1883 / 81 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Apr 1883 18:00:01 GMT) scan diff

3 v“ “““ .““ 1u“ 1 8 und Agenturgeschäft begründet haben, ein großes Lager h und bereits ein sehr bedeutendes Import⸗ und Exportgeschäft nachen. Deutsche Eisen⸗ und Stahlfabrikate, Draht ꝛc. sollten in jeder Beziehung mit den belgischen Fabrikaten konkurriren können; deutsche Fabrikanten sollten ebenso gut im Stande gewesen sein, wie die belgischen es waren, die große Lieferung von Stahl⸗Eisenbahnschienen für die Regierungs⸗ Eisenbahnen zu übernehmen; die Belgier sind ihnen aber durch ihr hiesiges Haus zuvorgekommen. Das Parlament hat den Bau einer großen Zahl neuer Eisenbahnlinien bewil⸗ ligt, die in nächster Zeit in Angriff genommen werden sollen; der Bedarf an Eisenbahnmaterial wird sehr bedeutend sein und es steht Jedem frei bei der Lieferung zu konkurriren; hoffentlich werden die deutschen Industriellen ihr Möglichstes aufbieten, ihren Theil an solchen Lieferungen zu erhalten, wozu sie aber die Hülfe Jemandes bedürfen, der sie stets unter⸗ richte; hält und nöthigenfalls per Telegraph Instruk⸗ tionen erhält und giebt. Häufig sind auch in jüngster Zeit wieder Klagen über schlechte und mangel⸗ haste Lieferungen laut geworden. Bedeutende Draht⸗ Lieferungen sind, weil nicht gehörig geölt, vollständig verrostet hier angekommen und natürlich den Abladern zur Verfügung gestellt worden, in anderen Fällen sind nicht die beorderten Nummern geliefert worden, häufig ist die Verpackung mangel⸗ haft, so daß die Waaren darunter leiden oder die Lieferungs⸗ zeit ist nicht eingehalten worden (über die langsame Lieferung der deutschen Fabrikanten wird vielseitig Beschwerde geführt) u. s. w. Dies sind Versehen und Nachlässigkeiten, die ver⸗ mieden werden können und müssen, wenn man nach hier mit Erfolg arbeiten will.

Der deutsche Schiffsverkehr hat im verflossenen Jahre eine vorher nie erlangte Höhe erreicht; 46 Schiffe trafen hier ein, von denen 24 Dampfer waren. Der Waarentransport zwischen England und hier, der noch vor wenigen Jahren, ein oder zwei Dampfer ausgenommen, durch Segelschiffe be⸗ sorgt wurde, wird jetzt zum größten Theile durch Dampfer vermittelt; die Thee⸗Einfuhr von China, früher fast aus⸗ schließlich von deutschen Schiffen besorgt, wird jetzt ganz und gar von Dampfern ausgeführt, und da all diese Dampfer nur theilweise nach Europa direkt zurückgehen, andern⸗ theils aber frachtsuchend mit Kohlen nach China, Ostindien ꝛc. gehen, haben sich die Verhältnisse für hier fracht⸗ suchende Segelschiffe ungünstig gestellt und haben auch die deutschen Schiffe, deren Chartres hier abliefen, darunter zu leiden gehabt. Aus der im letzten Jahresberichte des Ge⸗ neral⸗Postmeisters der Kolonie Victoria veröffentlichten Kor⸗ respondenz desselben mit dem General⸗Postmeister des Deut⸗ schen Reiches geht hervor, daß von Letzterem der Bei⸗ tritt der australischen Kolonien in den Welt⸗Postver⸗ band stark befürwortet wird; hoffentlich wird dies bald ge⸗ schehen; ein vor Kurzem mit Frankreich abgeschlossener Vertrag reduzirt das Briefporto von⸗hier nach Frankreich von 1 sh auf 6 d (dem Porto nach England gleich), während Briefe von hier nach Deutschland mit 8 ½ d zu frankiren sind. Wiederholt muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß Briefe von Deutschland nach hier voll frankirt werden müssen, widrigensalls die Briefe hier ein doppeltes Strafporto zu entrichten haben, bei dem die unzureichende Marke nicht in Abzug gebracht wird.

Mit jeder Post kommen von Geschäftsleuten in Deutsch⸗ land eine Menge ungenügend frankirter Briefe auf dem Kon⸗ sulate an, deren Annahme in letzter Zeit jedoch verweigert worden ist.

Der Vaterländische Frauenverein hielt vorgestern Abend in Gegenwart der Allerhöchsten Protektorin, Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin, ferner Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden und der Prinzessin von Ho⸗ henzollern im Adlersaale des Königlichen Palais seine 17. Ge⸗ neralversammlung ab. Die Delegirten aus allen Theilen Deutsch⸗ lands hatten sich überaus zahlreich eingefunden. Nachdem in einer kurzen Vorsitzung die ausscheidenden Vorstandsmitglieder durch Akkla⸗ mation wiedergewählt worden waren, erschien Ihre Majestät und geruhte zunächst, in der gelben Galerie Sich die neugewählten Delegirten vor⸗ stellen zu lassen. Während hicrauf der Domchor unter Professor von Hertzbergs Leitung das „Alta Binitz“ intonirte, begab Sich Ihre Majestät in den Saal, wo Alllrhöchstdieselbe von dem Staats⸗Minister Dr. Friedenthal ehrfurchtsvoll begrüßt wurde. Zur Erstattung des Jahresberichts nahm hierauf Geh. Legations⸗ Rath Dr. Hepke das Wort. Derselbe wies in erster Reihe auf die schlagfertige Hülfe hin, die der Verein bei der großen Heimsuchung jm Stromgebiet des Rheins gewährt habe. Der Hauptverein allein habe über 400 000 aufgebracht, und so sei es möglich geworden, einen Fonds für künftige ähnliche Heimsuchungen zu begründen. Die Zweig⸗ vercine haben in ihrer Entwickelung weitere Fortschritte gemacht, sich neben der Kinderpflege vor Allem der Krankenpflege gewidmet und damit zugleich eine vorbereitende Thätigkeit für den Fall eines Krieges entfaltet. Von 160 Vereinen werden z. Z. 83 Krankenhäuser und Krankenstationen unterhalten; zahlreiche Krankenpflegerinnen stehen den Vereinen zur Verfügung; 423 von diesen Pflegerinnen sind in den Vereinsanstalten thätig, 51 mehr als im Vor⸗ jahre, und 40 Vereine verfügen über Mustersammlungen von Ver⸗ bandsmitteln. Die Anregung einer Hausindustrie ist namentlich in Schlesien auf fruchtbaren Boden gefallen, wenn sie auch mancherlei Bedenken wachgerufen. Die Verbindung der Frauenvereine mit den Männervereinen zu gemeinsamem Wirken ist in vielen Fällen erfolgreich angebahnt. Die Gesammtzahl der Vereine hat sich um 10 vermehrt und beträg jetzt 532, wo⸗ gegen die Mitgliederzahl sich um mehr als 5000 und zwar auf 56 422 erhöht hat. Die Einnahme der Zweigvereine betrug 1 806 011 ℳ, die Ausgabe 743 705 ℳ, so daß 1 062 306 verblieben. Der Werth der Anstalten, Grundstücke u dgl. belief sich auf 1 166 254 ℳ, so daß das Vermögen der Zweigvereine auf 2 ¼ Millionen Mark zu schätzen ist. Der Hauptverein hatte 37 207 Einnahmen und 52 712 Ausgabe, so daß das Vermögen sich auf 353 384 vermindert hat. Der Großherzoglich hessische Ministerial⸗Rath Dr. Gaup referirte sodann über die Ücberschwemmungen im Großberzogthum Hessen und die Thätigkeit von Vereinen und Behörden zur Linderung der dadurch hervorgerufenen Noth. Ein Gesang des Domchors schloß alsdann die Versammlung. Bevor die Erschienenen entlassen wurden, nahm Ihre Mafestät noch Veranlassung zugleich im Namen der anwesenden und abwesenden Fürstinnen den Delegirten huldsollst zu danken und Allerhöchstihrer Freude über das Gedeihen des Werkes mit der Bitte Ausdruck zu geben, daß Gott dasselbe weiter segnen möge.

zegenwart Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit onprinzen feierte heute Mittag 12 Uhr im großen Saale ing⸗Akademie die Königliche Akademie der Künste den vierhundertsten Geburtstag Rafael Sanzios. Das ron Händel geschaffene Standbild des unsterblichen Meisters war von präch⸗ tigen Blattpflanzen umgeben. Rechts von der Statue des Gefeierten hatte sich die erschienene Deputation des Vereins Berliner Künstler um ihr Banner geschaart, links hatten die Chargirten der Kunst⸗ Akodemie mit dem Banner derselben Aufstellung genommen. Ein distinguirtes Publikum füllte alle Räume des Saales. In Ver⸗ tretung der Regierung war der Staats⸗Minister von Goßler

gehörigen Ländereien 400 000 bewilligt.

eII1“ 1““ mit den Räthen selnes Ministeriums erschienen. aus der C⸗dur-Symphonie eröffnete die Feier. Nach⸗ dem die weihevollen Töne verklungen, bestieg Professor Dr. Dobbert die Rednertribüne, um in geistvoller Weise den großen Künstler zu feiern, dem die festliche Stunde galt. Indem die Akademie, sagte der Vortragende, den vierhundertsten Ge⸗ burtstag Rafaels in öffentlicher Festsitzung begeht, glaubt sie einem Gefühle zu entsprechen, welches Alle beherrscht, die, sei es schaffend, sei es genießend, in eine Beziehung zur Kunst getreten sind: dem Ge⸗ fühle des Dankes für immer fort und fort wirkende Wohlthaten. Es ist, als verstehe es sich von selbst, daß die Rafaelfeier nicht auf Italien beschränkt bleibt und daß sie auch diesseits der Alpen festlich begangen wird; Rafael hat eben nicht nur für sein Volk geschaffen, für die Menschheit hat er gelebt und ge⸗ wirkt. Wie käme es sonst, das seit 300 Jahren seine Kunst auf die⸗ jenige sehr verschiedener Völker und Zeiten von größtem Einflusse gewesen; daß die geschichtliche Forschung in Italien und Deutschland, in Frankreich und England immer wieder dem Leben und Wirken des Urbinaten sich mit Vorliebe zugewandt; daß auch denjenigen, die nur dann und wann eine Mußestunde dem Kunstgenusse widmen können, der Name Rafael gleichsam als IFn⸗ begriff des Höchsten in der Kunst sogleich in den Sinn kommt?! Als im Jahre 1820 die Gedächtnißfeier Rafaels begangen wurde, dachte man von dem Meister in mancher Beziehung anders, als heute; auch in die kunstgeschichtliche Tarstellungsweise war der Geist der Romantik eingedrungen. Heute, nachdem zahlreiche Zeich⸗ nungen seiner Hand zu Tage getreten, wissen wir, daß auch die Werke eines Rafael nicht blos das Produkt angeborener Begabung und hoher Begeisterung sind, daß vielmehr der Ausführung seiner Gemälde die mühevollsten, eingehendsten Studien vorangegangen waren. Die Erforschung seiner unermüdlichen Vorbereitungen, der Blick, den wir durch dieselben in die Werkstatt seines Geistes thue, erhöht unsere Bewunderung. Rafael ist auch heute noch ein wahrhaft ge⸗ liebter Künstler, geliebt nicht nur von Denen, die sich in das Studium seines Lebens und seiner Werke vertiefen, sondern auch von Solchen, die nur mit dem einen oder dem anderen seiner Gemälde in Berührung gekommen sind. Das Geheimniß dieser Liebe ist der Mensch Rafael. Der Redner schilderte dann das Leben und künst⸗ lerische Schaffen Rafaels in durchdachter und ausführlicher Weise. Das Finale ars der C-dur-Symphonie beendete die schöne Feier.

Der Nordwestdeutsche Verein für Gefängnißwesen hat im Verlage der Schulze'schen Hof⸗Buchhandlung und Hof⸗Buch⸗ druckerei (C. Berndt & A. Schwartz) das von seinem Vorstande redigirte 11. Vereinsheft erscheinen lassen. Dasselbe hat folgenden Inhalt: 1) Verhandlungen der siebenten Jahresversammlung: a. Stellung und Aufgabe des Richteramts in der Gefängnißverwal⸗ tung. Referent: Erster Staatsanwalt Treplin; b. Wie können die Kosten für den Umbau von Zellengefängnissen herabgemindert werden. Referent: Strafanstalts⸗Direktor Krohne. 2) Die Frage der Ver⸗ sorgung geisteskranker Gefangenen auf dem Kongreß deutscher Irren⸗ ärzte zu Eisenach 1882. Nach brieflichen Mittheilungen des Geb. Sanitäts Raths Dr. Zinn. 3) Sind die Vereine zur Fürsorge für entlassene Gefangene in ihren augenblicklichen Verhältnissen be⸗ fähigt, den auf sie gesetzten großen Erwartungen zu entsprechen? Von Strafanstaltsdirektor Heine. 4) Stimmen über die Vagabonden⸗ noth. Von Landgerichtsdirekter Dr. H. Föhrina. 5) Die landwirth⸗ schaftlichen Korrigendenanstalten in Schleswig⸗Holstein. Von P. Chr. Hansen, Sekretär der Kieler Handelskammer.

Dem letztgenannten Berichte entnehmen wir folgende Mitthei⸗ lungen über die an der Eisenbahnstation gleichen Namens zwischen Neumünster und Rendsburg gelegene landwirthschaftliche Kor⸗ rigenden⸗Anstaltzu Bokelholm. Bei der Anstalt, welche in dem Umfange ausgebaut wurde, um 250 Insassen Aufnahme gewähren zu können, nahm die Belegung am 1. Mai 1880 ihren Anfang und er⸗ reichte bereits zum Oktober desselben Jahres jene Zahl, welche schon im Winter 1881/82 bis auf 370 anwuchs. Bokelholm steht als Ne⸗ benanstalt der Glückstädter Korrektionsanstalt da, deren Verwaltungs⸗ apparat, soweit die verschiedene örtliche Belegenheit der beiden An⸗ stalten solches gestattet, auch für die erstere funktionirt und deren Direktor auch der Bokelholmer Anstalt als erster leitender Beamter vorgesetzt ist. Der Beamtenetat ist daher ein verhältnißmäßig kleiner. Die un⸗ mittelbare Leitung führt der Gutsinspektor, welcher gleichzeitig und vornehmlich auch den landwirthschaftlichen Betrieb des Hofes, und zwar diesen unabhängig von der Glückstädter Anstaltsdirektion, zu führen hat. Mit der Gründung dieser Anstalt ist für die Provinz Schleswig⸗Holstein von der provinzialständischen Verwaltung ein neuer Weg eingeschlagen. Hier ist ein Theil der Korrigendenversorgung von der Stadt auf das Land hinausgebracht und neben die gewerb⸗ liche oder industrielle Arbeit der landwirthschaftliche Betrieb gesetzt. Der unterzubringende Landstreicher ist, anstatt seine Arbeitskraft in Kon⸗ kurrenz gegen das Handwerk zu verwenden, in den Dienst einer für die Pro⸗ vinz Schleswig⸗Holstein ökonomisch und kulturell so wichtigen Sache, in den Dienst der Aufforstung und einer besonderen landwirthschaftlichen Technik gestellt. Der Hof Bokelholm, dessen ziemlich isolirte Lage und umfassender, in sich abgeschlossener Landbesitz sich in vorzüglicher Weise für die Arbeit vieler Menschen eignet, ist Ende 1879 für die Provinz erworben. Der Provinzial⸗Landtag hatte für den Ankauf desselben sowie der daneben liegenden, zum adeligen Gute Emkendorf Ueber die Arbeitseinthei⸗ lung und die Thätigkeit der Korrigenden entnehmen wir dem Berichte Folgendes: An Werkeltagen wird zur Sommerzeit Morgens um 14 Uhr das Zeichen zum Aufsteben gegeben. Für das Ankleiden, Bettmachen, Waschen ꝛc. ist die Zeit bis 4 ¼ Uhr gelassen. Um 4 ½ Uhr tritt Alles auf dem Hofe an. Die Aufseher lassen die Leute in zwei Gliedern Aufstellung nehmen und in kürzester Frist ist bestimmt, welche Arbeit jeder Einzelne Tags über zu verrichten, welcher Ab⸗ theilung er sich anzuschließen hat. Das Ganze gewährt einen halb militärischen Eindruck. Um 4 ¾ Uhr ist der Hof leer. Gearbeitet wird alsdann, abgesehen von 20 Minuten Frühstückspause, bis 10 oder 15 Minuten vor 12 Uhr. Von einem kleinen Dachreiter aus kündigt die Glocke des Hauses stets die Zeit an. Bis 1 ½ Uhr währt die Mittagsstunde. Nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr fällt die Vesper, worauf bis 7 Uhr die Arbeit fortgesetzt wird. (Im Winter ist die Arbeitszeit durch die Länge des Tages begrenzt.) Um 9 Uhr muß allgemeine Ruhe herrschen. Jegliche Unterhaltung ist nach jener Stunde untersagt. So weit es die Witterung irgend gestattet, werden die Leute draußen beschäftigt. So sind denn auch selbst während des strengen Winters 1880 81 nur ganz wenige Tage auf Binnenarbeit verwendet worden. Letztere geschieht in den sonst als Sveisesaal benutzten Räumen und beschränkt sich auf Wergzupfen und Strohflechten. Die hinter dem Hause, welches dem Inspektor zur Wohnung dient, belege⸗ nen Scheunen und Ställe sind mit Allem versehen, was eine schleswig⸗holsteinische Bauernwirthschaft großen Stiles bedarf. In den Ställen stehen ectwa 10 12 Pferde, große, starke, vortrefflich ge⸗ pflegte Thiere. Die Behandlung, welche die Korrigenden den Thieren angedeihen lassen, soll die denkbar beste und sorgfältigste sein. Der übrige zahlreiche Viehstand setzt sich zusammen theils aus Aufzucht⸗ und Fettvieh, theils aus Milchvieb. Die Meiereiwirthschaft liegt jedoch in der Hand eines freien (weiblichen) Personals. Das ganze sehr bedeutende Terrain des Hofes, nebst den später gemachten Ankäufen, gegen 600 ha, wird von üden nach Norden, ungefähr in der Mitte, durch die Eisenbahn rchschnitten. Von den somit gebildeten beiden Hälften ist die östliche

größten Theil und weit mehr als die andere Hälfte unter einer

nch zum g 1 s Die verschiedenartigsten Getreidearten: Weizen,

b intensiven Kultur. Roggen, Gerste, Hafer, Buchw.izen, Erbsen, Bohnen und außerdem noch Kartoffeln sind auf den ausgedehnten Feldern angebaut. In neuester Zeit sind Versuche mit der Anpflanzung der Zuckerrübe ge⸗ macht, welche die befriedigendsten Ergebnisse gezeigt haben. Zwiscen den Aeckern giebt es auch einzelne Wiesen und Forstgrundstücke. 3 Die Nutzbarmachung des Bodens wird, von dem Brauche der Umgegend abwei⸗ chend, mittelst der sogenannten Moordammkultur, nach dem System des Rittergutsbesitzers Rimpau in Kunrau, Provinz Sachsen, betrieben.

8 * Das Andante

Arbeiter zu berechnen wären.

WWöüö ““ 8 . 8. 8 Das Feld ist von breiten, mit Wasser aigefüllten Gräben durchzosen Diese Gräben werden nämlich ausgehaben, um zunächst eine Ent⸗ wässerung des Landes herbeizuführen, besonders aber zu dem Zwecke um der unter einer Moorschicht vorhandenen Sandlage habhaft zu werden. In dieser Sandlage steckt das Material zur eigentlichen Verwerthung des Bodens. Man bedeckt mit derselben die Oberfläche des zwischen zwei Gräben liegenden Terrains um etwa 6 Zol Danach kann die Kultivirung ihren Anfang nehmen. Dieselbe wird als hier auf Bokelholm mit großem Erfolge durchgeführt geschil⸗ dert, und der Verfasser des Berichtes spricht den Wunsch aus, daß bei den ausgedehnten gleichartigen oder ähnlichen Grundstücken auf dem Mittelrücken der Provinz Schleswig⸗Holstein, die zum großen Theils in den Händen eines weniger bemittelten Kleinbesitzerstandes seien, ein ähnlicher Betrieb zur Durchführung kommen möge. Jenseits des Bahngeleises liegt dasjenige Gebiet, welches zur Torffabrikation verwandt wird. 100 130 Mann je nach der JIn⸗ anspruchnahhme durch andere Arbeiten sind täglich beschäf⸗ tigt und stellen wöchentlich ohne komplizirte Maschinen⸗ kraft, nur durch die billige Handarbeit, etwa eine Million Stück Torf her. Eine Partie der Arbeiter trifft man beim Graben, andere beim Streichen und Backen, noch andere bei dem Aufstellen und Verladen an. Der Absatz dieses Feuerungsmaterials, welches, wie der Bericht bemerkt, früher in Schleswig⸗Holstein einen großen Markt gehabt hätte, aber nachher unter der Konkurrenz der Kohle enorm zu leiden gehabt habe, geschehe vorzugsweise an die provinzialständischen Institute: die Korrigendenanstalt in Glückstadt, an die Irren⸗ und Taubstummen⸗ anstalt in Schleswig, ferner an die Rendsburger Strafanstalt, sowie an Private. Einen schönen landschaftlichen Schmuck der ganzen An⸗ lage bildet eine Tannenanpflanzung, welche in der Nähe des Wohn⸗ hauses des Inspektors belegen ist. Einen wirklichen Nadelholzpark hat im Laufe von anderthalb Jahrzehnten der jetzige Inspektor und ehemalige Besitzer dort geschaffen. Welchen Umfang die sonstige Nadelholzkultur daselbst einnimmt, geht aus der Thatsache herrvor, daß Bokelholm in den jüngsten Jahren durchschnittlich gegen 5000 Stück Weihnachtsbäume hat schlagen lassen.

Welche Bedcutung die Anstalt zu Bokelholm und die kleineren Arbeitsstationen zu Ilohhaide, Kreis Rendsburg, und der sogenannte Langenberg bei Leck, Kreis Tondern, für das Korrigendenwesen der Provinz haben, zeigt die große Ausdehnung, welche das Korrigenden⸗ thum genommen. Von 1877 bis 31. März 1881 ergab sich eine Vermehrung von 469 auf 1271, also um 800 Köpfe. Vom 1. Ja⸗ nuar 1880 an gerechnet innerhalb 15 Monaten ein Sprung um 66 ¾ %. Freilich scheint damit der Höhepunkt überschritten. Es tritt gegenwärtig langsam eine Abnahme der Zahl det Korrigenden ein. Der Bericht beziffert den gegenwärti⸗

n Stand der Korrigenden in der Provinz mit 1027. Die auf den genannten drei Anstalten in der Land⸗ und Forstwirth⸗ schaft thätigen Korrigenden siad selbstverständlich lediglich Männer. Dieselben müssen körperlich rüstig sein; der Aufenthalt im „Freien“ gilt als eine Auszeichnung. Nur Leute von relativ befriedigender Führung, solche, bei denen der Verdacht eines Fluchtversuchs nicht gehegt zu werden braucht, werden genommen. Der Beruf der De⸗ tinirten kommt soweit in Betracht, als man nicht eben Leute her⸗ ausgreift, welche durch schwere körperliche Anstrengungen in ihrer späteren Erwerbsthätigkeit stark benachtheiligt würden, wie insonderheit Cigarrenmacher, Schneider, Barbiere, Buch⸗ binder u. s. w. Von den übrigen kommen alsdann diejenigen wesent⸗ lich zur Berücksichtigung, die eine längere Nachhaft zu verbüßen haben. Die eben erwähnten Umstände machen es schon theilweise er⸗ klärlich, warum es mit der Morkbidität und Mortalität günstiger auf dem Lande, zu Bokelholm ꝛc., wie in der Stadt Glückstadt steht, warum die Fälle der Entweichung sehr selten sind, warum endlich das Verzeichniß der Disziplinarbestrafungen dort relativ geringer ist wie hier.

Die an sich so interessante Frage: wie stellt ssich das Unter⸗ nehmen in finanzieller Hinsicht? könne, so hebt der Verfasser der Abhandlung hervor, gegenwärtig, wo die Berichte noch nicht abge⸗ schlossen seien, keine genügende Beantwortung erfahren. Es bleibe wesentlich zu erwägen, daß die Arbeitsleistung in der Land⸗ und Forstwirthschaft sich nicht unmittelbar in ein fühlbares Geld⸗ kapital umsetze. Man vermöge nur einen Schätzungswerth bei den Meliorationsarbeiten nach dem Maßstabe anzusetzen, nach velchem die Kosten für diese Arbeiten in der Ausführung durch freie Als solcher sei der Werth von 0,85 pro tägliche Arbeitskraft angenommen. Bei diesem keineswegs zu hoch gegriffenen Betrage ergebe sich, daß wenigstens auf Bokel⸗ holm die Unterhaltung der Korrigenden durch die Arbeit gedeckt sei und daß für die Zukunft auf ein noch günstigeres Resultat gerechnet werden dürfe. Die Gesammtkosten für einen Korrigenden betrugen auf Bokelholm pro Kopf und Jahr 298 ℳ, pro Kopf und Tag 86,83 in Glückstadt resp. 267 67 und 73,33 ₰. Die Differen; zu Ungunsten Bokel holms erkläre sich daraus, daß ungefähr um ein Drittel die Verpflegung und Bekleidung des Korrigenden auf Bokelholm theurer zu stehen komme, weil die dortige anstrengende Arbeit einen weit erheblicheren Verbrauch an Bekleidungsstücken mit sich bringe, andererseits eine kräftigere Beköstigung wie die Binnenarbeit erforderlich mache. So veranlasse dann die Zugabe von wöchentlich ½ kg Speck auf Bokel⸗ holm wie auf den beiden erwähnten Stationen schon eine jährliche Mehr⸗

8 von 31,25 pro Kopf, die gleichfalls gewährte Brodzulage

äglich 6 pro Kopf, und für das im Sommer gereichte ürden pro Mann 6 gerechnet.

(W. T. B.) Ein Extrablatt

Danzig, 6. April, Nachmittags. „Danziger Zeitung“ meldet: Die Weichsel hat Morgen oberhalb der Mündung von Neufähr die und Deiche auf beiden Seiten überstiegen; die Bohnsack und Neufähr sind überschwemmt, Bewohner flüchten nach Danzig. Mehrfach ist Vieh er⸗ Das Werder auf der anderen Seite ist ebenfalls über⸗ Pioniere, Infanterie und Artillerie mit 2000 Sand⸗ und Sprengmaterial sind ausgerückt; die Spitzen der Be⸗

n haben sich sofort an die Unglücksstelle begeben. Hamburg, 5. April. (W. T. B.) Der Hamburger Post⸗ dampfer „Rio“ ist auf der Reise von Hamburg nach dem La Plata mit gebrochenem Schraubenschaft in St. Vincent ein⸗ bugsirt worden; ein Theil der Ladung wurde aus dem Hinterraum

geworfen.

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Sonnabend Abend, eine Gedenkfeier zu Ehren Richard Wagners statt. Dieselbe wird durch einen scenischen Prolog eingeleitet, welchen Frl. Schwartz sprechen wird. Sodann folgt eine Aufführung des „Tannhäuser“ in der Besetzung mit Frau von Voggenhuber als Elisabeth und den Herren Niemann als Tannhäuser und Betz als Wolfram von Eschen⸗ bach. Die Vorstellung beginnt diesmal um 6 ½ Uhr. Ueber die Ver · wendung des Reinertrages derselben haben Sich Se. Majestät der Kaiser die Bestimmung vorbehalten.

Concerthaus. Auf dem Programm des morgigen Sym“ honie⸗Concerts steht die 7. Symphonie in G. ⸗dur von Hardn. erner gelangen als Novitäten zur Aufführung: Vier kleine Stücke Streich⸗Orchester von Emil Sulzbach und die Tarantelle aus Venezia e Napoli“ von Franz Liszt, für Orchester bearbeitet vor

Ven Müller⸗Berghaus.

Redacteur: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck W. Elsne Sechs Beilagen

(einschließlich Börsen⸗Beilage)

Berlin:

Berlin, Freitag, den 6. April

zischen

nzeiger. 1883.

das Haus in die zweite Berathung des Entwurfs Gesetzes ein, betreffend die Abänderung der Gewerbe⸗

schränkungen, welche in Betreff des Gewerbebetriebes für Per⸗

demselben seine volle Wichtigkeit beimesse.

Antrag nicht in den

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 6 April. Im weiteren Ver⸗ aufe der gestrigen (58.) Sitzung des Reichstags trat eines

rdnung, auf Grund des Berichts der VI. Kommission. unächst wurde ohne Diskussion der Art. 1, welcher an die

Stelle des §. 6 der Gewerbeordnung gesetzt werden soll, nach

dem Vorschlage der Kommission angenommen; derselbe hat

folgenden Wortlaut:

„Das gegenwärtige Gesetz findet keine Anwendung auf die Fischerei, die Errichtung und Verlegung von Avpotbeken, die Er⸗ ziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichtswesen, die advokatorische und Notariatspraxis, den Gewerbebetrieb der Aus⸗ wanderungsunternehmer und Auswanderungs⸗Agenten der Ver⸗ sicherungsunternehmer und der Eisenbahnunternebmungen, die Befugniß zum Halten öffentlicher Fähren und die Rechtsverhältnisse der Schiffsmannschaften auf den Seeschiffen. Auf das Berg⸗ wesen, die Ausübung der Heilkunde, den Verkauf von Arznei⸗ mitteln, den Vertrieb von Lotterieloosen und die Viehzucht findet das gegenwärtige Gesetz nur insoweit Anwendung, als dasselbe aus⸗ drückliche Bestimmungen darüber enthält. Durch Kaiserliche Verordnung wird bestimmt, welche Apothekerwaaren dem freien Verkehr zu überlassen sind.“

Die Abgg Baumbach u. Gen. beantragten, hinter diesen Artikel einen ne uen Artikel einzufügen, derselbe soll an Stelle s Alinea 2 des §. 12 der Gewerbeordnung treten, welcher „Durch das gegenwärtige Gesetz werden diejenigen Be⸗

onen des Soldaten⸗ und Beamtenstandes, sowie deren An⸗ ehörigen bestehen, nicht berührt.“ Der Antrag Baumbach dagegen lautet:

„In den Handwerksstuben der Truppentheile und in allen Kasernenräumen darf ein Handwerksbetrieb nur für Rechnung der Truppentheile stattfinden. Marketender⸗, Kantinen⸗Wirthschaften, Kasinos und andere Verkaufsgeschäfte, welche in Kasernen einge⸗ richtet sind, dürfen Waaren nur an die Bewohner der Kasernen oder für den Bedarf innerhalb der Kaserne verabfolgen. Personen des Soldatenstandes bedürfen zu dem Betriebe eines Gewerbes der Erlaubniß des Kommandanten bezw. des Garnisonältesten ihres Garnisonortes, sofern nicht das Gewerbe mit der Landwirthschaft eines ihnen gehörigen ländlichen Grundstücks verbunden ist. Diese Erlaubniß muß von Personen des Soldatenstandes auch zu dem Gewerbebetriebe ihrer Ehefrauen und anderer Mitglieder ihres Hausstandes eingeholt werden. Sonstige Beschränkungen, welche in Betreff des Gewerbebetriebes für Personen des Soldaten⸗ und Beamtenstandes sowie deren Angehörige bestehen, werden durch das gegenwärtige Gesetz nicht berührt.“

Die Abgg. Frhr. von Gagern und Gen. beantragten dagegen folgende Fassung des §. 12 der Gewerbeordnung:

„In den Handwerksstuben der Truppentheile und in allen Ka⸗ sernenräumen darf ein Handwerksbetrieb nur für Rechnung der Truppentheile beziehungsweise für aktive Militärpersonen zu deren eigenem Verbrauche stattfinden.

Aus Marketender⸗, Kantinen⸗Wirthschaften, Kasinos und son⸗ stigen Verkaufsgeschäften, welche in Kasernen eingerichtet sind, dürfen Waaren nur von aktiven Militärpersonen zu deren eigenem Verbrauche entnommen werden.“

Nachdem der Referent Abg. Dr. Hartmann über einige

auf den Gegenstand bezügliche Petitionen berichtet hatte, erklärte

der Abg. Richter (Hagen), die große Zahl von Kriegsräthen, welche zur Berathung des Antrages der Fortschrittspartei an⸗ gemeldet sei, lasse erkennen, daß auch die Regierung Er weise von etwaigen Einwand zurück, als ob der Rahmen der Gewerbenovelle passe. Wenn die Regierung eine Vorlage einbringe, die ein gelten⸗

vorn herein den

des Gesetz abändern solle, so könne natürlich der Reichstag

die Abänderung desselben Gesetzes auch in anderen Punkten, als die Regierung vorschlage, beschließen. Auch die Kom⸗ mission habe mehrfach diesen Grundsatz in ihren Beschlüssen bethätigt. Es scheide ferner für die heutige Diskussion die Frage der finanziellen Zweckmäßigkeit der Militärhandwerks⸗ stätten und Kantinenbetriebe aus, da diese Frage in die Etats⸗ berathung gehöre, und ein darauf bezüglicher von ihm früher gestellter Antrag der Budgetkommission überwiesen worden sei. In das Gebiet der Gewerbeordnung falle die Frage der Kon⸗ kurrenz zwischen Militär⸗ und Civilhandwerkern. Nach dem ihm zugegangenen Material habe er über diese Konkurrenz folgendes Bild erhalten: Es werde in den Militär⸗ handwerksstätten nicht blos für Rechnung der Truppen⸗ theile, sondern auch für Rechnung der betreffenden Handwerksmeister, der Regimentsschneider, Schuhmacher und Sattler, gearbeitet. Es würden also zu diesen Arbeiten die Werkstätten, die aus fiskalischen Mitteln erhalten werden, die Feuerung, das Licht benutzt, welches aus dem Etat bezahlt werde, und es ständen auch die Arbeitskräfte von Militär⸗ personen jenen Meistern, welche als Vorgesetzte der Soldaten auf diese einen gewissen Druck ausüben könnten, gegen sehr geringe Vergütung außerhalb der Dienststunden zur Verfü⸗ gung. Es werde ferner von den Meistern ein recht schwung⸗ safter Handel mit Militärausrüstungsstücken getrieben. So abe er hier einen gedruckten Preiscourant des Regiments⸗ schneiders vom hiesigen Eisenbahn⸗Regiment, wonach derselbe alle möglichen Ausrüstungsstücke feilbiete bis zum vergoldeten Offiziersdegen hinauf. Der Preiscourant sei auch gleich mit der Adresse versehen, „Herrn Reserve⸗Unteroffizier ꝛc.“ Es eees sich dabei meist um Extramontirungestücke, welche ich solche Militärpersonen, die etwas zuzusetzen hätten, oder auch eingezogene Reserve⸗Unteroffiziere und Offiziere anzuschaffen pflegten. Auch für aktive Offiziere solle gearbeitet werden. Die Konkurrenz der Privaten bei diesen Gegenständen sei zum Theil sogar durch Befehl ausgeschlossen, indem den Militärs verboten werde, sich ihre Extrastücke von anderwärts, als von den Regimentshandwerksmeistern zu beschaffen. Diese Meister nähmen dann oft noch um 5 bis 8 Proz. höhere Preise, als die Privathandwerker. Sogar für Civilkundschaft arbeite der Regimentshandwerksmeister häufig, wie derselbe sich vielfach auch zur Verstärkung seines Handwerkerpersonals Civilarbeiter halte. Der Schuhmacher des Jäger⸗Bataillons in Bückeburg z. B. halte sich zwei Civilarbeiter, nehme Lehrlinge an, habe sogar einen großen Laden, in welchem derselbe alle mög⸗ lichen Gegenstände öffentlich verkaufe. Er (Redner) halte es

nun für unrecht, daß in den Regimentshandwerksstätten anders gearbeitet werde, als für Rechnung der Truppen⸗ theile, und der Antrag der Fortschri tspartei gehe in⸗ sofern weiter, als der des Abg. von Gagern, da der Antrag der Fortschrittspartei es auch nicht zulassen wolle, daß für Offiziere, Soldaten und Reservisten Gegenstande, die nicht zur Dienstkleidung gehörten, aus fiskalischen Mitteln he gestellt würden. Die zweite Seite des Antrages betreffe die Kantinenwirthschaft. Auch die Kantinen und Kasinos verkauften ihre Waaren nicht allein innerhalb der Kaserne, sondern auch Familien und Bekannte von Militärs bezögen von dort vielfach ihre Vorräthe. Welche Ausdehnung die Katinenbetriebe vielfach hatten, gehe z. B. daraus hervor, daß laut einer Zeitungsannonce die Kantine des 2. Schlesischen Jäger⸗Bataillons Nr. 6 für 2000 verpachtet werde. Außerdem werde häͤufig den Soldaten untersagt, ihre Vor⸗ räthe anderswo, als in den Kantinen zu kaufen. So werde durch die Kantinen den Privatwigthschaften eine ganz unbe⸗ rechtigte Konkurrenz gemacht. D ntrag, der im Wesentlichen einer älteren preußischen GesetzesWstimmung nachgebildet sei, würde aber lex imperfecta bleiben, wenn nicht eventuelle Ueber⸗ tretungen der einzuführenden Beschrankunen mit Strafe be⸗ droht würden. Es würden sich hier Polizeistrafen empfehlen, gegen welche bei gewöhnlichen Gerichten, nicht bei Militär gerichten das Rechtsmittel einzulegen wäre. Es würden aus Handwerkerkreisen oft unberecheigte Forderungen auf Einräu⸗ mung von Privilegien genellt. Er sei entschieden Gegner solcher Forderungen. Aber im vorliegenden Falle lägen ge⸗ rechte Beschwerden der Handwerker vor, die er gern unter⸗ stütze. Es handele sich um den natürlichen Schutz der freien Konkurrenz gegen die Privilegien des Staatsbetriebes. Er rechne, indem er diesen Schutz anstrebe, auch auf die Unter⸗ stützung der Mitglieder des Centrums und der Konservativen, welche sich ebenfalls bereits häufig gegen die von der Fort⸗ schrittspartei gerügten Uebelstände ausgesprochen hätten. 2 Hierauf nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats⸗Minister Bronsart vonSchellendorff, wie folgt, das Wort:

en! Wenn der vorliegende Antrag Gesetzeskraft er⸗ langen sollte, würde dadurch zu Ungunsten der Angehörigen der Armee ein Ausnahmezustand geschaffen werden, gegen welchen ich mich ganz bestimmt aussprechen müßte. Wenn der Herr Abgeordnete, der soeben gesprochen hat, auch sagt, es handle sich umgekehrt darum, ein Privilegium zu beseitigen, so existirt ein Privilegium der Arbeit hier gar nicht. Diese Arbeit, die hier geleistet wird und die nun gehin⸗ dert werden soll, ist eine freiwillige.

Im Uebrigen, meine Herren, bin ich der Meinung, daß es doch höchst bedenklich ist, bei dieser Gelegenheit überhaupt, sowohl auf ethischem Gebiet in Bezug auf den Segen der Arbeit, als auch auf materiellem Gebiet in Bezug auf den Lohn der Ar⸗ beit, Einschränkungen für die ehrliche Arbeit zu treffen. Denn diese Arbeit, die hier geleistet wird, ist eine ehrliche. Alle Voraus⸗ setzungen der ehrlichen Arbeit treffen zu, wie ich das weiter nach⸗ weisen werde.

Ich komme nun zu den einzelnen Theilen dieses Antrags.

Es heißt zuerst, meine Herren:

In den Handwerksstuben der Truppentheile und in allen Kasernenräumen darf ein Handwerksbetrieb nur für Rechnung der Truppentheile stattfinden.

Es wäre ja möglich, einen Mangel der ich mich so ausdrücken darf, dahin zu anstatt „für Rechnung der Truppentheile“ gesagt würde: „für Rechnung der Militärpersonen“, denn so wie der Antrag gestellt ist, ist das Kriegs⸗Ministerium nicht in der Lage, in den Handwerkstätten probeweise Ausführungen zu Versuchen machen zu lassen. Darüber würde sich ja eine Einigung erzielen lassen.

Es ist aber außerdem durch das beabsichtigte Verbot der Arbeit in allen Kasernenräumen ein Unterschied statuirt zwischen denjenigen Militärpersonen, welche kasernisirt sind und denen, welche Natural⸗ quartier haben. Denjenigen Personen also, welche Naturalquartier haben, soll nach dem dritten Absatz mit Genehmigung der Vorgesetzten erlaubt werden, ein Gewerbe zu betreiben, während den kasernisirten Personen, wenn in allen Kasernenräumen es verboten wird, diese Erlaubniß vollständig versagt ist. Dadurch wird nun schon eine Ungleichheit geschaffen zu Ungunsten der Kasernisirten, welche die Militärverwaltung gar nicht zugeben kann.

Was nun die Frage der Benutzung der Handwerksstuben zu Privatarbeiten anbetrifft, so ist diese Privatarbeit eine außerordent⸗ lich eingeschränkte; sie findet thatsächlich nur noch statt bei einzelnen sogenannten Offiziersbekleidungsanstalten, wo durch Anschaffung großer Tuchvorräthe in billiger Weise für die Offiziere die Möglichkeit gegeben ist, sich eine billigere Bekleidung zu ver⸗ schaffen, als wie sie dieselbe im Allgemeinen bei Militärschneidern bekommen.

Der Herr Abgeordnete

Fassung, wenn begleichen, daß

hat gesagt, es wäre eine Art von Staatsarbeit, sie fände auf Staatskosten statt. Dem muß ich doch ganz bestimmt entgegentreten. Die Intendanturen sind schon seit langer Zeit durch Erlasse des Kriegs⸗ Ministeriums an⸗ gewiesen, für jede Benutzung der Handwerkstätten für der⸗ artige Zwecke natürlich nur überhaupt zulässig außerhalb der Dienststunden, was ja auch von dem Herrn Abgeordneten nicht bestritten ist sich eine Entschädigung gewähren zu lassen. Diese Entschädigung faßt ins Auge nicht nur Heizung, Licht und dergleichen, was hier Seitens des Herrn Abgeordneten irriger Weise dieser Arbeit zur Last gelegt worden ist, sondern es wird sogar bezahlt für Benutzung des Lokals. Nun, meine Herren, sind wir ja sehr oft in der Lage unsere Kaserneneinrichtungen, Exerzierhäuser und Exerzierplätze zu gemeinnützigen Zwecken ohne jede Entschädigung zur Verfügung zu stellen. Das hat noch Niemand bestritten oder dagegen Einwand erboben. Ich glaube auch, daß bei der wirklich beschränkten Zabl, wo Handwerksstuben zu derartigen Zwecken benutzt werden, eine Veranlassung vorliegt, irgend wie in gesetzlicher Weise uns einen lästigen Zwang aufzuerlegen, denn das kann ich versichern, meine Herren, gegen Mißgriffe und Mißbräuche auf diesem Gebiete wird Seitent der Militärverwaltung ganz bestimmteingeschritten. Ich habe mich aus den Akten darüber schon informirt. Es sind Klagen gekommen, die berechtigt waren, wo z. B. ein Geschäft betrieben war gewisser⸗ maßen unter dem Namen der Frau, ein Mißbrauch, welchen der Herr Abgeordnete vorhin als sehr natürlich vorkommend bezeichnete. Auf diese Klagen hin ist Verbot eingetreten, es ist also ein derartiger Mißbrauch verboten worden, und wo er anderweit ohne Vorwissen der Militärverwaltung stattfinden sollte, da sind wir vollständig in der Lage, wenn diese Dinge an uns berantreten, auch dagegen einzu⸗ schreiten. Der zweite hbsa lautet: 8 Marketender, Kantinenwirthschaften, Kasinos und andere Ver⸗ kaufsgeschäfte, welche in Kasernen eingerichtet sind, dürfen Waaren nur an die Bewohner der Kasernen oder für den Bedarf inner⸗ halb der Kaserne verabfolgen.

Meine Herren, wenn dies angenommen wird, so dürfte z. B. ein Offizier, der auf Wache zieht und sich jetzt sein Mittagessen aus dem Offizierkasino holen läßt dies nicht mehr thun; ebenso ein Offizier, der vielleicht erkrankt ist, ebensowenig darf ein Offizier, der außerhalb der Ka⸗ serne wohnt und aus irgend einem Grunde einmal bei sich zu Hause ein paar Bekannte sehen und ihnen ein Glas Wein vorsetzen will, sich diesen Wein, der im Keller der Kaserne liegt, holen lassen. Das wären doch Beschränkungen der persönlichen Freiheit, die sonst nicht ‚jich bin also der Meinung, daß dies auch nicht für die geordnet werden kann. un die Kantinenwirthschaften anbetrifft, so sind diese auf es Gesetzes bisher erwachsen, und es sind Verstöße gegen eit mir bekannt, überhaupt noch gar nicht zur Nach⸗ gekommen; nichtsdestoweniger aber erkenne ich an, daß Miß⸗ iuche auf diesem Gebiet sehr wohl möglich sind, da ist aber die Militärverwaltung auch ohne ein derartiges Gesetz vollständig in der Lage, den Mißbrauch abzuschaffen, und ich meine in dieser Beziehung, daß, wenn bisher die Kantinenwirthschaften, so wie sie frei entstanden ind in den einzelnen Truppentheilen, auc eine sehr freie Entwicke⸗ lung genommen haben, daß trotzdem Seitens der Militärrerwaltung das Bedürfniß anerkannt wird, nach dieser Richtung gewisse Normativ⸗ bestimmungen zu geben. Wir sind bereits mit den General⸗Kom⸗ mandos in Verbindung getreten, um zu zweckmäßigen Anordnungen zu kommen, durch welche jeder Mißbrauch und jede über den eigent⸗ lichen Zweck dieser Wirthschaften hinausgehende Maßregel verboten werden soll.

Nun, meine Herren, der dritte Punkt:

Personen des Soldatenstandes bedürfen zu dem Betriebe eines Gewerbes der Erlaubniß des Kommandanten bezw. des Garnison⸗ ältesten ihres Garnisonortes, sofern nicht das Gewerbe mit der Landwirthschaft eines ihnen gehörigen ländlichen Grundstücks ver⸗ bunden ist. Diese Erlaubniß muß von Personen des Soldaten⸗ standes auch zu dem Gewerbebetriebe ihrer Ehefrauen und anderer Mitglieder ihres Hausstandes eingeholt werden.

Meine Herren! Zunächst, glaube ich, enthält dieser Vorschlag etwas, was die Herren gar nicht beabsichtigt haben, sie haben nämlich das Verbot, was sie haben wollen, auf die Personen des Soldaten⸗ standes beschränkt. Damit, meine Herren, machen Sie die Büchsen⸗ macher und Sattler frei, denn diese gehören nicht zu den Personen des Soldatenstandes, sondern zu den Militärpersonen des Friedens⸗ standes. Für Letztere giebt übrigens der §. 43 des Reichsmilitär⸗ gesetzes schon Bestimmungen, es heißt darin:

Zum Betrieb eines Gewerbes bedürfen die Militärpersonen des Friedensstandes für sich und für die im Dienstgebäude woh⸗ nenden Mitglieder ihres Hausstandes der Erlaubniß ihrer Vor⸗ gesetzten, sofern das Gewerbe nicht mit Landwirthschaft u. s. w. verbunden ist.

Es würden also, wenn dieser Antrag angenommen würde, die Büchsenmacher und Sattler frei werden, die würden ganz frei wirth⸗ schaften können und keiner Kontrole und Ueberwachung Seitens ihrer Vorgesetzten unterliegen, und dagegen müßte ich mich auch aus⸗

sprechen.

Dann wird hier verlangt, es solle die Erlaubniß nicht von der Zustimmung des nächsten militärischen Vor⸗ gesetzten abhängig gemacht werden, sondern des Komman⸗ danten, bezw. Garnisonältesten. Meine Herren, as ist doch einmal etwas zuviel verlangt und entspricht meiner Meinung nach nicht der Stellung eines so hohen Offiziers, wie z. B. eines Gouverneurs von Berlin, der seine Zustimmung geben soll, wenn die Frau eines Unteroffiziers beabsichtigt, sich mit Waschen u. s. w. zu beschäftigen Das würde die Folge sein, aber derartige Dinge er⸗ ledigen wir bereits in den unteren Instanzen.

Wenn der Herr Abgeordnete nun gegen dieses bisherige Verfahren geltend gemacht hat, die nächsten Vorgesetzten hätten ein besonderes Interesse zur Sache, so meine ich: gerade darum, weil sie das nächst⸗ liegende Interesse daran haben, sollen sie auch das Recht haben, darüber zu befinden. Der Weg der Remedur ist gar nicht ausge⸗ schlossen; es kann jeden Augenblick eine Klage an die höheren Vorgesetz⸗ ten kommen, und wenn dann von der Befugniß nicht zweckmäßig Gebrauch gemacht worden ist, so sind wir alle Tage in der Lage, entsprechende Ab⸗ änderungen zu treffen. Beiläufig gesagt, würde die Sache den Gouverneur, den Kommandanten nichts angehen; denn nach der Dienstordnung, die bei uns gilt, gehören nur die Regelung des Garnisondienstes u. s. w. zu seinen Befugnissen; und von Garnisondienst ist hier nicht die Rede, sondern es ist der innere Dienst in den Truppentheilen, der hier in Frage kommt, und dieser wird durch die anderen Militär⸗ vorgesetzten geregelt.

Nun, meine Herren, ist noch weiter gesagt: 8

Diese Erlaubniß muß von Personen des Soldatenstandes auch zum Gewerbebetriebe ihrer Ehefrauen und anderer Mitglieder ihres Hausstandes eingeholt werden.

Bisher, meine Herren, war die Bestimmung auf Grund des §. 43 des Militärgesetzes, daß diese Genehmigung kingeholt werden müßte bei allen denjenigen Persönlichkeiten, welche innerhalb der Dienstgebäude der Kaserne untergebracht waren; natürlich, meine Herren, aus Gründen des Dienstes, damit in jeder Bezi hung in dem Kasernement die Ordnung aufrecht erhalten werden kann, wie sie dort gehandhabt werden muß. Dagegen waren bisher Unteroffiziere, welche außerhalb der Kaserne wohnten, z. B. nicht verpflichtet, sich die Erlaubniß ihrer Militärvorgesetzten dazu zu erbitten, daß die Frau vielleicht etwas nähte oder sich mit Waschen irgend etwas erwarb, oder daß ein bereits heranwachsender Sohn, der ein Handwerk erlernt hatte, sich auf die Weise in dem Haushalt des Vaters etwas verdiente. Wir erblicken darum eine durch die Interessen des Dienstes nicht gebotene Beschränkung der persönlichen Freiheit, wenn wir auch in diese Privatverhältnisse der Leute eingreifen wollten, sosern sich dies nicht aus dienstlichen Rücksichten bestimmt rechtfertigte, und ich erkläre, meine Herren, daß wir dienstliche Rücksichten darauf nur in dem Falle nehmen, wenn das Ansehen und die Würde des Standes durch die Art des Gewerbes überhaupt, durch die Art und Weise, wie es getrieben wird, leidet; und dafür, meine Herren, haben wir ein ganz feines Gefühl.

Nun, meine Herren, komme ich noch auf einige Punkte, die der Herr Abgeordnete vorhin ausgesprochen hat. Er hat gesagt, es läge ein Zwang der Oekonomiehandwerker vor zur Ausführung der.⸗ artiger freiwilliger Arbeiten, unter dem Schneidermeister, der bei dem Truppentheil fungirt. Meine Herren! Der Herr Abgeordnete hat einen außerordentlich schweren Vorwurf erhoben gegen diesen Schneidermeister, insofern es sich hier um einen außerordentlich strafbaren Mißbrauch der Dienstgewalt han⸗ deln würde, das eristirt nicht. Die Dienstleistung der Oeko⸗ nomiehandwerker außerhalb ihrer amtlichen Arbeitsstunden bei derartigen Arbeiten ist eine vollkommen freiwillige, und ich muß be⸗ streiten, daß ein Zwang stattfinde. Und wenn der Herr Abgeordnete sagt: man weiß ja wie es zugeht oder so etwas Aehnliches, so behaupte ich eben: wenn er das sagt, weiß er doch nicht, wie das zugeht.

Der Befehl ferner, der mir übrigens nicht bekannt ist, der erlassen sein soll, daß Einährig⸗ Freiwillige und sonstige Soldaten für die Anfertigung ihrer Extra⸗ anzüge sich nur an die Millitärschneidermeister wenden sollen, ist ja außerordentlich zweckmäßig. Der Militärschneidermeister hat ja überdies, wie schon vorhin erwähnt worden ist, zuweilen Civil⸗ arbeiter an der Hand, und es wird auf die Weise am allerbesten Vor⸗