1883 / 119 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 May 1883 18:00:01 GMT) scan diff

den Vorsitz. Seit 1849 trat Dr. Adolf Lette, Präsident des Re⸗ visions⸗Kollegiums für Landeskultursachen, schon bei Gründung des Vereins Mitglied des Vorstandes, an die Spitze der Geschäfte, und bis zu seinem Tode (am 3. Dezember 1868) ist Lette die Seele und Triebkraft des Vereins gewesen und geblieben. Seit Lette’s Tod ist Professor Dr. Gneist (seit 1852 Mitglied des Vorstandes) alljährlich zum Vorsitzenden gewählt worden. Die geschäftliche Behandlung der Vereinsangelegenheiten hat sich im Verlaufe der Zeit mehr centralisirt als dies Anfangs beabsichtigt war. Auf Antrag des Vorsitzenden wurden im April und Mai 1850 die Geschäfte des Vorstandes und Ausschusses unter 14 beständige Kommissionen vertheilt, jede mit einem Haupidezernenten und meh⸗ reren Mitarbeitern, und zwar für folgende Geschäftskreise: 1) Spar⸗ und Prämienkassen; 2) Gründung und Statuten der Lokalvereine, sowie Unterstützung derselben; 3) Darlehnskassen und Bankwesen; 4) Aussteuer⸗ kassen; 5) Sterbe⸗ und Krankenkassen und Gesundheitspflege⸗Vereine; 6) Invalidenkassen und Altersversorgung, auch Armenpflege; 7) organisatorische Einrichtungen unter den gewerbtreibenden Klassen, insbesondere zum Schutz und zur Sicherstellung der beiderseitigen Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Lehrlingen, Gehülfen und Meistern: Fabrikordnungen, Gewerbegerichte und die mit diesen Einrichtungen unmittelbar zusammenhängenden Unterstützungs⸗, Wander⸗ und ähnlichen Kassen; desgleichen Beschäftigung der Ge⸗ fangenen; 8) Verbesserung des Gefängnißwesens, insbesondere Besse⸗ rung der Gefangenen und Korrigenden; 9) Unterrichts⸗ und Bil⸗ dungswesen, namentlich Schuleinrichtungen für Fabrikkinder, Sonntagsschulen und Handwerker⸗Fortbildungsschulen, Vereine junger Handwerker für diesen Zweck, Kleinkinder⸗Bewahranstalten; 10) Veranstaltung und Leitung der einzurichtenden öffentlichen Vorträge; 11) Volksbibliotheken und Volksschriften; 12) Wohnungs⸗ verhältnisse in gesundheitlicher Beziehung ꝛc.; 13) Verhältnisse der land⸗ wirthschaftlichen Arbeiter, innere Kolonisation; 14) Kassenwesen und besondere Fürsorge für Ausbreitung des Vereins. Die Geschäfts⸗ kreise der eben aufgezählten 14 Kommissionen bilden in erweiterter Form noch heute den Rahmen für die Aufgaben des Centralvereins und für die Fragen, denen er seine Aufmerksamkeit und Thätigkeit durch Wort und Schrift und materielle Unterstützungen zuzu⸗ wenden hat. Der Bericht bemerkt über diese Organisation: „Die Organisation selbst ist allerdings nach und nach zerbröckelt, weil sich gezeigt hat, daß eine pragmatische Thätigkeit des Centralvereins auf dem Wege der Kommissionen nicht zu crreichen sein würde. Die Hauptarbeit ist wiederum in gemeinschaftliche, etwa 6—8 Mal jährlich stattfindende Sitzungen des vereinigten Vorstandes und Aus⸗

meln, Winke oder Rathschläge von Mitgliedern entgegen zu nehmen, Rathschläge zu ertheilen und den verschiedensten politischen, kirchlichen und wirthschaftswissenschaftlichen Richtungen und Parteien ein mög⸗ lücst vollständiges Material zur Beurtheilung der Arbeiterfrage zu iefern.“

Die zweite „Internationale Ausstellung von Hun⸗ den aller Rassen“, die auch diesmal wieder mit einer großen Jagdausstellung verbunden ist, wird am Freitag auf dem Plateau von Tivoli eröffnet werden. Die Ausstellung übertrifft, sowohl was Zahl wie Beschaffenheit der vorgeführten Thiere anbetrifft, ihre Vorgängerin. Die Anmeldungen sind so zahlreich eingegangen, daß das Tivoli⸗Etablissement selbst nicht ausreichte und man genöthigt war, vom Fiskus ein etwa drei Morgen großes, an das Etablissement angrenzendes Terrain des Tempelhofer Feldes zu erbitten, das denn auch bereitwilligst der Ausstellung zur Verfügung gestellt worden ist. Hier befinden sich die Bewegungsplätze für die Hunde, der große Zwinger, in dem die Prämirung erfolgt, sowie die Hundeküche, in der das tägliche Futter für die über 1000 Thiere hergerichtet wird, für die während der Dauer der Ausstellung der Verein „Hektor“, dessen Initiative auch diese Schau zu verdanken ist, die Fürsorge übernommen hat. Die Ausstellung selbst weist 914 Nummern auf; davon entfallen auf die Jagdausstellung 66, auf die Hundeschau 848 Nummern. An der Spitze der 436 Aussteller steht Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Höchstwelcher zwei prachtvolle Windspiele „Spider“ und „Fly“ ausgestellt hat. Auch das Ausland hat sich diesmal hervorragend an der Schau betheiligt. Kurzhaarige deutsche Vorstehhunde sind in 46, Pointer in 91, langhaarige deutsche Vorstehhunde in 23, englische Setter in 56, Gordon⸗Setter in 23, irische Setter in 22 und stichel⸗ haarige deutsche Vorstehhunde in 6 Nummern, Dachshunde durch 87 Nummern vertreten. Apportirhunde sind nur in einer Nummer, Stöberhunde in deren 5 auf der Schau erschienen. Der Abthei⸗ lung II.: „Hunde, welche nicht zur Jagd verwendet werden“, sind die Terrassen angewiesen, wo man speziell für die Damenhunde eine schützende Halle erbaut hat. Als erste Gruppe erscheinen hier die 258 Schutz⸗ und Wachthunde, unter denen unter Nr. 508 der größte Hund der Ausstellung, die deutsche Dogge „Medoc“ des Hrn. Gomansky, „außer Preisbewerbung“, ausgestellt ist. Wir finden hier 24 Neufundländer, 76 Bernhardiner, 83 deutsche, 34 Tiger⸗ und 9 Bulldoggen, 8 deutsche Schäferhunde, 10 Colsays und 17 Spltze. Eine zweite Gruppe umfaßt die Stuben⸗ und Stallhunde, deren 69 zur Schau gestellt sind. Die letzte Gruppe endlich, die Damenhunde,

die Zahl der unselbständigen Handwerker eine Statistik auf⸗ zustellen; 3) dahin zu petitioniren, daß die in den Groß⸗ betrieben bestehenden Handwerkerbetriebe, im Verhältniß zu der Arbeitsleistung ihrer Maschinen, d. h. in der Weise, wie die Maschinen Arbeiter unnöthig machen, gleich den selbständigen Handwerkern, zur Gewerbesteuer herangezogen werden; 4) alle Beschlüsse des Handwerkertages dem Reichskanzler mit⸗ zutheilen und diesen um eine baldige Initiative für eine den⸗ selben entsprechende Gesetzgebung zu ersuchen. Diese Anträge gelangten sämmtlich, mit Ausnahme des die Steatistik betreffenden, zur Annahme. Auf Antrag des Schornsteinfeger⸗ obermeister Faster (Berlin) wurde alsdann beschlossen: „dahin zu wirken, daß Niemand sein Heimathsrecht verliert, ehe er nicht ein neues Heimathsrecht erworben, und daß der Heimathsschein für alle Staatsangehörigen, insbesondere auch für diejenigen Personen als Legitimation einzuführen ist, welche außerhalb ihres Heimathsortes umherziehend Arbeit suchen. Auf Antrag des Frhrn. von Fechen⸗ bach wurde ferner eine Resolution bezüglich der bekannten Stellung des Handwerkerbundes zur Arbeiterfrage gefaßt. Es heißt in der Resolution: „Die wenigen Vertreter der Geldaristokratie beherrschen die Arbeitskräfte, sie usurpiren deren Rechte und annektiren ihren Gewinn. Der Wendepunkt ist eingetreten: entweder Reorganisation der Erwerbsarten behufs Ermöglichung von kleineren oder mittleren Vermögensbildungen, oder Revolution gegen die Ausbeutungen an den schaffenden und erwerbenden Kräften.“ Es wurde dem Centralvorstande noch aufgetragen: für den nächst⸗ jährigen Kongreß: Leipzig, Dresden, Cassel oder Frankfurt a. M. in Aussicht zu nehmen. Alsdann wurde der Allgemeine deutsche Handwerkertag mit einem dreifachen Hoch auf das deutsche Handwerk geschlossen. Ein Hoch auf Se. Majestät den Kaiser hatte Dr. Stolp schon vorher ausgebracht. Zu erwähnen ist noch, daß, wie mitgetheilt wurde, auf dem Handwerkertage 348 Mandate ver⸗ treten waren, die insgesammt etwa 60 000 selbständige Handwerker repräsentiren. b

St. Petersburg, 23. Mai. (W. T. B.) Laut Nachricht aus Sebastopol sind auf der dortigen Schiffswerft der russischen Dampfschiffahrts⸗Compagnie die Schiffsbauwerkstät⸗ ten mit den Maschinen, die Modellirkammer und eine im Bau be⸗ griffene Panzerschiffsbauwerkstatt durch Feuer zerstört worden. Die anderen Werkstätten wurden gerettet.

Auch in der Charlottenburger Flora, deren großartiger

Aufgebot. Das Svparkassenbuch der städtischen

schusses verlegt worden. 1 ein fahrung belehrt, sehr bald bescheiden müssen, daß

nicht sowohl eine leitende, anordnende, als eine anregende, vermit⸗ 8 . Dieser Gedanke 1 Schlusse des Berichtes noch einmal in folgender Weise resumirt:

telnde, sammelnde sein könne.“

„Der Rückblick auf einen Zeitraum von nahezu

ergeben, daß der Centralverein sich mehr mit der Anregung und geistigen oder materiellen Förderung, als mit der selbständigen Aus⸗ führung und Leitung humaner Einrichtungen beschäftigt hat. Die positive Hülfeleistung und Organisation humaner Werke in den ver⸗ schiedenen Landestheilen und einzelnen Gemeinden muß den überall Do NM 9 8 1 Der Vorstand und Aus⸗ schuß wird auch in Zukunft alle neu auftauchenden Fragen und Vor⸗

zerstreuten Mitgliedern überlassen bleiben.

schläge zur Verbesserung der Arbeiterzustände ernstlich

Mittel und Kräfte auf die Förderung neuer Hülfsanstalten verwenden aber seine Hauptaufgabe wird dahin zu richten sein, ein Mitittelpunkt für die immer mehr in die Breite und Tiefe gehenden Bestrebungen für das Arbeiterwohl zu werden, Erfahrungen zu sam⸗

müssen;

Der Centralvecein hat sich, durch die Er⸗

seine Thätigkeit wird dann am

40 Jahren hat 1 Hannover, 23. Mai.

prüfen und seine

stellen von

listischen Betriebe unter den

enthält 136 der niedlichsten Thiere. Als besondere Seltenheiten sind unter Nr. 846 ein russischer Bärenhund, unter Nr. 847 ein Lappländer Hund und unter Nr. 848 ein Bastard aus Wolf⸗, Wind⸗ hund und zahmem Hunde zur Ausstellung gekommen. Die Jagd⸗ ausstellung ist im großen Saale untergebracht.

In der heutigen dritten und letzten Sitzung des Allgemeinen deutschen Handwerkertages stellte der Schneidermeister Faßhauer (Cöln) noch eine Reihe von Anträgen, näm⸗ lich: den Centralvorstand zu beauftragen: 1) einen Gewerbeordnungs⸗ Entwurf auszuarbeiten, diesen allen Bundesmitgliedern zur Begutachtung zu übersenden und alsdann einen solchen Entwurf den gesetzgebenden Behörden einzureichen; 2) den Centralvorstand zu beauftragen, mit Unterstützung der Bundesmitglieder, über die vorhandene Zahl der Handwerksbetriebe in Deutschland, über die Handwerksartikeln,

zeigt, werden stattfinden.

Rußlands und des Sultans trage der

sionen beginnen

Hah der über die Zahl der letzteren, über die Zahl der

Verkaufs⸗

für eigene Rechnung arbeitenden selbständigen Handwerker und über Bei alledem ist

schwedischen fassenden Ballon für die schwedische Nordpol⸗Expedition gebaut, mit dem einige Fahrten zu unternehmen ihm ausdrücklich gestattet ist. Mit diesem Ballon wird er, wie gesagt, am Sonntag seine Ascen⸗

Garten sich den Besuchern gegenwärtig in einer überraschenden Pracht

vom nächsten Sonntag ab wiederum Ballonfahrten

Wie uns die Direktion der Flora mittheilt, wird die⸗ selben der hier noch in gutem Andenken stehende Luftschiffer Paul Damm unternehmen, der während der letzten vier Jahre in den be⸗ deutendsten Städten Dänemarks, Schwedens und Norwegens son ie

in Konstantinopel sogar vom Kaiserlichen Palast aufgestiegen ist. Damm hat soeben im Auf⸗ Regierung einen etwa 800 Kubikmeter

und nach kurzer Unterbrechung dann später mit einem

in gleicher Größe hier noch nie gesehenen Ballon von 1500 Kubikmeter Inhalt fortsetzen. Wie bisher, so wird auch an den Tagen der Ballon⸗ kapita⸗ V fahrten Direktor Liebig mit seiner gut geschulten Kapelle concertiren,

und daneben werden die Tyroler ihre Nationalgesänge ertönen lassen.

das Entrée noch auf 50 ermäßigt.

Preußischen Staats-Anzeigers: Berlin SW., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.

. Inserate für den Deutschen Reichz“ und Königl. Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition des Deutschen Reichs⸗-Anzeigers und Königlich

. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.

Verloosung, Amortisation. Zinszahlung 88 u. s. w. von öffentlichen Papieren.

Deffentlicher Anzeiger.

3. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen etc.

5. Industrielle Etablissements, Fabriken

1b und Grosshandel. & 6. Verschiedene Bekanntmachungen.

7. Literarische Anzeigen.

Theater-Anzeigen. In der Börsen-

9 beilage.

8 9

Inserate nehmen an: die Annoncen⸗Expeditionen des „Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein

Bütt

N

Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, & Winter, sowie alle übrigen größeren

Annoncen⸗Bureaux.

N

Familien-Nachrichten.

Subhastationen, Aufgebote, Vor⸗ ladungen u. dergl. K. Amtsgericht Ulm.

Oeffentliche Zustellung. In der Rechtssache der Babette Allgöwer, ledigen Wärterin hier u. Gen., Klr., vertreten durch Rechts⸗ nwalt Oßwald in Ulm, gegen den mit unbekann⸗ tem Aufenthaltsort in Amerika abwesenden Wilhelm Sautter, Bäcker aus Buchau, früher hier, Bekl.

Ansprüche aus unehelicher Schwängerung be⸗

effend haben die Kläger den Antrag gestellt,

en Beklagten zu verurtheilen:

1) er habe seine Vaterschaft zu dem am 23. Ok⸗ tober 1881 von der Klägerin geborenen Kinde männlichen Geschlechts anzuerkennen,

2) er habe der Klägerin für Tauf⸗ und Kind⸗ e 40 zu ersetzen,

3) er habe an die Pflegschaft des Kindes, so

läange bis dieses sich selbst ernähren kann, jedensfalls aber bis zu dessen zurückgelegtem 14. Lebensjahr an jährlichen Alimenten die Summe von 100 ℳ, vorauszahlbar am 23. April jeden Jahres zu entrichten, und bezüglich ber bereits aufgewendeten Alimente der Klägerin Babette Allgöwer in gleicher Höhe Ersatz zu leisten,

4) das Urtheil bezüglich der Tauf⸗ und Kindbett⸗

kosten und der verfallenen bezw. aufgewen⸗

deten Alimente für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Kläger laden den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor Königl. Amts⸗ gericht Ulm auf

Mittwoch, 19. September 1883, Vorm. 9 U.

Zum Zwecke der bewilligten öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage hiemit bekannt gemacht. Den 21. Mai 1883.

Amtsgerichtsschr. Gockenbach.

([22892]

Sparkasse zu Münsterberg Nr. 6189 über 120 ℳ, ausgefertigt für den Schuhmachermeister Julius Schmidt aus Olbersdorf, ist angeblich verloren ge⸗ Langen und soll auf den Antrag des Eigenthümers ulius Schmidt zum Zwecke der neuen Ausfertigung amortisirt werden. Es wird daher der Inhaber dieses Buͤches aufgefordert, spätesterz im Aufgebots⸗ termine, den 5. Februar 1884, Vormittags 9 Uhr, seine Rechte anzumelden und das Buch vor⸗ zulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung desselben erfolgen wird. Münsterberg, den 19. Mai 1883. Königliches Amtsgericht. Laschinsky.

122887) Bekanntmachung.

[22824]

Durch Ausschlußurtheil vom 18. Mai 1883 ist der von dem Comtoir der Reichshauptbank für Werth⸗ papiere zu Berlin am 31. Juli 1882 ausgestellte

Depotschein Nr. 207 412 über 2000 4 % Ost⸗ preußische Pfandbriefe nebst Coupons Nr. 4 bis 20 und Talon für kraftlos erklärt worden.

Berlin, den 18. Mai 1883.

Sagroschefski, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts I. Abtheilung 48.

Durch das am 8. d. Mts. publizirte Ausschluß⸗ urtheil des unterzeichneten Amtsgerichts sind die un⸗ bekannten Eigenthumsprätendenten des im Grund⸗ buche noch auf den Namen der Eheleute Kolon Friedr. Klemp, gt. Drees, und Anna Marie, geb. Krumme, verwittwet gewesene Kolon Johann Hein⸗ rich Overbeck stehenden Grundstückes Flur I. Nr. 34 der Steuergemeinde Rüdinghausen mit ihren An⸗ sprüchen an dasselbe ausgeschlossen.

Dortmund, den 17. Mai 1883.

Königliches Amtsgericht.

[22885]

Durch das am 8. d. M. verkündete Ausschluß⸗ urtheil des unterzeichneten Gerichts sind die unbe⸗ kannten Eigenthumsprätendenten des zum Grund⸗ buche noch nicht übernommenen Grundstückes Flur 2 Nr. 10 in der Schmächting, Wiese, Katastral⸗Ge⸗ meinde Oespel, mit ihren Ansprüchen an dasselbe ausgeschlossen.

Dortmund, den 17. Mai 1883.

Königliches Amtsgericht. [22890] 8 .“

Nr. 9133. Ferdinand Rutschle von Degerfelden, welcher i. J. 1865 nach Amerika ausgewandert und von welchem seit 15 Jahren keine Nachricht einge⸗ troffen ist, wird aufgefordert, binnen Jahresfrist Nachricht hierher zu geben, widrigens er für ver⸗ schollen erklärt und sein Vermögen seinen muth⸗ maßlichen nächsten Erben in fürsorglichen Besitz gegeben würde.

Lörrach, den 12. Mai 1883.

Gr. Amtsgericht. (Unterschrift.) [23020] Bekanntmachung.

Durch Beschluß der K. Strafkammer hier vom 19. Mai 1883 ist die am 27. Juli 1881 verfügte Beschlagnahme des Vermögens des Johannes Eppler von Neckarthailfingen aufgehoben worden.

Tübingen, den 22. Mai 1883.

K. Staatsanwaltschaft.

Bekanntmachung. Durch Urtel des Königlichen Amtsgerichts Cölleda vom 16. Mai 1883 ist der Oekonom Robert

Bechstedt aus Großmonra für todt erklärt worden.

Cölleda, den 16. Mai 1883. Königliches Amtsgericht.

-

[22889] Bekanntmachung. Es wird hiermit bekannt gemacht, daß ver Hopfen⸗ händlerssohn Alexander Sahlmann von hier durch Beschluß des Kgl. Amtsgerichts Fürth vom 15. d. M. wegen Verschwendung entmündigt worden ist. Königliches Amtsgericht zu Fürth. (L. S.) gez. Rächl, Kgl. Amtsrichter Zur Beglaubigunhng: Der geschäftsleitende Gericht schreiber: Hellerich, Kgl. Sekretär.

22880) Im Namen des Königs!

Auf den Antrag der Wittwe des Nagelschmieds Friedrich Arnold Körner, Amalie, geb. Kötting, zu Niederstüter, vertreten durch den Justiz⸗Rath Dietrichs zu Hattingen, betreffenb das Aufgebot eines verloren gegangenen Hypothekeninstruments, er⸗ kennt das Königliche Amtsgericht zu Hattingen durch den Amtsrichter Dr. Jaeger

für Recht:

Das aus der Obligation vom 30. August 1859 und dem Hypothekenbuchsauszuge vom 15,. Septem⸗ ber 1859 bestehende Hypothekeninstrument über die auf der Grundbesitzung der. Wittwe des Nagel⸗ schmieds Friedrich Arnold Körner, Amalie, geb. Kötting, zu Niederstüter für die Wittwe Jonas Balke, Anna Catharina, geb. Ruhrmann, zu Hat⸗ tingen eingetragene Darlehnsforderung von 125 Thalern, verzinslich zu 4 ½ Prozent, eingetragen im Grundbuche von Niederstüter Band 18 Blatt 535 lung III. unter Nr. 4, wird für kraftlos er⸗

ärt.

Berichtigung.

In der Bekannemachung des Amtsgerichts Ham⸗ burg vom 29. Dezember 1882, veröffentlicht in Nr. 3 und 117 d. Bl. muß der Name des Ausstellers der auf Michl Pardo & Co zu Hamburg gezogenen, an die Ordre von Jacobson & Co. gestellten und an Adolphe Popert in Paris indossirren, 90 Tage Sicht Tratte groß 45 000 Santana Hermanos & Co. in Caräcas (nicht San Santana) heißen.

Verkäufe, Verpachtungen, Eubmsfsionen ꝛc. [22825] Bekanntmachnn g.

Die Lieferung von 3000 Stuͤck kiefernen im⸗ prägnirten Eisenbahnschwellen soll im Wege der öffentlichen Submission vergeben werden.

P†mission verdungen werden.

gegen Zahlung von 0,50 in Empfang genommen werden können, einzusenden. Später eingehende, oder den Bedingungen nicht entsprechende Offerten werden nicht berücksichtigt. Königliche Militär⸗Eisenbahn.

Eisenbahn⸗Direktionsbezirk Elberfeld. Di Lieferung des zum Heizen der Personenwagen für die Winterperiode 1883/84 erforderlichen Bedarfs an Preßkohlen soll im Wege der öffentlichen Sub⸗

Hierauf bezügliche An⸗ erbieten nebst Proben sind versiegelt, portofrei und mit der Aufschrift: „Submission auf Lieferung von Preßkohlen“ bis zum 28. Mai d. Js. an unser Materialien⸗Bureau hier einzusenden. Die Eröffnung der Offerten findet am darauf folgenden Tage, Vormittags 11 Uhr, im Verwaltungsgebäude hierselbst in Gegenwart der etwa erschienenen Sub⸗ mittenten statt. Abdrücke der Lieferungsbedingungen sind gegen Einsendung von 50 pro Exemplar vom Kanzlei⸗Vorsteher Peltz hier zu beziehen. Elber⸗ feld, den 11. Mai 1883. Königliche Eisenbahn⸗ Direktion.

[23021] Deutsche Hypothekenbank

(Aectien⸗Gesellschaft).

Bei der am 16. Dezember 1882 in Gegenwart eines Notars stattgefundenen Verloosung unserer 5prozentigen Pfandbriefe V. Serie sind folgende Nummern gezogen worden:

Litt. A. Nr. 10 und 202 à 3000 Litt. B. Nr. 228 712 und 837 à 1500 Litt. C. Nr. 19 800 852 866 927 1173 1240 1295 1777 1924 und 2300 a 600 Litt. D. Nr. 158 209 210 200 336 601 741 806 973 1047 1149 1219 12 S 1416 1697 1828 1937 1944 225 2704 2705 3036 3122 3176 und 3187 à 300 Litt. E. Nr. 240 327 392 und 427 à 200

Die Einlösung der gezogenen Pfandbriefe erfolgt vom 1. Inli 1883 ab gegen Rückgabe der Stücke mit Talons und noch nicht fälligen Coupons pari an unserer Gesellschaftskasse, Hegelplatz 2 hierselbst. Mit dem 1. Juli 1883 hört die Verzinsung der gezogenen Stücke auf.

Berlin, den 22. Dezember 1882.

Die Direktion.

Offerten mit der Aufschrift:

„Submission 2 Lieferung von kiefernen

imprägnirten Eisenbahnschwellen“ sind bis zu dem auf Sonnabend, den 9. Juni cr., Vormittags 11 Uhr, anberaumten Submissions⸗ termine an die Betriebsabtheilung der Königlichen Militär⸗Eisenbahn Schöneberg bei welcher auch die Bedingungen eingesehen, resp.

Berlin, bei

Redacteur: R ie de J. Berlin:

Verlag der Expedition (Kessel.) Druck: W. Elsner. Vier Beilagen (eiinschließlich Börsen⸗Beilage) außerdem der Fahrplan der Schlesis Eisenbahnen.

zum ½ 119.

v vI“ Beilage Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußif

Berlin, Donnerstag, den 24. Mai

ts⸗Anzeiger. 1883.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 24. Mai. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (85.) Sitzung des Reichstags wurde die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, be⸗ treffend die Krankenversicherung der Arbeiter auf Grund der Zusammenstellung der in zweiter Berathung über denselben gefaßten Beschlüsse fortgesetzt. Nach dem Abg. Eberty ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats⸗ Minister von Scholz, wie folgt, das Wort: G

Der Hr. Abg. Frhr. von Hertling hat die Klarheit in meinen gestrigen Erklärungen vermißt und angedeutet, daß auch der Hr. Abg. Frhr. von Maltzahn⸗Gültz wohl denselben Eindruck gehabt und nur aus Höflichkeit dabei angedeutet habe, daß die klare Auffassung ihm vielleicht erschwert worden sei durch eine Störung.

Ich bin weit entfernt zu glauben, daß es mir immer oder auch vielleicht nur der Regel nach gelingt völlig und für Jedermann klar in meinen Erklärungen zu sein. Ich würde deshalb auch nicht das Wort ergreifen mich etwa zu vertheidigen; aber es liegt mir hier daran, jenem Vorwurf sachlich entgegenzutreten. Ich habe mir des⸗ halb das Stenogramm von gestern kommen lassen und erlaube mir, es zu verlesen ohne jede Korrektur, wie es hier liegt. Ich hatte be⸗ merkt, daß die verbündeten Regierungen nicht in der Lage sein wür⸗ den, den §. 1a. anzunehmen, und hatte dann weiter gesagt:

Wenn Sie. meine Herren, in dieser Beziehung, sei es dadurch,

daß Sie die Einrichtung der Sache durch Verweisung der länd⸗ lichen und Forstarbeiter nach §. 2 nur als eine fakultative kon⸗ struiren wollen, oder daß Sie zur Verhütung der Verschlechterung ihrer Lage die Bestimmung aufnehmen wollen, daß, soweit diese Arbeiter bisher keinerlei Beiträge oder geringere Beiträge, als sie dieses Gesetz normirt, zum Zwecke ihrer Verpflegung in Krankeitsfällen zu entrichten gehabt haben, sie auch durch dieses Gesetz zu keinen resp. nicht zu höheren Beiträgen verpflichtet werden, sondern daß dann die Arbeitgeber an ihre Stelle zu treten haben würden so würde damit allerdings eine Veränderung des Gesetzes herbeigeführt werden, welche die verbündeten Regierungen in die Lage bringen würde, über die anderen schweren Bedenken eher hinwegzugehen.

Ich glaube, wenn der Ausdruck vielleicht auch präziser und klarer hätte sein können, so wird der Hr. Abg. Freiherr von Hertling doch geneigt sein zuzugestehen, daß ich in dieser Erklärung zweierlei Auswege Ihnen bezeichnet habe, durch welche die Bedenken der ver⸗ bündeten Regierungen gegen den jetzigen §. 1 a. beseitigt werden können; ich habe sie dahin angedeutet: sei es durch eine Einrichtung der Sache nach §. 2, sei es durch eine Amendirung des §. 1 a. in der bereits bemerkten Weise. Ich habe diese Alternative hin⸗ gestellt, meine Herren, nicht in der Meinung, daß beide Wege gleichmäßig gut und gleichmäßig zu empfehlen seien, sondern weil es meiner Aufgabe entsprach, Ihnen zu zeigen, daß die verbuͤndeten Regierungen auf dem einen sowohl wie auf dem anderen Wege die Möglichkeit sich vorgehalten hatten, eine Abän⸗ derung des Gesetzes zu Stande kommen zu sehen, welche ihre Bedenken allenfalls beseitigen würde. Ich hatte Ihnen gleich so zu sagen das Maximum der Zugeständnisse, die gemacht werden könnten, zu zeigen; aber ich habe dabei keineswegs etwa verschweigen wollen und es ist auch durch die Reihenfolge der beiden Auskunftsmittel wohl ange⸗ deutet daß das erste, nämlich die Verweisung der ländlichen und Forstarbeiter nach §. 2 das einfachere, klarere und wünschenswerthere sei. Der Herr Abgeordnete hat gewissermaßen ironisch, glaube ich, war es wohl gemeint sich bedankt dafür, daß ich mich nicht für die Alternative, die ländlichen und Forstarbeiter nach §. 2 zu verweisen, ousdrücklich ausgesprochen hätte, indem ich es ihm dadurch erleichtert hätte, sein Amendement zu vertreten; es war seinen Andeutungen anschei⸗ nend der Sinn unterlegt, als ob es für die Regierung nicht ange⸗ nehm sein würde, das Amendement eines Mitgliedes der Partei, der der Herr Abgeordnete angehört, zu unterstützen. Nun, meine Herren, bitte ich, sich dabei gegenwärtig zu halten, daß der Hr. Abg. Freiherr von Hertling selbst hervorgehoben hat, wie sein Amendement in der zweiten Lesung nichts Anderes gewesen wäre als die Wiederherstellung

Regierungsvorlage; ich würde also doch in der die Schüchternheit übertrieben haben, wenn ich mich abhalten lassen wollen, das Amendement des Herrn Abg. Frhrn. von Hertling zu empfehlen, welches die Wiederherstellung der Regierungsvorlage war. 3

Ich wäre darauf aber überhaupt nicht eingegangen, wenn es mir nicht darauf ankäme, gegenüber dieser mehr angedeuteten als aus⸗ geführten Auffassung bestimmt zu erklären, meine Herren, daß ich hier in der Stellung, in der ich die Ehre habe vor Ihnen zu erscheinen, keinen Anstand nehmen würde und dürfte, irgend ein Amendement, aus welcher Partei des Hauses es auch komme, zu unterstützen, wenn es sachlich der Auffassung der verbündeten Regierungen entspricht.

Der Abg. Frhr. von Minnigerode bemerkte, nach den gestrigen Ausführungen des Abg. von Maltzahn⸗Gültz müsse er noch die Gründe angeben, aus denen ein Theil seiner Frak⸗ tion für den Antrag von Hertling eintreten wolle. Der Grundgedanke des ganzen Gesetzes sei, Garantien zu schaffen

ür die Krankenversicherung, wie sie die freien Verbände nicht liefern könnten. Das Krankenkassengesetz sei nur ein Vor⸗ läufer des Unfallgesetzes, und wenn man hier die landwirth⸗ schaftlichen Arbeiter ausschließe, so verfalle man trotz der besten Absicht in einen Schematismus, der den Grundgedanken tödte. Man habe die industriellen Arbeiter in der Konkurrenz mit den landwirthschaftlichen nicht zu günstig stellen wollen, aber dies werde schon erreicht durch Zulassung der fakultativen ersicherung. Er habe den Eindruck, daß man hier wieder ein Stück rein städtischer Gesetzgebung machen wolle. In Städten wie Berlin werde sich ja das Gesetz leicht durchführen lassen, aber auf dem Lande fehle es häufig an genügend ge⸗ schulten Gemeindebeamten. Bei dem leichteren Erwerb von Nahrungsmaterialen entspreche es der menschlichen Natur, dem Darbenden leichter mitzutheilen, und bei dem geringen Preise der Wohnungen u. s. w. erleide der ländliche Arbeiter durch eine vorübergehende Krankheit kaum eine finanzielle Schä⸗ digung. Wolle man das zu allgemeiner Befriedigung auf dem Lande hbestehende Naturalleistungssystem beseitigen, so könnte das böse Folgen haben. Er bitte daher, dem Antrag von Hertling zuzustimmen, schon weil derselbe vom Centrum ausgehe, also ziemlich sicher die Mehrheit erlangen werde.

Der Abg. Dirichlet erklärte, er halte es nicht für gut, in so wichtigen Fragen lediglich mit Rücksicht auf die zu bildende Majorität seine Stimme abzugeben. Der Abg. von Hertling sei, glaube er, von spezifisch süddeutschen Gesichtspunkten aus⸗ gegangen, die für den Osten Deutschlands paßten, wie die Faust aufs Auge. Der Abg. Hirsch habe sich nicht etwa für

eine weitere Ausdehnung des Zwanges ausgesprochen, sondern nur dafür, wenn man den Zwang einmal einführen wolle, den Zwang da einzuführen, wo derselbe am ersten hinpasse, und das sei bei den Landarbeitern. Der Beweis, daß die Lage

dieser letzteren besser sei, als die der industriellen Arbeiter, sei nicht erbracht. Die Schwierigkeiten mit den Deputaten u. s. w. ließen sich sehr leicht beseitigen, und wenn man vor diesen Schwierigkeiten zurückschrecke, dann sei es besser, man packe mit dem ganzen Gesetze ein, denn dergleichen Bedenken gebe es in jedem einzelnen Paragraphen. Die ärztliche Be⸗ handlung auf dem Lande sei nicht so gut, wie der Abg. von Minnigerode sie darstelle, ja meistens komme sie zu spät. Der ethische Grundgedanke des Gesetzes sei nicht, die Unter⸗ stützungslast anders zu vertheilen, sondern ganz neue Unter⸗ stützungen einzuführen, und dies sei auf dem Lande nöthiger, als in der Stadt. Welche Resultate erwarte man denn von derartigen Gesetzen? Die nächste Folge werde darin bestehen, daß die sozialdemokratische Bewegung direkt auf das Land übertragen und derselben eine größere Tragweite gegeben würde, als sie zur Zeit habe. Vor allen Dingen aber bitte er, wenn man nicht eine künstliche Kluft zwischen Land und Stadt schaffen wolle, den Antrag von Hert⸗ ling abzulehnen, womit er natürlich nicht gesagt haben wolle, daß er auch bei Annahme des §. 1 a. für das ganze Gesetz stimmen werde.

Der Abg. Dr. Gutfleisch befürwortete seinen Antrag. Es sei ein Erforderniß des sozialen Friedens, an dieser Stelle des Gesetzes nicht einen Klassengegensatz zu schaffen, der eine äußerst gefährliche Waffe der Agitation für den Unfrieden in der Bevölkerung abgeben müßte; darum wolle seine Partei die ländlichen Arbeiter, fast die Hälfte der gesammten Arbeiter⸗ bevölkerung, ebenfalls dem Zwange unterwerfen. Von irgend welchen besonderen Vorkehrungen zur Krankenpflege der länd⸗ lichen Arbeiter, wie sie der Bundesrathsvertreter gestern er⸗ wähnt habe, sei ihm aus seiner en geren Heimath Hessen nichts bekannt, wie ja auch der Vorredner dergleichen in Ostpreußen nicht als Regel kenne. Der Vorwurf legislatorischer Unbilligkeit dürfe ihn in keiner Weise treffen; sein Antrag wolle völlige Geichstellung für alle Ar⸗ beiter in Bezug auf das Maß des Zwanges und auf die Be⸗ fugniß der Gemeinden, sie von den Bestimmungen des Gesetzes zu eximiren. Man habe ihm entgegen gehalten, daß durch Annahme seiner Anträge das ganze Gesetz auf die höheren Behörden gestellt würde; das geschehe ja durch den §. 1a. der Kommissionsvorlage ohnehin für einen sehr großen Theil aller Arbeiter. Er habe auch vor den höheren Behörden so viel Achtung, daß er annehme, sie würden den Ausschluß⸗ beschluß einer Gemeinde nur aus rein sachlichen Gründen be⸗ stätigen. Er sei zu seinen Anträgen ebenso aus Interesse für die Landwirthschaft, wie aus Interesse für die Industrie ge⸗ kommen. Nehme das Haus seine Anträge nicht an, so er⸗ schwere man den einzelnen Gemeinden die Ausschlußbeschlüsse, denn nach dem jetzigen §. 1a. müßten diese, auch wenn die Landarbeiter ausgeschlossen seien, die kostspieligen und um⸗ ständlichen Versicherungsanstalten der manchmal wenigen in⸗ dustriellen Arbeiter wegen beibehalten; also sein Antrag erst gebe den Gemeinden die wirkliche Freiheit des Entschlusses wieder. Bei der großen Unsicherheit dieser ganzen Frage, müsse man diese ersten Schritte vorsichtig so thun, daß man, wenn der Erfolg ungünstig sei, ohne zu großen Schaden zurückgehen könne; seine Anträge würden das in dieser völlig unklaren Materie nöthige Sicherheitsventil geben, um den allzu großen Spannungen einen Ausweg zu schaffen. Darum bitte er, seinen Antrag anzunehmen.

Der Abg. Dr. Windthorst glaubte, daß die Diskussion genug Material für die Beurtheilung dieser Sache ergeben habe, und eine weitere Berathung nur wenig Erfolg haben könne. Seine Partei müsse auf den Antrag des Abg. von Hertling einen ganz entscheidenden Werth legen, und er be⸗ tone: werde der Antrag von Hertling nicht angenommen, und gar der Zusatz genehmigt, welcher in dem Antrage Dr. Ham⸗ macher enthalten sei, so werde das Centrum sich veranlaßt sehen, mit großer Majorität gegen das ganze Gesetz zu stimmen. Dasselbe sei gemacht für die Arbeiter, welche nicht zu den länd⸗ lichen Arbeitern gehörten, die Bestimmungen des Gesetzes hätten sich aus diesem Gedanken entwickelt. Bei der Verschiedenheit der ländlichen Interessen in den verschiedenen Staaten sei es zweifelhaft, ob das Gesetz in seiner jetzigen Gestalt auf ganz Deutschland Anwendung finden könnte, wolle man für die sämmtlichen Arbeiter eine ähnliche Vorsorge treffen, wie es hier für die industriellen Arbeiter geschehen sei. Er habe sich gewundert, daß die Herren von der Linken für die Aus⸗ dehnung des Versicherungszwanges auf die landwirthschaft⸗ lichen Arbeiter seien, obwohl sie das ganze Gesetz für schlecht hielten. Sei das Gesetz nicht gut, so müßten sie konsequenter Weise auch gegen die Ausdehnung sein. Das Gesetz müsse also doch nicht so schlimm sein. 8

Der Abg. Winterer betonte, das Haus sollte für den Versiche⸗ rungszwang nur eintreten, wenn ein dringendes Bedürfniß vorläge. Die Elsässer vermöchten die Nothwendigkeit eines Zwanges für ihren Landestheil überhaupt nicht einzusehen. Die dortigen landwirthschaftlichen Arbeiter seien so gestellt, daß sie im Falle der Krankheit nicht ohne Hülfe seien. Eine Noth trete nur in Ausnahmefällen ein, und wegen dieser Ausnahmen brauche man keinen Zwang einzuführen.

Der Abg. Dr. Buhl wandte sich gegen einzelne Aeuße⸗ rungen der Vertreter der verbündeten Regierungen, und ging dann ausführlich auf die Kommissionsberathungen des Gesetzes zurück. Er bitte schließlich, entgegen der Anschauung seines Freundes Eberty, für den Antrag von Maltzahn zu stimmen. Er halte, wenn der Antrag auf Ausschließung der ländlichen Arbeiter nicht zur Annahme gelangen sollte, in Folge der sich aus dieser Ablehnung ergebenden Konsequenzen das ganze Gesetz für unannehmbar. Die Herren von der Rechten nähmen sich mit Vorliebe der ländlichen Arbeiter an. Es sei nun doch eine eigenthümliche platonische Liebe, wenn sie nun sagten, das Haus möchte den Versicherungszwang für die industriellen Arbeiter annehmen, aber die ländlichen Arbeiter damit ver⸗ schonen. Wenn man diese ausschließe, so müsse man auch einen großen Theil der Fabrikarbeiter ausschließen, denn bei diesen beständen dieselben Schwierigkeiten. 1

Der Abg. von Kleist⸗Retzow erklärte, wenn das Zustande⸗ kommen des Gesetzes in Frage komme, so träten für ihn alle Bedenken in den Hintergrund. Ein Gesetz solle ja nicht positiv

die Vermögensverhältnisse des Arbeiters verbessern, die ganze soziale Gesetzgebung bezwecke nur, relativ der jetzigen gedrück⸗ ten Lage des Arbeiterstandes abzuhelfen. Wenn die Herren auf der Linken sich diesem Bestreben immer widersetzten, so hätten sie den Zopf, den die Linke immer an der Rechten zu sehen glaube. Der Arbeiter habe nur so viel Lohn, daß der⸗ selbe die nothwendigsten Bedürfnisse seiner Familie befriedigen, nicht aber für den Nothsall sparen könne. Dies gelte von dem ländlichen Arbeiter ebensowohl, wie für den industriellen Arbeiter. Wenn man überhaupt wolle, daß den ländlichen Arbeitern eine gute Krankenpflege gewährt werden solle, so müsse man den Zwang auch auf diese ausdehnen. Er müsse sich deshalb gegen den Antrag Hertling und für den §. 1 a. im Prinzip erkären. Die Schwierigkeiten, welche man in der Ausführung der Bestimmung vermuthe, könne er nicht finden. Die Ge⸗ meindevorsteher und Bauern würden sich bei ihrer bekannten Findigkeit und Geschicklichkeit sehr leicht hineinfinden. Da nun aber die Regierung die Annahme des Gesetzes von der Ablehnung des §. 1a. abhängig gemacht habe, so möchte er seinerseits das Zustandekommen desselben nicht gefährden, möchte aber bitten, sich über den Vermittelungsantrag Ham⸗ macher⸗Maltzahn zu erklären. Er würde eventuell für den⸗ selben stimmen.

Hierauf nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath Ge⸗ heime Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmann das Wort:

Meine Herren! Nach der Erklärung des Hrn. Abg. Windthorst über den Antrag Hammacher und Genossen sehe ich den Versuch, durch diesen Antrag die Bedenken der verbündeten Regierungen gegen den §. 1 a. zu beseitigen, als mißlungen an; denn ich glaube, daß ohne die Freunde des Hrn. Abg. Windthorst, wenn dieser Paragraph angenommen werden sollte, das Gesetz keine Aussicht hat, angenom⸗ men zu werden. Das allein würde es den verbündeten Regierungen schon unmöglich machen, sich auf diesen Weg zu begeben.

Ich nehme aber auch keineswegs Anstand zu erklären, daß nach meiner Auffassung das Bedenken, welches gestern vom Bundesraths⸗ tische gegen §. 1 a. erhoben wurde, durch die Annahme dieses Antrages nicht vollständig beseitigt werden würde. Ich kann also, meine Herren, nur wiederholen, was ich bereits bei der zweiten Berathung gesagt habe, nämlich die Bitte, dem §. 1 a, abzulehnen und dann den §. 2 nach Maßgabe der Anträge des Hrn. von Hertling zu gestalten. Ich will in eine weitere Erörterung der Gründe und Gegenstände nicht noch einmal eintreten, ich will nur die verbündeten Regierungen gegen einzelne Bemerkungen, die im Laufe der Debatte gegen ihren Standpunkt gemacht sind, ver⸗ wahren.

Meine Herren! Es ist heute von jener Seite wiederholt ausge⸗ sprochen, daß die ganze Regelung, wie sie von den verbündeten Re⸗ gierungen vorgeschlagen sei, eine Klassengesetzgebung sei, daß sie gegen den Grundsatz der Gleichheit Aller vor dem Gesetze verstoße. Von anderer Seite ist das auch in der Form zum Ausdruck gebracht, daß man gesagt hat, es sei doch eine eigenthümliche Sache, wenn man den Versicherungszwang als eine Wohlthat hinstellte und ihn dann doch für einzelne Klassen der Bevölkerung nicht wolle. Meine Herren, es kann eine Institution sehr wohl eine Wohlthat sein, und die Verhältnisse können doch so liegen, daß diese Einrichtung für einzelne Klassen, auf die sie im Allgemeinen anwendbar sein würde, entwede deshalb nicht ins Leben gerufen werden werden kann, weil sie dieselben nicht durchführbar ist, oder weil hier besondere Verhältniss vorliegen, welche die wohlthätige Wirkung ausschließen.

Nun, meine Herren, hat, glaube ich, der ganze Verlauf der De⸗ batten über diesen Paragraphen zur Genüge gezeigt, daß auch in diesem Hause die Ansichten nach so vielen Seiten auseinandergehen, daß schon daraus gegen die Richtigkeit der Regelung, die in dem §. 1 beabsichtigt wird, ein gewisser Zweifel hervorgeht. Es ist auch, glaube ich, allgemein anerkannt, daß die Arbeiterverhältnisse auf dem Gebiete der Landwirthschaft in Deutschland außerordentlich viel mannigfaltiger sind als guf dem Gebiete des gewerblichen Lebens, und daß es deshalb für die Gesetzgebung ungleich schwerer ist, eine allgemeine Regelung für das Gebiet der landwirthschaftlichen Arbeiter zu treffen, als für dasjenige der gewerblichen Arbeiter. Meine

erren! Bedenken Sie, daß dazu noch der besondere Umstand hinzu⸗ kommt, daß gerade diejenige Materie, um die es sich hier handelt, für die gewerblichen Arbeiter bereits eine lange Geschichte hat, während die Krankenversicherung für die landwirthschaftliche Arbeiter⸗ bevölkerung bis jetzt so gut wie unbekannt ist. Die bisherige Ent⸗ wickelung hat für die gewerblichen Arbeiter nicht nur die geeigneten Formen für die Krankenversicherung bereits klar gestellt, sondern sie hat auch durch das Mittel der ortsstatutarischen Regelung den Ver⸗ sicherungszwang bereits zu einer bekannten und in vielen Kreisen be- reits eingebürgerten Institution gemacht. Ganz anders steht das auf dem Gebiete der Landwirthschaft, und, meine Herren, ich glaube, es ist doch die gesundeste Gesetzgebungspolitik, wenn die verbündeten Regierungen Ihnen jetzt vorschlagen, zunächst mit der Landwirthschaft denselben Weg zu gehen, den wir mit dem Gewerbe bisher ge⸗ gangen sind, nämlich zunächst für die Landwirthschaft auch die Mög⸗ lichkeit einzuführen, auf dem Wege der ortsstatutarischen Regelung den Krankenversicherungszwang zu begründen, wie das früher auf dem gewerblichen Gebiete geschehen ist.

Meine Herren! Es ist weiter der Vorwurf erhoben, es liege doch ein großer Widerspruch darin, wenn auf der einen Seite die verbündeten Regierungen an die Stelle der ortsstatutarischen Rege⸗ lung den allgemeinen gesetzlichen Zwang setzen wollen und auf der andern Seite für ein anderes Gebiet jene Regelung durch Ortsstatat wiedereinführen wollen, und es ist dem von anderer Seite hinzu⸗ gefügt, diese Regelung habe eigentlich nichts zu bedeuten; die orts⸗ statutarische Einführung des Versicherungszwanges für die ländlichen Arbeiter werde in Wirklichkeit nicht eintreten, da es theils denjenigen überlassen sei, die erforderlichen Beschlüsse zu fassen, welche ein Interesse daran hätten, daß solche Beschlüsse nicht zu Stande kämen, und da anderntheils die Gemeinden, welche ohne alle Einwirkung der Aufsichtsbehörden hierüber zu entscheiden hätten, sich wohl hüten würden, diese Institution bei sich einzuführen. Meine Herren, dieser Vorwurf ist den verbündeten Regierungen gegenüber durchaus ungerechtfertigt, denn in der Vorlage der verbündeten Regierungen und das möchte ich besonders dem Hrn. Abg. Dr. Gutfleisch erwidern ist vorgesehen eine subsidiäre Befugniß der höhern Verwaltungsbehörde, diese örtliche Regelung da, wo ein Bedürfniß dafür vorliegt, auch dann einzuführen, wenn eine ortsstatutarische Regelung nicht zu Stande kommt. Ich meine, meine Herren, nachdem uns gerade von der Seite, von welcher diese Vorwürfe hauptsächlich erhoben sind, im ganzen Verlauf der Kom⸗ missionsberathung fortwährend mit einer gewissen sittlichen Ent⸗ rüftung vorgehalten ist, daß die verbündeten Regierungen eine durch⸗ aus unzutreffende, geringe Meinung von der Thätigkeit der Gemeinde⸗ behörden hätten, so haben die Herren auf jener Seite durchaus kein Recht, gegen eine derartige Regelung nach der Seite hin Einspruch zu erheben, daß sie annehmen, die Gemeinden würden ihre Schuldigkeit nicht thun. Ich glaube, daß dieser Vorwurf durchaus anf die Herren zurückfallen würde, die in der Kommission und auch hier im Hause dafür gesorgt haben, daß die höhere Verwaltungsbehörde möglichst