Heerzu lagen folgende Anträge vor: vom Abg. Dirichlet: 81 Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
1) Den §. 7 zu streichen. .
2) Das erste und zweite Alinea des §. 9 zu fassen, wie folgt:
„Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der städtischen Gemeindeangelegenheiten wird, unbeschadet der nachfolgenden Be⸗ stimmungen, in erster Instanz von dem Bezirksausschuß, in höherer und letzter Instanz von dem Provinzialrathe geübt.
Für die Stadt Berlin tritt an die Stelle des Bezirks⸗ ausschusses der Ober⸗Präsident, an die Stelle des Provinzialrathes der Minister des Innern, für die Hohenzollernschen Lande tritt an die Stelle der Provinzialrathes der Minister des Innern.“
3) Den §. 25 zu fassen:
„Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der Angelegen⸗ heiten der Landgemeinden, der Aemter in der Provinz Westfalen und der Bürgermeistereien in der Rheinprovinz, sowie der Guts⸗ bezirke wird, unbeschadet der nachfolgenden Bestimmungen und der Vorschriften der Kreisordnungen, in erster Instanz von dem Kreis⸗ ausschuß, in höherer und letzter Instanz von dem Bezirksausschuß
ö geübt.“ “ 8 vom Abg. von Bismarck⸗Flatow: 8
s8 Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
In den §§. 7, 25, 96 und 157 die Worte: „als Vorsitzen⸗ den des Kreisausschusses“ zu streichen.
2) Absatz 3 des §. 9 und Absatz 2 des §. 25 zu streichen.
Der Abg. Dirichlet befürwortete seinen Antrag. Die Trennung der kleinen laufenden Aufsicht von den großen allge⸗ meinen Geschäften der Aufsichtsführung sei sehr unzweckmäßig und gerade das Gegentheil von Vereinfachung. Noch vor fünf Jahren habe der Abg. von Rauchhaupt, wie der stenographische Bericht zeige, die Staatsaufsicht durch Einzelbeamte verworfen. Noch 1881 seien alle Parteien dafür gewesen, es bei dem bestehenden Zu⸗ stande zu lassen. Weder die Veränderung im Ministerium des In⸗ nern, noch ein Machtspruch des Reichskanzlers dürfe doch die Majo⸗ rität von ihrem damals gefaßten Beschlusse abbringen. Dies würde ein bedenkliches Licht werfen auf die Widerstands⸗ fähigkeit der Volksvertretung gegenüber dem Reichskanzler.
Er bitte deshalb die Anträge der Linken anzunehmen, welche
sämmtliche Aufsichtsrechte nicht Einzelbeamten, sondern Kol⸗ legien übertragen wollten.
Der Abg. von Hülsen entgegnete dem Vorredner, daß es doch dem Abg. von Rauchhaupt freistehe, seine Ansichten seit fünf Jahren zu reformiren. Wenn andererseits die Volks⸗ vertretung auf das, was die Regierung vor zwei Jahren er⸗ klärt habe, Rücksicht nehme, so sei das keine capitis deminutio, sondern eine Erwägung aller Interessen des monarchischen Staates Preußen. Er sei selbst seit vielen Jahren Selbst⸗ Verwaltungsbeamter und habe erkannt, daß der Selbstver⸗ waltung nichts Schlimmeres passiren könnte, als der Staatsaufsicht beraubt zu werden. Diese ganze Gesetz⸗ gebung beruhe auf einem großartigen Vertrauen, das die Krone der Bevölkerung schenke. Bei den Laien spiele
ie Selbstüberschätzung eine große Rolle, und die Laien, die an der Aufsicht betheiligt sein wollten, überschätzten ihre Kräfte. Er bitte, die Anträge der Linken abzulehnen.
Der Abg. Janssen erklärte, daß er schon vor zwei Jahren
afür gestimmt habe, die Kommunalaufsicht nicht Kollegien, sondern Einzelbeamten zu übertragen. Diese Ansicht halte er nuch noch heute fest.
Der Abg. von Bismarck⸗Flatow erklärte dasselbe im Na⸗ men seiner politischen Freunde.
Der Abg. Dr. Brüel führte aus, daß die vorliegende Frage für das Centrum keine Parteifrage sei. Schon 1881 habe das Centrum verschieden gestimmt. Sein Freund Windthorst und er hätten damals die Uebertragung der aufenden Kommunalaufsicht an Einzelbeamte für unnöthig
nd gefährlich gehalten, und sie wären auch heute noch der⸗ elben Ansicht im Gegensatz zum Abg. Janssen. Der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums von Putt⸗ kamer bedauerte, daß der Vorredner, dem in den Kommissions⸗ berathungen um das Zustandekommen des Gesetzes die Palme gebühre, bei diesem für die Regierung höchst wichtigen Punkte sich von der Vorlage trenne. Doch hoffe er noch, daß der Abg. Brüel, wenn er vor die Gesammtfrage gestellt würde, sich der Majorität anschließen werde. Die Frage selbst sei materiell erschöpft, im Uebrigen habe die staͤatsmännische Rede des Abg. von Hülsen alles enthalten, was über diese Frage sich noch anführen ließ. Die Behauptungen des Abg. Dirichlet seien völlig unrichtig. Er räume überhaupt Niemand im Hause das Recht ein, leb⸗ hafter mit der gedeihlichen Entwickelung der Selbstverwaltung zu sympathisiren als die Regierung, aber es sei sehr un⸗ eeignet, die Laienelemente zu überbürden. Er bitte das Haus, sich auf den Standpunkt der Kommission zu stellen.
Der Abg. Hahn plaidirte ebenfalls für die Kommissions⸗ beschlüsse, die der Bevölkerung wirklichen Rechtsschutz gewähren wollten.
Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) acceptirte die Aus⸗ führungen des Abg. Brüel. Seine Freunde vertheidigten nur das Bestehende, das heiße doch nicht, an den Stützen der Monarchie rütteln.
Der Abg. Bachem erklärte ebenfalls, daß die Kommissions⸗ beschlüsse für ihn unannehmbar seien. Im Westen, nament⸗ lich in der Rheinprovinz, seien die Verhältnisse noch keine normalen, und daher würden auch die vorgeschlagenen Be⸗ stimmungen nicht normal wirken. Der Landrath sei im Westen nur ein Regierungskommissar zur Handhabung drücken⸗ der und unliebsamer Gesetze; derselbe hätte mit der Bevölke⸗ rung seines Kreises gar keinen Zusammenhang.
Der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums von Putt⸗ kamer erklärte, daß ihm der Vorredner sachlich mit den Kommissionsvorschlägen einverstanden scheine; die ablehnende Haltung desselben gehe nur aus den Verhältnissen der Rheinprovinz hervor. Die überaus scharse Beurtheilung, die der Vorredner den Organen der Selbstverwaltung in der Rheinprovinz angedeihen lasse, sei unzutreffend. Wenn eine Reihe von Bürgermeisterstellen mit Berussbeamten besetzt seien, dann habe dies geschehen müssen aus Mangel an ein⸗ gesessenen Notabeln. Im Uebrigen habe er noch bei seiner letzten Reise in die Nothstandsbezirke eine ganze Reihe von sehr tüchtigen Landbürgermeistern kennen gelernt, die sämmtlich Notable gewesen seien. Die Regierung wünsche nichts sehnlicher, als sich mit der rheinischen Bevölkerung in gutes Einvernehmen zu setzen. Er müsse also den Abg. Bachem bitten, seine Behauptungen zu rektifiziren.
Der Abg. Dr. Köhler erklärte, daß seine Freunde für den Antrag Dirichlet stimmen würden.
Die Anträge Dirichlet und von Bismarck⸗Flatow wurden abgelehnt, und die 88. 7, 9 und 25 in der Fa ung der Kom⸗ mission angenommen. 8 11“
Nachdem ohne Debatte die 8§. 8 und 10 bis 14 unver⸗ ändert genehmigt waren, wurde die weitere Berathung vertagt.
Es entspann sich eine längere Geschäftsordnungsdebatte darüber, ob morgen nach den Vorschriften des §. 36 der Ge⸗ schäftsordnung ein sog. Schwerinstag abzuhalten sei, oder ob man zunächst die zweite Berathung der Verwaltungsgesetze er⸗ ledigen solle. Da der Geschäftsordnung gemäß mehr als 30 Mitglieder sich dafür ausgesprochen hatten, die Petitionen auf die Tagesordnung zu setzen und zwar die drei Petitionsberichte über die konfessionellen Volksschulen, so war der Präsident bereit, diesen Vorschlag zu verkünden, als vom Abg. Dr. Köhler Widerspruch dagegen erhoben wurde, daß die drei Petitionsberichte gemeinsam auf die Tagesordnüng gestellt würden, weil sie nicht zu gleicher Zeit dem Hauft zugegangen seien.
Schließlich beantragte der Abg. Dr. Windthorst morgen die Verwaltungsgesetze und am Freitag die Petitionsberichte zu erledigen. Das Haus nahm diesen Antrag an. Schluß 12 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 9 Uhr.
— Nachdem der forstliche Fortbildungs⸗Unterricht der gelernten Jäger während des aktiven Militärdienstes in Ge⸗ mäßheit des §. 13 des Regulativs über Ausbildun g, Prüfung und Anstellung für die unteren Stellen des Forstdienstes in Verbindung mit dem Mili⸗ tärdienst im Jägercorps vom 15. Februar 1879 nun⸗ mehr zur festen Organisation gelangt ist, ist es als zweckmäßig erkannt worden, die Jägerprüfung, welche bisher nach §. 9 des Regulativs im ersten Militärdienstjahr abgehalten wurde, künftig in das dritte Dienstjahr zu verlegen und zugleich bei Feststellung der Anciennetät der bestandenen Jäger der mili⸗ tärischen Führung und namentlich dem Verhalten der Letzteren während des forstlichen Unterrichts einen größeren Einfluß einzuräumen, als dies bisher geschehen konnte.
Auch haben sich durch den Umstand, daß eine unverhält⸗ nißmäßig große Anzahl von Lehrlingen, welche im zuläͤssig frühesten Lebensalter in die Forstlehre eingetreten sind, bei der demnächstigen Gestellung von der Ober⸗Ersatz⸗Kommission vom Militärdienst zurückgestellt werden mußten, Unzuträglich⸗ keiten ergeben, welche eine anderweite Fassung der §8. 1., 5 und 7 des Regulativs nothwendig erscheinen lassen.
Demgemäß haben der Minister für Landwirthschaft und der Kriegs⸗Minister unterm 1. v. M. bestimmt, daß in den §§. 2, 3 und 7 bis 13 des Regul ativs über Ausbildung, Prüfung und Anstellung für die unteren Stellen des Forst⸗ dienstes in Verbindung mit dem Militärdienst im Jägercorps vom 15. Februar 1879 künftig folgende abändernde Vorschriften in Geltung treten sollen:
1) §. 2 lautet künftig:
II. Die Lehrzeit. Eintritt in die Lehre. Die Zu⸗
lassung zum Dienst im Jägercorps Behufs Erwerbung der Forst⸗ anstellungs⸗Berechtigung ist nur statthaft nack vorschriftsmäßiger Ab⸗ solvirung der Lehrzeit des Forst⸗ und Jagdwesens. Der Eintritt wie im Regulativ bis zu den Worten: „vollendet wird“ am Schluß des ersten Alinca.
Dann ist einzuschieben:
Die Lehrzeit ist eine mindestens zweijährige und für diejenigen
Aspiranten, welche vor Beginn des 17. Lebensjahres eintreten wollen, grundsätzlich eine dreijährige. Es bleibt jedoch dem Ober⸗ Forstmeister des Bezirks überlassen, auf den Vorschlag des Lehrherrn auch für die vor Beginn des 17. Lebensjahres in die Lehre getretenen Lehrlinge bei tadelloser Führung und guter Leistung die Anmeldung zum Militärdienst (§. 7) in demjenigen Jahre zu gestatten, in wel⸗ chem der Lehrling bis zum 1. Oktober eine zweijährige Lehrzeit be⸗ endet haben wird, wenn die Körperbeschaffenheit desselben die Erwar⸗ tung begründet, daß er zum Militärdienst für brauchbar befunden werden wird. Die Lehrzeit dieser Kategorie vog Jägern ist demnächst zu dem genannten Zeitpunkt als vorschriftsmäßig beendet anzusehen, sofern dieselben bei der Gestellung von der Ober⸗Ersatzkommission als zum Militärdienst tauglich erklärt worden sind.
Bis zum Beginn der Lehrzeit u. s. w. wie im Regulativ al. 2.
2) al. 1 des §. 3 lautet künftig:
Wahl des Lehrherrn. „Die Lehrzeit kann wäͤhrend des ersten, bezw. für diejenigen Lehrlinge, welche nach §. 2 eine dreijährige Lehrzeit zu absolviren haben, während der beiden ersten Jahre bei jedem vom Forstmeister und Ober⸗Forstmeister des Bezirks zur An⸗ nahme eines Lehrlings ermächtigten, im praktischen Forstdienste des Staates, der Gemeinden, öffentlichen Anstalten oder Privaten ange⸗ stellten Forstbeamten absolvirt, muß aber während des zweiten, dezw. bei dreijähriger Lehrzeit, während des dritten Jahres bei einem Staats⸗Oberförster oder bei einem vom Forstmeister und Ober⸗Forst⸗ meister des Bezirks zur Ausbildung von Lehrlingen ermächtigten ver⸗ waltenden Beamten des Gemeinde⸗, Instituten⸗ oder Privatforstdienstes
zugebracht werden.“ 3) hinsichtlich des §. 7.
Am Schluß des ersten Alinea ist hinzuzufügen: „bezw. bei den vor Beginn des 17. Lebensjahres eingetretenen Lehrlingen, daß die Anmeldung zum Militärdienst gestattet worden ist (§. 2)“.
4) hinsichtlich des §. 8.
al. 1 und 2 bleiben unverändert.
al. 3 lautet künftig folgendermaßen: JE111u1“
Bei seiner Einstellung hat der Forstlehrling ein nach dem Muster B. auszustellendes, stempelfreies Attest seines Lehrherrn über vorschriftsmäßige Absolvirung der Lehrzeit und über moralische Führung, Fleiß und Befähigung dem Bataillons⸗Commandeur ver⸗ schlossen abzuliefern. Dieses Attest ist vom Lehrherrn unter Anhef⸗ tung der Bescheinigung über die Befähigung zum Eintritt in die Lehre (§. 2) und der Annahme⸗Genehmigung (§. 3) dem Bezirksforstmeister einzureichen.
Derselbe ist verpflichtet, nicht nur von dem Gang der Fortbildung des Lehrlings während der Lehrzeit Kenntniß zu nehmen, sondern auch am Schluß der Letzteren eventl. durch eine speziell zu diesem Zweck⸗ abzuhaltende Prüfung sich über die Fortschritte des Lehrlings und den Grad der erlangten Ausbildung ein begründetes Urtheil zu ver⸗ schaffen und auf dem Lehr⸗Attest nach pflichtmäßigem Ermessen dahin abzugeben, ob der Lehrling die Lehrzeit sachgemäß angewandt und eine hinreichende praktische und theoretische Ausbildung erlangt habe, um zu der Erwartung zu berechtigen, er werde demnächst die forstliche Laufbahn mit genügendem Erfolg fortsetzen können.
Das so vervollstäaͤnvigte Lehrattest hat der Forstmeister sodann dem Lehrherrn zurückzugeben, welcher dasselbe verschlossen dem Lehr⸗ ling unter der Adresse desjenigen Bataillons, bei welchem die Ein⸗ stellung erfolgt, aushändigt.
5) §. 9 lautet künftig:
Diejenigen Jäger, welche sich über die zweckmäßige und erfolg⸗ reiche Verwendung der Lehrzeit (§. 8) durch ein vollständig genügendes Lehrattest auszuweisen vermögen, werden auch während des aktiven Militärdienstes durch Unterricht im Zimmer und Unterweisung im Walde fortgebildet. Die zu diesem Behufe für die Jäger⸗Bataillone erforderlichen forstlichen Lehrkräfte und Lehrmittel werden von der Forstverwaltung beschafft.
Wegen Unterweisung im Walde durch Exrkursionen und Theil⸗ nahme an den Waldarbeiten wird das Erforderliche zwischen der Militär⸗ und Forstverwaltung vereinbart.
6) §. 10 lautet künftig: JIV. Die Jägerprüfung. Zulassung zur Prüfung. Diejenigen Jäger, welche den vorstehenden Bedingungen genügt und sich tadellos geführt haben, werden bis zum 25. Februar ihres dritten
ihres ersten Dienstjahres der Inspektion der Jäger und Schützen von
den resp. Bataillons⸗Commandeuren u. s. w. wie im bisherigen §. 9
des Regulativs. 84 7) §. 11 lautet künftig:
Ausführung der Prüfung. Für jedes Jäger⸗Bataillon wird vom Chef der Forstverwaltung eine Prüͤfungskommission aus zwei Oberförstern, einen oder zwei Forstmeistern und einen forsttech⸗ nischen Kommissarius der Centralforstverwaltung bestellt. Diese Kommission hat nach dem vorgeschriebenen Prüfungsreglement die ihr überwiesenen Jäger zu prüfen und für diejenigen, welche allen Anforderungen des Reglements genügt haben, ein stempel⸗ freies Zeugniß (Lehrbrief) auszufertigen, worin das Gesammtergebniß der Prüfung mit einem der Prädikate: Sehr gut — gut — genügend — ziemlich genügend — auszudrücken ist; für diejenigen, welche den nicht genügt haben, ist hierüber ein Bescheid auszu⸗
ellen.
Weiederholung der Prüfung beim Nichtbestehen derselben ist nur einmal bei dem nächsten Prüfungstermin zulässig, wenn die Prüfungs⸗ kommission solches beferporte⸗ und der Jäger durch Kapitulation mit seinem Truppentheil sich verpflichtet, wenigstens bis zum Be⸗ kanntwerden des Ergebnisses der wiederholten Prüfung im aktiven Dienst zu verbleiben. Es kann aber in diesem Falle unter allen Um⸗ ständen nur die Qualifikation der Jäger Klasse A. II. erlangt werd en.
Die Prüfungskommissionen haben sich so einzurichten, daß die Prüfungszeugnisse und Bescheide bis spätestens zum 1. August in den Händen der Inspektion der Jäger und Schützen sind, damit die Ver⸗ pflichtungsverhandlungen im Sinne des §. 14 und 38 vor dem all⸗ gemeinen Entlassungstermin endgültig geregelt sein können.
1 8) 8 12 lautet künftig:
Feststellung des Gesammtergebnisses der Prüfung. Die Zeugnisse und Bescheide (§. 11) werden von der Prüfungs⸗ kommission mit einem Verzeichniß
a. der Bestandenen, worin dieselben nach ihrer Qualifikation mit der Maßgabe zu rangiren sind, daß bei gleichen Prüfungsergebnissen dem mit besserer Führung im Militärdienst der Vorzug gegeben wird,
b. der Nichtbestandenen u. w. wie im bisherigen §. 11 des Re⸗ gulativs.
9) §. 13 lautet künftig wie der bisherige §. 12 des Regulativs, nur sind die Worte zu streichen: „und bilden alsdann die Jäger⸗ klasse A. im Allgemeinen.“
10) der bisherige §. 13 des Regulativs fällt fort.
Die Bestimmung im §. 2 hinsichtlich der dreijährigen Lehrzeit findet auf diejenigen, vor Beginn des 17. Lebens⸗ jahres in die Lehre getretenen Lehrlinge, welche bei Erlaß der beiliegenden Verfügung bereits in der Lehre standen, keine Anwendung.
— Nach Mittheilungen aus dem Auslande sind fol⸗ gende Submissionen ausgeschrieben worden:
1) Von der Artillerie⸗Direktion der Gießerei zu Genua für den 11. Mai d. J. bis Nachmittags 3 Uhr eine Submission auf Lieferung von Maschigentreibriemen und viereckig zugeschnittenen Sohllederstücken im Betrage von 11 925 Lire;
2) Von der General⸗Eisenbahndirektion zu Rom bezw. von der Koͤniglichen Präfektur zu Aquila für den 12. Mai d. J. bis Vormittags 10 Uhr eine Sub⸗ mission auf Arbeiten und Lieferungen zum Bau der Eisen⸗ bahnlinie Rom⸗Solmona (Länge 23 610 m, Bausumme 7 266 000 Lire).
Ueber die speziellen Bedingungen ist das Nähere an Ort und Stelle einzusehen.
— Werden bereits angewiesene Beträge, welche dritte Personen von dem Fiskus zu fordern haben, ge⸗ pfändet, so bedarf es, nach einer Cirkularverfügung des Finanz⸗Ministers, vom 30. März d. J., zur Zahlung an den Arrestsucher einer weiteren Anweisung des Betrages Seitens derjenigen Behörde, welche die ursprüngliche Zahlungs⸗ anweisung erlassen hat. Bei derartigen Pfändungen muß demnach die Zustellung der Pfändungs⸗ und Ueberweisungs⸗ beschlüsse an oie zum Erlaß der betreffenden Zahlungs⸗ anweisung zuständige Behörde erfolgen, da letztere den Fiskus als Drittschuldner zu vertreten hat. Erfolgt die Zustellung zu Unrecht an die Kasse, welche lediglich ein Organ zur Ver⸗ mittelung der von der kompetenten Behörde zu leistenden Zahlung ist, so ist dem Arrestsucher unter Rücksendung des Pfundungs⸗ und Ueberweisungsbeschlusses zu überlassen, die Zustellung desselben an die gedachte Behörde als den IRee Drittschuldner in vorschriftsmäßiger Weise herbei⸗ zuführen.
— In Anbetracht, daß die bisher für die Detention in
den Strafanst alten und Gefängnissen des Ressorts 8—
des Ministeriums des Innern liquidirten Kosten nicht den der Staatskasse erwachsenden Ausgaben entsprechen, hat der Mi⸗ nister, im Einverständniß mit dem Finanz⸗Minister und dem Justiz⸗ Minister, eine Erhöhung derselben beschlossen und demzufolge durch Cirkular⸗Erlaß vom 27. März d. J. bestimmt, daß vom 1. April d. J., als vom Anfange der neuen Etatsperiode ab, für die Civil⸗ und Untersuchungsgefangenen, sowie für die zu Zuchthaus⸗, Gefängniß⸗ oder Haftstrafe verurtheilten Personen
ein gleichmäßiger Verpflegungssatz von achtzig Pfennigen per Tag, und zwar ohne Unterschied der Jahreszeit, in
welcher die Detention stattfindet, zu liquidiren ist.
Der vorstehende Verpflegungssatz kommt ohne Rücksicht auf die Menge und Art der dem Gefangenen gewährten Kost zur Anwendung und ebenso ohne Rücksicht darauf, ob der Gefangene in dem Gefängniß oder auf einer auswärtigen Arbeitsstation oder in einer Krankenanstalt untergebracht war. Wird dem Gefangenen gestattet, sich selbst zu beköstigen, so werden die “ für jeden Tag um dreißig Pfennige er⸗ mäßigt.
Werden Kinder, welche von der Mutter noch nicht ge⸗ trennt werden können, in das Gefängniß aufgenom:nen, so kommen Kosten für deren Unterhalt nicht in Ansatz. 1
Wird ein Gefangener in eine Irrenanstalt gebracht, so kommen, statt der Verpflegungskosten, die an die Direktion der Anstalt gezahlten Beträge als baare Auslagen in Ansatz und zur Liquidation.
Die Vorschriften, nach welchen die Beerdigungskosten eines Gefangenen nicht von der Gefängnißverwaltung zu bestreiten sind, werden durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt.
— Nach einem Spezialbescheide des Ministers des Innern, vom 10. März d. J., bedarf es in den Fällen, in welchen einem Individuum auf Grund des §. 3 des Freizügigkeitsgesetzes vom 1. November 1867 der Aufenthalt im diesseitigen Staats⸗ gebiete untersagt, bezw. in welchen auf Grund des §. 362 des Strafgesetzbuches die Ausweisung eines Ausländers aus dem Reichsgebiete verfügt worden ist, der Mittheilung an die in Gemäßheit der Verordnung des Bundesrathes vom 16. Juni 1882 bestellte Registerbehörde nicht. Was insbesondere die letzterwähnten Ausweisungen betrifft, so ist nach den Motiven zu der Verordnung vom 16. Juni 1882 die Auf
Dienstjahres, die einjährig freiwilligen Jäger bis zum gleichen Termin nahme der bezüglichen Verfügungen in die Strafregister des⸗
halb nicht für erforderlich erachtet worden, weil die auf Grund
des 8. 362 Schlußabsatz des Strafgesetzbuches gegen Aus⸗
länder verhängten Ausweisungen zufolge des Bundesraths⸗ beschlusses vom 27. April 1873 durch das Centralblatt des Deutschen Reichs veröffentlicht werden.
——— Der General⸗Lieutenant von Nachtigal, bisher Commandeur der 1. Division, welcher in gleicher Eigenschaft ur 13. Division versetzt worden, ist aus diesem Anlaß zur Abstattung persönlicher Meldungen mit kurzem Urlaub hier angekommen.
— S. M. S. „Olga“, 10 Geschütze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Frhr. von Seckendorff, ist am 3. April cr. in Kingstown (St. Vincent) eingetroffen. 1
S. M. S. „Nymphe“, 9 Geschütze, Kommandant Kor⸗ vetten⸗Kapitän Dietert, ist am 25. April cr. in Malta ein⸗ getroffen.
Württemberg. Stuttgart, 29. April. Die Genesung des Königs hat, dem „St. A. f. W.“ zufolge, in der letzten Zeit erfreuliche Fortschritte gemacht; Höchstderselbe hat nicht allein besseren Appetit und Schlaf, sondern fühlt sich auch wieder kräftiger und bringt täglich einige Stunden außerhalb des Bettes zu. Das Aussehen Sr. Majestät erscheint übrigens noch ziemlich angegriffen und es wird Höchstderselbe immerhin noch längere Zeit besonderer Schonung und Ruhe bedürfen.
Mecklenburg Schwerin. Rostock, 29. April. Vor⸗ gestern Vormittag fand hierselbst ein akademischer Trauer⸗ gottesdienst zur Feier des Gedächtnisses des hochseligen Groß⸗ herzogs Friedrich Franz II. in der St. Marienkirche statt. Demselben wohnten etwa 1200 — 1300 Personen bei. Die Landes⸗Universität begab sich bald nach 10 Uhr vom Univer⸗ sitätsgebäude in die Kirche. Voran gingen die Pedelle mit den Stäben; dann folgte der Vize⸗Kanzler Dr. von Liebeherr und der derzeitige Rektor, Professor der Anatomie Dr. Merkel. Darauf kamen paarweise die Professoren in ihrer Amtstracht, die Privat⸗Dozenten und die Studenten. Nachdem eine von der Sing⸗Akademie gesungene Kantate vorgetragen worden, hielt der Universitäts⸗Prediger Konsistorial⸗Kath Prof. Dr. Bachmann die Trauerrede über Evang. St. Johannis, Kapitel 8, 37 u. 38. Der Geistliche wies nach, wie der Großherzog ein wahrer Christ und ein lebendiges Glied der lutherischen Kirche gewesen sei, und daß seine lebendige christliche Persönlichkeit auch Leben verbreitend und fördernd in weite Kreise gewirkt habe. Sowohl für die lutherische Landeskirche als auch für die Landes⸗Universität habe der Dahingeschiedene Großes in seiner 41 jährigen Re⸗ gentenzeit gethan und sich dadurch ein monumentum aere perennius gesetzt. Nachdem Gesang die Feier geschlossen hatte, ging der akademische Lehrkörper wieder im feierlichen Zuge nach der Universität zurück.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 29. April. (Thür. Corr.) Der Großherzog hat sich auf einige Tage nach der Wartburg begeben. Morgen beabsichtigt derselbe, die durch Brandunglück am vorigen Sonnabend schwer be⸗ troffene Stadt Geisa im Eisenacher Oberlande aufzusuchen. Auch der Staats⸗Minister Dr. Stichling hat sich heute bereits nach Geisa begeben. Im Ganzen sind daselbst zwischen 65 und 70 Gebäude abgebrannt, darunter Schule, Lehrerwohnung und Pfarrei. Gerade die von der ärmeren Bevölkerung bewohnte sog. Unterstadt ist diesmal den Flammen zur Beute geworden, während ein früherer Brand die Oberstadt vernichtet hatte.
Hesterreich⸗Ungarn. Wien, 1. Mai. (W. T. B.) Prinz Wilhelm von Preußen kehet mit dem Kaiser am Mittwoch von dem unternommenen Jagdausflug zurück und reist am Donnerstag mit dem Kronprinzen Rudolf nach Prag, wo am Freitag große Parade stattfindet. Am Sonn⸗ abend wird Prinz Wilhelm nach Berlin zurückkehren.
Pest, 30. April. (W. T. B.). In der heutigen Sitzung des Oberhauses gedachte vor Eintritt in die Tagesordnung der Präsident mit warmen Worten des in England verstorbenen Grafen Batthyanyi. — Bei der Berathung des Gesetz⸗ entwurfs über die Mittelschulen empfahl der Kultus⸗ Minister die Annahme der Vorlage. Der Szathmarer Bischof Schlauch erklärte sich mit der Motivirung des Entwurfes zu⸗ frieden, hob namentlich den katholischen Standpunkt, wonach katholische Mittelschulen unter dem Patronatsrechte des Königs stehen, hervor und sprach sich ebenfalls zu Gunsten der Vor⸗ lage aus; ebenso der Kronhüter Nikolaus Baron Vay, welcher besonders den protestantischen Standpunkt betonte.
— Im Fortgange der Berathung trat der Kardinal Erzbischof Haynald auf das Wärmste für die angefochtenen Rechte der Katholiken ein, welche die gleiche Autonomie wie die übrigen Konfessionen zu beanspruchen hätten; Redner erklärte sich für die Vorlage. Der Minister⸗Präsident Tisza führte aus, die Vorlage halte den bisherigen status quo der Institution und Rechte der katholischen Kirche aufrecht, während die Autonomie, namentlich der Protestanten, wenngleich nur in dem, dem Interesse des Staates entsprechenden Maße beschränkt wor⸗ den sei. Der Minister hob hervor, er wünsche schon aus patrio⸗ tischen Rücksichten, die auch von ihm hochgeschätzte katholische Konfession und der Episkopat möge auch ferner sich einer so günstigen Stellung erfreuen. Er fürchte nichts so sehr für Ungarn, als eine Srtörung des Friedens, welcher bisher zwischen den Konfessionen geherrscht habe. Der Redner citirte schließlich den Ausspruch Disraeli's, wonach kein Staat die Unabhängigkeit einer reich begüterten Korporation dulden würde. Sollte eine solche Unabhängigkeit erlangt werden, so Fü die Konfiskation der Kirchengüter durch den Staat erfolgen.
Großbritannien und Irland. London, 30. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses theilte der Premier Gladstone mit, daß er, falls die zweite Lesung der Bill über den Parlamentseid heute nicht beendet werden sollte, morgen die Priorität für dieselbe be⸗ vitragen werde. Churchill setzte hierauf die Debatte über diese
ill fort.
— 1. Mai, früh. (W. T. B.) Die Berathung der Bill über den Parlamentseid im Unterhause wurde bis nach Mitternacht fortgesetzt und dann auf heute Nachmittag vertagt.
Frankreich. Paris, 28. April. (Fr. Corr.) Heute Nachmittag werden die Abtheilungen der Kammer den Ausschuß für den Kredit von 5 500 000 Fr. wählen, den der Marine⸗Minister für Tonking verlangt. Zur rascheren
Förderung der Angelegenheit wurde der Bericht gestern den Deputirten wider die Gewohnheit durch die Post zugeschickt.
Derselbe entwirft die Geschichte der Beziehungen Frankreichs zu dem Königreich Annam, die im Mai 1874 durch einen Vertrag den Charakter eines Protektoratsverhältnisses erhielten, und betont, daß die Annamiten in den letzten Jahren es darauf anzulegen schienen, die eingegangenen Verpflich⸗ tungen zu verletzen. So sei z. B. der Rothe Fluß niemals dem Handel ganz offen und verschiedene Stellen seines Ufers von den Stromräubern besetzt gewesen, deren unter dem Namen „schwarze Flaggen“ bekannte Fahrzeuge den Kauf⸗ fahrteischiffen den Durchlaß versperrten. Im Interesse der Sicherheit seiner Mannschaft besetzte der Kommandant Rivieère im April d. J. die Veste Hanoi und in den letzten Monaten, als die Haltung der Einheimischen immer drohender wurde, auch noch verschiedene andere strategische Punkte, namentlich die Citadelle Nam⸗Dinh, den Schlüssel des Deltas Long⸗Kol. Der Minister des Aeußern dringt darauf, daß die verworrene Lage Frankreichs in jenen Ge⸗ genden endlich ins Klare gebracht und Zuständen ein Ende gemacht werde, deren Fortpflanzung die nothgedrungene Verzichtleistung auf Tonking zur Folge haben würde. Zu diesem Behufe müßte die Seemacht, über die Frankreich in jenen Gewässern verfügt, und mit ihr auch der Effektivbestand der Okkupationstruppen erheblich verstärkt werden. Das erstere geschähe durch die Entsendung eines Panzerschiffs, zweier Kanonenböte, die sich an der Küste aufzustellen hätten, und einiger kleinerer Fahrzeuge für die verschiedenen Arme des Rothen Flusses. Was das Okkupationscorps an⸗ langt, so müßte es mindestens aus 3000 Franzosen und 1000 annamitischen Tirailleurs bestehen. Da es gegenwärtig 1000 Mann zählt und deren noch 500 aus Cochinchina hinzu⸗ kommen könnten, so müßten gegenwärtig nur 1500 Mann aus Frankreich abgehen. Die hohe Verwaltung würde einem Civilkommissar der Republik anvertraut, der das Budget zu organisiren und die Summen zur Deckung der Okkupations⸗ kosten einzuziehen hätte. Diese Rückzahlungen, sagt der Bericht, würden nicht sofort stattfinden können; später aber würde ein besonderes Budget für Tonkin eröffnet werden.
— 30. Aoril. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer beschloß auf den Antrag des Conseilspräsidenten Ferry, die Wahl der Budgetkommission am nächsten Sonnabend vorzunehmen. Ferry sprach die Hoffnung aus, daß die Kon⸗ vention mit der Lyoner Eisenbahngesellschaft noch in dieser Woche unterzeichnet werden würde. Die Kammer setzte sodann die Berathung des Gesetzes über die rück⸗ älligen Verbrecher ohne Zwischenfall fort.
Dem „National“ zufolge hat die Nachricht von der beab⸗ sichtigten französischen Expedition nach Tonking in China solche Aufregung hervorgerufen, daß die französische Regierung es für angezeigt erachtete, in angemessener Ent⸗ fernung von Shanghai und Hongkong mehrere Panjzerschiffe zu belassen; es wird daher nur ein Theil des in den chinesi⸗ schen Gewässern stationirten Geschwaders nach Tonking gehen. — Der „Telégraphe“ versichert, der französische Gesandte in Peking, Bourée, welcher abberufen worden war, sei ange⸗ wiesen worden, bis auf Weiteres in China zu bleiben.
Italien. Rom, 30. April. (W. T. B.) Der „Osservatore Romano“ veröffentlicht die anläßlich des jüngsten Uebereinkommens zwischen dem Vatikan und Rußland vom Papste verliehenen Auszeichnungen. Der Minister des Auswärtigen von Giers und Graf Dmitry erhielten das Großkreuz des Piusordens.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 30. April. (W. T. B.) In der Zweiten Kammer gelangte heute der Antrag eines Deputirten auf Neutralisirung Schwe⸗ dens zur Berathung. Der Minister des Auswärtigen, Baron Hochschild erklärte: es sei allen Regierungen bekannt, daß die vereinigten Königreiche den Vorsatz hätten, in keinem anderen Falle in einen Krieg sich einzulassen, als wenn es sich um den Schutz ihrer Selbständigkeit handele; er könne alle Gerüchte von heimlichen Verträgen Schweden⸗Norwegens und von dynastischen Uebereinkünsten auf das Bestimmteste für unbegründet erklären. Der Antrag wurde von der Kammer mit großer Mehrheit abgelehnt.
Amerikn. Washington, 1. Mai. (W. T. B.) Die Minderung der Staatsschuld der Vereinigten Staaten während des Monats April d. J. wird auf 3 ½ Millionen Dollars veranschlagt. — Der vom König von Howaii zur Theilnahme an der Kaiserkrönung in Moskau abgeordnete Vertreter wird am nächsten Mittwoch von hier aus die Ueberfahrt nach Europa antreten.
Zeitungsstimmen.
Die „Staatsbürger⸗Zeitung“ widmet dem am 29. v. M. verstorbenen Abgeordneten Dr. Schulze⸗Delitzsch einen ehrenden Nachruf. In demselben heißt es:
... Mitten im Volke stehend, erkannte er die sozialen Leiden desselben in ihrem ganzen Umfange; diese zu mildern, war sein auf⸗ richtiges Streben, das er in praktischer Weise zu bethätigen suchte und in ausgedehntestem Maße bethätigt hat.
Obgleich wir Gegner des Schulze'schen Prinzips inbetreff der Selbsthülfe sind, so müssen wir doch die Berechtigung desselben zu jener Zeit, als es aufgestellt wurde, vollkommen anerkennen. Man erwartete von dem Staat zu jener Zeit nichts und konnte nichts von ihm erwarten, was das soziale Elend zu mildern im Stande war, und deshalb ist das Auf⸗ treten von Männern erklärlich, welche von der Idee ausgingen, daß das Volk selbst die Hand an das Werk legen müßte, daß Alle für Einen und Einer für Alle stehen müßten, um in gemeinsamer Kraft den sozialen Druck, der auf den arbeitenden Klassen lastete, abzu⸗ wälzen. Heute ist das etwas anders, heute ist man auch in den Kreisen derer, die zu jener Zeit allzuwenig Gewicht auf die Lösung der so⸗ zialen Frage legten, zu der Ansicht gelangt, daß eine Reform auf dem volkswirthschaftlichen Gebiete nothwendig sei, und /ꝛdamit Allen die Erkenntniß gekommen, daß nur der Staat, die Gesammtheit, mächtig genug sei, die Sache zu einem guten Ende zu führen.
Die Erlösung des Volkes aus dem sozialen Elend, das war das Ziel, welches sich sowohl Lassalle wie Schulze⸗ Delitzsch gestellt hatten, das ist aber auch das Ziel, welches heute an erster Stelle in der viel besprochenen Kaiserlichen Botschaft seinen Ausdruck ge⸗ funden hat. 8
Das Ziel ist dasselbe, und Ehre sei allen, welche es auf dem Wege, den sie verfolgten, im Auge behielten. Würde der gute Wille des ganzen Volkes sich mit dem guten Willen Schulze's gedeckt haben, so würde das Eingreifen des Staates gar nicht mehr nöthig gewesen sein. Sein Irr⸗ thum bestand darin, den guten Willen und die Kraft des Einzelnen überschätzt zu haben. Außerdem ist das zähe Festhalten, an den Prinzipien des Manchesterthums, das die Ideen Schulze s ausnutzte, ohne ein genügendes Aequivalent für dessen spezielle Bestrebungen zu bieten, eine der wesentlichen Ursachen von der Wirkungslosigkeit der
Schulze’'schen Schöpfungen zur nachhaltigen Besserung der sozialen und wirthschaftlichen Lage 1
— Der „Deutsche Leinen⸗Industrielle“ theilt aus dem Geschäftsbericht der Ravensberger Spinnerei in Bielefeld folgende Stelle mit:
Der Verwaltungsrath knüpft an diese Mittheilung (der Di⸗ rektion) die nachfolgende Aeußerung:
„Wie Sie aus dem Bericht der Direktion ersehen, verdanken wir das günstige Ergebniß ebensowohl der höheren Produktion und den gebesserten Absatz⸗ und Preisverhältnissen, als auch, und dies vor Allem, den außergewöhnlich niedrigen Preisen des Rohmaterials. Daß die letzteren andauern werden, läßt sich nicht erwarten und sind schon jetzt die Anzeichen vorhanden, daß die Preise allmählich höher gehen werden und daß namentlich bei Eintritt einer ungünstigen Flachs ernte in Rußland eine bedeutende Steigerung derselben in Aussich genommen werden muß.
Es wird sich dann zeigen, daß die Lage der deutschen Flachs⸗ spinnereien immer noch eine recht prekäre ist und daß eine kleine Er⸗ höhung der mit so gutem Erfolge bereits aufgerichteten Schutzwehr gegen die ausländische Ueberproduktion sehr berechtigt erscheint, wenn damit eine ausgleichende Rückzollvergütung für den Export der Weberei verbunden sein wird.
Je länger je mehr hat sich die Rützlichkeit eines gemäßigten Schutzzollsystems für die Entwickelung der deutschen Industrie heraus⸗ gestellt und wird man den in dieser Richtung eingeschlagenen Weg unbeirrt festhalten müssen, wenn man die Prosperität der nationalen Arbeit sichern will.
Daß darunter der Export nicht leidet, weist die Ausfuhrstatistik auf allen Gebieten nach und hat sich auch bei unserm Etablissement herausgestellt und damit einen der Haupteinwände der gegnerischen Ansicht hinfällig gemacht“ 18 —
Hierzu bemerkt der „Deutsche Leinen⸗Industrielle“:
Den vorstehend ausgesprochenen Anschauungen können auch wir uns nur vollständig anschließen und zugleich die beiläufige Bemerkung uns nicht versagen, daß das günstige Ergebniß der Ravensberger Spinnerei wohl einen Anhaltspunkt für die Lage der rheinisch⸗west⸗ fälischen Unternehmungen dieses Industriezweiges bietet, keineswegs aber gleichzeitig einen Rückschluß auf die Rentabilität der fächsischen und schlesischen Spinnereien zuläßt, die trotz günstiger Flachs⸗ konjunktur des letzten Jahres noch sehr erheblich zu wünschen läßt.
— In der „Norddeutschen Allgemeinen Zei tung“ lesen wir:
Die griechische Regierung hat zufolge eines Gutachtens des Me⸗ dizinal⸗Raths in Athen die Einfuhr amerikanischer Schinken, Würste, Schmalz und anderer Produkte aus amerikanischem Schweinefleisch ver⸗ boten wegen der darin enthaltenen Trichinen.
Die Einfuhr ähnlicher Produkte aus anderen Ländern ist nur gestattet, wenn dieselben von einem Certifikat der Sanitätsbehörden des betreffenden Landes begleitet sind, welches Seitens des griechischen Konsuls daselbst visirt worden ist und bezeugt, daß in dem Ursprungs⸗ lande des Produkts die genannte Krankheit nicht vorhanden ist.
Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 17.— Inhalt Zoll und Steuerwesen: Befugniß einer Steuerstelle. — Militär⸗ wesen: Verzeichniß der höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung von Zeugnissen über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig⸗ freiwilligen Militärdienst berechtigt sind; — desgl. der provisorisch berechtigten Anstalten. — Finanzwesen: Nachweisung über EFinnahmen des Reichs vom 1. April 1882 bis Ende März 1883. — Marine und Schiffahrt: Uebersicht über die Zahl der im Jahre 1882 ausgefer⸗ tigten Schiffs⸗Meßbriefe; — Bestimmungen über die Anerkennung der in italienischen Schiffspapieren enthaltenen Vermessungsangaben in deutschen Häfen. — Konsulatwesen: Ernennungen; — Exequatur⸗ ertheilungen. — Maß⸗ und Gewichtswesen: Vorschriften über Aichung und Stempelung von selbstthätigen Registrirwaagen. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.
Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 20. — Inhalt: Verfügungen: vom 20. April 1883. Postsendungen mit Flüssigkeiten nach Rußland. — Vom 23. April 1883. Eröffnung der Eisenbahn⸗ strecken Goslar⸗Langelsheim und Goslar⸗Grauhof.
Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 17. — Inhalt: Allge⸗ meine Verfügung vom 19. April 1883, betreffend die Beitreibung der Kosten des Strafverfahrens. — Allgemeine Verfügung vom 19. April 1883, betreffend die Mittheilung der Strafurtheile. — Allgemeine Verfügung vom 21. April 1883, betreffend die in Unter⸗ suchungen wegen Jagdvergehen eingezogenen Gewehre und Jagd-⸗ geräthschaften. — Bekanntmachung des Reichsamts des Innern vom 21. März 1883, betreffend die Herausgabe des Handbuchs für das Deutsche Reich auf das Jahr 1883.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 17. — Inhalt: 8 Amtliches: Cirkularerlaß vom 15. April 1883. — Personalnachrichten. — Eytelwein⸗Stipendien⸗Stiftung. — Nichtamtliches: Empfangs⸗ gebäude und Nebenanlagen auf den neuen Bahnhöfen der Reichs⸗ Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen. — Der Seeschiffahrts⸗Kanal nach Manchester. — Die Geschwindigkeit des strömenden Wassers in ver⸗ schiedenen Tiefen. — Das Chausseenetz des preußischen Staates. — Vermischtes: Romanisches Haus in Gelnhausen. — Eröffnung der Hygiene⸗Ausstellung in Berlin. — Ausgrabungen in Pergamon. — Zur Mainkanalisirung. — Neigung des Holzcement⸗Daches. — Lichtpausverfahren. — Elektrische Ausstellung in Wien 1883. — Neue Arkadenhäuser in Wien. — Eisenbahnschienen aus Papier⸗ masse. — Elektrische Beleuchtung der Brücke über den East River.
Central⸗Blatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗ waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 9.— Inhalt: Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. — Zu⸗ stellung der Pfändungs⸗ und Ueberweisungsbeschlüsse bei Pfändungen. — Behandlung der bei dem Abschlusse der Gerichtskostenregister für 18823 sich ergebenden Reste an durchlaufenden Geldern. — Indirekte Steuern: Zollpflichtigkeit für verbotwidrig eingeführtes Vieh. — Aus⸗ führungsbestimmungen des Verbots der Einfuhr von Schweinen, Schweinefleisch und Würsten amerikanischen Ursprungs. — Gewichts⸗ ermittelung von Rohzucker bei der Ausfuhr. — Personalnachrichten.
1 Sttatistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 16. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 28,0, in Breslau 28,5, in Königsberg 30,4, in Cöln 27,6, in Frankfurt a. M. 20,6, in Hannover 25,9, in Cassel 23,3, in Magdeburg 23,6, in Stettin 35,5, in Altona 26,7, in Straßburg 29,2, in Metz 18,6, in München 36,6, in Nürnberg 36,8, in Augsburg 40,1, in Dres⸗ den 26,7, in Leipzig 28,2, in Stuttgart 22,5, in Braunschweig 24,8, in Karlsruhe 17,0, in Hamburg 33,5, in Wien 38,1, in Budapest 35,4, in Prag 38,2, in Triest 27,9, in Krakau 36,1, in Basel 14,3, in Bruͤssel 31,5, in Paris 31,1, in Amsterdam 31,8, in London 23,2, in Glasgow 33,9, in Liverpool 25,5, in Dublin 37,2, in Edinburg 20,1, in Kopenhagen 20,4, in Stockholm 27,5, in Chri⸗ tiania 15,8, in St. Petersburg 39,4, in Warschau 34,5, in
dessa 34,9, in Rom 32,3, in Turin 33,1, in Bukarest 32,5, in Madrid 51,3, in Alexandrien (Egypten) 46,6. — In der Zeit vom 25. März bis 31. März: in New⸗York 31,3, in Philadelphia 26,1, in Chicago 25,8, in Cincinnati 26,9, in St. Louis 20,9, in San Franzisko 19,1, in Kalkutta —, in Bombay 30,3, in Madras 38,7.
In den ersten Tagen der Berichtswoche herrschten an den meisten deutschen Beobachtungsorten westliche und südwestliche Luftströmungen, auch die an den Oststationen wehenden nordöstlichen und nordwest⸗
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