1883 / 92 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Apr 1883 18:00:01 GMT) scan diff

er keine genügenden Gründe. Die Schulversäumnisse Uebertretung bestraft werden. Das komplizirter als das hier

sehe müaen wis .. “—⸗ ener. erichtliche Verfahren sei allerding Lorgeschlagene polizeiliche. Aber es komme doch sicher mehr auf die Richtigkeit als auf die Einfachheit an. Deshalb schreibe auch die Strafprozeßordnung einen bestimmten pro⸗ zessualischen Gang vor, um die Untersuchung möglichst zu garantiren. Namentlich die Bestimmungen des 5. 10 stellten die Eltern jedem Mißgriff auch des jüngsten Lehrers ohne jede Garantie blos, und seien so rigoros, daß man sich im Lande wundern würde, wenn hier solche Bestimmungen überhaupt diskutirt würden. Am liebsten wäre es ihm, wenn das Gesetz a limine abgewiesen werde, eventuell wünsche er, es der Unterrichtskommission überwiesen zu sehen.

Der Abg. Dr. von Stablewski bekämpfte ebenfalls den Gesetentwurf, der nur der gewaltsamen Germanisirung polni⸗ scher Schulkinder weiteren Vorschub leisten würde.

Der Abg. Dr. Windthorst bezeichnete die Vorloge als den Erxzeß des Schulzwanges, der den Einfluß der Eltern und der Kirche ganz aufheben wolle. Damit komme man ganz unter die Tyrannei des Staates; damit dies recht deutlich werde, wünsche er, daß der Gesetzentwurf der Unterrichtskommission überwiesen werde; von einer Annahme desselben könne wohl

keine Rede sein. 1 Der Abg. Westerburg erklärte, daß seine Freunde für besondere Kommission

eine Ueberweisung der Vorlage an eine . t stimmen würden. Er halte den Gesetzentwurf für sehr unglück⸗ lich abgefaßt; wenn derselbe die Kritik des Justiz⸗Ministers dessen Unterschrift er vermisse ebenso wie die des Ministers des Innern passirt hätte, würde er wohl eine bessere Fassung erhalten haben. Die Vorlage widerspreche der Reichs⸗Strafprozeß⸗ ordnung, der zufolge jede strafbare Handlung mit nur ganz bestimmten Ausnahmen vor den ordentlichen Richter gehöre. So wie das Gesetz redigirt sei, sei es völlig unhaltbar und unannehmbar; es müßte vollständig umgearbeitet werden.

Der Regierungskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Tappen versicherte, daß eine Prüfung der Vorlage durch den Justiz⸗Minister sowie durch das ganze Staats⸗Ministerium aller⸗ dings stattgefunden habe. Ferner bestritt der Kommissar nochmals, daß der Gesetzentwurf mit den Reichsgesetzen in Widerspruch stehe. Die als rigoros bezeichneten Bestimmungen des §. 10 seien von der Schulverwaltung sehr genau geprüft worden.

Hierauf wurde der Gesetzentwurf der Unterrichtskom⸗ mission überwiesen. Damit war die Tagesordnung erledigt.

Der Präsident schlug vor, die nächste Sitzung Montag, 10 Uhr, abzuhalten und auf die Tagesordnung derselben die Verwaltungsgesetze zu setzen.

Der Abg. Dr. Hänel beantragte, das Präsidium zu er⸗ mächtigen, die nächste Sitzung nach seiner Verständigung mit dem Präsidenten des Reichstags anzuberaumen. Diese Er⸗ mächtigung entspreche der Rücksicht, die man dem Reichstag

schuldig sei. 8 Der Abg. Dr. Windthorst trat dem Vorschlage des Präsidenten bei, mit dem die Rücksicht auf den Reichstag wohl vereinbar sei. Er nehme allerdings an, daß der Präsident, wenn der Reichstag sitze, hier die Sitzungen schließen werde. Der Abg. Rickert bedauerte die Inkonsequenz des Vor⸗ redners. Er richte ferner an den Abg. von Zedlitz die Bitte, den von ihm versprochenen Vorschlag nunmehr zu machen. Der Abg. von Bennigsen glaubte, daß man sich dem Vorschlage des Präsidenten in Bezug auf die Montagssitzung nschließen könne. Man müsse in die Berathung der Ver⸗

waltungsgesetze wenigstens eintreten; dann werde sich in inigen Tagen das Schicksal dieses Entwurfs bestimmen assen, eventuell ob eine Vertagung des Landtages noth⸗ endig sei. 8 1

Der Abg. Dr. Windthorst vertheidigte sich dem Abg.

ickert gegenüber gegen den Vorwurf der Inkonsequenz.

Der Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch erklärte, daß der von ihm besprochene Vorschlag darin bestehe, dem Reichs⸗ tage den morgigen Sitzungstag frei zu lassen.

8 Der Abg. Dirichlet trat dem Vorschlage des Abg. r. Hänel bei. b 18 Der Präsident erklärte, daß eine Vereinbarung der beiden Präsidenten auf längere Zeit hinaus sehr schwierig sei. Mög⸗ lich sei nur eine Verständigung im Allgemeinen. Da der Präsident des Reichstages ihm erklärt habe, daß derselbe vor⸗ ussichtlich seine Sitzungen nicht vor 1 Uhr beginnen und n der Woche einen Tag wahrscheinlich freilassen werde, so habe er darauf den Plan gebaut, daß das Abgeordneten⸗ haus die Morgenstunden beziehungsweise den freien Wochentag für seine Sitzungen benutzen solle zur Berathung der Verwal⸗ ungsgesetze. Durch diese Erklärung sei, so glaube er, das Bedenken des Abg. Hänel beseitigt. 1

Der Abg. Dr. Hänel dankte dem Präsidenten für seine Erklärung, durch die von ganz objektiver Stelle aus die Un⸗ zuträglichkeit des Zusammentagens von Land⸗ und Reichstag

in helles Licht gestellt worden sei. Er halte die vorgeschlagene weitheilung der Sitzungstage für unpraktisch und auf die auer unmöglich. Er halte an seinem Antrag fest.

Der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums von Putt⸗ kamer erklärte, das Haus scheine dem Vorschlage des Prä⸗ sidenten bezüglich der Montagssitzung mit großer Mehrheit zuzustimmen. Er wolle nur die Behauptung des

Abg. Hänel zurückweisen, daß eine Vornahme der Berathung der Verwaltungsgesetze jetzt ganz unthunlich sei, während doch

die sämmtlichen anderen Redner des Hauses sich für Vornahme

dieser Berathung ausgesprochen hätten.

8 Der Abg. Dr. Hänel erwiderte, daß er nur gesagt habe, die Berathung der Verwaltungsgesetze würde die Situation sehr erschweren. 6

Nach einigen weiteren persönlichen Bemerkungen der Abgg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch und Dr. Hänel wurde der Vorschlag des Präsidenten von Köller angenommen. (Schluß 1 ¼ Uhr.)

Nach Mittheilungen aus dem Auslande sind folgende Submissionen ausgeschrieben worden: . 88

1) von der Direktion der Artillerie⸗Waffen⸗

fabrik zu Torre Annunziata in Italien für den 30. April d. J. bis 12 Uhr Mittags eine Submission auf die Lieferung von Stahl, Eisen, Messing und eisernen Drahtstiften zum Taxwerthe von 48 140 Lire; 2) von der Artillerie⸗Direktion der Waffen⸗ fabrik zu Turin für den 30. April d. J. bis 2 Uhr Nach⸗ mittags eine Submission auf die Lieferung von 41 000 schmiedeeisernen Barren zu Gewehrläufen zum Tax⸗ werthe von 86 100 Lire, von 24 000 Gewehrschäften und 1500 Musketenschäften zum Tarwerthe von 73 950 Lire und von 22 TTWTI“ zum Tarxwerth⸗

von

3) von der Artillerie⸗Direktion der Waffen⸗ fabrik zu Terni in Jtalien für den 1. Mai d. J. bis 3 Uhr Nachmittaas eine Submission auf die Lieferung von 77 360 klg Eisen in Barren zum Taxwerthe von

41 680 Lire; 1

4) von der Artillerie⸗Direktion der Waffen⸗ fabrik zu Turin für den 4. Mai d. J. bis 3 Uhr Nach⸗ mittags eine Submission auf die Lieferung von 50 000 Gewehrriemen zum Taxwerthe von 47 500 Lire, von 52 800 Säbelkoppeln zum Taxwerthe von 190 080 Lire und von 60 000 Patronentaschen zum Taxwerthe von 144 000 Lire. . Ueber die speziellen Bedingungen ist das Nähere an Ort

und Stelle einzusehen.

Nach Mittheilungen aus dem Auslande ist von der Direktion der Militär⸗Werkstatt in Turin für den 30. April d. J. bis 3 Uhr Nachmittags eine Sub⸗ mission auf die Lieferung von verschiedenen Militär⸗ Ausrüstungsgegenständen zum Taxwerthe von 323 710 Lire ausgeschrieben worden. 8

Ueber die speziellen Bedingungen ist das Nähere an Ort und Stelle einzusehen.

Nach der im Reichs⸗Eisenbahn⸗Amt aufgestellten, in der Zweiten Beilage veröffentlichten Nachweisung der auf deutschen Eisenbahnen ausschließlich Bayerns im Monat Februar d. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vorgekommenen Unf älle waren im Ganzen zu verzeichnen: 5 Entgleisungen und 1 e stoß auf freier Bahn, 18 Entgleisungen und 20 Zusammen⸗ stöße in Stationen und 131 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kessel⸗Explosionen und andere Betriebs⸗Ereignisse, wobei Personen getödtet oder ver⸗ letzt worden sind). . Bei diesen Unfällen sind im Ganzen, und zwar größten⸗ theils durch eigenes Verschulden, 135 Personen verunglückt, sowie 39 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 112 unerheblich beschädigt. Es wurden von den 12 969 924 überhaupt beför⸗ derten Reisenden 2 getödtet, 1 verletzt (davon entfallen je 1 Tödtung auf die Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahndirektionen zu Bromberg und Cöln (linksrheinisch) und 1 Verletzung auf die Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktion Hannover); von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 24 getödtet und 61 verletzt und bei Nebenbeschäftigungen 21. verletzt; von fremden Personen (einschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 10 getödtet und 6 verletzt, sowie bei Selbstmordversuchen 10 Personen getödtet. 8 Von den sämmtlichen Verunglückungen mit Ausschluß der Selbstmorde entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staatsverwal⸗ tung stehende Bahnen (bei zusammen 24 241,54 km Be⸗ triebslänge und 583 639 118 geförderten Achskilometern) 104 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion Bromberg (16), Hannover (14) und die Badischen Staats⸗ eisenbahnen (14); verhältnißmäßig, d. h. unter Berück⸗ sichtigung der geförderten Achskilometer und der im Be⸗ triebe gewesenen Längen sind jedoch auf den Badischen Staatseisenbahnen und den Bahnstrecken im Verwaltungs⸗ bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktionen Bromberg und Cöln (rechtsrheinisch) die meisten Verunglückungen vorgekommen. 8 B. Größere Privatbahnen mit je über 150 km Betriebslänge (bei zusammen 4100,79 km Betriebslan und 63 127 708 geförderten Achskilometern) 19 Fälle, dar⸗ unter die größte Anzahl auf die Hessische Ludwigsbahn (8), die Ostpreußische Suͤdbahn (3) und die Braunschweigische Eisenbahn (3); auch verhältnißmä ßig sind auf den vor⸗ genannten Bahnen die meisten Verunglückungen vorge⸗ kommen. 1“

C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Betriebslänge (bei zusammen 1445,66 km Betriebs⸗ länge und 8 723 122 geförderten Achskilometern) 2 Fälle und zwar auf der Stargard⸗Cüstriner Eisenbahn und der Nord⸗ hausen⸗Erfurter Eisenbahn.

Bei einem Exmissionsverfahren hat, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 13. Fe⸗ bruar d. J., der Gerichtsvollzieher hinter dem exmittirten Miether die Wohnungsthür, auch wenn in der Wohnung das vom Vermiether für die Miethsschuld retinirte Mobiliar zu⸗ rückgeblieben ist, nicht zu versiegeln. Legt dennoch der Voll⸗ streckungsbeamte auf den Wunsch des Vermiethers einen Siegel über das Schlüsselloch, so macht sich der Miether, welcher unter Verletzung dieses Amtssiegels die Wohnung von Neuem öffnet und sein Mobiliar wider den Willen des Vermiethers herausholt, nur des strafbaren Eigennutzes aus §. 289 des Strafgeset buchs schuldig, dagegen ist er nicht wegen Verletzung des Amtssiegels aus §. 136, oder wegen Beiseiteschaffung ge⸗ pfändeter Sachen aus §. 137 des Str. G. B. zu bestrafen.

Ein Zeuge, welcher sich der zu bekundenden Thatsache nicht mehr erinnert und diejenigen Hülfsmittel zur Berichti⸗ gung seines Gedächtnisses, welche sich ihm darbieten und die ein gewissenhafter Mann benutzt hätte, zu benutzen unterläßt, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Straf⸗ senats, vom 16. Februar d. J., wegen fahrlässigen Falsch⸗ eides zu bestrafen, wenn er demzufolge irrthümlich eine Un⸗ wahrheit bezeugt.

Nach einer Allerhöchsten Ordre vom 12. d. M. sind zu den Uebungen der Ersatzreservisten für das Etats⸗ jahr 1883/84 einzuberufen: 8 8

aus der Ersatzreserve 1. Klasse a. zu einer ersten (10wöchigen) Uebung: bei der Infanterie 13 340 Mann, bei den Jägern 360 Mann, bei der Fußartillerie 1320 Mann, bei den Pionieren 980 Mann, zusammen 16 000 Mann;

b. zu einer zweiten (4wöchigen) Uebung: Mannschaften, welche im Etatsjahre 1882/83 zum ersten Male geübt haben, und zwar: bei der Infanterie 11 400 Mann, bei den Jägern 350 Mann, bei der Fußartillerie 1250 Mann, bei den Pio⸗ nieren 700 Mann, zusammen 13 700 Mann. Bei dem Garde⸗Corps finden derartige Uebungen nicht

Für die 10wöchige Uebung wird im Besonderen Folgen⸗ des bestimmt: a. Die übenden Ersatzreservisten werden im Allgemeinen bei der Infanterie in eine Compagnie bei jedem Regiment, bei der Fußartillerie und den Pionieren in eine Compagnie bei jedem Bataillon, und bei den Jägern in ein Detachement bei jedem Bataillon formirt. b. Als

statt.

sonorte dieser Waffe bestimmt. c. Die Ersatzreservisten der

er und Pioniere üben bei den betreffenden Bataillonen. „Die Uebungsorte für die Fußartillerie bestimmt die Gene⸗ ral⸗Inspektion der Artillerie im Einverständniß mit den bezüg⸗ lichen General⸗Kommandos. e. Die Zeit für die Uebungen aller Waffen ist, soweit es unter Berücksichtigung des §. 15, A. 3 der Kontrol⸗Ordnung und des §. 18, A. 2 der Land⸗ wehr⸗Ordnung angängig ist, durch die General⸗Kommandos auf die Herbstmonate festzusetzen, und zwar möglichst so, daß die Uebungen mit der Einstellung der Rekruten beendet sind; für die Schiffahrt treibenden Mannschaften finden dieselben im Winterhalbjahr 1883/84 statt. Gleichzeitig ist event. eine Nachübung anzusetzen. Die zu einer zweiten (4wöchigen) Uebung einzuberufenden Ersatzreservisten sind, soweit es unter Berücksichtigung der zu e. angezogenen Bestimmungen an⸗ gängig ist, während der letzten vier Wochen der für die lowöchige Uebung festgesetzten Zeit einzuziehen. Die zum zweiten Male übenden Ersatzreservisten sind bei der Infanterie in besondere Compagnien zu formiren, bei den Jägern, der Fußartillerie und den Pionieren aber den vorhandenen Ersatz⸗ reservedetachement bezw. Compagnien zuzutheilen. Aus den hohenzollernschen Landen üben die ““ 1. Klasse mit denen des XIV. Armee⸗Corps gemeinsam. Die im Be⸗ reiche des XV. Armee⸗Corps kontrolirten Ersatzreservisten 1. Klasse üben bei den preußischen Truppentheilen dieses Armee⸗Corps und dem Herzoglich Braunschweigischen Infan⸗ terie⸗Regiment Nr. 92.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Herzoglich sachsen⸗meiningischer Staats⸗Minister Freiherr von Giseke und Senator der freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Schroeder, sind hier angekommen, und der Großherzoglich mecklenburg⸗schwerinsche Ober⸗Zolldirektor Oldenburg ist nach Schwerin abgereist.

Bayern. München, 20. April. (W. T. B.) Im

Auftrage des Königs hat sich der General⸗Adjutant und Commandeur des I. Armeecorps, General⸗Lieutenant von

geben.

Baden. Karlsruhe, 19. April. (W. T. B.) Die Großherzogin ist heute Nachmittag 2 ½ Uhr nach Wies⸗ baden abgereist.

Schwarzbur

18. April. L zum 30. April hierher einberufen.

Sondershausen. Sondershausen

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 19. April. Im Abgeordnetenhause wurde heute der antrag,

Minoritäts

und der Antrag,

angenommen. 1b 20. April. (W. T. B.) Die „Wiener Zeitung“ ver⸗ öffentlicht ein Kaiserliches Patent, durch welches der galizische Landtag aufgelöst und die sofortige Vornahme von Neu wahlen angeordnet wird.

Schweiz. Bern, 19. April. (W. T. B.) Der Bun⸗ desrath hat heute beschlossen, dem Antrage auf Verstaat⸗ lichung der Centralbahn und der Bözbergbahn seine Zu⸗ stimmung zu versagen.

Großbritannien und

Irland. London, 19. April. (W. T. B.) Das Oberhaus beendete heute die Spezial⸗

berathung über die Novelle zum Medizinalgesetz. Auf den Antrag der Regierung wurde ein Amendement angenom⸗ men, wonach fremde und in den englischen Kolonien heimaths⸗ berechtigte Aerzte auf die in dem neuen Gesetz gewährten Privilegien nur dann Anspruch haben, wenn ihr Heimathsland englischen Aerzten entsprechende Privilegien gewährt.

Die folgenden in der Dynamit⸗Affaire verhafteten Personen: Wilson, Dalton, Curtin, Ansburgh, sowie Thomas und Bernhard Gallagher erschienen heute zusammen mit Whitehead, welcher von Birmingham hierher transportirt worden war, vor dem Polizeigericht von Bopstreet. Der verhaftete Norman ist Kronzeuge geworden. Der Staats⸗ prokurator legte die Gründe dar, welche zur Erhebung der Anklage gegen die Verhafteten geführt hätten, und erklärte, daß dieselben des Hoch⸗ und Landesverraths angeschuldigt seien. Norman baͤzeugte, das Dynamitkomplot sei durch eine Brüderschaft der Fenier in New⸗York gebildet worden, deren Milglieder Thomas Gallagher b er gewesen seien. Gallagher habe eine herrschende Stellung innerhalb der Brüderschaft eingenommen und S'Donnovan Rossa eine zeitlang an den Berathungen derselben theilgenommen. Gallagher sei es gewesen, welcher ihn (Norman) beordert habe, nach London zu kommen und ihm das nöthige Geld zur Reise gegeben habe. Als er nach London gekommen sei, habe Gallagher ihn mit allen In⸗ struktionen versehen nach Birmingham gesandt, von wo er nach London mit der Schachtel Nitro⸗Glycerin zurückkehrte, ohne indeß von dem Inhalt der Schachtel etwas gewußt zu haben.

19. April, Nachts. (W. T. B.) Das Unterhaus nahm nach 51 ⁄2 stündiger lebhafter Debatte mit 217 gegen 85 Stimmen in zweiter Lesung die Bill an, durch welche dem Lord Alcester (Admiral Seymour) eine Leibrente von 2000 Pfd. Sterl. gewährt wird und ebenso mit 108 gegen 55 Stimmen in zweiter Lesung die Bill, betreffend die Gewährung einer Leibrente an den General Wolseley.

Liverpool, 19. April. (W. T. B.) Der unter dem Verdacht der Theilnahme an den Morden im Phönixpark hier verhaftete Kingstonist heute in Begleitung irischer Polizei⸗ beamten nach Dublin gebracht worden. Seitens der Behörden und der Polizei wird versichert, daß derselbe zu den Führern der sogenannten „Unüberwindlichen“ gehöre und an mehreren Verschwörungen gegen den ehemaligen Ober⸗Sekretär von Irland, Forster, Theil genommen habe.

Dublin, 19. April. (W. T. B.) Der Prozeß gegen Timothy Kelly, den dritten des Mordes im Phönixpark Angeklagten, hat heute begonnen.

Quebeck (Canada), 19. April. (W. T. B.) Das Par⸗ lamentsgebäude ist gärnzlich niedergebrannt. Ueber die Ursache des Brandes ist noch nichts ermittelt worden.

Bombay, 20. April. (W. T. B.) Gestern brach in Delhi eine große Feuersbrunst aus, welche 2000 Häuser

47 300 Lire;

Uebungsorte für die ⸗Infanterie werden in der Regel Garni⸗

vernichtete.

Horn, zu den Beisetzungsfeierlichkeiten nach Schwerin be⸗

(Lpz. Ztg.) Der Landtag des Fürstenthums ist

uͤber die Novelle zum Schulgesetz zur Tages⸗ ordnung überzugehen, mit 174 gegen 158 Stimmen abgelehnt in die Spezialdebatte der Vorlage einzugehen, in namentlicher Abstimmung mit 174 gegen 164 Stimmen

Kanonen, so daß die

Frankreich. Paris, 19. April. (W. T. B.) In der heuti⸗ gen Sitzung der Deputirtenkammer legte der Finanz⸗ Minister den Gesetzentwurf, betreffend die Konvertirung der 5prozentigen Anleihe in eine 4 ½ prozen⸗ tige, vor und verlas das Exposé der Motive. In demselben wird auf die Opportunität der Maßregel sowie auf das Recht des Staates hingewiesen, welcher dadurch eine Ersparniß von 34 Millionen Francs erzielen werde. Man dürfe an⸗ nehmen, daß die neue 4 ½ prozentige Anleihe einen günstigen Cours erlangen werde. Die Besitzer der 5 prozentigen Anleihe würden eine Frist von 10 Tagen erhalten, um die Einlösung zu verlangen. Nach Ablauf dieser Frist soll von denjenigen, pelche die Einlösung nicht verlangt haben, angenommen werden, daß sie der Konvertirung zustimmen. Diese sollen für die Dauer von 5 Jahren gegen die Eventualität einer Einlösung gegen Pari sicher gestellt werden. Der Minister meint, daß die Anträge auf Einlösung der 5 prez. Anleihe wenig zahl⸗ reich sein werden. Uebrigens seien Maßregeln ergriffen, um nöthigenfalls die Einlösung mittelst Schatzbons oder Vor⸗ schüssen der Bank zu bewirken. Die Kammer beschloß, vFn Kommission zur Vorberathung des Gesetzentwurfs u wählen. in 9— 19. April, Abends. (W. T. B.) Deputirten⸗ kammer. In der Vorlage über die Rentenkonverti⸗ rung ist ferner bestimmt, daß die Renten, die in 4 ½˖ pfrozentige konvertirt werden, noch bis zum 16. August d. J. im Genusse 5proz. Zinsen bleiben. Der Deputirte Marcou (radikal) legte einen Gesetzentwurf vor, welcher darauf hinausgeht, die 5pro⸗ zentige Rente in eine beständige 3prozentige Rente umzuwandeln. Der Minister des Innern, Waldeck⸗Rousseau, brachte einen Gesetzentwurf ein über die Unterdrückung von Straßenkundgebungen, bei denen aufrührerische Rufe vorkommen und aufrührerische Abzeichen gebraucht wer⸗ den. Von dem Minister des Auswärtigen, Chal⸗ lemel⸗Lacour, wurde eine Kreditforderung von 370 000 Frcs. zur Bestreitung der für die Vertretung Frank⸗ reichs bei der Kaiserkrönung in Moskau erforderlichen Kosten eingebracht. Die nächste Sitzung der Kammer wurde auf nächsten Sonnabend anberaumt.

20. April. (W. T. B.) Verschiedene Morgen⸗ blätter meinen, die Konvertirung sei nicht weitgehend genug; eine Reduzirung auf 3 Proz. wäre vorzuziehen gewesen. Das „Journal des Debats“ greift den von dem Finanz⸗Minister Tirard eingebrachten Gesetzentwurf heftig an und findet denselben schlecht abgefaßt, schlecht vorbereitet und unpolitisch.

Tunis, 20. April. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht das Gesetz über die Organisation der neuen französischen Gerichtshöfe. Letztere werden ihre Funktionen am 25. d. M. beginnen.

Italien. Rom, 19. April. (W. T. B.) Die Anklage⸗ kammer hat, entsprechend dem Antrage des General⸗Pro⸗ kurators, alle wegen der Oberdank⸗Demonstrationen am 6. und 7. Januar d. J. verhafteten Personen vor die Assisen verwiesen.

Udine, 19. April. (W. T. B.) Heute begann unter sehr starkem Andrange des Publikums der Prozeß gegen Ragosa und Giordani. Ragosa gab zu, daß er mit Oberdank gereist sei, leugnete aber, irgend welche Mordabsichten gehabt zu haben. Giordani gestand ein, daß er Oberdank und Ragosa Beistand geleistet habe, damit die⸗ selben über die Grenze gelangten, stellte aber jede Kenntniß von deren Absichten in Abrede. Nach der Verlesung der An⸗ klageakte wurden noch 17 Zeugen verhört.

Türkei. Konstantinopel, 19. April. (W. T. B.) Der Fürst von Bulgarien hat heute den Botschaftern Besuche abgestattet. Die Libanonkonferenz hat sich auf unbestimmte Zeit vertagt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 19. April. (W. T. B.) Die Kaiserin hat heute der Prinzessin Therese von Leuchtenberg, geb. Prinzessin von Olden⸗ deegt. 11. nicht unbedenklich erkrankt ist, einen Besuch ab⸗ gestattet.

20. April. (W. T. B.) Gestern Abend um 10 ½ Uhr starb nach längerer Krankheit die Prinzessin The⸗ resa Petrowna Romanowskaja, geborene Prinzessin von Oldenburg, vermählt seit 1879 mit dem Herzog Georg von Leuchtenberg.

Nach einer Meldung des „Regierungsboten“ sprach die Spezialsession des dirigirenden Senats in dem Prozeß der 17 wegen Zugehörigkeit zur russischen Sozial⸗ revolutionspartei Angeklagten folgendes Urtheil: Bog⸗ danowitsch, Tellalow, Slatopolsky, Gratschewsky, Klimenko und Butzewitsch zum Tode durch den Strang; Stephano⸗ witsch und die Iwanowskaja zu Zwangsarbeiten in den Berg⸗ werken resp. in den Fabriken, ohne Fristbestimmung; Anna Korba zu 20jähriger Zwangsarbeit in den Fabriken; Boreisch, Kalinsky, Pribyleff, die Lissowskaja, Hassia Grünberg, Smir⸗ nitzkaja, Juschkowa, Raissa, Pribylewa zu 15jähriger Zwangs⸗ arbeit, und zwar die Männer in den Bergwerken, die Frauen in den Fabriken unter Entziehung der Standesrechte für alle. Die allerhöchste Begnadigung wird befürwortet für die Jusch⸗ kowa und Pribylewa; für Erstere wird eine Strafminderung auf 4 Jahre Zwangsarbeit, für Letztere eine 3jährige Depor⸗ tation nach den entferntesten Gegenden Sibiriens erbeten.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 14. April. Nach dem heute veröffentlichten amtlichen Ausweise haben im ersten Quartal d. J. die Staatseinnahmen betragen: Zölle 6 517 931 Kronen (gegen 5665 261 Kronen in der gleichen Zeit des Vorjahres), Branntweinsteuer 5 066 868 Kronen (6 133 220 Kronen), Staatseisenbahnen prov. Ermitte⸗ lung 5 050 000 Kronen (4 685 920 Kronen defin.), im Ganzen 16 634 799 Kronen gegen 16 484 403 Kronen im ersten Quartal des vorigen Jahres.

Es ist lange in Schweden als ein erstrebenswerthes Ziel be⸗ trachtet worden, die für die Landesvertheidigung nöthigen Stahlkanonen im Lande selbst verfertigen zu können, aber die früher in dieser Richtung mit geschmiedetem Bessemerstahl gemachten Versuche sind mehr oder weniger mißglückt und deshalb aufgegeben worden. Seit den letzten zwei Jahren sind nun aber, wie aus Finspong berichtet wird, hier in Schweden Versuche gemacht worden, aus dichtem, ungeschmiedeten Martinstahl, hergestellt nach der so⸗ genannten Terre⸗ noir⸗Methode, Kanonen zu fabriziren und diesmal mit glänzendem Resultat. Die Stahlkanonen werden in Bofors in Rohguß hergestellt, und das Aeußere ist dann ziemlich übereinstimmend mit der äußeren Form der selben vor der Bearbeitung nur des

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Glühens und des Härtens bedürfen. Bisher sind in Bofors 10 Kanonen aus Martinstahl gegossen und mit 6 Stück Probe⸗ schießen veranstaltet worden. Das Probeschießen der Artillerie mit den letzten 4 Kanonen, die nur zur Untersuchung des neuen Materials bestimmt waren, wurde derartig vorge⸗ nommen, daß aus einer Kanone 1060 Schüsse und aus den übrigen je 2000 Schüsse abgegeben wurden. Schließlich wurden 3 Kanonen gesprengt und erfolgte das Zersprengen bei allen erst bei einem inneren Druck von 5000 Atmosphären und darüber. Die ausgezeichneten Eigenschaften des Stahles sind hierbei unter anderem dadurch vollständig dargethan, daß die Kanonen nach den abgegebenen 2000 Schüssen sich noch ebenso vollkommen verwendbar zeigten wie neue, und daß ferner bei dem Sprengschießen der Stahl sich nach und nach in einem für dieses Material ungewöhnlichen Grade ausdehnte, bevor die Kanone zersprang. Durch die Spren⸗ gung wurde bewiesen, daß keine Undichtigkeiten vorhanden und daß die Geschütze überall gleich stark waren, selbst auf den Stellen, wo sie den meisten Druck ausgehalten hatten.

Die in München erscheinende ‚Allgemeine Zeitung“ sagt über die Kaiserliche Botschaft:

Die Kaiserliche Botschaft, mit welcher der Reichstag dazu auf⸗ gerufen wird, sich die raschere Förderung der sozialpolitischen Vor⸗ lagen angelegen sein zu lassen, hat die Berathung der Novelle zur Gewerbeordnung als ein ernster eindringlicher Mahnruf unterbrochen. Das neue Memento des ehrwürdigen Hauptes des Reiches macht einen um so mächtigeren Eindruck, als sich die Verhand⸗ lungen des Reichstags in der letzten Zeit schon des Gegen⸗ standes wegen, aber auch durch die Art und Form der Debatten und Abstimmungen nicht auf jener Höhe bewegten, welche man von der Nationalvertretung mit um so größerem Recht er⸗ wartet, je mehr man von der Größe und Schwierigkeit der sozialen Aufgabe der Gegenwart überzeugt und von der sittlichen und politischen Verantwortung durchdrungen ist, welche den berufenen Organen der Gesetzgebung und besonders denjenigen zufällt, die an der Spitze des deutschen Volkes und Reiches für die Sicherung und Kräftigung der Grundlagen der staatlichen. bürgerlichen und gesellschaftlichemn Ordnung und für die Hei⸗ lung der inneren und äußeren sozialen Schäden Sorge zu tragen und Mitarbeit zu bethätigen haben. In ergreifenden Worten spricht der greise Kaiser in seiner neuen Botschaft das Be⸗ wußtsein dieses Pflichtgefühls aus, und seine vertrauensvolle Mahnung an die Volksvertretung wird gewiß innerhalb derselben wie in weitesten Kreisen Wiederhall und Beherzigung finden. Die Kaiferliche Botschaft wird zugleich auch pessimistischen Auffassungen der inneren Situation und namentlich der parlamentarischen Aussichten gegenüber dazu beitragen, die Besorgniß vor neuen Konflikten, die an die Behandlung der legislatorischen Vorlagen Seitens des Reichstages geknüpft worden sind, zu zerstreuen oder doch wesentlich zu vermindern. Die Hoffnung, daß der Reichs⸗ tag noch in der gegenwärtigen Session die Vorlage bezüglich der Krankenkassen zur Erledigung bringen werde, dürfte sich wohl mit Sicherheit erfüllen, und die konstitutionellen Bedenken gegen die Berathung des nächstjährigen Reichshaushalts werden Angesichts des von maßgebendster Stelle aufgestellten legislatorischen Arbeitspro⸗ gramms jedenfalls an Gewicht verlieren. Die Wirkungen der Bot⸗ schaft werden wohl schon in kurzer Frist ans Licht treten, zugleich aber auch von nachhaltiger Dauer sich erweisen und der legislatori⸗ schen Lösung der sozialen Aufgabe zu Statten kommen.

Die Wiener „Presse“ spricht von der Kaiserlichen Botschaft in dem Leitartikel ihres Morgenblattes vom 17.d. M. mit folgenden Worten:

Die Botschaft des Kaisers Wilhelm an den deutschen Reichstag hat in unerwarteter Weise in die Verhandlungen der nationalen Vertretung eingegriffen, um derselben in Erinnerung zu bringen, daß der bedeutendste Theil des sozialpolitischen Programms dieser Legis⸗ laturperiode noch im Rückstande begriffen und bei der beliebten Art der Verhandlung kaum mehr zu erledigen sei. Auf der Tagesordnung stand am Sonnabend eben die Geweäbenovelle; seit vierzehn Tagen wird über dieselbe debattirt, der Befähigungsnachweis für Hufbeschlag, die Freiheit der Tingeltangel, die Berechtigung zur Kolportage von buchhändlerischem und moralischem Schund riefen Debatten hervor, wie sonst nur grundlegende konstitutionelle Fragen, und noch ist kein Absehen einer Erledigung, Majoritäten von zwei, drei, vier Stimmen geben den Ausschlag hinüber und herüber. Das Krankenkassengesetz läßt eine ebenso weitläufige Diskussion erwarten, das Unfall⸗ versicherungsgesetz soll erst von der Kommission zugestaltet werden, die Altersversorgung und Invalidenversicherung sind in Vergessenheit gerathen. Da erinnert der greise Kaiser an seine Botschaft vom 17. November 1881, in welcher diese Gesetze auf die Tagesordnung gestellt worden, und legt dem Reichstage dringend ans Herz, daß er Angesichts seines hohen Alters doch noch einige Er⸗ folge seiner für das Wohl der niederen Klassen besorgten Politik zu sehen wünschte. In zwei Jahren und fünf Monaten hat der Reichs⸗ tag nichts zu Stande gebracht, und wenn der Monarch endlich, nach⸗ dem alle Hoffnung auf Aenderung der Situation verschwunden ist, diese Thatsache konstatirt, nennt der Fortschritt das einen Eingriff in die Geschäftsordnung! In weiten Kreisen des deutschen Volkes wird man finden, daß diese Mahnung keiner Erörterung bedarf, weil sie nur selbstverständlich ist und nur gerade in der letzten Stunde die sozial politische Frage aus dem Sumpfe herauszieht, in welchen sie durch die Taktik der radikalen Fraktionen hineinlavirt wutde. Die Opposition konnte die soziale Reform nicht von der Tagesordnung absetzen, aber sie zu verschleppen, hatte sie die Macht. Da entschließt sich der Kaiser, vor der Nation die Verant⸗ wortlichkeiten festzustellen. Es war das Mindeste, was geschehen konnte. Der gewaltige Eindruck, den die Botschaft gemacht hat, spricht für ihren Erfolg.

Auch die Stuttgarter „Deutsche Reichs⸗Post“ widmet der „Kaiserbotschaft“ einen Artikel. In demselben heißt es:

Ein mächtiges, weithin schallendes Wort, dessen Wiederhall sich in des Deutschen Reiches Süden am Felsen bricht, wie im Norden an des Meeres Brandung und das eindringt in jeden Palast, wie in jede Hütte Deutschlands, ist am 14. April ausgesprochen wor⸗ den. Der Deutsche Kaiser, der Schirmherr und Begründer des Reiches, hat es gesprochen. Seit jenen Tagen düsterer Sorge, als Deutschland von einem mächtigen Feinde bedroht war, und der ritterliche Preußenkönig seine Proklamation erließ, seit jenem Tage, da der neue Deutsche Kaiser dem deutschen Volke die Errich⸗ tung des Reiches verkündete und dabei versprach, er wolle sein „allzeit ein Mehrer des Reichs, nicht durch kriegerische Eroberungen, sondern durch Förderung der Wohlfahrt und der Gesittung des deutschen

Deutschlands greiser Heldenkaiser spielt nicht mit de Wenn er sich veranlaßt sah, abermals an die deutsche Nation und deren erwählte Vertreter sich zu wenden, so mußte er eine sehr ernste Veranlassung dazu gehabt haben und er spricht sie aus diese Ver⸗ anlassung mit Kaiserlicher Milde und Güte in der Form, aber auch mit Kaiserlichem Ernst und ritterlicher Würde. Es schmerzte offen⸗ bar den greisen Kaiser, daß er selbst mit seinen großen Zielen hinaus⸗ gezögert wird, daß man ihn mit seiner Forderung einer im Geiste und auf den Grundlagen des Christenthums aufzubauenden sozialen Reform dilatorisch behandelt

y . Der Kaiser anerkennt dankbar dasjenige, was zur An⸗ bahnung der sozialen Reform bereits geschehen ist. Aber es ist ihm wie allen wahren Freunden des Volkswohles nicht genug. Von den kleinlichen Bestrebungen, die Parteiherrschaft und deren meistens sehr unlautere Zwecke zu fördern, ruft der Kaiser den Reichstag zur ernsten Arbeit, zur Lösung wahrhaft großer Aufgaben an die Arbeit und weg von der Tändelei . Der ehrwürdige Kaiser tritt mit einer ebenso ernsten als berechtigten Mahnung an den Reichstag heran. Er wird sie beher⸗ zigen müssen, denn das deutsche Volk hat diese Mahnung verstanden. BEW11 1 5 als inständig betet das deutsche Volk:

ott erhalte uns noch recht lange, lange unsern großen

Kaiser Wilhelm. 1 b II““

Der „Düsseldorfer Anzeiger“ schreibt:

„Die Botschaft, welche des Kaisers Majestät an die Vertreter seines Volkes gerichtet hat, wird in gleicher Weise wie die Allerhöchste Botschaft vom 17. November 1881 für alle Zeiten ein Denkmal bleiben von der landesväterlichen Fürsorge unseres erhabenen Kaisers für das Wohl seines Volkes und insonderheit der arbeitenden Klassen. Die neue Botschaft ergänzt, bestätigt und bekräftigt die frühere und beseitigt alle Zweifel und Irrthümer, welche das rasch⸗ lebige Gedächtniß und das Interesse der Parteien an dem sozialen Reformprogramm des Kaisers hatte aufkommen lassen. Nur bei wichtigen hochbedeutenden Gelegenheiten pflegt der Monarch sich per⸗ sönlich und in feierlicher Kundgebung an den Reichstag und sein Volk zu wenden. Wenn er jetzt von Neuem die Nothwendigkeit von Re⸗ formen, welche dem Wohle der Arbeiter förderlich und die Lage derselben zu bessern und zu sichern geeignet sind, in mahnenden Worten dem Reichstage ans Herz legt, so be⸗ weist dies, für wie wichtig Se. Majestät gerade die Er⸗ reichung dieses Zieles hält und wie seine ganze Fürsorge vor Allem hierauf gerichtet ist. Die Botschaft, welche dem Reichstage empfiehlt, zur Besserung der Lage der Arbeiter und zur Förderung des Friedens der Berufsklassen unter einander auch seinerseits kein Mittel zu ver⸗ säumen und alle anderen Interessen und Rücksichten in den Hinter⸗ grund zu stellen, ist für das Volk, ist für die Arbeiter in Wahrheit eine frohe Botschaft. Was hat das Volk von den Kämpfen der Parteien, von dem Ringen derselben nach parlamentarischen Erfolgen, von dem Streit um Machtbefugnisse zu erwarten? Das Alles mag ja auch seinen Zweck und seine Bedeutung haben. Wie weit aber stehen diese doch verhältnißmäßig kleinen Sorgen hinter dem hohen Ziel zurück, das Wohl der arbeitenden Klassen und den der Berufsklassen unter einander durch praktische, in ihrer

usführung mögliche, wirksame Maßregeln nicht nur durch theoretische Erörterungen zu fördern! Indem der Kaiser dieses Ziel als seine Lebensaufgabe bezeichnet und dem innersten Bedürfniß Aus⸗ druck giebt, seine hierauf gerichteten Absichten noch während der Zeit seines Wirkens zu einem gewissen Abschluß gebracht und bethätigt zu sehen, hat er sein mächtiges Wort zu Gunsten der Arbeiter erhoben und sich nachdrücklich dafür verwandt, daß denselben auch ehemöglichst das in Wirklichkeit gewährt wird, worüber schon so viel gestritten, dessen Verwirklichung aber unter dem Kampf der Meinungen und unter dem Einfluß abseits liegender politischer Interessen in eine fernere Zukunft hinausgeschoben zu werden drohte. Hierin zeigt sich so recht die Bedeutung des Königthums für die friedliche und wirksame Lösung der sozialen Frage. Nur wenn die Krone das volle Gewicht ihres Ansehens zur Förderung dieser Ziele in die Waagschale legt, läßt sich erhoffen, daß die Reformarbeit nicht auf Abwege geräth, sondern mit Eifer ge⸗ fördert wird. Der Reichstag wird nun zu beweisen haben, ob er ein Verständniß für die hohen Ziele hat, die sich der Kaiser gestellt, ob er im Stande ist, Entsagung zu üben, und ob er Willens ist, Alles zu thun, was der Erreichung dieses Zieles förderlich ist. Irgend welche Einwände gegen, die Vorschläge der Kaiserlichen Bot⸗ schaft zu erheben, Einwände, die vielleicht aus sogenannten konstitutionellen Theorien hergeleitet werden und in dem politischen Parteiinteresse ihren Grund finden, würde wahr⸗ lich nicht klug sein. Der Kaiser hat nicht allein zum Reichstage, sondern auch zum Volke gesprochen, und in dem ganzen Volk wird diese frohe Botschaft mit Dank, Freude und Be⸗ geisterung aufgenommen. Daß im Reichstage andere Gefühle herr⸗ schen und die Oberhand gewinnen sollten, halten wir für unmög⸗ lich; für ihn giebt es nur eine Antwort: in dankbarer Anerken⸗ nung der unablässigen, von Neuem bethätigten herzlichen Fürsorge des Kaisers für das Volk auch seinerseits zu zeigen, daß die Bestre⸗ bungen für das Wohl der arbeitenden Klassen auch im Reichstage allen anderen Zielen und Interessen voranstehen.

Reichstags⸗Angelegenheiten.

Dem Reichstage liegt folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichseisenbahnen, vor:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Der Reichskanzler wird ermächtigt, die außerordentlichen Geld⸗ mittel, welche in dem Reichshaushalts⸗Etat für das Etatsjahr 1884/85 zur Bestreitung einmaliger Ausgaben: a. der Verwaltung des Reichsheeres im Be⸗ trage von. 11 832 834 b. der Marineverwaltung im Betrage von 8 197 900 e. der Eisenbahnverwaltung im Betrage von 250 000 8 im Ganzen bis zur Höhe von 20 280 734 vorgesehen sind, im Wege des Kredits flüssig zu machen und zu diesem Zweck in dem Nominalbetrage, wie er zur Beschaffung jener Summe erforderlich sein wird, eine verzinsliche, nach den Bestim⸗ mungen des Gesetzes vom 19. Juni 1868 (Bundes⸗Gesetzblatt Seite 339) zu verwaltende Anleihe aufzunehmen und Schatz⸗ anweisungen auszugeben. §. 2.

Die Bestimmungen in den §§. 2 bis 5 des Gesetzes vom 27. Ja⸗ nuar 1875, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Marine⸗ und Telegraphenverwaltung (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 18), finden auch auf die nach dem gegenwärtigen Gesetz aufzunehmende

Volkes in Werken des Friedens“ seit jener Zeit ist das ganze deutsche Volk gewöhnt, von seinem Kaiser in Zeiten der Gefahr und weltgeschichtlicher Ereignisse ein männliches, klares und wahres Wort zu hören, ein ernstes Wort zur rechten Zeit.

Am 17. November 1881 hat der Deutsche Kaiser jene berühmte erste Kaiserbotschaft an den Reichstag erlassen, worin er in unver⸗ gleichlich majestätischer Sprache es als Ziel seines Lebens ankündigte, zur Hebung der Wohlfahrt der produktiven und nothleidenden Stände des deutschen Volkes geeignete Einrichtungen zu treffen. Dieser Bot⸗ schaft, die durch ebenso einseitige als leidenschaftliche Parteibestrebun⸗ gen nach und nach aus des Volkes Gedächtniß schien ausgewischt

Anleihe und auszugebenden Schatzanweisungen Anwendung.

Urkundlich: Gegeben ꝛc.

Statistische Nachrichten. 8

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 8. April bis inkl. 14. April cr. zur Anmeldung gekommen: 445 Eheschließungen, 828 Lebendgeborene, 25 T rene, 618.

werden zu sollen, ist am 14. April 1883 eine zweite gefolgt, die wir kennen.

Sterbefälle.