Brandt, Pr. Lt. der Landw. Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 106, jetzterer mit der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee⸗ Unif. auf geschehenes Ansuchen der Abschied bewilligt.
Im Sanitäts⸗Corps. 19. März. Dr. Schmidt, Dr. Krappe, Assist. Aerzte 2. Kl. der Res. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 106, zu Assist. Aerzten 1. Kl. der Res., Dr. Becker, Assist Arzt 2. Kl. des Inf. Regts. Nr. 133, kommandirt zum Kaiserl. Reichs⸗ Befundheitsamt in Berlin, Dr. Karg. Assist. Arzt 2. Kl. des Infant. Regts. Nr. 134, zu Assist. Aerzten 1. Kl. defördert. Dr. Krebs, Assist. Arzt 1. Kl. des Inf. Regts. Nr. 103, mm Garde⸗Reiter⸗Regt., Dr. Paak, Assist. Arzt 1. Kl. des Inf. Regts. Nr. 102, zum Gren. Regt. Nr. 101, beide unter gleichzeitiger Entbind. von dem Kommando beim Stadtkrankenhause in Friedrich⸗ stadt⸗Dresden, Trautschold, Assist. Arzt 1. Kl. lettgen. Regts., zum Inf. Regt. Nr. 103, Dr. Sedlmayr, Assist. Arzt 1. Kl. des Fuß⸗Art. Regts. Nr. 12, zum Inf. Regt. Nr. 102, beide unter gleichzeit. Be⸗ fehligung als Assist. Aerzte zum Stadtkrankenhause in Dresden, Kruspe, Assist. Arzt 2. Kl. Gren. Regts. Nr. 100, zum Fuß⸗Art Regt. Nr. 12, versetzt. Dr. Piebhl, Dr. Krauß, Stabs⸗ ärzte der Res. des Res. Landw. Bats. Nr. 108, Dr. Zimmer⸗ mann II., Etobearit der Landw. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 106, auf geschehenes Ansuchen der Abschied bewilligt.
Dentsches Reich.
Preußen. Berlin, 11. April. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute den Vortrag des Wirk⸗ lichen Geheimen Raths von Wilmowski und empfingen den — ernannten türkischen Botschafter Said Pascha in offizieller
udienz.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ertheilte dem neu ernannten türkischen Botschafter die nach⸗ gesuchte Antrittsaudienz.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern militärische Meldungen entgegen und wohnte mit Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin der fünfzigjährigen Jubel⸗ feier des Bestehens der Baruch Auerbachschen Waisen⸗ anstalt bei.
Abends besuchten Ihre Kaiserlichen Hoheiten mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe die Vorstellung im Opernhause. 1 “
— Der Bundesrath, die vereinigten Ausschüsse des⸗ selben für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Ver⸗ kehr, sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen hielten heute Sitzungen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (63.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats⸗Minister Scholz sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, zeigte der Präsident von Levetzew zu⸗ nächst den Eingang eines Schreibens des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck an, in welchem mitgetheilt wurde, daß an Stelle des ausgeschiedenen General⸗Lieutenants von Verdy du Vernois der Direktor des Allgemeinen Kriegsdeparte⸗ ments im preußischen Kriegs⸗Ministerium, General⸗ Major von Hänisch zum stellvertretenden Bevollmäch⸗ tigten zum Bundesrathe ernannt worden ist.
Ferner erklärte der Präsident, daß er von den für die Ueberschwemmten in Deutschland eingeschickten Liebes⸗ gaben mit Zustimmung der Comiteémitglieder an ein in Danzig gebildetes Comite für die dortigen Ueberschwemmten vorläufig 5000 ℳ eingeschickt habe. Diese Verwendung entspreche zwar nicht den ausdrücklichen Wünschen, aber doch sicherlich den Intentionen der Geber, und er hoffe, daß der Reichstag diesem Verfahren seine Zustim⸗ mung nicht versagen werde.
Der Abg. Rickert dankte dem Präsidenten für die Bereit⸗ willigkeit, mit der er den Weichselüberschwemmten eine Hülfe habe zukommen lassen. Nach den seitdem eingegangenen Nachrichten des Danziger Comités lasse sich der angerichtete Schaden noch nicht übersehen, da das Wasser sich noch nicht verlaufen habe. Aber nach dem Aufruf der Staats⸗ und Kommunalbehörden in Danzig sei schleunige Hülfe nothwendig. In Danzig selbst sei der Schaden ja nur lokal, aber die ganze Niederung der Binnennehrung sei überschwemmt. Jedenfalls werde es die Ueberschwemmten mit Genugthuung erfüllen, daß die Vertreter des Reichs auch für ihre Leiden ein warmes Herz haben.
Hierauf trat das Haus in die Tagesordnung ein. Erster
Gegenstand derselben war der mündliche Bericht der Kom⸗ mission für die Geschäftsordnung über die Frage: ob das Mandat des Abgeordneten für den 6. Wahlkreis des König⸗ rveichs Sachsen, Ackermann, infolge seiner Ernennung zum Königlich sächsischen Geheimen Hofrath für erloschen zu er⸗ klären sei.
Der Referent Abg. Dr. Porsch beantragte Namens der Kommission, der Reichstag wolle beschließen, zu erklären, daß das Mandat des Abg. Ackermann nicht erloschen sei.
Der Abg. Kayser machte darauf aufmerksam, daß der Abg. Ackermann doch selbst zweifelhaft gewesen sei, ob sein Mandat nicht erloschen sei. Die Kommission lege den betr. Verfassungsparagraphen zu eng aus; es sei doch mit jenem Titel eine höhere Hofbedienstung verbunden.
Der Abg. Dr. Windthorst glaubte, daß die Ausführungen des Vorredners weniger durch verfassungsmäßige Bedenken, als durch eine zu große Empfindlichkeit dieses Abgeordneten veranlaßt worden seien.
Der Abg. Richter (Hagen) bedauerte, daß diese Frage dem Reichstage schon Druckkosten verursacht habe; er hoffe, “ nicht auch noch kostbare Zeit in Anspruch nehmen werde.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode wies darauf hin, daß die Fnfrrge des Abg. Ackermann ein Akt der bloßen Courtoisie gewesen sei.
Der Abg. Kayser bemerkte dem Abg. Windthorst gegen⸗ über, daß seine Bedenken leditlich verfassungsmäßiger Natur seien.
Nach einem kurzen Schlußwort des Referenten wurde der
Antrag der Kommission einstimmig angenommen.
Hierauf setzte das Haus die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betr. die Abänderung der Gewerbeordnung, bei Art. 10 §. 57a. der Kommissionsbeschlüsse fort.
Der §. 57a. lautet:
Der Wandergewerbeschein ist in der Regel zu versagen: 1) wenn der Nachsuchende noch nicht großjährig ist; 2) 2-r--, er blind, taub oder stumm ist, oder an Geistesschwäche eidet.
Der Abg. Stolle erklärte, daß er gegen den Paragraphen stimmen werde, weil durch denselben jungen Leuten die Mög⸗ lichkeit eines Broterwerbs genommen werde.
Der Abg. Dr. Baumbach bemerkte, daß er noch in der dritten Lesung einen Antrag einbringen werde, wonach die Sl Gns des Gewerbescheins hier nur fakultativ einzutreten
abe.
§. 57 a. wurde angenommen.
. Schluß des Blattes begann die Berathung des
— Der Gemeinde Drabenderhöhe im Kreise Gum⸗ mersbach 1. durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 14. März 1883 behufs Erwerbung der zur Anlage eines Zufahrtsweges von der Ründeroth⸗Gummersbacher Chaussee nach der neu erbauten Brücke über den Aggerfluß der Ortschaft Osberg⸗ hausen erforderlichen Fläche eines dem Buchbinder Reinhold König zu Ronsdorf gehörigen Grundstücks der Gemeinde Weierschagen, das Enteignungsrecht verliehen worden.
Durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 5. März 1883 ist genehmigt worden, daß die dem Chausseegeldtarif vom 29. Fe⸗ bruar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗ Polizeivergehen auf die von dem Kreise Schlawe im Regie⸗ rungsbezirk Cöslin zu unterhaltende von Schlawe über Cannin bis zur Rügenwalde⸗Stolpmünder Chaussee führende Kreis⸗ chaussee zur Anwendung gebracht werden.
— Nach der im Reichs⸗Eisenbahn⸗Amt aufgestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Nachweisung über die im Monat Februar 1883 auf deutschen Bahnen (aus⸗ schließlich der bayerischen) beförderten Züge und deren Verspätungen wurden auf 46 größeren Bahnen beziehungs⸗ weise Bahnkomplexen mit einer Gesammtbetriebslänge von 29 941,98 km befördert an fahrplanmäßigen Zügen: 11 578 Courier⸗ und Schnellzüge, 88 094 P sonen lgs, 49 537 gemischte Züge und 85 831 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen: 1002 Courier⸗, Schnell⸗, Personen⸗ und gemischte Züge und 27 641 Güter⸗, Materialien⸗ und Arbeitszüge. Im Ganzen wurden 655 489 948 Achskilometer bewegt, von denen 178 813 241 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. Es verspäteten von den 149 209 fahrplanmäßigen Courier⸗, Schnell⸗, Personen⸗ und gemischten Zügen im Ganzen 693 oder 0,46 pCt., (gegen 0,57 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, und 1,04 „Ct. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 220 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, so daß den aufgeführten Babnen nur 473 Verspätungen (= 0,32 vCt.) zur Last fallen (gegen 0,59 pCt. im Vormonat). In demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf den eigenen Strecken der in Vergleich zu ziehenden Bahnen von 142 891 beförderten fahrplanmäßigen Zügen mit Personen⸗ beförderung 648, oder 0,45 pCt., mithin 0,13 pCt. mehr. In Folge der Verspätungen wurden 233 Anschlüsse versäumt (gegen 160 in demselben Monat des Vorjahres und 557 im Vor⸗ monat). Wird eine Gruppirung der Verwaltungen nach dem Verhältniß der auf je eine Anschlußversäumniß ent⸗ fallenden Zugverspätungen vorgenommen, so kommen in erster Reihe die Nordhausen⸗Erfurter Eisenbahn (2 Anschluß⸗Ver⸗ säumnisse auf 1 Verspätung) mit 0,50, und die Main⸗ Neckar⸗Eisenbahn (9 Anschluß⸗Versäumnisse auf 8 Ver⸗ spätungen) mit 0,89, während die Königliche Eisenbahn⸗ Direktion Cöln (rechtsrheinische) (2 Anschluß⸗Versäumnisse auf 20 Verspätungen) mit 10,0 die letzte Stelle einnimmt und bei 16 Eisenbahnen, welche im Ganzen 45 Zugverspätungen gemeldet haben, Anschluß⸗Versäumnisse überhaupt nicht vorge⸗ kommen sind.
— Der Regierungs⸗Assessor Ramkoff hierselbst ist dem Kollegium der General⸗Kommission zu Bromberg überwiesen worden.
Wiesbaden, 10. April. Nachdem in der heutigen 1. Plenarsitzung des Kommunal⸗Landtages die Wahl. der Schriftführer durch Acclamation erfolgt war, machte der Vorsitzende Mittheilung von den bis jetzt erfolgten Eingängen, und wurden die vier gewöhnlichen Kommissionen sowie eine besondere Kommission für das eingegangene Forstschutzgesetz vorgeschlagen. Zur Wahl der Mitglieder ꝛc. soll morgen früh 10 Uhr eine Plenarsitzung stattfinden.
Bayern. München, 9. April. (Allg. Ztg.) Bei der bevorstehenden Vermählungsfeier des Herzogs von Genua mit der Prinzessin Isabella von Bayern wird der König durch den Prinzen Luitpold vertreten werden.
— 10. April. (W. T. B.) Der Herzog Thomas von Genua ist mit seiner Mutter, der Prinzessin Maria Elisabeth, heute Nachmittag 4 ½ Uhr hier eingetroffen und von den Prinzen Luitpold, Ludwig, Leopold und Arnulf, den Herzögen Karl Theodor und Ludwig, dem sächsischen Gesandten, dem Stadtkommandanten und dem Polizeidirektor empfangen worden. Am Bahnhof war eine Ehrencompagnie mit der Fahne und Musik aufgestellt. Die Herrschaften begaben sich unter Begleitung einer Escadron nach dem Palais der Prinzessin Adalbert.
Baden. Karlsruhe, 10. April. (W. T. B.) Die Kaiserin von Oesterreich stattete heute mit der Erz⸗ herzogin Marie Valerie dem Großherzog und der Groß⸗ herzogin im hiesigen Residenzschlosse einen Besuch ab.
Mecklenburg. Schwerin, 10. April. Wie die „Meckl. Anz.“ melden, ist der Großherzog in Folge einer starken Erkältung genöthigt, den Antritt der beabsichtigten Reise nach der Riviera um einige Tage zu verschieben.
8 8 SDesterreich⸗Ungarn. Pest, 10. April. (W. T. B.) Die „Ungarische Post“ bemerkt der „Zastawa“ gegenüber, die ungarische Regierung habe den griechisch⸗orientalischen Patriarchen Angyelics in Karlowitz zur Vornahme der . des neuen serbischen Metropoliten nicht aufge⸗ fordert, sondern einfach auf eine an sie ergangene bezüg liche Anfrage ihre Zustimmung dazu ertheilt. n
“ 1.“ 11“ *
Großbritannien und Irland. London, 9. April Ueber die Dynamitverschwörung meldet die „Allg. Corr. weiter Folgendes:
Im Zusammenhange mit der in London und Birmingham ent⸗ deckten Dynamitverschwörung wurden am Sonnabend zwei weitere Verhaftungen vorgenommen, welchen die Polizei ein besonderes Ge⸗ wicht beilegt. In Glasgow wurde ein Mann Namens Gallagher festgenommen, der im Verdachte steht, der Urheber jener Dynamit⸗ explosion zu sein, welcher am 20. Januar ein Theil der dortigen Gas⸗ werke zum Opfer siel. Wie sich herausstellte ist der Gefangene ein Bruder des am Donnerstag in London verhafteten D. Thomas Gal⸗ lagher, in dessen Besitze sehr bedeutende Geldmittel gefunden wurden und der, wie man vermuthet, einer der Leiter der Verschwörung in Eng⸗ land ist. Die zweite Verhaftung erfolgte in London. Die Person, deren man sich versicherte, ist ein Mann Namens John Kirton. Ein von ihm an Dr. Gallagher gerichteter Brief führte die Polizei auf seine Fährte; er stand eben im Begriffe, London zu verlassen, wo er si nicht mehr sicher fühlte, als ihn einige Detektives auf der Eisenbahn⸗ station von Curton festnahmen. Kirton setzte seiner Verhaftung den äußersten Widerstand entgegen und es gelang nur mit Mühe, ihn in den zu seiner Ueberführung bereitstehenden Wagen zu schaffen. Der Inhalt des aufgefangenen Briefes soll äußerst gravirender Natur sein und keinen Zweifel darüber lassen, daß Kirton, der erst vor vier Tagen von Amerika herüberkam, von O'Donovan Rossa in besonderer Mission nach London gesandt wurde und ausersehen war, in dem geplanten Zerstörungswerke eine hervorragende Rolle zu spielen. Kirton ist ein geborener Irländer, hielt sich jedoch wäh⸗ rend der 8 zehn Jahre in den Vereinigten Staaten von Nord⸗ amerika auf; er ist 34 Jahre alt, hat anscheinend eine gute Erziehung genossen und zeichnet sich durch einen äußerst kräftigen Körperbau aus. Vor dem Polizeirichter, der ihn gleich den anderen Gefangenen bis zum Donnerstag zurückstellen ließ, benahm er sich mit großer Sicherheit und leugnete entschieden, Dr. Gallagher zu kennen und den aufgefangenen Brief abgesandt zu haben. Die sämmtlichen Ge⸗ fangenen wurden auf Grund eines vom Minister des Innern er⸗ theilten Befehls aus dem als nicht genügend sicher erachteten Po⸗ lizeigefängnisse in das Staatsgefängniß in Milbank überführt, wohin sie von einer starken Abtheilung Polizeimannschaft, die mit geladenen Revolvern bewaffnet war, eskortirt wurden.
Die von O'Donovan Rossa in die Welt gesandte Nachricht, daß noch 200 Sprengstofffabriken der irischen Brüderschaft in England im Betriebe stehen, findet hier keinen Glauben; daß jedoch Bir⸗ mingham nicht der einzige Platz war, wo die Verschwörer ihre furcht⸗ bare Munition herbezogen, scheint leider sicher zu stehen. Die Polizei ist im Besitze ganz zuverlässiger Nachrichten über eine im Laufe der vorigen Woche hier eingelangte bedeutende Sendung von Dynamit oder Nitro⸗Glycerin, die nach dem Westend konsignirt war, und, wie man ver⸗ muthet, irgendwo in der Nähe von Regent⸗Street deponirt ist. Alle Be⸗ mühungen, dieses gefahrdrohende Sprengstofflager aufzufinden, waren bis her vergeblich und ein leicht erklärliches Gefühl des Unbehagens und der Unsicherheit waltet darum, trotz der erfolgreichen Thätigkeit der Polizei während der letzten Tage, noch immer vor. Die Wag⸗
osten bei allen öffentlichen Gebäuden wurden neuerdings ver⸗
ärkt und es wird nunmehr auch ein Linien⸗Infanterieregiment nach London gezogen werden, da die Garde nicht ausreicht, um den erforderlich gewordenen Wachdienst zu bestreiten. Auf dringendes Ersuchen des Stadtraths von Birmingham wurde am Sonnabend mittelst Separatzuges eine f.vSe. Kavallerie dorthin entsandt, um die w in dem für nothwendig erachteten verstärkten Wachtdienste zu unterstützen. In der Stadt macht sich eine hoch⸗ gradige Erregung bemerkbar, die sich namentlich gegen das in Birming⸗ ham stark vertretene irische Element richtet. Gerüchte von einer geplanten gewaltsamen Befreiung Whiteheads, des Dynamit⸗ fabrikanten, sind im Umlaufe und das Gefängniß, in dem er unter⸗ gebracht ist, wird nun militärisch besetzt gehalten.
Den oben angeführten zwei Verhaftungen folgte gestern noch die Inhaftnahme eines jungen Mannes in London, der im Laufe des heutigen Tages vor den Polizeirichter gebracht werden wird.
Auch in Cork wurde am Sonnabend auf einem Felde vergraben ein Dynamitlager aufgefunden. 1
Das in der sogenannten „Dynamitdistillerie“ in Birminghan von Whitehead zurückgelassene Nitroglycerin verbreitete gestern noch in der ganzen Stadt eine arge Panik und die in den benachbarten
Straßen Wohnenden verließen Vormittags ihre Häuser, um aus der
Nähe des Tod und Verderben drobenden Magazins zu kommen. Es. war nämlich bekannt geworden, daß die Ueberführung der in dem Laden Whiteheads lagernden Sprengstoffe in Laufe des Tages erfolgen werde, und allgemein glaubte man, einen Unfall befürchten zu müssen. Der aus der Nobelschen Dynamitfabrik in Glasgow herbeigerufene Sachver⸗ ständige, Mr. Macready, fand nämlich, daß das Nitroglvcerin sich in einem Zustande der höchsten Explodirfähigkeit befinde; unter An⸗ wendung der größten Vorsichtsmaßregeln, dabei aber mit be⸗ wundernswürdiger Kaltblütigkeit und Sicherheit, ging er daran, daß Nitroglycerin durch den Zusatz von Feinerde in Dynamit umzu⸗ wandeln, was auch bei dem in mehreren Kübeln befindlichen Sprengstoffe schnell und sicher geschah. Die größte Verleger⸗ heit bereitete jedoch die in einem irdenen Gefäße befind⸗ liche Masse von 170 Pfund Nitroglycerin; es mußte in einen Kübel überschüttet werden, und Mr. Macready hielt dies für e gefährlich, daß sich mit Ausnahme der ihm freiwillig Hülfeleistenden (ein Reporter und Dr. Hill) alle übrigen Personen zurückzogen. Auch diese Ope⸗ ration gelang jedoch; einige Centner Dynamit wurden fabrizirt und der Sprengstoff sodann in dieser weniger gefährlichen Forn nach der 5 Meilen entlegenen städtischen Rieselfarm ge⸗ bracht, wo Mr. Macready zuerst ein kleines Häufchen mit einem Cigarrenzünder in Brand steckte und nach und nach die ganze Maft ohne Unfall verbrannte. Er äußerte sich dahin, daß Whitehead offen⸗ bar in der Herstellung des Nitroglvcerin wohlerfahren war; bei den ungünstigen Verhältnissen, unter denen er arbeitete, sei es jedoch ein wahres Wunder zu nennen, daß keine Explosion vorgekommen, un das in dem vom Volksmunde als „Dynamitdistillerie“ bezeichneten Laden vorgefundene Nitroglycerin hätte hingereicht, die Häuser im Un⸗ kreise von 600 Schritten in einen Schutthaufen zu verwandeln. Die Bill zur Abänderung des Gesetzes bezüglich der Per⸗ sonen, welche Explosionen verursachen und Sprengstoffe zu verbrecherischen Zwecken fabriziren oder in ihrem Besit haben, enthält sehr strenge Bestimmungen, welche aber im Hinblick auf die allgemeine Dynamitpanik, vor welcher das Vereinigte Königreich steht, begreiflich sind. Das Gesetz ver⸗ fügt die Bestrafung von Personen, welche der Verursachung einer Leben und Eigenthum gefährdenden Explosion schuldig be⸗ funden werden, selbst wenn kein Schaden dadurch angerichtet worden, mit lebenslänglicher Zuchthausstrafe. Jedweder Versuch, eine Explosion zu verursachen oder das Fabriziren oder Halten von Sprengstoffen zu verbrecherischen Zwecken, selbst wenn keine Explosion stattfindet, wird mit 20 Jahren Zuchthaus bestraft. Auf die Anfertigung oder den Besitz von Sprengstoffen unter verdächtigen Umständen steht 2 bis 14 jät⸗ rige Einsperrung mit harter Arbeit. Wer durch Geld, Beschaffung der nothwendigen Räumlichkeiten sowie Materials u. s. w. der Fabrikation und dem Ver⸗ schleiß von Sprengstoffen zu verbrecherischen Zwecken Vorschub leistet oder als Helsershelfer bei einer Explofion oder einem Explosionsversuche figurirt, wird ebenso streng bestraft wie der eigentliche Verüber einer verbrecherischen Ex⸗ plosion. Die übrigen Bestimmungen der Vorlage erhöhen die Gewalten der richterlichen Organe bei der Vernehmung von Zeugen, ermächtigen zur Verhaftung von Zeugen, welche sich ihrer Vernehmung durch die Flucht entziehen wollen, und ge⸗ statten die Vornahme von Recherchen
nach Sprengstoffen an
Bord verdächtiger Schiffe und in den Wohnungen verdächtiger Personen. Das Gesetz führt die offizielle ngen verdachtiger plosive Substances Act, 1883“.
— 10. April. (W. T. B.) Von Chatham sollen
Soldaten zur Verstärkung der hiesigen Garnison abgesandt werden. Sämmtliche Schildwachen in London er⸗ halten jetzt scharfe Patronen und ziehen von Sonnenunter⸗ gang ab mit geladenem Gewehr auf Posten.
(Fr.
Frankreich. Paris, 10. April. Corr.) Gestern Vormittag trafen der Prinz Ludwig Ferdi⸗ nand von Bayern und seine Gemahlin, Dona Naria de la Paz, mit zahlreichem Gefolge in Paris ein und stiegen im Grand Hotel ab. Der Vater der Neuvermählten, Don Franz von Assisi, Gemahl der Königin Jaabella, der spanische Botschafter Herzog von Fernan⸗Nunez, und der baye⸗ rische Geschäftsträger, von Reither, hatten das Prinzliche Paar, welches unter dem Namen Graf und Gräfin Badenberg reist, auf dem Orleansbahnhof erwartet.
— 10. April. (W. T. B.) Der Präsident Grévy hat ein Dekret erlassen, durch welches die Organisation des Hotel des invalides modisizirt wird. Der Posten des Gouverneurs desselben wird aufgehoben und die Zahl der in dem Hotel besindlichen Invaliden auf 400 reduzirt. Hierdurch werden jährlich 160 000 Frcs. gespart. In den Theil des Hotel des invalides, welcher nunmehr disponibel wird, sollen Bureaux des Kriegs⸗Ministeriums verlegt werden.
Die Seitens der Marine mit dem Kropatschek⸗ gewehr angestellten Versuche haben zu keinem befriedigenden Resultat geführt. Die in Versailles niedergesetzte Kommission setzt die Versuche, betreffend die Umwandelung des jetzigen Gewehres in ein Repetirgewehr, fort.
Marseille, 10 April. (W. T. B.) Gegen 7000 Hafen⸗ arbeiter haben die Arbeit eingestellt; Ruhestörungen sind nicht vorgekommen.
Italien. Rom, 10. April. (W. T. B.) In der eutigen Sitzung des Senats richtete bei Fortsetzung der erathung des Budgets des Auswärtigen Musolino
an den Minister Mancini die Aufforderung, den Bardo⸗ Vertrag nicht anzuerkennen und wenigstens das zu konser⸗ viren, was von der Türkei noch übrig sei. Alfieri äußerte: er glaube, Italien habe gut daran gethan, sich von jeder Theilnahme an Ereignissen, welche im Widerspruch mit seinen politischen Traditionen stünden, fern zu halten. Ca⸗ racciolo legte die Vortheile der Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zu Oesterreich und Deutschland dar, betonte je⸗ doch, daß die Freiheit der Initiative durch dieselben nicht ver⸗ mindert werden dürfe; er glaube, man müsse auch die herz⸗ lichen Beziehungen zu England aufrecht erhalten; zu loben sei, daß Mancini die italienische Politik mit derjenigen des euro⸗ päischen Concerts in Einklang gebracht habe.
Türkei. Konstantinopel, 10. April. (W. T. B.) Wie versichert wird, hat Aarifi Pascha den russischen Bot⸗ schafter dringend aufgefordert, Instruktionen hinsichtlich der Libanonfrage einzuholen, da die Vollmachten Rustem Paschas am 23. d. erlöschen. — Es bestätigt sich, daß der Avisodampfer „Izzedin“ den Fürsten von Bulgarien, welcher auf seiner Reise nach Griechenland dem Sultan einen Besuch abzustatten beabsichtigt und einige Tage dessen Gast sein soll, von Varna abholen wird.
Amerika. (Allg. Corr.) Die Dynamit⸗Entdeckun⸗ en in London beschäftigen fortdauernd die öffentliche Auf⸗ merksamkeit in den Vereinigten Staaten. Dieselben flößen, wie aus New⸗York vom 8. ds. gemeldet wird, allgemein ein Gefühl des Abscheus ein, und es wird keine Sympathie für die Verbrecher ausgedrückt, ausgenommen in irischen Kreisen. Der „Herald“ sagt: „Wir können mit Zuversicht konstatiren, daß die Gefangenen keine Amerikaner sind, und die amerika⸗ nische Meinung über ihre Thaten weicht nicht wesentlich von der englischen Meinung ab. Wenn England beweist, daß die Dynamitverschwörung von O'Donovans Bureau ausgeht und diese Handlung unter die Bestimmungen des Auslieferungs⸗ gesetzes fallen, so wird das hiesige Publikum diese Delinquenten mit größtem Vergnügen ausliefern sehen.“ Die „Tribüne“ be⸗ merkt: die Enthüllungen hätten ein starkes Gefühl der Erbitte⸗ rung erzeugt, welches die Regierung der Vereinigten Staaten auf allen Schritten, welche dieselbe für räthlich erachten sollte, unterstützen würde. Die Verbrechen der Dynamitpartei dürften ein vereinigtes internationales Vorgehen und di Revision aller Auslieferungsverträge nothwendig machen.
“ Zeitungsstimmen. 8 Die „Norddeutsche Allgemeine schreibt:
„Wiir erwähnten vorgestern eines Artikels der russischen „Nowosti“, einer Zeitung, welche bis zu einem gewissen Grade die Erbschaft des „Golos“ angetreten hat, und der uns bemerkenswerth erschien, weil darin die deutschen wirthschaftlichen Verhältnisse mit dem augenschein⸗ lichen Bestreben besprochen wurden, ein richtiges Bild von diesen Verhältnissen zu geben. Wir entnehmen jenem Artikel heute noch folgenden Passus, in dem die „Nowosti“ der Anschauung entgegen⸗ treten, daß Deutschlands finanzielle Kräfte bereits auf das Aeußerste angestrengt seien: 8 8
.Ihn Wirklichkeit kann von einem Ruin Deutschlands nicht die Rede sein. Das ist schon allein aus den folgenden Ziffern zu er⸗ sehen. Faßt man alle sowohl von Preußen als den übrigen deutschen Staaten gemachten Anleihen zusammen, so ergiebt sich eine Gesammt⸗ summe von 4 922 000 000 ℳ oder gegen 2 ½ Milliarden Rubel, was im Vergleich mit der fast 8 ½ Milliarden Rubel betragenden Staats⸗ schuld Frankreichs eine sehr bescheidene Summe ist. — Die ge⸗ sammte Steuerbelastung aller deutschen Bürger beträgt un⸗ gefähr 800 Millionen Rubel, was etwa 17 ½ Rubel pPro Kopf ausmacht; in Frankreich stellt das Budget der Ein⸗ nahmen eine verhäöltnißmäßig kolossale Ziffer von 1200 Millionen Rubel oder 33 ½6 Rubel per Kopf dar. Obgleich Frankreich ein reicheres Land ist, so muß man nichtsdestoweniger einräumen, daß die französischen Bürger über die Maßen, nämlich fast um das Doppelte mehr wie die Deutschen mit Steuern belastet sind. — Das Einzige, was in den Diskussionen über die finanzielle Erschöpfung Deutschlands als richtig gelten könnte, ist der Hinweis auf den zu hohen Satz der direkten Steuern, welcher sich in diesem Lande, Dank dem System der Kommunalsteuern, sehr hoch beziffert. Die Finanzreformen des Fürsten Bismarck sind aber gerade dahin gerichtet, die Last der direkten Steuern zu verringern und an Stelle der setzteren die indirekten Steuern zu er⸗ höhen, die in Deutschland im Vergleiche mit anderen Ländern eradezu unbedeutend sind. So beziffern sich überhaupt die indirekten Steuern in Frankreich auf fast 20 Rubel pro Kopf, in England auf 15 Rubel, in den Vereinigten Staaten auf 13 Rubel, in Italien auf 8 ½ Rubel, in Oesterreich auf 8 Rubel und in Deutschland nur auf 5 ½ Rubel, Im Speziellen beträgt z. B. die Accise von geistigen Getränken pro
Zeitung“
Kopf in England 8 Rubel, in Frankreich gegen 4 Rubel, in den Vereinigten Stmaten 3 Rubel und in Deutschland im Ganzen nur 1 Rubel 15 Kopeken. Der Taback if in Frankreich mit einer Accise besteuert, die pro Einwohner 3 Rub und in Deutschland im Ganzen nur 24 Kopeken ausmacht! 2
Das Urtheil der „Nowosti“ über die wirthschaftliche und finan⸗ zielle Lage Deutschlands würde noch weit günstiger ausfallen, wenn demselben die richtigen — zu Grunde gelegt worden wären. — Die gesammte Steuerbelastung aller deutschen Bürger beträgt näm⸗
lich nicht 800 Millionen Rubel, sondern die betreffende Berechnung stellt sich in Wirklichkeit, wie folgt:
Die gesammten direkten und indirekten Reichs⸗ und Staatssteuern in den deutschen Staaten (einschließlich der Zölle) betragen: 760 Mill. Mark,
hierzu kommt die Gesammtheit der Kommunal⸗ abgaben, einschließlich der Kreis⸗ und Provinzial⸗ abgaben in Preußen . . . . ... sodann, nach approximativer, aber hoher Schätzung, die Kommunalabgaben in den übrigen deutschen
Staaten. öE““ im Ganzen also 1179 Mill. Mark, anstatt des von den „Nowosti⸗ angenommenen Betrages von 800 Millionen Rubel oder ca. 1600 Millionen Mark. . — In dem Bericht über die letzten Verhandlungen im Heicheage sagt die „Deutsche landwirthschaftliche resse“:
Es war recht interessant, daß die Diskussion der wichtigen Frage der Abänderung der Gewerbeordnungmit dem vorgeschlagenen Prüfungs⸗ zwang der Hufbeschlagschmiede begann. Nach der Gewerbefreiheits⸗ theorie darf es eigentlich gar keine schlechten Hufschmiede geben, denn für ihr Verschwinden sorgt ja genügend die alleinseligmachende Konkurrenz, bei welcher der schlechtere Hufschmied sofort durch den besseren ver⸗ drängt wird. Nur schade, daß es trotzdem so viele schlechte Huf⸗ schmiede giebt. Und das ist auch ganz natürlich, denn einmal hat die Konkurrenz die ihr zugemuthete scharfe Wirkung gar nicht in dem behaupteten Maße, wie das Nebeneinander⸗Existiren guter und schlechter Handwerker desselben Gewerbes in derselben Straße, geschweige denn in derselben Stadt beweist, und zweitens giebt es auf dem Lande in dieser Beziehung vielfach gar keine Konkurrenz, denn wer in seinem Dorfe einen auch noch so schlechten Schmied hat, kann deswegen doch nicht seine Pferde ein paar Meilen weit zu einem besseren Schmied schicken. Man sollte darum meinen, daß gegen den Vorschlag, daß jeder Hufschmied seine Befähigung durch eine Prüfung nachzuweisen habe, nichts einzuwenden sei. Von Konzession, Polizeiwillkür und all' den schönen großen Worten kann ja hierbei keine Rede sein. Trotzdem wurde diese Frage zu einer großen Aktion aufgebauscht und sogar einer namentlichen Abstimmung trotz der Geschäftsnoth und knappen Zeit des Reichs⸗ tags gewürdigt. Diesmal siegte aber doch der gesunde Menschen⸗ verstand über die Theorie. Und wenn die Landesgesetzgebung, wie zu hoffen steht, von der ihr damit gegebenen Befugniß Gebrauch macht, so wird in Zukunft jeder Beschlagschmied zuerst nachweisen müssen, daß er noch etwas mehr versteht, wie ein schlechtes Eisen auf einen maltraitirten Huf aufzunageln. 1 8
— In der „Deutschen Reichs⸗Post“ lesen wir:
In dem neuesten, soeben ausgegebenen Jahresbericht der Handels⸗ und Gewerbekammer Budapest für 1881 findet sich, wie man aus Wien schreibt, eine für die deutsche Eisenindustrie erfreuliche Aner⸗ kennung. Dort wird nämlich als sehr bedauerlich die Thatsache verzeichnet, ‚daß unsere südöstlichen Nachbarn, Serbien, Rumänien und Bulgarien, welche früher ihren Bedarf an Eisen fast aus⸗ schließlich in Oesterreich⸗Ungarn gedeckt haben, für unsere Eisen⸗ industrie so zu sagen verloren sind, indem dieselben fast ohne Aus⸗ nahme deutsches Eisen kaufen, das zumeist über Ungarn verfrachtet wird.“ Die Ursache dieser abnormalen Sachlage erblickt die Buda⸗ pester Handelskammer darin, „daß das deutsche Eisen in Folge der dortigen Produktionsverhältnisse bedeutend billiger, als das ungarische ist, so zwar, daß die Preisdifferenz nicht einmal durch die vermehrten Frachtkosten ausgeglichen wird.“
8 Reichstags⸗Angelegenheiten.
Im 8. Königsberger Wahlkreise — Osterode⸗Neidenburg — hat bei der stattgefundenen Ergänzungswahl von 13 472 ab⸗ gegebenen Stimmen der Rittergutsbesitzer Ludw ig Rose auf Döhlau, konservativ, 8679 Stimmen erhalten; der Gegenkandidat, Ritterguts⸗ besitzer Weißermel auf Döhringen, Sezession., 4776 Stimmen, so daß Ersterer zum Mitgliede des Reichstages gewählt worden ist.
Statistische Nachrichten.
Die Ausfuhr des deutschen Zollgebiets hat, wie aus dem neuesten, für den Monat Februar d. Is. ausgegeben Heft der „Statistik des Deutschen Reichs“ zu entnehmen ist, in den ersten zwei Monaten dieses Jahres im Vergleich zu demselben Zeitraum des Vorjahres im Allgemeinen eine weitere Steigerung erfahren. Die bedeutendste Zunahme in der Ausfuhr weisen folgende Artikel nach (Alles in D.C. = Doppel⸗Centnern): Rohes Blei + 16 842, Eisen⸗ erze + 700 745, Roheisen + 26 357, Eisenbahnschienen + 17 816, Eisendraht + 127 363, andere Eisenwaaren + 22 062, Kartoffeln + 349 730, Holz + 100 654, Maschinen + 21 454, Butter + 4170, Mühlenfabrikate + 81 035, Zucker + 626 034, Halbstoff zur Papierfabrikation †. 7197, Papier + 8126, Steinkohlen, Koks und Braunkohlen + 2771 783 D.⸗C., sowie Schafvieh + 67 585 Stück. Außerdem hat die Ausfuhr von Erzeugnissen der chemischen Industrie, von Weizen, Roggen, Hafer und Hülsenfrüchten, Hohl⸗, Fenster⸗ und Tafelglas, feinen Holz⸗ waaren, Kleidern und Leibwäsche, Wein, Fleisch, Melasse, Rohtaback und Tabackfabrikaten, festem Palmöl, Theer und Pech, Thon⸗ und Wollenwaaren, sowie Rindvieh eine mehr oder minder erhebliche Mehrung erfahren. Größere Mengen von rohem Blei bezogen insbesondere Frank⸗ reich, Rußland und Großbritannien. Die Ausfuhr von Eisenerzen nahm nach Frankreich und Belgien, die Ausfuhr von Roheisen nach Ruß⸗ land und Oesterreich⸗Ungarn zu. Eine Abnahme der Ausfuhr von Eisen⸗ draht fand nur nach Rußland und Frankreich statt; nach allen anderen Ländern nahm diese Ausfuhr zu. Kartoffeln wurden in der Haupt⸗ sache über Hamburg, Belgien und die Niederlande nach Groß⸗ britannien ausgeführt. Die Ausfuhr von Mühlenfabrikaten hob sich nach fast allen Ländern mit Ausnahme von Schweden, Rußland und Oesterreich⸗Ungarn, ebenso die Ausfuhr von Kohlen und Koks mit nur vereinzelten Ausnahmen. Dagegen hat die Ausfuhr von Baum⸗ wollengarn und Baumwollenwaaren, von Chlorkalium, Bruch⸗ und Luppeneisen, Gerste, Hopfen, Bier und Branntwein, Stärke und Kartoffelmehl, Salz, Rüböl, Stearin, Pesefeegen Halbseiden⸗ waaren und Schweinen abgenommen, zum Theil sehr erheblich. Den größten Ausfall weist Branntwein auf, wovon nur 90 004 D.⸗C. egen 232 541 D.⸗C. im Vorjahre ausgeführt wurden. Von diesem
rtikel wurden erheblich geringere Mengen insbesondere nach ham. burg, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien ausgeführt. Die Abnahme der Ausfuhr von Baumwollengarn tritt fast bei allen Absatzländern hervor. An baumwollenen Strumpf⸗ und Posamentier⸗ waaren, sowie undichten baumwollenen Waaren wurden etwas größere Mengen, von dichten baumwollenen Waaren dagegen geringere Mengen ausgeführt; von letzteren bezog namentlich Frank⸗ reich weniger. Eö
— Nach dem LEXVI. Bande der Preußischen Statistik (Ver⸗ lag des Königlichen Statistischen Bureaus) waren in den 1287 Städten (und Flecken) des preußischen Staats am 1. Dezember 1881 723 351 bewohnte Gebäude und 9494 sonstige Wohnraäume, 167 818 Einzel⸗, 1 960 893 Familien⸗ und 15 828 Anstaltshausbal⸗ tungen, 9 707 802 (4 781 396 männl. und 4 781 396 weibl.) ortsan⸗ wesende Einwohner (d. s. 913 776 396 726 männl. und 517 050
weibl. mehr als im Jahre 1875), 9 646 715 (4 745 881 4 900 834 weibl.) Wohnbevölkerung, 236 013 aktive Militärpersonen (222 769 Preußen und 13 244 andere Deutsche). In den einzelnen — waren Städte und Flecken: (Stadtkreis Berlin mit einer Wohn⸗ evölkerung von 1 114 262 Einw. und 20 121 Militärbevölkerung), Sche⸗ sien 148 (1 076 809 Einw.), Sachsen 144 (952106 Einw.), Rhein⸗ provinz 139 (1 640 061 Einw.), Posen 138 (475 974 Einw.), Brandenburg 136 (827 307 Einw.), Hannover 115 (617 732 Einw.), essen⸗Nassau 108 (551 468 Einw.), Westfalen 103 (659 841 Einw.), Pommern 73 (521 819 Einw.), Ostpreußen 67 (429 417 Einw.), Westpreußen 54 (373 723 Einw.), Schleswig⸗Hol⸗ stein 54 (393 483 Einw.), Hohenzollern 7 (12 713 Einw.). Von den einzelnen Regierungsbezirken entfallen die meisten Städte (89 mit 309 943 Einw.) auf Posen. 1
Auf dem Lande waren 37 668 Landgemeinden und 15 289 Guts⸗ bezirke, 2 389 725 bewohnte Gebäude und 9095 sonstige Wohnräume, 157 248 Einzel⸗, 3 429 797 Familien⸗ und 13 308 Anstaltshaushaltun⸗ gen gezählt. Von den Landgemeinden und Gutsbezirken entfallen auf die Provinzen Schlesien 5494 und 3555 (2 930 958 Einw.), Ost⸗ preußen 5486 und 2486 (1 497 219 Einw.), Hannover 4027 und 184 (1497 307 Einw.), Posen 3432 und 2034 (1 227 031 Einw.), Bran⸗ denburg 3189 und 1959 (1 429 564 Einw.), Rheinprovinz 3156 und 8 (2 427 876 Einw.), Sachsen 3012 und 1064 (1,361 085 Einw.), Hessen⸗Nassau 2221 und 182 (1 002 597 Einw.), Westpreußen 2164 und 1482 (1 025 579 Einw.), Pommern 2136 und 2487 (1 013 041 Einw.), Schleswig⸗Holstein 1729 und 359 (731 532 Einw.), West⸗ falen 1503 und 20 (1 378 306 Einw.), Hohenzollern 119 und 0 (55 107 Einw.).
In 69 Städten mit mehr als 20 000 Einwohnern waren 220 876 bewohnte Gebäude und 924 970 andere Wohnräume, 69 005 Einzel⸗, 924 970 Familien⸗ und 5903 Anstaltshaushaltungen. Diese Städte zählten eine Wohnbevölkerung von 4 532 191 Civil⸗ und 139 656 Militärpersonen. Die Wohnbevölkerung der größten Städte war: Berlin 1 114 262 und 20 121 Militärs, Breslau 272 518 und 4590, Cöln 143 532 und 5592, Königsberg i. Pr. 139 950 und 6439, a. M. 135 849 und 1760, Hannover 121 848 und 5273,
anzig 107 774 und 6381, Magdeburg 96 821 und 6318, Barmen
95 799 und 26, Düsseldorf 95 187 und 3004, Elberfeld 93 310 und 18, Altona 90 738 und 1795 und Stettin 89 170 und 4407.
Nach der ortsanwesenden Bevölkerung waren am 1. Dezember 7 Städte von mehr als 100 000 Einwohnern, zusammen 2 049 136 Einwohner, 17 von 50 001 bis 100 000 Einw. (1 248 623 Einw.), 45 von 20 001 bis 50 000 Einw. (1 266 339 Einw.), 107 von 10 001 bis 20 000 Einw. (1 510 435 Einw.). 212 von 5001 bis 10 000 Einw. (1466 858 Einw.), 535 von 2001 bis 5000 Einw. (1 662 632 Einw.), 294 Städte und Flecken von 1000 bis 2000 Einw. (450 401 Einw.) und 70 von 1000 und weniger Einwohnern (53 378 Einw.), zusammen 1287 mit 9 707 802 Einwohnern. 8
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Deutsche Auslieferungsverträge. Zusammenstellung der vom Deutschen Reiche, dem Norddeutschen Bunde und von einzelnen deutschen Staaten mit auswärtigen Staaten abgeschlossenen, noch in Kraft befindlichen Auslieferungsverträge nebst den dazu ergangenen Deutschen und Preußischen Ausführungsbestimmungen. Mit vergleichen⸗ den Uebersichten und Erörterungen zum praktischen Gebrauch bearbeitet von G. Hetzer, Landgerichts⸗Rath in Göttingen. Berlin. Verlag von Franz Vahlen. Preis 6 ℳ — Die auf Auslieferung von Ver⸗ brechern sich beziehenden Staatsverträge und Ausführungs⸗ Bestimmungen sind sehr zerstreut in der Preußischen Gesetzsammlung, in dem „Gesetzblatte für den Norddeutschen Bund“, in dem „Deutschen Reichsgesetzblatte“, in dem „Preußischen Justiz⸗Ministerialblatte“ und in älteren Quellen. Da es nun aber im einzelnen Falle darauf an⸗ kommt, das erforderliche Material möglichst rasch und übersichtlich zur Hand zu haben, so hat der Verfasser der vorliegenden Arbeit durch die Veröffentlichung einer vollständigen Zusammenstellung der gegenwärtig geltenden Auslieferungsverträge und Verwaltungs⸗ vorschriften den mit der Untersuchung und Strafvollstreckung betrauten richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Beamten ein nützliches und sicher willkommenes Hülfsmittel dargeboten, dessen Gebrauch Zeit erspart und die geschäftliche Behandlung von Auslieferungsfällen er⸗ leichtert. Ein umfassendes Inhaltsverzeichniß und alphabetisches Register befördern das Auffinden von speziellen, gerade benöthigten EE“
— Von der im Verlage von F. A. Brockhaus in Leipzig in fünf Bänden erscheinenden vierten vermehrten und verbesserten Auflage des Werkes „Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie von Dr. Ludwig von Rönne, Appellations⸗Gerichts⸗Vize⸗Präsidenten a. D. liegen nunmehr die Lieferungen elf und zwölf vor, welche die Bogen 10 — 27 des dritten Bandes umfassen.
— Die unter dem Titel: „Deutsche Reichsgesetzgebung, Text⸗ Ausgabe mit Anmerkungen“ von der Verlagsbuchhandlung von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig heraus⸗ gegebene Sammlung von Rieichsgesetzen hat vor Kurzem wiederum eine Bereicherung erfahren. Als Nr. 19 in der Reihenfolge der einzelnen Bändchen liegt „Die Seegesetz⸗ gebung des Deutschen Reiches, Text⸗Ausgabe mit Anmerkungen und Sachregister von Dr. jur. W. E. Knitschky, Landgerichts⸗Rath zu Rostock“ vor. Die Gesetzesausgaben dieser Sammlung zeichnen sich durch korrekten Text, kurze sachliche Anmerkungen, sorgfältiges Sachregister, sowie durch ihre für den praktischen Gebrauch recht ge⸗ eignete handliche Form, solide Ausstattung in Druck und Papier und daneben durch ihren geringen Preis aus.
— Die GesammeltenSchriften“ des Freiherrn August von Jochmus, — ehemaligen Divisions⸗Generals bei der ver⸗ einigten englisch⸗österreichisch⸗türkischen Operationsarmee in Sprien 1840 — 1841, dann Mitgliedes des türkischen Kriegs⸗Ministeriums 1841 — 1848, später 1849 deutschen Reichs⸗Ministers und zuletzt Feld⸗ marschall⸗Lieutenants in der österreichiccen Armee — welche nach dem Willen desselben von Hrn. Dr. Georg Martin Thomas in München herausgegeben, werden jetzt im Verlage von Albert Cohn in Berlin veröffentlicht. Dieselben zerfallen nach der eigenen Ein⸗ theilung des Verstorbenen in drei Gruppen: die erste umfaßt den syrischen Krieg und den Verfall des osmanischen Reiches von 1840— 1848; die zweite enthält die Akten aus der Zeit des Reichs⸗Minister riums, die Correspondenz mit Erzherzog Johann von Oesterreich und Anderen von 1849 — 1859; die dritte zwei Reisen um die Welt, 1853 — 1855, 1870 — 1872, geographische Abhandlungen und Correspon⸗ denzen und Aufzeichnungen von 1859 — 1866. Jede Gruppe wird vor⸗ aussichtlich zwei Baͤnde ausfüllen. „Jochmus Gesammelte Schriften⸗ enthalten ein werthvolles Material zur Geschichte der besagten Cpochen in Briefen, Berichten, Dokumenten u. dgl., oder selbständige und schätzbare Beiträge zur Kunde der Erde und ihrer Völker.
Die beiden ersten Bände sind erschienen. Dieselben führen den Titel: The syrian war and the decline of the ottomane empire 1840 — 1818 in official and confidential reports. documents, and correspondences with Lord Palmerston, Lord Ponsonby, and the turkish authorities by Baron Augustus Jochmus, late Serman minister for foreign affairs, Field Marshal-Lientenant in tbe austrian army. 2 Bände in gr. 80, 686 Seiten, mit dem Porträt des Autors und 2 Karten. Preis 14 ℳ
— Im 2. Heft des 11. Jahrgangs der von der Historischen Gesellschaft in Berlin herausgesebenen und in ihrem Auftrage von Dr. Ferd. Hirsch redigirten „MMittheilungen aus der distori⸗ schen Literatur“ (Berlin 1883, Gärtners Verlagsbuchdandlung — H. Hevfelder), deren Aufgabe bekanntlich ist, mehr durch vefert⸗ rende als kritische Besprechungen über den Indalt der nenest bistorischen Werke zu orientiren, werden folgende Schriften medr ader weniger ausführlich ihrem Inhalte nach vorgefüdrt und daraxervirt Doörpfeld, Beiträge zur antiken Metrologie; Bracer., Moderne Quellenforscher und antike Geschichtsschreider; 9. Programme das Mittelalter betreffend, Goͤtzinger. Reshenken der deutschen Alterthümer; Leist, Urhundenledre; Kirddeß. Tdürtsen doch Hermundurenland;: Hermann, das Hausmeieramt cis edt
nl und