1883 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 May 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Abgereist: Se. Excellenz der Unter⸗Staatssekretär im Finanz⸗Ministerium, Wirkliche Geheime Rath Meinecke nach der Schweiz.

Angekommen: Se. Excellenz der kommandirende General des VI. Armee⸗Corps, General der Kavallerie, von Tümpling, von Breslau.

66. Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten am Freitag, den 25. Mai 1883, Vormittags 9 Uhr.

Tagesordnung:

Zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend

die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen. weite Berathung des Entwurss eines Gesetzes, betreffend die erichtskosten bei Zwangsversteigerungen und Zwangsverwal⸗

tungen von Gegenständen des unbeweglichen Vermögens.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 24. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute die Vorträge des Kriegs⸗ Ministers und des Chefs des Militär⸗Kabinets sowie zahl⸗ reiche militärische Meldungen entgegen und empfingen den General der Kavallerie von Tümpling.

Um 5 Uhr findet zur Feier des Geburtstages Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien und Irland im Palais ein größeres Diner statt.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz kam gestern mit dem um 9 Uhr von der Sta⸗ tion Wildpark abfahrenden Zuge nach Berlin, stieg bei Wärter⸗ bude 4 zu Pferde und begab Sich zur Besichtigung der kom⸗ binirten Garde⸗Infanterie⸗Brigade nach dem Tempelhofer Felde. Nach Schluß derselben fuhr Höchstderselbe in das Königliche Schloß und nahm dort das im Weißen Saale aufgestellte Städtegeschenk in Augenschein.

Später begab Sich Höchstderselbe nach dem Palais und nahm dort militärische Meldungen entgegen.

Mit dem 1 Uhr⸗Zuge kehrte Se. Kaiserliche Hoheit nach dem Neuen Palais bei Potsdam zurück.

Das Diner nahm Höchstderselbe bei dem 1. Garde⸗Re⸗ giment z. F. ein. 1

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Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen traten heute zu einer Sitzung zusammen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.

Das Programm für die am 28. d. Mts. statt⸗ findende feierliche Enthüllung der Denkmäler Wil⸗ helms und Alexanders von Humboldt ist in folgender Weise festgestellt:

1) Einleitung der Feier durch Instrumentalmusik vom Balkon des Universitätsgebäudes.

Am Schlusse dieser Introduktion, während welcher die Festversammlung sich geordnet hat, fällt die Hülle gleichzeitig von beiden Denkmälern;

2) Rede des Ministers der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten auf Wilhelm von Humboldt: Uebergabe des aus Staatsmitteln errichteten Denkmals an die Universität;

3) Rede des Geheimen Medizinal⸗Raths Professors Dr. Virchow Namens des Comités für das aus freiwilligen Be⸗⸗ trägen hergestellte National⸗Denkmal Alexanders von Humboldt und Uebergabe desselben an die Universität;

4 Antwort des Rektors der Universität Geheimen Me⸗ dizinal⸗Raths Professors Dr. du Bois⸗Reymond und Ueber⸗ nahme der Denkmäler;

8 Schluß: Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und önig.

5) Gesang der Volkshymne unter Instrumentalbegleitung.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburg⸗schwerinsche Ober⸗Zolldirektor Oldenburg ist hier wieder eingetroffen.

S. M. S. „Elisabeth“, 19 Geschütze, Kommandant Kapitän zur See Hollmann, ist am 6. April cr. in Kobe eingetroffen und am 7. dess. Mts. nach Nagasaki in See gegangen.

S. M. Kanonenboot „Iltis“, 4 Geschütze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Klausa, ist am 16. April cr., von den

Paracel⸗Inseln kommend, in Hongkong eingetroffen. S. M. Kanonenboot „Wolf“, 4 Geschütze, Kommandant Kapitän⸗Lieutenant von Raven, ist am 10. April in Hongkong eingetroffen. 1 .S. „Nymphe“, 9 Geschütze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Dietert, ist am 16. Mai cr. von Malta nach Neapel in See gegangen.

Niliederlande. Luxemburg, 21. Mai. (Köln. Ztg.) Heute hielten der König⸗Großherzog und seine Ge⸗ mahlin, welche seit dem 2. d. auf Schloß Berg residiren, ihren feierlichen Einzug in die Land eshauptstadt. In den nächsten Tagen wird der König⸗Groß herzog die ehemaligen Festungswerke besichtigen und der Regierung über deren Ab⸗ tragung die Schlußbescheinigung a usstellen, wie sie der Lon⸗ doner Vertrag verlangt hat.

Frankreich. Paris, 22. Mai. (Fr. C.) Der heu⸗ tige Ministerrath unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik beschäftigte sich mit einer Reihe von Fragen, die im Parlament auf die Tagesordnung kommen w erden, und zwar zu⸗ nächst mit der Tonkingfrage, welche in der Senatskommission, obschon dieselbe der Vorlage günstig ist, insofern einigen Ein⸗ wendungen begegnet, als die Kommission dagegen ist, einen Civilkommissar mit der Organisirung des französischen Pro⸗ tektorats über Tonking zu betrauen und denselben dem militä⸗ rischen Kom mandanten der Expedition zu unterstellen. Der Ministerrath beschloß, vor der Senatskommission klarzustellen, daß der Civilkommissar nicht auch den eigentlichen Oberbefehl über

die Truppen haben solle, im Uebrigen aber aus der even⸗

tuellen Entsendung eines Civilkommissars nach Tonking keine Kabinetsfrage zu machen. Sodann beschästigte sich der Ministerrath mit den von der Budgetkommission in Aussicht genommenen Abstrichenam Kultusbudge t. Bekanntlich hat die Budgetkommission die Proposition Roché, welche eine Re⸗ duzirung von circa 6 Millionen beantragte, nicht ratifizirt und nur eine solche von 500 000 Fres. zugelassen. Doch auch gegen diesen Abstrich wird die Regierung sich erklären, und der Justiz⸗ und Kultus⸗Minister Martin⸗Feuillée wurde beauf⸗ tragt, von der Budgetkommission die Annahme des integralen Kultusbudgets, wie die Regierung es vorgelegt, zu verlangen.

Der Bischof von Marseille hat in einem sehr energischen Briefe gegen die bereits gemeldete Schließung einer Dominikanerkapelle in Marseille protestirt.

Der Pariser Gemeinderath hat sich gestern wieder einmal genöthigt gesehen, gegen den Seinepräfekten ein Tadelsvotum auszusprechen, weil dieser auf Befehl des Mi⸗ nisters des Innern den Organisatoren radikaler politi⸗ scher Versammlungen fernerhin hierzu nicht mehr die Benutzung der Höfe und Räumlichkeiten der Gemeinde⸗ schulen gestatten will.

Der neue österreichisch⸗ungarische Botschafter Graf Hoyos ist heute Morgen in Paris angekommen. Derselbe wird seine Beglaubigungsschreiben dem Präsidenten der Republik in einigen Tagen überreichen und demnächst nach Wien zurück⸗ kehren; er gedenkt erst in einigen Wochen definitiv von seinem Posten Besitz zu nehmen.

Spanien. Madrid, 23. Mai. (W. T. B.) Das Journal „Dia“ veröffentlicht einen Artikel, in welchem ver⸗ langt wird, Spanien und Portugal sollten, ohne ihre Selbständigkeit aufzugeben, eine iberische Konföderation bilden, welcher abwechselnd der König von Spanien und der König von Portugal präsidiren würde.

Türkei. Konstantinopel, 23. Mai. (W. T. B.) In der Nähe von Smyrna haben Räuber 15 Personen, darunter mehrere Beamte und Ausländer, aufgehoben und verlangen ein enormes Lösegeld für deren Freilassung. In Folge dessen hat die Pforte den Gouverneur von Smyrna, Ali Pascha, abgesetzt und den Minister der Evkass, Kiamil Pascha, mit der provisorischen Stellvertretung und zugleich den General Hilmi Pascha beauftragt, sofort die entsprechenden Maßnahmen gegen die Briganten zu ergreifen und für die Sicherheit in der Provinz zu sorgen.

Rußland und Polen. Moskau, 23 Mai, Nach⸗ mittags 3 Uhr 20 Min. (W. T. B.) Heute Mittag fand im Waffensaale des Kremlpalastes vor dem Kaiser, der Kaiserin, den Prinzen und Prinzessinnen der Kaiser⸗ lichen Familie und in Gegenwart des militärischen Hof⸗ staats des Kaisers die feierliche Einweihung des Reichsbanners statt. Der Kaiser und die Kaiserin hatten sich heute Vormittag in offenem Wagen und ohne alle Eskorte von dem Alexanderpalais nach dem Kreml begeben. Der Herzog von Aosta ist hier ange⸗ kommen. Ueber den glänzenden und glücklichen Verlauf des gestrigen feierlichen Einzuges spricht man sich überall mit höchster Befriedigung aus; so viel bekannt, ist nur ein Unfall vorgekommen: der Kaiserliche Kammerherr von Stürmer stürzte mit dem Pferde und zog sich dadurch einige Verletzungen zu.

—. 23. Mai, Nachmittags. (W. T. B.) Erzherzog Karl Ludwig ist heute Vormittags 10 Uhr hier ein⸗ getroffen und auf dem Bahnhofe von sämmtlichen hier weilenden Großfürsten und der Großfürstin Maria Pawlowna sowie der hier anwesenden Generalität begrüßt worden. Die Großfürsten trugen österreichische Uniformen und Orden, die Generäle hatten ebenfalls ihre österreichischen Orden angelegt. Der Erzherzog begab sich vom Bahnhof in seine Wohnung, wo er bald danach den Besuch des Kaisers empfing.

23. Mai, Abends 6 Uhr 30 Minuten. (Telegramm der „Nordischen Telegraphen⸗Agentur“). Die feierl che Einweihung des Reichsbanners fand heute Mittag gegen 1 Uhr statt. Anwesend waren der Kaiser, die Kaiserin, alle Großfürsten, der Herzog von Edinburg,

Prinz Waldemar von Dänemark, der Fürst von Montenegro

und die hier weilenden Prinzen mit ihrem militärischen Gefolge, ferner die Minister und eine große Anzahr Generäle. Die Einweihung wurde nach orthodoxem Ritus von dem Veichtvater des Kaisers, Probst Bashanoff, voll⸗ zogen. Das Reichsbanner ist aus goldgelber Seide mit in der Mitte gesticktem schwarzem Reichsadler, umgeben von Zweigen, in welchen sich die Wappen aller Gouvernements Rußlands befinden. Der Kaiser hatte sich zur Einweihung des Banners in einem offenen Wagen ohne Eskorte in die Stadt begeben. Im Lause des Tages stattete der Kaiser den hier eingetroffenen fremdländischen Prinzen Besuche ab und ve sodann in das Sommerschloß im Neskutschny⸗Park urück.

8 23. Mai. (W. T. B.) Alle heutigen Zeitungen ent⸗ halten ausführliche Beschreibungen des gestrigen feier⸗ lichen Einzuges der Majestäten. Alle konstatiren dabei die gehobene Stimmung, den Jubel und die Befriedigung des Volkes. Die „Moskauer Zeitung“ bringt einen umfang⸗ reichen Artikel, in welchem sie die religiöse Bedeutung der bevorstehenden Ceremonie der Krönung und Salbung hervorhebt. Der Kaiser, durch die Gottes Gnade auf den väterlichen Thron berufen, komme hierher, um seine Alleinherrschaft durch einen religiösen Akt einzureihen. Rußland werde leben, so lange die Krönung nicht nur ihre staatliche, sondern auch ihre reli⸗ giöse Bedeutung bewahren werde. Der russische Kaiser sei nicht blos das Oberhaupt des Reiches, sondern auch der Be⸗ schützer der griechischen Kirche, die jeder weltlichen Macht entsagt und sich dem Schutze des Gesalbten des Herrn anvertraut habe. „Flehen wir zu Gott, der Kaiser möge seinem eigenen Herzen folgen und ihm mehr vertrauen als den aus der Fremde kommenden Impulsen!“ Das Blatt sagt: Rußland müsse kon⸗ sequent und sich selbst treu bleiben. Das Aergste sei, wenn man verschiedene Systeme wechsele; alle Ideen, die auf fremdem Boden aufgewachsen, könnten nur die Ent⸗ wicklung Rußlands verhindern und stören. Der Unterschied zwischen dem Westen und Rußland bestehe darin, daß dort Alles auf vertragsmäßigen Beziehungen beruhe, hier jedoch auf dem Glauben und der Kirche. „Dem Volke die Freiheit, dem Kaiser aber die absolute Alleinherrschaft“! Das sei das System, dem man folgen müsse.

—“ 24. Mai. (W. T. B.) Die feierliche Ver⸗ kündigung der am nächsten Sonntag stattfindenden Krönung hat heute, dem Programm gemäß, in den Straßen der Stadt durch Herolde unter Trompeten⸗

und Paukenschall

begonnen und wird morgen mit der selben Feierlichkeit in den übrigen Stadtheilen von Moskau fortgesetzt. Die drei Tage hindurch, während welcher der Kaiser und die Kaiserin in Zurückgezogenheit die vorge⸗ schriebenen Andachtsübungen verrichten, finden keine öffent⸗ lichen Festlichkeiten statt. Die Bevölkerung nimmt die täg⸗ lichen Arbeiten wieder auf, und die Stadt wird daher bis zum Sonntag ein verhältnißmäßig ruhiges Aussehen dar⸗ bieten. Die fremden Botschafter erledigen währenddessen ihre Besuche.

24. Mai, Nachmittags. (W. T. B.) Se. König⸗ liche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen ist mit den Mitgliedern der preußischen Krönungsmission heute Vormittag 10 Uhr hier eingetroffen. Da ein offizieller Empfang verbeten war, hatten sich nur die Mitglieder der deutschen Botschaft, der deutsche Konsul und die Vertreter der hiesigen deutschen Kolonie auf dem Bahnhof zum Empfange eingefunden; außerdem waren noch der General⸗Gouverneur, der Kommandant

des Kaiserlichen Hauptquartiers, die Spitzen der Behörden Mecklenburg⸗Strelitz

und die beiden Herzöge von auf dem Bahnhofe anwesend. Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht trug die Uniform seines Mitauschen Dragoner⸗ Regiments. Nach der Vorstellung der zur Begrüßung Erschienenen geleitete der deutsche Botschafter, General von Schweinitz, den Prinzen in die für denselben im Hause Skarjatin am Twerskoi⸗Boulevard bereit gehaltene Wohnung, woselbst bald darauf sämmtliche Großfürsten, und zwar, soweit sie Chess preußischer Regimenter sind, in preußischer Uniform, zur Bewillkommnung des Prinzen erschienen. Die Begrüßung des Prinzen und der Groß⸗ fürsten war eine außerordentlich herzliche. Das Diner nohm Prinz Albrecht bei dem Großfürsten Michael ein. Während des Vormittags fand durch Herolde, welche von einer Kavallerie⸗Abtheilung und Ceremonienmeistern begleitet waren, die öffentliche Verkündigung der Krönung

statt. Die Herolde ritten durch die Stadt und verlasen

laut die Proklamation. Die mit größter Ehrerbietung an und stimmte dann enthusiastisch in die von dem begleiten⸗ den Trompetercorps intonirte Nationalhymne ein. Diese Ver⸗ kündigung wird mit gleichem Ceremoniell auch am Freitag und Sonnabend stattfinden. Den Botschaftern und Gesandten wurde

Bevölkerung hörte überall

die bevorstehende Krönung durch in vergoldeten Galawagen

vorfahrende Ceremonienmeister angezeigt.

1 Dänemark. Kopenhagen, 24. Mai. (W. T. B.) Der König reist am Sonntag oder Montag über Lübeck

nach Wiersbaden. Amerika. New⸗York, 21. Mai. (Algg. Corr.)

Schwere Gußregen haben, in Verbindung mit den schmelzen den Schneemassen, in Deadwood (Dakota) große Ueber schwemmungen verursacht. Eine ungeheuere Wassermasse ergoß sich über die in einer Bergschlucht liegende, meist von Berglenten bewohnte Stadt und schwemmte alle in der Nie⸗ derung stehenden Gebäude fort, nachdem früher schon der größere Theil von Anchor City und Golden Gate dem ver⸗ heerenden Elemente zum Opfer gefallen war. Trotz der rechtzeitig angelangten telegraphischen Warnung gingen doch einige Menschenleben zu Grunde. Der angerichtete Schaden wird auf 700 000 Doll. geschätzt.

22. Mai. (Allg. Corr.) Neueren Berichten über die Hochfluth in Deadwood zufolge sind dort 100 Häuser zersört worden. Soviel man weiß, sind fünf Personen ertrunken, allein der Verlust an Menschenleben soll bei Weitem größer sein. Anhaltende starke Regengüsse während des vorigen Monats bilden die Ursache der Hochfluth. Die hiesige „Times“ veröffentlicht eine Reihe von Berichten über die Ernteaussichten im Westen und Süden, wonach dieselben nicht so befriedigend sind, wie dies im Frühjahr von 1882 der Fall war.

Mittel⸗Amerika. Mexiko, 23. Mai. (W. T. B.) Der Präsident hat eine Botschaft an den Kongreß gerichtet und denselben ersucht, die Session bis zum 15. Juni zu verlängern, um ein Arrangement wegen der äußeren Schuld zu berathen.

Zeitungsstimmen.

In einem, „Die bevorstehende Entscheidung“ überschriebe⸗ nen Artikel des „Düsseldorfer Anzeigers“ heißt es:

Mit größerer Spannung wie je sieht man gegenwärtig der Wiederaufnahme der Reichstagsarbeiten entgegen. Der Reichstag hat nicht nur noch eine größere Reihe laufender Geschäfte und na⸗ mentlich noch Gewerbenovelle und Krankenkassengesetz in dritter Be⸗ rathung zu erledigen, sondern auch noch wichtige Entscheidungen zu treffen süer seine Haltung gegenüber dem Inhalt der Kaiserlichen Botschaft..

Die Kaiserliche Botschaft ist noch in Aller Herzen und Gedächtniß. Ihr Inhalt hat überall im Volke lebhaften Wiederhall gefunden und im Parlament selbst war der erste Eindruck der Botschaft ein sehr bedeutender; das Wort unseres greisen Monarchen hatte sich on das Herz des Reichstags gewandt und es schien auch, als ob es dort eine gute Statt gefunden hätte.

Daß diese bochherzige, mit so großer Sorge für das Wohl der arbeitenden Klassen erfüllte Botschaft einer Antwort bedarf, ist un⸗ streitig. Aber nur eine Antwort ist möglich: nämlich die volle Zu⸗ stimmung des Reichstags in Wort und That zu den Vorschlägen, deren Befolgung der Kaiser ihm ans Herz gelegt....

Wenn der Reichstag schließlich wirklich den Rathschlägen der Opposition sich zugänglich erweisen sollte, so würde er damit der Kaiserlichen Borschaft eine Antwort ertheilen, welche beweist, daß die Kaiserlichen Worte im Reichstage nicht das vorausgesetzte Verständ⸗ niß gefunden haben. Welchen Eindruck aber würde es wohl im Lande machen, wenn der Reichstag gegenüber der allenthalben mit Freude begrüßten, von so treuer Fürsorge für den Frieden des Volkes und für das Wohl der arbeitenden Klassen zeugenden Kaiserlichen Bot⸗ schaft kalt und taub bliebe!

Käme es im Parlament nur immer auf sachliche Prüfung an und würde hiernach allein die Entscheidung gefällt, so würde es sicher sein, daß die große Majorität sich angelegen sein ließe, die Ziele der Kaiserlichen Botschaft auf den darin vorgeschlagenen Wegen verwirk⸗ lichen zu helfen. So aber geben meist Nebenrücksichten und Neben⸗ umstände, mit einem andern Wort, die Taktik oper das Streben, auf Umwegen Vortheile zu erzielen, giebt meist den Ausschlag über das Schicksal an sich vernünftiger und sachgemäßer Vorschläge. Wenn auch an diesen parlamentarischen Eigenartigkeiten nichts zu ändern sein wird, und wenn man sie auch stets wird mit in den Kauf nehmen müssen, so würde es doch sehr zu beklagen sein, wenn die Kaiserliche Botschaft, ihre Ziele und die von ihr empfohlenen Wege ein Opfer der Fraktionstaktik werden würden. Hoffentlich aber werden die Parteien dieser Botschaft gegenüber sich auf einen

etwas höheren Standpunkt stellen, als den des Fraktionsinteresses

den Wortlaut des Manifestes

9 haben einmal irgendwo gehört, es sei Ausländern darauf, daß das ganze Land dabei zu Grunde gegangen wäre, venn⸗ icht Fürst Bismarck eingegriffen hätte.

Er mußte sich an unsere Gegner trächtliche Konzessionen machen, dann erst gingen sie darauf ein. Seitdem haben wir uns erst recht in die Idee hineingelebt, jeder Schutzzoll sei nicht „liberal“. Das Volk meinte aber in seinem richtigen Instinkte wir hätten Unrecht. unm Etappe, und heute müssen wir schamroth eingestehen, daß der Schutz⸗ zoll hier in Deutschland so wenig mit dem Liberalismus zu thun

Statistischen

sie mögen der Botschaft gegenüber dieses doch immerhin geringe In⸗ teresse einmal in den Hintergrund stellen und sich ganz von den er⸗ habenen Gedanken durchdringen lassen, welchen die Kaiserliche Bot⸗ schaft Ausdruck verleiht. 8

„Steins deutsche Correspondenz“ schreibt:

Zwischen den Liberalen Deutschlands und Oesterreichs bestehen zwei Hauptunterschiede. Erstens daß letztere sich nicht in so viele Parteischattirungen spalten, sodann daß dieselben in Sachen der praktischen Volkswirthschaft das Manchesterthum abgeschworen haben.

. So haben u. A. die Ungarn schnell begriffen, daß selbst der reichste Ackerbaustaat verarmen muß, wenn er sich keine eigene In⸗ dustrie schafft, und daß aber diese eigene Industrie niemals zur Ent⸗ wickelung gelangen kann, insolange sie von den Erzeugnissen fremder, solcher Länder niedergedrückt und todtgeschlagen wird, welche z. B. bil⸗ ligeres Geld, billigere Kohlen, vervollkommnetere Maschinen, erfahrenere Arbeiter u. f. f. u. s. f. zur Verfügung haben. Sobald sie dies erkannt hatten, waren sie es, welche die graue Theorie vom freien Spiel der Kräfte über Bord warfen und den Sirenengesängen der Engländer, Franzosen ꝛc. von der allein beglückenden Freizügigkeit der Weltwirthschaft ihr Ohr verstopften. . Zu gleicher Zeit gewahrte man in Cisleithanien, daß alle Aus⸗ lagen der Verkaufsmagazine blos mit englischen und französischen Waaren garnirt waren, und man frug warum das so sei, nachdem man doch über alle jene Bodenschätze im reichsten Maße verfüge,

welche mit zu den Grundlagen einer gesunden Entfaltung der In⸗

dustrie gehören. Auch hier waren es die Liberalen, welche erkannten, man könne in Sachen der inneren Verwaltungspolitik, namentlich in Beziehung auf Entfesselung des Individuums von unvernüftigen

polizeilichen Handschellen, zwar Herrliches leisten, aber dieses ent⸗

fessel te Individuum werde wahrscheinlich Hungers sterben, wenn man änger zusehe, daß selbst die reichste Getreideausfuhr nicht hinreicht,

m die eingeführten fremden Erzeugnisse und noch dazu die schuldigen

Staatsschuldzinsen an das Ausland zu bezahlen.

Auf der nächsten Delegirtenvers

A

ammlung der Parlamente von

Cis⸗ und Transleithanien waren es wieder die Liberalen, welche höhere Zölle auf fremde Erzeugnisse forderten und durchsetzten, und seitdem

st Oesterreich wirthschaftlich nicht weiter gesunken, sondern hat sich ogar erholt. Die Konservativen und Ultramontanen stimmten aus

Gründen, die wir ein anderes Mal beleuchten, damals dagegen. Dem

österreichischen Staat ist aber wohler beim Schutzzoll geworden, und das ist die Hauptsache.

Wir Deutschen aber, die wir irgend einmal etwas von Adam

Smith gelelen haben, der zu einer ganz anderen Zeit lebte, für ein Volk mit ganz anders gearteten Verhältnissen schrieb, und sich heute

im Grabe umdrehen würde, wenn er wüßte, daß ein Deutscher ihn

zitirt, um zu beweisen, daß seine Lehren auch auf Deutschland an⸗

gewendet werden müßten oder die wir das Werk des Franzosen

Johann Baptist Say gelesen haben, welcher ein Großindustrieller war, die höchste Stufe der damaligen industriellen Vervoll⸗ kommnung von Werkzeugen erklettert hatte, mit seinen Erzeugnissen zollfrei ins Ausland wollte, und daher den Freihandel predigte, „liberal“, diesen beiden ungeprüft nachzubeten. Wir versteiften uns derart

Er bot vor Allem uns

Liberalen an, diese Reform mit ihm zu machen. Wir sagten Nein! wenden, ihnen erst be⸗

Wir verloren daher Etappe

hat wie in Oesterreich und Ungarn, nur wollen wir dies nicht

öffentlich bekennen. Kehren wir daher doch um! und bleiben wir so

liberal wie seither in allen inneren Fragen. Sobald wir dem Volke

zeigen, daß wir für wirthschaftliche Fragen ein richtiges Verständniß

haben, wird es uns auch wieder die Majorität bei seinen Wahlen geben, weil es nicht blos in wirthschaftlichen Fragen gut regiert sein will, sondern auch nach geistigen Freiheiten duüͤrstet.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Der General⸗Landschaftsdirektor von Pommern, Wirkliche Ge⸗ heime Rath Ernst Matthias von Köller, in das Herrenhaus auf Hräsentation des Verbandes des alten und des befestigten Grund⸗ besitzes im Landschaftsbezirk Cammin und Hinterpommern durch Aller⸗ höchsten Erlaß vom 21. November 1854 auf Lebenszeit berufen, ist am 23. d. M. in Stettin verstorben.

Statistische Nachrichten.

„Zeitschrift des Königlich preußischen

Bureaus“ ist das Schlußheft (III./IV.) des XXII. Jahrgangs (1882) soeben zur Ausgabe gelangt. Dasselbe hat folgenden Inhalt: Die britischen Lebensversicherunge⸗Gesellschaften. Von K. Brämer. Ueber die gesundheitlichen Verhältnisse ländlicher Bevölkerung Von Dr. F. Falk. Die Geburten, Ehbeschließungen und Sterbefälle im preußischen Staate während des Jahres 1881. Von A. Frhrn. v. Fircks. Die preußischen Sparkassen im Jahre 1881. Von Dr. Conrad Bötzow. Die Brände im preußischen Staate während des Jahres 1881. Religionsbekenntniß, Alter und Familienstand der Bevölkerung Preußens nach dem Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. Mit drei Kartogrammen und zwei Diagrammen. Die vorläufigen Ergebnisse der Vieh⸗ zählung vom 10. Januar 1883 in Preußen. Bücheranzeigen. Statistische Correspondenz mit folgendem Inhalt: Bewegung der Be⸗ völkerung der Schweiz im Jahre 1880. Stand der österreichischen Staatsschuld am Ende des Jahres 1881. Britischer Post⸗ und Telegraphenverkehr. Die preußischen Veteranen aus den Freiheits⸗ kriegen. Die schwedische Reichsbank. Frankreichs schwebende Schuld. Schiffsunfälle an der deutschen Küste und Thätigkeit der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger im Jahre 1881. Der Seidenbau in Ungarn. Einnahmen und Ausgaben Algiers. Die Stahl⸗ und Eisenproduktion der Vereinigten Staaten im Jahre 1880. Die Volksvermehrung in Finnland und Norwegen. Die Eisenbahnen Schwedens und Norwegens im Jahre 1880. Die wichtigsten Industriestädte der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Schiffsunfälle britischer Schiffe an den Küsten des Vereinigten Königreiches im Jahre 1880/81. Der Wildabschuß in den cisleithanischen Ländern Oesterreichs im Jahre 1880. Der Seeschiffsverkehr Italiens im Ibe Die Ehe⸗ schließungen in Oesterreich. Die französische Quittungs⸗Stempel⸗ steuer. Die belgischen Eisenbahnen im Jahre 1880. Die Eisen⸗ bahnen in Großbritannien und Irland. Die schwedische Volks⸗ vertretung nach dem bürgerlichen Berufe. Auswandecung aus der Schweiz 1879/81. Die Ernteaussichten des Jahres 1882 in Preußen. Der Außenhandel der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 1881/82. Schadenbrände in Oesterreich. Der Seeschiffsverkehr in den chinesischen Vertragshäfen im Jahre 1881. Die Ergebnisse des Post⸗ verkehrs Oesterreich⸗Ungarns im Jahre 1881. Die britische Staats⸗ schuld. Die Hagelschäden in den eisleithanischen Ländern Oesterreichs. Die Finanzen Cyperns. Der Weg des Blitzes. Ergebnisse der Strafrechtspflege im Königreiche Portugal. Die französischen Eisenbahnen am Schlusse des Jahres 1880. Verbrechen und Vergehen in Frankreich. Die Post der Vereinigten Staaten von Amerika. Finanzen Japans. Die Bevölkerung Oesterreich⸗ Ungarns. Die Gold⸗ und Silberproduktion der Vereinigten Staaten 1881. Zur Krankenhaus⸗Statistik für Preußen im Jahre 1881.— Die Hypothekenschuld Italiens. Der Handel Japans. Die Rübenzucker⸗Fabrikation Rußlands während der Campagne 1880/81. Die Kupferproduktion von Chile. Tödtungen und Verwundungen

Von der

beim Forst⸗ und Jagdschutze in den preußischen Staatsforsten 1837 1880. —. Die preußische Strafrechtspflege im Jahre 1881. Bauten im Land⸗ kreise Bochum. Die preußischen Vorschuß⸗ und Kreditgenossenschaf⸗ ten im Jahre 1881. Schwedens Ernteertrag im Jahre 1882. Der Ein⸗ und Ausfuhrhandel Frankreichs. Rheinüberschwemmungen und Hochwasserwarnungen. Die Hausthiere Rußlands. Die französische Auswanderung. Als besondere Beilagen sind dem Hefte beigegeben: Stand und Bewegung der Bevölkerung in den landräthlichen Kreisen bezw. Oberamtsbezirken und selbständigen Städten des preußischen Staates während des Jahres 1881. Wirk⸗ liche und Mittelpreise der wichtigsten Lebensmittel für Menschen und Thiere in den bedeutendsten Marktorten der preußischen Monarchie wäh⸗ rend des Kalenderjahres 1882 bezw des Erntejahres 1881/82. Auf Grund der Marktberichte von 165 preußischen Marktorten bearbeitet vom König⸗ lichen Satistischen Bureau. Ergebnisse der von den landwirthschaftlichen Vereinen im Oktober 1882 kreisweise bewirkten Ermittelung des Ernteertrages der wichtigsten feldmäßig angebauten Früchte im Jahre 1882, verglichen mit den endgültigen Ergebnissen der in den einzelnen Gemeinden und Gutsbezirken vorgenommenen Ermittelung des Ernte⸗ ertrags von 1881 und den Schätzungszahlen einer Mittelernte. Im Am Auftrage des Königlichen Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten zusammengestellt vom Königlichen Statistischen Bureau. Inserate.

Wie wir aus einer Bemerkung auf dem Umschlage ersehen, wird für den XXIII. Jahrgang der für den XXII. Jahrgang auf 72 Bogen erhöhte Umfang wieder auf 60 Bogen Imperial⸗Quart und der für dasselbe Jahr auf 12 gesteigerte Jahres⸗Abonnementsp is wi auf 10 ermäßigt werden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Geschichte des Dragoner⸗ Regiments Prinz Albrecht von Preußen (Litthauisches) Nr. 1. 1867 1881. Dar⸗ gestellt von Sieg, Rittmeister und Escadron⸗Chef im Regiment. Mit einem Porträt, Illustrationen in Farbendruck, Holzschnitten, und einer Uebersichtskarte. Berlin. Ernst Siegfried Mittler u. Sohn, Königliche Hofbuchhandlung. Preis 12 Die vorliegende Arbeit bildet eine Fortsetzung der von dem Rittmeister Kähler unter dem Titel: „150 Jahre des Königlich preußischen Litthauischen Dragoner⸗ Regiments Nr. 1 (Prinz Albrecht von Preußen)“ verfaßten Geschichte, welche mit dem Jabre 1866 abschließt. Das Buch ist mit großer Liebe zur Sache und zur vaterländischen Armee wie speziell zu dem Regimente geschrieben, dessen ruhmreiche Geschichte während der ereignißreichen Jahre seit 1866 an es schildert. Es wird allen alten und jungen Regimentskameraden eine will⸗ kommene Gabe sein. Sachgemäß nimmt den größeren Theil der Arbeit die Darstellung der Theilnahme des Regiments an den Feld⸗ zügen gegen Frankreich in den Jahren 1870 und 71 ein. Das Ver⸗ hältniß des Regiments als Divisions⸗Kavallerie während des Krieges 1870/71 hat nothwendigerweise eine ganz besondere Zersplitterung der Kräfte desselben zur Folge gehabt, so daß wir es nur in kleinen Abtheilungen die Kämpfe der Infanterie, welche zur 1. Division gehört hat, unterstützen sehen. Aus diesem Grunde war geboten, auch in eingehender Weise dieser zu gedenken. Als Anhang ist ein kurzer Abriß der Thätigkeit des 1. Reserve⸗Dragoner⸗Regiments in dem Kriege 1870/71 mit einigen Beilagen hinzugefügt. Ver⸗ anlassung hierzu gaben die verwandtschaftlichen Beziehungen, die dieses Regiment zu dem Litthauischen Dragoner⸗Regiment Nr. 1 hat. Mit besonderer Anerkennung ist der reichen Ausstattung zu gedenken, mit welcher das Werk von der verdienten Verlagshandlung ausgestattet worden ist. Als trefflicher Titelschmuck dient das wohlgetroffene Bildniß des früheren Hohen Chefs des Re⸗ giments, weiland Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht. Außerdem ist das Buch mit einer Anzahl von recht gelungenen Illu⸗ strationen in Farbendruck und von Holzschnitten geschmückt und am Schlusse ist eine vorzüglich ausgeführte Uebersichtskarte zu den Be⸗ wegungen des Regiments im Feldzuge 1870/71 beigefügt.

In demselben Verlage erschien die zweite vervollständigte Auflage von: Worin besteht der Unterschied und die Gleichheit der Armee Friedrichs des Großen mit der heutigen Armee unseres Vaterlandes Von v. Ollech, General. Der Preis der Broschüre beträgt 1

Theoretisch⸗praktische;s Handbuch über das ehe⸗ liche Güterrecht in Westfalen und den rheinischen Kreisen Essen (Stadt), Essen (Land), Duisburg, Rees und Mülheim a. d. Ruhr nach den alten Provinzialgesetzen, Statuten und Gewohnheiten, und nach dem Gesetz vom 16. April 1860 nebst der Lehre von der Einkindschaft in Verbindung mit der Provinzialgütergemeinschaft von A. C. Welter, Königlich Preußischen Appellationsgerichts⸗Vize⸗ Präsidenten in Paderborn. Zweite Ausgabe, nach des Verfassers Tode im Anschluß an die Judikatur bearbeitet und mit einer Karte der alten westfälischen Territorien versehen von Ferdinand Schultz, Rechtsanwalt beim Königlichen Ober⸗Landesgericht zu Hamm und Notar. Paderborn. Druck und Verlag von Ferdinand Schöningh. Preis 7,20 ℳ. Welters westfälisches eheliches Güter⸗ recht, unseres Wissens die einzige vollständige Darstellung dieses Rechtsstoffes, war und ist für die Rechtspflege in Westfalen von hoher Bedeutung. Wenn ungeachtet dieser Vorzüge des Buches in der vorliegenden Neubearbeitung an verhältnißmäßig vielen Stellen Umänderungen gemacht sind, so ist das nothwendig geworden durch die Thatsache, daß Welters Darstellung in vielen wichtigen Punkten abwich von dem seit einem Menschenalter durch die Praxis fest⸗ gestellten Rechte. In Uebereinstimmung mit der früheren Ansicht der meisten provinziellen Gerichte hielt Welter dafür, daß die unter der Fremdherrschaft aufgehobenen statutarischen ehelichen Güterrechte durch die Verordnung vom 8. Januar 1816 in ihrem ganzen, mög⸗ lichst weit ausgedehnten Umfange wieder hergestellt seien. Im Gegen⸗ satze hierzu führte das Ober⸗Tribunal und zwar seit 1840 in einer ganzen Reihe von Entscheidungen den Grundsatz durch, daß die sta⸗ tutarischen Güterrechte durch die Verordnung von 1816 nur in so weit wieder zur Geltung gekommen seien, als es die ganz eigentliche Gütergemeinschaft betraf. Diese Grundanschauung des Ober⸗Tribunals, nunmehr in der Praxis vollständig rezipirt, er⸗ gab vielfach, insbesondere bezüglich der Schichttheile Resultate, zu welchem die Weltersche Darstellung im schroffen Gegensatze steht. Eine weitere erhebliche Differenz liegt vor bezüglich des Paderborner und der mit diesem verwandten ehelichen Güterrechte, indem von Welter das Konsolidationsprinzip, vom Ober⸗Tribunal aber das Kondominialprinzip vertreten wird. Die von Beiden gezogenen rechtlichen Konsequenzen sind selbstverständlich sehr von einander ver⸗ schieden. In der vorliegenden Ausgabe ist nun im Anschluß an die Auffassung des Ober⸗Tribunals überall das jetzt als endgültig fest⸗ gestellt zu betrachtende Recht zum Ausdruck gebracht. Auch sind die neuen Gesetze, Hypotheken⸗ und Civilstandsgesetze, Vormundschafts⸗ Ordnung, Gerichtsorganisations⸗Gesetz, Civil⸗ Prozeß⸗Ordnung und Konkurs⸗Ordnung bei den einschlägigen Gegenständen be⸗ rücksichtigt worden und ist die Westfälische Landgüterordnung mit Kommentar beigegeben. Eine beigefügte Landkarte giebt die Ver⸗ hältnisse vom Anfange dieses Jahrhunderts, vor dem Frieden von Lüneville, 8. Februar 1801. Auf der Karte sind alle Amtsgerichts⸗ sitze angegeben. Da die alten Territorialgrenzen fast ausnahmslos mit Grenzen der heutigen Amtsgerichtsbezirke zusammenfallen, so wird die Karte zur Orientirung über die natürlichen Grenzen der Rechtsgebiete dienen.

Der Preußische Förster, Darstellung der wichtigsten Bestimmungen der Verwaltung und Gesetzgebung für preußische Förster und die es werden wollen, unter Berücksichtigung des Staats⸗, Gemeinde⸗ und Instituten⸗Forstdienstes. Von Julius Theodor Grunert, Königlich Preußischem Ober⸗Forstmeister a. D. Zweite umgearbeitete Auflage. Trier, Verlag der Fr. Lintzschen Buch⸗ handlung. Preis 4,50 Seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses Buches im Jahre 1869 hat die Gesetzgebung unseres engeren und weiteren Vaterlandes Vieles um⸗ gestaltet und die obere Forstverwaltung Preußens Veranlassung ge⸗ nommen, eine größere Anzahl neuer, zeitgemäßiger Bestimmungen zu erlassen, wenn sich auch sonst in den Grundzügen unserer wohl⸗

bewährten preußischen Forstorganisation, namentlich auch in Bezug auf das Grundsätzliche der Stellung unserer Förster und Forstschutz⸗

beamten überhaupt nichts Wesentliches geändert hat.

Laufe der Zeit seit 1869 gleichwoh

Alle jene im I vorgekommenen vielfachen Ab⸗

änderungen haben in der vorliegenden Umarbeitung des „Preußischen Försters“ gebührende Berücksichtigung gefunden, so daß auch diese

zweite umgearbeitete Auflage in

den Kreisen der Forstleute einer

freundlichen Aufnahme gewiß sein dürfte. Die in Leipzig den 26. Mai d. J. erscheinende Nr. 2082

der „Illustrirten Zeitung“

enthält folgende Abbildungen

Die Krönungsfeierlichkeiten in Moskau: Das Innere der Mariä Himmelfahrts⸗ (Krönungs⸗) Kathedrale. Maria Feodorowna,

Kaiserin von

Rußland, im Krönungsornat. Alexander III.

Alerandrowitsch, Kaiser von Rußland, im Krönungsornat.

Mariä Himmelfahrts⸗ (Krönungs⸗)

Kathedrale in Moskau.

Kreml in Moskau. Nach einer photographischen Aufnahme gezeichnet von L. E. Petrovits. Das Maifest des heil. Evermar zu Russon

in Belgien. Nach einer Zeichnung

von Leo von Elliot. Natur⸗

geschichtliches über unsere Honigbiene. August Wilhelrij. Die beiden Philosophen. Gemälde von August Süs. Antike und

Renaissance⸗Gläser. Frauenzeitu

ng: Hochzeitsgeschenk der Damen

Roms für die Herzogin Isabella von Genua. Moden: Lawntennis⸗

Kostüm für ein junges Mädchen.

Polvytechnische Mittheilungen:

Dynamo⸗elektrische Maschine für Handbetrieb.

Gewerbe und Handel. 8 Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 28. Mai cr. im Hotel Höltgen statt.

London, 23. Mai. (W. T. auktion waren Preise fester.

B.) Bei der gestrigen Woll⸗

Verkehrs⸗Anstalten. 1 Bremen, 23. Mai. (W. T. B.) Der Dampfer des Nord⸗

deutschen Lloyd „Hohenzoll in New⸗BYork eingetroffen.

Hamburg, 23. Mai. (W. T. B.)

ern“ ist heute Morgen 4 Uhr Der Postdampfer

„Thuringia“ II1“ Packetfahrts⸗ t I

Aktiengesellscha dampfer „Wieland“’ der Hamb

ist am 16. d. M. in Haiti, der Post⸗

urg⸗Amerikanischen Packet⸗

fahrts⸗Aktien⸗Gesellschaft heute Morgen 8. Uhr in New⸗York

eingetroffen.

Berlin, 24.

Mai 1883.

Der Reichskanzler Fürst von Bismarck hat unter dem 17. d. M. an den Ausschuß der Hygiene⸗Ausstellung folgendes Schreiben

gelangen lassen:

„Für die Einladung zum Besuche der Hyaiene⸗Ausstellung, welche

mir aus dem gefälligen Schreiben v ich verbindlichst. Der Zustand mein Bedauern nicht gestatten, die Ausst

om 11. d. M. zugegangen ist, danke er Gesundheit wird mir zu meinem ellung zu besichtigen. Ich wünde

es mir sonst nicht versagen, ein Werk in Augenschein zu nehmen,

welches nicht nur durch die in ihm nischen Technik das allgemeine Inter

vereinigten Leistungen der hygie⸗

esse auf sich zieht, sondern zugleich

auch von der Ausdauer, mit der es seine Unternehmer aus den Trümmern des vorjährigen Brandes von Neuem haben erstehen lassen, ein ehrendes Zeugniß giebt. Der Minister für Handel und Gewerbe.

von Bismarck.“

„Der Arbeiterfreund“, das Organ des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen, welches von Prof. Dr. Victor Böhmert in Dresden in Verbindung mit Prof. Dr. Rudolf Gneist, als Vor⸗ sitzenden des Centralvereins, herausgegeben wird, bringt in dem juͤngst erschienenen ersten Vierteljahrsheft des XXI. Jahrgangs einen Bericht über die Entwickelung und Thätigkeit des Centralvereins

für das Wohl der arbeitend 1844 bis 1883. Wir entnehmen d

en Klassen während der Jahre iesem Berichte das Folgende: Die

im Jahre 1844 in Berlin veranstaltete Ausstellung des deutschen Zoll⸗

vereins, welche zum Stand des nur einen

deutschen bedeutungsvollen

ersten Male einen Ueberblick über den Gewerbfleißes Einfluß auf die

eröffnete und nicht Weiterent⸗

wickelung der Jadustrie übte, sondern auch den Anstoß zu einer Reihe volkswirthschaftlicher Fortschritte und Verbesserungen auf dem

Gebiete der Gesetzgebung und Ver Veranlassung zu einer Vereinigung ragender Gewerbtreibender zu dem tenden Klassen der Bevölkerung zu ergehens zu erheben. Ihr Aufruf dung eines Vereins für das Wohl betonte, daß die Verbesserung

lichen Zustandes der Hand⸗ u dung von Provinzial⸗, Distr

einsthätiskeit gab, bot auch die höherer Beamten und hervor⸗ ausgesprochenen Zwecke, die arbei⸗ einem höheren Maße des Wohl⸗ vom 7. Oktober 1844 „zur Bil⸗ der Hand⸗ und Fabrikarbeiter“ des sittlichen und wirthschaft⸗ nd Fabrikarbeiter durch Bil⸗ ikts- und Lokalvereinen ge⸗

fördert und auch die Hand⸗ und Fabrikarbeiter selbst zur Theil⸗

nahme an diesen Bestrebungen

herangezogen werden sollten.

Den Lokulvereinen wurde besonders zur Berücksichtigung empfohlen:

a. die Errichtung von Spar⸗ und b. die Bildung von Kranken⸗ und

Pensionskassen, c. die Anlegung von Schulen für die Fabriken beschäftigten Kinder und von Bewahranstalten

der in den chäftig für die Kinder der Fabrikarbeiter,

Prämienkassen für die Arbeiter, Sterbeladen, Unterstützungs⸗ und Fortbildung

d. die Verbreitung gemeinnütziger

Kenntnisse durch Schriften und mündlichen Vortrag, insbesondere

Seitens der Vereinsmitglieder, e. d

ie thätige Mitwirkung auch solcher

Fabrik⸗ und Handarbeiter, welche nicht Mitglieder des Vereins sind

bei Verwaltung der Institute dessel Diesem Aufruf wurde von vi

ben. elen Seiten die freudigste Zustim⸗

mung zu Theil. König Friedrich Wilhelm IV. selbst stellte dem Verein eine Summe von 15 000 Thalern für seine Zwecke zur Dis⸗ position und sprach in einer Kabinetsordre vom 25. Oktober 1844 sein warmes Einverständniß mit den Bestrebungen des Vereins aus.

Besonders hervorgehoben werden

Worte: „Auf dem Wege des gemeins Klassen wird die

das Wohl der arbeitenden

aus dieser Kabinetsordre folgende amen hülfreichen Wirkens für vaterländische

Industrie, die so glänzend durch ihre Fortschritte sich aus⸗

zeichnet, zugleich eine gewissesten einen

höhere Weihe . dauernden Segen darum jeder Vergrößerung und Stärkung des Vereins

und sich am werde mich auf das

erhalten en sichern. Ich

innigste freuen und lebe der Hoffnung, daß er bald durch den Hinzutritt aller ehrenhaften, edlen Männer unter dem Gewerbe⸗

stande zu einem Baume erwachsen ganze Vaterland breitet.“ Am 12. des Innern dem am 2. März 1847

vereins in Preußen für das Wohl der arbeitenden Klaf

Genehmigung. Durch die bestätigen

wird, der seine Zweige über das April 1848 ertheilte der Minister revidirten ⸗Statut des Central⸗ ssen“ seine nde, von den Ministern von Auers⸗

wald und Hansemann gegengezeichnete Ordre vom 31. März 1848

wurden dem Centralverein zugleich

die Korporationsrechte verliehen,

und das schon 1844 zugeführte Stiftungskapital von 15 000 Thlrn.

überwiesen. Vornehmlich seit dem

Jahre 1872 hat der Verein einen

bedeutenden Aufschwung zu verzeichnen. Die Mitgliederzahl stieg im

Jahre 1872 von 192 auf 461 und 1874 auf 644 Personen.

Am An⸗

fange des Jahres 1883 zählte der Verein rot. 700 Mitglieder. Die

Statuten des Vereins vom 2. M Vorbild für andere soziale Veroindr seinen Sitz in Berlin. Der

ärz 1847 sind später mehrfach ein ingen geworden. Der Verein hat Vorstand besteht aus 9 Mit⸗

gliedern, der Ausschuß aus 18 einheimischen und einer un⸗

gefähr gleichen Zahl 0 1 gliedschaft ist durch einen Jahresbe

auswärtiger

Mitglieder. Die Mit⸗ itrag von 12 bedingt. Dem

Vorstand und Ausschuß, welche in der Regel gemeinsam berathen und

beschließen, ist es überlassen, in gee Arbeiterstande zur Berathung zuz 1848.) Eine wichtige Veränderung

bruar 1872 ein. Dieselbe erstreckte den Wirkungskreis des Vereins

igneten Fällen Männer aus dem uziehen. (Beschluß vom 2. Juni der Statuten trat am 21. Fe⸗

über Preußen hinaus auf das ganze Deutsche Reich und strich dem⸗

gemäß die Worte „in Preußen“ aus dem Titel.

1849 führte der Geheime Ober⸗Fin

Bis zum Jahre A1. anz⸗Rath Dr. Georg von Viebahn