1883 / 59 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Mar 1883 18:00:01 GMT) scan diff

treibenden Geldstrafe tritt, die Dauer von drei Tagen nicht über⸗

schreiten. Erachtet der Polizeiverwalter eine höhere Strafe für gerechtfertigt, so muß die Verfolgung dem Amtsanwalte über⸗ lassen werden.

Hierzu lag von dem Abg. Westerburg folgender Antrag vor: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: In §. 1 Absatz 3 statt „dreißig Mark“ zu setzen „fünfzehn Mark“.

Der Antragsteller Abg. Westerburg führte aus, daß er seinen in der zweiten Lesung abgelehnten Antrag wieder auf⸗ genommen habe, weil er es für höchst unzweckmäßig halte, hier von dem seit 30 Jahren, nämlich seit dem Gesetz von 1852 geltenden Grundsatze abzugehen. Für die Erhöhung des polizeilichen Strafmaximums von 15 auf 30 sei eigentlich nur der einzige völlig unzureichende Grund geltend gemacht worden, daß der Geldwerth gesunken se. Durch diese Neuerung würde nur die Macht der Polizei erhöht werden, welche bisher bei einer Geldstrafe von über 15 der Gerichte sich habe bedienen müssen. Die Ablehnung dieser Neuerung liege im öffentlichen Interesse.

8 Der Regierungskommissar, Wirkl. Geh. Ober⸗Regierungs⸗ Rath von Kehler (auf der Tribüne schwer verständlich) trat für die Regierungsvorlage ein.

Der Abg. Hansen erklärte, daß er das von der Regierung vorgeschlagene Strafmaxvimum von 50 für das an⸗ gemessenste halte. Bei dem bisherigen Maximum von 15 komme die Polizei oft in Verlegenheit. Das Sinken des Geldwerthes müsse allerdings berücksichtigt werden. Er bitte die Beschlüsse der zweiten Lesung aufrecht zu erhalten.

Der Abg. von Bismarck Flatow schloß sich den Ausfüh⸗ rungen des Vorredners durchaus an. Durch die Erhöhung des Strafmaximums sei eine Erhöhung der Macht der Poli⸗ zei, die zu Eingriffen in die richterlichen Befugnisse oder in die persönliche Freiheit des Einzelnen führe, nicht zu be⸗ fürchten.

Der Abg. Wagner (Neisse) dagegen bat den §. 1 abzu⸗ lehnen und den Antrag Westerburg anzunehmen.

Der §. 1 wurde nach den Beschlüssen der zweiten Lesung mit 166 gegen 146 Stimmen angenommen.

Bei Schluß des Blattes begann die Berathung über die §§. 2 und 12.

Der hiesige Geschäftsträger der Vereinigten Staaten von Columbien, Lorenzo Marroquin, ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der columbischen Mission wieder übernommen.

Bayern. München, 8. März. (Allg. Ztg.) Das Generalcomité des landwirthschaftlichen Vereins hat sich in seiner letzten Sitzung in Folge eines Antrages des Kreiscomité's von Oberfranken mit der Frage über Erhöhung der Getreidezölle in sehr eingehender Weise beschäftigt. Nach mehrstündiger Debatte wurde der Antrag zur weiteren Berathung an eine Kommission verwiesen, deren Bericht in der nächsten Sitzung des Generalcomité's die Grundlage zur Beschlußfassung über diese wichtige Frage bieten wird.

Kaiserslautern, 8. März. (W. T. B.) Bei der heute hier stattgehabten Wahl eines Landtags⸗ abgeordneten für den Bezirk Kaiserslautern⸗Kirchheim⸗ bolanden wurde der Landwirth und Mühlenbesitzer Schloß⸗ stein in Albisheim (liberal) mit 155 Stimmen gewählt; der Kandidat der Demokraten, Scheu, erhielt 24 Stimmen. Die Kandidatur des Bezirkshauptmanns Schmitt von Kaisers⸗ lautern war vor der Wahl zurückgezogen worden.

Württemberg. Stuttgart, 7. März. Das gestrige Geburtsfest des Königs wurde im ganzen Lande mit aufrichtig herzlicher Theilnahme gefeiert. Dem Könige war es in diesem Jahre wieder vergönnt, das Fest inmitten seines Volkes zu begehen, und dieser Umstand verlieh der Feier namentlich in der Haupt⸗ und Residenzstadt einen besonders herzlichen Charakter.

8. März. Durch Königliches Dekret vom heutigen Tage ist der Wiederzusammentritt der vertagten Ständeversammlung auf Mittwoch, den 28. März d. J.

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festgesetzt. 8

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 7. März. (W. T. B.) Die Generalkonferenz des deutsch⸗österreichischen Eisenbahnverbandes unter Vorsitz des Direktors Rein⸗

hart von der österreichischen heute hier zusammengetreten. Die Sitzung dauerte bis zum Abend. Vertreten waren die Nordbahn, die Nordwestbahn, die westlichen Staatsbahnen, die ungarischen Staatsbahnen, die Kaschau⸗Oderberger Bahn, die Verwaltung der preußischen Staatsbahnen, die Berlin⸗Hamburger Bahn, ferner die Berliner Eisenbahndirektion für den nördlichen und östlichen Verkehr, sowie eine der beiden Cölner Direktionen für den westlichen Verkehr. Gegenstand der Berathung war, wie die „Neue freie Presse“ meldet, die Feststellung der Quoten und zwar zunächst für den norddeutsch⸗ungarischen und für den thüringisch⸗ sächsischen Verkehr.

8. März. (W. T. B.) Die Generalkonferenz des deutsch⸗ österreichischen Eisenbahnverbandes hat die Berathung über die Instradirungen heute fortgesetzt, bei der Menge des zu bewältigenden Materials aber noch nicht zu Ende geführt. Zur Theilnahme an den Berathungen ist auch der General⸗ Direktions⸗Rath Böhm von der General⸗Direktion der bayerischen Verkehrsanstalten hier eingetroffen.

Der Rektor der Wiener Universität hat eine Bekanntmachung am schwarzen Brette der Universität an⸗ schlagen lassen, worin er seine Entrüstung über die Vor⸗ gänge auf dem Wagnerkommers auszrückt und die Verhängung von Dieziplinarmaßregeln in Aussicht stellt.

Pest, 8. März. (W. T. B.) Bei der Fortsetzung der Mittelschuldebatte erklärte der Abg. Berzeviczy (Liberaler), daß den auf dem Unterrichtsgebiete der Gesellschaft fühlbar gewordenen Mängeln nur durch strenge staatliche Kontrole und durch Maturitätsprüfungen abzuhelfen sei. Was die angeblichen Vorwürfe der Sachsen betreffe, so möchten sich die⸗ selben nicht wundern, wenn die ungarische Nation sie unge⸗ rechter Angriffe beschuldige; eine sächsische Frage bestehe, inso⸗ fern die Ungarn mit vollem Rechte von den Sachsen erwarten könnten, das letztere künftighin den gerechten Anforderungen des ungarischen Staates entsprechen würden. Nach einer per⸗ sönlichen Bemwerkung des Abg. Worff erklärte der Abg. Kaiser (Sachse), daß er die Vorlage besonders deshalb ablehne, weil dieselbe die Autonomie der siebenbürgischen protestantischen Kirche verletze. Er verwahrte sich gegen die Behauptung, als opponire er aus Antipathie gegen den ungarischen Staat und die ungarische Nation.

Staatseisenbahngesellschaft ist

Niederlande. Haag, 6. März. (Köln. Ztg.) heutigen 8 der Zweiten Kammer kam der Rücktritt des Ministeriums und die Abstimmung vom 26. Februar, welche diesen veranlaßt hat, zur Sprache. Zwei liberale De⸗ putirte bestätigten, daß ihrerseits nur die Absicht vorgelegen habe, dem Ministermm zu zeigen, daß die Kammer nicht mehr mit ihm zusammenwirken wolle und daß das Ministerium, wenn es im Amte bleiben wolle, die Kammer auflösen müsse Der Führer der katholischen Partei erklärte im Namen derselben und der Ultraprotestanten, daß sie nur gegen das Ministerium ge⸗ stimmt hätten, um die Reform des Wahlgesetzes hinaus⸗ zuschieben. Die Kammer hat sich dann auf unbestimmte Zeit vertagt. Die Lage ist schwierig. Die katholische Partei ist zwar in der Opposition ziemlich stark, aber nicht stark genug, um die Regierung zu übernehmen, und die Ultraprotestanten sind in demselben Falle. Die Konservativen zählen nur fünf Mit⸗ glieder in der Kammer, so daß auch sie keine genügende Macht besitzen Die Liberalen aber sind gespalten und ganz uneinig, man hofft aber auf eine mögliche Verständigung unter ihnen. In solchem Falle würden sie ein neues Ministerium bilzen können. Ein liberales Kabinet würde jedenfalls mit der Re⸗ form des Wahlgesetzes beginnen müssen, da alle liberalen Organe dieselbe verlangen.

Großbritaunien und Irland. London, 8. März. (W. T. B.) In der heutigen Unterhaussitzung lehnte der Premier Gladstone es ab, Northceote einen Tag für die Berathung seines Antrages, betreffend die s. Z. erfolgte Freilassung Parnells und Genossen, zu bestimmen. Northceote erklärte darauf, die Regierung habe zum dritten Male seine Herausforderung zurückgewiesen; er halte es für nutzlos und unnöthig, auf seinem Antrage zu beharren. Nutzlos sei das Beharren auf dem Antrage, weil die Festsetzung eines Tages zur Berathung desselben ohne die Unterstützung der Regierung unmöglich sei, und unnöthig sei dasselbe, weil die Schluß⸗ folgerung, die man aus der ihm ertheilten Antwort zu ziehen habe, so klar sei, daß jede weitere Betonung derselben über⸗ flüssig erscheine.

Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Tamatave an der Ostküste von Madagascar, vom 23. v. Mts.: Das französische Kanonenboot „Vaudreuil“ ist hier an⸗ gekommen, und 4 andere französische Kriegsschiffe befinden sich an der Nordwestküste von Madagascar. Unter der Bevölke⸗ rung herrscht große Erregung; man trifft Vorbereitungen, um den Franzosen Widerstand zu leisten. Ein englisches Kriegs⸗ schiff ist bis jetzt noch nicht hier eingetroffen.

(Allg Corr.) Großbritanniens Staatsein⸗ künfte in den verflossenen 11 Monaten des laufenden Fi⸗ nanzjahres betrugen 80 278 210 Pfd. Sterl. gegen 78 653 553 Pfd. Sterl. in dem entsprechenden Zeitraum des vorhergehen⸗ den Jahres. Das Budget pro 1882/83 veranschlaut die Ein⸗ künfte für die 12 Monate auf 87 197 000 Pfd. Sterl. Die Staatsausgaben betrugen bis dato 79 343 704 Pfd. Sterl. Das Guthaben des Staatsschatzes in den Banken von England und Irland bezifferte sich am 3. ds. auf 7 771 562 Pfd. Sterl.

Frankreich. Paris, 7. März. (Fr. Corr.) Was die Kommentare der Presse über das die Revisions⸗ frage vorläufig abschließende Votum betrifft, so äußern sich die republikanischen Blätter, mit Ausnahme der radikalen, sämmtlich in einer mehr oder minder zufriedenen Weise. Diese, und an ihrer Svitze die opportunistischen Organe, legen insonderheit den Nachdruck auf das glückliche Re⸗ sultat, daß sich eine große, geschlossene und kompakte Ma⸗ joritäat um das Ministerium geschaart habe, und daß hieraus für den weiteren guten Fortgang eines gedeih⸗ lichen Zusammenlebens zwischen Regierung und Kammer sowie für fernere nutzbringende legislative Arbeiten das Beste zu erwarten stehe. Die Revision selbst betreffend, meint die „République française“, daß, um den Widerstand des Senats dagegen zu brechen, wohl das Empfehlenswertheste sein möchte, die Revisionsfrage an die Spitze des Programms bei den Wahlen zu der partiellen Erneuerung des Senats im Januar 1885 zu stellen und daraus die Plautform für jene Wah⸗ len zu machen. „Denn niemals anders, als in Rom, wird man die Römer besiegen.“ Die radikalen Blätter wiederum geben ihrem Unwillen über die erlittene Niederlage in den schärfsten Artikeln gegen die Kammer Ausdruckund erklären, daß sie sich nun⸗ mehr direkt an das Land wenden würden, um durch eine im Volke hervorzurufende Agitation und Propaganda die Revi⸗ sion zu erzwingen. Die „Justice“ schreibt: „Die Organisation der Liga für die Revision muß schon morgen begonnen werden“. Die „Véritée“ meint: „Wir werden darüber wachen, daß die Nation, die Republik und das suffrage universel sich durch die Revision retten, während das Parlament sich durch die Verweigerung der Revision selbst zu Grunde richtet“. Die „Lanterne“ läßt sich dahin vernehmen: „Um nicht eine Evolution zu machen, hat die Kammer vielleicht die Revolu⸗ tion dekretirt“. Die monarchischen Zeitungen sind ebenfalls wenig mit dem Ausgange der Revisionsdebatte zufrieden.

8. März. (W. T. B.) Der Senat hat heute Lalanne (von der Linken der Deputirtenkammer) zum lebenslänglichen Senator gewählt. Hierauf wurde der erste Artikel der Associationsvorlage berathen. Derselbe besagt, daß alle Vereine, welche zum Zweck haben, sich mit religiösen, literarischen, wissenschaftlichen oder ähnlichen anderen Gegenständen zu beschäftigen, unter gewissen Bedingungen geschlossen werden können. Der Minister des Innern, Waldeck⸗Rousseau, sprach sich gegen den Artikel aus, da die Regierung demnächst einen Gesetzentwurf über die Associationen vorlegen müsse. Simon beschuldigte das Kabinet, daß es in dem von ihm angekün⸗ digten Gesetzentwurfe denen, die zum religioösen Theile der Gesellschaft gehörten, die Freiheit entziehen wolle, und for⸗ derte den Senat im Namen der Freiheit auf, dem ersten Artikel zuzustimmen. Der Artikel wurde mit 169 gegen 122 Stimmen abgelehnt.

Der „Temps“ erfährt, die Polizei habe Befehl er⸗ halten, morgen alle Ansammlungen und Zusammen⸗ rottungen zu verhindern.

Aus Géryville wird von gestern gemeldet, das Expe⸗ ditionscorps im äußersten Süden von Algier habe seine Vorbereitungen beendet; die erste Kolonne unter Befehl des Generals Thomassin werde morgen nach el Abiod Sidi Scheik abgehen, wo sie mit der heute unter Befehl Négriers von Ainsefra abgegangenen Kolonne zusammentreffen werde.

9. März. (W. T. B.) Die meisten Morgen⸗ blätter, voran „Intransigent“, „Petit Parisien“, „Ré⸗ publique radicale“ und „Mot d'ordre“ rathen den Ar⸗ beitern von einer öffentlichen Kundgebung ab und fordern die Pariser Bevölkerung auf, sich fern zu halten.

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8 1— 1“ „Der Irländer Byrne ist gestern Abend um 9 Uhr in Freiheit gesetzt worden, da die Regierung seine Ausliese⸗ rung verweigert.

Italien. Rom, 8. März. (W. T. B.) Der Papst empfing anläßlich seines Geburtstages und des Jahrestages seiner Krönung auch die Glückwünsche Erringtons und Buteneffs.

In dem Prozeß gegen die der Enthüllung der Ober⸗ dank⸗Büste Angeklagten beantragte der Staatsanwalt Ver⸗ weisung vor die Assisen. Die Assisenverhandlung gegen Rogattieri, welcher das Wappen der österreichischen Bot⸗ schaft beschimpfte, findet am 16. d. M. statt.

Rumänien. Bukarest, 8 März. (W. T. B.) Der Senat hat die Kreditforderung von 15 Millionen zu Forti⸗ fikations⸗ und Ausrüstungszwecken bewilligt. Der italie⸗ nische Botschafter, Graf Corti, ist aus Konstantinopel hier eingetroffen und wird morgen nach Wien weiterreisen.

Afrika. Egypten. Kairo, 8. März. (W. T. B.) Die englische Regierung hat den übrigen Mächten, welche das Liquidationsgesetz mitunterzeichnet haben, mitgetheilt, daß sie der egyptischen Regierung den Rath gegeben habe, zur Befrie⸗ digung der Entschädigungsansprüche die Ueberschüsse aus den für ie Bezahlung der öffentlichen Schuld be⸗ stimmten Einkünften nicht zu verwenden und empfoblen habe, die Entschädigungsansprüche aus den allgemeinen Einkünften zu befriedigen. Es seien deshalb auch Maßregeln ergriffen, um die Verwaltungskosten einzuschränken. Zum diplo⸗ matischen Agenten Oesterreich⸗Ungarns ist Vanhofer er⸗ nannt worden.

Alexandrien, 5. März. Dem „Reuterschen Bureau“ wird gemeldet: Die internatinale Entschädigungs⸗ kommission hat 100 geringere Entschädigungsansprüche, darunter 25 für zerstörte Gebäude, erledigt.

Demselben Bureau wird aus Kairo vom 5. ds. telegraphirt: Der Khedive hat auf 3000 Lstr. seiner Civil⸗ liste verzichtet, die zur Begleichung kleinerer Entschädigungs⸗ ansprüche verwendet werden sollen, und der Ministerrath hat beschlossen, die Verwaltungsausgaben um 5 Proz. zu ermäßigen. Diese letztere Maßregel findet indeß keine An⸗ wendung auf die Gehälter, wie allgemein verlautete. Das Amtsblatt veröffentlicht ein Telegramm von Add⸗el⸗Kader Pascha, welches einen Sieg der egypt schen Truppen im Sudan meldet. Er meldet seine Ankunft in Sennaar, nachdem er den Anhängern des Mahdi eine schwere Niederlage beigebracht hatte. Der Verlust des Feindes wird auf 2000 Mann geschätzt, während der der egyptischen Truppen nur unbedeutend war. Sir Edward Malet hat von Oberst Stewart noch keine Bestätigung dieser Nachricht erhalten.

Zeitungsstimmen.

In dem „Deutschen Tageblatt“ lesen wir:

Nichts giebt einen besseren Maßstab zur Beurtheilung der wirth⸗ schaftlichen Entwickelung hochcivilisirter Völker als der Zustand ihrer Sparkassen und haben wir daher stets diesem Gegenstande besondere Aufmerksamkeit zugewendet, ganz speziell aber im Königreiche Sachsen, weil gerade hier das Sparkassenwesen bis tief in die untersten Schichten des Volkes hinein Eingang gefunden hat und dort eine wohlthätige Gegenwirkung gegen die zersetzenden Lehren der Sozial⸗ demokratie ausübt. „Ddie Zahl der Sparkassen stieg während des vergangenen Jahres in Sachsen wiederum, und zwar von 178 auf 181, wahrhaft über⸗ raschend gestaltete sich aber die Zunahme der Einleger und Einlagen. Es erfolgten nämlic„ht..

801 271 Einlagen von.. 606 082 Rückzahlungen von 84 688 813

Es wurden sonach mehr zurückgezahlt. 1 197 229 Dagegen gestaltete sich diese Bewegung 1882:

937 758 Einlagen von w . .. 688728 986

605 528 Rückzahlungen von 87 134 896

Es wurden sonach mehr eingezahlt. 1 594 090

Während also 1881 mehr als eine Million der früheren Er⸗ sparnisse aus den Kassen zurückgezogen und wahrscheinlich aufgezehrt wurde, konnten im Jahre 1882 ersparte 1 594 090 zum alten Be⸗ stande gelegt werden. Die Differenz beider Jahre beträgt fast 2 800 000 und da die Zahl der Bewohner des Königreiches etwa dieselbe ist, so ergiebt sich für jeden Kopf die Zunahme der Spar⸗ einlagen von 1 ℳ% Dies ist gewiß in hohem Grade erfreulich und befriedigend. Ebenso günstig stellt sich das Resultat, wenn wir die Zahl der Einlagen vergleichen, denn diese haben gegen das Vorjahr um 136 487 zugenommen, während die Zahl der Rückzahlungen um 554 sich verringerte. Fragt man nach den Ürsachen d eser glücklichen Umwäl⸗ zung, so dürfen wir die gute Ernte nur zum kleineren Theile er⸗ wähnen, da diese naturgemäß erst im letzten Quartale einig rmaßen zur Geltung kam und dieses sich keineswegs besonders auszeichnete. Sonach bleibt nur die allgemeine Besserung der industriellen Ver⸗ hältnisse Sachsens als Hauptgrund übrig; wir haben schon ver⸗ schiedentlich Gelegenheit gehabt, solche an einzelnen Beispielen nach⸗ zuweisen. Hier bietet sich nun ein zahlenmäßiges Gesammtbild, wiꝛ diese Hebung der Industrie die Lage der ärmeren Klassen, denn diese benutzen vorzugsweise die Sparkassen, verbessert hat.

Die „Schlesische Zeitung“ schließt einen gegen die „Frankfurter Zeitung“ gerichteten Artikel, wie folgt:

Die „Frankfurter Zeitung“ ist im Rechte, wenn sie uns die An⸗ sicht zuschreibt, daß es nur durch Ausbildung des indirekten Steuer⸗ systems möglich ist, die Mittel zu gewinnen, deren es für Staat und Gemeinden bedarf, damit sie ihren großen Kulturaufgaben in voll⸗ kommener Weise zu genügen vermögen. Die Personalsteuern, so drückend sie vielfach auch sind, spielen in unserem Budget nur eine relativ kleine Rolle. Unser preußisches Budget beträgt 1100 Millionen, unser Antheil am Reich budget ca. 360 Millionen; der Gesammtertrag aller direkten Steuern beziffert sich auf 145 Millionen und der sämmtlichen in Preußen aufge⸗ brachten Zölle und indirekten Steuern auf 360 Millionen. Inner⸗ halb dieser gewaltigen Summen figurirt die Einkommensteuer nur mit 29 ¾ Millionen. Welche Steigerung müßte sie erfahren, wenn aus ihr die noch ausstehenden Bedürfnisse bestritten wer⸗ den sollten? Wir können ruhig einige Hundert Mil⸗ lionen mehr aus inditekten Steuern erzielen, ohne Gefahr zu laufen, daß wir auf abschüssige Bahnen gerathen. Der Ertrag der Zölle und indirekten Steuern Frankreichs beläuft sich auf nicht weniger als 1820 Millionen Mark, welcher Summe in 18 nur 360 Millionen gegenüberstehen. Der Hinweis auf Frankreich darf uns also nicht schrecken. Zustände aber, wie sie bei uns durch die Ausbeutung des direkten Steuerwesens existiren, hat kein Kulturstaat der Erde aufzuweisen. Werden doch nach amtlicher Feststellung in einzelnen Kreisen Oberschlesiens 42 % vom Einkommen alljährlich theils als Staats., theils als Kommunalsteuer erhoben.

Dasselbe Blatt schreibt:

Von gewisser Seite läßt man nicht nach, der Wirthschaftspolitik des Fürsten Bismarck, weil sie das manchesterlich⸗kapitalistische laisser faire, laisser aller nicht zur Richtschnur nimmt, den Vorwurf zu machen, daß sie nur schlimme Früchte zeitige und daß aus

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derselben ein mehr oder minder entschiedener Rückgang der Erwerbsverhältnisse in Deutschland resultire. Nun, wir haben chon oft konstatirt, daß es ganz so schlimm doch nicht ehe, und tönnen dies heute von Neuem thun. In der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung von Gleiwitz hat der dortige 1 Bürgermeister Kreidel Bericht erstattet über die Verwaltung und den Stand der Gemeindeangelegenheiten der ihm unterstellten Kommune. Aus diesem offiziellen Berichte ist zu entnehmen, daß das Fabrik⸗ und Gewerbewesen von Glei⸗ witz, dessen hobe Bedeutung gewiß nicht verkannt werden kann, einen unleugbaren Aufschwung nimmt. Die Erweiterung der dortigen größeren Etablissements spreche zur Genüge dafür. In den Innungen rege sich neues Leben, dieselben gingen damit um, ihre alten Statuten den neuen Gesetzen anzupassen; auch die Ge⸗ sellen wären bestrebt, das Innungswesen zu pflegen. Bezüglich der andels⸗ und Verkehrsanstalten sei zu verzeichnen, daß die Ober⸗ chlesische Eisenbahn prosperire, da ihr, soweit sie den Stadtbezirk Gleiwitz berührt, für das nächste Etatsjahr ein Mehr von 6000 zur Kommunalbesteuerung nachgewiesen sei, welches für die Stadt Gleiwitz einen Kommunalsteuerertrag von etwa 600 bringe.

Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ berichtet man aus Thüringen:

Im Fürstenthum Reuß j. L. sind mter dem Schutze der wirth⸗ schaftlichen Reform dessen reich entwickelte Industrie ebenso wie die dortigen Erwerks⸗ und Verkehrsverhältnisse im unverkennbaren Auf⸗ schwunge begriffen. Die Wollen⸗ und Baumwollenwebereien stehen hierbei obenan und es erstreckt sich deren Ausfuhr bis nach Australien und dem Orient, während Nordamerika und vornehmlich England Hauptmärkte für die Geraer Wollenstoffe sind. Man hegt zwar viel⸗ fach die Besorgniß, daß mit dem drohenden Wechsel der Damenmoden und der Wiedereinführung der sogenannten paniers, welche le chte Stoffe erfordern, jene blühende Industrie sehr zurückgehen würde. Indessen ist doch die Eroberung des englischen Marktes, in welchem Lande in Folge der Vorliebe der dortigen Damen für Landleben, Reisen und Spiele in freier Luft stets große Nachfrage nach der in Gera hergestellten Art wollener Gewebe für die Damentoiletten sein wird, ein durch den wirksamen Schutz der Zollreform erreichter nicht zu unterschätzender Vortheil. Aber nicht nur dieser Gewerbzweig, sondern auch die in Gera betriebene Harmonikafabrikation steigt nicht unbe⸗ deutend durch ihre Ausfuhr innerhalb Deutschlands und nach über⸗ seeischen Ländern; ebenso geben Eisengießerei und Maschinenbau in Gera in ihrem Wachsthum Hand in Hand mit der Entwickelung der industriellen Verhältnisse im Allgemeinen, weil letztere ihre Rück⸗ wirkung auf die genannten Spezialin dustrien üben. Klagen werden nur hinsichtlich der Erträge des Bergbaues im Oberlande laut, welche angeblich unter dem Mangel an Steinkohlen und Eisenbahn⸗ verbindungen leiden sollen. Blühend dagegen sind die Erträgnisse der Saline Heinrichshall. 4 S 8r 1

Der Holzbedars des Landes wird durch seine Bestände über⸗ reichlich gedeckt, da im Unterlande wegen der zahlreichen Fabrik⸗ anlagen fast durchgehends Kohle als Feuerungsmaterial verwandt wird. Nichtsdestoweniger wünschen die Waͤldbesitzer eine Erhöhung der Holzzölle, weil sie in Folge der Ausschließung der ausländischen Konkurrenz größeren Absatz und bessere Preise innerhalb des deutschen Gebictes für ihre Produkte erhoffen. 8

Insbesondere hat die Stadt Gera, der Hauptsitz der reußischen Industrie, seit Einführung der Wirthschaftsreform einen bedeutenden Aufichwung genommen. Seine Einwohnerschaft ist um cirea 8000 Personen gestiegen, und zahlreiche Bauten und neue Fabrik⸗ anlagen bezeugen das steigende Gedeihen dieser Stadt.

Alle Anzeichen für die Dauer dieser Entwickelung sind vorhanden, wenn die Wirthschaftsreform ihr auch ferner ihren Schutz angedeihen läßt. Daß hierdurch der allgemeine Wohlstand sich hebt, ist eine natürliche Folge des guten Fortganges der gewerblichen Verhältnisse, und es zeigt sich diese Erfahrung auch jetzt wieder darin, daß, trotz⸗ dem die vorjährige Ernte im Fürstenthum eine gute nicht genannt werden kann und namentlich die Kartoffeln im ärmeren Oberlande gänzlich mißrathen sind, ein Nothstand unter der Bevölkerung dennoch nirgends vorhanden oder zu befürchten ist.

Archiv für Eisenbahnwesen. Heft 2. Inhalt: Die englische Eisenbahnpolitik der letzten 10 Jahre von Gustav Cohn (Fortsetzung). Zur Geschichte der oberitalienischen Eisenbahnen von Regierungs⸗Rath Dr. Pieck Die Sekundärbahnen in Italien. Uv bersichtliche Zusammenstellung der gesetzlichen und polizeilichen Be⸗ stimmungen über die Anlegung, Prüfung und Revision der im Eisen⸗ bahnbetriebe zur Verwendung kommenden Dampfkessel Notizen: Die Eisenbahntarifenquete in Oesterreich Die in Rußland neu ernannte Regierungskommission zur Prüfung des Etats der Eisen⸗ bahnen. Die Länge der Eisenbahnen auf Tasmanien. Ueber die Entwicklung der Staatsbahnen in Bengalen. Statistisches von den deutschen Eisenbahnen. Betriebsergebnisse der russischen Eisenbahnen in der Zeit vom 1. Januar bis 1. November 1882 und 1881. Be⸗ triebseinnahmen der französischen Hauptbahnen im dritten Quartal 1882. Ueber die orientalische Eisenbahnen. Rechtsprechung und Gesetzgebung. Rechtsprechung: Straßenrecht (Erk. d. Ober⸗Verwal⸗ tungsger. v. 18. Novbr. 1882). Reichshaftpflichtgesetz (Erk. d. Reichsger. v. 16. Mai 1882). Rechtsgrundsätze und Entscheidungen des Reichsgerichts. Gesetzgebung: Preußen. Großherzogthum Hessen. Oesterreich. Belgien. Frankreich. Italien.

Deutsches Handels⸗Archiv. März⸗Heft. Inhalt: Erster Theil. Gesetzgebung: Deutsches Reich: Abänderung des Regulativs, betr. die Steuerfreiheit des Branntweins zu gewerblichen Zwecken. Rußland: Verzollung verschiedener Artikel. Ver⸗ zollung eiserner Bolzen, Ketten ꝛc. Verzollung wollener Filzstoffe. Spanien: Hafen⸗Unkosten in San Juan de Puerto⸗Rico. Lokalabgaben für Transporte auf der Insel Cuba. Zollverfahren bei Ausfuhr von Blei und Bleiglätte nach Vertragsländern. Japan und Korea: Vertrag zwischen beiden Staaten über die für den Handel offenen Koreanischen Häfen und die Bereisung Koreas. Griechenland: Erhöhung des Einfuhrzolles auf Tabak. Rumänien: Ermäßigung der Schifffahrtsabgaben an der Sulina⸗ Mündung. Hayti: Werthverhältniß zwischen einheimischer und Frankenwährung beim Ausfuhrzoll. Großbritannien: Neuer Zoll⸗ tarif für Neuseeland. Portugal: Neue Zolltarife in einigen afri⸗ kanischen Besitzungen. Italien: Verordnung, betr. die allgemeinen Niederlagen. Berichte: Deutsches Reich: Halle a. S. Magde⸗ burg Frankfurt a. M. Mannheim. Dortmund. Cöln. Düffeldorf. Cassel. Augsburg. Straßburg i. E. Braun⸗ schweig. Leipzig. Gera. Dresden. Cber Stutt⸗ gart Nürnberg. München. Karlsruhe. Mülbausen i. E. Metz. Mainz. Krefeld. Bielefeld. Münster. Aachen. Siegen. Frankfurt a. O. Landsberg a. W. Liegnitz. Breslau. Gleiwitz. Görlitz. Glogau. Erfurt. Nordhausen. Minden. Kiel. Stettin. Posen. Elbing. Bromberg. Memel. Frankreich: Saigon (Reisernten und Reisausfuhr im französischen Cochinchina). Japan: Uebersichten über den auswärtigen Handel Japans in den Jahren 1880 und 1881. Rußland: Beiträge zur Kenntniß der Industrie Rußlands, insbesondere des Moskauer Fabrikbezirks. Oesterreich⸗Ungarn: Budapest (Ueberseeischer Verkehr Fiumes). Rumänien: Galatz (Verkehr deutscher Schiffe in 1882). Zweiter Theil: Konsulatsberichte: Ostasien. Swatau: Jahresbericht für 1881. Östeuropa. Odessa: Handelsbewegung in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober alten Stils 1882. Südeuropa. Nisza: Schiffs⸗ und Handelsverkehr in den Häfen von Ajaccio und Bastia im Jahre 1881. Genua: Jahresbericht für 1881. Konstantinopel. Handelsbericht für die Jahre 1878/79 bis 1881/82. Barcelona: Handels⸗ und Verkehrsbewegung in Spanien und insbesondere in Barcelona während des Jahres 1881. West⸗ europa. Dover: Jahresbericht für 1882. Nordeuropa. Kopen⸗ hagen: Verkehr deutscher Schiffe im Jahre 1882. Westindien und

ittelamerika. Coban (Centralamerika): Bericht über den Schiffs⸗ und Handelsverkehr während des dritten Quartals 1882. Süd⸗

amerika. Buenos Aires: Republik im Jabre 1881. 2

Annalen der Hydrograpbie und Maritimen Meteo⸗ rologie. Heft II. Inhalt: Die physische Geographie und Meteoro⸗ logie der das Kap der guten Hoffnung umgebenden Meerestheile im Südatlantischen und Indischen Ozean, zwischen 30.—50. Grad S.⸗Br. und 10.— 40,. Grad O. Lg. (Schluß von pag. 5.) Die direkten oder strengen Auflösungen für die Bestimmung des Beob⸗

Auswärtiger Handel der Argentinischen

achtungsortes aus zwei Höhen der Sonne oder anderer bekannten

Gestirne nebst dem Zeitunterschiede der Beobachtungen. Von Prof. Dr. G D. E. Wevper. Aus den Reiseberichten S. M. S. „Elisabeth“, Kapt. z. See Hollmann. Stromverhältnisse an der chinesischen Küste. Aus den Reiseberichten S. M. Kbt. „Albatroß“, Korv.⸗Kapt. von Pawelß. 1) Bemerkungen über Punta Arenas. 2) Witterungsverhältnisse zu Punta Arenas im Oktober 1882. Reise der Danziger Brigg „Betty“, Kapt. A. Bendrat, von Buenos⸗ Avpres nach Mme Martha (Skyring Water) und zurück. (Mitthei⸗ lung von der Deutschen Seewarte.) Eingänge von meteoroloagischen Journalen bei der Deutschen Seewarte im Monat Oktober 1882. Aus den Reiseberichten der Deutschen Bark „Pacific“, Kapt. C. Oltmann. Hafen von Snaröͤen bei Christiania. (Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) Segelanweisung für den Hafen von Colombo. Navigirung im Golf von Martaban. Orkan zu Manila am 20. Oktober 1882. Vergleichende Uebersicht der Witterung des Monats November 1882 in Nordamerika und Central⸗ europa. (Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) Kleine hydrographische Notiz. Tabellen.

Statistische Nachrichten.

Das soeben erschienene Januarheft zur Statistikdes Deutschen Reichs enthält die genaueren Angaben über Besteuerung des Taback, Ein⸗ und Ausfuhr von Taback und Taback⸗ fabrikaten, sowie über Ertrag der Tabackabgaben im deutschen Zollgebiet während der Zeit vom 1. Juli 1881 bis 30. Juni 1882, außerdem summarische Nachweisungen über die Hauptergebnisse der letzten 10 Erntejahre Wir entnehmen daraus Folgendes: Im Jahre 1881 waren innerhalb des Zollgebiets 27 248 ha mit Taback bepflanzt worden, von denen 10 649 bha auf die baverische, badische und hessische Pfalz, 4167 ha auf das badische Oberla d, 3494 ha auf die Ucker⸗ mark und Odermündung und 3262 ha auf Elsaß⸗Lothringen entfallen. Mit Ausnahme des Jahres 1873, welches 30 50 ha Tabackländereien aufweist, blieb der Umfang des deutschen Tabackbaues in den9 vorherge⸗ gangenen Jahren zum Theil sehr erheblich hinter der für das Jahr 1881 an⸗ gegebenen Fläche zurück. Der Gesammtertrag in trockenen (dachreifen) Tabackblättern betrug 1881 61 314 Doppelcentner und war höher, als in sämmtlichen 9 Vorjahren, da die Tabackernte im Ganzen quantitativ sehr günstig ausgefallen war, wie sich daraus ergiebt, daß für dieses Jahr der durchschnittliche Ernteertrag auf 22,5 Doppelcentner trockener Tabackblätter pro Hek ar sich berechnet gegen 21,5 Doppelcentner im Jahre 1880 und 17,7 Doppelcentner im 10 jährigen Durchschnitt. Nach Abzug der Steuer berechnet sich der Bruttogeldertrag eines Hektars der mit Taback bebauten Fläche im Jahre 1881 auf 1086 gegen 1224 im Vorjahr und 879 im 10 jährigen Durch⸗ schnitt. Der berechnete Gesammtwe th der eingeführten aus⸗ ländischen Tabackblätter und Tabackfabrilate, welcher von 141,7 Millionen Mark im Jahre 1878/79 auf 21,7 Millionen Mark im Jahre 1879/80 gesunken war, hat sich im Jahre 1881/82 wieder auf 48,2 Millionen Mark gehoben. An Steuer vom inländischen Taback sind (nach Abzug der Steuererlasse) aufge⸗ kommen 11 655 615 gegen 7 093 841 im Jahre 1880/‚81, wo⸗ bei zu berücksichtigen ist, daß die Steuer für den im Jahre 1881 geernteten Taback erheblich höher war, als für den im Jahre 1880 geernteten. Der Einga gszoll von Taback und Tabackfabrikaten be⸗ trug 1881/82 25 043 492 gegen 14 630 936 im Vorjahr, und der Netto⸗Ertrag der sämmtlichen Tabackabgaben (Steuer, Zoll und Abgabe von Tabacksureogaten) berechnet sich abzüglich der Zoll⸗ und Steuer⸗Rückve gütungen auf 36 665 561 oder 0,81 auf den Kopf der jeweiligen Pevölkerung, gegen 21 685 636 oder 0,48 auf den Kopf im Jahre 1880/81 Der Tabackverbrauch im Zoll⸗ gebiet ist im zehnjährigen Durchschnitt der Jahre 1872/73 bis 1881/82 mit jährlich 744 045 Doppelcentner fabrikationsreifen Roh⸗ taback oder 1 73 kg auf den Kopf berechnet.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 25. Februar bis inkl. 3 März cr. zur Anmeldung gekommen: 163 Eheschließungen, 871 Lebendgeborene, 25 Todtgeborene, 534 Sterbefälle. 3

Einem Bericht der „Mittheilungen der Großherzogl. Hessischen Centralstelle für die Landesstatistik“ über die Taub⸗ stummen⸗Anstalten zu Friedberg und Bensheim (im Großherzogthum Hessen) im Schuljahre von Ostern 188] bis Ostern 1882 entnehmen wir folgende Daten: 1) Taubstummen⸗ Anstalt zu Friedberg: Lehrer⸗Personal: 1 Direktor, 5 ordent⸗ liche Lehrer, 2 Industrie⸗Lehrerinnen zusammen 8; Zahl der Zöglinge (in 29 Pflegehäusern): Bestand am Ende des Schuljahres 1880/81 zusammen 63 (28 Knaben und 35 Mädchen), Zugang während des Schuljahres 1881/82 zusammen 9 (4 Knaben und 5 Mädchen), Gesammtzahl: 72 (32 Knaben und 40 Mädchen); Abgang während des Schuljahres 1881/82 17 (7 Knaben und 10 Mädchen); blieb Bestand an Zöglingen am Ende des Schul⸗ jahres 1881/82 zusammen 55 (25 Knaben und 30 Mädchen). Hier⸗ von waren in der: ersten Klasse 10, zweiten Klasse 7, dritten Klasse 11, vierten Klasse 10, fünften Klasse 9, sechsten Klasse 8, zusammen 55. Von der Gesammtzahl waren: a. aus der Provinz Starken⸗ burg 31, aus Oberhessen 25, aus Rheinhessen 12, aus Preußen, Waldeck und Oldenburg 4; zusammen 72; b. evangelisch: 66, israe⸗ litisch: 6 zusammen 72. Unter den 17 Abgegangenen sind 13 (6 Knaben und 7 Mädchen) zu Pfingsten 1881. als Konfirmanden entlassen worden.

2) Taubstummen⸗Anstalt zu Bensheim: Lehrer⸗ Personal: 1. Direktor, 5 ordentliche Lehrer, 2 außerordentliche Lehrer (Religion), 1 Industrie⸗Lehrerin zusammen 9; Zahl der Zöglinge (in 47 Pflegehäusern): 56 Knaben. 30 Mädchen, zusammen 86. Hiervon sind Zöglinge: a. aus Starkenburg 44, aus Rbhein⸗ hessen 41, aus Baden l, zusammen 86; b. katholisch 49, evangeli sch 28, israelitisch 9, zusammen 86; c. taub geboren 19, durch Krank⸗ heit taub geworden 67 (durch Gehirnentzündung und Genickkrampf 55. Nervensieber 6, Scharlach 4, Kopfrose 2); durch Kraakheit haben das Gehör verloren im 1. Lebensjahre 28, im 2. Jahre 26, im 3. Jahre 9, im 4. Jahre 3, im 5. Jahre 1; d. ganz taub 63, Schallgehör haben 5, Tongehör 9, Vokalgehör 7; e. es saßen in der 1. Klasse 17, 2. Klasse 8, 3. Klasse 24, 4. Klasse 14, 5. Klasse 11, 6. Klasse 12; f. vom Staat und der betreffenden Gemeinde unter⸗ stützt 79, aus eigenen Mitteln unterhalten 7. 1

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Preußische Jagdgesetzgebung. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Ministerialreskripte und Entscheidungen der höchsten Gerichtshöfe, der Motive zu den Entwürfen des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 und des Wildschongesetzes vom 26. Februar 1870 sowie der Ve handlungen des Landtags bei Berathung dieser beiden Gesetze bearbeitet von R. Wagner, Landg richts⸗Rath in Brom⸗ berg. Berlin, Verlag von Julius Springer. Preis 3 Die im Anhange des vorliegenden Buches zusammengestellte chronologische Uebersicht der in das Gebiet des preußischen Jagd⸗ rechts einareifenden Gesetze kennzeichnet am besten den großen Umfang dieser Rechtsmaterie und erklärt die Schwierigkeit, sich in derselben zurecht zu fiꝛden. Die im Anhange befindliche ‚chronologische Ueber⸗ sicht der in Jagda gelegenheiten ergangenen Ministerialreskripte und Entscheidungen der höchsten Gerichtshöfe giebt aber auch ein beredtes Zeugniß dafür, wie häufig Verwaltungs⸗ und Gerichtsbehörden mit Entscheidungen aus dem Gebiete des Jagdrechts befaßt werden. Die Auslegung der Jagdgesetze ist oft schwierig. Beispiels⸗ weise werden Fragen nach der Jagdbarkeit der einzelnen wilden Thiere, nach der Voraussetzung der Jagdfähigkeit der

Guts⸗ und Gemeindebezirke, nach der Zuständigkeit der Be⸗ hörden sowohl von Verwaltungs⸗ wie vo Gerichtsbehörden verschie⸗ den beantwortet. Dem Verwaltungsbeamten, dessen Einschreiten, dem Richter, dessen Entscheidung, dem Rechtsanwalt, dessen Rath schnell erfolgen soll, wird nicht selten Gelegenheit und Zeit fehlen, den Willen des Gesetzgebers zu ergründen. Dazu würde eine Durch⸗ arbeitung der einschlagenden Ministerialreskripte, der Entscheidungen der höchsten Gerichtshöfe, der Motive der Staatsregierung zu den Entwürfen der neueren Gesetze und der sich anschließenden Verhand⸗ lungen über die Berathungen dieser Entwürfe in den Versammlungen der gesetzgeberischen Körperschaften erforderlich sein. Ihnen diese Mühe zu ersparen, dürfte die vorliegende Arbeit in hohem Grade ge⸗ eignet sein. Auch unter den nicht beamteten Jägern und Jagdlieb⸗ habern wird sie Freunde finden.

Die neue Ausgabe des reich illustrirten Werks ⸗„Rheinfahrt, von den Quellen bis zum Meere“ (1. Serie von „Unser Vater⸗ land“, (Verlag der Gebrüber Kröner in Stuttgart) ist nunmehr bis zur 17. Lieferung vorgeschritten. In den letzten vier Heften schildert der liebenswürdige Plauderer Hans Wachenhusen den landschaftlich entzückenden Abschnitt von Bingen bis Coblenz, dann das Lahnthal, das schöne Moselthal und sodann eine Fahrt von Coblenz nach Rheineck. Die bekannte, überaus reiche Ausstattung mit malerisch gewählten und stimmungsvoll ausgeführten Holzschnittveduten von allen irgend wie landschaftlich oder kunst⸗ und allgemein⸗ geschichtlich bemerkenswerthen Punkten bedarf auch bei Besprechung dieser Lieferungen keines weiteren Lobes. Hervorgehoben seien nur die größeren, künstleriich behandelten xylographischen Blätter, welche den herrlichen Dom zu Limburg, das Moselufer bei Coblenz, eine Ansicht von Trier, die Abtei Laach, die Musenstadt Bonn, das ehrwürdige Cöln (zwei Blätter), das Innere des Cölner Doms, den Dom zu Aachen und den Marktplatz in Düssel⸗ dorf zu Vorwürfen haben (nach Zeichnungen von R. Püttner, Th. Weber und L Ritter), und denen sich als historische bezw. kultur⸗ historische Kompositionen die Blätter: Heimkehrende Kreuzfahrer (von A. Baar) und Karneval (von G. Franz). Da das Werk nur 22 Lie⸗ ferungen (zu je 1 50 ₰) umfassen wird, so geht dasselbe dem bal⸗ digen Abschluß entgegen. Die Abonnenten erhalten damit eine Rhein⸗ Reisebeschreibung wie sie bei billigem Preise reicher ausgestattet nicht zum zweiten Male existiren dürfte.

Stolls u. Baders Buchhandlung und Antiquariat in Freiburg (Baden) hat unter dem Titel „Geschichte, Kunst, Literatur, Sprachwissenschaft, Incunabeln, Holz⸗ schnitzwerke“ Katalog 45 ihres antiquarischen Bücher⸗ lagers ausgegeben. Derselbe enthält ein Verzeichniß von 903 Schriften, die sich auf die genannten wissenschaftlichen Fächer beziehen und viele werthvolle und seltene Werke aus früheren Jahr⸗ hunderten (d. 15., 16., 17. u. 18.) in sich fassen. Außer den in der Uebersicht des Katalogs genannten Fächern werden auch geographische und Reisewerke, sowie Schriften über Mvpvthologie, Theologie, Philosophie, Staatsrecht und Volkswirthschaft aufgeführt. Unter der Literatur findet man namentlich viele Werke der altdeutschen Literatur (Nibelungen, Gottfried von Straßburg, Minnesänger u. s. w.). Die genannte Buchhandlung kauft ganze Bibliotheken und einzelne Werke von Werth an.

Gewerbe und Handel.

In der gestrigen Sitzugg de; Verwaltungsraths der Deut⸗ schen Bank wurde der Rechnungsabschluß pro 1882 vorgelegt. Von dem 60 000 000 betragenden Aktienkapital nehmen 45 000 000 an der vollen, 15 000 070 an der halben Dividende Theil. Der Bruttogewinn betrug 9 139 372 Nach Abzug der Geschäftsunkosten mit 1 378 320 ℳ, der Abschreibungen auf Immobilien und Mobilien mit 169 999 ℳ, sowie der Abschreibung für die Kommandite Knoblauch u. Lichtenstein mit 693 321 34 und endlich einer Ueberweisung an das De credere⸗ konto verbleibt ein Reingewinn von 6 566 448 ℳ, wovon für die Beamten der Bunk und den Unterstützungsfonds 230 000 abge⸗ setzt werden. Zur Vertheilung gelangen somit 6 336 448 ℳ, welche die Vertheilung einer Dividende von 10 % zulassen. Der Gewinn betrug auf Wechselkonto 2 019 818,60, Sorten und Coupons 372 098,02, Effekten 1 341 889, Reports 400 450,43, Kon⸗ sortialgeschäfte 45 894,24, Zinsen 2 198 482,05, Provisionen 2 681 434,21, Immobilien 57 268,85 Nachdem in diesem Jahre dem ordentlichen Reservefonds bereits 4 448 515 aus dem Agio der neubegebenen IV. Aktienserie zugeflossen waren, war eine weitere Dotirung des ordentlichen Reservefonds statutenmäßig ausgeschlossen; es wird indessen der nächsten ordentlichen Generalver⸗ sammlung, welche am 4. April stattfinden soll, der Vorschlag zu einer die weitere Dotirung des Reservefonds bezweckenden Aenderung der Statuten unterbreitet werden. Die Reserven betragen gegenwärtig: ordentliche Reserve 6 635 645,58, Spezial⸗Konto⸗Korrent 3 500 000, Konsortial⸗Reserve 1 000 000, Effekten⸗Reserve 2 680 485,75 ℳ, Ge⸗ sammt⸗Resecven 13 816 131,33

Aus dem in der Generalversammlung der Aktiengesell⸗ schaft für Spinnerei und Weberei an der hohen Mark hei Oberursel vom 7. d. M. erstatteten Rechenschaftsbericht geht hervor, daß der Ueberschuß des Jahres 1882 147 813 be⸗ trägt. Auf Vorschlag des Verwaltungsraths wurde beschlossen, 63 000 ℳ, d. i. 42 pro Aktie als Dividende zu vertheilen, 60 000 dem Ersatz⸗ und Abnutzungskonto zu überweisen, 10 000 dem Kapital Reservefondskonto gutzuschreiben, das Erneuerungsfonds⸗ konto mit 10 000 zu dotiren und den Rest von 4813 auf das Jahr 1883 vorzutragen.

Die Saͤchsische Bank zu Dresden erzielte im Jahre 1882 einen Gewinn von 2 463 855 ℳ, welcher sich wie folgt zu⸗ sammensetzt: Saldovortrag 2777 ℳ, Gewinn und Zinsen auf Wechsel⸗ konto 2 099 506 ℳ, Zinsen im Lombardverkehr 155 770 ℳ, Gewinn, Zinsen und Provisionen auf Effektenkonto 156 306 ℳ, eingenommene Provisionen 28 558 ℳ, Provisionen auf Aufbewahrung von Werthsachen 4965 und eingenommene Miethe abzüglich der Reparaturen 15971 Nach Abzug der Zinsen im Betrage von 73 289 ℳ, der Provisionen, Geschäftskosten ꝛc. in Höhe von 439 818 ℳ, der Abschreibungen im Betrage von 12 888 ℳ, sowie der an die Reichshauptkasse zu bezahlenden Banknotensteuer, von 3514 (in Summa 528 910 (verbleibt ein Reingewinn von 1 934 945 ℳ, welchen der Verwaltungsrath wie folgt zu vertheilen vorschlägt: 4 ½ % p. a. auf 30 (00 000 = 1 350 000 ℳ; 20 % für den Reservefonds 116 433 ℳ, Tantième für den Verwaltungsrath und die Direktion 52 395 ℳ, 1 ½ % Superdividende 400 000 ℳ, während von den verbleibenden 16 116 der noch mit 8549 zu Buche stehende Rest des Contos für Anfertigungskosten der Banknoten, auf Reichswährung lautend, abgeschrieben und 7566 auf neue Rech⸗ nung vorgetragen werden sollen. Es kommen daher auf den Dividenden⸗ schein Nr. 13 pro 1882 zusammen 5 ½ % oder 35 zur Vertheilung.

London, 8. März. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll⸗ auktion waren Preise unverändert. Die nächste Wollauktion beginnt am 16. Mai; zu derselben sind 350 000 Ballen zugelassen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Auf den Linien der Großen Berliner und der Großen Internationalen Pferdeeisenbahn⸗Aktien⸗Gesellschaft ind im Monat Februar 1883 4 243 574 Personen befördert und da⸗ sin 522 731 oder durchschnittlich pro Tag 18 668 von beiden Gesellschaften eingenommen worden. Die Einnahme im Februar 1882 hbelief sich auf 488 373 oder durchschnittlich vro Tag auf

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Breslau, 7. März. (W. T. B.) In seiner Erwiderung auf die Offerte der Oberschlesischen Eisenbahn bezüglich Herab⸗ setzung der Kohlentarife lehnt es der Minister der öffentlichen Arbeiten ab, die Tariffrage mit der Frage der Prioritätenkonversion in Zusammenhang zu bringen, findet die Offerte wegen der Tarif⸗ ermäßigung als in zu weite Ferne geschoben und erwartet günstigere Vorschläge von dem Verwaltungsrath der genannten Eisenbahn⸗ esellschaft. 8 scaft . 8. März. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ettore“ ist heute Nachmittag aus Konstantinopel hier einge⸗

troffen.