Kap. 117:508 295 ℳ, haben sich um 5959.ℳ vermehrt, weil die Begründung mehrerer neuer Stellen nothwendig geworden ist. Die Prüfungskommissio⸗ nen (Kap. 118: 92 088 ℳ) erfordern 12 422 ℳ mehr. Am Abschluß der praktischen Vorbildung der Kandidaten des höheren Lehramts soll der ausreichende Ersatz derselben durch eine einzuführende Prüfung kon⸗ statirt werden, wie in einer besonderen Denkschrift näher dargethan ist. Durch diese Prüfung entstehen 10 800 ℳ Kosten, denen aber eine Einnahme von 3900 ℳ (Tit. 3) gegenübersteht. Die Kosten der Universitäten (Kap. 119: 6 129 936 ℳ) sind um 216 712 ℳ höher ausgeworfen. Von dem Mehr entfallen auf Königsberg (758 999 ℳ) 16 810 ℳ, Berlin (1 547 625 ℳ) 99 790 ℳ, Greifs⸗ wald (140 564 ℳ) 3820 ℳ, Breslau (698 194 ℳ) 5400 ℳ, Halle (512 993 ℳ) 50 751 ℳ, Kiel (507 701 ℳ) 17 882 ℳ, Göttingen 296 049 ℳ (+ 13 374 ℳ), Marburg 477 851 ℳ (+ 4632 ℳ), Bonn 769 837 ℳ (+ 8700 ℳ). In Kapitel 120, höhere Lehranstalten, erhöhen sich Tit. 2 (Zuschüsse für die vom Staate zu unterhaltenden Anstalten und Fonds 3 107 218 ℳ) um 21 936 ℳ in verschiedenen Posten; Tit. 3 (Zuschüsse für die vom Staate und von Anderen gemeinschaft⸗ lich zu unterhaltenden Anstalten 65 407 ℳ) um 1229 ℳ; Tit. 4 Zu⸗ schüsse für die von Anderen zu unterhaltenden, aber vom Staate zu unterstützenden Anstalten 961 103 ℳ um 12 532 ℳ; ferner zur Erfüllung des Normal⸗Etats u. s. w. (65 680 ℳ) 43 435 ℳ mehr und an Zuschüssen zur Unterhaltung höherer Mädchenschulen (100 000 ℳ) 20 000 ℳ mehr, im Ganzen stellt sich Kap. 120 auf 4 681 211 ℳ (+ 98 381 ℳ). Das Elementarunterrichtswesen (Kap. 121: 20 795 693 ℳ) ist um 741 844 ℳ höher dotirt worden, darunter 500 000 ℳ zu Schulbauten; der Allerhöchste Dispositions⸗
fonds bei der General⸗Staatskasse, welcher bisher diese Zuschüsse ge⸗ währte, kann den diesfälligen Ansprüchen nicht mehr genügen, weshalb
angesetzt worden.
hier ein besonderer Fonds ausgeworfen ist. Für die Kunst und Wissenschaft (Kap. 122: 2 782 434 ℳ) sind 43 974 ℳ mehr Von dem Mehr entfallen 16 445 ℳ auf die
persönlichen Ausgaben bei dem Kunstmuseum in Berlin, 3000 ℳ auf die Königliche Bibliothek daselbst, 14 588 ℳ auf die Kunstaka⸗ demie in Düsseldorf 14 588 ℳ u. s. w. Für das technische Unterrichtswesen (Kap. 123 Tit. 1 — 19: 2 116 997 ℳ) sind 92 242 ℳ hinzugetreten,
8
in die erspart.
davon 27 772 ℳ für Besoldungen, 13 900 ℳ für die Lehrmittel und die Bibliotheken der drei technischen Hochschulen, 38 040 ℳ Zuschuß zum Kunstgewerbemuseum in Berlin; dagegen werden 21 890 ℳ durch den Uebergang einer größeren Anzahl von Gewerbeschulen städtische Verwaltung und Auflösung einzelner Schulen Bei den Titeln 20 — 26 „Königliche Porzellanmanufaktur“ ℳ ist eine Erhöhung von 71514 ℳ eingetreten;
613 904 — in ist in Folge vermehrten Absatzes um 55 200 ℳ
der Betriebsfonds
verstärkt worden, der Fonds für Materialien und Bedürfnisse aus
gleichem Grunde um 6000 ℳ In dem Kapitel 124 „Kultus und
Unterricht gemeinsam“ 6 725 156 ℳ ist eine Vermehrung der Aus⸗
gaben um 130 577 ℳ eingetreten.
Der Kirchenbaufonds (Tit. 4),
welcher im Etatsjahr 1879/80 von 1778580 ℳ auf 1700 000 ℳ herabgesetzt worden, ist auf den früheren Betrag erhöht worden. In
Tit. 11 „zu Unterstützungen für ausgeschiedene Geistliche aller
Bekenntnisse“ (48 500 ℳ) sind 17 500 ℳ (Dotation für den Eme⸗
ritenfonds für die evangelisch⸗lutherische Kirche der Provinz Schles⸗ wig⸗Holstein 30,000 ℳ, wogegen 12 500 ℳ bei der Centralverwal⸗ tung in Abgang kommen) hinzugetreten; neu ist Tit. 13 a. „gesetzliche Wittwen⸗ und Waisengelder“ 33 200 ℳ Kap. 125 „Medizinalwesen“
1431 927 ℳ hat sich durch Minderbedarf bei dem Zuschuß zum
Charité Krankenhause um 4107 ℳ ermäßigt. ner Fonds“ 154 928 ℳ ist unverändert geblieben.
Kap. 126 „Allgemei⸗
einmaligen und außerordentlichen Ausgaben
Zu
sind Kap. 14 8 487 436 ℳ (+ 1755 042 ℳ) ausgeworfen. Davon
eimath im 2232 ℳ 85 ₰,
müssen.
sind 81 000 ℳ zum Ankauf und zur Einrichtung eines Dienstgebäudes für das Konsistorium zu Münster bestimmt, 21 Positionen für Uni⸗ versitätszwecke (Königsberg 86000 ℳ, Berlin 632 573 ℳ, Halle 96 820 ℳ, Kiel 117 300 ℳ, Marburg 400 000 ℳ, Bonn 230 000 ℳ, Göttingen 143 000 ℳ, Braunsberg 7993 ℳ), 8 Positionen mit 563 5218 ℳ für höhere Lehranstalten, 9 mit 429 200 ℳ für das Elementar⸗Unterrichtswesen, 11 mit 4 890 500 ℳ für Kunst und wissenschaftliche Zwecke (darunter 2 600 000 ℳ zum Ankauf des Niederländischen Palais in Berlin behufs Erweiterung der Bibliothekräume, 779 100 ℳ zum Ankauf es Hauses Potsdamerstr. Nr. 120 in Berlin für die Königliche Hoch⸗
schule für Musik), 7 Positionen mit 700 041 ℳ für das technische
Unterrichtswesen und 108 678 ℳ allgemeine Fonds für nachzuzahlende Grundsteuer⸗Entschädigungsraten in der Provinz Hannover.
Die Gesammtausgaben des Ministeriums belaufen sich auf 60 586 475 ℳ (+ 3 231 014 ℳ).
— Dem Etat des Ministeriums für Handel und Ge⸗ werbe sind in den Einnahmen (Kap. 29 321 900 ℳ) 21587 ℳ Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge hinzugetreten. Auch die übrigen Titel haben sich um etwas erhöht, nur in Tit. 8, Einkommen der Musterbleiche in Sohlingen, haben 9000 ℳ abgesetzt werden Die gesammten Einnahmen sind 33 297 ℳ höher gestellt Die dauernden Ausgaben belaufen sich auf 1 558 172 ℳ + 43 097 ℳ). In Kap. 67, Ministerium, 235 210 ℳ, 88 12 700 ℳ) tritt durch das Ausscheiden eines Mitglieds der
Technischen Deputation für Gewerbe, dessen Stelle wegfällt, eine Ersparniß von 3300 ℳ ein. für die Mitglieder des Volkswirthschaftsraths 16 000 ℳ“ ist neu. Der Etat bemerkt hierzu:
Tit. 11a. „Zu Diäten und Reisekosten
„Aus der in §. 13 der Allerhöchsten Verordnung vom 17. No⸗ ember 1880 getroffenen Bestimmung, daß die aus Präsentations⸗ wahlen hervorgegangenen Mitglieder des Volkswirthschaftsraths weder
Reisekosten noch Diäten erhalten sollen, ergiebt sich, daß den gemäß
§. 4 der Verordnung auf direkten Vorschlag der zuständigen Minister berufenen Mitgliedern Reisekosten und Diäten zu zahlen sind.
Die Einstellung eines besonderen Postens für die hierdurch erwachsenen Aus⸗ gaben in den Staatshaushalts⸗Etat ist bisher unterblieben; für das atsjahr 1881/82 deshalb, weil zur Zeit der Emanation der Allerhöchsten Verordnung der Etat bereits dem Abgeordnetenhause vorgelegt war; für das Etatsjahr 1882/83 aber mit Rücksicht darauf, daß beabsichtigt wurde, die Institution des Volkswirthschaftsraths von Preußen auf das Reich zu übertragen, und zu diesem Zwecke in den Reichshaushalts⸗ Etat eine entsprechende Position eingestellt war. Die betreffenden Ausgaben mußten hiernach bisher aus Kap. 67 Tit. 12 des Etats des Ministeriums für Handel und Gewerbe bestritten werden. Die hierdurch bei diesem Titel im Jahre 1880/81 erfolgte Etatsüber⸗ schreitung wurde von dem Hause der Abgeordneten in der Sitzung vom 29. April 1882 genehmigt, nachdem von den Vertretern der Staatsregierung bei diesem Anlaß erklärt worden war, daß mit Rücksicht auf die inzwischen durch den Reichstag erfolgte Ablehnung der in den Entwurf des Reichshaus⸗ halts⸗Etats eingestellten Position ein entsprechender Ansatz in den preußischen Etat für 1883/84 aufgenommen werden würde. Bei Veranschlagung des Bedarfs ist davon ausgegangen, daß der Volks⸗ wirthschaftsrath im Jahre 1882 vom 28. Februar bis zum 25. März, also 26 Tage versammelt gewesen ist, und daß Höhe der Tagegelder entsprechend den den Mittgliedern bisher gezahlten Diäten auf 15 ℳ zu bemessen ist, so daß an die 30 auf direkten Vorschlag berufenen Mitglieder bei gleicher Dauer der folgenden Session 11 700 ℳ zu zahlen sein würden. Nachdem das Königliche Staats⸗Ministerium in seiner Sitzung vom 6. März d. J. beschlossen hat, daß den sämmtlichen Mitgliedern des Volkswirth⸗ schaftsraths zur Reise zwischen ihrem Wohnorte und Berlin behufs der Theilnahme an den Sitzungen freie Fahrt gewährt und daß der Betrag des tarifmäßigen Fahrgeldes für die thatsächlich durchfahrenen Strecken den Eisenbahnverwaltungen aus der Staatskasse erstattet werden soll, ist zu jener Summe noch der Betrag dieses Fahr⸗ geldes hinzuzurechnen. Die Gesammtsumme der für die Rückreise der Mitglieder des Volkswirthschaftsraths von Berlin nach ihrer Jahre 1882 festgestellten Fahrgeldansprüche betrug so daß für die Hin⸗ und Rückreisen der doppelte Betrag = 4465 ℳ 70 ₰ in Anschlag zu bringen ist und hiernach der Gesammtbetrag der an Diäten und Reisekosten erforderlichen Summe auf 16 165 ℳ 70 ₰ oder rund 16 000 ℳ sich helcuft.
Die sächlichen Ausgaben werden aus Kap. 67 Tit. 11 mitbe⸗ stritten werden können.“
Die Ausgaben für die Handels⸗ und Gewerbeverwaltung 2 68: 963 278 ℳ) haben sich um 27 852 ℳ erhöht. U. a. ollen der Emsbootgesellschaft zur Deckung ihres Defizits 25 000 ℳ gewährt werden. Für die Navigationsschulen ꝛc. (Kap. 69: 339 034 ℳ) sind 745 ℳ, für vermischte Ausgaben (Kap. 70: 20 650 ℳ) 1800 ℳ hinzugetreten. 1
Zu einmaligen und außerordentlichen Ausgaben (Kap. 7) sind 174 960 ℳ angesetzt (+ 76 050 ℳ), darunter 140 000 ℳ zur Anschaffung eines Dampfschiffes für die Lootsen⸗ station in Thiessov.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistischen Amtes der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 11. bis inkl. 17. Februar cr. zur Anmeldung gekommen: 160 Ebe⸗ schließungen, 921 Lebendgeborene, 32 Todtgeborene, 572 Sterbefälle.
Knunst, Wissenschaft und Literatur.
Das Februarheft 29. Bandes 1883 von Petermanns Mit⸗ theilungen aus Justus Perthes' Geographischer An⸗ stalt (herausgegeben von Dr. E. Behm; Verlag von Justus Perthes in Gotha) bringt den ersten Theil der Beschreibung einer Reise nach dem Tobah⸗See in Central⸗Sumatra, von Dr. B. Hagen. Die sehr interessante Schilderung des Innern dieser Insel erstreckt sich auch auf ihre Bewohner. Der Reisende beschreibt zunächst seine Tour von der Ostküste (Tandjong⸗Morawa in Serdang) bis zur Hochebene von Tobah. Auf der von Dr. Hagen entworfenen geographischen Original⸗ skizze seiner Reiseroute, welche dem Heft beigegeben ist, findet man auch mehrere Ansichtsskizzen des Tobah⸗Sees und seiner Ufer. — Dann wird in dem zweiten Beitrage des Hefts die Schilderung der Fels⸗ und Gletschertouren am Mount Cook in Neuseeland fort⸗ gesetzt, welche Rev. W. S. Green unternommen hat. Dieser zweite Abschnitt, welcher dem Novemberheft des „Alpine Journal“ ent⸗ nommen ist, hat die ersten vergeblichen Versuche, den genannten 12 000 Fuß hohen Kulminationspunkt der neuseeländischen Alpen zu ersteigen, zum Gegenstande. Auch diesem Aufsatze ist im Text eine anschauliche kolorirte Skizze beigefügt. — Die weiteren Abhandlungen des Hefts sind: Geognostische Skizzen aus der chilenischen Provinz Arauco, von Dr. Joh. Peter Sieveking, und ein Beitrag zur Charakteristik der topographischen und sozialen Verhältnisse des heutigen Attika, von Dr. C. Winterberg. — Unter den vermischten kleineren Mittheilungen des geographischen Monats⸗ berichts finden wir einen aus Briefen zusammengestellten Bericht des Hofraths A. Regel über seine Reise in Innerasien im Jahre 1882, und einen Brief des Afrikareisenden Juan Maria Schuver über seine fortgesetzten Aufnahmen und For⸗ schungen östlich von Famaka und nördlich vom blauen Nil. — Bei dieser Gelegenheit sei übrigens einer traurigen Nachricht ge⸗ dacht, welche in diesen Tagen aus Ostafrika hier eingegangen ist: Dr. Kayser, jener Forschungsreisende, welcher von der afrikanischen Gesellschaft mit Dr. Böhm und Reichard nach der Station am Tanganyikasee entsendet worden war, und der sich durch die genaue astronomische Aufnahme des Weges von der Ostküste Afrikas bis nach dem Tanganyika verdient gemacht hatte, ist, laut Meldung aus Zanzibar, plötzlich am Schlagfluß gestorben. Lieutenant Wißmann hatte vor Kurzem die Station be⸗ sucht und erklärte in seinem vorläufigen Bericht, daß er durch die astronomischen Ortsbestimmungen des Dr. Kayser der Mühe über⸗ hoben worden sei, seinen Weg von Tabora bis zur Ostküste geo⸗ graphisch anzugeben. Dr. Kayser war derzeit schon von der Station aufgebrochen und wollte vom Tanganyika westwärts bis zur Goldküste vordringen. Nun hat der Tod auch diesen Forscher dahingerafft.
— Die Schlettersche Buchhandlung (E. Francks Antiquariat) in Breslau, die ein reichhaltiges antiquarisches Bücherlager führt, über das von Zeit zu Zeit Kataloge veröffentlicht werden, hat ihren antiquarischen Anzeiger Nr. IX ausgegeben. Derselbe enthält ein alphabetisch geordnetes Verzeichniß von 500 Schriften, die den verschiedensten Wissensgebieten angehören, — tech⸗ nische, naturwissenschaftliche, medizinische, staatswissenschaftliche, rechts⸗ wissenschaftliche, militärische, geographische, geschichtliche, biographische, philologische, philosophische, theologische u. s. w. Die meisten gehören dem 19., mehrere dem 18., einige dem 17. und 16. Jahrhundert an. Unter ihnen befinden sich werthvolle und seltene Werke.
— Joseph Baäer u. Co., Buchhändler und Antiquare in Frankfurt a. M., Paris und London, haben vor Kurzem über ihr antiquarisches Bücherlager den Lager⸗Katalog 119, „Der Orient, 2. Abth.; orientalische Linguistik“, ausgegeben. Derselbe enthält ein Verzeichniß von 871 Schriften, die, zum Theil aus der Bibliothek des verstorbenen Professors J. A. Vullers in Gießen, in folgende Rubriken vertheilt sind: Allgemeines (90 Nrn.); Egpptisch, Koptisch, Hieroglyphen (im Ganzen 56 Nrn.); Aethiopisch, Amharisch, Tigre (im Ganzen 8 Nrn.); afrikanische Sprachen (21 Nrn.); Arabisch (175 Nrn.); Aramäisch (Syrisch, Chaldäisch, Samaritanisch) und Phönizisch (im Ganzen 54 Nrn.); Armenisch und kaukasische Sprachen (im Ganzen 11 Nrn.); Assyrisch und Keilschrift (im Ganzen 19 Nrn.); Chinesisch, Mantschu, Japanisch (im Ganzen 44 Nrn.); vorder⸗ und hinterindische Sprachen (52 Nrn.); Malaiisch, Javanisch, Ozeanisch, Sprachen auf den Philippinischen Inseln (im Ganzen 34 Nrn.); Persisch, Zend, Pehlevi, Guzerati (im Ganzen 108 Nrn.); Sanskrit, Prakrit, Pali (im Ganzen 153 Nrn.); Türkisch, Mongolisch, Tatarisch (im Ganzen 33 Nrn.); Nachtrag (13 Nrn.). Die im vorstehenden Kataloge aufgeführten Schriften behandeln übrigens nicht allein die genannten Sprachen, sondern be⸗ treffen auch verschiedene andere Gegenstände, über die in jenen Spra⸗ chen geschrieben ist, wie Geschichte, Religionswesen, Philosophie u. s. w., enthalten auch Handschriften⸗ und Urkunden⸗Verzeichnisse mehrerer Bibliotheken u. A. In den verschiedenen Abtheilungen befinden sich viele werthvolle und interessante Werke.
— Von der neuesten (13.), vollständig umgearbeiteten und mit Abbildungen und Karten reich ausgestatteten Auflage des Brock⸗ hausschen Konversations⸗Lexikons, das in 16 Bänden oder 240 Heften, das Heft zu 50 ₰, bei F. A. Brockhaus in Leipzig erscheint, sind wiederum 5 Hefte, Heft 51— 55, erschienen. Dieselben führen den Text von „Chloraluminium“ bis „Coupons“, enthalten eine Menge interessanter und lehrreicher Artikel aus den verschieden⸗ sten Wissensfächern und bringen außerdem 4 Bildertafeln (Dampf⸗ maschinen II., Dach, Chokoladenfabrikation, Dampfkessel) und eine sehr sauber kolorirte Karte (Columbia, Venezuela, Ecuador, Peru und Bolivia). Auch in diesen Heften sind die naturwissenschaftlichen Fächer, Gewerbe und Technik, sowie Geographie und Biographie reich vertreten. Die Bearbeitung der einzelnen Artikel ist analog der in den früheren Heften.
— Die in Leipzig am 24. Februar d. J. erscheinende Nr. 2069 der „Illustrirten Zeitung“ enthält außer den in Nr. 45 des „R.⸗A.“ erwähnten Erinnerungen von Richard Wagner folgende Ab⸗ bildungen: E. Hundriesers Schlüter⸗Standbild für die Technische Hochschule zu Charlottenburg. Nach einer photographischen Auf⸗ nahme. — Louis Ruchonnet, der schweizerische Bundespräsident für 1883. — Wiener Bilder. 2 Abbildungen. Originalzeichnungen von W. Grögler: 1) An einer Postsparkasse. 2) In einer Lottokollektur. — Porträts aus dem deutschen Reichstag: 23) Florens Heinrich von Bockum⸗Dolffs. — Merkwürdigkeiten aus der Insektenkunde. III. Die Gliederthiernase. Von Dr. Ernst Voges. 6 Figuren. — Deutsche Schlösser und Burgen: Schloß Straßberg bei Augsburg. Nach einer Zeichnung von C. Gollwitzer. — Polytechnische Mit⸗ theilungen: Plättapparat. — Der Conjugateur, ein neues Lehrmittel für den französischen Sprachunterricht. — Zusammenlegbarer Stiefel⸗
kn cht. — Hektograph lfsapparat.
Land⸗ und Forstwirthschaft. Wir theilten bereits mit, daß am Donnerstag, den 15. Fe⸗
bruar, in Berlin eine Versammlung von Interessenten der
Stärke⸗ und Stärkezuckerfabrikation, im Anschluß an die
Generalversammlung des Vereins der Spiritusfabrikanten in Deutsch.
land, stattfand. Heut sind wir in der Lage mittheilen zu können, daß sich die Versammlung als Sektion des Vereins der Spiritusfabri⸗
kanten konstituirt hat, die Geschäftsführung also dem Geschäftsführer
desselben, Hrn. Professor Dr. Delbrück obliegt. Eine von der Ver⸗ sammlung ernannte Kommission wählte noch am selben Nachmittage die Herren Schulze⸗Schulzendorf, Hennig⸗Genthin und Dr. Courde mm resp. ersten, zweiten und dritten Vorsitzenden und bestimmte als Zeitpunkt für die erste Generalversammlung die Zeit der Mastvieh ausstellung in Berlin, welche im Mai stattfinden wird. Nähere Aus⸗ kunft über die Angelegenheit ertheilt das Bureau des Vereins der Spiritusfabrikanten, Berlin N., Invalidenstraße 42.
Gewerbe und Handel.
Das 2. Heft 21. Jahrgangs 1883 der
„Gewerbehalle“,
Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie (unter 8 Mitwirkung bewährter redigirt von Ludwig Eisenlohr und Karl Weigle, Architekten in Stuttgart; Verlag von J. Engel⸗
horn in Stuttgart) zeichnet sich namentlich durch eine Reihe vorzüglicher Reproduktionen von älteren Muster⸗Erzeugnissen des Kunstgewerbes aus.
Sogleich das erste Blatt führt uns 2 Prachtstücke der Ambraser Sammlung in Wien vor Augen,
nämlich den Prachtdegen Kaiser
Karls V., eine herrliche Goldschmiede⸗Arbeit mit reichster Emaillirung,
mit 16.
Rhinoceroshorn emaillirtem des
von R und in Arbeiten
und einen Pokal Relief⸗Ornament 1 (beides deutsche
Goldschmiedewerk
geschmackoollem Jahrhunderts).
efaßt — Ponan folgt auf der 2. Tafel eine schöne Renaissance⸗Arbeit, nämlich
die Pforte der Kanzel des Domes in Magdeburg mit reichem archi⸗ tektonischem Rahmen aus Alabaster und einer mit figürlichem Relief aus dem gleichen Material geschmückten Eichenholzthür; endlich am Schluß eine Kollektion von Flachornamenten im Stil der deutschen
Renaissance, vom Chorgestühl und einem Altarschrein der Stadtkirche
zu Kamenz in Sachsen. Die neuere Kunstindustrie ist vertreten durch
einen reich ornamentirten Brunnen in farbig behandeltem Eisenguß,
8
8
entworfen vom Ober⸗Baurath A. Gnauth in Nürnberg, ausgeführt
von der Maschinenbau⸗Aktiengesellschaft daselbst (von der vorjährigen Baxyerischen Landes⸗Ausstellung in Nürnberg), ein zierliches Wand⸗ schränkchen, entworfen von Otto Fritzsche in München, und eine graziöse silberne Vase von Odiot in Paris. — Der Abonnements⸗ preis beträgt für jede Lieferung der „Gewerbehalle“ 1,50 ℳ
— Dem Geschäftsbericht der Rheinischen Vieh⸗ Versicherungsgesellschaft zu Cöln für 1882 entnehmen wir Folgendes: Der Zugang an neuen Versicherungen betrug im Jahre 1881 571 500 ℳ, 1882 1087 050 ℳ Das gesammtlaufende Versicherungs⸗ kapital betrug nach Abzug des Stornos im Jahre 1881 3 808 085 ℳ, 1882 4 347 263 ℳ ultimo 1882 4 053 326 ℳ An Eintrittsgeld, welches bei den ge⸗ wöhnlichen Versicherungen 1 %, beim Verbande größerer Landwirthe ½ % beträgt, wurden erhoben im Jahre 1881 3743 ℳ, 1882 8330 ℳ Während die ungünstigen Verhältnisse des Jahres 1881 einen Verlust von 4582 ℳ gebracht hatten, welcher gemäß Beschluß der Generalversammlung von den ausgeschiedenen Mitgliedern durch Nachschuß gedeckt worden ist, konnten beim diesjährigen Abschluß
Hiervon wurden übertragen ultimo 1881 3 349 823 ℳ,
nach den vorgenommenen Abschreibungen auf Inventar und zweifel⸗
hafte Forderungen noch 1000 ℳ auf Organisations⸗ und Einrich⸗
tungskostenkonto abgeschrieben und der Reservefonds von 14 200 ℳ auf 16 00 ℳ erhöht werden. Das Versicherungskapital betrug am 1. Januar 1883 4 053 326 ℳ
Der Zugang im Monat Januar
1883 199 710 ℳ und bis 20. Februar 1883 129 150 ℳ, im Ganzen
4 382 186 ℳ Frankfurt a. M., 22. Februar.
Sitzung, der am 5. April d. J. stattfindenden Generalversammlung,
nach statutenmäßiger Dotirung der Reserve, die Vertheilung einer
10 % igen Dividende pro 1882 vorzuschlagen, den verbleibenden Rest von 100 000 ℳ aber auf neue Rechnung vorzutragen. Nürnberg, 21. Februar. (Hopfenmarktbericht Leopold Held). . d rung der Situation des Hopfenmarktes nicht eingetreten. Verkauft wurden am Montag 80 Ballen, gestern 40 und heute ca. 60 Säcke.
Man zahlt für Prima bis zu 375 ℳ, für Mittelwaare 295 — 320 ℳ
und für leichtere Hopfen 270 — 280 ℳ Die Stimmung des Marktes
ist matt.
London, 22. Februar. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll⸗ auktion war australische Wolle fest; für Capwollen wurden kaum Novemberpreise erzielt.
Paris, 22. Februar. (W. T. B.) Die Ba reich hat den Diskont auf 3 % herabgesetzt.
Verkehrs⸗Anstalten.
Triest, 22. Februar. (W. T. B.) Der „Aurora“ ist heute aus Konstantinopel hier eingetroffen.
n Frank
Berlin, 23. Februar 1883. “
Der Deutsche Landwirthschaftsrath nahm gestern noch folgende Anträge an: 1) „Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschließt: An die Reichsregierung das Ersuchen zu richten, durch eine Sach⸗ verständigenkommission das pneumatische System, d. h. das System, durch welches man im Stande ist, die Fäkalstoffe mittelst Dampfkraft auf pneumatischem Wege von den Aborten an eine Centralstelle zu schaffen, sowohl im Prinzip, als auch die darüber aus⸗ gefertigten Arbeitszeichnungen ꝛc., unverzüglich prüfen zu lassen und das Ergebniß seiner Zeit dem Deutschen Landwirthschaftsrath mitzu⸗ theilen. 2) Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschließt: vorerst dahin zu wirken, daß an geeignetem Orte eine Versuchsstation er⸗ richtet und unterhalten werde, welche wissenschaftliche Versuche über die Verwendung der städtischen Spüljauche als Rieselwasser und deren Einfluß auf das Grundwasser auszuführen die Aufgabe hat.⸗
Der Vorsitzende, Ritterschafts⸗Direktor von Wedell⸗Malchow, schloß hierauf mit einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser, die deutschen Bundesfürsten und die freien deutschen Reichsstädte die diesjährige Plenarversammlung.
Madrid, 22. Februar. (W. T. B.) Brieflichen Nachrichten aus Manila zufolge hat auf einem Dampfer, welcher zwischen den Philippineninseln den Verkehr vermittelt, eine Explosion ferttne inden, in Folge deren zahlreiche Personen ums Leben gekommen sein sollen.
„Ornis“, Verein für Vogelkunde und ⸗Liebhaberei in Berlin. In der Sitzung am Montag, den 26. Februar, Abends 8 Uhr, im Restaurant Knorr, Unter den Linden 12, hält Hr. Kaufmann Ernst Dulitz einen Vortrag über die Vögel des malayischen Archipels. Die Damen der Mitglieder haben Zutritt, und Gäste sind willkommen.
Im Wilhelm⸗Theater findet morgen, Sonnabend, die letzte Aufführung von „Berlin wie es weint und lacht“ statt. Am Sonn⸗ tag geht sodann zum ersten Male das historische Schauspiel „Der Glöckner von Notre⸗Dame“ neu einstudirt in Scene.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Els Fünf Beilagen
(einschließlich Börsen⸗Beilage). 111“
Berlin:
9p (W. T. B.) Der Aufsichts⸗ rath der deutschen Effektenbank beschloß in seiner gestrigen
von Seit Beginn dieser Woche ist eine merkliche Aende⸗
Lloyddampfer
8
Staats⸗Anzeiger. —
—
Nachweisung
der in der Zeit vom 1. Januar bis 15.
82 2 - Februar 1883 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Zoll⸗ oder Steuervergütung abgefertigten Zollg spruch auf Zoll
Zuckermengen. ¹)
Menge des abgefertigten Zuckers.
„Kandiszucker und Zucker in weißen, vollen, harten Broden, (Nr. 470 des statistischen Waarenverzeichnisses)
in in der Zeit der Zeit; vom I1 vom 1. Januar bis 1. bis zusammen 31. Jan. 15. Febr. 1111“
. 8
1. Januar bis
Aller übrige harte Zucker, sowie alle weißen, trockenen Zucker in Krystall⸗, Krümel⸗ und Mehlform von mindestens 98 % Polarisation (Nr. 471 des statistischen Waarenverzeichnisses)
1““ der Zeit der Zeit 1 vom vo
1 bis zusammen 15. Febr.
Rohzucker von mindestens 88 % Polarisation (Nr. 472 des statistischen Waarenverzeichnisses)
in in der Zeit der Zeit vom vom
1. Januar bis 1. bis 31. Jan. 15. Febr.
kg ke kg
zusammen 31. Jan.
Preußen. Provinz Ostpreußen 8 Westpreußen. „ Pommern. 2 8 Jö6“ 5 Sachsen einschließlich der Schwarzb. Unterherrschaft Schleswig⸗Holstein. eb]; 11ö1X1ö1“
106 469.,
2. ”. venck Heenrakessesxe Lsce
H H — . . S 1u“
656 448 15
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Ueberhaupt im deutschen Zollgebiet
und dadurch dem inländischen
²) 3 916 231, 2 175 580 6 091 811
1¹) Die Nachweisung bezieht sich auf diejenigen Zuckermengen, welche zum Export oder Markte entzogen worden sind, nicht also auf die wirklich
O OG 00 ⁶ zꝛ
00
9
r zu einer öffentlichen Niederlage abgefertigt zur Ausfuhr über die Zollgrenze gelangten Mengen.
3 117 767, 2 184 891 5 302 6588 48 647 908 72 816 75175717195
2²) Die Abweichungen gegen die letztveröffentlichte Nachweisung beruhen auf nachträglich eingegangenen Berichtigungen.
Berlin, im Februar 1883.
Kaiserliches Statistisches Amt. 8 Beck
er.
Preußen. Berlin, 23. Februar. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (32.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Entwurss eines Gesetzes, betreffend den Erlaß der vier untersten Stufen der Klassensteuer und die Besteuerung des Vertriebes von geistigen Getränken und Tabackfabrikaten, und zwar mit der Berathung der Kom⸗ missionsanträge auf Annahme einer Resolution und auf Erledigung der bezüglichen Petitionen fortgesetzt.
„Der Abg. Dr. Wagner erklärte, er erblicke in der Resolu⸗ tion das Minimum, das für die demnächstige Reform der direkten Personalsteuer verlangt werden müsse. Im einzelnen Punkten sei die Resolution ihm nicht scharf und präzis genug. Die direkte Steuer müsse festgehalten, ausgebildet und verschärft werden, wenn man einmal den Schwerpunkt in die indirekten Verbrauchssteuern lege. Der Druck der indirekten Steuern, welcher vorwiegend die ärmeren Klassen treffe, müsse aus⸗ geglichen werden durch eine schärfere Besteuerung der wohlhabenden Klassen, welche an den indirekten Steuern verhältnißmäßig wenig partizipirten. Leider sei es in der Kommission nicht gelungen, einen schärferen Ausdruck dieses Gedankens in die Resolution zu bringen. In der Ver⸗ schärfung des Einschätzungssystems liege nichts Sozialistisches, sondern eine einfache Forderung der Gerechtigkeit. Der Aus⸗ druck der Resolution „veränderte Veranlagungsform“ könne der Regierung zu dem Einwurf Veranlassung geben, daß das Ziel nicht bezeichnet sei, welches man erreichen wolle. Für die reicheren Klassen, welche die indirekten Steuern nur in geringem Maße trügen, sei nicht nur eine schärfere Ein⸗ schätzung, sondern eine Erhöhung der direkten Steuer das rich⸗ tige Postulat. Man habe eingeworfen, der Zuschlag zur Ein⸗ kommensteuer sei für ein Provisorium bedenklich. Warum sollte man nicht für zwei Jahre thun, was korrekt sei? Darum habe er sich gerade der konservativen Partei angeschlossen, weil ihre Mitglieder nicht nur mit Worten, sondern auch mit Thaten größere Lasten auf sich nehmen wollten. Die wohl⸗ habenden Klassen hätten hier urbi et orbi verkündet, daß sie es seien, welche vorgehen wollten nach dem Grundsatze „noblesse oblige.“ Leider habe die Rechte auf der linken Seite keine Unterstützung gefunden. Die Einkommensteuer sei nach dem Verhältniß der nothwendigen Ausgaben nicht richtig abgestuft. Es sei statistisch nachgewiesen, daß je kleiner das Einkommen der Familie sei, eine um so größere Quote für die nothwendigen Lebensbedürfnisse ausgegeben werde. Dieselbe be⸗ trage bei den unteren Klassen 80 — 90 Proz., bei den mittleren 50 bis 60 Proz. und bei den reicheren nur 30 — 50 Proz. Die Ausgabe für die Miethe absorbire gerade bei den unteren Klassen einen beträchtlichen Theil des Einkommens, und trotzdem habe das fortschrittliche Berlin noch eine Miethssteuer von 20 Proz. für die kleinen Leute eingeführt, während die Reicheren nur 10 Proz. zahlten! Und da wundere sich der Abg. Hänel noch, daß seine (des Redners) Partei eine schärfere Besteuerung des Kapitalvermögens verlange! Der Kapitalist brauche nicht für seinen Lebensabend etwas zu reserviren wie der Arbeiter und Handwerker. Hier eine Ausgleichung zu finden, sei ein Problem, welches man lösen müsse, wenn man wiederum zu friedlich⸗sozialen Verhältnissen kommen solle. Hier liege die Leistungsfähigkeit des Königthums von Gottes Gnaden und des preußischen Königthums speziell. Mit vollem Recht habe
das preußische Königthum von höchster Stelle aus an⸗ erkannt, daß es gelte, die sozialdemokratischen Tendenzen zu bekämpfen nicht nur mit der Polizeigewalt und Revpression, sondern in wirksamerer Weise ihre Ursachen und nach Mög⸗ lichkeit die Schäden auszugleichen. Die Politik der preußi⸗ schen Könige sei es, welcher seine Partei solge. Man habe seine Politik als eine höchst bedenkliche bezeichnet, und der Abg. Windthorst habe ihn gewissermaßen als Verführer der Jugend hingestellt und gemeint, daß man auf den Universi⸗ taten Jünglinge bilde, welche die Reihen der Sozialisten ver⸗ stärken. Man bilde jetzt auf den Universitäten Jünglinge zu Männern aus, welche die Konsequenzen ihrer Prinzipien zu ziehen wüßten und auch in der Zukunft ziehen würden. Wenn die Jünglinge in den nächsten Jahrzehnten in den Dienst des Staates einträten, würden sie, wie er hoffe, das große Gut eines strammen Staatsbewußtseins mitbringen. Mit bloßen Phrasen heile man soziale Schäden nicht. Finanz⸗ und Sozialpolitik müsse in richtige Verbindung gebracht werden. Möchte ihm der Abg. Windthorst glauben: mit den Jünglingen, die heute von den deutschen Universitäten gingen, werde jede Partei und würden die mächtigsten Parteiführer rechnen müssen, Partiku⸗ laristen und andere. Nachdem die deutsche Frage gelöst sei, müsse man an die soziale Politik herantreten. Indem er dies bekenne, stütze er sich auf die Autorität der höchsten Stelle in Deutsch⸗ land und in Preußen, auf die herrliche deutsche Kaiserliche Botschaft, mit der der Reichstag 1881 eröffnet worden sei. Darin sei in großen Zügen, in prächtigem Lapidarstyl gesagt, worin die Aufgaben Deutschlands bestehen sollten. Zum ersten Male werde anerkannt, daß die arbeitenden Klassen Anspruch auf die Hülfe des Staates haben. Und in den Motiven zum Unfallversicherungsgesetz heiße es, daß der Staat nicht blos die Pflichten der Humanität und des Christenthums, sondern auch die Aufgabe habe, im Interesse einer staatserhaltenden Politik den besitzlofen Klassen gegenüber die Anschauung zu pflegen, daß der Staat nicht nur eine nothwendige, sondern auch eine wohlthätige Anstalt sei, welche das Wohlergehen aller Mitglieder des Staates, namentlich der Schwachen und Hülfsbedürftigen positiv fördern müsse. Das sei der Standpunkt, auf dem er stehe. Nenne man denselben einen staatssozialististischen, so berufe er sich auf jene Aktenstücke. Was heiße Sozialpolitik? Nichts an⸗ deres als eingreifen in die wüsten Grundsätze der radikalen Gewerbefreiheit. Wenn die Einkommens⸗ und die Ver⸗ mögensvertheilung eine richtige wäre, dann sei es ein noli me tangere. Seine Partei sehe aber das Elend auf der einen und den üppigen Uebermuth auf der anderen Seite. Mit Rodbertus sage er: der materielle Fortschritt, die An⸗ wendung der Naturwissenschaft auf die Technik habe nicht nur dazu geführt, Reichthum auf Reichthum zu häufen und die unteren Klassen darben zu lassen, in der Form der freien Konkurrenz habe der Fortschritt auch eine immer größere Trennung zwischen Reich und Arm, eine Korruption der reichen Stände herbeigeführt. Die soziale Politik führe mit Nothwendigkeit dahin, da, wo mit den Mitteln der modernen Konkurrenz, mit schlechten und unsittlichen Mitteln Reichthum erworben sei, eine starke Steuer eintreten zu lassen. Diese Konsequenz habe die Linke nicht ziehen wollen. Die Börsensteuer wolle sie nicht haben. Wo man irgendwie die Hand rühre, um die Wohlhabenden zu treffen, werde vor lauter technischen Schwiecigkeiten das größte Schreck⸗ niß verbreitet. Leider habe auch der Finanz⸗Minister gestern solche Bedenken der Resolution gegenüber erhoben. Er konsta⸗
tire vor dem Hause und vor dem Lande, daß die Erhöhung der Einkommensteuer von den Konservativen auf den Altar des Vaterlandes als freudiges Opfer niedergelegt worden sei. Die Tendenzen, die er verfolge, seien nicht sozialdemokratische, sondern sozialistische. Er billige das Projekt des Reichskanzlers, aus den Erträgen des Tabackmonopols einen großartigen Fonds für die Arbeiterversicherung zu bilden. Wenn man die wüste Konkurrenz, welche nur die Taschen der Kapitalisten fülle, für unhaltbar halte, so müsse man auch anerkennen, daß man dasjenige, was sich auf der einen Seite zu viel ange⸗ häuft habe, übertragen müsse auf Diejenigen, welche den Kon⸗ kurrenzkampf nicht bestanden haben. Er nehme sich die Frei⸗ heit, hier die Verhandlungen in dieser bedrängten Geschäfts⸗ lage hinzuhalten, da die Linke durch die lang hingezogenen Verhandlungen im Reichstage über Militärverhältnisse die Geschäfte aufgehalten habe. Deshalb glaube er ein Recht zu haben, hier ein Wort über diese brennenden Fragen zu sagen. Die Linke habe das unerfreuliche Schauspiel gegeben, daß sie darauf ausgewesen .““ einen Stein auszulösen aus dem Bau, der den Staat so groß und mächtig gemacht habe. Daher habe das Haus zu diesen hochwichtigen Verhandlungen so wenig Zeit bekommen. Der Abg. Windthorst möge sich darauf verlassen, die jungen Män⸗ ner, die jetzt erzogen werden, würden, wenn sie ins praktische Leben kommen, für den brandenburgisch⸗preußischen Staat ein⸗ treten, sie würden die Nothwendigkeit eines großen Militär⸗ wesens für Deutschland nicht außer Augen lassen, und anderer⸗ seits aus der Sozialpolitik die Konsequenzen ziehen, die die Linke zu ziehen nicht den Muth habe.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er habe wohl erwartet, daß der Vorredner bei dieser Gelegenheit frühere Aeußerungen rechtfertigen und neue hinzufügen würde; derselbe habe indeß seine kühnsten Erwartungen übertroffen. Das Auftreten und die Ausführungen des Abg. Wagner verüble er demselben nicht; auch sei die darauf verwendete Zeit nicht verloren. Die scharfe Kritik desselben über den Reichstag lege ihm aber die Frage nahe, ob es der Vertretung des führenden deutschen Staates angemessen sei, in solcher Weise gegen die In⸗ stitutionen des Reiches vorzugehen. Noblesse oblige; sei der gerügte Fehler begangen, so stehe es Preußen am wenigsten zu, denselben geltend zu machen. Der Vorwurf sei aber sachlich unbegründet; er habe im Reichstag keinen Menschen gefunden, der an der Institu⸗ tion der Armee zu rütteln gewagt hätte, und wenn der Abg. Wagner ihn mit zu diesen Attentätern zu rechnen scheine, dann hätte der Abg. Wagner die Diskussionen, die derselbe zu lang gefunden habe, lesen und verstehen sollen, dann hätte derselbe gefunden, daß das Centrum die Militär⸗Institutionen in einem Maße in Schutz genommen habe, das sehr Vielen zu weit gegangen sei. (Ruf rechts: Neubreisach!) Hange denn die preußisch⸗deutsche Armee von einer Unteroffizierschule ab?
Wenn das Centrum die Nothwendigkeit einer Armee voll an⸗ erkenne, wenn Deutschland eine große Armee nicht entbehren könne, so müsse die Volksvertretung auf Ersparnisse überall bedacht sein, und nichts Anderes habe irgend Einer im Reichs⸗ tage gewollt. Verdächtigungen dafür seien alfo nicht am Platze. (Abg. Wagner ruft: Abg. Richter!) Auch der Abg. Richter habe nur Ersparungsrücksichten gehabt (Lärm rechts) — habe der Abg. Richter anderweitige Bemerkungen gemacht, so seien sie vereinzelt geblieben und auch widerlegt worden, und das letztere gerade von seinen (des Redners) Freunden. (Zustimmung rechts.) Nun, dann generalisire man nicht, und stelle die Sache nach Außen nicht so hin, als ob seine (des Redners) Partei reichsfeindlich wäre! Glaube denn der Abg. Wagner die Vertheidigung des Königthums allein gepachtet zu haben? Die Katholiken seien dafür in schweren Tagen und selbst dann eingetreten, wenn es ihnen recht schlecht gegangen sei. Diesen Appell des Abg. Wagner also weise er mit Entrüstung zurück. Nunmehr müsse er heute recht ernsthaft fragen: Inwieweit würden die Konservativen für die Anschauungen des Abg. Wagner eintreten? Seien sie solidarisch, seien die Ten⸗ denzen des Abg. Wagner die der Konservativen? Das müsse man jetzt wissen. Denn darüber könne kein Zweifel sein, daß hier Grundsätze entwickelt seien, die den Staat in den Fundamenten ergriffen! (Abg. Wagner ruft: Kaiserliche Botschaft!) Erstens lasse er dahingestellt, wie ge⸗ schmackvoll es sei, den Namen des Kaisers in die Debatte zu ziehen: das Centrum habe es nicht gethan, er halte es im Gegentheil für unzulässig. (Rufe: Botschaft!) Bedenke die Rechte doch ein wenig, daß die erwähnten Aeuzerungen nicht kontrasignirt seien. Uebrigens mache er allerdings für die Thronrede das gesammte Ministerium verantwortlich, und wenn darüber gefprochen werden sollte, so spreche er von Aeußerungen, welche das Staats⸗Ministerium für die Thron⸗ rede entworfen habe. Alles nun, was in diesen Aktenstücken stehe, unterschreibe er Wort für Wort; aber führe das denn zu irgendwelchen klaren, bestimmten donkreten Resul⸗ taten? (Ja wohl! rechts.) Die Rechte finde das, die Rechte scheine ja überhaupt der Meinung, daß man mit allge⸗ meinen Sätzen konkrete Fragen ohne Weiteres entscheiden könne. Jedes Wort in der Botschaft und in den Motiven zum Un⸗ fallgesetze könne von einem Manchestermann unterschrieben werden, ohne daß derfelbe feine Grundfätze aufgebe. Er sei kein Manchestermann, er konstatire hier, daß alle jene Sätze bei der Diskussion des Sozialistengesetzes speziell von ihm und also vor der Thronrede erörtert worden. Er habe gesagt: Mit Repressivmaßregeln allein gehe es nicht, damit treibe man nur die Agitation aus der Oeffentlichkeit in die Höhlen und daraus werde sie gefährlicher als vorher wieder herauskommen. Man müsse sie positiv bekämpfen, ihre gerechten Ansprüche zu⸗ geben, sie unterstützen, wo es gehe. Für einen anderen Rath aber, den er damals dem Stactte gegeben habe, scheine der Abg. Wagner keine Empfindung zu haben, es sei der: „Wenn man das Elend mildern, wenn man zwischen Arm und Reich vermitteln wolle, so müsse man die Institutionen der Kirche freilassen.“ Für diesen Gedanken müsse allerdings der Mann der Staatsomnipotenz unzugänglich sein! Die so⸗ ziale Frage werde nur gelöst werden durch die Kirche, alle
Professoren der sozialestischen Wissenschaft würden sie nicht lösen! Die Autorität des Fürsten Bismarck sei für ihn aller⸗