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8 Der Preis eines jeden Blattes beträgt 1 ℳ 50, ₰ und dasselbe durch jede Buch⸗ und Landkarten⸗Handlung bezogen werden.
Der General⸗Kommissionsdebit ist der Simon Schroppschen Hof⸗
Landkarten⸗Handlung in Berlin, Charlottenstr. 61, übertragen. Beerllin, den 12. März 1883. Königliche Landes⸗Aufnahme. Kartographische Abtheilung. Steinhausen,
Oberst⸗Lieutenant und Abtheilungs⸗Chef.
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MNichtamtliches. 8 Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 14. März. Se. Kaiserliche und Köͤnigliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag militärische Meldungen entgegen und empfing um 12 ½ Uhr den General⸗Inspecteur der Artillerie, General⸗ Lieutenant von Voigts⸗Rhetz und später den Fürsten von Thurn und Taxis.
Abends 7 Uhr wohnte Höchstderselbe mit Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kron⸗ prinzessin einer Vorlesung des Dr. Hans Delbrück in der Aula des Wilhelms⸗Gymnasiums bei und besuchte sodann mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria die Benefizvorstellung des Hrn. Carl Helmerding im Wallner⸗ Theater. 3
— Der Bundesrath trat heute zu einer Sitzung zu⸗
lußbericht über die gestrige Sitzung bgeordneten befindet sich in der Ersten
— In der heutigen (48.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. An⸗ gelegenheiten von Goßler sowie mehrere Kommissarien bei⸗ wohnten, stand zunächst auf der Tagesordnung die erste Be⸗ rathung des Antrages der Abgeordneten Graf und Dr. Maier (Hohenzollern) auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die interimistische Regelung der Gemeindebesteuerang für die hohenzollernschen Lande. Der Antrag lautet:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Dem nachstehenden Entwurf eines Gesetzes die mäßige Zustimmung zu ertheilen: Gesetzentwurf, dd interimästische Regelung der meindebesteuerung für die Hohenzollernschen Lande. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtages für den Umfang der hohenzollernschen Lande, was folgt:
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Bis zum Erlaß einer neuen Gemeindeordnung für die Hohen⸗ zollernschen Lande werd Behufs einheitlicher Regelung der Gemeinde⸗ besteuerung das in dem früheren Fürstenthum Sigmaringen gel⸗ tende Gesetz über die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden vom 6. Juni 1840 (Sigmaringische Gesetz⸗Samml.) Band V.
241) insbesondere die §§. 56 bis 65 inklusive und (§. 72 und 73 nebst den, dieselben ergänzenden und b Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juni
7, betreffend die Auflagen auf den Bürgernutzen zu n Gemeindelasten (Sigmaringische Gesetz⸗Samml. Band VIII. . 20) und des Gesetzes vom 24. August 1848, betreffend die Theilnahme der landes⸗ und standesherrlichen Verwaltungen an den Gemeindelasten (Sigmaringische Gesetz⸗Samml. Band VIII. S. 54) — soweit solche die Bestreitung und Aufbringung der Gemeinde⸗ bedürfnisse, insbesondere die Gemeindesteuern betreffen —;
ferner die in §. 18 und §. 82 des Bürgerrechtsgesetes vom 5. August 1837 aufgeführte Bestimmung über die Wohn⸗ und Bürgersteuer (Sigmaringische Geset⸗Samml. Band 11I. S. 539) nach einheitlich redigirter Fassung auch auf das ehemalige Fürsten⸗ thum Hechingen übertragen.
verfassungs⸗
betreffen i Ge⸗
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Zu allen Ausgaben einer Gemeinde tragen die Fürstliche Hohen⸗ zollernsche Verwaltung und die Standesberrlichen Verwaltungen, sowie die Ausmärker (Forensen) als Besitzer steuerbarer Gegen⸗ stände innerhalb der Ortsmarkung in demselben Grade bei, wie die übrigen steuerpflichtigen Ortseinwohner, und werden die §§. 65 und 72 des Gesetzes vom 6. Juni 1840 insoweit abgeändert.
2 *½ 8 0.
Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1883 in Kraft werden von diesem Zeitpunkte ab alle diesem Gesetze entg stehenden Besteuerungsformen, wie Ehesteuer, Hintersassensteue aufgehoben.
Urkundlich ꝛc.
Der Abg. Graf führte aus, daß eine einheitliche Rege⸗ lung der Gemeindesteuergesetz ebung für die hohenzollernschen Lande ein dringendes Bedürfniß sei, namentlich um eine Heran⸗ ziehung der Beamten und des Kapitals zu ermöglichen. Er beantrage also, die Regierung aufzufordern, in der nächsten Session nach Anhörung des hohenzollernschen Kommunal⸗ Landtages einen dementsprechenden Gesetzentwurf dem Hause vorzulegen.
Der Regierungskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Nöll erklärte, daß die Regierung die Motive des Antrags als be⸗ recht gt anerkenne. Die Regierung werde, wenn das Haus die Resolution annehmen sollte, der Regelung dieser überaus schwierigen, verwickelten Materie näher treten.
Der Abg. Schmirt (Sagan) hielt die vorgeschlagene Re⸗ solution für unbedenklich. In dem früher vorgelegten Kom⸗ munalsteuer⸗Gesetzentwurf sei anerkannt worden, daß in den hohenzollernschen Landen diese Steuer der dortigen eigen⸗ thümlichen Verhältnisse wegen besonders geregelt werden müse.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode dagegen glaubte, daß die Resolution zu weit gehe und die Stellung des Hauses verschiebe; deshalb könnten seine politischen Freunde nicht dafür stimmen.
Nachdem der Antragsteller Abg. Graf noch einmal in kurzen Worten für seinen Antrag eingetreten war, wurde der⸗ selbe angenommen.
Hierauf ging das Haus zum folgenden Gegenstande der Tagesordnung über: Bera hung des Antrages der Abgg. Dr. von Stablewski u. Gen., betr. die Anwendung der Mutter⸗ sprache als Unterrichtssprache und die Ertheilung des Religionsunterrichts in den Lehranstalten.
Der Antrag lautet:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Königliche Staatsregierung aufzufordern, geeignete Maßregeln zu treffen, daß: 1 I. in den höberen Unterrichtsanstalten, Schullehrerseminaren und Mittelschulen
2 die Muttersprache als Unterrichtssprache im Sinne der auf Grund der Kabinetsordre vom 20. Mai 1842 crlassenen Mi⸗
und gen⸗
A für die Schüler polnischer Nationalität ein⸗
eführt,
„ b. daß der katholische Religionsunterricht, welcher seit 10 Jahren an den meisten Eymnasien und Realschulen des Groß⸗ herzogthums Posen in den oberen Klassen theilweise, in den unteren gar nicht mehr ertbeilt wird, unter Aufhebung der Ministerial⸗ Verfügung vom 16. November 1872 wieder hergestellt werde und zwar in der Muttersprache der Schüler,
II. daß in den Elementarschulen
a. die Verordnungen vom 20. September 1872, 24. Juli und 27. Oktober 1873 und die sich daran knüpfenden Maßregeln, welche in allen Lehrgegenständen die Muttersprache als Unterrichtssprache ausschließen resp. einschränken, aufgehoben,
b. daß die Ertheilung des Religionsunterrichtes in der Volks⸗ schule überall nur in der Muttersprache ungesäumt angeordnet und alle dem entgegenstehenden Bestimmungen beseitigt werden.
Der Abg. Dr. von Stablewski begründete seinen Antrag mit einer Schilderung der Zustände in den polnischen Landes⸗ theilen. Die gewaltsame Germanisirung der Schulen habe eine Verminderung des Schulunterrichts für die Kinder polnischer Familien zur Folge gehabt. Dics sei eine geistige Unter⸗ drückung seiner Landsleute. Bezüglich der Religion führe er nur an, daß in einer polnischen Gemeinde die Kinder zehn Jahre lang keinen Religionsunterricht gehabt hätten. Der Minister könne sich selbst überzeugen, wie wenige Kinder den Gottesdienst besuchten. Das jetzt befolgte System sei ja zur Unterdrückung einer Nationalität zu schwach, dagegen zur Schädigung materieller und geistiger Interessen wohl geeignet. Die Ruhe, welche die Polen bewahren, scheine nur zu immer härteren Maßregeln herauszufordern. Das sei nicht der Rechtszustand, für den Preußens Könige ihr Wort verpfändet hätten. Die Nemesis der Geschichte werde nicht ausbleiben; die heutige Abstimmung werde einen Widerklang finden weit über die Grenzen Preußens hinaus.
Der Abg. Dr. Kolberg erklärte, daß er dem Autrage nicht zustimmen könne. Er beantrage, denselben der Unterrichts⸗ kommission zu überweisen und diese durch Abgeordnete der polnischen Landestheile zu verstärken. Dann würden da die berechtigten Wünsche erörtert werden können. Gegen die Forderung des Antrages, daß der katholische Religionsunterricht in der Mutter⸗ sprache der Schüler ertheilt werde, wendete Redner ein, daß dies eine Verdoppelung der Lehrkräfte an den betreffenden Lehranstalten erfordern würde. Daß die Religionslehrer beide Sprachen verstehen sollten, damit sei er einverstanden. Daß der Religionsunterricht in den Volksschulen in der Mutter⸗ sprache ertheilt werde, billige er da, wo die Kinder nur polnisch verstehen. Er mache aber den Vor⸗ schlag, solche Kinder von Anfang an neben der polnischen auch die deutsche Sprache lernen zu lassen. In Ostpreußen stehe man auf dem Standpunkte, daß man keine Veranlassung habe, polnische Interessen zu vertreten. Er bitte den Antrag der Unterrichtskommission zu überweisen.
Bei Schluß des Blattes erhielt der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Alst das Wort.
— Nochdem durch den Erlaß des Ministers des Innern vom 19. Oktober 1863 anerkannt worden ist, daß denjenigen Feldmessern, welche sixirte Diäten aus der Staatskasse be⸗ ziehen, der Charakter besoldeter unmittelbarer Staatsdiener im Singe des 8§. 8. des Gesetzes vom 11. Juli“ 1822 beiwohne, ist neuerdings die Frage wiederholt zur Erörterung gelangt, ob derselbe Charakter den von den Auseinandersetzungsbehörden ausschließ⸗ lich beschäfigten Vermessungsbeamten überhaupt und somit auch dann beiwohne, wenn dieselben keine fixirten Diäten aus der Staatskasse beziehen. Der Minister des Innern hat sich in einem Cirkularerlaß vom 31. Ja⸗ nuar d. J. für die Bejahung dieser Frage ausge⸗ sprochen. Denn die von den gedachten Vermessungs⸗ beamten überhaupt vorzunehmenden Amtshandlungen würden von Amtswegen angeordnet, die Gebühren dafür von den General⸗Kommissionen festgesetzt und seien im Staatshaus⸗ halts⸗Etat, Kapitel 32 der Einnahmen und Kapitel 101 der Ausgaben, aufgeführt. Auf die Gebühren würden den Ver⸗ messungsbeamten monatliche Pauschalsätze von 150 — 360 ℳ gezahlt. Außerdem aber hätten die genannten Be⸗ amten insoweit einen Anspruch auf Pension, als ihnen ein solcher durch den Departements⸗Chef beigelegt worden sei.
— Die Bestimmung des §. 120 der Reichs⸗Gewerbe⸗ ordnung, nach welchem die Gewerbeunternehmer verpflichtet sind, alle diejenigen Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten, welche mit Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit des Ge⸗ werbebetriebes und der Betriebsstätte zu thunlichster Sicher⸗ heit gegen Gefahr für Leben und Gesundheit noth⸗ wendig sind, — verpflichtet zwar den Gewerbeunternehmer, sich nach denjenigen Einrichtungen zu erkundigen, welche in dem betr. Gewerbebetriebe zum Schutz der Arbeiter nothwen⸗ dig und geeignet sind, und hierbei die Sorgfalt und die Um⸗ sicht eines sorgsaltigen und vorsichtigen Gewerbetreibenden zu äußern, jedoch kann daraus, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 16. September v. J., einem Gewerbetreibenden kein Vorwurf gemacht werden, daß er ein neueres, den Arbeitern größere Sicherheit bietendes Verfahren in seinem Betriebe nicht eingeführt hat, wenn dieses Verfahren in technischen Kreisen nicht als ein erprobtes bekannt gewesen und ihm selbst ohne seine Schuld solches unbekannt geblieben ist.
OesterreichꝛUngarn. Wien, 13. März. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause beantwortete der Handels⸗ Minister die Interpellation betreffend die Anwendung des elektrischen Lichtes auf Eisenbahnen und Seeschiffen dahin, daß die Einführung desselben, abgesehen vom Kosten⸗ punkt, noch von technischen Beobachtungen, Erfahrungen und Verbesserungen abhinge.
— In vertraulicher Sitzung beschloß das Abgeordneten⸗ haus heute Abend nach zweistündiger Berathung mit 156 gegen 107 Simmen die Zustimmung zur strafgerichtlichen Verfolgung des Abg. Ritters von Schoenerer zu ertheilen.
Pest, 13. März. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause sprach sich bei der heutigen Fortsetzung der Mittelschuldebatte der Minister⸗Präsident Tisza über die von den siebenbürgi⸗ schen Sachsen befolgte Politik tadelnd aus, indem man dort, wo sie Unterstützung suchten, bald zu der Ueberzeugung ge⸗ langen werde, daß sie falsche Propheten gewesen seien. Der Unwille der Irregeleiteten werde größer sein, als der aus deren Unterstützung erhoffte Nutzen. Der Redner betonte die politische Einsicht und Weisheit des großen deutschen Volkes, sowie dessen Achtung für die inneren Angelegenheiten anderer
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Großbritaunien und Irland. London, 13. März (W. T. B.) In der heutigen Unterhaus⸗Sitzung er⸗ widerte der Unter⸗Staatssekretär Fitzmaurice auf eine An⸗ frage Bartletts: die französische Regierung habe keine An⸗ deutungen gemacht, daß sie die Küste von Madagaskar zu blockiren beabsichtige. — Der Premier Gladstone erklärte. der Lord⸗Präsident des Geheimen Raths, Spencer, werdekeines⸗ wegs aus dem Kabinet treten. — Gorst beantragte, daß sofort Schritte geschehen möchten, um die strikte Ausführung der mit dem Transvaallande im Jahre 1881 geschlossenen Kon⸗ vention zu sichern. Cartwright bekämpfte diesen Antrag durch das Amendement, daß die Aktion Englands streng innerhalb der Grenzen der absolut unvermeidlichen Verpflich⸗ tungen gehalten werden möchte. Die Diskussion wurde schließlich auf nächsten Frritag vertagt.
— (Allg. Corr.) Die Flotten⸗Voranschläge für 1883/84 betragen 10 757 000 Pfd. Sterl. oder 273 099 Pfd. Sterl. mehr als im vorhergehenden Finanzjahre. Die Bemannung beträgt 57 250 Mann, d. i. 250 Mann weniger als die im vorigen Jahre votirte Anzahl. Der dem Etat beigefügte Schiffsbau⸗ bericht weist nach, daß 36 Kriegsschiffe im Bau begriffen sind nämlich 12 große Panzerschiffe, 3 Korvetten, 4 Schaluppen, 5 stählerne Dampfkreuzer, 11 Kanonenboote und ein anderes Schiff. Der vollständige Ausbau ist indessen für das Finanp⸗ jahr nicht vorgesehen. 3
Frankreich. Paris, 13. März. (W. T. B.) Die Regrerung hat beschlossen, gegen Diejenigen, welche zu Ruhestörungen oder zu Vergehen gegen das Eigenthum aufreizen, auf das Strengste vorzugehen.
Nach neueren Nachrichten werden die Kammern erst am 20. d. auseinandergehen, da möglicherweise am 18.. Kundgebungen stattfinden, welche ein Votum der Kammern nothwendig machen könnten.
Dem Journal „Paris“ zufolge wurde am Sonntag auf dem Place de ''Hotel de Ville ein Explosionskörper gefunden und sollen seitdem weitere gefunden worden sein. In dem Lyceum Lours le Grand kam es heute; einer Revolte. Die Zölinge verlangten die Wiederauf⸗ nahme eines ausgewiesenen Schülers, drangen in das Zimmer des Direktors ein und zertrümmerten dort das Mobiliar. Die Polizei mußte einschreiten.
Im Senat richtete St. Vallier heute eine Anfrage an die Regierung bezüglich des Standes der Kolonial⸗ unternehmungen Frankreichs, namentlich in Tonkin. Angesichts der von dem Auslande in dieser Hinsicht gethanen Schritte müsse Frankreich neue Absatzwege suchen. Die Besitz⸗ ergreifung von Tonkin sei nothwendig, um diejenige von Cochinchina zu vollenden. Der Minister des Auswärtigen, Challemel⸗Lacour, erwiderte: die Regierung theile die patriotischen Ansichten St. Valliers und erkenne die Noth⸗ wendigkeit an, neue Absatzwege zu schaffen; in phantaftische Unternehmungen müsse man aber Mißtrauen setzen. Ueberal, wo die Rechte Frankreichs durch Verträge festgestellt seien, werde die Regierung denselben auf das Strengste Achtung verschaffen. Frankreich sei vor Allem eine kontinentale Macht und müsse seine Kräfte zusammenhalten; das sei indessen nicht unvereinbar mit dem Schutze seiner Interessen in der Ferne. Die Regierung habe bezüglich Tonkins bereits feste Beschlüsse gefaßt und werde dieselben dem Senat nach den Osterferien vorlegen, unter gleichzeitiger Beantragung eines entsprechenden Kredits. Frankreich wolle Tonkin weder aufgeben, noch es erobern, sondern nur gewisse Punkte besetzen, um zu beweisen, daß Frankreich zum Schutze seiner Staatsangehörigen und zum Schutze der Angehörigen der übrigen auswärtigen Staaten dort bleiben wolle. St. Vallier erklärte sich durch diese Mit⸗ theilungen zufriedengestellt.
— 14. März. (W. T. B.) Nach einer Meldung aus Tunis wäre der Zwischenfall bezüglich des Italieners Canino in La Goletta beigelegt; es habe sich herausgestell, daß Canino, als er einen französischen Wachposten insultirte, in trunkenem Zustande gewesen sei.
— (Fr. Corr.) Der Kriegs⸗Minister hat eine Kommission eingesetzt, um sich mit der Frage der Ein⸗ führung des Repetirgewehrs resp. der Umwandlung der jetzigen Gewehre in Repetirgewehre zu beschäftigen. Den Vorsitz der Kommission führt der General Dumont, komman⸗ dirender General des XVIII. Armee⸗Corps, und unter den Mitgliedern derselben befinden sich der General Baron Berge, kommandirender General der 13. Division und General⸗In⸗ spektor der Patronenfabriken, sowie der Oberst Gras, In⸗ spektor der Gewehrfabriken und Erfinder des nach ihm be⸗ nannten und gegenwärtig von der französischen Armee ge⸗ führten Gewehrs.
Lyon, 13. März. (W. T. B.) Der Appellations⸗ hof bestätigte das Urtheil vom 19. Januar gegen 14 der hervorragendsten Anarchisten, ermäßigte aber bei 17 an⸗ deren, die appellirt hatten, die Strafe um ein Drittel. Fürst Krapotkin hatte nicht appellirt. — Louise Michel ist hier an⸗ gekommen.
Italien. Rom, 13. März. (W. T. B.) Bei der heute in der Deputirtenkammer fortgesetzten Berathung des Budgets des Ministeriums des Auswärtigen erklärte der Minister des Auswärtigen, Mancini: er werde sich darauf beschränken, die Ausführungen der letzten Redner, soweit nothwendig, in den wichtigsten Punkten richtig zu stellen. Auch wolle er kategorische Aufklärungen über die Absichten der Regierung und ihre bisherigen Handlungen geben, um etwaige Irrthümer zu beseitigen und die öffent⸗ liche Meinung aufzuklären. Die im Jahre 1878 durch den Berliner Kongreß und die späteren öffentlichen und geheimen Verpflichtungen geschaffene Lage mußte und werde nothwendig einen Zustand hervorrufen müssen, gegen welchen eine einzelne Regierung oder ein Staatsmann vergeblich anzukämpfen ver⸗ suchen wuͤrde. Es würde ungerecht sein, einen Minister für die Folgen dieser Thatsachen verantwortlich zu machen. Alle hätten Italien zur Ruhe und Sammlung gerathen. Als er an das Ruder gekommen sei, habe er die von der Kammer gefaßten Beschlüsse zur Richtschnur für die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten genommen, nämlich eine Politik des Friedens und der Achtung vor den bestehenden Ver⸗ trägen, ohne die Vollendung der wirthschaftlichen Re⸗ formen, welche das Programm der Linken bildete, aufs Spiel zu setzen. Als er in das gegenwärtige Kabinet eintrat, habe er sich einer schwierigen Lage gegenüber befunden wegen der Angelegenheiten in Tunis und Marseille und wegen einer gewissen eigentlich unmotivirten Kühle der Be⸗ ziehungen zu Oesterreich und Deutschland. Eine Macht von fast 30 Millionen Seelen, die eine ausgezeichnete Armee und Mari besitze, biete ein Bündniß mit . “ 11““
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Denjenigen an, welche es wünschten, und nur, nachdem sie konstatirt habe, daß es gewünscht werde. Wer behaupten wolle, daß Italien in Wien und Berlin eine Zurück⸗ weisung erlitten habe, verläumde das Land und die Regierung. Was die Beziehungen Italiens zu Oesterreich und Deutschland angehe, so verweise er auf die von dem österreichisch⸗unga⸗ rischen Minister des Auswärtigen vor der österreichischen De⸗ legation in Pest abgegebenen Erklärungen. Das damals er⸗ wähnte Bündniß habe einen durchaus legitimen und friedlichen Zweck; die Regierung werde demselben treu bleiben, sie wolle indessen keineswegs eine Abneigung gegen eine andere Macht zeigen, mit welcher Italien durch eine so große Gemeinsamkeit der Interessen und Bedürfnisse verbunden sei. Ein Hauptpunkt des zwischen Ital en, Oesterreich und Deutschland vereinbarten Programms sei der gewesen, sich nicht nur jeder Feindseligkeit zu enthalten, sondern auch jeder Handlung, welche Mißtrauen erzeugen könnte. Aus den veröffentlichten Schriftstücken gehe hervor, daß Italien Dank dieser Verbindung nicht mehr isolirt sei. Bei jeder Frage von allgemeinem Interesse sfür Europa habe sich die Uebereinstimmung der diplomatischen Aktion Italiens und derjenigen der beiden Reiche gezeigt. Mit der Zeit werde es hoffentlich möglich werden, bei dieser Haltung Italiens eine Besserung der Beziehungen zu Frankreich herbeizuführen unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Sympathie Englands, des beständigen loyalen Freundes Italiens. — Der Minister bestritt, daß eine Verbindung Jtaliens mit Oesterreich⸗Ungarn und Deutschland die freie Entwickelung Italiens im Innern beeinträchtigen würde. Ein Beweis hier⸗ für sei, daß Italien kürzlich in Gemäßheit der bestehenden Verträge Oesterreich gegenüber die Auslieferung von drei seiner Unterthanen abgelehnt habe. Der Minister wies die Behauptung Savini's zurück, daß der Irredentismus gute Beziehungen zwischen Italien und Oesterreich unmöglich mache, da derselbe anscheinend eine feindselige Stimmung in Oester⸗ reich gegen Italien zu erzeugen trachte. Die jüngst hier statt⸗ gehabten Demonstrationen seien von einzelnen Individuen oder von einer bedeutungslosen Minorität veranlaßt worden. Durch die vorgekommenen unwürdigen Schmähungen be⸗ freundeter Nationen und ihrer Botschafter werde weder eine Theorie noch ein Prinzip zum Ausdruck gebracht; andernfalls würde Italien auch Korsika, Malta, Nizza und den Kanton Tessin reklamiren müssen. (Beifall.) Die irredentistischen Bewegungen seien das Werk einer irregeführten Jugend oder einer anti⸗ monarchisch gesinnten Minorität, welche sich des Irredentis⸗ mus bediene, um der Regierung Verlegenheiten zu schaffen. Hiergegen einzuschreiten sei Sache der Ge⸗ richte und für seinen Theil auch Sache des Mini⸗ sters. Es gereiche der Regierung zur Befriedigung, daß von säm mtlichen Rednern ohne Unterschied der Parteien mit Ausnahme eines einzigen die Annäherung Italiens an Oesterreich⸗Ungarn und Deuts land gebilligt werde. Die Regierung werde auf diesem Wege fortschreiten und daraus einen berechtigten Zuwachs an Stärke und Sicherheit ziehen, ohne jede Einbuße an konstitutioneller Freiheit, Würde und Unabhängigkeit. (Lebhafter Beifall.) Die e⸗ ziehungen Italiens zu Frankreich seien in fort⸗ schreitender Besserung begriffen. Der Handelsvertrag sei abgeschlossen, die beiderseitigen Botschafter seien ernannt. Be⸗ züglich der tunesischen Frage seien Instruktionen gegeben worden zur Herbeiführung eines modus vivendi, welcher für Italien nicht das Aufgeben von Rechten in sich schließe, die Italien durch seine Stellung und durch seine Verträge mit der munesischen Regentschaft verbürgt seien. In Betreff der Auf⸗ hebung der Konsulargerichtsvarkeit habe Italien dem Vor⸗ schlage Frankreichs keine Weigerung entgegengesetzt, sondern Vorbehalte gemacht, welche im Wesentlichen denjenigen Englands identisch seien, welches sich die Ertheilung einer definitiven Antwort vorbehalten habe, bis ein konkreter Vor⸗ schlag vorliege und bis das für die Ausländer in Anwendung zu bringende Gerichtssystem bestimmt sein würde. Der Minister ging hierauf auf die Beziehungen Italiens zu England und auf die egyptische Frage über und sagte: die Regierung bleibe überzeugt, daß sie den Interessen des Landes entsprechend ge⸗ handelt habe, als sie es abgelehnt habe, bei der englischen Intervention in Egypten mitzuwirken. Der Minister er⸗ läuterte sodann sein Programm, indem er mit der Depesche vom 11. September 1881 an den Botschafter in London be⸗ gann und ausführte, daß die Ereignisse seine damaligen Vor⸗ herberechnungen über die Phasen der egyptischen Frage be⸗ stätigt hätten. Er habe sich dafür bemüht, daß die Kompetenz des europäischen Concerts anerkannt und in Egypten dem ausschließlichen Eifluß Englands und Frankreichs substituirt worden sei. Der Minister bestritt, daß Italien die Absicht gehabt habe, sich einer isolirten Aktion der erwähnten beiden Mächte anzuschließen; Italien habe das Möblichste ge⸗ than, um eine bewaffnete Intervention in Egypten zu verhin⸗ dern. Die Konstantinopeler Konferenz sei von Italien ange⸗ nommen worden als eine Weihe der Kompetenz Europas, welche Italien angerufen habe als einen natürlichen Ausweg zur Regelung der egyptischen Angelegenheiten, jedoch ohne blindes Vertrauen und unbegrenzten Enthusiasmus. Während der Konferenz sei Italien im vollen Einvernehmen mit Deutsch⸗ land und Oesterreich vorgegangen und habe in keiner Weise Engvland entgegengearbeitet, wie sich das aus den diplomatischen Schriftstücken ergebe. Was den Vorwurf anbelange, daß Italien eine Kooperation mit England abgelehnt habe, so müsse er darauf erwidern, daß Italien nach den in der Konferenz über⸗ nommenen Verpflichtungen und da es die von England geltend gemachte force majeure für sich nicht anzuführen vermochte, einer isolirten Aktion sich nicht ungestüm anschließen konnte. Gleichwohl sei es unrichtig, daß die Aoblehnung einer Koope⸗ ration Italiens ei ne absolute gewesen sei; Italien habe sich eine definitive Antwort bis nach dem Ergebvnisse der Konferenz vorbehalten. Auch die öffentliche Meinung des Landes sei damals einer Intervention abgeneigt gewesen; Oesterreich und Deutsch⸗ land hätten zwar keinen Widerspruch dagegen erhoben, hätten sich aber auch nicht zustimmend geäußert und der italienischen Regierung alle Verantwortung überlassen. Noch andere Ei⸗ wägungen hätten die Regierung von einer Kooperation abge⸗ halten; es sei klar gewesen, daß, wenn die ialienische Fahne an der Küste Egyptens geweht hätte, auch Frankreichs Fahne dort entfaltet worden ware und daß dann neue Verwickelungen entstanden sein würden. Ebenso sei es unmöglich gewesen, die Dauer und die Kosten einer Expedition von vorn herein zu übersehen. Das finanzielle und wirthschaftliche Programm des
Kavbinets wäre ohne entsprechende Kompensation über den Haufen geworfen worden; eine solche Verantwortlichkeit habe er nicht
bernehmen zu dürfen geglaubt. Auch für Italien werde der historische Zeitpunkt nicht ausbleiben, wo es seinen legitimen
Einfluß zur Wahrung der nationalen Interessen werde geltend machen können. Die Regierung handele seiner Ansicht nach durchaus korrekt und verfolge mit Beständigkeit und ohne jedes Zaudern und ohne alle Ungewißheit ein klares und bestimmtes Programm. Der Minister äußerte sich hiernächst eingehend über die von Italienern in Egypten erl.itenen Verluste, über die Angelegenheit von Sfax, über die friedliche Expedition Giulietti's und über den Stand der Angelegenheiten in Tripolis, und bemerkte, die von Italien geforderten Genugthuungen seien erlangt worden. Aus den neuen Grünbüchern, die er der Kammer vorlege, wer e sich u. A. auch ergeben, wie verleum⸗ derisch die Behauptung sei, daß die italienische Regierung auf eine Okkupation von Tripolis ausgehe: Italien strebe lediglich darnach, seine Staatsangehörigen mittelst einer diplomatischen Aktion zu schützen. Am Schlusse seiner Rede erklarte Hr. Mancini, er wünsche darüber, daß die von ihm gel itete uud von dem Parlamente
inspirirte auswärtige Politik der Regierung die Zustimmung
der Kammer finde, und daß dieselbe für eine Italiens würdige erachtet werde. (Beifall.) Die Sitzung wurde hierauf ge⸗ schlossen.
— 13. März. (W. T. B.) Die Meldung des „Temps“
aus La Goletta über die durch den italienischen Vize⸗
Konsul erfolgte Befreiung eines von einer Schildwache verhaf⸗ teten italienischen Staatsangehö igen wird von der „Agenzia Stefani“ dahin richtig gestellt, daß der von einer französischen Patrouille verhaftete Italiener Canino auf das einfache Er⸗ suchen des zufällig herbeigekommenen italienischen Vize⸗Konsuls wieder freigelassen worden sei. Die französische Militärbehörde verlange jetzt die Auslieferung Canino's, der sich im italieni⸗ schen Vize⸗Konsulat befinde, weil derselbe die französische Schildwache insultirt haben solle; Canino betheuere seine Unschuld, und es fänden über die Rechtsfrage zwischen dem italienischen Konsul und dem französischen Residenten Erörte⸗ rungen statt.
Griechenland. Athen, 13. März. (W. T. B., Das feierliche Leichenbegängniß von Comundoros fand heute Nachmittag statt. Der König schloß sich dem Trauerzuge vor der Kathedrale an, die gesammte Garnison nahm an der Trauerfeier Theil, am Grabe wurden von dem Minister⸗Präsidenten, dem Kamm er Präͤsidenten, sowie von Delyannis und mehreren Freunden des Verstorbenen Reden gehalten.
Rumanien. Bukarest, 13 März. (W. T. B.) Auf Antrag Campineanus beschloß die Deputirtenkammer, morgen die dritte Lesung des Antrages, betreffend die Revi⸗ sion der Verfassung, vorzunehmen.
— 14. März. Der König und die Königin werden Ende dieser Woche eine Reise nach Italien antreten.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. März. Gatschina übergesiedelt.
— Das „Journal de St. Petersbourg“ hofft die Frage der Donauschiffahrt durch die Beschlüsse der Donaukonferenzauf lange Zeit erledigt ansehen zu können.
Amerika. Washington, 13. März. (W. T. B.) Der Staatssekretär Frelinghuysen und die Ge⸗ sandten von Madagaskar tauschten heute die Ratifika⸗ tionen des abgeschlossenen neuen Vertrages aus, der später veröffentlicht werden wird.
Zeitungsstimmen. Die „Kölnische Zeitung“ sagt:
Mit dem Festhalten an der Fortbildung des deutschen Systems der direkten Steuern soll keineswegs der eigenthümliche Werth und die Unentbehrlichkeit der indirekten Verbrauchesteuern verkannt, sondern lediglich ihre ausschließliche Alleinherrschaft abgewehrt werden. Und wenn nun einmal von den besitlosen Massen doch Steuern erhoben werden müssen, dann sind zu dem Ende indirekte Verbrauchssteuern die beste und am wenigsten drückende Form. Wir müssen es dem Fürsten Bismarck zum Ver⸗ dienst anrechnen, daß er hierauf — wenn auch zunächst mit großer Uebertreibung — energisch aufmerksam gemacht hat. Der „Fortschritt“ widerstrebt vergeblich, indem er mit gleicher Uebertreibung in die ent⸗ gegengesetzte Richtung drängt. Mit großem Recht hat Hr. von Bennigsen wiederholt, namentlich noch in der Sitzung vom 9. Dezember v. J., auf die nothwendige Reform und Wiederbelebung der Zuckersteuer und der Branntwein⸗Besteuerung hingewiesen, und auch bei der Biersteuer kann eine wünschenswerthe Mehreinnahme sehr wohl erzielt werden. Die Reform der indirekten Steuern ist Sache des Reichs und also auch des Reichstags, und bei einer richtigen und maßvollen Auffaßung der Aufgabe von Seiten des Reichskanzlers werden die liberalen Mittel⸗ parteien ihm bei der Lösung derselben — nachdem die seit 1879 vorwaltende Verstimmung endlich im Weichen begriffen scheint — treu zur Seite stehen. Wird in solcher Weise die durch das diesjäbrige Steuergesetz glücklich be⸗ gonnene thatsächliche Steuerreform plar mäßig fortgefuhrt, so wird die preußische Regierung in nicht zu ferner Zeit sich auch instand gesetzt sehen, die Steuerlast der Gemeinden wesentlich zu erleichtern, nament⸗ lich von der Schullast einen erheblichen Theil auf den Staat zu übernehmen, soweit sie dahin gehört, und infolge dessen auch die drückenden „Zuschläge“ zu den direkten Staatssteuern stark zu ermäßi⸗ gen und für die alleruntersten Klassen ganz aufzuheben.
— Das „Handelsblatt für Walderzeugnisse“ veröffentlicht solgendes Schreiben:
Berlin, den 21. Februar 1883.
Die Nummer 10 des Handelsblattes für Walderzeugnisse enthält einen mit G. H. M. gezeichneten Artikel, welcher einzelne Stellen aus der Broschuͤre „Die Hauptfragen bezüglich Erhöhung der Holzzölle“ wiedergiebt. Insbesondere ist ein Absatz abgedruckt, in welchem das von Hagensche Werk „Die forstlichen Verhältnisse Preußens“ II. Aufl., allerdings in vorsichtiger Weise, als Belag dafür angezogen wird, daß gesteigerte Erträge aus dem Walde nicht geeignet seien, den Abhol⸗ zungen Einhalt zu tbun. Diese Folgerung läßt sich aus dem bezeich⸗ neten Buche nicht ziehen. Ich bitte deshalb um Aufnahme der gegen⸗ wärtigen Berichtigung in Ihr geschätztes Blatt.
Der Zusammenhang der Abschnitte II. und III. a. a. O. ergiebt, daß in den daselbst besprochenen 12 preußischen Provinzen während des der Betrachtung unterzogenen Zeitraumes von 1830 bis 1881 die Holzpreise überall namhaft gestiegen sind. Dies hat nur in zwei Provinzen, nämlich in Westpreußen und Posen, für einen Theil der Privatforsten ein' Zeit lang zu einer unpfleglichen Waldbehandlung geführt. Es liegt hier also lediglich eine Ausnahme von der Regel vor, und zwar als Folge der mißlichen Lage, in welcher der polnische Großgrundbesitz sich bekanntlich zeitweise befand, und die er auf Kosten des Waldes zu verbessern suchte. Uebrigens ist auf Seite 16 a. a. O. in Betreff der Provinz Posen ausdrücklich an⸗ geführt: „In neuerer Zeit sind allerdings große abgeholzte Flächen vom Staate oder solchen Großgrundbesitzern, von denen eine pflegliche Behandlung des Waldes mit Sicherbeit zu erwarten ist behufs der Aufforstung angekauft worden.“ Demgemäß muß Verwahrung dagegen eingelegt werden, daß das von Hagensche Werk der Annahme Vorschub leiste, die Waldverminderung werde
ein aufrichtiges Votum
Der Kairserliche Hof ist heute wieder nach
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durch hohe Erträge aus den Forsten begünstigt. Die Erfah⸗ rung lehrt thatsächlich das Gegentheil. Der Wald wird der Rezel nach nur da sachgemäß bewirthschaftet, wo gute Holzpreise dem Be⸗ sitzer die Mittel zur Wiederaufforstung der abgeholzten Schläge und zur pfleglichen Behandlung der Bestände gewähren. Niedrige Holz⸗ preise gehen nur zu häufig Hand in Hand mit der Devastation der Waldungen, wie die naheliegenden Beispiele in benachbarten Staaten dies beweisen. Donner, Ober⸗Forstmeister. 1 — In dem „Deutschen Leinenindustriellen“ lesen wir: 8
... Ein großes Barmer Haus, welches eine Filiale in Oester⸗ reich besitzt, schreibt über die österreichische Tertilindustrie seit der Aufhebung des Appreturverkehrs:
„Mit der Einführung des Avppreturzolles und bei der Aussicht auf Inhibirung des Appreturverkehrs — wie sie ja seit 1. Januar erfolgt ist — muste es unsere Sorge sein, darauf zu wirken, daß leistungsfähige Färber Stückfärbereien in Oesterreich errichteten, denn sonst blieb uns nichts übrig, als auf das seit zwanzig Jahren nach Oesterreich gemachte große Geschäft zu verzichten.
Unsere Bemühungen sind im Verein mit den Häusern hier, di ebenfalls Etablissements in Oesterreich haben, von Erfolg gewesen, indem wir heute bereits durch deutsche Kräfte eingerichtete Stück⸗ färbereien in Oesterreich haben, die den leistungsfähigsten in Deutsch⸗ land vollständig ebenbürtig zur Seite gestellt werden können. Was ist nun hiervon für Deutschland die Folge? In Oesterreich ent stehen Webereien in großem Maße; dieselben machen nun Bezüg aus Deutschland in Zanellas, Halbwoll⸗ und Woll⸗Cache mirs ꝛc. nicht nur unnöthig resp. unmöglich. sondern dieselben werden den deutschen Fabrikanten auf dem internationalen Markt den Kampf recht schwer machen, unterstützt durch die sehr billigen Arbeitslöhne in den österreichischen Industriebezirken.“
Diese Worte eines deutschen Industriellen, fernt ist, Schutzzöllner zu sein, sind ein Wirkungen einer rationellen Zollvolitik.
Wir müssen zugeben, daß diese Wirkungen für Deutschland im gegebenen Falle richt erfreuliche sind, daß sie sich aber überhaup und in solcher Schärfe geltend machen, ist theoretisch ohne Zweifel die schlagendste Rechtfertigung der protektionistischen Lehre. In Deutschland können wir ein Retablissement für die aus der Aufhebun des Appreturverkehrs etwa entstehenden Verluste — denen in Betreff der Leinen⸗Industrie bekanntlich auch manche Vortheile gegenüber⸗ stehen — nur auf einem andern Gebiete finden, in der möglichsten Wahrung unseres einheimischen Marktes vor ausländischer Okkupation. — Wenn wir gleich Oesterreich unbeirrt auf der Bahn eines gemäßigten, rationellen, aber entschiedenen Schutzzolles fortschreiten, dann werden auch wir, wie unsere Stammverwandten Machbarn, neues Leben aus den Ruinen sprießen sehen und was auf der einen Seite vielleicht verloren geht, wird auf der andern vielfach gewonnen werden.
— „Steins deutscher Correspondenz“ Wien, 7. März, geschrieben:
Laut der Budgetrede des Finanz⸗Ministers beträgt das für das laufende Jahr 28,5 Millionen Gulden, wovon 18,5 Millionen Gulden, also mehr als die Hälfte, aus den vorhan⸗ denen Bäaarbeständen gedeckt werden sollen. Ein derartig günstiges (Resultat konnte nur eine Regierung erreichen, die, fern von wirthschaft⸗ lichen Utopien, den realen Verhältnissen in einer Weise Rechnun trug, wie die gegenwärtige, wobei sie noch von äußeren Umständen, wie das Schwinden des Silberagios und Billigkeit des Geldes, wirksam unterstützt wurde. Dem Kabinete war es von vorne⸗ herein klar, daß eine gründliche wirthschaftliche Reform nach Innen wie Außen dringend nothwendig sei und es ging auch alsbald daran sie ins Werk zu setzen.
Die bedeutendste Aktion der Regierung war ohne Zweifel der unbedingte Bruch mit dem Manchesterthum, die Umgestaltung des Zolltarifes im schutzzöllnerischen Sinne sowie die Erhöhung der Finanzzölle, da weder unsere Industrie des Schutzes, noch unser Budget der Finanzzölle entbehren kann
Die wohlthätizen Folgen allgemeiner Reformen ließen nicht lange auf sich warten. Die Einnahmen aus dem Zolle betrugen gleich im ersten Monate nach dem Inslebentreten des neuen Tarifs (September 1882) 2,25 Millionen gegen 2,09 Millionen des vorhergehenden und fhatten wir seitdem ein noch immer fortdauerndes Steiger einnahmen zu verzeichnen
wird aus
Gemäß den Veröffentlichungen rlichen Gesund⸗ beits amts sind in der 9. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern fden Jahresdurchschnitt berechnet als ge en gemeldet: in Berlin ‚in Breslau 30,9, in Königsberg 23, 26,6, in Frankfurt M. 18,4, in Hannover 26,3, in Cassel 25,8, in Magdeburg 27. 1. 1 Stettin 13,0, in Altona 26,7, in Straßburg 27,4, in Metz 21,3, in München 28,6, in Nürnberg 34,2, in Augsburg 38,5, in Dres⸗ den 24,9, in Leipzig 20,1, in Stuttgart 20,1, in Braunschweig 18,3, in Karlsruhe 25,0, in Hamburg 23,8, in Wien 30,/4, in Budapest 32.2, in Prag 34,2, in Triest 48,9, in Krakau 27,1, in Basel 25.4, in Brüssel 28,4, in Paris 27,7, in Amsterdam 33,1, in London 21,0, in Glasgow 29,0, in Liverpool 30,1, in Dublin 34,8, in Edinburg 19,8, in Kopenhagen 27,4, in Stockholm 27,5, in Chri⸗ stiania 9,4, in St. Petersburg 40,3, in Warschau 33,2, in Odessa 2, in Rom 22,7, in Turin 30,0, in Bukarest 31,7, in Madrid 45,7, in Alexandrien (Egypten) 49,8. — Aus der Zeit vom 3. bis Februar in New⸗York 26,6, in Philadelphia 22,8, in St. Louis 2, in Cincinnati 22,1, in Chicago 21,5, in San Franzisko 22,8, in Kalkutta 42,1, in Bombay 36,0, in Madras S
Beim Beginn und während des größten Theiles der Berichts⸗ woche herrschten an den meisten deutschen Beobachtungsstationen west⸗ liche bis nach Nordwest und Nord umlaufende, in Karlsruhe südwest⸗ liche nach Nordost drehende Windrichtungen, die aber nur in Bremen aus dieser Richtung wehend bis an das Ende der Woche vorwiegend blieben, an den übrigen Stationen am 2. März nach Nord und Nordost, in Heiligenstadt nach Südost umgingen. Die Temperatur der Luft war bei Beginn der Woche eine höhere, nahm jedoch im Laufe der Woche an allen Stationen ab, so daß zu Ende der Woche an den meisten Stationen Nachtfröste stattfanden. Doch lag der Wochen⸗ durchschnitt der Luftwärme meist über der normalen. Niederschläge, zum Theil Schnee und Hagel, waren nicht selten, aber meist in nicht ergiebigem Maße. Der beim Wochenbeginn hohe Druck der Luft nahm in den ersten Tagen der Woche etwas ab, stieg aber am 1. März wieder rapid und erreichte zu Ende der Woche an allen Stationen einen ungewöhnlich hohen Stand.
Die Sterblichkeitsverhältnisse haben sich in der Berichtswoche, besonders in den deutschen Städten, wieder etwas günstiger gestaltet. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank auf 25,5 von 26,4 der Vorwoche (pro Mille und Jahr berech⸗ net) und zeigt eine wesentlich verminderte Theilnahme des Säuglings⸗ alters an der Sterblichkeit. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet 73 Kinder gegen 82 der vorhergegangenen Woche (in Berlin 57, in München 93 gegen 81 bezw. 104). Zugenommen hat die Sterblichkeit in den Städten des Niederrheins und im süddeutschen Hochlande. Unter den Todesursachen zeigen die Infektionskrankheiten meist eine kleinere, Keuchhusten und typhöse Fieber größere Nachlässe der durch sie hervorgerufenen Todesfälle, nur Sterbefälle an Croup wurden etwas häufiger. Erheblich seltener wurden aber allgemeine Sterbefälle an acuten entzündlichen Prozessen der Athmungsorgane und Darmkatarrhe der Kinder. Masern zeigen meist einen Nachlaß der Todesfälle, nur in Greiz, Görlitz, Paris, Stockholm stieg die Zahl derselben. Das Scharlachfieber bedingte in Danzig, Plauen, Frankfurt a. O., Berlin, Barmen, Elberfeld, London, St. Peters⸗
burg, Stockholm vielfach Todesfälle, doch ist in den meisten Orten gegen