E1.““
In der heutigen Handelsregister⸗Beilage wird Nr. 18 der
Zei chenregister⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.
“
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 4. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König wohnten gestern dem Gottesdienst im Dome bei und empfingen später den Besuch Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten Constantin Nicolajewitsch, den Se. Majestät kurz darauf in der russischen Botschaft erwiderten.
Nachmittags 5 Uhr fand im Königlichen Palais Familien⸗ tafel statt, an welcher auch das Gefolge Theil nahm.
Im Laufe des heutigen Vormittags hörten Se. Majestät die Vorträge der Hofmarschälle, des Polizei⸗Präsidenten sowie des Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Raths Anders und empfingen darauf den General⸗Lieutenant und General⸗Adjutanten von Werder.
— Den Kammerherrendienst bei Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin hat der Königliche Kammerherr Graf Fürstenberg übernommen.
— Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung
b des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (78.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staats⸗Minister Scholz und Bronsart von Schellendorff sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bun⸗ desraih und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident von Levetzow zunächst die Liste der von dem Reichskanzler für die Etatsberathung ernannten Kom⸗ missare mit, und es wurde sodann die zweite Be⸗ rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abän⸗ derung der Gewerbeordnung bei Art. 12 (Strafbestim⸗ mungen) fortgesetzt: 8 1
Zu §. 146, welcher nach dem Kommissionsvorschlage lautet:
Mit Geldstrafe bis zu zweitausend Mark und im Unver⸗ mögensfalle mit Gefängniß bis zu sechs Monaten werden bestraft:
1) Gewerbetreibende, welche bei der Zahlung des Lohnes oder bei dem Verkaufe von Waaren an die Arbeiter dem §. 115 zu⸗ widerhandelze; 1
2) Gewerbetreibende, welche den §§. 135, 136 oder den auf Grund der §§. 139, 139 a. getroffenen Verfügungen zuwider Ar⸗ beiterinnen oder jugendlichen Arbeitern Beschäftigung geben;
3) Gewerbetreibende, welche der Bestimmung in §. 111 ent⸗ gegen die Eintragungen mit einem Merkmale versehen, welches den e des Arbeitsbuches günstig oder nachtheilig zu kennzeichnen bezweckt.
Die Geldstrafen fließen der im §. 116 bezeichneten Kasse zu. wurde ein Abänderungsantrag des Abg. Dr. Rée angenommen, welcher lautet:
Der Reichstag wolle beschließen: dem §. 146 Absatz 1 als
Zisser 4 hinzuzufügen: Wer §. 56 Ziffer 6 zuwiderhandelt.
Der §. 147 wurde ohne Debatte unverändert genehmigt.
Zu §. 148, welcher nach dem Kommissionsvorschlage lautet: 4
§. 148.
5) wer dem §. 33 b. oder außer den im §. 149 Ziffer 1 vor⸗ gesehenen Fällen den §§. 42 a. bis 44 a. zuwiderhandelt, ode: seine Legitimationskarte (§. 44 a.) oder seinen Wandergewerbeschein (§. 55) einem Anderen zur Benutzung überläßt;
6) wer zum Zweck der Erlangung einer Legitimationskarte, eines Wandergewerbescheines oöder der im §. 62 vorgesehenen Erlaubniß in Bezug auf seine Person, oder die Personen, die er mit sich zu führen beabsichtigt, wissentlich unrichtige Angaben macht;
7) wer ein Gewerbe im Umherziehen ohne den gesetzlich erfor⸗ derlichen Wandergewerbeschein, ingleichen wer eines der im §. 59 Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Gewerbe der nach §. 59 a. ergangenen Untersagung zuwider betreibt;
7a.) wer dem §. 56 Absatz 1 bis 3, §. 56 a. oder §. 56 b. zu⸗ widerhandelt;
7 b.) wer den Vorschriften der §§. 56 c., 60 a., 60 b. Absatz 2 oder Absatz 2 und 3 zuwiderhandelt;
7c. wer einer ihm in Gemäßheit des §. 60 Absatz 1, §. 60 b Absatz 1 oder des §. 60 d. Absatz 3 in dem Wandergewerbeschein auferlegten Beschränkung zuwiderhandelt;
7 d. wer bei dem Gewerbebetriebe im Umherziehen Kinder unter 14 Jahren zu gewerblichen Zwecken mit sich führt;
7e. ein Ausländer, welcher bei dem Gewerbebetriebe im Um⸗ herziehen den in Gemäßheit des §. 56 d. vom Bundesrath getroffe⸗ nen Bestimmungen zuwiderhandelt
lag ein Antrag Rée vor; dieser lautet:
8
Deerr Reichstag wolle beschließen: 1 3 1) Dem §. 146 Absatz 1 als Ziffer 4 hinzuzufügen: „Wer §. 56 Ziffer 6 zuwiderhandelt.“ 2) Im §. 148 Ziffer 7 a. statt „§. 56 Absatz: bis 3“ zu setzen: „§ 46 Absatz 1, Absatz 2 Ziffer 1, 2, 5, 7, 8, 9 oder 10.“ Ferner beantragte der Abg. Dr. Baumbach, die strafrecht⸗ liche Verfolgung des Hausirers, welcher ohne vorgängige
Erlaubniß fremde Wohnungen, sowie zur Nachtzeit fremde
Häuser und Geschäfte betritt, nur auf Antrag eintreten zu
lassen. Der Abg. Dr. Baumbach wies darauf hin, daß selbst der
Hausfriedensbruch nur auf Antrag bestraft werde, der doch
etwas Schlimmeres sei, als das unbefugte Betreten eines
Hauses durch einen Hausirer, und bat mit Rücksicht darauf
—
seinen Antrag anzunehmen. Der Abg. Munckel schloß sich dem an, da man auf dem
von der Kommission vorgeschlagenen Wege eine Erziehung der
Hausirer zur Höflichkeit doch kaum erreichen könne. Der Abg. von Kleist⸗Retzow wandte dagegen ein, daß es sich nicht empfehle, ein öffentliches Vergehen nur auf Antrag
zu verfolgen.
Der Regierungskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Bödiker schloß sich dem an und warnte noch davor, das der Gewerbeordnung ganz neue Prinzip des Antragvergehens hier
einzuführen.
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Nachdem der Abg. Frhr. von Minnigerode gegen die vom Abg. Baumbach herbeigezogene Parallele gesprochen hatte, wurde der Antrag Rée abgelehnt. Bei der Abstimmung über den Antrag Baumbach ergab sich, daß im Hause nur 166 Ab⸗ geordnete anwesend, das Haus also nicht beschlußfähig sei.
In Folge dessen wurde die Sitzung abgebrochen und eine
neue Sitzung auf heute Nachmittag 2 Uhr anberaumt.
— In der heutigen (63.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums, von Puttkamer, der Minister der geistlichen ꝛc.
Angelegenheiten, von Goßler, sowie mehrere Kommissarien
eiwohnten, stand zunächst auf der Tagesordnung der sechste
““
Bericht der Kommission für das Unterrichtswesen über Petitionen. 1
Die Stadtverordneten von Crefeld beschweren sich beim Abgeordnetenhause über die Verfügung der Königlichen Regie⸗ rung zu Düsseldorf vom 26. September 1882, welche anordnet, daß sämmtliche zur Zeit in Crefeld noch simultan organisirte Volksschulen der Innenstadt mit Ostern 1883 als konfessionelle einzurichten seien. Die Petenten richten an das Haus die Bitte: „Den Herrn Kultus⸗Minister zu ersuchen, die vor⸗ bezeichnete Verfügung der Königlichen Regierung zu Düssel⸗ dorf vom 26. September 1882 wieder aufzuheben.“
Ferner petitionirten unter dem 18. Januar 1883 3274 Bürger Crefelds, Matthias und Genossen, bei dem Hause der Abgeordneten um Aufhebung der Verfügungen der König⸗ lichen Regierung zu Düsseldorf vom 24. März und 26. Sep⸗ tember 1882. Die erstgedachte Verfügung ordnet die Um⸗ wandlung der drei innenstädtischen paritätischen Schulen 7, 22 und 227 in konfessionelle katholische zu Ostern 1882 an, und ist bereits durchgeführt. Die Verfügung vom 26. Sep⸗ tember 1882 ist die in ersterwähnter Petition unter Beschwerde gestellte. Die Petenten schließen mit der Bitte, daß die in Crefeld zu Recht bestehenden paritätischen Volksschulen er⸗ halten bleiben möchten.
Die Kommission beantragte:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
1) Ueber die Petition der Stadtverordneten von Crefeld, de
Greiff und Genossen, II. 382 zur Tagesordnung überzugehen,
2) die Petition der 3274 Bürger Crefelds, Matthias und Ge⸗ nossen, II. 630, durch diesen Beschluß für erledigt zu erklären,
3) die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, von dem in der Verfügung vom 16. Juni 1876 ausgesprochenen Grundsatz, daß:
„die Genehmigung zu paritätischen Schuleinrichtungen nicht
vers solle, wenn da, wo die Schulunterhaltungs⸗ pflicht der bürgerlichen Gemeinde obliegt, Seitens der
Gemeindebehörden ein dahingehender Antrag gestellt werde“
in Zukunft Abstand nehmen zu wollen.
Hierzu lag folgender Abänderungsantrag der Abgg. Seyf⸗ fardt (Crefeld) und Genossen vor:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Die Petitionen der Stadtverordneten von Creseld, de Greiff und Genossen, und der 3274 Bürger Crefelds, Matthias und Ge⸗ nossen, II. Nr. 382 und 630 (Nr. 179 der Drucksachen) der König⸗ lichen Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweifen.
Nachdem der Referent Abg. von Zitzewitz den Antrag der Kommission unter Erörterung der bis 1875 zurückgehenden Vorgeschichte der Crefelder Simultanschulfrage begründet hatte, führte der Abg. Seyffardt (Crefeld) in Motivirung des von ihm gestellten Amendements aus, daß es sich hier um die Frage handele, ob die Regierung berechtigt sei, ein bestehendes Simultanschulwesen ohne Weiteres aufzuheben. Er könne sich bezüglich des Werthes der Simultanschule auf die vom Abg. Seyffarth (Liegnitz) bei der Etatsberathung ge⸗ haltene Rede beziehen; die Abgg. Windthorst und Strosser, die demselben geantwortet, hätten vermuthlich noch nie eine Simultanschule gesehen und ihre Einrichtungen und Resultate noch nicht beobachtet. In der Auflösungsverfügung der Königlichen Regierung zu Düsseldorf seien keine Gründe angegeben; was dieselbe veranlaßt habe, sei ganz unklar. Der Kultus⸗Minister solle den Regierungs⸗ Präsidenten von Hagemeister aufgefordert haben, eine vollendete Thatsache zu schaffen. Die Entsimultanisirung der Crefelder Schulen sei ohne Zweifel aus politischen Gründen erfolgt. Die Erregung der Crefelder Bürgerschaft sei eine künstliche, nur durch die heftige Agitation hervorgerufene und genährte. Von weiten Kreisen der Bevölkerung werde die Objektivität des Kultus⸗Ministers schmerzlich vermißt. Alle Parteien, auch diejenigen, welche den Simultanschulen nicht geneigt wären, hätten Ursache, die an türkische Zustände erinnernde Ministeromnipotenz nicht zu verstärken.
Der Abg. Strosser bemerkte dem Vorredner, daß er sehr wohl die Einrichtung der Simultanschule kenne, aber gerade die Crefelder Simultanschulen hätten seine Sympathien nicht erwerben können. Der Kultus⸗Minister habe so lange als irgend möglich über die von der einen Partei geschaffenen Schulen schützend die Hand gehalten, und sie erst jezt widerstrebend aufgeben müssen. Dafür werfe man demselben jetzt türkische Willkür vor. Die deutsche Schule sei ein lebendi⸗ ger Leib, der von der Memel bis über den Rhein reiche, wie derselbe erhalten werden solle, darüber könne nur die Cen⸗ tralinstanz, nicht eine spezielle Stadtbehörde entscheiden. Er bitte, die Kommissionsbeschlüsse anzunehmen.
Der Abg. Dr. Löwe (Bochum) wies darauf hin, daß in der Verfassung nicht die konfessionelle Schule, sondern nur der konfessionelle Religionsunterricht gewährleistet werde. An dem in Rede stehenden Vorgang bedauere er namentlich die darin zu Tage tretende Mißachtung der einen Behörde durch eine andere. Er beklage es aufrichtig, daß man in den konfessionellen Schulen den polemischen Charakter der einen Konfession gegen eine andere mehr als nöthig hervorhebe. Hier sei eine häufige Anwendung disciplinarischer Maßregeln sehr wünschenswerth. Die auch bekämpfte Vereinigung beider Geschlechter in den Schulen habe doch pädagogisch manche Vorzüge. Er warne davor, aufGrund vonPetitionen die Sache als von der ganzen Bevölkerung ausgehend zu betrachten, und über die Köpfe der städtischen Verwaltung anders zu ordnen. So lange der Kultus⸗Minister ein so großes Gewicht für die Entscheidung solcher Fragen auf die Stimmen der altprotestantischen orthodoxen Partei lege, werde er schwerlich bei der katholischen Partei ein Ent⸗ gegenkommen finden.
Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten von Goßler bestritt, daß irgend eine der hier in Rede stehenden Maßnahmen nothwendig unter die Berrachtungsweise der Kirchenpolitik falle. Die Simultanschule könne nicht in den Dienst einer politischen Partei gestellt werden. Der Abg. Seyffardt (Crefeld) habe für die Simultan⸗ schulen zweierlei angeführt, die Mischung der Konfessionen im deutschen Staate und die allgemeine Idee der Versöhnung der religiösen Widersprüche. Aber die konfessionelle Mischung habe nur in sehr geringer Weise zu einer Paritätisirung der Schulen geführt. In den niederrheinischen Gegenden sei ge⸗ rade die konfessionelle Schule in großer Reinheit erhalten worden. Bezüglich des zweiten idealen Punktes sei er ein Realist; werde wirklich das Ideal der Toleranz durch die Simultanschulen erreicht? Als der Minister Falk 1877 die Pa⸗ ritätisirung der Crefelder Schulen genehmigte, habe er (Redner) dieselbe in mehreren andern Städten verweigert, und er habe beobachtet, daß in denselben die Entwicklung der Volks⸗ schulen viel ruhiger, konstanter und friedlicher gewesen, als in Crefeld. Auch habe der Minister Falk entschieden den Stand⸗ punkt perhorrescirt, als ob man aus Prinzip simultanisire. Daß die paritätischen Schulen Crefelds in legaler
Weise zu Stande gekommen seien, erkenne er gern
an. Aber auf derselben Rechtsbasis, auf
der Minister Falk bei Simultanisirung der dortigen Schulen gestanden habe, stehe auch er jetzt. Bevor noch die Regierung eine Aenderung der Schulen in Angriff genommen habe, habe sich in Crefeld die Ueberzeugung gebildet, daß erst mit Konfessionalisirung der Volksschulen der Friede wieder⸗ hergestellt werden würde. Die Düsseldorfer Regierung habe in durchaus selbständiger, auf Kenntniß der Thatsachen beruhender Entschließung die in Frage stehende Verfügung erlassen. Nichts hätte selbst bei den Vertheidigern der Simultanschulen größere Verwunderung erregt, als wenn er diese Verfügung der Regierung aufgehoben hätte. Die Aus legung, welche Abg. Löwe (Bochum) dem Art. 24 der Ver fassung gegeben habe, könne er nicht theilen. Er bemerke nu noch, daß er glaube, daß der Gang der Ereignisse de
für Crefeld glücklichste sei. Es sei immer noch besser, wenn
die Staatsregierung das Odium auf sich lade, als wenn die Crefelder Stadtverordneten⸗Versammlung ihr eigenes Werk wieder zerstören müßte. In diesem Sinne bitte er das Haus, dem Antrage seiner Kommission zuzustimmen.
Der Abg. Dr. Mosler empfahl ebenfalls, die Kommissions⸗
beschlüsse anzunehmen. Die Simultanschule führe nicht zu einer christlichen Erziehung, sondern zu religiösem Indifferen⸗
tismus. Man habe in Preußen den Schulzwang, aber Niemand habe das Recht, den Eltern die religiöse Erziehung ihres Kindes zu verkümmern. Die Simultanschulen erzeugten keine Toleranz, sondern stif⸗ teten im Gegentheil religiöse Zwistigkeiten und Unduldsam⸗ keit. Um 12 ½ Uhr wurde die weitere Berathung bis Abends 7 Uhr vertagt.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich reußische Geheime Regierungs⸗Rath von Geldern⸗Cris pen⸗ dorf ist in Berlin angekommen und der Senator der freien 1 1 Hamburg Dr. Schroeder von hier wieder abgereist.
— Der hiesige Königlich rumänische Gesandte, Herr
Liteano, hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt der Erste Legations Sekretär Beldimano als interimistischer Geschäftsträger.
— Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich von Hohenzollern, Oberst und Commandeur des 2. Garde⸗ Dragoner⸗Regiments, ist von Urlaub aus Sigmaringen hier wieder eingetroffen.
— Der kommandirende General des III. Armee⸗Corps, General der Infanterie von Pape, ist zur Besichtigung der Truppen des Corps abgereist.
— Der General⸗Lieutenant von Nachtig al, Commandeur der 13. Division, hat nach Abstattung persönlicher Meldungen Berlin wieder verlassen.
— S. M. S. „Olga“, 10 Geschütze, Kommandant Korv.⸗ Kpt. Frhr. von Seckendorff, ist am 2. Mai cr. in Pernambuco eingetroffen.
— Das „Marine⸗Ver.⸗Bl.“ veröffentlicht folgende Nach⸗ richten über Schiffsbewegungen (das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nach dem Orte Abgang von dort). S. M. Knbt. „Albatroß“ 8./3. Campana 15./3. — 15./3. Insel Martin Garcia 17,/3. — 17./3. Colonia 18./3. — 19./3. Montevideo. — Letzte Nachricht von dort 25./3. (Poststation: Montevideo.) S. M. S. „Arcona“ 10./4. Kiel 20./4. — 26./4. Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. S. „Carola“ 11./2. Sidney. — Letzte Nachricht telegraphisch von Auckland vom 7./4. (Poststation: Aden.) S. M. Knbt. „Cyclop“ 22./2. Alexandrien. — Letzte Nachricht von dort vom 19 /4. (Poststation: Alexandrien [Egyptenl.) S. M. S. „Elisabeth“ 11./2. Kobe. (Poststation: Kap⸗ stadt.) S. M. Knbt. „Hyäne“ 11./1. Matupi. Verbleibt bis Ende Februar zu Vermessungen in Neu⸗Britannien ꝛc. und geht dann nach Auckland, um Ende April nach Apia zurückzukehren. (Poststation: Sidney [Australien].) S. M. Knbt. „Iltis“ 25./2. Hongkong. — Beabsichtigte am 12./3. nach den Paracelinseln zu gehen. (Poststation: Hongkong.) S. M. S. „Leipzig“ 30./1. Valparaiso 26./2. — nach Honolulu. (Poststation Hongkong.) S. M. Av. „Loreley“ 28./11. 82 Konstanti nopel. — Letzte Nachricht von dort vom 30./4. (Post⸗ station: Konstantinopel.) S. M. S. „Moltke“ 23./1.
Valparaiso 18./2½/. — 20./2. Coquimbo. — Letzte Nach⸗
richt von dort vom 3./3. (Poststation: Panama.) S. M. S. „Niobe“ 14./4. Kiel. (Poststation Kiel.) S. M. S. „Nymphe“ 7./4. Genua. — Beabsichtigte am 16/4. nach Malta zu gehen. (Poststation: Malta.) S. M. S. „Olga“ 11./3. St. Thomas 29./3. — 3./4. Kingstown (St. Vincent). (Poststation: Bahia [Brasilien)). S. M. S. „Stosch“ 7./3. Hongkong. — Letzte Nachricht von dort 20./3. (Poststation: Hongkong.) S. M. Knbt. „Wolf“ 16./11. 82 Tientsin 7./ — 13./3. Shanghai. (Poststation: Hongkong.)
Oesterreich⸗-Ungarn. Wien, 2. Mai. (W. T. B.) Heute Nachmittag fand bei dem deutschen Botschafter Prinzen Reuß ein Galadiner zu Ehren Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm statt. Anwesend waren Oberst⸗Hofmeister Prinz Hohenlohe, Minister des Aeußern Graf Kalnoky, Feldzeugmeister Freiherr von Bauer, Graf Pejacsevic, Fürst Windischgrätz, Graf Bombelles, Graf Hanns Wilczek, Graf Berchem, Graf von Wedel, der Oberst des 34. Infanterie⸗Regiments, Flügel⸗Adjutant von Rosenberg, Hof⸗ marschall Major von Liebenau, Adjutant Hauptmann von der Lancken und der deutsche General⸗Konsul Ritter von Mallmann. Um 5 Uhr erschien Se. Königliche Hoheit Prinz Wilhelm in österreichischer Majorsuniform und Kronprinz Rudolf in preußischer Uniform. Letzterer hatte wegen dieses Diners seine Abreise nach Prag bis 8 Uhr verschoben. Prinz Wilhelm hatte Mittags den Erzherzögen Abschiedsvisite ge⸗ macht und darauf mit dem Kronprinzen Rudolf die Pferde⸗ ausstellung in der Rotunde besucht.
— Das Abgeordnetenhaus hat heute das Land⸗ wehrgesetz in zweiter Lesung unverändert angenommen.
— 3. Mai. (W. T. B.) Der von beiden Häusern des Reichsraths votirte Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen des Volksschulgesetzes, hat die Kaiserliche Sanktion erhalten. “
Prag, 3. Mai. (W. T B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Preußen ist heute Abend unter den Klängen der preußischen Nationalhymne auf dem festlich geschmückten Sandthor⸗Bahnhofe eingetroffen, um als Gast des Kronprinzen Nudolf einen zweitägigen Auf⸗ enthalt hierselbst zu nehmen. Begleitet war der⸗
selbe von dem Grafen Pejacsevic und dem Obersten des 34. Infanterie⸗Regiments, Flügel⸗Adjutanten von Rosen⸗ berg. Kronprinz Rudolf, welcher heute früh aus Wien eingetroffen war, erwartete seinen Hohen Gast auf dem Bahnhofe, woselbst sich auch der Statthalter, der Landeskom⸗ mandirende und der Polizeidirektor von Prag eingefunden hatten und wo eine Ehrencompagnie des 73. Regiments auf⸗ gestellt war. Se. Königliche Hoheit wurde zuerst von dem Statt⸗ halter, darauf von dem Landeskommandirenden begrüßt, schritt sodann auf den Kronprinzen Rudolf zu und umarmte und küßte ihn. Nach Besichtigung der Ehrencompagnie wurden dem Prinzen Wilhelm von dem Kronprinzen die zu seinem Empfange anwesenden Würdenträger vorgestellt; die Ehren⸗ compagnie defilirte und der Kronprinz fuhr mit seinem Hohen Gaste unter begeisterten Hoch⸗ und Slavarufen der trotz des Regens in großer Zahl angesammelten Bevölkerung in die Hofburg auf dem Hradschin. Die Abreise des Prinzen Wilhelm ist auf Sonnabend Nachmittag 2 Uhr festgesetzt.
Großbritannien und Irland. London, 4. Mai. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung des Unterhauses theilte der Unter⸗Staatssekretär der Kolonien, Ashley, mit: die Regie⸗ rungen von Neu⸗Süd⸗Wales, Victoria und Süd⸗Australien hätten die Annexion von Neu⸗Guinea durch den Gou⸗ verneur von Queensland gebilligt. — Das Haus setzte sodann die zweite Lesung der Eidesbill fort. Northcote betonte: der Beschluß des englischen Parlaments, die auf Gott bezüglichen Worte aus der Eidesformel zu entfernen, würde ernste Folgen auch außerhalb Englands, z. B. in Indien haben. Das Haus möge daher seine Pflicht thun und die religiösen Prinzipien der Gottheit, welche so lange die britische Legislatur geleitet, aufrecht erhalten. Hartington vertheidigte die Bill und sprach sich für die Nothwendigkeit der Glaubensfreiheit aus. Die Bill wurde schließlich mit 292 gegen 289 Stimmen ab⸗ Flchnt. Das Resultat der Abstimmung rief auf Seiten der
pposition lebhaften Beifall hervor.
Sir Harry Parkes, bisher englischer Gesandter in Japan, ist zum Gesandten Englands in China ernannt worden.
Die „Pall⸗Mall⸗Gazette“ erfährt: es seien mehreren Firmen in der Nähe der St. Pauls ⸗ Kathedrale anonyme Schreiben des Inhalts zugegangen, daß beabsichtigt sei, die Kathedrale und andere große Gebäude in die Luft zu sprengen, um das Blut der irischen Patrioten zu rächen. .
Dublin, 2. Mai. (W. T. B.) Der sechste und siebente der wegen des Mordes im Phönixpark Angeklagten, Delaney und Caffney, bekannten sich heute der Theilnahme am Morde schuldig. Beide wurden zum Tode verurtheilt. Delaney bestätigte, indem er seine Theilnahme an dem Morde im Phönixpark eingestand, durchaus die Angaben der Kron⸗ zeugen Carey und Kavanagh und sagte aus, daß Burke und Lord Cavendish von Brady und Kelly erdolcht worden seien, und daß die anderen Angeklagten den Opfern noch weitere Stiche versetzt hätten.
T NIgboe Jury (Anklagejury) hat Tynam Walsh und Sheridan für Mit⸗ schuldige in dem Komplott zur Ermordung von Regierungs⸗ beamten erklärt. Die Angeklagten Mullett und Maroney haben heute vor dem Gerichtshofe ihre Theilnahme an dem Komplott selbst eingestanden. Die Anklageakte gegen Tynam Walsh und Sheridan lautet auf Mitschuld an dem Phönix⸗ parkmorde. Der in dem Prozeß wegen Verübung des Phönixparkmordes von der Jury für nichtschuldig erklärte Kutscher Fitz Harris wird als Mitschuldiger nochmals vor Gericht gestellt werden.
Frankreich. Vierzon, 4. Mai. (W. T. B.) Bei der gestrigen Eröffnung der hiesigen Gewerbeschule hielten der Präsident der Deputirtenkammer Brisson und der Minister⸗Präsident Ferry Ansprachen. Ferry sagte in seiner Rede: die Erziehung des Gewerbestandes werde eine Umgestaltung der französischen Gesellschaft bewirken. Das Bewußtsein der Achtung vor der Handarbeit werde die Kastenidee beseitigen und die anarchistischen Leidenschaften besänftigen; dieses Be⸗ wußtsein werde es auch den Arbeitern möglich machen, die sozialen Probleme mit richtigem Blicke anzusehen, und werde die industrielle Bedeutung Frankreichs heben.
Griechenland. Athen, 3. Mai, (W. T. B.) Der
Fürst von Bulgarien traf heute auf einem russischen
Dampfer hier ein und wurde am Landungsplatze von dem Könige, welchen die Minister begleiteten, empfangen. Der Fürst nahm im Königlichen Palais Wohnung.
Türkei. Konstantinopel, 3. Mai. (W. T. B.) Vor dem Gerichtshofe zu Erzerum hat der Prozeß gegen 55 Personen begonnen, welche der Zugehörigkeit zu einer ge⸗ heimen Gesellschaft angeklagt sind. Der Staatsproku⸗ rator wird gegen dieselben lebenslängliche Festungshaft be⸗ antragen. Da die Angeklagten keine eigenen Vertheidiger haben, so ist denselben vom Gerichtshofe ein Offizialvertheidi⸗ ger beigegeben worden.
Rumänien. Bukarest, 2. Mai. (W. T. B.) Der König ist in Begleitung seiner beiden Neffen hier ein⸗ getroffen.
— 3. Mai. (W. T. B.) Bei den Kammerwahlen des Großgrundbesitzes erhielt die Regierungspartei zwei Drittel der Mandate.
Gerbien. Belgrad, 2. Mai. (W. T. B.) Der ser⸗ bische Gesandte in Paris, Marinowitsch, trifft heute Abend von dort hier ein, um sich demnächst als Vertreter Serbiens nach Moskau zur Theilnahme an der Kaiserkrönung zu begeben.
— 4. Mai. (W. T. B.) Zwischen Serbien und Ru⸗ mänien sind Verhandlungen üͤber einen Handelsvertrag röffnet worden. — Die Konsul⸗Ernennungen für ie wichtigsten Handelsplätze Europas stehen unmittelbar bevor.
„MRußland und Polen. St. Petersburg, 3. Mai⸗
(W. T. B.) Der Regierungsanzeiger“ veröffentlicht einen ausführlichen Bericht des Kurators des Warschauer Lehrbezirks, Apuchtin, über die in Warschau stattgehabten Studenten⸗ unruhen, deren Anstifter am 21. v. M. dem Universitäts⸗ gericht übergeben worden seien. Das Blatt erklärt zugleich die Zeitungsnachricht, daß Apuchtin seinen gegenwärkigen Posten verlassen werde, für vollständig unbegründet.
Der Hafen von Peterhof soll in diesem Jahre gründ⸗ lich ausgebessert werden; das Marine⸗Ministerium hat dazu 72 000 Rubel angewiesen.
Der Erbprinz von Oldenburg ist heute nach dem Auslande abgereist
Afrika. Egypten. Kairo, 2. Mai. Die „Agence
Havas“ meldet: Lord Dufferin richtete heute vor seiner Abreise ein Schreiben an Sherif Pascha, in welchem er sagt, Egypten gehe Dank den gemeinsam und in gegenseitigem Einvernehmen getroffenen Maßregeln der Wieder⸗ geburt entgegen. Sherif Pascha that in seiner Erwiderung des Berichtes Lord Dufferins lobende Erwähnung, sicherte die Mitwirkung der egyptischen Regierung zu dessen Ausführung zu und sagte, er rechne auf die Unterstützung Englands und die Sympathie Europas.
— Lord Dufferin ist nach Alexandrien abgereist, um sich von dort noch Konstantinopel zu begeben.
— 3. Mai. (W. T. B.) Nach einer hier eingegangenen offiziellen Depesche haben die egyptischen Truppen am 29. v. M. einer 5000 Mann zählenden Abtheilung der Auf⸗ ständischen eine Schlacht geliefert, die Aufständischen ge⸗ schlagen und denselben große Verluste beigebracht. Die Zahl der Todten und Verwundeten der Aufständischen wird auf 500 Mann beziffert, unter den Todten befindet sich der Stellvertreter des Mahdi. Die egyptischen Truppen hatten * geringe Verluste erlitten und große Bravour an den Tag gelegt.
— Eine Devpesche Alaidin Paschas konstatirt, daß durch den am 29. v. M. errungenen Sieg über die Aufständischen die Provinz Sennaar von den Rebellen gesäubert worden sei. — Der englische Generalkonsul Malet ist hier eingetroffen.
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Zeitungsstimmen.
Die „Kölnische Zeitung“ bringt unter der Ueber⸗ schrift „Der Rhein⸗Ems⸗Kanal. Ein Mahnruf ans Abge⸗ ordnetenhaus“ einen Artikel, dem wir folgende Stellen ent⸗ nehmen:
Daß bei unseren Kanalbauten, so groß oder so klein sie systematisch gedacht werden, der Kanal vom Rhein über Dort⸗ mund nach Bevergern die erste und unumgänglichste Strecke ist, wird ernstlich nicht bezweifelt; und wenn ein Rhein⸗Elbe⸗Kanal über Hannover nach Mandeburg gebaut wird, so muß die Strecke vom Rhein über Dortmund nach Bevergern gebaut werden, denn technisch ist der Kanal anders nicht möglich. Und doch sind es gerade die sächsischen Interessenten, welche in der Kommission einen Kanal⸗ plan zu Fall gebracht haben, der zu zwei Dritteln gebracht hätte, was sie selber erstreben. Das ist kaum verständlich. Der Kanal von Bevergern bis Emshäfen aber ist im Interesse der Aufschließung der Moore durch Entwässerung so unaufschiebbar, daß man fast sagen kann, er müßte gebaut werden, selbst wenn der Kanal von Dort⸗ mund bis Münster nicht gebaut werden sollte. Ein Blick auf die benachbarte blühende niederländische Provinz Groningen — ehemals Moorland — muß uns die Scham ins Gesicht treiben, daß für Ge⸗ winnung unseres Moorlandes noch immer nichts oder doch so gut wie nichts geschehen ist. Wenn den magdeburgischen und han⸗ noverschen Gegnern des Rhein⸗Ems⸗Kanals — die nur darum Gegner dieses Kanals sind, weil sie zuerst den Rhein⸗Elbe⸗Kanal gebaut sehen möchten — die Frage einmal vorgelegt würde: wie sollen sich denn die Freunde des jetzigen Regierungsentwurfs stellen, wenn der Rhein⸗Ems⸗Kanal fallen gelassen und der Elbe⸗Kanal in Angriff ge⸗ nommen werden sollte, so werden sie sich doch wohl antworten müssen: wenn der Rhein⸗Ems⸗Kanal zu Fall gebracht werden kann, dann ist jedes andere Projekt von vornherein aussichtslos. Wenn der Rhein⸗Elbe⸗Kanal einmal gebaut werden wird, so wird es nur geschehen auf Grund und im Anschluß an den Rhein⸗Ems⸗ Kanal. Und wenn die Magdeburger Herren den Emskanal zu Fall bringen, so habern sie ihrem eigenen Projekt den Kopf abgeschnitten. Fachleute sagen, daß von Vlissingen bis Hamburg so treffliche, natür⸗ liche Vorbedingungen für einen gesicherten und bequemen großen See⸗ hafen nicht vorhanden seien wie an der Emsmündung; wegen der guten Einfahrt und wegen des Umstandes, daß die Ems keinen Sand führt Und doch soll der Emshafen unausgenützt und Deutschland der niederländischen Rhederei tributpflichtig bleiben! In Rücksicht gerade auf Niederland und unsere Rhederei ist der Kanalbau eine volks⸗ wirthschaftliche Nothwendigkeit. Ueber diesen Punkt äußerte sich Hr. Bueck in Dortmund u. A.:
..„Aber bet diesem großen Plane kommt nicht allein die In⸗ dustrie in Betracht. Was wir über die fremden Häͤfen verfrachten, kommt ausschließlich der fremden Schiffahrt zu gute; unsere Industrie versorgt die frembe Rhederei. Die unsrige geht leer aus. Nun weiß ich wohl, daß die Industrieen in der Nähe des Rheins nach wie vor sich dieser Wasserstraße und der ausländischen Häfen bedienen werden. Bei der Frage, wie unsere Schiffahrt zu heben, kommt es aber auch weniger auf diese Güter, sondern auf den Kohlen⸗ handel an, der vor allem billiger Fracht nach den Häfen bedarf. Das ganze gewaltige Uebergewicht der Handelsmarine Englands, die Msöglichkeit, über englische Häfen zu jeder Zeit und nach
jedem Theile der Welt zu den niedrigsten Sätzen verfrachten und aus
jedem Theile der Welt über die englischen Häfen, gleichfalls zu den niedrigsten Sätzen, Waaren beziehen zu können, beruht auf der Sicher⸗
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heit für jeden Schiffsführer, dort in der Kohle einen billigen, in
jedem Theile der Welt schlank abzusetzenden Massenartikel zur Kom⸗ pletirung der Ladungen oder als Rückfracht zu finden. Während die Sochiffe unsere Häfen mit Ballast verlassen — aus Bremen gehen 1. der eingehenden Schiffe mit Ballast aus, und in den Emshäfen dürfte das Verhältniß nicht günstiger sein —, laden die Schiffe in Eng⸗ land Kohlen. Die Kohle aber, welche in Newecastle 10 Sh. werth ist, kostet in Spanien bereits 20 — 25 Sh., in den Häfen des Mittelmeeres bis 30 Sh. und in überseeischen Plätzen 50 bis 70 Sh., und dieser vielfache Mehrwerth ist der Verdienst der Rhederei, der dem Mutterlande zu Gute kommt. . .. Obgleich die Kohle ihren lohnendsten und beqvemsten Absatz immer bei der Industrie des eigenen Bezirks suchen würde, so müßte sich die Lage bei unter jeden Umständen gesicherter Verwerthung des Produkts doch so bessern, daß sich auch das Kapital wieder mit Vorliebe dem Bergbau zuwenden und durch Mehrproduktion die Befürchtungen der Eisenindustrie zer⸗ streuen dürfte. Ich glaube nicht zu viel zu behaupten, wenn ich an⸗ nehme, daß dem ersten Spatenstich zur Erbauung des projektirten Kanals sehr bald der erste Spatenstich zur Abtäufung neuer Schächte folgen würde.“ 1
Die „Kölnische Zeitung“ schließt dann ihren Artikel mit folgenden Worten:
Fürwahr, es wäre schlechterdings nicht zu verstehen, wenn angesichts der geringen Geldopfer, die gefordert werden, das Haus der Abgeordneten der größten Industrie des preußischen Staates, der bis⸗ her allzusehr vernachlässigten Schiffahrt und der Landwirthschaft in Hannover und Ostfriesland, die Wohlthaten versagen wollte, welche die Regierung zu gewähren bereit ist. ..... Das Abgeordnetenhaus wird sich auf einen höheren Standpunkt stellen und dort die Hülfe nicht versagen, wo sie so dringend nöthig ist, nicht allein im Inter⸗ esse einzelner Gebiete, sondern der Gesammtwirthschaft, welche durch den Bau des Rhein⸗Ems⸗Kanals dauerndste Förderung erhalten wird.
— Die „Gothaische Zeitung“ schreibt in einem Artikel „der erste Schritt“:
Drei Sitzungen hat die Berathung über die grundlegenden Para⸗ graphen des Krankenversicherungsgesetzes im Reichstage in Anspruch genommen, und das Abstimmungsresultat hat schließlich bewiesen, daß die große Mehrheit des Reichstags sich bereitwillig und mit voller Anerkennung von der Richtigkeit und Nothwendigkeit des be⸗ tretenen Weges auf den Boden der von der Regierung in Vorschlag gebrachten Grundsätze stellt; das Prinzip der Zwangsversicherung hat
sogar aus dem Munde derer, welche stets für Freiheit und Freiwillig⸗ keit eingetreten waren, volle Anerkennung erfahren
Mit der Einführung dieses Prinzips ist der erste Schritt auf dem Wege der sozialpolitischen Reform gethan: denn es wird hiermit dem freien Belieben des Einzelnen ein Ende gemacht, fortan wird im Interesse der Allgemeinheit durch das Gesetz den hauptsächlichsten Kategorien der Arbeiter vorgeschrieben, sich gegen die Folgen von Krankheit sicher zu stellen, und demgemäß wird den Gemeinden, bezw. den Arbeitern die Verpflichtung auferlegt, Einrichtungen ins Leben zu rufen, welche den Arbeitern eine genügende Bürgschaft für aus⸗ giebige Verpflegung in Krankhbeitsfällen gewähren. Fortan wird die Krankenversicherung eine öffentliche Einrichtung, welche an Stelle der Armenpflege tritt und den Arbeitern statt Almosen einen rechtmaßig erworbenen Anspruch auf Krankenpflege giebt.
Darüber zu streiten, ob die hiermit zum Siege gelangte Idee sozialistisch ist oder als solche nicht anerkannt werden kann, ob sie sich sozialdemokratischen Anschauungen nähert oder nicht, verlohnt sich nicht; sie ist jedenfalls eine neue, in die Gesetzgebung eingeführte Idee, welche mit den bis dahin herrschenden und vornehmlich von dem Liberalismus gepflegten Ideen der Freiheit und des Gehenlassens, die sich bisher als nicht ausreichend erwiesen haben, vollständig im Widerspruch steht. Der Liberalismus hält an jenen Ideen nicht mehr fest und hat sich von der Nothwendigkeit des Zwangsvprinzips über⸗ zeugt, gegen das er noch bis vor wenigen Jahren mit aller Macht ankämpfte.
Für die fernere Verwirklichung sozialpolitischer Ideen, für die Vollendung des Krankenversicherungsgesetzes und für das Zustande⸗ kommen des Unfallgesetzes und weiterer noch in Aussicht genommener Pläne ist dieser Anfang ein erfreulicher, wenn er auch noch keine Ge⸗ währ giebt für die Erreichung des Zieles
— Der „Neuen Preußischen Zeitung“ wird aus München, 29. April, berichtet:
Die drei bayerischen Fabrikinspektoren sprechen sich in ihren jüngst erschienenen Jahresberichten dahin aus, daß, gleichwie im Jahre 1881, so auch im Jahre 1882 bei der Mehrzahl der Betriebe eine mehr oder minder erhebliche Verbesserung sich konstatiren lasse.
Statistische Nachrichten.
(Stat. Corr.) Die durch die berufsstatistische Er⸗ hebung vom 5. Juni 1882 im Königreich Preußen gewon⸗ nenen Daten liegen nunmehr in ihrer ersten Bearbeitung, welche die Bevölkerung nach dem Berufe oder Erwerbe umfaßt, vor. Innerhalb der einzelnen Berufsklassen und Arten sind die Erwerbsthätigen mit und ohne Nebenerwerb, unter Angabe des letzteren, von einander ge⸗ schieden, sowie die in Haushaltungen Bediensteten gezählt worden. Zugleich sind alle diejenigen Haushaltungs⸗Angehörigen, welche gar nicht oder doch nur nebensächlich erwerbend thätig waren (gesondert nach der Altersgrenze von 14 Jahren), ermittelt worden.
Wenn nun die vorjährige Aufnahme für Preußen eine Ein⸗
wohnerziffer von 27 287 860 Personen gegen 27 279 111 Personen am
1. Dezember 1880, d. h. nur eine Zunahme von 8749 Personen in dem in Frage kommenden 1 ½jährigen Zeitraume ergab, während die durchschnittliche jährliche Bevölkerungszunahme in der Periode 1871 — 80 1,166 % betrug, so ist dabei zunächst die prinzipielle Ver⸗ schiedenheit beider Erhebungen in Betracht zu ziehen: bei der Volks⸗ zählung vom 1. Dezember 1880 wurde die leichter zu erfassende ortsanwesende Bevölkerung ermittelt; die bei der Erhebung vom 5. Mai 1882 festzustellende berufs⸗ statistische Bevölkerung deckte sich aber weder mit der orts⸗ anwesenden, noch auch mit der Wohnbevölkerung. Dazu kam die Einwirkung der im Sommer aus naheliegenden Gründen viel stärkeren flottirenden Bevölkerung, sowie endlich die Thatsache einer unverhältnißmäßig hohen Auswanderung gerade in den Jahren 1880 und 1881 auch in Preußen.
Unter jener durch die Berufszählung ermittelten Gesammtzahl der preußischen Bevölkerung befanden sich 10 826 308 erwerbsthätige Personen (8 333 233 männliche und 2 493 075 weibliche), einschließlich 705 495 Personen ohne Beruf bezw. Berufsangabe (Abtheilung F. der Klassifikation der Berufsarten).
In den Haushaltungen jener erwerbsthätigen Personen waren 30 752 männliche und 855 425 weibliche Dienende thätig. Die Zahl der Haushaltungs⸗Angehörigen bezifferte sich auf 6 313 573 Personen über und 9 261 802 Personen unter 14 Jahr. Da die letzteren nur selten erwerbsfähig, die ersteren aber nach den vorliegenden berufs⸗ statistischen Ausweisen entweder nur nebensächlich oder garnicht er⸗ werbend thätig sind, so ergiebt sich, daß 15 575 375 Personen von 11 712 485 Personen, welche sozusagen die die Gesellschaft wirthschaft⸗ lich erhaltende Kraft repräsentiren, erhalten werden.
Einschließlich der in der Haushaltung ihrer Herrschaften lebenden Dienenden vertheilten sich die erwerbsthätigen Personen nach der Er⸗ hebung vom Juni v. J. auf 1 ehen.
absolute Zahlen GG
männlich weiblich zusammen % 1) Landwirthschaft, Thierzucht, 1 Gärtnerei, Forstwirthschaft, 1 Jagd und Fischerei. ... 3 462 268 1 230 080] 4 692 348,40,06 2) Bergbau, Huüttenwesen, In⸗ dustrie und Baugewerbe .. 3 065 218 585 408] 3 650 626 31,18 3) Handel und Verkehr 766 127 145 579 911 706 7,78 4) häusliche Dienste und Lohn⸗ arbeit wechselnder Art . .. 160 640 118 283 278 923 2,38 5) Militär⸗, Hof⸗, bürgerlicher, kirchlicher Dienst und freie
Berufsarten 526 549 60 661 587 210 5,01
6) ohne Beruf u. Berufsangabe 352 431 353 0641 705 495 6,02 zusammen ... 8 333 233 2 493 07510 826 308 92,23 hierzu Bedienstete in Haus⸗
haltungen 30 752 855 425 886 177 7,57
Hauptsumme ..] 8 363 985 3 348 500 11 7172 885 700
Die in den vorstehenden vier ersten Erwerbsgruppen thätigen Personen charakterisiren sich nach ihrer wirthschaftlichen Selbstän⸗ digkeit bezw. Abhängigkeit als: 8
h per Selbständige und Gehülfen und Grupve Geschäftsleiter sonstige Arbeiter
18 m. w. m. w. m. w.
I. . 1 614 212 216 750 49 625 5 304 1 798 431 1 008 026 II. 866 914 317 162 57 842 1 337 2 140 4662 266 909 III. 324 602 78 808 74 116 1 758 367 409 65 013 “ — — — 160 640 118 283 zusam. 2 805 728 612 720 1581 583 8399 4766 972 1 295 237
Proz. 29,43 6,43 1,90 0,09 46,85 15,30.
Von den 11 712485 erwerbsthätigen Personen waren 1788679 in 1 916 035 Nebenerwerben thätig. Außerdem wurden 399 244 Haus⸗ haltungs⸗Angehörige, sowie 172 030 persönliche Dienste Leistende ge⸗ zählt, welche nebensächlich erwerbsthätig waren.
— Im Monat April d. J. wurden bei der Allgemeinen Unfall⸗Versicherungs⸗Bank in Leipzig 10 Todesfälle, 3 lebensgefährliche Verletzungen, 8 Unfälle, die ihrer Natur nach eine gänzliche oder theilweise Invalidität erwarten lassen, und 948 Unfälle
Verwaltungs⸗ personal
von voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit der Ver⸗
letzten, zsammen 969 Unfälle angemeldet.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Die in Leipzig, den 5. Mai cr., erscheinende Nr. 2079 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Die Elisabethkirche in Marburg. Nach einer photographischen Aufnahme von L. Bickell. Zum 600 jährigen Jubiläum der Einweihung der Kirche. — Die russischen Kroninsignien. 3 Abbildungen: 1) Krone des Kaisers; Krone der Kaiserin; Scepter, Reichsapfel, die große Kette des Andreas⸗Ordens. 2) Krone des Zaren Iwan Alexeijewits 3) Krone des Zaren Michael Feodorowitsch. — Die Ueberführung der Kroninsignien aus dem Winterpalast nach dem Moskauer Bahn⸗
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