnen Verhandlungen stattgefunden haben, werden die aus denselben hervorgegan⸗ genen neuen Bestimmungen vom 8. d. M. durch die heutige Nummer der „Mecklenburgischen Anzeigen“ zur Kenntniß gebracht.

Anhalt. Dessau, 22. Januar. (Leipz. Ztg.) Die Einberufung der anhaltischen Landessynode zu einer 14 tägigen Thätigkeit vom 29. d. M. an ist jetzt erfolgt. Vor Eröffnung der Berathungen über Einführung einer neuen Agende und eines neuen Gesangbuches wird in der Schloß⸗ kirche ein feierlicher Gottesdienst stattfinden.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 24. Januar. (W. T. B.) Der Kaiser hat den König von Spanien zum Oberst⸗ Inhaber eines Infanterie⸗Regiments ernannt. Wie der „Neuen Freien Presse“ aus Görz gemeldet wird, treffen der Graf und die Gräfin Chambord Vorbereitungen zur Abreise; wie es heißt, würden sich dieselben nach Italien be⸗ geben. Der russische Minister des Auswärtigen von Giers ist hier eingetroffen und von dem russischen Botschafter Fürsten Lobanoff, dem Personale der Botschaft, dem Fürsten Urussoff und dem Grafen von der Osten⸗Sacken empfangen worden.

Pest, 23. Januar. (W. T. B.) Im Unterhause be⸗ kämpfte bei der heute fortgesetzten Berathung der Interpella⸗ tion des Tapolczaer Wahlbezirkes um Aufhebung der Juden⸗ Emanzipation der Abg. Jokai unter lebhastem Beifalle des Hauses die Ausführungen der Gegner und trat energisch für die volle Gleichberechtigung der Juden ein. Minister⸗Präsident Tisza wies auf die nüchterne Auffassung der Majorität der Bevölkerung hin, sowie darauf, daß seit der Emanzipation hinsichtlich der gesellschaftlichen Verschmelzung der Juden Vieles geschehen sei. Der Antisemitismus werde in gesellschaftlichem Wege zur Austragung gelangen; nur wenn die Gesellschaft sich hierzu als unzulänglich erweise, würden außerordentliche Mittel und Ausnahmegesetze erforderlich werden. Die ungarische Gesell⸗ schaft werde hoffentlich die Regierung nicht hierzu zwingen. Die weitere Debatte wurde schließlich auf Sonnabend vertagt.

Großbritannien und Irland. London, 23. Januar. (W. T. B.) Oberst Elphinstone ist nach Berlin ab⸗ gereist, um den Herzog und die Herzogin von Connaught bei den Leichenfeierlichkeiten zu vertreten.

Nach Meldung der „London Gazette“ hat der Hof für den verstorbenen Prinzen Carl von Preußen vom 23. d. M. bis zum 2. k. M. Trauer angelegt.

Frankreich. Paris, 23. Januar. (W. T. B.) Heute Vormittag fand unter dem Vorsitz des Conseilspräsidenten Duclerc ein Ministerrath statt. Später traten die Minister unter dem Vorsitz des Präsidenten Grévy im Palais Elysée nochmals zu einer Berathung zusammen. Den heutigen Berathungen der Bureaux der Depu⸗ tirtenkammer wohnte kein Minister bei.

23. Januar. (W. T. B.) Bei der heute in den Bure auxstatt⸗ gehabten Wahl einer Kommission für die Vorberathung des Gesetzentwurfs über Maßregeln gegen die Thronprätendenten wurden 4 Mitglieder gewählt, welche den Vorlagen der Regierung mit gewissen Einschränkungen zustimmen; 6 Mitglieder sind für den Antrag Floquet (Aus⸗ weisung sämmtlicher Mitglieder ehemaliger Regentenfamilien Frankreichs), ein Mitglied für den Antrag Ballue (Entfernung der Prinzen von Orleans aus der Armee). Von den bei der Wahl der Kommission abgegebenen Stimmen fielen etwa 80 auf Mitglieder, welche im Ganzen für die Regierungsvorlagen sind, und 122 auf Anhänger des Antrags Floquet.

23. Januar, Abends. (W. T. B.) Die Gerüchte von einer Ministerkrisis bestätigen sich der „Agence Havas“ zufolge nicht. Der Ministerrath hat beschlossen, morgen in der heute gewählten Kommission zur Vorberathung des Gesetz⸗ entwurfs über Maßnahmen gegen die Thronprätendenten

Erklärungen abzugeben. Morgen findet wiederum ein Minister⸗ rath statt.

I Januar. (W. T. B.) Von den meisten Mor⸗ genblättern wird eine Ministerkrisis als bevorstehend angesehen.

9 Die Kaiserin Eugenie ist heute früh nach England zurückgereist.

Spanien. Madrid, 23. Januar. (W. T. B.) Der König empfing heute Deputationen der obersten Staats⸗ körperschaften und machte denselben von der Verlobung der Infantin della Paz mit dem Prinzen Ludwig Ferdinand von Bayern offizielle Mittheilung.

Italien. Rom, 23. Januar. (W. T. W.) Das Zuchtpolizeigericht hat Valeriani zu drei Jahren Ge⸗ fängniß verurtheilt. Der Staatsanwalt hatte 5 Jahre bean⸗ trat unter Hinweis auf die Absichtlichkeit der That. Der Vertheidiger verlangte Freisprechung, weil kein Artikel des Strafgesetzes auf den vorliegenden Fall anwendbar sei.

Türkei. Konstantinopel, 23. Januar. (W. T. B.) Anläßlich mehrerer Vorkommnisse theilte die Pforte den Bot⸗ schaftern mittelst einer Note mit, daß alle Schildwachen und Wachposten auf Befehl des Kriegs⸗Ministers angewiesen seien, gegen Jeden, welcher den ihnen ertheilten Instruktionen zuwiderhandele, nach erfolgter Aufforderung von den Waffen Gebrauch zu machen. Ueber die Antwort der Pforte auf das letzte Rundschreiben Lord Granville's ist noch Nichts bekannt. In politischen Kreisen gehen die Ansichten in dieser Hinsicht stark auseinander. Man glaubt, die Pforte werde namentlich auf gewisse ihren Rechten widerstreitende Punkte des Rundschreibens hinweisen.

Rumänien. Bukarest, 23. Januar. (W. T. B.) Die in Galatz wohnenden Mitglieder der europäischen Donaukommission, darunter der rumänische Oberst Pen⸗ covic sind nach London abgereist. Die Donau und die Sereth sind an mehreren Stellen ausgetreten. Die Eisen⸗ bahn von Braila nach Barbosch ist überschwemmt, die Ver⸗ bindungsbahn zum Hafen von Galatz bedroht. Das Wasser steigt noch.

Serbien. Belgrad, 23. Januar. (W. T. B.) Nach Annahme des französisch⸗serbischen Handelsvertrags wurde die Skupschtina mit einer Thronrede geschlossen, in welcher die patriotische Hingebung der Skupschtina hervor⸗ gehoben wird. Durch diese sei der Abschluß der Handelsver⸗ träge und Konsularkonventionen mit allen Großmächten, Re⸗ formen in allen Verwaltungszweigen, die Gründung einer Nationalbank, die Hebung des Landeskredits und die Reor⸗ ganisation des Heeres ermöglicht. Der König sprach schließ⸗ lich der Skupschtina seinen Dank aus für ihre mühevolle Pflicht⸗ erfüllung. Der Feierlichkeit wohnten die Minister, die Mit⸗ glieder des diplomatischen Corps, Senatoren und andere Wür⸗ denträger bei. Der König wurde bei seinem Erscheinen mit lebhaften Ziviosrufen empfangen.

Amerika. Washington, 23. Januar. (W. T. B.) Gegen den gegenwärtig dem Kongresse vorliegenden Zoll⸗ tarif gehen zahlreiche Petitionen von Fabrikanten und Ar⸗ beitern ein, in denen gegen jede Zollreduktion protestirt und die Erhöhung des Tarifs für spezifische Artikel befür⸗ wortet wird.

Zeitungsstimmen.

In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ lesen wir, daß in einer gegen Hrn. Professor Dr. Nasse ge⸗ richteten Schrift: „Schutzzoll und deutsche Waarenausfuhr“ der Verfasser Hr. Gustav Tuch die Behauptung bekämpft, daß die Lage der deutschen Exportindustrie durch die Vertheuerung der Lebensmittel in Folge der Zölle verschlechtert worden sei, und daß derselbe solgende Thatsachen zur Widerlegung des Prof. Nasse anführt:

Altong und Ottensen, die beiden Nachbarstädte an der Elbe, gehen direkt in einander über und sind nur durch die Zollgrenze ge⸗ schieden. Altona ist Zollausland, Ottensen liegt im Zollgebiet. Der freihändlerischen Theorie nach müßten die Arbeiter in Ottensen, deren es in dieser Industriestadt recht viele giebt, ein schlechteres Leben als in Altona führen. Die Konsumenten Ottensens müßten im Kleinverkehr die Wirkungen der viel umstrittenen Getreide⸗ und Fleischzölle empfinden; die Freihafenstadt Altona müßte auf Vor⸗

theile gegenüber dem preußischen Nachbarorte hinweisen können. Die

folgenden, von berufener Seite am 19. Mai 1881 festgestellten Preise haben sich am gedachten Tage indeß sowohl für Altona, als für Ot⸗ tensen als marktgängig ergeben. Es kosteten nämlich in beiden Städten: Roggenmehl 10 PFsd. . do. feinste Sorte 10 Pfd. Weizenmehl pro Pfd.. do. 200 Pfd. . do. orbinre Sorte . Roggenbrot, durchschnittlich 2400 Gr. für. 6 Weizenbrot (Rundstücke), 500 Gr. (zwei Mal 12 und 14 9, 10, 11 13,5 14 136 10 ₰4 90 4 180, 200

frisch ins Haus gebracht). CGc do. pro 100 Pfd.. Hafer pro 150 Pfd. Saathafer pro 150 Pfd. Mais pro 2000 Pfd.. do. pro Pfd.. bo. pro 10 S... Maismehl pro 200 Pfd.. Buchweizen pro 2000 Pfd. Buchweizenmehl pro Pfd.. 16, 18 11111121““ Äbbb1ö111ö1ö151.“] 14““ abeöö—” Butter pro Pfd.. 8 90 bis 1,40 Syrup pro Pfd. . y111611 ob 14114A“4“*“ Ochsenfleisch, bestes Bratenfleisch pro Pfd. . 90 11A4*“ woo11.4X4*“*“ .FvKRRññZqͤI 66 ““ KK⁊+N m h1111413151464* 124121211.“ Kalbfleisch, bestes Bratenfleisch. . 100 A u111A“* öcbbbbbbbbböbb-s; ackfleisch. .80 a 188 Schweinefleisch, bestes Bratenfleisch 90 Z%% Alle diese Lebensmittel und viele andere waren nicht nur an dem genannten Tage in Ottensen zu denselben Preisen am Markt

*

wie in Altona, sondern sie sind in der Regel nicht theurer, wohl aber zu Zeiten in Ottensen billiger, als in Altona.

Nach Anführung dieser Daten sagt Hr. Gustav Tuch:

Meines Erachtens sollte man sich angesichts solcher Thatsachen mit den Aeußerungen grauer Theorie über die Wirkung der Zölle auf den Kleinverkehr doch etwas mäßigen.

Aus Meißen berichtet man dem genannten Blatte:

Der Geschäftsumsatz der hiesigen städtischen Sparkasse wirft ein erfreuliches Licht auf die zunehmende Besserung der Erwerbsverhält⸗ nisse unter den kleinen Leuten, denn diese sind es doch vornehmlich, die ihre Ersparnisse in der Sparkasse ansammeln. 1881 betrugen die Einlagen 907 955 ℳ, die Rückzahlungen 809 663 ℳ, also das eigent⸗ lich ersparte Kapital ohne die gutgeschriebenen und nicht abgehobenen Zinsen 98 292 1882 beliefen sich die Einlagen auf 1 007 368 ℳ, die Rückzahlungen auf 893 222 ℳ, der ersparte Ueberschuß also auf 114 146 ℳ, also war die ersparte, nicht wieder abgehobene Summe 1882 um 15 854 oder 16 % größer als 1881.

Die „Deutsche volkswirthschaftliche Corre⸗ spondenz“ bespricht die angebliche Vertheuerung der Preise durch indirekte Steuern. Dabei wird u. A. ausgeführt:

Wir wissen ebenso gut wie unsere freihändlerischen Gegner, daß kein Pfennig vom Ertrage indirekter Steuern aus der Luft fallen kann, sondern daß Alles an irgend einer Stelle getragen werden muß; auch ist es in der Theorie vollkommen richtig, daß die etwaige Klein⸗ heit der Auflage bieran nichts ändert, sondern daß sich jede, wenn auch noch so kleine Beeinflussung des Preises irgendwo bei der Kalkulation fühlbar machen muß. Aber der Irrthum liegt in der Annahme, es seien bei uns alle Preisberechnungen be⸗ reits so scharf zugespitzt, daß die kleinste Erschütterung in den Faktoren der Preisbildung dieselbe sofort beeinflusse, und in der weiteren Annahme, daß gegenuͤber den Einflüssen, welche von anderer Seite auf die Preisbildung aukgeübt werden, eine mäßige indirerte Steuer überhaupt in Betracht komme. Was Ersteres betrifft, so sprechen die Eingangs erwähnten (aus jener Statistik nachgewiesenen) Schwankungen eine beredte Sprache; wenn es auch wahr sein mag, daß lokale, im Einzelnen nicht nachweisbare, aber gleichwohl vor⸗ handene Verhältnisse bei den angeführten großen Verschieden⸗ heiten eine Rolle spielen, so wird doch schwerlich geleugnet werden können, das hier ein Spielraum obwaltet, welcher es den betreffenden Gewerbeleuten sehr wohl ermöglicht, ein kleine Mehrbelastung auf eigenen Schultern zu tragen, und hinsichtlich des letzteren Punktes darf wohl darauf hingewiesen werden, daß es kein Unglück sein würde, wenn durch die Erschwerung der Spekulation die Zahl der Zwischenhände sich einmal um ein paar verringerte, und daß eine einzige Verringerung dieser Art die kleine Vertheuerung durch das bescheidene Maß indirekter Steuern, welches wir haben, weit aufwiegen dürfte. Bekannt genug ist es, daß bei anderen Artikeln des täglichen Bedarfs, z. B. beim Fleisch, die gleiche Er⸗ fahrung längst gemacht worden ist. Gerade bei diesen Artikeln, die Niemand entbehren kann und betreffs deren doch selbst die kauf⸗ kräftigeren Stände einigermaßen zum Rechnen, zum Haushalten genöthigt sind, sollte doch eigentlich die angebliche Ausglei⸗ chung der Preise sich am ersten vollziehen und sollte jeder äußere Einfluß auf die Preisbildung sich sofort fühl⸗ bar machen; wir sehen aber, daß dies entschieden nicht der Fall ist, sondern daß tausend verborgene, gelegentliche oder rein persönliche Ursachen das weitaus bedeutendste Wort sprechen. Wie wird es nun erst mit Artikeln bestellt sein, betreffs deren eine solche fortwährende Nöthigung zu eigener Kontrole nicht an die Konsumenten herantritt? Wir glauben also daran festhalten zu dürfen, daß nicht nur bei vorsichtiger Bemessung eine indirekte Steuer sehr wohl selbst den nothwendigsten Lebensbedürfnissen auferlegt werden kann, ohne die eigentlichen Konsumenten zu treffen, sondern diese Auflagen zugleich auch noch als Regulatoren, als Hülfsmittel für eine gleichmäßigere und sachlichere Preisbildung und für eine Beseitigung unnützer, auf derselben ruhender Lasten beitragen können.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Der Etat für die Verwaltung der Kaiserlichen Marine auf das Etatsjahr 1883/84 beziffert übereinstimmend mit dem Etat für 1884/85 die Einnahme auf 425 515 (+ 14 870 gegen den Etat pro 1882/83). Das Mehr steckt in folgenden Titeln: An Miethen und Pachtgeldern für Dienst⸗ und Mieths⸗ wohnungen, für verpachtete Grundstücke und für Grasnutzung auf Marine⸗Grundstücken mit 2800 ℳ; Strafgelder von Deserteuren, Geldstrafen, Konventional⸗ und Ordnungsstrafen mit 3000 ℳ; Ein⸗ nahmen der Garnisonschule in Friedrichsort, der Deutschen Seewarte, des Festungsgefängnisses und der Feldhaufen⸗Wilhelmshavener Wasser⸗ leitung von 9070 ℳ.

Die Summe der fortdauernden Ausgaben im Etat für 1883/84 beläuft sich auf 27 787 057 ℳ, d. h. um 221 211 mehr als in dem vorigen Etat. Ein Mehr zeigt sich in folgenden Kapiteln: Admiralität 900 ℳ, Hydrographisches Amt 2140 ℳ, Deutsche See⸗ warte 2810 ℳ, Rechtspflege 4230 ℳ, Seelsorge 600 ℳ, Militärpersonal 47 787 ℳ, Naturalverpflegung 76 488 ℳ, Servis⸗ und Garnison⸗ verwaltungswesen 4195 ℳ, Krankenpflege 8000 ℳ, Unterricht 2798 ℳ, Werftbetrieb 187 125 ℳ, Artillerie 1125 ℳ, Torpedowesen 50 000 ℳ, Lootsen⸗, Betonnungs⸗ und Leuchtfeuerwesen 20 740 Ein Weniger findet sich in den Kapiteln: Indiensthaltung der Schiffe und Fahrzeuge 165 000 ℳ, Bekleidung 2287 ℳ, Reise⸗, Marsch⸗ und Frachtkosten 18 000 ℳ, Verschiedene Ausgaben 2500

In dem Etat für 1884/85 sind die fortdauernden Ausgaben mit 28 420 988 (+ 633 921 gegen den Etat von 1883/84) in Ansatz gebracht. Das Mehr weisen folgende Kapitel nach: Hydrographisches Amt mit 300 ℳ, Militärpersonal 25 920 ℳ, Indiensthaltung der Schiffe und Fahrzeuge 195 000 ℳ, Naturalperpflegung 315 382 ℳ, Servis⸗ nnd Garnisonverwaltungswesen 2739 ℳ, Krankenpflege 9000 ℳ, Werftbetrieb 58 500 ℳ, Lootsen⸗, Betonnungs⸗ und Leucht⸗ feuerwesen 27 080 G

Die Summe der einmaligen Ausgaben beträgt im Etat für 1883/84 13 693 825 ℳ, um 4 965 025 mehr, als im vorigen Etat. Von diesem Mehr entfallen: 2 415 000 zum Bau von Kriegs⸗ schiffen, 1 950 000 für Torpedozwecke; auf Kosten der Armirung für neue Schiffe: 895 500 ℳ; zur Herstellung einer zweiten Hafen⸗ einfahrt bei Wilhelmshaven, 8. Rate 900 000 ℳ; Bau des Ems⸗ Jade⸗Kanals, 4. Rate 100 000 ℳ; für Garnisonbauten in Wilhelms⸗ haven 131 500 ℳ; für Garnisonbauten in Kiel 16 450 ℳ; zur Be⸗ schaffung von Betriebsmitteln für den Hafen⸗ und Werftdienst 100 100 ℳ; zum Bau und zur ersten Einrichtung eines Feuerschiffes und eines Reserve⸗Feuerschiffes für den Adlergrund in der Ostsee, 1. Rate 336 000

In dem Etat für 1884/85 belaufen sich die einmaligen Aus⸗ gaben auf 10 197 900 ℳ, d. i. um 3 495 925 weniger als im Etat für 1883/84. Ein Mehr gegen den vorigen Etat weisen hier folgende Posten auf: für Torpedozwecke 1 572 000 ℳ; zur Herausgabe eines Werkes über die von der Korvette „Gazelle“ in den Jahren 1874 bis 1876 ausgeführte wissenschaftliche Reise um die Erde, 4. und letzte Rate 22000 Zur Erbauung eines Gebäudes für die Marine⸗ UUhibemce und Marineschule auf dem ehemaligen Werftterrain zu Düsternbrook (Kiel) 4. Rate 200 000 .

Der Etat für die Reichs⸗Justizverwaltung auf das Jahr 1883/84 berechnet eine Einnahme von 399 367 ℳ, 65 536 mehr wie der vorige Etat. Hier erbringt Titel „Gerichtskosten vom Reichsgericht“ ein Mehr von 65 250 6

Die Einnahmen in dem Etat für 1884/85 betragen 431 617 ℳ, d. h. um 32 250 mehr als in dem Etat für 1883/84. Das Mehr bringt auch hier der Titel „Gerichtskosten vom Reichsgericht.

Die Summe der fortdauernden Ausgaben ist sowohl im Etat für 1883/84 wie in dem von 1884/85 auf 1 783 567 beziffert. Gegen den Etat für 1882/83 findet sich hier ein Mehr von 75 900 Das Mehr resultirt aus folgenden Posten: Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs, persönliche und sachliche

Ausgaben, 35 000 ℳ, ferner ist in Kavitel 4 bei den Besoldungen am Reichsgericht ein Zugang von 12 000 eingestellt als Gehalt für eine Rathsstelle und 900 an Wohnungsgeldzuschuß für die⸗ selbe. Titel „Zur Remunerirung von Hülfsleistungen“ bei dem Reichsgericht bat ein Mehr von 28 000

Die einmaligen Ausgaben sind in den Etat für 1883/84 mit 530 000 in Ansatz gebracht (um 330 000 mehr, wie im vorigen Etat). Hier erscheint neu eingestellt der Titel: „zum Ankauf eines Bauplatzes für das Dienstgebände des Reichsgerichts und zur Ver⸗ breiterung des Bauplanes mit 500 000

Der Etat für 1884/85 weist keine einmaligen Ausgaben nach. Der Etat für das Reichs⸗Schatzamt pro 1883/,84 beziffert die Einnahme mit 69 160 (— 89 595 gegen den vorigen Etat). Das Minus ist dadurch entstanden, daß der Poften „Einnahme aus dem Verkaufe des Grundstücks des vormaligen Reichs⸗Ober⸗Handels⸗ gerichts“ aus dem vorigen Etat mit 92 025 in dem vorliegenden Etat fortfällt.

„Der Etat für 1884/85 bringt eine Einnahme von 69 220 in Ansatz, also um 60 mehr, wie der Etat für 1883,84. Das Mehr von 60 stellt der Titel: „Wittwen⸗ und Waisengeld⸗ beiträge der Beamten des Reichs⸗Schatzamts“.

Die fortdauernden Ausgaben belaufen sich im Etat für 1883/84 auf 94 471 548 ℳ, um 8153 982 mehr, als im Etat für 1882,83. Ein Mehr zeigen hier folgende Titel: „Raxvon⸗Entschädigungsrenten, welche auf Grund des Gesetzes vom 21. Dezember 1871, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen, zu zahlen sind: 96 052 ℳ; Uebermeisungen an die Bundes⸗ staaten: aus dem Ertrage der Zölle und der Tabacksteuer gemäß §. 8 des Gesetzes vom 15. Juli 1879: 8 011 300 ℳ, und: aus dem Er⸗ trage der Reichsstempelabgaben gemäß §. 32 des Gesetzes vom 1. Juli 1881: 43 880

Im Etat für 1884/85 sind die fortdauernden Ausgaben auf Höhe von 97 157 908 (+ 2 686: gegen den Etat vo 1883/84). Hier erscheint ein Mehr in itel: „aus dem Ertrage der Zölle und der Tabacksteuer gemäß §. 8 des Gesetzes vom 15. Juli 1879“ in Höhe von 2 701 200

Die einmaligen Ausgaben im Etat von 1883/84 beziffern sich auf 4 878 200 oder um 1 282 375 mehr, als wie im vorigen Etat. Ein Mehr erscheint hier in solgenden Titeln: Beitrag zu den Kosten der Errichtung des Allgemeinen Kollegienhauses der Universität Straßburg, sechste und letzte Rate mit 100 000 ℳ; zum Bau eines Kaiserpalastes in Straßburg, zweite Rate mit 482 000 ℳ; Beitrags des Reichs zu den Kosten des Zollanschlusses Hamburgs erste Rate 4 000 000 Folgende Posten, welche im Etat für 1882/83 angesetzt waren, sind in dem Etat für 1883/84 in Wegfall gekommen: 3 199 625 als letzte Rate der Subvention für die St. Gotthardt⸗Eisenbahn; 100 000 als letzte Rate der Bei⸗ hülfe zur Vollendung des Nationaldenkmals auf dem Niederwald.

In dem Etat für 1884/85 betragen die einmaligen Ausgaben 4 453 200 ℳ, mithin um 425 000 weniger, als im Etat für 1883/84. Das Weniger resultirt aus Titel: Zum Bau eines Kaiserpalastes in Straßburg, dritte Rate mit 100 000 In Wegfall kommen die Titel: 300 000 als letzte Rate des Beitrags zu den Kosten der Errichtung des Allgemeinen Kollegienhauses der Universität Straßburg, und 25 000 als letzte Rate der Entschädi⸗ gung der Stadt Pfalzburg für die weitere Regulirung der ehemaligen Festungsgrundstücke daselbst.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Das Mitglied des Herrenhauses, Graf von Kospoth⸗ Burau ist am 22. d. M. auf Schloß Burau verstorben. Der⸗ selbe war durch Allerhöchsten Erlaß vom 24. November 1873 auf Präsentation des Grafenverbandes der Provinz Schlesien in das Herrenhaus bernfen worden.

Statiftische Nachrichten. Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heits amts sind in der 2. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 22,4, in Breslau 37,3, in Königsberg 35,1, in Cöln 23,4, in Frankfurt a. M. 19,7, in Hannover 26,7, in Cassel 11,1, in Magdeburg 25,7, in Stettin 22,7, in Altona 19,9, in Straßburg 27,3, in Metz 22,7, in München 29,7, in Nürnberg 29,8, in Augsburg 36,3, in Dres⸗ den 22,2, in Leipzig 23,7, in Stuttgart 19,7, in Braunschweig 21,5, in Karlsruhe 17,0, in Hamburg 31,2, in Wien 27,5, in Budapest 27,0, in Prag 32,5, in Triest 29,5, in Krakau 26,7, in Basel 15,1, in Brüssel 23,9, in Paris 26,0, in Amsterdam 24.7, in London 20,7, in Glasgow 30,6, imn Liverpool 33,7, in Dublin 29.4, in Edinburg 18,1, in Kopenhagen 22,3, in Stockholm 27,4, in Chri⸗ stiania 18,3, in St. Petersburg 38,9, in Warschau 30,7, in Odessa 27,1, in Rom 21,2, in Turin 28,3, in Bukarest 38,0, in Madrid 47,6, in Alexandrien (Egypten) 38,3,. Aus der Zeit vom 17. bis 3. Dezember in New⸗York 24,8, in Philadelphia 23,8, in Chicago in St. Louis 24,9, in Cincinnati 22,5, in San Franzisko in Kalkutta 40,7, in Bombay 25,9, in Madras 34,2.

Während an den ostdeutschen Stationen beim Begienn und in den ersten Tagen der Berichtswoche westliche und südwe’stliche Luft⸗ strömungen herrschten, die am 9. und 10. über Nordwesit und Nord nach Ost und Südost gingen, überwogen an den südde utschen Sta⸗ tionen nordöstliche Windrichtungen, die in München nach Ost drehten, in Karlsruhe bis zum Schluß der Woche vorwiegend blieben. In Central⸗, West⸗ und Nordwest⸗Deutschland wehte von Beginn der Woche an Südostwind und blieb in Heiligenstadt meit östlichen, in Berlin und Bremen mit nordwestlichen Winden wechs elnd bis an das Ende der Woche vorherrschend. Die Temperatur dere Luft war eine niedrige und lag an den meisten Stationen unter der normalen. Bei meist heiterem, öfters nebligem Wetter erfolgten Niederschläge nur spärlich. Der beim Wochenbeginn hohe Druck "der Luft nahm im Laufe der Woche ab, so daß der Barometerstand zu Ende der Woche an den meisten Stationen eine Differenz von übe c 20 mm mit dem beim Wochenbeginn eingenommenen Standpunkte zeigte.

Die Sterblichkeit hat in der Berichtsw oche in den meisten Großstädten Europas nicht unerheblich zugenom men, besonders in den deutschen Städten. Die allgemeine Sterblich keitsverhältnißzahl für die letzteren stieg auf 25,0 (von 23,7 der Wiorwoche) aufs Jahr und pro Mille gerechnet, und zeigt eine wesentlich Steigerung der Theil⸗ nahme des Säuglingsalters als auch der ööheren Altersklasse (über 60 Jahre) an der Sterblichkeit. Von 1077,00 Lebenden starben pro Jahr 80 Säuglinge (in Berlin 68, in Meunchen 125) gegen 75 der Vorwoche.

Unter den Todesursachen waren voen den Infektionskrankheiten Sterbefälle an Scharlach und Unter’ eibstyphus vermindert, an Masern, Diphtherie und Pocken vermeh ct. Die Masernepidemien in Nürnberg, Bamberg, Reichenbach i. St hl., Bremen und besonders in Nordhausen lassen noch keine Abnahme der Sterbefälle ersehen, im Regierungsbezirk Ersurt wurde die Zahl der Neuerkrankungen ge⸗ ringer, auch in Paris, Glasgow, London verursachen Mafern viel Todesfälle. Das Scharlachfieber zeigt dagezen in Plauen, Gotha, Glauchau, Frankfurt a. O., Be rlin einen Nachlaß, in Breslau, Apolda, Hannover, St. Peters ourg eine Zunahme der Todes⸗ fälle. Sterbefälle an Diphth erie und Croup wurden wieder zahlreicher, namentlich ist in Berlin, Königsberg, Elbing, Breslau, Bromberg, Königshü te, München, Fürth, Dresden, Eise⸗ nach, Gießen, Magdeburg, Hamburg, Elberfeld, Crefeld, Wien, Pest, Prag, Triest, Paris, St. Pete esburg u. a. O. die Zahl der dadurch her⸗ vorgerufenen Todesfälle eine bedeutende. In Chemnitz, Braunschweig, Elberfeld, Amsterdam hat die Zahl der Sterbefälle nachgelassen. Der Keuchhusten wurde in Nürnberg, Schweidnitz, Hannover, Essen häufig Todesveranlassung. Die Zahl der Todesfälle an Unterleibs⸗ tophus bat in Liverpool, Bukarest zu⸗, in Paris, Alerandria, Prag ein wenig abgenommen. Sterbefälle an Flecktyphus kamen aus Wien