auf 100 Einwohner: Leipzig 9,78 %, Freiberg 7,42, Meerane 6,21, — 6,06, Großenhain 6,04, Dresden 5,96, Frankenberg 5,81,
utzen 5,23, Zwickau 4,65, Glauchau 4,57, Plaagen 4,22, Reichen⸗ bach 4,19, Meißen 3,98, Volkmarsdorf 3,95, Chemnitz 3.82, Zittau 3,67, Lindenau 3,14, Döbeln 2,86, Annaberg 2,81, Crimmitschau 2,69, Werdau 2,36, Reudnitz 1,22.
„Die relativ reichste Stadt des Landes, Leipzig, hat 9,78, und das mit Leipzig unmittelbar zusammenhängende Vorstadtdorf Reudnitz mit 14 452 Einwohnern hat nur 1,22 % Arme (Das durchschnittliche Einkommen eines rin. betrug im Jahre 1880 in Leipzig 1744,65 ℳ, in Dresden 1453,31 ℳ, in Zwickau 1374,91 ℳ, in Chemnitz 1177,95 ℳ, in Freiberg 1156,68 ℳ, in Plauen 978,76 ℳ, in den sächsischen Städten überhaupt 1131,44 ℳ, in den Dörfern 702,66 ℳ, im ganzen Königreich 877,55 ℳ).
Von den Amtshauptmannschaften steht Glauchau in der Armen⸗ ziffer am höchsten und Kamenz am niedrigsten. Es kommen auf 100 Einwohner in der Amtshauptmannschaft Glauchau 3,48, Freiberg 3,27, Schwarzenberg 3,22, Dresden⸗Altstadt 3,12, Pirna 2,95, dann folgen Plauen, Zittau, Annaberg, Döbeln, Großenhain, Dresden⸗ Neilstadt, Borna, Dippoldiswalde, Bautzen, Flöha, Zwickau, Löbau, Leipzig, Oelsnitz. Meißen, Marienberg. Rochlitz, Chemnitz, Oschag, Auerbach, Grimma, Kamenz. Die Amtshauptmannschaft Chemnitz hat nur 1,96, Grimma nur 1,74 und Kamenz nur 1,72 Unterstützte auf je 100 Einwohner.
Zu diesen Zahlen wird bemerkt: „Die sächsische Armenstatistik bestätigt mithin die auch in anderen Ländern gemachte Erfahrung, daß die industriellsten Gegenden, in denen gewöhnlich das meiste Proleta⸗ riat vermuthet wird, keineswegs immer eine hobe Armenziffer ausweisen, während die reichsten Städte meist sehr ungünstig stehen. Die In⸗ dustrie pflegt durch Knappschafts⸗, Hülfs⸗ und andere Kassen für ihre Armen zu sorgen und giebt auch schwächeren Kräften noch Arbeits⸗ gelegenheit. Faullenzer sind in sehr gewerbfleißigen, aber ärmeren Gegenden selten geduldet, ebenso wenig wie auf dem Lande. Dagegen werden in reichen Städten die Almosen oft überreichlich und planlos verabreicht und viele begehrliche Leute durch die bequeme Lage anderer Unterstützten verführt, das sogenannte „Einrücken in den Almosen⸗ genuß“ von gewissen Lebensjahren an wie ein Recht zu beanspruchen.“
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Die in Leipzig am 7. d. Mts. erscheinende Nr. 2075 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Galerie schöner Frauenköpfe: XVIII. Silberhäubchen. — Die Krönung des hawaiischen Königspaares zu Honolulu am 12. Februar. Nach pho⸗ tographischen Aufnahmen von Williams u. Co. in Honolulu. — Georg Leo v. Caprivi, der neue Chef der deutschen Admiralität. — Das Pantheon in Rom mit den kürzlich abgetragenen „Eselsohren“ (Glockenthürmen). — Im Frühling. Gemälde von Hans Makart. Nach einer Photographie von Victor Angerer in Wien. — Der Aetna mit dem Hauptkrater und dem südlichen Kratermeer, von der Höhe des Monte Rosso aus gesehen. — Orientirungskarte von dem Aetna und seiner nächsten Umgebung. — Adelbert v. Keller, †am 13. März. — V. von Bruns, † am 19. März. — Die von Brunssche Polypen⸗ schere. 2 Figuren. — Die Grabstätte der Königin Waldlieb. Nach dem eigenen Gemälde gezeichnet von Albert Rieger. — Scene aus dem 1. Akt der romantisch⸗komischen Oper „Muzzedin“ von S Bach⸗ rich. Nach der Aufführung im Wiener Hof⸗Theater gezeichnet von W. Gause. — Prinz Kolibri. — Plumploris im Berliner Aquarium. Originalzeichnung von G. Mützel. — Frauenzeitung: Lady Florence Dixie. — Moden: Moderne Damenhüte. 2 Figuren. — Polytech⸗ nische Mittheilungen: Kandelaber für elektrische Glühlichtbeleuchtung. Verbesserte Heizapparate. 3 Figuren.
Gewerbe und Handel.
Das „Dresdn. Journ.“ theilt folgenden ersten Bericht von der Leipziger Ostermesse mit: Die Ledermesse entwickelte sich in gewohnt raschem Tempo und die mäßigen Zufuhren fanden schnelle und gute Käufer, wenn auch ein Drängen zur Hausse nicht eintrat. Allgemeine Klage findet statt über die allerwärts empfundenen schlechten Incassi und dieser wunde Punkt des Geschäftslebens beeinflußte wohl auch etwas den Ledermarkt. Sohlleder in feinen Gerbungen hatte gute volle Preise erzielt; desgleichen Vache ꝛc., Kipse sehr theuer. Schaffelle ebenfalls in lebhafter Frage. Schweres Fahlleder blieb vernachlässigt, während feine Gerbungen, je nach Stellung der Häute ꝛc. bis 2,20 ℳ pro Pfund oder 500 g erzielten. Im Allge⸗ meinen war es eine befriedigende Messe.
Königsberg i. Pr., 5. April. (W. T. B.) Die Betriebs⸗ einnahme der Ostpreußischen Südbahn für März 1883 be⸗ trug nach vorläufiger Feststellung: im Personenverkehr 75 175 ℳ, im Güterverkehr 457 205 ℳ, an Extraordinarien 20 000 ℳ, zusammen 552 380 ℳ; im Monat März 1882 definitiv 385 770 ℳ, mithin mehr gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres 166 610 ℳ; vom 1. Januar bis ult. März 1883 im Ganzen 1 595 792 ℳ; gegen 1 163 551 ℳ im Jahre 1882, mithin mehr gegen den entsprechen⸗ den Zeitraum des Vorjahres 432 241 ℳ
Wien, 4. April. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der österreichischen Kreditanstalt wählte in seiner konstituirenden Sitzung von Wiener und von Welten zu Präsidenten, von Stummer und von Gomperz zu Vize⸗Präsidenten. Der Wiedereintritt des Baron Rothschild wurde mit Befriedigung begrüßt, der Verzicht Kaulla's zur Kenntniß genommen. 8 1.
Verkehrs⸗Anstalten.
Reichs⸗Kursbuch. Herausgegeben von der Kaiserlichen Post⸗ verwaltung. Bearbeitet im Kursbureau des Reichs⸗Postamts. 1883. Ausgabe Nr. II. April⸗Mai. Winterfahrpläne. Berlin, Julius Springer. Preis 2ℳ — Die zweite diesjährige Ausgabe dieses zuver⸗ lässigsten aller Verkehrsbücher berücksichtigt sämmtliche bis zum heutigen Tage eingetretenen Veränderungen der Winterfahrpläne der deutschen und ausländischen Eisenbahnen, Dampfschiffe und Posten und enthält auch bereits die neuesten Nachweise über Retour⸗, Rundreise⸗ und Saison⸗ billets. An Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit steht das Reichskurs⸗ buch, das durch seinen amtlichen Charakter eine Bürgschaft der Zu⸗ verlässigkeit giebt, unübertroffen da. Es ist nicht zu leugnen, daß die große Rasse des Stoffes eine gewisse Vertrautheit mit dem Buche voraussetzt, um es mit Leichtigkeit gebrauchen zu können. Sobald man aber einmal die methodische Anordnung des Stoffs sich zu eigen gemacht hat, wird man keine Schwierigkeit mehr finden. — Die nächste Ausgabe, welche am 1. Juni erscheint, wird die mit demselben Tage in Kraft tretenden Sommerfahrpläne Deutschlands und des Auslandes enthalten.
New⸗York, 4. April. (W. T. B.) Der Dampfer „Erin“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) und ber Hewrherger Postdampfer „Frisia“
e““ Tet „Urista
sind hier eingetroffcrn. 8
Berlin, 5. April 1883.
Konsulatsberichte.
Handelsbericht aus Kopenhagen 1 vom 14. Februar 1883. (Schluß.) 1“ “ Kopenhagens Handel im Jahre 1882. Kolonialwaarenmarkt.
Zucker. Der Zuckerhandel in 1882 war nur allein auf den Verbrauch basirt und verlief ohne Konjunktur, während der Artikel öfters flau und weichend war. Die großen Vorrätbe von Rohzucker auf den Hauptmärkten in Europa zu Anfang
Jahres,
andauernd in dem verflossenen Jahre geherrscht haben.
Von Rübenzucker wurden etwa 3 050 000 Pfund aus Deutschland eingeführt gegen etwa 2 Millionen Pfund
in 1881.
„Rieis. Der Reishandel war mit einzelnen Ausnahmen im größten Theile des Jahres schleppend und die Preise hatten eine herabgehende Tendenz, weshalb sich ebenso wie im Vorjahre das Resultat für die Importeure sehr ungünsttig stellte; außerdem ist die Qualität namentlich von Necransie⸗Reis sehr schlecht ausgefallen und hat fühlbaren Verlust herbeigeführt. In Folge dessen ist der Umsatz in dieser Sorte in 1882 be⸗ deutend kleiner gewesen, wozu der hohe Zollsatz wesentlich indem er 50— 70 Proz. des Werthes dieser
beigetragen, Waare ausmacht und sonach den Verbrauch verhindert.
Kaffee. Das Kaffeegeschäft in 1882 hat hier ebenso wie auf den anderen Handelsplätzen, das ganze Jahr hindurch den Importeuren und den Händlern Verlust auf Verlust ge⸗ Die Zwischen⸗ händler und Detaillisten versorgten sich daher nur mit dem Allernothwendigsten, bis gegen den Spätsommer hin, wo die Preise einen so niedrigen Standpunkt erreicht hatten, daß sich die Meinung allgemein geltend machte, daß sie nun nicht
bracht; die Preise sind stets heruntergegangen.
weiter zurückgehen könnten, recht bedeutende Posten zur Ab⸗ ladung von Rio neuer Ernte kontrahirt wurden. Aber nichts desto weniger gingen die Preise weiter herunter, und dies
trug dazu bei, daß, um die theueren Einkäufe etwas abzu⸗
schwächen, fortwährend bedeutende Geschäfte für hiesigen Platz zur Abladung mit Dampfschiffen via Hamburg und London abgeschlossen wurden.
MNordischer Produktenmarkt 1882.
Von Island. Die Verhältnisse und sonach auch die Geschäfte auf Is⸗
land sind dieses Jahr ganz ungewöhnliche gewesen und haben,
soweit die Erinnerung reicht, einen einzig dastehenden Charakter gehabt. Das grönländische Eis lag fest bis zum Sommer und verschloß die nördlichen und östlichen Häfen, ja einige der nördlichen Häfen waren erst Anfang September den Segel⸗ schiffen zugängig. Die natürlichen Folgen der großen Eis⸗ massen an den Küsten waren für die nördlichen und östlichen Distrikte Islands schlechter Dorsch⸗ und Robbenfang, und die schlechte Witterung im Frühjahr und Sommer ver⸗ ursachte eine mißglückte Heuernte. Diese zwang die Bevölkerung, die bereits auf Grund der Rauhheit des Klimas einen großen Theil der Lämmer ver⸗ loren hatte, zu umfangreichen Abschlachtungen und größerer Ausfuhr von Schafen als wie gewöhnlich. In mehreren Bezirken des südlichen und westlichen Islands ver⸗ nichtete eine dort herrschende Sandflucht große Massen von Schafen und Lämmern. Dies dürfte nicht ohne bedeutenden Einfluß auf die Produktion von Wolle im nächsten Jahre bleiben. Im Uebrigen hatte die ungünstige Witterung sehr schädlichen Einfluß auf die Zubereitung der Fische, und ein großer Theil der Fische vom Nord⸗ und Ostlande kam in weniger guter Beschaffenheit an den Markt. Auch das Trock⸗ nen der Wolle war durch die Witterung erschwert, so daß dieser Artikel, welcher schon vorher durch den schlechten Futter⸗ zustand der Schafe gelitten hatte, dieses Jahr eine weit ge⸗ ringere Qualität aufzuweisen hat als in früheren Jahren. Eingeführt wurden von Island ca. 1 375 000 Pfund Wolle, ca. 6300 t Thran, ca. 4 710 000 Pfund Klippfisch, ca. 355 000 Pfund Talg, ca. 5000 Pfund gereinigte Eiderdunen, außer⸗ dem vornehmlich gesalzenes Hammelfleisch und gesalzene
Schaffelle. Von Grönland.
Thran. Einfuhr etwa 9100 t. Vorrath etwa 6300 t.
Die Einfuhr war etwa 400 t kleiner als im Vorjahre.
Seehundsfelle. Einfuhr etwa 36 600 Stück, Vorrath etwa 13 600 Stück.
Die Einfuhr war etwa 3100 Stück größer als voriges
Jahr.
E“ Einfuhr etwa 2300 Stück. Vorrath fehlt.
ie Einfuhr war etwa 150 Stück größer als im Vorjahr.
Reine Eiderdunen. Einfuhr etwa 900 Pfund. Vor⸗ rath etwa 400 Pfund.
Die Einfuhr betrug etwa 450 Pfund mehr als im vori⸗ gen Jahre.
Von Norwegen.
Sommerhering. Einfuhr etwa 53 000 t, etwa 2300 t.
Am Jahresanfang war der Vorrath etwa 3 000 t hierzu obige Einfuhr . . . . . . . . 33 000 t
zusammen etwa 56 000 t. Von diesem Quantum sind im Laufe des Jahres in loco verkauft etwa .26 000 t und legt man hierzu obigen Vorrath etwa 2 300 t so sind im Ganzen am hiesigen Markt gewesen 11.X“*“*“ der bens von etwa 27 700 t ist nach dem Auslande ausgeführt worden. Ende Juni kam der erste neue Hering an den Markt und wurden bezahlt: für Groß⸗Mittel.. 28 Kronen pro Tonne, für Klein⸗Mittel.. 25 „ 8 e Im Juli war der Preis: für Kaufmannshering 30 bis 32 für Groß⸗Mittel. 30 „ 33 für Mittel 26 „ 29 für Klein⸗Mittel.. 99 Im Oktober, November 1 und Dezember: für Kaufmannshering 37 „ 38 ½ für Groß⸗Mittel. 32 „ 34 für Mittel 26 für Klein⸗Mittel.. 6 8 8 Alles verzollte Preise. 8
Vorrath
Daß sich die Preise den ganzen Herbst hindurch so hoch
gehalten haben, rührt ausschließlich von dem ungünstigen Fisch⸗ fang in Norwegen her, wo das Resultat bedeutend hinter den niedrigsten Quantitäten der letzten 10 Jahre zurückgeblieben ist. In Folge dessen ist der Vorrath in Norwegen ganz ver⸗ schwindend, und es kann daher, besonders von guten Quali⸗ täten, auf Zufuhr in diesem Frühjahr nicht gerechnet werden. — Der Umsatz ist ein recht guter, etwa 4400 t größer, als
in Verbindung mit der Erwartung einer sehr großen und zeitigen Rohzuckerernte, und ferner die späterhin im Jahre sehr viel versprechenden Aussichten der kommenden Rübenzuckercampagne waren hauptsächlich die Momente, welche die Flauheit und den Stillstand hervorriefen, die so gut wie
im Vorjahre, und die Qualität einigermaßen befriedigenz gewesen, wogegen die Größe des Herings, besonders was die 2 Strichs⸗ (K. K.) Marke betrifft, Verschiedenes zu wünschen übrig gelassen hat. Die sehr mangelhafte Sortirung in Nor⸗ wegen erschwert das Heringsgeschäft ungemein, und könnt, darin eine Veränderung stattfinden, so würde wahrscheinlich ein noch größeres Quantum am hiesigen Markte umgesett werden können.
Die Einfuhr war etwa 4400 t größer als im Vorjahr.
Der Getreidemarkt 1882.
„Der Kornhandel hat im Jahre 1882 ebenso wenig wie in den beiden Vorjahren ein erfreuliches Bild aufzuweisen gehabt. Es mag dies in der Thatsache liegen, daß die Zu⸗ nahme im Verbrauch von Getreide in den beiden letzten Jahren mit der Vermehrung der Produktionsfähigkeit des Ackerbaues nicht hat Schritt halten können, und es scheint zu einer Veränderung dieser Verhältnisse in den nächsten Jahren keine Aussicht vorhanden zu sein. In der Stimmung für Weizen zeigte sich im Januar eine kurz dauernde Besserung, aber der ungewöhnlich milde Winter war nicht geeignet, Spekulationslust hervorzurufen, und erst im April und Mai trat bei den stark reduzirten Vorräthen eine etwaz lebhaftere Stimmung ein. Die Monate August und Sep⸗ tember brachten einen so starken Rückgang in den Weizen⸗ preisen, daß er zeitweise zu einer förmlichen Panik ausartete. Die Ernte in Amerika stellte sich als sehr zufriedenstellend heraus, und in England war nicht allein die Quantität der neuen Ernte vollkommen befriedigend, sondern auch die Qualität übertraf alle Erwartungen. Im Oktober zeigte sich zwar eine kurze Zeit eine Reaktion, aber der Rest des Jahres verlief in vollständiger Mattheit und ohne daß sich das jemals über die Deckung des täglichen Verbrauchs erhob.
Der Gerstenhandel hat in 1882 unter demselben Drucke zu leiden gehabt wie im Vorjahre, nämlich durch das außerordentlich schlechte Malzgeschäft in England.
Die Roggenernte ist in Dänemark betreffs der Quantität verhältnißmäßig gut ausgefallen, wohingegen die Qualität den Angaben der Bäcker und Müller zufolge mehr zu wünschen übrig lassen dürfte.
Auf Grund der sehr guten Ernte in Rußland und Deutschland ist das Angebot von diesen Ländern ein unge⸗ wöhnlich großes gewesen, während Schweden und Norwegen aus demselben Grunde weniger Bedarf gehabt haben. In Folge dessen haben sich die Preise sehr niedrig gehalten und Dänemarks Roggenexport ist auffallend klein gewesen, während ein weit größerer Theil als gewöhnlich im Inlande zum Futter⸗ und Brennereigebrauch umgesetzt wurde, wozu haupt⸗ sächlich die hohen Maispreise beigetragen haben mögen.
Aus demselben Grunde hat der dänische Hafer dieses Jahr trotz der ungewöhnlich reichen Ernte in Schweden ver⸗
ältnißmäßig guten Absatz gefunden, und es ist kaum einem weifel unterworfen, daß diese Getreideart der dänischen Land⸗ wirthschaft direkt und indirekt ein gutes Ergebniß ge⸗ bracht hat.
Im großen Ganzen kann indeß kein Zweifel sein, daß die Ernte 1882 den dänischen Landwirth sehr enttäuscht hat, be⸗ sonders nach den großen Erwartungen, welche man seiner Zeit von derselben hegte.
Preußische Klassenlotterie. “ (Ohne Gewähr.) 8 Bei der heute beendeten 5, der 1. Klasse 168. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen: 1 Gewinn von 15000 ℳ auf Nr. 82 914. 1 Gewinn von 9000 ℳ auf Nr. 1875. 2 Gewinne von 3600 ℳ auf Nr. 60 291. 85 009. 8. 88 Gewinne von 1500 ℳ auf Nr. 6166. 16 076. 77 892. 1 Gewinn von 300 ℳ auf Nr. 28 491.
Am 3. April ist von Dr. Hartwig auf der Sternwarte zu Straßburg der im Jahre 1851 von d'Arrest in Leipzig entdeckte Komet von 6 jähriger Umlaufszeit nach den Berechnungen von Leveau in Paris bei seiner fünften Wiederkehr an der Grenze von Bootes und Jungfrau aufgefunden worden. Derselbe wird diesmal während der ganzen Erscheinungsdauer sehr lichtschwach und nur teleskopisch sichtbar sein, hat aber wegen der großen Annäherung an den Jupiter, die er erfahren kann, für die Astronomen ein ungewöhnliches Interesse.
Centralstelle für astronomische Telegramme zu Kiel. 8
Cassel, 5. April. (W. T. B.) Heute hat hier die feierliche Enthüllung des Spohrdenkmals stattgefunden. Der Direktor des Museums, Dr. Pinder, hielt die Festrede. Der Ober⸗TPräsident Graf Eulenburg übergab das Denkmal Namens des Festcomitét der Stadt, für welche es der Ober⸗Bürgermeister Weise dankend in Empfang nahm. 16
89 8
Nizza, 5. April. (W. T. B.) Das auf dem Damm am Meere gelegene Casino ist mit den dazu gehörigen Anlagen durch eine Feuersbrunst vollständig zerstört worden. Der Schaden wird auf 4 Millionen Francs geschätzt und ist durch Versicherungen gedeckt. Personen sind bei dem Unfall nicht ums Leben gekommen.
Belle⸗Alliance⸗Theater. In der morgigen (letzten) Auf⸗ führung von Jacobsons „Ebbe und Fluth“ verabschieden sich Frl. Ernestine Wegner und Hr. Engels, um ihre Thätigkeit wieder am Wallner⸗Theater aufzunehmen. Uebermorgen geht der Schwank „Der Zugvogel“ von Moser und Schönthan zum ersten Male in Scene.
— Die Mitglieder des National⸗Theaters, welche gestern durch eine furchtbare Feuersbrunst der Stätte ihres bisherigen Wirkens beraubt worden sind, spielen von heute Abend ab in der Phil⸗ harmonie (Bernburgerstraße). Zur Aufführung kommt zunächst ihr erfolgreichstes Repertoirestück „Der Galeerensklave“.
Am Freitag, den 13. April, Abends 7 ½ Uhr, wird im Saale der Sing⸗Akademie Hr. Francis Planté aus aris ein zweites Concert veranstalten. Billets zu 5, Bote u. G. Bock käuflich.
Redacteur: Riedel. Berlin: Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.
Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
3 und 2 ℳ sind bei Ed.
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rutschen Reichs⸗Anz
Erste Beilage
Berlin, Donnerstag, den 5. April
eiger und Königlich Preußischen
Staat
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 5 April. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (57.) Sitzung des Reichstags wurde die erste Berathung eines Gesetzes, betreffend die Abände⸗ rung des Zolltarifs (Holzzölle) fortgesetzt. Der Abg. Rickert erklärte, er stimme darin mit dem Abg. von Wendt überein, daß das Haus selten bei eimner Vorlage so gut in⸗ formirt worden sei, wie bei dieser. Nicht blos die, wie man sage, auf Kosten der preußischen Regierung oder des Reichs gedruckte, dem Hause überwiesene Schrift des Dr. Danckel⸗ mann, auf deren Standpunkt der Abg. von Wendt sich stelle, sondern die von Professor Lehr und von dessen Freunden Barth, Broemel und Sombart informirten den Reichstag vollständig. Jede dieser Schriften gegen den Holzzoll sei in ihrer Art vortrefflich. Wenn das Haus aber so gut informirt sei, weshalb beantrage der Abg. von Wendt dann noch eine Kommissionsberathung? Solle die Kommission etwa die Schrift des Dr. Danckelmann näher beleuchten? Er glaube allerdings, daß man noch nicht überall wisse, in welchem Grade diese Schrift mit den Zahlen umgegangen sei. Nech niemals sei mit der Statistik, und den klar zu Tage liegen⸗ den Thatsachen so umgesprungen, wie diese Schrift es in dem Eifer für die Erhöhung der Holzzölle gethan habe. Weshalb habe der Regierungskommissar Dr. Danckelmann auf die viel⸗ fachen schweren sachlichen Vorwürfe des Abg. Oechelhäuser kein Wort der Erwiderung? weshalb zu den Anklagen Brö⸗ mels, welcher demselben an der Hand unwiderleglicher Zah⸗ len schwere und ganz unbegreifliche Irrthümer nachgewiesen? Wenn die Statistik so gebraucht werden solle, dann verzichte er lieber auf jede Statistik. Diese Schrift sei bereits durch die öffentliche Diskussion gewürdigt und vernichtet. Wozu also noch eine Kommissionsberathung? Im Jahre 1879 habe der Reichstag und zwar alle Parteien die Holz⸗ und Getreidezölle sofort im Plenum, nicht in der Kommission berathen. Damals sei die Sache doch wichtiger gewesen, jetzt sei man bereits in ausge⸗ fahrenem Geleise. Es komme nur darauf an, ob man den stärker gewordenen Appetit des Großwaldbesitzes stillen wolle, oder nicht. Der Regierungsvertreter habe gestern den Aus⸗ druck gebraucht, die Gegner des Schutzzolls bildeten eine kleine aber mächtige Partei, und diese trete in die Oeffentlichkeit durch die Vertreter des Großkapitals. Solche Ausdrücke sollte man doch zu den Todten legen! Aber der Irrthümer in den Ausführungen des Dr. Danckelmann gebe es außer diesem eine solche Menge, daß es zu viel verlangt wäre, sie alle zu widerlegen. Die Broschüre des Dr. Danckelmann solle, wie man behaupte, auf Kosten des preußischen Staates oder des Reichskanzleramtes gedruckt und vertheilt worden sein, aber er könne es nicht glauben, weil das bei ihrer Quali⸗ fikation doch gar zu bedauerlich wäre. Wissen schaft⸗ lich beurtheilt, sei diese Broschüre in der That ein ungemein trauriger Beweis. Der Abg. von Wendt meine, es sei Ehrensache des deutschen Kaufmanns, inländische Hölzer zu kaufen, auch dann, wenn die Bedingungen ungünstiger seien. Wunderbar sei diese Aeußerung von einem Abgeord⸗ neten, der unmittelbar hinterher sage, man könne es dem Waldbesitzer nicht verdenken, wenn derselbe den Wald, falls er keine ausreichende Rente gebe, niederschlage. Weshalb solle denn der Waldbesitzer allein nur das thun dürfen, was seinem Vortheil entspreche, und nicht auch der Kaufmann. Der Re⸗ gierungskommissar Danckelmann habe unter besonderer Be⸗ ziehung auf Danzig von den Vertretern der Seestädte und des Großkapitals gesprochen, die im Vordertreffen gegen die Holz⸗ zölle stünden. Er sei stolz darauf, die alte Hansestadt Danzig hier zu vertreten. Was würde Dr. Danckelmann dazu meinen, wenn er von demselben sage, derselbe sei lediglich der Vertreter des Großwaldbesitzes. Er (Redner) glaube, er könnte das mit mehr Recht. Er vertrete bei dieser Frage nicht das Interesse des Kapitals, sondern das von Tausenden von Arbeitern, die die Vorlage in ihrem Erwerb schädige. Die Coburger Reso⸗ lution, die von der Rechten so häufig angeführt, und von der Regierung mit so viel Nachdruck ins Gefecht gebracht werde, laute gar nicht so, wie sie dem Hause unter⸗ breitet sei; man habe die Erhöhung der Holzzölle nicht für dringend geboten, sondern nur für dringend wünschenswerth er⸗ klärt. Daß sie geboten sei, das habe, wie in einer kleinen Schrift von Sombart hervorgehoben werde, erst der preu⸗ ßische Finanz⸗Minister, den er zu seinem Vergnügen auf seinem Platz erblicke, behauptet, indem derselbe das Wohl des Landes von der Erhöhung des Holzzolles abhängig gemacht habe. (Finanz⸗Minister Scholz: Das ist unrichtig!) Un⸗ richtig? Dann müsse er wohl den stenographischen Bericht vorlesen, in dem, wenn man einen kleinen Zwischensatz aus⸗ lasse, mit dürren Worten stehe, das Wohl des Landes sei von den Holzzöllen abhängig. Uebrigens fehle dem Hause zur Be⸗ urtheilung der Materie ein gewichtiges Moment. Man wisse nicht, wie viel Nutzholz, nicht, wie viel Brennholz geschlagen werde. Brennholz werde durch die Konkurrenz der Stein⸗ und Braunkohlen im Preise gedrückt, während das Nutzholz naturgemäß theurer werden müsse. Es set ein Unikum in der Geschichte der Zölle, daß man, wie der Landwirthschafts⸗Minister im Abgeordnetenhause gethan habe, als Grundlage für die Preise der Gegenwart diejenigen des Jahres 1835 zu Grunde lege und nun daraus folgere, jetzt müßten die Preise den und den Standpunkt haben, oder die Waldwirthschaft sei zurückgegangen. Mit welchem Recht verlange der Minister jetzt eine Rente von 14 ℳ pro Hektar? Die Behauptung, daß niedrige Holzpreise die Zerstörung des Waldes herbeiführten, sei keineswegs zu⸗ treffend. Auch das amtliche Werk von Donner⸗Hagen erkläre ausdrücklich, daß die hohen Holzpreise zur Verwüstung der Wälder in Westpreußen und Posen geführt hätten. Trotzdem erkläre Dr. Danckelmann, daß Jemand, wie derselbe sich höflich ausdrücke, nur aus Unkenntniß behaupten könne, daß hohe Preise dem Waldbestande auch nicht dienlich wären. Für die Niederschlagung des Waldes seien sehr verschiedene Gründe bestimmend, insbesondere, wie Sombart ausführe, der häufige Besitzwechsel, in 30 Jahren zwei Mal im Durchschnitt. Bei dem Uebergang von einem zum andern komme es dann oft vor, daß der Wald ganz oder theilweise geschlaaen werde. Der Wald werde niedergeschlagen bei kleinen Preisen wie bei großen. Niemals
8
werde die Regierung dem gesunden Menschenverstande klar machen, daß hohe Holzpreise ein Anreiz dafür seien, den Wald stehen zu lassen, und keine höheren Einnahmen dafür zu be⸗ kommen. Die Furcht vor der Waldzerstörung sei unbegründet; von den 14 Millionen Hektaren gehörten 7 dem Staat und der Gemeinde, von den übrigen 6 ½ Millionen seien 28 Proz. durch Forstpolizeigesetze geschützt, der größte Theil der Wald⸗ fläche könne also nicht zerstört werden; daß hohe Holzpreise ein Anreiz zu Neuanforstungen seien, müsse man bezweifeln, denn Niemand werde sich durch den voraussichtlich höheren Ertrag, den derselbe in 70 bis 80 Jahren davon haben könne, zu Anforstungen bestimmen lassen. Glücklicher Weise bewahre der Bauer, namentlich in Westdeutschland, aus Liebe zum Walde dens lben, und hege ihn wie ein Kleinod. Preußen habe 2 ½ Millionen Hektare Acker, der einen gerin⸗ geren Reinertrag gebe als 30 ₰, und große Flächen, die gar keinen Ertrag geben. Diese könne der Staat anforsten und dafür immerhin Strecken niederschlagen, welche landwirthschaft⸗ lich eine höhere Rente gewähren würden. Der landwirth⸗ schaftliche Minister habe in seinem Bericht an den König aus⸗ drücklich die Fortschritte in den Anforstungen für erfreuliche erklärt, insbesondere in der Provinz Hannover und auch in den kleineren landwirthschaftlichen Kreisen. In jedem Jahr seien 47 ½ Millionen Pflänzlinge zum Anpflanzen aus den Staatsforsten an Private übergeben. Er komme jetzt zu dem wesentlichsten Fundament der Danckelmannschen Auseinander⸗ setzungen, und zu dem von demselben in Coburg vom Minister und in den Motiven erwähnten Zahlen. Für alle sei das Jahr 1835 mit 3,23 ℳ Reinertrag grundlegend. Wunderbar sei, daß man in dem Donnerschen Werk nicht gefunden habe, daß 5 Jahre vorher das Jahr 1830 bereits einen Reinertrag von 4,38 ℳ gehabt habe. Weshalb nehme man das niedrigste Jahr? Noch bemerkenswerther sei, daß von 1830 bis zum Jahre 1854, also in 25 Jahren, die Erträge zwischen 3,23 und 4,87 ℳ geschwankt hätten. Trotzdem komme jetzt der landwirth⸗ schaftliche Minister, Dr. Danckelmann und die Motive und verlangten mit Rücksicht auf jene Steigerung einen Reinertrag von 14 ℳ, das sei keine wissenschaftliche Deduktion, auch keine Deduktion praktischer Männer. Dr. Danckelmann sage in seiner Schrift, bis vor 5 Jahren sei die Wald⸗ entwickelung in Deutschland seit den Freiheitskriegen eine be⸗ friedigende gewesen; die Waldrente sei gestiegen; erst in den letzten 5 Jahren sei ein empfindlicher Rückschlag eingetreten. In diesem Rückgang und Nothstand der Waldwirthschaft fänden die Schutzzölle ihre Begründung, ohne Nothstand, sage Dr. Danckelmann, kein Schutzzvll; wie sei nun die Wald⸗ wirthschaft in diesen 5 Jahren gewesen? Zunächst sei ein Moment gar nicht berücksichtigt, welches in dem amtlichen Werk von Donner erwähnt werde, in dem Jahre 1879/80 seien die Reinerträge deshalb die niedrigsten gewesen, weil für die neuen Provinzen außerordentliche Aufwendungen gemacht seien, und für diese ein Zuschuß aus dem Reinertrage der Forsten der übrigen Provinzen habe gezahlt werden müssen. Donner erkläre, daß diese ungünstigen Verhältnisse in nicht ferner Zeit sich besser gestalten müßten. 1880/81 und 1881/1882 seien thatsächlich die Einnahmen erheblich ge⸗ stiegen, und es werde ausdrücklich in den Aktenstücken damit motivirt, daß die Nutzholzausbeute eine stärkere und die Preise für Nutzholz höhere gewesen seien. Dagegen ständen diesen Mehreinnahmen Mindereinnahmen gegenüber aus dem Brennholz. Das Herabgehen der Brenn⸗ holzpreise sei lediglich die Ursache der früheren Mindererträge. Seit 2 Jahren bestehe der angebliche Niedergang thatsächlich in einer Erhöhung der Einnahmen für Holz und einer erheb⸗ lichen Erhöhung der Holzrente; 1879/80 habe der Reinertrag 20 ½ Millionen betragen, 1880/81 seien es 24 ½ Millionen, 1881/82 dagegen 25 ½ Millionen gewesen. Was das viel erwähnte Jahr 1865 betreffe, so sei zu bemerken, daß eine Million mehr an Holz aufgekommen sei, weil Insektenfraßholz zur Ver⸗ werthung gekommen sei. Derartige Dinge wie Windbruch und dergleichen seien überhaupt bei den finanziellen Exempeln, die jetzt vorgelegt seien, gar nicht berücksichtigt. Sombart habe in seiner Schrift bewiesen, daß seit 1837 bis 1881 in den Holz⸗ preisen eine Steigerung von mehr als 100 Prozent stattge⸗ funden habe, daß die Rente aus dem Waldbesitz seit 1835 um 300 Prozent zugenommen habe. Mit welchem Recht verlange man nun eine stetige Steigerung der Rente? Roggen sei seit 1837 — 1881 von 101 auf 172 gegangen. Die Reineinnahme aus den Bergwerken variire in wenigen Jahren von 50 Millionen im Jahre 1873 auf 22 Millionen 1875, 15 Millio⸗ nen 1876, 9 Millionen 1877/78. Die Preise für Steinkohlen hätten 1848 5,63 ℳ pro Tonne betragen, 1882 5,15 ℳ Weizen nach den Hamburger statistischen Nachrichten 1847 — 50 19,44, 1881 22,21, Eisen 19,80, 1881 16,01, Baumwolle 1847 111,36, 1881 110,22. Ferner müsse man berücksichtigen bei der Vergleichung der jetzigen und früheren Reinnahmen, daß die Ausgaben ganz bedeutend gestiegen seien, und zwar auch solche, welche für die Vermehrung des Vermögens verwendet seien. Redner verglich die Ausgabe Etats von 1864 und 1874 im Einzeln n. Im Jahre 1864 sei für Ankauf von Grundstücken zur Aufforstung nichts ausgegeben, 1874 über eine Million. Das sei doch eine Erhöhung des Kapitalvermögens. Die Hauptgrundlage der Danckelmannschen Deduktion, daß die Forsterträge in den letzten fünf Jahren in besorgnißerregender Weise abgenommen hätten, falle also in Nichts zusammen. Nun sagen die Herren, daß Deutschland seinen Bedarf an Nutzholz allein decken könne. Wie solle man das beweisen? Die beiden Regierungsvertreter, die Ober⸗Forstmeister Danckel⸗ mann und Donner seien über diese Frage sehr verschiedener Meinung. Donner sage in seinem Werk, diese Frage könne nicht unbedingt verneint werden. Derselbe schätze den Ertrag der preußischen Forsten auf 25,5 Millionen Festmeter, während Danckelmann ihn auf 35 Millionen schätze. In dem alten Hagenschen Werk stehe übrigers kein Wort davon. Redner wies nach, daß Donner die Erträge besonders der Privat⸗ forsten in Preußen erheblich höher schätze, als Hagen, obwohl die übrigen Auseinandersetzungen über die Forsten die⸗ selben seien, er ersuche daher den Regierungskommissar um Aufklärung dieser Frage. Wenn in dieser wichtigen Frage selbst die beiden Regierungsvertreter so verschieden gedacht
amtlichen⸗
haben, so könne man darauf nicht die Holzzollvorlage basiren. Wenn man behaupte, daß Deutschland die Nutzholzausbeute nur um sechs Prozent zu erhöhen brauche, so sei es unbe⸗ greiflich, weshalb das nicht jetzt schon, namentlich in den Staatsforsten geschehe, da doch Nutzholz einen höheren Ertrag bringe, als Brennholz und die Differenz des Zolls hier nicht ins Gewicht falle. Ob die Nutzholzausbeute von 34 Prozent im Jahre 1874 für die Dauer erreicht werden könne, sei nach tüchtigen Sachverständigen durchaus zweifelhaft. 1874 habe wan selbst faules Holz mit Vergnügen gekauft. Wem zu Liebe solle nun dieser höhere Holzzoll, der den gesammten Konsum empfindlich treffe, eingeführt werden? Nur dem Großgrundbesitz zu Liebe. Danckelmann behaupte, 28 Pro⸗ zent gehörten dem Kleingrundbesitz an. Woher stamme diese Statistik? Er kenne sie nicht. Wenn derselbe auf eine Ge⸗ meinde bei Berlin hingewiesen habe, deren Namen derselbe leider nicht nenne, so weise er auf Brandenburg hin, welches der Ueberschwemmung mit auswärtigem Holz ausgesetzt, einen Reinertrag von 14 —17 ℳ pro Hektar habe. Er bitte Dr. Danckelmann, die Gemeinde zu nennen, welche Verluste von ihrem Walde habe, damit man sich darüber genauer insor⸗ miren könne, namentlich darüber, wie der Wald aussehen möge. Dr. Danckelmann nenne diese Holzzölle mäßige. Die Regierungen seien 1879 anderer Meinung gewesen. Sie hätten sie nicht zu hoch greifen wollen, damit an die anhal⸗ tende Leistungsfähigkeit des deutschen Waldes keine zu große Anforderung gestellt würde. Heute erfahre man von denselben Herren das Gegentheil. Diese Elastizität in den Anschauungen habe die Linke in der That nicht. Daß die Industrie, das Handwerk und die Arbeiter durch diesen Holzzoll stark belastet würden, darüber bestehe wohl kein Zweifel. Auch Dr. Danckel⸗ mann habe gestern zugeben müssen, daß eine Arbeiterwohnung dadurch, wenn der Zoll wirke, um jahrlich 2 ℳ vertheuert werde. Wie lange sei es her, daß der Reichskanzler hier die Linke angeklagt habe, sie habe kein Herz, sie wolle den Exekutor nicht beseitigen wegen 3 ℳ Klassensteuer, die die Arbeiter zu zahlen hätten, und jetzt wolle man ihnen ohne Weiteres durch einen höheren Zoll 2 ℳ jährlich höhere Miethe auferlegen? Dazu komme noch, daß Dr. Danckelmann selbst zugebe, daß das Mobiliar des Arbeiters um ca. 2 ℳ durch den Zoll ver⸗ theuert werde. Sombart habe vollständig Recht, wenn der⸗ selbe sage, daß dieser Zoll kein Brett und keinen Balken, keine Bank und keinen Tisch verschone, und daß derselbe noch über den Tod hinaus wirke, da auch die Beetter besteuert würden, aus denen der Sarg gefertigt werde. Was die Waldarbeiter betreffe, werden sie dann keine Arbeit mehr haben? Werde denn der Wald nicht bestehen bleiben, und sei nicht der Lohn beim Einschlag von Brennyolz höher als bei Nutzholz. Es sei eine Thatsache, daß der Lohnfonds für Arbeitslöhne in den Forstetats auch der letzten schlech⸗ teren Periode in die Höhe gegangen sei, und selbst wenn der Wald zum Theil niedergeschlagen würde, wäre die Arbeitsrente von der Landwirthschaft immer noch keine kleinere. Dr. Danckelmann verlange einen Schutz⸗ zoll im Namen der Armen und im Interesse der Gesammt⸗ heit. Dr. Danckelmann hoffe, der Reichstag werde erleuchtet genug sein, über alle einzelnen Interessen die dauernde Wohl⸗ fahrt und Größe des Reiches zu stellen. Er (Redner) hätte gewünscht, daß Dr. Danckelmann diesen Satz selbst beherzigt hätte. Seine Gründe seien nicht derart, daß sie das Haus erleuchten könnten. Wozu quäle man sich auf Hunderten von Seiten mit einer Masse Zahlen ab, die haltlos wie ein Kartenhaus zusammenfielen, wenn man sie berühre. Sage man lieber, man wolle, daß der große Waldbesitz höhere Er⸗ träge habe. Er habe die Ueberzeugung, daß diese erleuchtete Versammlung stark genug sein werde, dieser Statistik und den Ausführungen der Reichsregierung gegenüber Stand zu halten und ein kräftiges Nein der Vorlage entgegenzusetzen.
Hierauf nahm der Kommissar zum Bundesrath, Staats⸗ Minister Dr. Lucius das Wort: 8 8
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat den Herrn Ober⸗Forst⸗ meister Danckelmann auf das Heftigste apostrophirt und angegriffen, daß er nicht sofort gestern den Ausführungen des Hrn. Abg. Oechelhäuser geantwortet hat. Er hat in seinen weiteren Ausführungen versucht, ihm in seiner Schrift, in seinen statistischen Zahlen eine Reihe von Widersprüchen nachzuweisen, mit anderweitiger amtlicher Statistik. Ich erlaube mir dem gegenüber zu konstatiren, daß der Hr. Ober⸗Forstmeister Dr. Danckelmann hier lediglich als Ver⸗ treter der verbündeten Regierungen steht, daß er zwar das Recht hat jederzeit zu sprechen, aber nicht die Pflicht, auf jede persönliche Apostrophe zu antworten, und ich glaube ferner, daß die hohe Ver⸗ sammlung keineswegs besonders geneigt sein würde, es zuzulassen oder vielmehr es gern zu sehen, wenn sich diese Diskussion in eine Art Zwiegespräch auflösen wollte zwischen einem Vertreter der Regierung und einem Mitgliede dieses hohen Hauses. 8 8
Ich meine, der Gegenstand dieser Berathung ist genügend vor⸗ bereiket sowohl durch die Motive, welche der Regierungs⸗ vorlage beigegeben sind, wie auch durch die Broschüren, die in dem Hause vertbeilt worden sind, als auch durch die einleitenden mündlichen Ausführungen des Herrn Kom⸗ missars der verbündeten Regierungen. Wenn der Hr. Abg. Rickert ebenso wie der Hr. Oechelhäuser gestern eine Reihe Zahlen angeführt hat, sie gruppirt hat in seiner Weise, so meine ich: worauf stützen sich denn die sämmtlichen Argumentationen? als doch immer wieder auf diejenigen statistischen Zahlen, die Ihnen in jenen Schriftstücken hier gedruckt vorliegen. Sie zu beurtheilen und zu gruppiren nach eigenem Ermessen, ist ja jedes einzelne Mitalied dieses Hauses in der Lage, und ich meine, in den polemischen Ausführungen des Hrn. Abg. Rickert hat gerade ein entschiedenes Plaidover dafür gelegen, da diese ganze Frage keineswegs so klipp und klar liegt, was die statistisschen Zahlen betrifft, um sofort zu entscheiden, sondern daß vielmehr genügender Anlaß vorliegt, diese Zahlen doch in einer Kommission weiter zu erörtern und zu prüfen. Uebrigens ist es nicht meine Sache und nicht Sache der verbündeten Regierungen, auf die geschäftliche Behandlung der Vorlage irgend einen Einfluß zu üben; dazu kenne ich die Praxis dieses Hauses und die der anderen parlamentarischen Körperschaften gut genug, um mich dessen zu enthalten. Ich meine aber: gerade die Ausführungen des Hrn. Abg. Rickert sprechen für eine Kommissionsberathung. *Der Hr. Abg. Rickert hat es überhaupt schwierig gemacht, seine Zahlenausführungen zu kontroliren, wie es ja das in einer Plenar⸗ versammlung immer ganz besonderen Schwierigkeiten unterliegt. Er hat aber auch seine Unzufriedenheit geäußert über jede Form meines Erachtens von statistischen Darlegungen. Er hat auf der einen Seite bemängelt, daß die Schriften des Hrn. Danckelmann, das Werk des
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