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derlichen Wandergewerbeschein, ingleichen wer eines der im §. 59 Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Gewerbe der nach §. 59 a. ergangenen Untersagung zuwider betreibt;
7 a.) wer dem §. 56 Absatz 1 bis 3, §. 56 a. oder §. 56 b. zu⸗ widerhandelt;
z 7 b.) wer den Vorschriften der §§. 56 c., 60 a., 60 b. Absatz 2 oder Absatz 2 und 3 zuwiderhandelt;
7ec.) wer einer ihm in Gemäßheit des §. 60 Absatz 1, §. 60 b. Absaf 1 oder des §. 60 d. Absatz 3 in dem Wandergewerbeschein auferlegten Beschränkung zuwiderhandelt;
7 §d.) wer bei dem Gewerbebetriebe im Umherziehen Kinder unter 14 Jahren zu gewerblichen Zwecken mit sich führt;
Fe.) ein Ausländer, welcher bei dem Gewerbebetriebe im Um⸗ herziehen den in Gemäßheit des §. 56 d. vom Bundesrath getroffe⸗
nen Bestimmungen zuwiderhandelt.
Hierzu hatte der Abg. Dr. Baumbach den Antrag gestellt, die
strafrechtliche Verfolgung des Hausirers, welcher ohne vor⸗
ängige Erlaubniß fremde Wohnungen, sowie zur Nachtzeit remde Häuser und Gehöfte betritt, nur auf Antrag eintre⸗ ten zu lassen.
Die Abstimmung erfolgte durch Zählen und ergab die Ablehnung des Antrages mit 125 gegen 125 sowie die An⸗ nahme des Paragraphen mit 131 gegen 130. Stimmen.
§. 149 lautet nach den Vorschlägen der Kommission:
Mit Geldstrafe bis zu dreißig Mark und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu acht Tagen wird bestraft:
1) wer den im §. 42 b. vorgesehenen Erlaubnißschein oder den im §. 43 vorgesehenen Legitimationsschein während der Ausübung des Gewerbebetriebes nicht bei sich führt, oder den Bestimmungen des §. 44 a. Absatz 2 zuwiderhandelt;
2) wer bei dem Gewerbebetriebe im Umherziehen dem letzten Absatz des §. 56 oder dem §. 60 c. Absatz 1 zuwiderhandelt;
3) wer ein Gewerbe im Umherziehen, für welches ihm ein auf einen bestimmten Bezirk lautender Wandergewerbeschein er⸗ theit ist, unbefugt in einem anderen Bezirke betreibt;
4) wer ein Gewerbe im Umherziehen mit anderen Waaren⸗ attungen oder unter Darbietung anderer Leistungen betreibt, als ein Wandergewerbeschein angiebt;
5) wer bei dem Gewerbebetriebe im Umherziehen unbefugt
Personen mit sich führt, oder einen Gewerbetreibenden, zu welchem er nicht in dem Verhältnisse eines Ehegatten, Kindes oder Enkels steht, unbefugt begleitet;
6) wer den polizeilichen Anordnungen wegen des Marktverkehrs zuwiderhandelt;
7) wer es unterläßt, den durch §§. 138 und 139 b. für ihn begründeten Verpflichtungen nachzukommen;
8) wer, ohne einer Innung als Mitglied anzugehören, sich als Innungsmeister bezeichnet.
Die Unterlassung einer durch das Gesetz oder durch Statuten vorgeschriebenen Anzeige über Innungsverhältnisse an die Behör⸗ den, sowie Unrichtigkeiten in einer solchen Anzeige werden gegen die Mitglieder des Vorstandes der Innung oder des Innungsver⸗ bandes mit der gleichen Strafe geahndet.
In allen diesen Fällen bleibt die Strafe ausgeschlossen, wenn die strafbare Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die Steuergesetze enthält.
Der Abg. Dr. Baumbach u. Gen. beantragten Nr. 8 zu streichen.
Der Abg. Ackermann bekämpfte diesen Antrag; er sehe nicht ein, warum der Reichstag die erst 1881 beschlossene Be⸗ stimmung jetzt schon wieder aufheben solle.
Der Abg. Dr. Baumbach vertheidigte seinen Antrag. n; müsse einmal die Bewegung für die Innungen zu Ende ommen.
Die Abgg. Frhr. von Minnigerode und von Kleist⸗Retzow, sowie der Bundeskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Bödeker sprachen sich gegen den Antrag aus, der außer vom Antrag⸗ steller noch vom Abg. Büchtemann vertheidigt, vom Hause mit 139 gegen 123 Stimmen abgelehnt wurde.
Der Rest der Vorlage wurde ohne Debatte unverändert nach dem Kommissionsvorschlage genehmigt.
Die dazu eingegangenen Petitionen wurden, den Be⸗ schlüssen der Kommission gemäß, für erledigt erklärt.
Bei Schluß des Blattes trat das Haus in die Berathung des Antrages der Abgg. Dr. Thilenius u. Gen., betreffend vie Niedersetzung einer Sachverständigen⸗Kommission zur Unter⸗ suchung der Stromverhältnifse des Rheins und der ihm zuströmenden Nebenflüsse mit Einschluß des Ober⸗ laufs, ein.
— In einem Entschädigungsprozeß wider den preußischen Eisenbahnfiskus in Folge der Expropriation des Theils eines Grundstücks für eine Eisenbahnanlage hat das Reichs⸗ gericht, I. Civilsenat, durch Urtheil vom 31. März d. J., im Gegensatz zu früheren Entscheidungen des ehemaligen preu⸗ ßischen Ober⸗Tribunals und des vormaligen 3. Hülfssenats des Reichsgerichts, ausgesprochen, daß bei Ermittelung des durch die theilweise Enteignung entstehenden Minderwerthes des dem Expropriaten verbleibenden Restgrundstückes nicht nur diejenigen Nachtheile zu ersetzen sind, welche durch die Ab⸗ tretung, sondern auch diejenigen, welche durch die Errichtung und Benutzung von Bauten oder Anlagen auf der abgetretenen Grundfläche, deren Ausführung in sicherer Aussicht ist, entstehen. „Allerdings ist von dem vormaligen 2. Hülfssenate des Reichs⸗ gerichts öfter ausgesprochen worden, daß Nachtheile, welche den Kläger getroffen hätten, wenn ihm nichts enteignet wäre, wenn die Bahn statt über das enteignete Grundstück an der Grenze des ungetheilten Grundstücks entlang geführt wäre, bei Festsetzung der Entschädigung nicht geltend gemacht wer⸗ den können. Dieser Grundsatz kann aber nur dann in An⸗ wendung gebracht werden, wenn es feststeht, daß die fragliche Bahnanlage über benachbarte Grundstücke, entlang der Grenze geführt worden sein würde, falls das Theilstück des Klägers nicht enteignet worden wäre. Dagegen ist die bloße Möglichkeit, daß der Schaden auch ohnedies eingetreten wäre, nicht ge⸗ nügend, die sonst begründete Schadensersatzpflicht auszuschließen. Im vorliegenden Falle hat nun aber die Beklagte nicht etwa die Behauptung aufgestellt, daß, wenn nicht ein Theil des klägerischen Grundstücks enteignet worden wäre, die in Rede stehenden Eisenbahndämme auf den Nachbargrundstücken ent⸗ lang der Grenze des ungetheilten klägerischen Grundstücks aufgeführt worden sein würden, weshalb auch weder eine Verhandlung noch eine Beweisaufnahme hierüber stattgefunden hat. Vielmehr hat die Beklagte es nur als eine Möglichkeit hingestellt, daß im gedachten Falle die Dämme längs der Grenze des klägerischen Grundstücks aufgeführt worden sein würden, und nur für diesen hypothetischen Fall behauptet, daß alsdann den Kläger der gleiche Nachtheil getroffen haben würde wie bei Aufführung der Dämme auf dem ihm ent⸗ eigneten Theilgrundstück.“
b — Se. Majestät der König haben bestimmt, daß das
4. Brandenburgische Infanterie⸗Regiment Nr. 24 (Großherzog von Mecklenburg⸗Schwerin) fortan: 4. Brandenburgisches
b bb- Nr. 24 (Großherzog Friedrich vees II. von Mecklenburg⸗Schwerin) benannt wer⸗ den soll.
Bayern. München, 8. Mai. (W. T. B.) Die Kaiserin von Oesterreich ist hier eingetroffen und im Palais des Prinzen Leopold abgestiegen. Ihre Majestät beabsichtigt, am 11. d. M. von hier wieder abzureisen.
Württemberg. Stuttgart, 8. Mai. (W. T. B.) Die Kaiserin von Oesterreich und die Erzherzogin Va⸗ lerie trafen heute Mittag 12 ½ Uhr hier ein, machten dem König und der Königin im Residenzschlosse einen Besuch und sind 1 ½ Uhr nach München weitergereist.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 8. Mai. Wie die „Meckl. Anz.“ melden, haben der Großherzog und die Großherzogin mit ihrer Tochter und dem Gefolge Men⸗ tone nunmehr verlassen und sind nach Bellaggio am Comer See übergesiedelt, um dort zunächst weiteren Aufenthalt zu nehmen. Das Befinden des Großherzogs, welcher auf diese
Weise einen allmählichen Uebergang zum nordischen Klima zu bewerkstelligen gedenkt, ist fortdauernd ein gutes.
— 9. Mai. (W. T. B.) Der Großfürst Wladimir ist heute Mittag hier eingetroffen.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 8. Mai. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus nahm in seiner heutigen letzten Sitzung die Wahlen zu den Delegationen vor. Die Wahl der Delegirten Böhmens ergab nach dreimaligem Wahl⸗ gange Stimmengleichheit und mußte das Loos entscheiden, welches auf 5 böhmische und 5 deutsche Abgeordnete fiel.
Schweiz. Bern, 8. Mai. (W. T. B.) Der Bundes⸗ rath hat den Generaldirektor Massa in Mailand, den Ministerial⸗Rath von Knapp in Stuttgart und den Altstaats⸗ rath Rossi in Bellinzona auf weitere sechs Jahre als Mit⸗ glieder des Verwaltungsraths der Gotthardbahn bestätigt.
Niederlande. Haag, 8. Mai. (W. T. B.) Die Regierung hat die Vorlagen, betreffend die Herabsetzung des Wahlcensus und die Einführung des Skrutiniums nach Arrondissements, zurückgezogen.
Großbritannien und Irland. London, 7. Mai. (Allg. Corr.) Gerade vor Jahresfrist fielen am 6. Mai, Abends, Lord Cavendish und Mr. Burke im Phbnix⸗ park unter den Messern der Verschwörer. Viele Monate lang war, trotz der auf die Entdeckung der Thäter ausgeschrie⸗ benen, über 10 000 Pfd. Sterl. betragenden Belohnung, keine Spur der Mörder aufzufinden; das Gold schien seine Macht verloren zu haben, der ausgeschriebene Pardon keinen Einfluß auf auch nur einen der offenbar zahlreichen Mitwisser zu üben. Man verzweifelte schon daran, das furchtbare Ver⸗ brechen gesühnt zu sehen, als plötzlich im August v. J. ein Anhaltepunkt durch die Mittheilungen eines jungen Mädchens gewonnen wurde, der bald zur Aufdeckung der ganzen Verschwörung führte. Heute werden schon die Galgen in dem Hofe des Gefangenhauses von Kilmainham errichtet und sehen fünf der Schuldigen ihrem Ende entgegen. Brady soll zeitweise, wenn er auf Carey zu sprechen kommt, von einer erschrecklichen Wuth befallen werden, geht im Uebrigen jedoch mit Fassung seinem Schicksale entgegen. Curley ist sehr nieder⸗ geschlagen. Fagan trägt eine große Gleichgültigkeit zur Schau. Caffrey, der sich selbst schuldig bekannte, ist sehr gefaßt und erklärt, daß er das Bewußtsein der Schuld nicht länger habe tragen können. Delaney wird, wie es heißt, begnadigt und bald ganz auf freien Fuß gesetzt werden, da er der Regierung wich⸗ tige Angaben gemacht hat und selbst nicht so schwer gravirt erscheint wie die anderen Verschworenen. Tim Kelly kommt heute zum dritten Male vor die Geschworenen. Allgemein glaubt man nun, daß Tynan, die „Nr. 1“, gleichfalls zum Angeber geworden ist und sich bereits auf dem Rückwege nach England oder sogar schon in Scotl and NYard befindet. Es heißt, er werde schon im nächsten Monat als Kronzeuge vor⸗ geführt werden, und es sollen neue überraschende Enthüllunger. bevorstehen. Die Nachricht, daß Tynan zum Verräther seiner Genossen geworden, hat zur Folge gehabt, daß in den letzten 24 Stunden 200 Personen, darunter einige angesehene Bürger, aus der irischen Hauptstadt geflohen sind.
9. Mai. (W. T. B.) Der Lord⸗Präsident des Ge⸗ heimen Raths, Minister für Landwirthschaft, Lord Carring⸗ ford, empfing gestern eine von den englischen Land⸗ wirthschaftskammern an ihn entsendete Deputarion, welche Vorstellungen machte gegen die Einfuhr von Vieh aus Ländern, in denen die Maul⸗ und Klauenseuche herrscht. Der Minister erwiderte der Deputction, daß die Regierung ihre Besugnisse in dieser Beziehung in Zukunft mit größerer Strenge anwenden werde, daß sie jedoch neue parlamenta⸗ rische Maßregeln nicht habe empfehlen können. 8
Halifax (Neuschottland), 7. Mai. (W. T. B.) Die Stadt ist beunruhigt durch Gerüchte über Attentate, welche die Fenier für den 14. d. M., als den für die Hin⸗ richtung der Phönixparkmörder in Dublin bestimmten Tag beabsichtigen sollen. Der Gouverneur erhielt einen Brief, der ihn auf die zu erwartende Ankunft von zwei verdächtigen amerikanischen Schiffen aufmerksam macht. Wie anderweit gerüchtweise verlautet, sollen diese Schiffe mit fenischer Schiffs⸗ mannschaft und mit Torpedos von Boston ausgelaufen sein, um Handelsschiffe zu zerstören. Im hiesigen Hafen wurden Vorsichtsmaßregeln getroffen.
Frankreich. Paris, 8. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Budgetkommission betonte der Vorsitzende Sadi Carnot die Nothwendigkeit, Ersparnisse zu machen und die Kreditforderungen auf das Strengste zu kon⸗ troliren. Was das außerordentliche Budget angehe, so müsse man zur Fortsetzung der großen Arbeiten die Privatindustrie in Anspruch nehmen.
Wie verschiedene Abendblätter melden, wäre die Basis der Konvention des Staats mit der Lyoner Eisenbahngesellschaft definitiv festgestellt und stände die Unterzeichung unmittelbar bevor.
Der Ministerrath hat in seiner heutigen Sitzung den Entwurf über die Reorganisation der Festungsartillerie gebilligt.
Gegen einige Journale in den Departements ist die gerichtliche Verfolgung eingeleitet, weil sie die Einleger in 88 Sparkassen dazu antrieben, ihre Einlagen zurückzu⸗ ziehen.
— 8. Mai, Abends. (W. T. B.) Die Deputirten⸗ kammer hat heute den Gesetzentwurf, betreffend die rück⸗ fälligen Verbrecher, in erster Lesung angenommen. Im Laufe der Debatte erklärte Lanjuinais Namens der Rechten:
er bedauere, daß man von den Mitteln absehe, welche die
.
Religion zur Hebung der Sittlichkeit biete; er werde aber trotzdem für den Gesetzentwurf stimmen, denn ein solches
Gesetz sei angesichts der religionslosen Schulen jetzt nothwen⸗ diger als jemals.
— (Fr. Corr.) Das Kriegsbudgetfür 1884 erreicht die Höhe von 605 Millionen, also 20 Millionen mehr als dasjenige von 1883. Diese letztere Summe ist für den Unterhalt des
Okkupations⸗Corps in Tunesien bestimmt, welcher fortan im ordent⸗
lichen Budget seinen Platz haben wird. Da die Einnahmen des
Kriegs⸗Ministeriums sich auf 43 Millionen belaufen, so schmilzt
das Budget in Wahrheit auf 562 Millionen zusammen. Unter
den Einnahmen befinden sich einige, die im Laufe des Jahres verschwinden dürften, so z. B. das Kostgeld der Zöglinge der Militärschulen: 1 400 000 Fr. und die Beiträge der Einjährig⸗ Freiwilligen: circa 7 Millionen. In diesem Falle müßten für etwa 8 Millionen neue Hülfsquellen geschafft werden. Die „République francçaise“ wirft die Frage auf, ob die ungeheueren Opfer, welche Frankreich seit Jahren für sein Kriegsbudget bringe, durch die Nothwendigkeit und die Resultate in allen Theilen gerechtfertigt seien, und ist mit der Antwort bereit, daß die Offiziercadres in ihren Einrichtungen hinter den Er⸗ wartungen zurückbleiben.
„Auf der einen Seite, sagt sie, herrsche eine allzugroße An⸗ häufung, auf der anderen ein Mangel an Kräften vor. Da eine nationale Armee nur dann für solid gelten könne, wenn ihre Cadres gut gefügt sind, und die 27 000 Offiziere oder Beamten mit Offiziersrang, welche in dem stehenden Heere dienen, für sich
allein den sechsten Theil des Budgets beanspruchen, wäre es nur in
der Ordnung, ihrer Stellung und Leistungen auf den Grund zu gehen. Da zeige sich denn zuerst eine bedauerliche Tendenz, die wahren Inter⸗ essen des Heeres, die Interessen der Truppen den verschiedenen Ver⸗ waltungszweigen hintanzustellen. Wenn dies so fortginge, würden sie auf Kosten der Hauptelemente eine übertriebene Bedeutung an⸗ nehmen. Es genüge, ein Verzeichniß der Offiziere und Be⸗ amten mit Offiziersgrad aufzustellen, um die dringende Nothwendigkeit einer Revision darzuthun. Wie schon er⸗ wähnt, zählt das Heer im Ganzen 27 000 Offiziere, 4000 mit höheren und 23 000 mit untergeordnetem Range. 8000 Offiziere dienen außerhalb der Truppen und vertheilen sich wie folgt; Generalstab und Generalstabsdienst: 815 Offiziere, worunter 521 höhere; Aufsichtscorps: 22 Beamte, alle mit höherem Rang; Intendantur: 358 Beamte, worunter 313 mit höherem Rang; Artilleriestab: 984 Offiziere und Beamte, 172 mit höherem Rang; Generalstab: 1056 Offiziere und Beamte, darunter 190 mit hohem Offiziersrang. Militärschulen: 525 Offiziere, worunter 31 höhere; Rekrutirungsdienst: 412 Offiziere, darunter 91 höhere. Depots der Territorialarmee: 167 Offiziere; Militärgefängnisse: 26 Offtziere; Remontedienst; 25 höhere Offiziere; arabische Bureaux: 67, darunter 13 höhere Offiziere; Feldgottesdienst: 41 Feldgeistliche; Aerzte: 1300, 420 mit höherem Rang; Apotheker: 185, darunter 58 mit höherem Rang; Verwaltungsoffiziere: 1522, darunter 59 mit höherem Rang; Thierärzte: 419, darunter 10 mit höherem Rang; Dolmetsche: 75, von denen 5 höheren Offiziersrang haben. Nach Abzug dieser 8000 bleiben also noch 19 000 Offiziere in dem Truppendienst. Ein Zehntel derselben hat höheren Rang, während bei den außerhalb der Truppen stehenden Offizieren ein Viertel sich in diesem Falle befindet.“ In Wahrheit sollte das Gegeatheil stattfinden, wie dies in dem bestorganisirten und am srarsamsten eingerichteten Heere Europas der Fall ist. Man würde sich aber, schreibt die „Republique“, sehr irren, wenn man glaubte, die oben erwähnten 19 000 Offiziere hätten alle im aktiven Heere ein Kommando zu führen oder in technischen Dingen zu unterweisen. Erstlich sind davon wieder die Offiziere gewisser Spezialdienste abzuziehen, namentlich 820 Gensd'armerie⸗Offiziere, 47 Offiziere des Sapeurs⸗Pompiers⸗Regi⸗ ments in Paris, 172 Kapellmeister, endlich 1500 Offiziere aller Grade, welche Verwaltungsämter in den Regimentern bekleiden, im Ganzen etwa 2500 Offiziere, denen noch an 1000 beigezählt werden müssen, die im Kriegs⸗Ministerium, den Generalstäben, den Schulen, in den Rekrutirungsbureaux ꝛc. zur Nachhülfe beordert sind. So sind im Heere kaum 16 000 von 27 000 Offizieren wirklich thätig, und es haben etwa 11 — 12 000 Aemter inne, welche dem Truppenkommando fremd sind. In ihren Reihen ist das Verhältniß der höheren Offiziere drittehalbmal stärker als in den Truppenkörpern. Wenn man bedenkt, daß viele dieser höheren Offiziere und Beamten Dienstwohnungen inne haben, deren Werth die ihnen bewilligte Entschädigung weit übersteigt, so ergiebt sich daraus eine unmäßige Ausgabe, welche eingeschränkt werden könnte, ohne daß die Leistungsfähigkeit der Armee darunter litte. Wenn Ersparnisse erzielt werden sollen, so müßte man diesem Punkte eine ernstliche Aufmerksamkeit zuwenden.“
Spanien. Madrid, 8. Mai. (W. T. B.) Der Finanz⸗Minister und der Minister des Auswärtigen haben die Vorlegung der auf die deutsch⸗spanischen Handels⸗ vertrags⸗Verhandlungen bezüglichen Schriftstücke im Senat abgelehnt.
Türkei. Konstantinopel, 8. Mai. (W. T. B.) Lord Dufferin ist hier eingetroffen.
— 9. Mai. (W. T. B.) Die Vertreter der Mächte haben das Protokoll über die Ernennung Wassa Effendis zum Gouverneur des Libanon unterzeichnet.
Montenegro. Cettinje, 9. Mai. (W. T. B.) Der Fürst von Bulgarien ist gestern hier eingetroffen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 9. Mai.
(W. T. B) Das Ministerium des Auswärtigen hat den
Posten eines Vizekonsuls in Hamburg neu creirt.
Zeitungsstimmen.
In dem „Schwäbischen Merkur“ lesen wir:
Unter dem Titel: „Correspondence diplomatique de M. Bismarck“ wird die von Poschinger veröffentlichte Depeschensamm⸗ lung, sorgsam übertragen, den Franzosen zugänglich gemacht werden. Für die zweckmäßige und würdige Herausgabe bürgt der Name Th. Funck⸗Brentano’s, Professor des Völkerrechts an der Pariser Schule für politische Wissenschaften, dessen Kenntniß sowohl der deutschen, als der Feinheiten und des Geistes der ftog ssischen Sprache ihn durchaus geeignet erscheinen ließ, das Werk des deutschen Reichskanzlers in der seiner Bedeutung angemessenen Form dem französischen Leser zu vermitteln. Der Uebersetzer spricht sich in einer längeren Vorrede über die Persönlichkeit Bismarcks aus, aus⸗ züglich wird dieselbe bereits in der „N. Fr. Pr.“ mitgetheilt. „Die
Anderen“, schreibt er, „urtheilen, studiren, prüfen. Hr. von Bismarck
sieht und entscheidet. Jene gerathen durch zahllose Umwege, Schritte
und Gegenschritte, wobei sie blos durch ihre Einbildungskraft geleitet werden, doch nur in Mißverständnisse; er dagegen äußert durch die Macht der außerordentlichen Kombinationen seine bestimmten Ein⸗ drücke, diese erste Quelle der Kraft des gesunden Verstandes und des Scharfblicks des Genies, frei seine Meinung, geht gerade aufs Ziel los und schreitet so von Erfolg zu Erfolg. Wir finden in dieser Sammlung erstaunliche Vorhersagungen, Urtheile über Per⸗ sonen und Sachen, Würdigungen von Staaten und Nationen, der
Hoffnungen, welche sie erwecken können, der Befürchtungen, die man
von ihnen hegen muß, Alles ausgedrückt mit der Bestimmtheit eines physikalischen Gesetzes. Die Bemerkungen entspringen wie aus einem lebendigen Quell, die Eindrücke reihen sich wie von selbst an einander.
Jedes Wort eines Ministers, jede Plauderei eines Fremden werden
“ —
ihm zu Enthüllungen.
1882 bei schlechterer Ernte 12 424 120 Ctr. betrug.
Sein —. 8 8. b reichthum, gedrängt, unregelmäßig und von seltsamer — 85 verschmäübt ebenfo die klassischen Regeln der Correspon⸗ denz und des Phrasendrehens, wie die losen oder verfänglichen Formen der alten Diplomatie. Wenn es aber nothwendig, drückt er mit vollendeter Kunst einen Gedanken aus, überzeugt er einen Kollagen, klärt er einen König auf, uns zu fühlen gebend, daß die oßen Stylisten nicht mehr Schriftsteller sind, als die Schönredner taatsmänner. Seine größte Sorge ist, die Klarheit seines Blickes und die Ruhe seines Urtheils nicht durch die öffentliche Meinung und den Lärm der Massen trüben zu lassen.“
— Die „Deutsche landwirthschaftliche Presse“ macht auf die Konkurrenz aufmerksam, welche der deutschen Landwirthschaft durch den Weizenbau in Indien drohe. Das genannte Blatt schreibt: 8 8
In den letzten Jahren ist auf sämmtlichen europäischen Märkten Amerika mit so ungeheueren Massen von Lebensmitteln aller Art aufgetreten, daß der deutsche Landwirth nur auf diesen gefährlichsten und größten Konkurrenten seine Aufmerksamkeit gerichtet hat. Es ist dadurch beinahe unbemerkt geblieben, daß im fernen Osten Asiens cine Umwandlung sich vollzieht, welche binnen kurzer Zeit eine Neu⸗ gestaltung des Weizenhandels herbeiführen dürfte; dieser Konkurrent ist Indien. Die beiden indischen Halbinseln nebst dazu gehörigen Inseln haben eine Ausdehnung von etwa 150 000 Quadrat⸗Meilen, sind also nicht viel kleiner, als ganz Europa mit seinen 180 000 Quadrat⸗Meilen. 1 “
. Selbstredend sind die englische und indische Regierung, in aller Weise einen Ersatz für diesen Ausfall (im Mohnbau) zu schaffen, bemüht gewesen und scheinen ihn theilweise im Weizenbar gefunden zu haben; derselbe ist mächtig im Aufblühen und der Export hat sich seit 5 Jahren fast verdreifacht; er betrug für das Erntejahr 1877—78 317 000 t à 20 Ctr. und für letztes Jahr etwa 1 Million. Namentlich die vorderindische Provinz Pandschäb oder zu deutsch: Fünfstromland (englisch: Punj ab), also das nach dem Himalaya zu, nicht mehr in der heißen Zone gelegene Gebiet, welches der Indus mit seinen 4 „großen und schiffbaren Nebenflüssen durchschneidet, hat sich für den Weizen nach Bodenbeschaffenheit und Klima durchaus geeignet erwiesen. Dort wurden bereits 7 Millionen Acres (à 1,58 Morgen) mit Weizen bestellt und 1881—1882 sandte der Pandschäb allein 6 Millionen Ctr. Weizen nach Frankreich und 4 Millionen nach Amsterdam. Die Qualität desselben ist ausgezeichnet und steht in keiner Weise dem besten amerikanischen nach. Um die Bedeutung dieser Zahlen beurtheilen zu können, muß man berücksichtigen, daß die gesammte Weizeneinfuhr Deutschlands, nach Abrechnung der Ausfuhr, im Jahre 1881 nur 6171 220 Ctr. (à 50 kg), im Jahre Der Pandschäb ist sonach schon jetzt im Stande, den Importbedarf von ganz Deutsch⸗
and zu decken und seine Ernte wird ebenso hoch wie die Englands veranschlagt. Dabei sind noch Millionen Morgen für die Weizen⸗ kultur zu gewinnen und die indische Regierung thut das Möglichste nach dieser Seite hin. Der Pandschäb ist, wie schon oben bemerkt, von 5 schiffbaren Strömen durchflossen, die sich wieder in viele kleinere Aeste zertheilen und dadurch die Möglichkeit ausgiebiger Berieselung bieten. Hieran wird fleißig gearbeitet, ebenso das vorhandene Kanalnetz ausgebaut und Straßen⸗ bahnen mit Dampfbetrieb angelegt. In neuester Zeit hat der Vize⸗König Indiens, Lord Ripon, eine Heruntersetzung der Eisen⸗ bahntarife für den Weizen um 18 ½ % beschlossen, die noch nicht ein⸗ getreten ist, und wodurch sich der Scheffel um 30 ₰ billiger nach England stellen 8 Das Hauptquantum des Pandschäb geht übrigens auf dem billigeren Wasserwege direkt den Indus abwärts bis zum Meere. England hofft, daß in kurzer Zeit der indische Weizen den amerikanischen verdrängen werde; unzweifelhaft macht er ihm bereits eine bedeutende Konkurrenz, auf die unsere Landwirthe wohl achten müssen.... b b
— Der „Export“, Organ des Centralvereins für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande, theilt die Aeußerungen der deutschen Handels⸗ kammern über den deutschen Export im Jahre 1881 mit und leitet diese Zusammenstellung, wie folgt, ein:
Wenn auch der Kampf der Meinungen auf den Gebieten der Handels⸗ und Gewerbepolitik jetzt nicht mehr mit jener Erbitterung fortgeführt wird, mit welcher dies noch vor einem Jahre der Fall war, so ist doch anderseits der Streit der Freihändler und Schutz⸗ zöllner über die Folgen der neuen Wirthschaftspolitik noch keines⸗ wegs erloschen und die Freunde der Handelsfreiheit werden auch vorläufig noch nicht aufhören, ihre Ansichten gegen die hHerrschenden schutzzöllnerischen Tendenzen der Regierung fort und fort ins Treffen zu führen; hierzu kommt, daß die Schwierigkeiten, mit denen seit den trüben Jahren unseres wirthschaftlichen Nieder⸗ gangs nicht allein Handel, Industrie und Gewerbe, sondern auch die Landwirthschaft zu kämpfen hatte, immer noch nicht als ganz über⸗ wunden zu betrachten sind, wenn man es auch mit Genugthuung aus⸗ sprechen kann, daß Handel und Wandel jetzt, wieder in geordnete Bahnen geleitet und die nationale Produktion wieder angefangen hat, mit Nutzen ihre Thätigkeit zu verwerthen. Ob an dieser beginnenden Genesung die Zollgesetzgebung vom Jahre 1879 einen hervor⸗ ragenden Antheil hat, ob ein Beharren in der früheren gemäßigten Freihandelspolitik nicht noch raschere und sichere Genesung gebracht hätte darüber ein Urtheil zu fällen, ist auch heute noch außerordent⸗ lich schwer, wenn auch bereits manche Thatsachen darauf hinweisen, daß in einigen Fällen der Zollschutz der industriellen Thätigkeit des deutschen Volkes mancherlei Vortheile gebracht hat
Bekanntlich hat sich das Jahr 1881 durch eine große Zunahme des deutschen Exports ausgezeichnet, eine von den erfreulichen indirekten Errungenschaften der neuen deutschen Wirthschaftspolitik. Ein großer Theil der deutschen Handelskammern erkennt dies in den Jahresberichten für das Jahr 1881 auch unumwunden an
— Die „National⸗Zeitung“ berichtet:
Das Kurctorium der (hiesigen städtischen) Sparkasse hat, nach Feststellung des gegenwärtigen Geschäftsverkehrs der Sparkasse, die Errichtung einer fünften Kassenabtheilung bei dieser Kasse beschlossen. Die Zahl der Einleger ist fortwährend im Wachsen begriffen, so daß das Gesammtkapital derselben, in den vier Monaten Januar bis April einschließlich, um 2 Millionen Mark gewachsen ist. Die Zahl der Bücher übersteigt schon 210 000. Jede Kassenabtheilung besitzt einen Kassirer und vier Buchhalter. Daß mit der Errichtung der fünften Kassenabtheilung dem Bedürfniß für längere Zeit würde ab⸗ geholfen werden können, ist nicht zu erwarten, es ist der Vorschlag auf Errichtung einer zweiten städtischen Sparkasse gemacht und be⸗ gründet worden. “ 18
— Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung schreibt:
Der den Aktionären des Stettiner „Vulkan“ erstattete Jahres⸗ bericht erscheint um deswillen als eine beachtenswerthe Quelle zur Gewinnung eines Urtheils über die Situation unserer Industrie im abgelaufenen Jahce, weil die Verwaltung „Vulkan“ in Händen von Stettiner Großkaufleuten ruht, denen man Schutzzollneigungen nicht zutrauen wird. Der Bericht konstatirt, daß in der ganzen In⸗ dustrie der Aufschwung des Vorjahres fortgedauert, ja in einzelnen Branchen eine noch gesteigerte Thätigkeit Platz gegriffen habe. „Die Zeit der geschäftlichen Stagnation“, heißt es in dem Bericht weiter, „scheint überwunden zu sein, und darf man hoffen, daß sich mit der sortwährenden Erweiterung der Absatzgebiete auch eine stabilere und lohnendere Beschäftigung in allen Branchen der Industrie einstellen wird. Es ist insbesondere der Schiffsbau, welcher auf den deutschen Werften einem größeren Aufschwunge entgegengeht, seitdem die deutschen Rhedereien angefangen haben, ihre Aufträge mehr und mehr den
zugleich von großem 1
Armee⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 12. — Inhalt: Rangabzeichen der Beamten der Militärverwaltung mit dem Cha⸗ rakter als Geheimer Rechnungs⸗Rath bezw. Geheimer Kanzlei⸗Rath. — Ertraordinärer Verpflegungszuschuß für Preuß. Holland pro 2. Quartal 1883. — Umzugskosten. — Preise der Materialien zur Ziel⸗ übungsmunition. — Gewährung von Vorspann an die mit dem Empfangsgeschäft beauftragten Zahlmeister bezw. deren Stellvertreter. — Anträge auf Verleihung der Anstellungsberechtigung. — Verkauf von Holz⸗ und Rohrwischstöcken. — Löhnung der Volksschullehrer ꝛc. — Ausgabe von Beilagen zur Instruktion über die Versorgung der Armee mit Arzneien und Verbandmitteln. — Eröffnung neuer Eisen⸗ bahnen. — Tabellarische Uebersicht der bei der Loosung im Jahre 1882 gezogenen höchsten Loosnummern ꝛc.
Statistische Nachrichten.
Die Ergebnisse der Berufszählung vom 5. Juni 1882 werden in dem eben ausgegebenen Märzheft zur Statistik des Deut⸗ schen Reichs in einer vorläufigen und summarischen Uebersicht ver⸗ öffentlicht. Nach ihnen stellt sich die „Berufsbevölkerung“ des Deut⸗ schen Reichs auf 45 213 907 Köpfe, d. h. circa 20 000 weniger als die 1 ½ Jahr früher, am 1. Dezember 1880, stattgehabte Volkszäh⸗ lung ergab. Die Berufszählung ermittelte aber nach den für ihre Ausführung erlassenen Vorschriften weder die ortsanwesende noch die sogenannte Wohnbevölkerung, und ihre Refultate können daher mit denjenigen eigentlicher Volkszählungen nicht recht verglichen werden. Indeß scheinen doch bei der ganz hervorragenden Bedeutung, welche die Berufszählung der genauen Angabe von Beruf, Berufs⸗ stellung und Nebenerwerb beilegte, hier und da mehr Kinder und sonstige Berufslose ausgelassen zu sein, als es bei den Volks⸗ zählungen der Fall zu sein pflegt. Ueberdies ist die Auswanderung in den letzten Jahren sehr stark, die Geburtenzahl gegenüber dem Durch⸗ schnitt der 5 vorhergehenden Jahre gering, die Zahl der Sterbefälle dagegen ziemlich groß gewesen. Alle diese Ursachen zusammen lassen in Verbindung mit dem Umstande, daß die Berufszählung im Sommer vorgenommen wurde, also zu einer Jahreszeit, in welcher die Bevöl⸗ kerung sich in starker Bewegung befindet, das Minus von 20 000 Köpfen erklärlich erscheinen. Von den 45 Millionen sind 17 ½ Mil⸗ lionen erwerbsthätig, 1 346 913 Personen berufslos oder ohne Angabe des Berufs, d. h. von Vermögen, Renten, Pensionen, Unterstützung lebend oder in Wohlthätigkeits⸗, Invaliden⸗, Versorgungs⸗, sowie Straf⸗ und Besserungsanstalten befindlich. Beiden Abtheilungen zu⸗ sammen stehen 1 324 814 Dienende für häusliche Dienste zur Ver⸗ fügung; die Zahl der von ihnen unterhaltenen Angehörigen beläuft sich auf nahezu 25 Millonen. In Prozent der Gesammtbevölkerung machen die letzteren 55,1, die Dienenden 2,9, die Berufslosen 3, die Erwerbsthätigen 39 aus.
Mit ihren häuslichen Dienstboten und Angehörigen sind die Er⸗ werbsthätigen in den einzelnen Berufsabtheilungen und außerdem die Berufslosen in der Gesammtbevölkerung wie folgt vertreten. Die Landwirthschaft und Forstwirthschaft umfassen 19 223 246 Köpfe oder 12,5 %, Bergbau und Industrie 16 054 299 oder 35,5 %, Handel und Verkehr 4 529 783 oder 10 %, Lohnarbeit wechselnder Art 938 143 oder 2,1 %, öffentlicher Dienst ꝛc. 2 223 184 oder 4,9 %, die Berufs⸗ losen 2 245 252 oder 5 %. Die drei großen wirthschaftlichen Kategorien: Urproduktion, Industrie und Handel umfassen 16 202 235 im Hauptberufe erwerbsthätige Personen, welche mit ihren häus⸗ lichen Dienstboten und Angehörigen 88 % der Gesammt⸗ bevölkerung ausmachen. Vergleicht man diese Angaben mit den berufsstatistischen Ergebnissen der Erhebung von 1871, obwohl diese weder nach ihrer Anlage selbst bescheidenen Anforderungen an eine Berufsstatistik genügte, noch in ihrer Ausführung ein gleichartiges Resultat lieferte, so ergiebt sich, daß die ebengenannten 3 Abtheilungen damals nur 71,4 % der Gesammtbevölkerung aufwiesen. Die Land⸗ und Forstwirthschaft repräsentirten im Jahre 1871 29,8 % der Be⸗ völkerung, Bergbau und Irdustrie 32,7, Handel und Verkehr 8,9; dagegen fielen auf persönliche Dienste, Handarbeiter und Tagelöhner ohne nähere Angabe 17,2, auf alle übrigen Berufsarten 5,5, auf Berufslose 5,9. Die ersten 3 Berufsabtheilungen erscheinen mithin jetzt erheblich stärker besetzt alsz im Jahre 1871, und zwar alle drei auf Kosten der persönliche Dienste Leistenden, der Handarbeiter und Tagelöhner. In dieser Rubrik waren nämlich 1871 alle Arbeiter unterzebracht, die über die Art ihrer Beschäftigung keine nähere Auskunft ertheilt hatten. Die jetzige Berufszählung hat erkennen lassen, daß es sich dabei vorzugsweise um Feld⸗ und Waldarbeiter handelte. Auch die im Jahre 1871 angenommene Abtheilung „alle übrigen Berufsarten“ umfaßte nicht wenig Personen, die über ihren Beruf sich zweifelhaft ausgedrückt hatten. Gerade sie und außerdem auch die Abtheilung der Berufslosen sind jetzt verhältnißmäßig schwächer besetzr und legen damit Zeugniß ab für die größere Genauigkeit der diesmaligen
Zählung. 5 Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Der bekannte englische Naturforscher John Lubbock hat über die Lebensweise der Ameisen, Bienen und Wespen Be⸗ obachtungen veröffentlicht, die in deutscher Sprache als LVII. Band der Internationalen wissenschaftlichen Bibliotheg (Leipzig, F. A. Brockhaus) erschienen sind. Der größte Theil des Buches ist ven Ameisen gewismet, mit denen sich der Verfasser mit besonderer Vorliebe beschäftigt, und deren Eigenthümlichkeiten er sorg⸗ fältig an den von ihm in Gefangenschaft gehaltenen Ameisen studirt hat. Welch unabsehbares Feld sich hier der Beobachtung eröffnet, und wieviel Räthsel das Ameisenleben noch enthält, ergiebt dee Einleitung des Buchs: man kennt 3 Familien Ameisen (Formiciden, Poneriden, Myrmiciden), die aber in mehr als 1000 Arten zerfallen, deren jede ihre Eigenthümlichkeit hat, die z. B. in der Kampfesweise hervortritt. Während Myrmecina Latreillei und Tetramorium caespitum sich nur defensiv verhalten, die erstere sich bei einem Angriff zusammenrollt, die zweite sich aber todt stellt, führt Formica rufa, die gemeine Waldameise, den Angriff nur in geschlossenen Massen aus, verfolgt nie den geschlagenen Feind, tödtet aber erbarmungslos, was in ihre Hände fällt. Formica sanguinea dagegen erschreckt nur den Feind, weil sie Sklaven lebend heimbringen will. Formica exsecta schützt sich durch Umherhüpfen gegen feindliche Bisse und springt dem Gegner auf den Rücken, um ihm den Kopf abzu⸗ sägen. Von den Lasiusarten packen stets mehrere auf einmal den Gegner. Polyerges rufescens faßt bei der Sklavenjagd den Feind mit dem Kiefer beim Kopf und bohrt ihm die Spitzen in das Gehirn u. s. w. Man kann schon hieraus entnehmen, wie viel es bei den Ameisen noch zu erforschen giebt, ist es der Wissenschaft doch noch nicht gelungen, über den Organismus der Ameise, z. B. über deren doppeltes Augenpaar, über den Stachel bei einigen Arten u. A. ins Klare zu kommen. Lubbock ist durch eine jahrelangen Beobachtungen zu vielen neuen Entdeckungen im
meisenleben gelangt, die er in dem vorliegenden Buche in ansprechender und zu weiteren Forschungen anregender Weise mittheilt. Zunächst hat er sich bemüht, die bis dahin noch unbeantwortete Frage zu lösen, wie die Ameisen ihre Nester anfangen und wie es sich mit der Arbeitstheilung in dem Ameisenstaate verhält. In höchst interessanter Weise sind dann die Beziehungen der Ameisen zu den Pflanzen geschildert, namentlich auch wie diejenigen Blumen, die anderen Insekten vorbehalten sind, sich gegen diebische Eingriffe der Ameisen schützen. Dann werden die Beziehungen der Ameisen zu anderen Thieren besprochen, namentlich ihr freundschaftliches Ver⸗ hältnißs zu den Blattläusen, in welchem sie merkwürdige Ueberlegung bekunden, sowie die unter einigen Arten herrschende Sklaverei mit ihren „entnervenden“ Folgen. Sehr ein⸗ gehende Versuche hat der Verfasser über das „Benehmen gegen An⸗ gehörige“ angestellt, die gewonnenen Resultate sprechen aber nicht gerade für „humane“ Gefühle bei den Ameisen. Die nächsten Kapitel handeln von den Sinnen der letzteren. Das höchst über⸗ raschende, durch zahlreiche Versuche festgestellte Vermögen der Ameisen, unter Hunderttausenden ihrer Genossen sofort den Freund vom Feind zu unterscheiden, wird auf den Geruchssinn zurückgeführt, ihr Mit⸗ theilungsvermögen auf etwas der Sprache Aehnliches; ihr
Gesichtssinn kann Farben unterscheiden, ein Gehörsinn ist bei ihnen noch nicht festgestellt, dagegen sind noch viele Be⸗ weise ihrer Intelligenz gesammelt worden. — Die Bienen und Wespen sind von dem Verfasser weniger eingehend be⸗ handelt als die Ameisen, hinter denen b auch in intellektueller Beziehung zurückzustehen scheinen. Um ihren Ortssinn ist es ent⸗ schieden schwächer bestellt, ebenso um die Fähigkeit, Freund und Feind zu unterscheiden. Mitgefühl gegen ihres Gleichen wird den Bienen vollständig abgesprochen, auch die Ergebenheit gegen ihre Königin hat nicht die Probe bestanden. Gehörsinn ist ihnen nicht nachzuweisen, wohl aber sind auch sie für Farben empfänglich. Im Ganzen nehmen die Wespen einen höheren intellektuellen Standpunkt ein als die Bienen. — Diese kurzen Andeutungen werden den unterhaltenden und belehrenden reichen Inhalt des Buchs genügend charakterisiren.
— Der Bürgermeister P. Dengler in Reinerz hat über den elften schlesischen Bädertag, der am 9. Dezember 1882 in Breslau stattgefunden, und seine Verhandlungen, welche die die schlesischen Bäder betreffenden Fragen und alle Vorkommnisse da⸗ selbst einer eingehenden Prüfung und Erörterung unterwerfen, vor Kurzem einen ausführlichen Bericht durch den Druck veröffentlicht. Diesem Bericht über den Bädertag und seine Verhandlungen schließt sich ein medizinisch⸗statistischer Generalbericht für den Jahrgang 1882 der vereinten schlesischen Kurorte Cudowa, Flinsberg, Görbersdorf, Königsdorff⸗Jastrzemb, Reinerz, Salzbrunn und Warmbrunn, sowie ein statistischer Verwaltungsbericht über die genannten schlesischen Bäder an. Aus den mitgetheilten Verhandlungen des Bädertages geht hervor, daß das ernste Streben der vereinigten Bäder Schlesiens nach Verbesserungen nicht nachgelassen hat, sondern nur noch inten⸗ siver geworden ist.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Der kürzlich im Verlage von Duncker u. Humblot in Leipzig erschienene zweite Band „Bäuerliche Zustände in Deutschland“, Berichte, welche bekanntlich veon dem Verein für Sozialpolitik veröffentlicht worden sind, enthält u. A. auch eine Abhandlung über „die gegenwärtigen bäuerlichen Verhältnisse de Provinz Westpreußen“ von dem Generalsekretär Dr. Oemle in Danzig. Der erste Abschnitt dieser Arbeit beschäftigt sich mi der Lage des Kleinbesitzes in den westpreußischen Niederungen un Werdern. Ueber die Lage der bäuerlichen Besitzer und ihre Ver schuldung, wird in diesem Berichte ausgeführt, daß bei den An sprüchen, welche der Staat und die Kommunen, sowie das sozial Leben in neuerer Zeit auch an den bäuerlichen Besitzer stellten, e nicht Wunder nehmen könne, daß die Verschuldung der letz teren ganz unverhältnißmäßig zugenommen habe. Im Allge meinen dürfte es zutreffen, daß die Verschuldung des bäuerlicher Niederungsbesitzes mindestens 50 % des Werths desselben erreiche Nur der ältere Besitz, welcher vor langen Jahren gut und billig ge kauft oder welcher ungeschmälert durch Abgabe von Erbportionen arn die jetzigen Eigenthümer gelangt sei, befinde sich in einer günstige Situation Ueberdem wechsele auch, je nach der Gegend, die hypo thekarische Verschuldung So rechne man in dem kleinen Werder die Grundverschuldung auf r des Werthes, im großen Werder auf ½— G letztere Zahlen träfen auch für den Danziger Werder zu. In de Ekbinger Niederung sei die Verschuldung noch am geringsten; sie solle dort zwischen ½— † des Werthes der Grundstücke schwanken. In de Tiegenhofer Niederung sei der Grundkredit bis zur Hälfte in An⸗ spruch genommen; in der Marienwerder Niederung betrage die hypo⸗ thekarische Verschuldung ½— 5, in der Culmer Niederung ½— ⅛ des Werthes der Grundstücke. Diese Prozentzahlen der Verschuldung des bäuerlichen Besitzes könnten selbstredend nur ein Durchschnitts⸗ bild geben, da auch in den besser situirten Niederungen Ver⸗ schuldungen bis zu ⅛ des Werthes keine Seltenheit seien; während andererseits Besitze mit geringen oder keinen Grundschulden noch häufig, in vielen Fällen sogar noch beträchtliche baare Kapitalien in den Händen der Niederungswirthe zu finden seien. Wenn von den letztgenannten Ausnahmefällen abgesehen werde, so habe im Großen und Ganzen die Verschuldung, namentlich in den letzten 30 Jahren, beträchtlich zugenommen. Es gehöre z. B. nicht zu den Selten⸗ heiten, daß einzelne ganz nüchterne und strebsame Landwirthe heute eine Hypothek auf ihren Höfen hätten, die den vor etwa 30 Jahren gezahlten Kaufpreis nicht unwesentlich übersteige. Dies gelte namentlich von den Besitzungen unter 4 Hufen. Die Gründe dieser so überhand genommenen Verschuldung seien mannig⸗ faltiger Art. Als die wichtiasten werden folgende angeführt: Es sei namentlich in den letzten Jahrzehnten ein vergrößertes Bestreben hervorgetreten, Grundbesitz zu erwerben; andererseits auch habe diesem Bestreben die Wage gehalten die Bereitwilligkeit, sich des Grund⸗ besitzes bei einem passenden Kaufschilling zu entledigen. Das Kapital, welches sich früher der ländlichen Unternehmung verschlossen gezeigt habe, sei dem legitimen Kreditbedürfnisse des Landwirthes in stets wohlwollenderer Weise entgegengekommen, was den Kauf und Verkauf der ländlichen Besitzungen ganz wesentlich erleichtert habe. Mit dem zunehmenden Kredite der Landwirthe sei aber auch die Nachfrage nach Besitzungen und mit dieser der Preis derselben gestiegen, zumal da viele Landwirthe aus anderen Provinzen sich geneigt gezeigt hätten, sich dort anzukaufen; die Steigerung der Bodenpreise habe schließlich derart zugenommen, daß die neuen Besitzer höchstens nur 3 — 3 ½ % hätten
herauswirthschaften können, während sie die Restkaufgelder mit 5 bis
6 % hätten verzinsen müssen. So seien noch vor 20 Jahren für die Culm. Hufe (65 Morg. preuß.) guten Niederungsbodens 15 bis 20 000 ℳ bezahlt und bis vor 4 Jahren sei der Preis sogar auf 24 — 30 000 ℳ gestiegen. Hiermit hätten die Kaufpreise aber ihren Höhepunkt erreicht, von da ab sei ein Stillstand in der Be⸗ wegung der ländlichen Grundstücke eingetreten, und freiwillige Ver⸗ käufe hätten bis Anfancs des Jahres zu den Seltenheiten gehört, da die Verkäufer noch auf die bisherigen hohen Preise gehalten hätten, die Käufer aber zu der Einsicht gelangt seien, daß bei der übermäch⸗ tigen Konkurrenz des Auslandes die Produktenpreise in keinem Ver⸗ hältnisse zu den Preisen für Grund und Boden ständen. Bei ge⸗ zwungen freihändigen Verkäufen seien in letzter Zeit einschließlich des Inventars 24 — 27 000 ℳ. für die Culmische Hufe gezahlt. Die durch die hohen Kaufpreise bei durchschnittlich niedriger Anzahlung ge⸗ schaffene ungünstige Situation (da mindestens Anzahlung bei Ver⸗ käufen verlangt werde, so bleibe der Käufer in der Regel 12 — 18 000 ℳ pro Culm. Hufe schuldig) sei nur dadurch verschlimmert und stellenweise unerträglich geworden, daß eine Reihe von Mißernten die Besiter zu erheblichen Zubußen, Verbrauch ihres Reserveronds und Kontrahirung versönlicher Schulden gezwungen hab. Ab⸗ gesehen von den Mißernten habe sich aber auch die Reineinrahme der bäuerlichen Besitzungen vermindert durch den gestiegenen Leute⸗ lohn. Während einerseits die Leistungen der Arbeiter von Jahr zu Jahr geringer, sie selbst aber in jeder Beziehung unzuverlässiger würden, und zwar so, daß man gezwungen sei, die billigeren unver⸗ heiratheten durch die bei Weitem kostspieligeren verheiratheten Ar⸗ beiter zu ersetzen, seien andererseits die Löhne gegen 10—15 Jahren um fast das Doppelte gestiegen. Die mißliche Lage der kleineren Niederungswirthe stehe aber ferner auch in einem ursächlichem Zu⸗ sammenhange mit elementaren Unglücksfällen, den Deichbrüchen bzw. Ueberschwemmungen. Die von den Niederungsbewohnern zu erschwin⸗ genden Beiträge zur Unterhaltung der Deiche und Dämme sei eine sehr erhebliche; sie betrügen beispielsweise in der Danziger Niederung pptr. 60 ℳ pro Hufe und Jahr, würden aber noch vermehrt durch die recht beträchtlichen Kosten der Bianenentwässerung und der Unter⸗ haltung der Dampfentwässerungsmühlen.
Zu allen diesen Unterhaltungskosten träten nun in ihrer gewich⸗ tigen Höhe die Staats⸗ und besonders die Kommunalabgaben, welche gegen früher um das Dreifache gestiegen seien.
Auch die neuere Gesetzgebung übe in gewissen Beziehungen einen schwer empfundenen Druck auf die e aus. Die Armenpflege, welche sich früher auf ein nothdürftiges Versorgen der hülfsbedürfti⸗ gen Individuen beschränkt habe, sei jetzt ganz ertrem zur Gewährung einer sorgenfreien Eristenz der Ortsarmen aufgebauscht und die Freizügigkeit mache dieses Onus noch drückender; es sei ja eine häufige Erscheinung, daß in ferne Provinzen verzogene, an Ma