ring, in den als Stein zum Siegeln eine Münze aus der Zeit der Constantine gefaßt ist. Bei Blankenburg ferner hat dermaleinst ein großer Ur das Unglück gehabt, im Moor zu versinken oder mit dem Eise einzubrechen; seine ansehnlichen und stattlichen Hörner sind im vorigen Jahre wieder zu Tage gefördert worden. In derselben Gegend haben sich auch verschiedene Hirschstangen gefunden. In der Jüdenstraße haben sich abermals Hörner von einer kleinen, noch nicht näher be⸗ kannten Rinderrasse gefunden, am Spittelmarkt eine Münze von Marc Aurel, sowie ein riesiger Bärenzahn. Auf dem Terrain der Hygiene⸗Ausstellung sind ganze Reihen von Skeletten und Schädeln ausgegraben worden, ohne Särge, ohne Kleider⸗ reste, ohne Knöpfe ꝛc. Sämmtliche Schädel rühren jeden⸗ falls aus der Zeit von 1813—15 her, und namentlich in der Gegend der Ulanenkaserne große Lazarethe waren, die hier ihre Todten, Russen und Franzosen, begruben. Bei der Lessingbrücke, in Bellevue ꝛc. finden sich vielfach Wendenscherben. In der Schillstraße hat sich im Alluvium Bernstein gefunden, der also zum dritten Male umgelagert war. Bei Schöneberg im Akazienwäldchen haben sich Grubenwohnungen gefunden aus germanischer Zeit mit Bronzeresten, untermischt mit Eisen. In Wilmersdorf ist eine erohes elegant ge⸗ formte Urne, ein sogenanntes Mäandergefäß, wohl erhalten gefunden. worden; dasselbe ist ohne Drehscheibe hergestellt. In Charlottenburg hat Werner Simens auf seinem Grundstücke ein großes Gräberfeld aufge⸗ deckt mit über 100 Urnen, die jedoch, obwohl sie auch Menschen⸗ knochen enthalten, nur dürftige Beigaben und eine ziemlich rohe Ge⸗ stalt haben. In Spandau endlich ist man bei Fundamentirung eines Pulvermagazins auf einen großen Pfahlbau gestoßen, der wunderbare Sachen, Bronzegegenstände ꝛc. enthielt. Der Burgwall bei Span⸗ dau endlich enthält viele ornamentirte wendische Scherben, die alle auf der Drehscheibe gemacht sind. Merkwürdigerweise hat sich da⸗ selbst auch eine Kachel aus einem sogenannten Lutherofen gefunden. An der Havel, auf Pichelswerder ꝛc. finden sich vielfach bronzene Gegenstände. 1
Ausstellung von Zimmereinrichtungen zum Preise von 350 ℳ — 1“ Mit nicht geringer Spannung ist in den Kreisen, die sich für die Entwickelung unseres Kunstgewerbes interessiren, die Ausstellung er⸗ wartet worden, deren sich seit einigen Tagen die Stadt Halle erfreut. Als der dortige Kunstgewerbeverein, unterstützt durch einige angesehene Einwohner, welche für eine Anzahl von Prämien Beträge von je 100 ℳ zur Verfügung stellten, im Oktober v. J. durch ein Preis⸗ ausschreiben zur Einsendung von Zimmereinrichtungen für die be⸗ scheidensten bürgerlichen Verhältnisse aufforderte, den Maximal⸗Ver⸗ kaufspreis für die gesammte Ausstattung auf 350 ℳ festsetzte und die Konkurrenten ausdrücklich verpflichtete, auch weitere Bestellungen auf die von ihnen eingesandten Arbeiten zu diesem Preise auszuführen, wurde das Beginnen des Vereins vielfach als völlig aussichtslos be⸗ trachtet. Um so überraschender ist es, daß zu der Konkurrenz nicht weniger als vierzehn Arbeiten aus Halle selber, sowie aus Berlin, Frank⸗ furt a. M., Leipzig, Magdeburg, Ostrau, Chemnitz und Altenburg eingingen. In der Aula und den anstoßenden Räumen der Bürger⸗ schule zu Halle wurden für dieselben ebenso viele Kojen mit tapezierten Wänden, mit Fenstern und Decken hergerichtet, so daß die Ausstellung vierzehn vollständig möblirte Zimmer umfaßt, deren jedes mit Sopha und Ausziehtisch, mit sechs Srtühlen, mit einem Näh⸗ tisch nebst Fußbank, mit einem Kleiderschrank und einer Kommode mit Aufsatz und Schreibplatte, mit Bücherbrett, Spiegel, Uhr, Tep⸗ pich und Fenstervorhängen ausgestattet und meist auch in anspruchs⸗ loser Weise mit dem sonst noch erforderlichen Hausrath versehen ist. Mag immerhin das eine oder andere Mobiliar die Mög⸗ lichkeit der Ausführung zum Preise von 350 ℳ bezweifeln lassen, so ist doch durchweg eine Grenze eingehalten, wie sie dem Bedürfniß der weitaus breitesten Schichten unserer Bevölkerung entspricht. Mit dem glänzenden Erfolg seines Unternehmens hat sich somit ein rühriger Provinzialverein das nicht zu unterschätzende Verdienst er⸗ worben, den denkbar anschaulichsten Beweis dafür zu liefern, daß sich, ganz im Gegensatz zu der voch immer vielfach herrschenden Auf⸗ fassung des Kunstgewerbes als einer nur für den Begüterten existirenden Luxusindustrie, auch für den auf Vermeidung jedes kostspieligen Aufwandes angewiesenen Mittelstand, für den Gewerb⸗ treibenden, den kleinern Kaufmann, den Beamten, den Volks⸗ schullehrer u. s. w., ein künstlerisch veredeltes Heim schaffen läßt, wie es übrigens in der hier auftretenden einfachen Erscheinung selbst manchem Angehörigen der besser situirten Klassen genügen dürfte. So gewinnt die Ausstellung schon im Hinblick auf den sittlichen Einfluß, der dem Gefallen an der behaglich anmuthen⸗ den Häuslichkeit beizumessen ist, eine sehr gewichtige Bedeutung. Aber auch abgesehen hiervon, ist sie an sich in hohem Grade erfreulich und
lehrreich. Wie sie als Ganzes die Fähigkeit unseres neu erstarkten Kunstgewerbes darthut, sich im besten Sinne des Wortes populär zu machen und damit den sicheren Boden dauernd gesunder Entwickelung zu gewinnen, so bietet sie im Einzelnen fast ausnahmslos anerkennens⸗ werthe, zum Theil sogar außerordentlich glückliche Leistungen dar. Während höchstens zwei oder drei Zimmer sich als im Wesentlichen verfehlt bezeichnen lassen, begegnet der Beschauer im Uebrigen durchweg anregenden Arbeiten und in jedem Zimmer wenigstens dem einen oder dem anderen Stück, das mit der durchgehenden Solidität der Aus⸗ führung zugleich eine oft vorzüglich gelungene originelle Komposition verbindet. Interessant ist es dabei, daß gerade der scheinbar schwierigere Aufbau der Kommode mit Aufsatz und Schreibplatte (zu durchschnittlich 80 ℳ) eine Reihe der gefälligsten Lösungen gefunden hat. Sehr tüchtige Stücke finden sich ferner unter den Ausziehtischen (30 ℳ) und, was als besonders schätzbarer Gewinn zu betrachten ist, unter den Stühlen (5 ℳ), von denen einige als mustergültige Vorbilder dienen können. Auch der Kleiderschrank (40 ℳ), erscheint meist als an⸗
sprechende Leistung, und ebenso glücklich wirken die Spiegel in einfach
profilirten Holzeinfassungen, die den wohlthuendsten Gegensatz gegen die Aufdringlichkeit des noch heut nicht ganz verschwundenen grob⸗ naturalistischen Goldrahmens bilden. Schwieriger ist es meist ge⸗ fallen, das Sopha in eine der Bequemlichkeit leidlich genügende stil⸗ volle Gestalt zu bringen, und auch die Versuche, den Nähtisch in origineller Weise auszubilden, lassen nicht selten zu wünschen übrig, während die Uhr (20 ℳ) mehrmals sehr geschickt in die Gesammt⸗ komposition hineingezogen und mit den einfachsten Mitteln zu einem reizvollen Schmuckstück des Zimmers gemacht worden ist.
New⸗York, 25. Februar. (W. T. T.) Der Dampfer „Republik“ hat den auf der Feohrt von Liverpool nach Boston be⸗ griffenen Dampfer „Glamorgan“ am 16. d. M. als Wrack an⸗ getroffen und die Ueberlebenden von den Passagieren und von der Mannschaft des „Glamorgan“ hierher gebracht. Der Kapitän, der zweite Offizier, zwei Matrosen und zwei Passagiere des „Glamorgan“ sind bei dem von demselben erlittenen Unfalle ums Leben gekommen. — Die hier eintreffenden Dampfer berichten von Eisbergen, welche sie auf der Fahrt angetroffen haben.
Im Wallner⸗Theater trat am Sonnabend nach jahrelan⸗ ger Pause Hr. Carl Helmerding, dessen Name mit der Neueröffnung dieser Bühne unauflöslich verknüpft ist, als Gast auf. Er wählte eine seiner durchschlagendsten Rollen, den „Cäsar Wichtig“ im „Registrator auf Reisen“ für seine erste Gast⸗ vorstellung. Das Haus war natürlich vollständig ausver⸗ kauft und begrüßte den beliebten Komiker mit lauten Beifalls⸗ bezeugungen; ein großer Lorbeerkranz gab überdies der allgemeinen Verehrung Ausdruck, welcher sich der Künstler beim Berliner Publikum erfreut. Hr. Helmerding hat während der langen Pause im Dienste der komischen Muse nichts von seiner,. Spielgewandtheit, in geistiger wie in körperlicher Hinsicht, eingebüßt; er gab den alten Registrator zeitweise mit solch rührendem Ausdruck der Be⸗ scheidenheit und dann wieder mit solchem drastischen Uebermuth, wenn es sich darum handelt, das Gefühl der Freiheit und Ungebundenheit drastisch zum Ausdruck zu bringen, daß sich das Ganze zu einer glänzenden Leistung gestaltete. Die übrigen Mitglieder, allen voran Hr. Engels in seiner alten Rolle als „Zander“ schufen mit dem beliebten Gaste ein so vortreffliches Ensemble, wie man es selbst am Wallner⸗Theater nur selten findet. Die Rolle des Gerichts⸗Raths Heidenreich, welche bei der ersten Auf⸗ führung Hr. Meißner mit so reichem Humor ausgestattet hatte, gab diesmal Hr. Blencke mit nicht geringerem Erfolge. — Unausgesetzte Heiterkeit und lauter Beifall begleiteten alle Scenen der amüsanten Posse bis zum Schluß.
Am Montag, den 5. März, Abends 7 ½ Uhr, findet im Saale der Singakademie das 2. Abonnements⸗Concert des Philhar⸗ monischen Orchesters unter Direktion des Hrn. Professors Rudorff statt. Auf dem Programm stehen: 1) Ouverture zur Oper „Faust“, L. Spohr. 2) Adagio aus der C.moll-Sinfonie, L. Spohr. 3) Ouverture zu „Oberon“, Weber. 4) Sinfonie C-dur, Schubert. Billets zu 3 und 2 ℳ sind in der Singakademie bei Hrn. Schaeff zu haben.
Literarische Neuigkeiten undperiodische Schriften.
Beiheft zum Militär⸗Wochenblatt. 1883. 1. Heft. — Inhalt: Das russische Kavallerie⸗Exerzierreglement. Im Auszuge be⸗ arbeitet von K.
6 Inserate für den Deutschen Reichs⸗ und Königl.
Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition des Deutschen Reichs⸗Anzeigers und Kböniglich
Ierx: 9 g 1 8 8 — DBesffentl 58* 82
1. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. 5. Inâustri 2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.
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, 9
Leipzig, Woldemar Urban.
08 5 85 5 5 ½ 1988 F.
Fabriken
Verschiedene Bskanntmachungen.
Beiheft zum Marineverordnungsblatt. Nr. 41. — In⸗ halt: Die Aufgaben des Sanitätsdienstes bei kriegerischen Expedi⸗ tionen in tropischen und subtropischen Gegenden von Dr. Braune, Marine⸗Stabsarzt. — Nachrichten von S. M. Schiffen und Fahr⸗ zeugen im Auslande. — Nachrichten vermischten J halts: Schiffbau. Maschinenbau. Von der italienischen Marine. Vermischtes. — Lite⸗ rarische Benachrichtigungen. b
Monatsschrift für deutsche Beamte. 2. Heft. Inhalt: Allerhöchste Anerkennung unserer Monatschrift. — An⸗ gelegenheiten des Vereins: Bekanntmachungen der Direktion des Preußischen Beamten Vereins. — Rechtsverhältnisse der Beamten: A Gesetzgebung; Verordnungen; Erkenntnisse. B. Ab⸗ handlungen und Nachrichten über Fragen des Beamtenthums: Schnipsel aus Parlamentspapieren; Die Vorbildung für das höhere Schulamt; Rückblicke auf die Entwickelung der preußischen Staats⸗Bauverwaltung. — Abhandlungen und Aufsätze allgemeinen Inhalts: Zur Geschichte des preußischen Schulwesens im 18. Jahr⸗ hundert, von L. Jacobi. (Fortsetzung und Schluß von Heft 1). Der Charakter der germanischen Mythologie, ursprünglich idyllisch und episch, wie der der hellenischen, ist allmälig ein tragischer ge⸗ worden. Von Professor Dr. Felix Dahn. Der preußische Finanz⸗ minister Maaßen. Physiologie des französischen Beamten. (Fort⸗ setzung von Heft 1). — Vermischtes: Vermächtniß des Schuhmachers Degen. Wie man vor 60 Jahren über Eisenbahn und Zollverein dachte. Als der Staatskanzler von Hardenberg ꝛc. Die Kunst zu fragen. Labor voluptasque. — Sprechsaal: Anfrage wegen der sozialpolitischen Gesetze. — Bücherschau. — Inhalt der Beilage: Vakanzenliste: A. für Justiz⸗, Verwaltungs⸗, Kommunal⸗ und Privat⸗ beamte; B. für Geistliche, Lehrer, Aerzte ꝛc. — Inserate.
Preußische Jahrbücher. Einundfünfzigster Band, zweites Heft. Februar 1883. — Inhalt: Die agraren Verhältnisse in den russischen Ostseeprovinzen (von der Brüggen). — Einige Bemerkungen über unser Gymnasialwesen. (Heinrich von Treitschke.) Zum 6. April 1883. Raphael und das neue Testament. (Herman Grimm). — Der Verfall der Republik in Frankreich. (Politische Correspon⸗ denz.) — Notizen. Max Duncker. (Julian Schmidt.) — Zum Jubiläum eines Dantegegners.
Deutsche Landwirthschaftliche Presse. Nr. 15 — Inhalt: Das Wirthschaftssystem in Lupitz. Von Professor Dr. Drecheler⸗ Göttingen. — III. Session der II. Sitzungsperiode des Königlichen Landes⸗Oekonomie⸗Kollegiums, 18838 — Hauswirthschaft. Wirth⸗ schaftsplaudereien für Landwirthsfrauen. — Jagd. — Sprechsaal. Antworten: Sommerroggen. Düngerstreumaschine von Jaeschke. Be⸗ nehmen eines Jägers auf fremdem Terrain. Weizen nach Samen⸗ und Futterklee. Feldeisenbahnen. Leinsamenfütterung. Saatquantum bei früher oder später Aussaat. Maul⸗ und Klauenseuche. Be⸗ rieselung mit Fruchtwasser aus einer Stärkefabrik. Große Feuchtig⸗ keit im Eiskeller. Fragen. — Deutscher Reichstag und preußischer Landtag. — Generalversammlung des Vereins der Spiritusfabri⸗ kanten in Deutschland. — Peluschke (Sanderbse). Von Döhn⸗ Roppuch. — Zur Vertilgung der Tecken. Von Flittner⸗Neidfeld. — Literatur. — Landwirthschaftliche Lehranstalten. — Handel und
Verkehr.
Friedreichs Blätter für gerichtliche Medizin und Sanitätspolizei. Heft II. — Inhalt: Nachruf für Prof. Dr. C. von Hecker, Ober⸗Medizinal⸗Rath und Prof. in München. — Chemische Untersuchung eines angeblich colchicinhaltigen Bieres. Be⸗ fangenes Urtheil und falsche Schlüsse aus vorgefaßter Meinung. Von Ober⸗Medizinal⸗Rath Prof. Dr. L. A. Buchner in München. — Mord oder Todtschlag. Zweifelhafter Geisteszustand. (Psychischer Entartungszustand. Chorea. Krankhafte Affekte.) Gutachten der Grazer medizinischen Fakultät. Mitgetheilt von Prof Dr. von Krafft⸗ Ebing. — Schändung. Zweifelhafter Geisteszustand. Keine Geistes⸗ krankheit. Mitgetheilt von Prof. Dr. von Krafft⸗Ebing in Graz. — Simulation von Blödsinn Seitens eines zur Todesstrafe verurtheilten Mörders. Mitgetheilt von Prof. Dr. von Krafft⸗Ebing in Graz. — Mittheilungen aus der gerichtsärztlichen Praxis. Von Dr. Kuby, Königlicher Landgerichts⸗ und Ober⸗Stabsarzt in Augsburg. — Ge⸗ richtlich⸗psychiatrische Mittheilungen von Dr Friedrich Zierl, Assistenz⸗ arzt der Kreis⸗Irrenanstalt Kaufbeuren. (Forts) — Referate.
Politische Gesellschaftsblätter. 18. Heft. — Inhalt: Was haben wir von Frankreich zu erwarten? — Die deutsche Forst⸗ wirthschaft. — Vermischtes. — Correspondenz.
— 19. Heft. — Inhalt: Die agrarischen Versammlungen. — Die deutsche Forstwirthschaft. VI. — Der landwirthschaftliche Credit. I. — Dem Andenken Richard Wagners. — Eine Petition an das Herrenhaus. — Vermischtes. — Correspondenz.
Diphteritis. Erfahrungen aus der Praxis über Wesen, Ent⸗ stehung und Behandlung von Dr. G. F. Wachsmuth. 2. Auflage.
—
˙˙˙,. „
ER Inserate nehmen an: die Annoncen⸗Expeditionen des „Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein & Voagler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Lütt ier & Winter, sowie alle übrigen größeren
Preußischen Staats-Anzeigers: Berlin SW., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.
5
4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung v. s. w. von öffentlichen Papieren.
3. Verkäufe, Verpachtungen, Submissiouen etc.
.Literarische Anzeigep. Theater-Anzeigen. Ia der Börsen-
„.
Annoncen⸗Bureaux.
N.
9. Familien-Nachrichten. † beilage.
[9114] K. Amtsgericht Ludwigsburg.
Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Fidel Schmid, früͤheren Stationsgehülfen in Zuffenhausen, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Unterschlagung im Amt (§. 351 St. G. B.) ver⸗ hängt. Es wird ersucht, denselben festzunehmen und in das Amtsgerichtsgefängniß zu Ludwigsburg ab⸗ zuliefern. Ludwigsburg, den 24. Februar 1883. Königliches Amtsgericht. Amtsrichter: Walser. Beschreibung: Alter 26 Jahre, Größe 1 m 68 ecm, Statur kräftig, Haare blond, beleibt und stramme Haltung, Bart, blonder Schnurrbart, Gesicht ge⸗ sundes Aussehen.
191244 Verkaufs⸗Anzeige nebst Ediktalladung.
In Sachen 1) der Ehefrau des Portiers Hasenbalg, Dorothee, geb. Dröge, zu Oker, 2) des Schlossers Louis Dröge zu Osnabrück, 3) der unverehelichten Johanne Dröge zu Oker, Gläubiger,
gegen 1) den Schlachtermeister Wilhelm Kramer zuGoslar, 2) dessen Ehefrau Minna, geb. Grebe, daselbst, Schuldner, 1
soll das den letzteren gehörige, in hiesiger Stadt an der oberen Mühlenstraße, unter Nr. 8 zwischen Frehe und Kunstein belegene, im hiesigen Hypotheken⸗ uche vom Marktstadtviertel sub Nr. 82 registrirte Wohnwesen, bestehend aus einem zweistöckigen, 3 Stuben, 4 Kammern, 2 Küchen, Keller und Bodenraum enthaltenden, im Erdgeschoß mit Wasser⸗
leitung versehenen Wohnhause mit Stallgebäude ꝛc.
und Hofraum zwangsweise in dem dazu auf Donnerstag, den 12. April d. J., Mittags 12 Uhr,
allhier anberaumten Termine öffentlich versteigert
werden.
Kaufliebhaber werden damit geladen.
Alle, welche daran Eigenthums⸗, Näher⸗, lehenrecht⸗ liche, fideikommissarische, Pfand⸗ und sonstige dingliche Rechte, insbesondere Servituten und Realberechtigungen zu haben vermeinen, werden aufgefordert, selbige im obigen Termine anzumelden und die darüber lauten⸗ den Urkunden vorzulegen, unter dem Verwarnen, daß im Nichtanmeldungsfalle das Recht im Verhältniß zum neuen Erwerber des Grundstücks verloren gehe.
Goslar, den 3. Februar 1883.
Königliches Amtsgericht. Abtheilung I. Buchholz.
[9119] Bekanntmachung. 3
Durch Urtheil der II. Civilkammer des König⸗ lichen Landgerichts zu Elberfeld vom 3. Februar 1883 ist die zwischen den Eheleuten Bauunternehmer Carl Wilhelm Kißler zu Barmen und der Putz⸗ macherin Bertha, geb. Flehinghaus, daselbst, bis⸗ her bestandene Gütergemeinschaft mit Wirkung vom 28. November 1882 für aufgelöst erklärt worden.
Der Landgerichts⸗Sekretär.
Jansen.
[9120] Bekanntmachung. 8
Durch Urtheil der II. Civilkammer des König⸗ lichen Landgerichts zu Elberfeld vom 3. Februar 1883 ist die zwischen den Eheleuten Kaufmann Wilhelm Borbet in Barmen und der geschäftslosen Marie, geb. Schluck, daselbst bisher bestandene gesetz⸗ liche Gütergemeinschaft mit Wirkung seit dem Tage der Klagezustellung, den 27. Novemb er 1882, für aufgelöst erklärt worden. Landgerichts⸗Sekretär:
8 Jansen. 11]
[911 Bekanntmachung. u““ Durch Urtheil der II. Civilkammer des Königlichen Landgerichts zu Elberfeld vom 3. Februar 1883
19109]
ist die zwischen den Eheleuten Spezereihändler
Julius Spies zu Barmen und der Caroline, geb.
Bongardt, daselbst, bisher bestandene eheliche Güter⸗ gemeinschaft mit Wirkung seit dem 27. November 1882, für aufgelöst erklärt worden. Der Landgerichts⸗Sekretär: Jansen.
910² 8 l d'Administration de la Dette Publique Ottomane. Avis!
Par décision du Conseil d'Administration de la Dette Publique Ottomane, les intéréts échus au 1/13 mars prochain sur les Emprunts Ottomans et 1a Dette Geénérale ainsi que les sommes revenant aux Obligations des Chemins de Fer de la Turquie d'Europe (Lots Turcs) d'après l'ar- ticle XIII. du Décret Imp érial du 8/20 Décembre 1881, seront payés au taux de 1 % par an sur le capital indiqué dars le tableau annexé au Décret Impérial susvisé.
Obligations des Chemins de Fer de
—
la Turquie d'Europe: Les porteurs de cer- tificats délivrés en échange des Lots Tures amor- tis depuis le 1 janvier 1882 sur lesquels un ä- compte de 25 % a déjà été payé, sont prévenus que le solde de 33 % qui leur revient pour com-
pléter leur qnote-part sur les revenus de l'exer-
cice 1882 — 83, conformement à l'article XIII. du Décret Impériale du 8/20 décembre 1881, sera payé par la Banque Impériale Ottomane à Con- et à l'Etranger à partir du 1/13 mars 1883.
Les porteurs de Lots Turcs sortis anx tirages durant ia période du 1 octobre 1875 au 31 dé- cembre 1881, inclusivement, sont prévenus qu'il leur sera payé à Constantinople par la Banque Imp ériale Ottomane, selon avis spécial de sa part et à partir du 1/13 mars prochain, un à compte de 3 % sur la valeur établie aux tiraves de leurs titres à valoir sur le 20 % prescrit par le Décret Impérial du 8/20 décembre 1881. article XIII. §. A
8
Constantinople, le 186 fevrier 1883
Allgemeine Gas⸗Actien⸗Gesellschaft zu Magdeburg
Die Dividende für das Geschäftsjahr 1882 ist auf acht Prozent
gleich Vierundzwanzig Mark pro Actie
festgesetzt worden und kann vom 15. März cr. ab, bei den Herren Zuckschwerdt & Beuchel hier, Herrn S. Bleichröder in Berlin und, soweit deren Mittel reichen, auch bei unseren Anstaltskassen gegen Aus⸗ lieferung des Dividendenscheines Nr. 25 erhoben werden. Den Dividendenscheinen ist ein arithmetisch geord⸗
netes Nummernverzeichniß mit Namensunterschrift des Besitzers beizufügen.
Die neuen Couponbogen können gegen
Dividendenscheinen ein Nummernverzeichniß beizufügen ist,
Magdeburg, den 22. Februr 1883.
Auslieferung der alten Talons, denen, wie bei den in unserm Centralbüreau hier, erhoben werden.
Bethe.
Redacteue: Riedel. Berlin: Verlag der Expedition (Kessel.) Druck: W. Elsner.
Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
3
(2421)]
4
zum No. 49.
eichs⸗Anzeiger und Königlich Preꝛ
1 8
Erste Beilage
sßischen Staats⸗Anzeiger.
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 26. Februar. Im weiteren Ver⸗ laufe der vorgestrigen (34.) Sitzung des Hauses der
Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Entwurfs
8
eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Staatshaus⸗ halts⸗Etats pro 1883/84, und zwar mit dem Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Me⸗ dizinal⸗Angelegenheiten (dauernde Ausgaben Kap. 117) fortgesetzt.
Beim Titel 3 (Bisthum Gnesen und Posen) dankte der Abg. Dr. von Jazdzewski dem Abg. Windthorst, daß derselbe für die berechtigten Wünsche der katholischen Polen eingetreten sei, die mit dem Abg. Windthorst in allen kirchenpolitischen Fragen zusammengehen würden. Seit dem letzten Gesetz, vetr. die diskretionären Vollmachten, sei jetzt fast ein Jahr vergangen, und noch immer sei der erzbischöfliche Stuhl von
Gnesen und Posen unbesetzt, und der Erzbischof vertrieben.
Anstatt des rechtmäßigen Bischofs habe die Diözese Gnesen⸗Posen eine kulturkämpferisch angelegte Behörde erhalten, die denn auch die Wirkung erzielt habe, daß seit Entstehung der Maigesetze in dieser Diözese 164 Pfarrer vertrieben seien, und über 270 000 Seelen keine Seelsorger gehabt hätten. Am schwersten laste jedoch diese Verwaltung auf der Diözese bezüglich des Vermö⸗ gens derselben. Es sei nicht zu verkennen, daß in letzter Zeit eine Milderung im Vorgehen der Behörden für die Vermögensverwaltung eingetreten sei, eine Milderung, die sich schon in den letzten Monaten unter dem Regiment des Ministers Falk bemerkbar gemacht, die unter dem Minister von Puttkamer stets gewaltet habe, unter dem jetzigen Minister aber ein Ende gefunden habe. Er mache den Minister von Goßler dafür verantwortlich, daß die Ver⸗ mögensverwaltung in der Diözese Gnesen⸗Posen in einer
Weeise vorgenommen werde, die weder dem Staate noch der
Kirche nützen könne. Namentlich der kulturkämpferische Staats⸗ anwalt Perkuhn habe sich die Mißgunst der von seiner Ver⸗ waltung betroffenen Kreise zugezogen, dieser Mann sei sogar so weit gegangen, die Alluren einer bischöflichen Behörde anzu⸗ nehmen. Die Diözese Gnesen⸗Posen sei während des Kultur⸗ kampfes durch die Sperre und durch Geldstrafen, welche man en Geistlichen für die Ausübung ihrer Funktionen auferlegt habe, um 1 750 000 ℳ gekürzt worden, weil sich der dortige Klerus nicht unbedingt den Maigesetzen unterworfen habe. Redner beklagte sich über die vom jetzigen Minister beliebte rigorose Ausführung der Maigesetzgebung, und hob besonders hervor, daß selbst die Niederlassung von Schwestern zweier Krankenpflegeorden, die doch vom Ge⸗ setze erlaubt sei, vom Minister wiederholt verboten sei. Auf ein Gesuch, welches er in einer solchen Angelegenheit an die Regierung gerichtet habe, sei ihm Seitens der⸗ selben geantwortet, der Kultus⸗Minister könne die Nieder⸗ lassung der Ordensschwestern nicht gestatten, da ein Be⸗ dürfniß nicht vorliege. Was verstehe denn der Minister unter Bedürfniß? Das Bedürfniß bestehe in jeder Stadt, in jedem Dorfe, denn Kranke und Arme gebe es überall, und diese Schwestern entwickelten, wie allbekannt, eine segensreiche Thätigkeit weit über ihr Ordenshaus hinaus. Redner kam schließlich noch einmal darauf zurück, daß die noch immer über die Erzdiözese Gnesen⸗Posen verhängte Temporaliensperre den staatsrechtlichen durch feierliche Verträge verbrieften An⸗ sprüchen der Bevölkerung hohnspreche.
Hierauf ergriff der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegen⸗ heiten von Goßler das Wort:
Meine Herren! Es ist keine leichte Aufgabe, auf diese große Anzahl von Einzelfragen sofort zu antworten, ich will aber, um mir nicht wieder Vorwürfe zuzuziehen, wie der geehrte Herr Redner sie soeben gemacht hat, versuchen, möglichst im Anschluß an die von ihm beobachtete Ordnung auf seine Anträge einzugehen. Ich scheide davon nur aus die Bemerkungen aus dem vorletzten Theile seiner Ausführungen, be⸗ treffend die Thätigkeit der Ordensgenossenschaften für die Kranken⸗ pflege. Ich werde darauf bei anderer Gelegenheit, bei der Berat hung des betreffenden Spezialetats zurückzukommen Gelegenheit haben und muß die Beantwortung auch deshalb bis dahin verschieben, weil — das hat der Herr Vorredner im Eifer der Rede verschwiegen, — weil nicht ich allein, sondern der Kultus⸗Minister und der Minister des Innern gemeinsam verfassungsmäßig zur Pehandlung dieser Angelegenheiten berufen sind. Ich werde demgemäß in Bezug auf diese Vorwürfe Veranlassung nehmen, seiner Zeit den Herrn Minister des Innern zu bitten, uns seine Gegenwart selbst oder durch einen seiner Räthe zu schenken.
Im Eingang seiner Rede erhob der Herr Abgeordnete eine Reihe von Vorwürfen gegen die Beamten, welchen früher die Vermögens⸗ verwaltung in vakanten Bisthümern übertragen war. Namentlich richtete er diese Vorwürfe gegen den Krn. Geheimen Regierungs⸗Rath von Schuckmann, vormals Kommissarius für das Fürstbisthum Breslau. Ich muß es mir versagen, bei diesem Punkt, den ja auch der Herr Vorredner nur gestreift hat, auf Einzelnheiten einzugehen. Der Herr Abgeordnete wird aber mit mir übereinstimmen, daß, wenn so ehrende Anerkenntnisse über treue Pflichterfüllung preußischer Beam⸗ ter, welche in ungewöhnlich schwere Aemter gestellt waren, Seitens der Kapitularvikare und Bischöfe ausgesprochen werden, wie schon im vorigen Jahre hier mitgetheilt sind, ich mich bei diesen Zeug⸗ nissen ench seiner abweichenden Meinung gegenüber beruhigen kann und muß.
Uebergehend auf den von dem Herrn Abgeordneten wiederholt angegriffenen Hrn. Regierungs⸗Rath Perkuhn, den Kommissarius für die bischöfliche Vermögensverwaltung in der Erzdiözese Gnesen⸗ Posen, kann ich das ehrende Zeugniß, welches ich im vorigen Jahre ausgesprochen habe, in vollem Maße aufrecht erhalten und muß vor allen Dingen erklären, daß er nicht, wie der Herr Ab⸗ geordnete es vorgeführt hat, ein „kulturkämpferisch angelegter Staatsanwalt“ ist, sondern ein Königlich preußischer Beamter, wel⸗ cher ein großes Maß von Pflichten auferlegt bekommen und mit Ge⸗ wissenhaftigkeit ausgeführt hat. Der Herr Abgeordnete hat selbst anerkannt, daß der Hr. Regierungs⸗Rath Perkuhn in bureaukratischer Beziehung gut verwaltet. Das ist aber gerade bei seinem Pflichten⸗ kreis die Hauptsache, und wenn er seine Pflichten treu erfüllt, so ver⸗ dient er in vollem Maße Anerkennung und nicht die Angriffe, welche gegen ihn gerichtet sind.
Der Herr Abgeordnete glaubt, die Angriffe darauf stützen zu kön⸗ nen, daß er dem Hrn. Regierungs⸗Rath Perkuhn vorwirft, derselbe nehme die Allüren der bischöflichen Behörde an und gerire sich als geistlicher Oberer. Ich kenne die betreffende Verfügung nicht, die der Herr Vorredner im Auge gehabt hat, aber möglicherweise liegt doch auch seinerseits ein Mißverständniß vor. Die Grundlage, auf der die
Berlin, Montag, den 26. Februar
Thätigkeit der Kommissarien für die Vermögensverwaltung in den erledigten Bisthümern beruhte, sind im §. 9 des Gesetzes vom 24. Mai 1864 gegeben, da ist ausdrücklich gesagt: . Der Kommissar vertritt den bischöflichen Stuhl als solchen in allen vermögensrechtlichen Beziehungen nach außen. . Anndererseits sagt aber das Landrecht, welches ja in dieser Be⸗ ziehung die maßgebende Grundlage bildet, im §. 162 Th. II. Tit. 11: 8 Das Kirchenvermögen steht unter der Aufsicht der geistlichen beren.
Es ist also von vornherein nicht nur durchaus möglich, sondern kaum zweifelhaft, daß der Kommissarius die im Gesetz vorgesehene Bestätigung und Aufsicht, welche den geistlichen Oberen über die kirchliche Vermögensverwaltung zusteht, für sich beansprucht hat. In die Lage, diese Funktion auszuüben, wird er vielfach gekommen sein, da er das kompetente Organ war, die Rechtsakte zu bestätigen, deren Bestätigung durch die geistlichen Oberen in den Gesetzen vor⸗ geschrieben ist.
Der Herr Abgeordnete hat ferner Veranlassung genommen an⸗ zudeuten, als ob im Laufe der letzten Monate in Bezug auf das Institut der Wandervikare verschärfte Bestimmungen, Seitens des Ministeriums und zwar, wie ich wohl annehmen darf, Seitens meiner Person ergangen seien. Das ist durchaus nicht richtig. Es findet sich zwar eine dahin gehende Behauptung im „Kuryer Poznanski“, aber diese Behauptung beruht auf einem thatsächlichen Irrthum. Es ist keinerlei derartige Bestimmung ergangen. Die Angelegenheiten, bei deren Erwähnung der Herr Abgeordnete diese Behauptung ausge⸗ sprochen hat, sind, da sie vor das Ober⸗Verwaltungsgericht gehören, mir erst bekannt geworden durch die Mittheilung des Termins, welcher beim Ober⸗Verwaltungsgericht zu ihrer Verhandlung anbe⸗ raumt war.
Der Herr Abgeordnete hat sodann einen Vorwurf dahin erhoben, daß er den Art. 5 der Novelle von 1880 und allerlei Anschuldigungen durch einander gewürfelt hat. Ich kann jedoch nur wiederholen: es ist meine erste und höchste Aufgabe, in allen in dieser Richtung be⸗ rührten Fragen genau das Gesetz zu beachten und, wenn es über⸗ schritten ist, sofort Remedur zu schaffen.
Die Grundsätze, nach denen die Frage der Seelsorge in vakanten Pfarreien behandelt worden ist, sind niedergelegt in dem genannten Art. 5. Derselbe sagt einmal, daß geseßmäͤßig angeftellte Geistliche auch in fremden erledigten Pfarreien unbehelligt ihre Amtshandlungen vornehmen können, wenn sie nicht bei Ausübung der Amtshandlung die Absicht bekunden, ein geistliches Amt wahrzunehmen. Ich fürchte nicht mißverstanden zu werden, wenn ich sage, daß dies das Institut der Nachbargeistlichen im weitesten Sinne ist. Zum Anderen ver⸗ ordnet dann der Abs. 2 des genannten Artikels — und das ist der Puakt, auf den der Herr Abgeordnete vorzugsweise einging — daß die mit der Stellvertretung oder Hülfe⸗ leistung in einem geistlichen Amt gesetzmäßig beauftragten Geistlichen auch nach Erledigung des Amts als gesetzmäßig angestellte Geistli de zu betrachten sind. Dies ist eine Legalpräsumtion, die ganz außer⸗ ordentlich wohlthätig gewirkt hat, wie auch der Herr Abgeordnete selbst angedeutet hat.
Diese beiden Bestimmungen geben den Rahmen, in dem sich die Verwaltung zu bewegen hat. Die Frage zu entscheiden, ob ein Geist⸗ licher gesetzmäßig angestellt ist, oder ob er die Absicht bekundet, ein Amt zu übernehmen, kann im Einzelfalle außerordentlich schwierig sein. Die Entscheidung darüber ist in der Verfügung, welche gewisser⸗ maßen als der Vorläufer des Art. 5 der Novelle vom Jahre 1880 zu betrachten ist, durch meinen unmittelbaren Herrn Amtsvorgänger in die Hände der Ober⸗Präsidenten gelegt. Es wird auch anerkannt werden, daß auf diesem Gebiet in den verschiedenen Provinzen außer⸗ ordentlich vorsichtig und mit größter Sorgsamkeit verfahren ist.
Das führt mich unmittelbar auch zu der Frage der Kirchenbuch⸗ führung. Diese ist nach bekannten Grundsätzen und nach wiederholter Entscheidung des Obertribunals eine pfarramtliche Thätigkeit. Der⸗ jenige, der die Kirchenbücher führt, übt eine pfarramtliche Funktion aus, er bekundet damit also die Absicht, ein pfarramtliches Amt wahr⸗ zunehmen, und es handelt sich natürlich in dem einzelnen Falle darum, ob der Absatz 2 des Artikel 5 vom Jahre 1880 Anwendung findet oder nicht. Auf diesem Gebiet bin ich nun im Interesse der Erleich⸗ terung der Kirchenbuchführung so weit gegangen, wie ich es mit meinem rechtlichen Gewissen irgend verantworten konnte. Früher hat, wie der Herr Abgeordnete selbst bemerkte, in dieser Beziehung eine etwas strengere Auffassung bestanden. Früher verlangte man unter allen Umständen, daß die Anstellungs⸗ urkunde des Vikars, des Kaplans eine Vollmacht enthalte; diese An⸗ stellungsurkunden sind ja inhaltlich außerordentlich verschieden. Wir haben eine Masse Kaplaneien, wo die Kapläne Hülfsgeistliche des Pfarrgeistlichen selbst sind, wir haben wieder andere Kaplaneien, wo der Kaplan ein eigenes beneficium hat, kurzum, es besteht, wie das Ober⸗Tribunal wiederholt ausgeführt hat, eine große Mannigfaltig⸗ keit von Rechtsverhältnissen in dieser Hinsicht. Aber nicht allein in dem Falle, wo bereits in der Anstellungsurkunde für den Kaplan die Vollmacht enthalten ist, daß er über den Tod des Geistlichen hinaus als Geistlicher fungiren dürfe, nicht allein in diesem Falle ist der Artikel 5 Absatz 2 für anwendbar erachtet worden, sondern es ist auch auf Grund der in einem gerichtlichen Erkenntnisse gegen einen gewissen Kaplan Lüdke ausgesprochenen Grundsätzen von mir adoptirt, daß, wenn nun thatsächlich bei Lebzeiten des Pfarrers der Kaplan oder Hülfsgeistliche bereits derartige pfarramtliche Funktionen ausgeübt hat, also auch, wenn die Führung der pfarramtlichen Bücher ihm über⸗ tragen gewesen ist, der Artikel 5, Absatz 2, auf ihn Anwendung finden könne. 1
Ja ich bin noch weiter gegangen, indem ich eine solche Voll⸗ macht, ein solches Recht als präsumtiv bestehend angenommen habe, wenn die Diözesangewohnheit nach dieser Richtung hin die Möglich⸗ keit einer derartigen Präsumtion gewährt. Dies trifft auch in dem Falle des Vikars Jaskulski in Wierzchucin, von welchem der Herr Abgeordnete gesprochen hat, ausdrücklich zu. Es wäre in der That angezeigt gewesen, wenn der Herr Abgeordnete die Güte gehabt hätte, auch den Schluß meiner Verfügung, welche er erwähnte, vorzulesen. Die ganze Verfügung ist kurz, ich glaube, sie legt die ganze Frage vollständig klar. Ich werde sie daher ihrem ganzen Wortlaut nach mittheilen. Es sind nur einige Zeilen. Die Verfügung ist an den Hrn. Abg. von Jazdzewski selbst gerichtet; es heißt da:
„Ew. Hochwürden erwidere ich auf die gefällige Zuschrift vom 16. August d. J., daß ich die Seitens der Königlichen Regierung zu Posen erfolgte Ablehnung des Antrages des Vikars von Dan⸗ delski zu Kobylin auf Ausantwortung der Kirchenbücher der durch den Tod des Pfarrers vakant gewordenen Parochie ebenda nach dem Ergebniß der angestellten Ermittelungen für begründet halten muß. Nicht nur ist weder eine Uebertragung des Rechts zur Führung der Kirchenbücher bei Lebzeiten des Pfarrers auf den ꝛc. von Dandelski, noch ein sonstiger Anhalt für das Vorhandensein derartigen Rechts zu ermitteln gewesen, sondern es ist sogar konstatirt, daß in solchen Fällen, in denen der ꝛc. von Dandelski Eheschließungen vorgenom⸗ men (was „obtenta a praeposito licentia“ wiederholt geschehen ist), die Beurkundung des Akts in den Kirchenbüchern durch den Pfarrer erfolgt ist, der auch die Beurkundung der anderen Ehe⸗ schließungsakte, sowie der Geburts⸗ und Sterbefälle bewirkt hat. Der vorliegende Fall ist danach dem des Vikars Jaskulski in Wierzchucin, welchem schon zu Lebzeiten seines (erblindeten) Pfarrers
1883.
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das Recht und die Pflicht zur Kirchenbuchführung beigewohnt hat,
keineswegs analog.
Wenn übrigens der Vikar von Dandelski Beläge dafür, das auch ihm zu Lebzeiten des Pfarrers die Kirchenbuchführung zuge⸗ standen hat, der vorstehend erwähnten Momente ungeachtet bei⸗ bringen zu können glaubt, so ist es ihm selbstredend überlassen, unter Bezug auf das bezügliche Material vorstellig zu werden“.
Meine Herren! Auf diese Vorstellung warte ich noch heute.
8 Daran anknüpfend, oder wenigstens in Verbindung damit, be⸗ rührte der Herr Abgeordnete sodann das Institut der Wandervikare. Meine Herren, diese Wandervikare sind vollständig von ihm charak⸗ terisirt. Es besteht aber rücksichtlich ihrer der sehr wichtige, recht⸗ liche Unterschied dem Art. 3 der Novelle von 1880 gegenüber, daß sie nach Einführung der Maigesetze geweiht sind. Auf solche Wander⸗ vikare kann nach dem Wortlaut des Gesetzes das Benefizium der No⸗ velle von 1880 nicht angewendet werden und ist dies nach dem Gesetz nicht zulässig, so kann weder der Kommissar noch der Minister, noch der Ober⸗Präsident sich je dazu verstehen, einem solchen Wandervikar die Möglichkeit zu gewähren, eine dem Gesetze nicht entsprechende Thätigkeit auszuüben. Dies mag ja traurig sein, ist aber von den Behörden nicht zu ändern.
„Der Herr Abgeordnete hat aber bei“ Berührung dieses Punktes zwei Fälle mit einander vermischt. Derjenige Fall, in welchem der Hr. Akg. Dr. von Jazdzewski gegen den Staatskommissarius Perkuhn vor dem Ober⸗Verwaltungsgerichte die Rechte des Kirchenvorstandes wahrgenommen hat, lag so, daß der Staatskommissarius eine Unregel⸗ mäßigkeit in der Verwaltung des Kirchenvorstandes in Erfahrung brachte, indem entgegen der ausdrücklichen Bestimmung eines bestehen⸗ den Pachtvertrages einem solchen Wandervikar gestattet war, seine Wohnung in der Pfarrei aufzuschlagen. Der Staatskommissarius erachtete es für unzulässig, daß in der Weise über das Vermögen der Kirchengemeinde verfügt worden war, und lediglich die Frage, ob der Kommissarius berechtigt war, kraft seines Aufsichtsrechtes zu ver⸗ langen, daß jene Unregelmäßigkeit abgestellt werde, ist Gegenstand der Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts gewesen und ist die Ent⸗ scheidung zu Gunsten des Kommissarius ausgefallen. Der andere Fall wegen Weglassung einer Pachtklausel ist erst in neuerer Zeit durch die Beschwerde eines Kirchenvorstandes zu meiner Kenntniß gekommen. Ich habe darüber Bericht erfordert, kann aber im Mo⸗ ment noch nichts darüber mittheilen, weil der Bericht nicht vorliegt; beide Fälle decken sich aber durchaus nicht.
Ich gehe nun zu der Frage wegen der Dechanten über, welche — nach den Dioszesanvorschriften und Gewohnheiten der Diözesen Gnesen und Posen — eine bervorragende Stellung bei der Be⸗ aufsichtigung des Vermögens der Kirchengemeinden haben. Als die Einsetzung des Kommissarius für die bischöfliche Vermögensverwaltung erfolgte, stellten die Dechanten ihre bezügliche Thätigkeit alsbald ein. Seitens der Behörden ist dies auf das Tiefste beklagt worden, weil nun unter Aufwendung besonderer Mittel erst das Material geschafft werden mußte, welches den Kom⸗ missarius in den Stand setzte, seine Aufsicht über das Vermögen der Kirchengemeinden zu führen. Nach Mittheilungen, die allerdings amtlich mir noch nicht zugegangen sind, aber wie es scheint wenigstens zum Theil auch von dem Hrn. Abg von Jazdzewski zugegeben worden, ist nun in neuerer Zeit von einem Dechanten eine Thätigkeit in Ansehung der Revision der Vermögensverwaltung der Kirchen⸗ gemeinden wieder aufgenommen und wie ich meine, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß es nach dem Gesetze vom 20. Mai 1874 die Pflicht des Staatskommissarius war, daß er nunmehr, wie es geschehen sein soll, die betreffenden Herren Dechanten ersuchte, von den Wahrnehmungen, die sie bei der Revision gemacht haben, ihm Kenntniß zu geben und auch die Revisionsverhandlungen einzureichen.
Wenn der Herr Abgeordnete glaubt, daß ein Kommissarius nicht berechtigt sei, ein solches Ansinnen an die Dechanten zu stellen, so mögen sie ja, was ich ihnen lediglich überlassen muß, das Ober⸗Ver⸗ waltungsgericht anrufen, ob der Staatskommissarius die gedachte Be⸗ fugniß hat oder nicht. Wenn es den Herren aber wirklich darum zu thun ist, die Angelegenheit zum Frommen der Gemeinden zu ordnen, so würde sich bei einigem beiderseitigen Entgegenkommen die Sache leicht einrichten lassen.
Meine Herren! Dann ging der Herr Abgeordnete über auf die Handhabung des CC16“ und ich bedaure, daß ich seine Aus⸗ führungen auch in diesem Punkte durchaus nicht anerkennen kann. Die Sperre ist über die Erzdiözese Posen und Gnesen nicht deshalb verhängt, weil sich der dortige Klerus den Maigesetzen nicht unterwerfen wollte, sondern die Bezüge sind einfach gesperrt auf Grund unmittelbarer gesetzlicher Bestimmung. Die Stellung des Klerus in Beziehung auf den Bischof und zu den Maigesetzen bildet für die Regierung nicht das Motiv, nach dem sie die Sperre hat verhängen müssen, sondern dieses liegt in der ausdrücklichen Gesetzes⸗ vorschrift. Die Stellung des Klerus giebt nur die Handhabe, Ein⸗ zelnen gegenüber die gesperrten Staatsleistungen wieder aufzunehmen.
Das rechtliche Moment ist also etwas umgedreht worden. Der Herr Abgeordnete glaubt nun, daß nach der historischen Entwicklung der Provinz Posen, namentlich nach den Verträgen von 1772 und 1793, sowie der Okkupationsedikte, ein Recht — ich weiß nicht für wen —, ich nehme an für die Provinz, für den Klerus oder für die katholische Kirche der Provinz Posen im Allgemeinen der Staats⸗ regierung nicht zustehe, von dem Sperrgesetz Gebrauch zu machen. Meine Herren, das ist — ohne in diese staatsrechtliche Frage näher einzudringen — thatsächlich unmöglich. Das Gesetz hat die Sperre verhängt, und so lange das Gesetz besteht, würden selbst, wenn Ansprüche bestehen, diese niemals das Fundament abgeben können, um das Sperrgese unausgeführt zu lassen. Ich glaube, auf diesen Punkt werden wi bei anderem Anlasse nochmals zurückzukommen Gelegenheit haben.
Was nun die allgemeinen Bemerkungen des Herrn Vorredners betrifft über die Berechtigung und Wirkung der neueren kirchenpoli tischen Gesetze, so könnten dieselben ja Anlaß geben zu recht weit gehenden Debatten; ich habe nicht das Bedürfniß, diese hier gegen wärtig herbeizuführen. Wir befinden uns in einer welthistorischen und bedeutenden Episode der Entwickelung unseres Vaterlandes, w die Gegensätze zwischen Staat und Kirche aus Gründen, die ich nich zu erörtern brauche, so scharf und schroff geworden sind gegenübe früheren thatsächlichen Zuständen, daß wir Alle Veranlassung haben, uns gegenseitig Mühe 8” geben, auf klarer staatsrechtlicher Grundlage di Grenzen zwischen Staat und Kirche zu ziehen. — Ich möchte nun zum Schluß noch eine Bemerkung machen, um ein Mißverständniß zu beseitigen, welches ich allerdings hätte gestern berichtigen können, aber bei den vielfachen Details, mit denen ich meine Antworten füllen muß, woh übersehen habe. Es ist mir nämlich auch nicht im Traum eingefallen, am ersten Tage der Diskussion davon zu sprechen, daß der Kampf, in dem wir uns befinden, noch 10 Jahre dauern soll, oder kann oder muß, ich habe auch nicht eine entfernte Andeutung in dieser Richtung ge⸗ macht, und wenn es nur an meinem guten Willen läge, so würde der Kampf sehr bald beendigt werden können.
Ueber den weiteren Verlauf der Sitzung verweisen wir auf den vorgestrigen Bericht.
Dem Abg. Dr. Windthorst erwiderte der Staats⸗Minister von Goßler, er müsse bitten, die Sachen rein materiell zu behandeln, und nicht die Personen in den Vordergrund zu
schieben. Wenn der Abg. Windthorst den Herrn selbst nicht