Juli 1883 fälligen Coupons der Betrage von 900 000 Fl. bleiben daher 610 926 Fl. übrig, und beantragt der Verwaltungsrath, den Coupon mit 3 Fl. 30 Kr. einzulösen und den Rest von 16 926 Fl. dem Konto der außerordentlichen Reserve des garantirten Netzes zuzuschreiben. Der disponible Ueberschuß des Ergänzungsnetzes beträgt 1 402 435 Fl.; der Verwaltungsrath beantragt, hiervon eine Dividende von 10 Fl. für die Aktien Litt. B. zu vertheilen und den Rest von 52 435 Fl. in der nächstjährigen Rechnung vorzutragen. Die Anträge des Verwaltungsraths wurden debattelos angenommen. Ein weiterer Antrag des Verwaltungsraths, wonach derselbe ermächtigt wird, mit der Regierung wegen Konzessionirung einer Eisenbahn zur direkten Verbindung der Elbelinie mit der Linie Lissa⸗ Prag in Verhandlung zu treten und diese Linie auszuführen, wurde gleichfalls angenommen. Bezüglich der Begebung des Restes der Aktien Litt. B. im Betrage von 3 Millionen Gulden wurde der Verwaltungsrath ermächtigt, die noch im Portefeuille der Gesellschaft befindlichen 15 000 Aktien Litt. B. nach Ermessen entweder auf ein Mal oder successive zu begeben und den eventuellen Agiogewinn dem außerordentlichen Reservefonds des Ergänzungsnetzes zuzuweisen. New⸗York, 28. Mai. (W. T. B.) Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach Großbritannien 63 000, do. nach Frank⸗ reich 30 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 7000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 21 000 Qrtrs
Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 31. Mai. (W. T. B.) Der Dampfer „Suevia“ von der Hamburg⸗Amerikanischen Packet⸗ fahrts⸗Aktiengesellschaft ist gestern in New⸗Pork eingetroffen.
Triest, 31. Mai. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ettore“ ist heute Vormittag aus Konstantinopel hier eingetroffen.
Einlösung des am 1. Stammaktien bestimmten
Berlin, 31. Mai 1883.
“ v“ Der gestern erwähnte, von den Vereinigten Kreissynoden Berlins abgelehnte Antrag Bartsch hatte folgenden Wortlaut:
Die vereinigten Kreissynoden wollen unter Ablehnung des An⸗ trages des Vorstandes zu Nr. 7 der Tagesordnung, die kirchlichen Nothstände Berlins betreffend, beschließen: W
In Erwägung, daß die in Berlin bestehenden kirchlichen Noth⸗ ftände dringend Abhülfe fordern, erklären die vereinigten Kreissynoden: I. Mit Erfolg kann diesen Nothständen nur durch einmüthiges Zu⸗ sammenwirken der zuständigen Behörden, sowie der verfassungs⸗ mäßigen kirchlichen Gemeinde⸗Organe und synodalen Körperschaften Berlins abgeholfen werden. — II. Als geeignetes Mittel zur Abhülfe empfiehlt sich vornehmlich die Gründung von Tochterkirchen oder die Bildung neuer Parochien und, um deren Errichtung zu erleichtern, die Erhebung kirchlicher Umlagen zu dem im Artikel 8 Nr. 2 b. des Kirchenverfassungsgesetzes vom 3. Juni 1876 näher bezeichneten Zwecke. — III. Bei Bewilligung solcher Umlagen wird voraus⸗ gesetzt, daß die Gründung von Tochterkirchen und die Bildung und Abgrenzung neuer Parochien nicht ohne Anhörung der vereinigten Kreissynoden erfolgen werde. — IV. Der Vorstand wird beauftragt, behufs Gründung von Tochterkirchen und Neubildung von Parochien mit den zuständigen Behörden ins Benehmen zu treten und erhält zu gleich die Ermächtigung, an etwaigen hierauf gerichteten Berathungen der Behörden, nöthigenfalls unter Zuziehung des geschäftsführenden Ausschusses, theilzunehmen; über deren Ergebniß erwarten die ver⸗ einigten Kreissynoden demnächst Bericht.
ö““
Der Ausschuß der Hygiene⸗Ausstellung hat die Einrich⸗ tung getroffen, daß Einlaßkarten zum Besuche der Ausstellung in beliebiger Anzahl im Bureau der Ausstellung erhoben werden können, so daß hierdurch das Publikum in die Lage gesetzt ist, eine größere Anzahl Einlaßkarten sich zu kaufen, welche dann, mit Ausnahme des Donnerstags, für jeden Tag Gülrigkeit haben. An Donnerstagen be⸗ rechtigt die Abgabe zweier solcher Karten zum Eintritt. Wie uns mit⸗ getheilt worden, ist es mehrfach versucht worden, unter Benutzung personel⸗ ler Dauerkarten den Eintritt Unberechtigter zu ermöglichen. Nach den vom Ausschuß hierüber getroffenen Bestimmungen werden derartige fälschlich verwendete Dauerkarten sofort eingezogen; außerdem hat der Betreffende den zehnfachen Tagespreis zu zahlen und noch die gesetzlichen Strafen zu gewärtigen. Der Ausschuß ist gewillt, nach dieser Richtung hin im Interesse des Publikums und der Verwaltung der Ausstellung unnachsichtig vorzugehen; es haben bereits, zum Bedauern des Aus⸗ schusses, einige Einziehungen von Dauerkarten geschehen müssen.
Auf den Beschluß des Saͤchsischen Gemeindetages, die Ueber⸗ tragung von Spargeldforderungen von einer Orts⸗ sparkasse auf die andere betreffend, baben sich zunächst zahl⸗ reiche sächsische Sparkassenverwaltungen bis auf Weiteres bereit erklärt, um denjenigen Sparern, welche am Sitze oder im Bezirke ihrer Verwaltung einen dauernden Aufenthalt genommen haben und im Besitze eines Sparkassenbuchs von einer deutschen Sparkasse sich befinden, die Uebertragung ihrer Spargeldforderungen auf die Spar⸗ kasse ihres neuen Wohnsitzes oder auch die Erhebung ihrer For⸗ derungen zu erleichtern, die Sparkassenbücher derselben gegen Beschei⸗ nigung in Empfang zu nehmen, solche an die Sparkasse, welche sie ausge⸗ geben hat, zur Zahlung einzusenden und, sobald letztereerfolgt ist, dem In⸗ haber der Empfangsbescheinigung entweder ein Sparkassenbuch ihres neuen Wohnsitzes, in welchem das nach Kürzung der Auslagen an Porto ꝛc verbliebene Guthaben eingetragen ist, oder, auf Wunsch, auch letz⸗ teres unentgeltlich zu verabfolgen. ie Redaktion der „Deutschen Gemeinde⸗Zeitung“ in Berlin⸗Charlottenburg hat sich auf Wunsch des Vorstandes des Sächsischen Gemeindetages bereit erklärt, neue und fortgesetzte Beitrittserklärungen fernerer sächsischer und anderer deutscher Sparkassenverwaltungen zu der vorgedachten Sparkassen⸗ vereinbarung entgegenzunehmen und solche sofort und alljährlich in einer alphabetischen Gesammtübersicht kostenfrei im „Deutschen Ge⸗ meinde⸗Anzeiger“ zu veröffentlichen. Der Letztere liegt der „Deut⸗ schen Gemeinde⸗Zeitung“ unentgeltlich bei und ist außerdem auch, noch für 1 ℳ halbjährlich durch alle Postanstalten besonders zu beziehen.
Der Verein Concordia« hatte einen Preis für die beste Arbeit über Einrichtung von Arbeiterwohnungen ausgeschrieben, und das aus den Herren Geheimen Regierungs⸗Rath Finkelnburg⸗ Bonn, Geheimen Kommerzien⸗Rath. Baare⸗Bochum, Dr. Börner⸗ Berlin, Stadtbaumeister Kreyßig⸗Mainz, Bauinspektor Braun, Mit⸗ glied der Königlichen Bergwerks⸗Direktion Saarbrücken zusammen⸗ gesetzte Preisgericht dem Architekten Schmölcke⸗Holzminden den ersten Preis einstimmig zuerkannt. Diese Preisschrift ist nunmehr im Verlage von Emil Strauß in Bonn unter dem Titel: „Das Wohnhaus des Arbeiters“, eine Anleitung zur Herstellung billiger, solider und gesunder Arbeiterwohnungen in den Städten und auf dem Lande, mit 12 lithographirten Tafeln, enthaltend 9 DOriginal⸗Entwürfe, Situationspläne und Details, er⸗ schienen. Sie zerfällt in einen ersten Theil, worin die allgemeinen Grundsätze, welche bei der Anlage von Arbeiterwohnungen maßgebend sind, entwickelt werden (und zwar behandelt Kap. 1 die Lage der Arbeiterwohnungen, Kap. 2 Disposition, Größe und Ein⸗ richtung der einzelnen Räume, Kap. 3 Jsolirung, Heizung und Ven⸗ rilation, Kap. 4 die Wahl der Baumaterialien und die Bauausfüh⸗ rung) und in einen zweiten, der zunächst die Beschreibung der Ent⸗ würfe auf den 12 Tafeln, sodann die Kostenvoranschläge zu denselben, ferner einen vische über Einheits⸗ und Einzelpreise, sowie eine Vergleichungstabelle der Gesammtpreise und der Preise der Quadrat⸗ meter sowie endlich eine Erläuterung der Situationspläne enthält.
Das Maiheft von „Petermanns Mittheilungen aus Justus Perthes' Geographischer Anstalt“ (herausgegeben von Dr. E. Behm, Verlag von Justus Perthes in Gotha) bringt die anziehend geschriebene Schilderung einer Forschungsreise durch Ober⸗Siam und Lao, von Bangkok nach Kiang⸗Tsen, welche Karl Bock in der Zeit vom November 1881 bis Juni 1882 ausgeführt hat. Die Gegend um Kiang⸗Tsen erklärt der Reisende für die schönste, die er auf seinen Touren in Hinterindien an⸗ getroffen. Hinter der Niederlassung, weit in das Ngiau⸗ Land sich erstreckend, erheben sich Berge, Terrasse über Terrasse, Kette über Kette, während in Komo, dem Lande an der linken Seite des Mekong, das sich bis an die Grenze von Tonking erstreckt, Hügel und Thäler mit prachtvollen Wäldern bekleidet sind, deren Teak⸗ bestände und endlose Varietäten gummiliefernder Bäume bei geeigneter Bewirthschaftung eine Quelle enormen Reichthums abgeben müßten. Um zu entscheiden, ob eine Wasserstraße existirt, auf welcher das Bauholz bis zur Küste hinabgeflößt werden könnte, müßte freilich eine sorgfältige Aufnahme des Landes vorgenommen werden. Eine Skizze der Reiseroute des Verfassers ist nach seiner eigenen Aufnahme dem Bericht eingedruckt. — Dann folgt Fortsetzung und Schluß der Beschreibung der Reise, welche Dr. B. Hagen nach dem Tobah⸗Sece in Centralsumatra ausgeführt hat. Der Reisende schil⸗ dert darin, so fesselnd wie im ersten Theil, die Tour über das Plateau von Tobah und an den Tobah⸗See, den mittelst Boot zu umfahren, ihm zu seinem Bedauern jedoch nicht vergönnt war. Die Flora und Fauna berücksichtigt Dr. Hagen ebenso eingehend wie die ekhnographischen Eigenthümlichkeiten der Bewohner des Landes, die zum Theil noch Anthropophagen sind. — Ein hervorragendes aktuelles Interesse hat sodann auch die Uebersicht der neueren For⸗ schungen im Congo⸗Gebiet und der Versuche, welche von verschiedenen Seiten angestellt worden sind, um den schiffbaren Mittellauf des Congo theils durch Umgehung, theils durch Beseitigung der haupt⸗ sächlichsten Hindernisse, die der regelmäßigen Verbindung zwischen Küste und Binnenland entgegenstehen, zu erreichen; nämlich zunächst Savorgnan de Brazza's Forschungen zwischen Ogowe und Congo in den Jahren 1879 bis 1882, Stanley’s Thätigkeit am unteren Congo, in demselben Zeitraum, und die Bestrebungen der englischen Missionare in diesem Gebiet. Als Vorgeschichte zu den etwa sich wegen verschiedenseitiger Ansprüche auf das Congo⸗ gebiet ergebenden politischen Streitigkeiten dürfte der Artikel, der in diesem Heft noch nicht beendigt ist, Beachtung verdienen, zumal demselben eine große Uebersichtskarte der neuesten Forschungs⸗ reisen im äquatorialen Westafrika (Maßstab 1: 5 000 000) beige⸗ geben ist, auf welcher auch bereits die Expeditionen des Majors von Mechow sowie von Pogge und Wißmann eingetragen sind. — Den Schluß der Beiträge bildet eine Schilderung der 1882 von E. Giles durch die Wildnisse von Süd⸗Australien ausgeführten Reise. Dieselbe erstreckte sich duech das Gebiet im Westen des Peake bis zum Ferdinand⸗Fluß und den Everard⸗Bergen sowie von dort nach dem Alberga⸗Flusse. Ihre Ergebnisse füllen wieder eine Lüpe auf der Karte des jüngsten Welttheils aus. — Endlich bringt das Maiheft noch den Bericht über den in den 3 letzten Tagen des März in Frankfurt a. M. abgehaltenen diesjährigen deutschen Geographentag. — Aus dem Geographischen Monatsbericht verdienen die von dem Vorsteher des russischen Observatoriums in Pecking, Dr. Hermann Fritzsche mitgetheilten geographischen und hypso⸗ metrischen Bestimmungen über das Gebirge westlich von Pecking und im nördlichen China, sowie die von Juan Maria Schuver an die Redaktion eingesandten Notizen zu seiner Karte Erwähnung.
Düsseldorf, 20. Mai. XVI. Jahresfest des Rhei⸗ nischen Sängervereins. Das Programm für das am 3. Juni d. J., Abends 6 Uhr, im Kaisersaale der Städtischen Tonhalle hier⸗ selbst unter Leitung des Königlichen Musikdirektors Hrn. Julius Tausch und unter Mitwirkung der Concertsängerinnen Frl. Chriftine Coling und Frl. Wally Schauseil aus Düsseldorf (Sopran), des Opernsängers Hrn. Carl Scheidemantel aus Weimar (Bariton), sowie des verstärkten Städtischen Orchesters (Harfe: Frl. Brunhilde Böhner aus Cöln) stattfindende große Vocal⸗ und Instrumental⸗Concert des Rhei⸗ nischen Sängervereins („Aachener Liedertafel“, „Bonner Concordia“, „Coblenzer Concordia“, „Crefelder Liedertafel“, „Düsseldorfer Städt⸗ scher Männergesangverein“, „Cölner Männergesangverein“ und „Neußer Städtischer Männergesangverein“) ist nunmehr definitiv, wie folgt, festgesetzt: I. Theil. 1) Fest⸗Quvertüre (A-dur) von Raff. 2) Liede⸗ für Männerchor a capella (Gesammtchor des Rheinischen Sänger⸗ vereins): a. Frühlingsnahen, von Kreutzer, b. Wasserfahrt, von Mendelssohn, c. Frühlingszeit, von Wilhelm. 3) Lieder für Sopran (Fräulein Christine Coling): a. Morgens am Brunnen, von Jensen, b. Frühlingsnacht, von Schumann, c. Der Schelm, von Reinecke. 4) Einzelvortrag des Städtischen Männerzesangvereins zu Neuß (Dirigent: Herr Musik⸗Direktor Wilh. Schausecl): a. Gondelfahrt, von Gade, b. „Sonne taucht in Meeresfluthen“, von Herbeck, c. Rheinweinlied, von Mendelssohn. 5) Scene und Arie des Lysiart („Wo berg' ich mich“) aus der Oper „Euryanthe“ von K. W. von Weber (Hr. Karl Scheidemantel). 6) Recitativ und Arie (Nun beut die Flur“) aus dem Oratorium „die Schöpfung“ von Haydn (Frl. Wally Schauseil). 7) „Rheinfahrt“, Dichtung von K. Siebel, für Bariton⸗Solo, Männerchor und Orchester für das Fest komponirt von Julius Tausch (Bariton⸗Solo: Hr. Karl Scheide⸗ mantel). — II. Theil: „Die Hunnenschlacht“, für Soli (Sopran und Bariton), Männerchor und Orchester gedichtet und komponirt von Heinrich Zöllner (Sopran⸗Solo: Frl. Wally Schauseil, Bariton⸗ Solo: Hr. Karl Scheidemantel).
Regeln für die in Moskau stattfindende Ausstellung
und den Konkurs von Maschinen und Werkzeugen,
welche bei der Gewinnung und Bearbeitung des Torfes gebraucht werden.
I. Um die relativen Vorzüge der bestehenden Verfahren zur Ge⸗ winnung von Torf und dessen maschinellen Bearbeitung beurtheilen zu können, veranstaltet das Departement für Agrikultur und land⸗ wirthschaftliche Gewerbe des Kaiserlich russischen Domänen⸗Mini⸗ steriums im August 1883 eine Ausstellung und einen Konkurs von Maschinen und Werkzeugen, die in der Torfindustrie gebraucht werden. Die Prüfung der Maschinen wird auf einem unweit Moskaus gele⸗ genen Torfmoore stattfinden. 8
II. Zu dieser Ausstellung werden von russischen, sowie auch von ausländischen Ausstellern folgende Gegenstände angenommen:
1) Maschinen zur Ausarbeitung des Formentorfes und zur Be⸗ arbeitung der Torfmasse, mit Dampf⸗, Pferde⸗ und Handbetrieb; 2) Maschinen und Werktische für die Handbearbeitung von geschnit⸗ tenem und formirtem Torfe; 3) Werkzeuge und Vorrichtungen, die bei der Gewinnung des Torfes gebraucht werden: Eleva⸗ toren, Uebertragungsmaschinen, Waggons, Karren, Körbe, Formen, Werkzeuge zum Schneiden der Torfsoden u. f. w.; 4) Instrumente, die bei der Untersuchung der Torfmoore gebraucht werden: Sonden, Bohrer, Körbe zur Aufbewahcung der rohen Torfmassen, Ueber⸗ tragungspumpen, geodätische Instrumente u. s. w.; 5) Werkzeuge und Instrumente, die zum Herausziehen, Bearbeiten und Schneiden des Torfes dienen, Wasserablaßmaschinen, Hacken, Spaten; 6) Torfmuster in natürlichem und bearbeitetem Zustande; 7) Produkte der trockenen Destillation des Torfes, Torfcoaks; 8) Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Modelle von mit Torf zu heizenden Defen; Modelle von Maschinen und anderen Vorrichtungen; Werke über die Torfindustrie; 9) zu sanitären Zwecken dienende Gegenstände für Torfarbeiter, wie Gummiartikel, Filter, Schuhwerk u. s. w.; 10) in Torflagern sich vorfindende Gegenstände und Pflanzen der Torfgruben.
III. Zur Verwaltung der Ausstellung und zur Leitung des Konkurses wird unter dem Vorsitz des Direktors der Staatsdomänen des Gouvernements Moskau ein Comité aus folgenden Personen gebildet: den Professoren der Technologie und Mechanik an der Kalserlichen Moskauer Technischen Hochschule und der Petrowschen Akademie für Landwirthschaft und Forstkultur, einigen Personen
(mindestens drei), die durch ihre praktischen Erfahrungen in der
Torfindustrie bekannt sind, und den Vertretern des Domänen⸗ Ministeriums und der Kaiserlichen Moskauer Landwirthschaftlichen Gesellschaft. Die Geschäftsführung wird vom Comité einem seiner Mitglieder anvertraut. 2
IV. Das Comité ist mit der Organisation der Ausstellung und des Konkurses, der Bestimmung des Eröffnungstermins derselben, der Ausarbeitung der “ und der Bestimmung der Experten, sowie der Beschreibung der Ausstellung und des Rechenschaftsberichts über den Konkurs beauftragt. 1
Bemerkung. Die Vorschriften für die Prüfung werden vom Comité vor der Eröffnung der Ausstellung und des Konkurses bekannt gemacht. 3 8
V. In das Expertenverzeichniß werden Personen eingetragen, die praktisch und theoretisch mit der Torfindustrie vertraut sind. Dieses Verzeichniß wird dem Departement für Agrikultur und Landwirth⸗ schaft zur Bestätigung unterbreitet.
Bemerkung. Die Aussteller können nicht in das Expertenver⸗ zeichniß eingetragen werden. 1—
VI. Als Prämien werden vom Domänen⸗Ministerium 3 gol⸗ dene, 5 große und 10 kleine silberne und 15 bronzene Medeaillen be⸗ stimmt.
Bemerkung I. Die Prämienvertheilung nach Gruppen wird vom Comité vor der Eröffnung der Ausstellung und des Konkurses be⸗ kannt gemacht.
Bemerkung II. bauern von Maschinen verliehen werden.
VII. Anmeldungen zur Betheiligung an der Ausstellung und dem 1
Konkurse nebst einem genauen Nachweise über den Betrieb des resp Torflagers und der Maschinen und Apparate zu dessen Bearbeitung müssen bis zum 15./27. Juni 1883 an das Ausstellungs⸗Comité ein⸗ geliefert werden. VIII. Die Kosten des Transportes, der Aufstellung, sowie des Rücktransportes, der auszustellenden Gegenstände werden von de Ausstellern getragen. 8 IX. Die zur Ausstellung und dem Konkurse gelieferten Gegen⸗ stände müssen binnen 10 Tagen nach Schluß der Ausstellung von den Ausstellern entfernt werden. Die Aussteller werden ersucht, ihre Anmeldungen und Anfragen an das Ausstellungs⸗Comité in Moskau, p. A.: Direktion der Reichs domänen (Kleine Dmitrowka, im Hause des Grafen Wassiliew⸗ Schilowskpy) zu richten. N. B. Die Ausstellungsgegenstände müssen bis zum 15./27. Juli nach der Station „Obiralowka“ der Moskauer Nischny⸗Nowgorod⸗ bahn eingesandt werden.
Nach Beendigung der diesjährigen Frühjahrsübungen und Be sichtigungen der Infanterie⸗Truppentheile des Garde⸗Corps sind da 4. Garde⸗Regt. z. F. und das 3. Königin Elisabeth heute früh nach Spandau wieder abgerückt.
Das Füs.⸗Bat. des 2. Garde⸗Regts. z. F., welches für die
Dauer der Anwesenheit der vorgenannter beiden Regimenter hier⸗ selbst zur Wahrnehmung des Wachtdienstes nach Spandau komman-
dirt war, ist von dort heute Vormittag wieder hierher zurückgekehrt.
Im Königlichen Opernhause hat der von den Cölner sehr hochgeschätzte Heldentenor des dortigen Stadt⸗Theaters, Hr. Götze, vor einigen Tagen unter außerordentlichem Beifall ein Gast⸗ spiel als Lyonel in Flotows „Martha“ begonnen und dasselbe sodann als „Lohengrin“ singern“ von Richard Wagner fortgesetzt. Die Werthschätzung, welche
ihm an der Stätte seines Wirkens schon seit geraumer Zeit zu Theil wird und seinen Ru’ bereits hierher vorausgetragen hatte, hat durch die hier gebotenen Proben sich als durchaus wohlberechtigt F äußere
Der Künstler verfügt nicht nur über eine imponirende Erscheinung, sondern auch über schöne, wohl ausgebildete Stimmmittel
Die letzteren sind jedoch ihrem Charakter nach mehr lyrischer al
dramatischer Art, und so war es erklärlich, daß er mit seiner Auf
fassung und Darstellung des Lohengrin, für den unser Niemann mit seiner mehr d Helden nun einmal eine wahrscheinlich für alle Folge traditionelle Gestalt geschaffen hat, hier nicht eines ebenso enthusiastischen Beifalls sicher sein konnte als da, wo zu einem Vergleich der an sich vortreff⸗ lichen Leistung kein Anlaß war.
hört worden ist. Für viele Schönheiten dieser deutschesten Oper ging dem Hörer durch die prachtvoll fließende Cantilene des Gastes geradezu
erst das rechte künstlerische Verständniß auf, so daß der Abend zu einem
äußerst genußreichen wurde, wenn auch die übrige Besetzung nicht die ersten Kräfte aufzuweisen hatte. Es ging trotzdem ein frischer Zug durch die Aufführung, und Hr. Schmidt als Sachs, Hr. Fricke als Pogner, Hr. Oberhauser als Beckmesser, Hr. Krolop als Kothner, Frl. Pollack als Eva und Frl. Horina als Magdalena thaten alles Mögliche. Das ausverkaufte Haus folgte ungeachtet der herr⸗ schenden tropischen Hitze dem Verlauf der wohlgelungenen Vorstellung mit unablässigem Interesse und überschüttete den Gast mit Beifall, an dem auch die heimischen Mitglieder partizipirten. Wie sehr hat sich doch die Meinung des Publikums in Bezug auf dieses, an⸗ fänglich so unverständig geschmähte Lieblingswerk des dahingegangenen Tondichters geändert! 1 8
— Im Krollschen Theater setzte der Kaiserliche Kammer⸗ sänger Hr. Scaria aus Wien sein am Sonntag mit dem Bertram in „Robert der Teufel“ so beifällig begonnenes Gastspiel gestern mit dem Fallstaf in den „Lustigen Weibern“ von Nicolai fort und erntete auch mit der humorvollen Darstellung dieser Rolle die reichsten Ehren. Sein prächtiger Baß war vorzüglich disponirt und riß die Hörer namentlich in dem Duett mit Fluth: „Wie freu' ich mich“ zu nicht endenwollendem Applaus hin, so daß dasselbe da capo gewährt werden mußte. Auch mit dem Trinkliede im zweiten Akt entfesselte der berühmte Gast Stürme des Beifalls. Von den Angehörigen der Bühne wurde derselbe sehr anerkennenswerth unterstützt: als Frau Fluth erfreute Fr. Norbert⸗Hagen gleichmäßig durch munteres Spiel und ein sympathisches, ihr in den Koloraturen sicher gehorchendes Organ; während Hr. Heine als Fluth seinen schönen Baryton nament⸗ lich in dem schon erwähnten Duett mit Hrn. Scaria zu vollem Glanz entfaltete. Auch der Fenton hatte in Hrn. Schreiber, einem jungen, talentvollen Tenoristen, mit schönen Mitteln und sorgfältig geschulter Vortragsweise, einen recht guten Vertreter. Der große Königssaal war trotz des prachtvollen Frühlingsabends, der zum Verweilen in dem schönen, glänzend erleuchteten Park einlud, dicht gefüllt. Nach Schluß der Oper aber bewegte sich auf den Promenaden des letzteren bei den Klängen des Doppelconcerts noch lange ein animirtes Publikum, das, zum nicht geringen Theil aus fremden Besuchern der Hygiene⸗Ausstellung bestehend, darin einig war, daß das prächtige Krollsche Etablissement noch immer seines Gleichen suche. — Die dritte Gastrolle des Hrn. Emil Scaria wird der „Marcel“ in den „Hugenotten“ sein, welche morgen mit Frl. Hermine Bäly als Königin, Frl. Engel⸗Angely als Valentine und Hrn. Milenz als „Raoul“ zur Aufführung kommen.
— Belle⸗Alliance⸗Theater. Von der Posse „Der Jongleur“ findet morgen die letzte Aufführung statt. Am Sonn⸗ abend geht „Robert und Bertram“ von G. Raeder mit Hrn. Engels als Bertram in Scene. Auch diese Gesangsposse ist aufs Sorgfäl⸗ tigste einstudirt.
. Redacteur: Riedel. Berlin: Verlag der Expedition (Kessel).
Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage)
Die Prämien können nur Erfindern und Er⸗
Garde⸗Gren.⸗Regt.
und als Walther von Stolzing in den „Meister⸗
schauspielerisch⸗deklamatorischen Interpretation dieses
Dagegen muß man eingestehen, daß eine gleich vollendete Interpretation des Walther hier noch nicht ge⸗
125.
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Donnerstag, den 31. Mai
1883.
Richtamtliches.
Preußen. Berlin, 31. Mai. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (91.) Sitzung des Reichstags wurde die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, auf Grund der Zusammenstellung der in zweiter Berathung über den⸗ selben gefaßten Beschlüsse mit §. 56 fortgesetzt.
Der §. 56 lautet nach den Beschlüssen der zweiten Lesung:
Beschränkungen, vermöge deren gewisse Waaren von dem Feil⸗ halten im stehenden Gewerbebetriebe ganz oder theilweise ausge⸗ schlossen sind, gelten auch für deren Feilbieten im Umherziehen.
8 “ vom Ankauf oder Feilbieten im Umherziehen sind:
1) geistige Getränke, soweit nicht das Feilbieten derselben von der Orts⸗Polizeibehörde im Falle besonderen Bedürfnisses vorüber⸗ gehend gestattet ist;
2) gebrauchte Kleider, gebrauchte Wäsche, gebrauchte Betten und gebrauchte Bettstücke, insbesondere Bettfedern, Menschenhaare, Garnabfälle, Enden und Dräumen von Seide, Wolle, Leinen oder Baumwolle;
3) Gold⸗ und Silberwaaren, Bruchgold und Bruchsilber, sowie Taschenuhren;
4) Spielkarten;
5) Staats⸗ und sonstige Werthpapiere, Lotterieloose, Bezugs⸗ und Antheilscheine auf Werthpapiere und Lotterieloose;
6) erxplosire Stoffe, insbesondere Feuerwerkskörper, Schieß⸗ pulver und Dynamit;
7) solche mineralische und andere Oele, welche leicht entzünd⸗ ich sind, insbesondere Petroleum, sowie Spiritus;
8) Stoß⸗, Hieb⸗ und Schußwaffen;
9) Gifte und gifthaltige Waaren, Arznei⸗ und Geheimmittel.
Ausgeschlossen vom Feilbieten im Umherziehen sind ferner:
10) Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke, welche mittelst Zusicherung von Gewinnen oder Prämien vertrieben werden, sosern diese Gewinne oder Prämien nicht in Schriften oder Bild⸗ werken bestehen.
Dieser Paragraph wurde in zwei Theilen getrennt dis⸗ kutirt.
Zum ersten Theil Nr. 1—9 hatten die Abgg. Dr. Baum⸗ bach, Richter (Hagen) und Gen. folgenden Antrag gestellt:
Der Reichstag wolle beschließen:
zu Artikel 10 §. 56:
im §. 56 Ziffer 3 die Worte „Gold⸗ und Silberwaaren“ und die Worte „sowie Taschenuhren“ zu streichen. 8
Der Abg. Dr. Baumbach befürwortete seinen Antrag. Er bitte, im Interesse vieler kleinen Handwerker, welche die Gold⸗ und Silberwaaren selber anfertigten und dann persön⸗ lich an den Mann bräöchten, zu streichen; dieses Gewerbe sei ein durchaus legitimes, und es liege kein Grund vor, diese Leute, weil einige Unreelle darunter seien, zu beschränken.
Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) bat im Interesse des kleinen Publikums, die Worte beizubehalten; sowohl die Verführung zum Kauf, als auch die Möglichkeit einer Täu⸗ schung sei gerade bei diesen Waaren besonders groß.
Der Abg. Büchtemann erklärte, man dürfe doch nicht eine ganze Industrie stören, weil möglicherweise einige Leute ver⸗ führt oder betrogen werden könnten. Auch große Fabriken gäben ihre Waaren zum Theil an Hausirer ab.
Der Abg. Kochhann (Landsberg) bemerkte, wenn die Fa⸗ brikanten sich durch den Hausirhandel geschädigt fühlten, so hätte die Regierung schon auf Grund der bestehenden Ge⸗ werbeordnung Abhülfe schaffen können. Was die Täuschung betreffe, so müsse er sagen, daß die Dummen nie alle würden.
Der Abg. von Köller betonte, das platte Land werde dem Vorredner nicht dankbar für seine Ausführungen sein. Der Städter könne sich viel leichter gegen Betrug schützen, wenn er auch der Ueberzeugung sei, daß auf dem ganzen platten Lande nicht so viel betrogen werde, wie allein in der Stadt Berlin.
Der Abg. Dr. Blum erklärte im Interesse der Industrie für den Antrag Baumbach stimmen zu wollen.
Hierauf nahm der Bundeskommissar, Geheime Regierungs⸗ Rath Bödiker das Wort:
Meine Herren! Ich möchte Sie sehr bitten, daß Sie bei dem Beschluß der zweiten Lesung beharren möchten. Der Ausschluß der Gold⸗ und Silberwaaren, sowie der Taschenuhren beruht auf der Idee der Verhutung von Schwindeleien, wie der Hr. Ahg. Reichen⸗ sperger ganz richtig hervorgehoben hat, auf der Idee der Beseiti⸗ gung eines Anreizes zu Diebstahl, Hehlerei und Betrügereien aller Art. Das Bedenken des Hrn. Abg. Dr. Baumbach und des letzten Herrn Redners in Bezug auf den Vertrieb der Fabrikate der Städte, in denen unsere Gold⸗ und Silberwaarenindustrie blüht, erledigt sich durch den Hinweis auf §. 44, der mit dieser Sache in enger Verbindung steht. Dort ist ausdrücklich vorgeschrieben, daß der Bundesrath die Befugniß hat, denjenigen Vertretern von Fabrikationshäusern, die übungsmäßig Gegenstände von höherem Werthe, die im Stück verkaust zu werden pflegen, als Muster, Proben oder Waaren mit sich führen, es zu gestatten, diese Waaren an die Wiederverkäufer abzusetzen. Nun werden Sie doch zugeben, daß im Allgemeinen dieser Vertrieb der Bijouterien durch Reisende der betreffenden Fabrikations⸗ und Hand⸗ lungshäuser vorgenommen wird, nicht durch gewöhnliche Hau⸗ sirer. Wenn letzteres doch geschieht, so ist es ein Verfahren, welches in keiner Weise den Schutz der Gesetzgebung beanspruchen kann, eben mit Rücksicht darauf, daß ein solches Verfahren den Deckmantel abgeben kann für Schwindeleien, Betrügereien, Hehlereien in großem Maßstabe. Der legitime Geschäftsverkehr wird durch §. 44 voll⸗ kommen gedeckt und dem Bedürfniß wird dadurch entsprochen. — Meine Herren, der Hr. Abg. Büchtemann sagte: wenn sich die Ein⸗ zelnen betrügen lassen wollen, so mögen sie es thun, sie können ja aufpassen. Meine Herren, ich habe Ihnen bei der zweiten Lesung mitgetheilt, welcher Schwindel auf einem verwandten Gebiete ge⸗ trieben wird mit dem Aufsuchen von Bestellungen auf Staatspapiere, Antheilscheine und Loose. Gegen Reisende, welche solche Papiere vertreiben, wurde unter anderem auch wegen Betruges Anklage er⸗ hoben; aber von allen den beschwindelten Leuten — darunter Schullehrer, Bäcker, Gastwirthe, Schlosser u. s. w. — war nichts sicheres herauszubekommen zur genügenden Substanzirung der Anklage; in dem Urtheile heißt es: Ueberhaupt konnte auf die Aussagen der Zeugen nach dieser Richtung hin nichts gegeben werden, da den Zeugen, wie sie selbst zugeben, der Gang derartiger Verloosungen und über⸗ haupt der Unterschied zwischen „Loos“ und „Ziehung“ völlig unklar ist. So unwissend sind zum Theil die Leute, und nun sollen diese Leute, die nicht einmal den Unterschied von „Loos“ und „Ziehung“ kennen, auch auf unserem Gebiete sich selbst helfen. Da ist es doch in der That eine kaum bestreitbare Aufgabe der Gesetzgebung, die Schwächern zu schützen und nicht den Schwindlern
und Gaunern die Bahn zu dem Zweck frei zu legen, den ordent⸗ lichen weniger routinirten Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Zugleich auch mit Rücksicht auf den mit vorliegenden An⸗ trag, der das Aufsuchen der Vermittelung von Darlehensgeschäften nicht beschränken will, wie es die Vorlage beabsichtigt, darf ich zum Schluß noch einen Satz aus einer liberalen Zeitung, nämlich der Wiener „Deutschen Zeitung“ mittheilen, der sehr treffend die Sache charakterisirt. Es heißt dort: „Freiheit!“ tönt es zwar ver⸗ lockend von Seite des Kapitals, welches sich stark genug weiß, den kleinen Unternehmer zu erdrücken. Freiheit verlangt der mobile Besitz, um den Bauer mit den Segnungen der wachsenden Hypo⸗ thekarverschuldung bekannt zu machen und ihn dann als „freien“ Mann von der Scholle zu jagen.“ Meine Herren, diese „Freiheit“ soll allerdings beschränkt werden, wo und wie es möglich ist, gerade im Interesse der Bevölkerung, die man der Ausbeutung nicht preisgeben will.
Der Antrag Baumbach wurde mit 143 gegen 131 Stimmen abgelehnt und der erste Theil des §. 50 nach dem Beschlusse zweiter Lesung genehmigt.
Zum zweiten Theil des §. 56 (Nr. 10) war vom Abg. Acker⸗ mann folgender Antrag gestellt:
Deer Reichstag wolle beschließen:
I. im Abs. 3 §. 56 statt Ziffer 10 zu setzen:
„Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke, insofern sie in sittlicher oder religiöser Beziehung Aergerniß zu geben geeignet sind, oder welche mittelst Zusicherung von Prämien oder Gewinnen vertrieben werden.“
II. als Absatz 4 hinzuzufügen:
„Wer Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke im Umherziehen feilbieten wil, hat ein Verzeichniß derselben der zu⸗ ständigen Verwaltungsbehörde seines Wohnortes zur Genehmigung vorzulegen. Die Genehmigung ist nur zu versagen, soweit das Verzeichniß Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke der vorbezeichneten Art enthält. Der Gewerbetreibende darf nur die in dem genehmigten Verzeichnisse enthaltenen Druckschriften, anderen Schriften oder Bildwerke bei sich führen und ist verpflichtet, das Verzeichniß während der Ausübung des Gewerbebetriebes bei sich zu führen, auf Erfordern den zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen und, sofern er hierzu nicht im Stande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbeischaffung des Verzeichnisses ein⸗ zustellen“.
Der Abg. Stöcker befürwortete den Antrag Ackermann. Jede Partei habe an dem Kolportagebuchhandel etwas auszu⸗ setzen. So tadele die Linke, daß durch denselben die Leute be⸗ schwindelt würden. Der Rechten genüge dieser eine Gesichts⸗ punkt nicht, sondern seine Partei vertrete dem Kolportagebuch⸗ handel gegenüber vielmehr den Standpunkt des sittlich⸗religiösen Lebens. Es gelte Millionen Seelen vor dem Gift jener verderb⸗ lichen Lektüre zu schützen. Seine Partei wisse wohl, die Polizei allein reiche dagegen nicht aus. Weckung des sittlich⸗religiösen Geistes, Wiederkehr des Gefühls für Anstand und Sitte, für Na⸗ türlichkeit und richtiges Empfinden bleibe die Hauptsache. Wenn aber solche schlechte Literatur mit obrigkeitlicher Erlaubniß ver⸗ breitet werde, so erwecke man im Volke den Glauben, sie müsse doch nicht so schlecht sein, sonst würde die Obrigkeit sie verbieten. Schon die Titel und Prospekte dieser Romane ließen erkennen, was von denselben zu erwarten sei. Socche schlechte und ungesunde Lektüre mache den Menschen auch unfähig zur Arbeit und gewerblicher Thätigkeit, und müsse auch auf die hundert⸗ tausend Colporteure unsittlich wirken. Auf keinem Gebiete sei das laisser faire und laisser aller schlimmer als auf dem Gebiet der Kolportage in der jetzigen Zeit bei dem großen Bildungsbedürfniß des Volks, und der rückhaltslosen Hoch⸗ achtung vor dem gedruckten Wort. Es herrsche noch die Meinung, daß, was gedruckt, wahr sei. Die Rechte gebe der Linken die politische Kolportage frei, bestehe aber um so fester darauf, daß die unsittliche und irreligiöse Literatur von dem Volke fern gehalten werde. Er bitte den Antrag Ackermann anzunehmen.
Der Abg. Dr. Baumbach bemerkte, der Abg. Stöcker habe die Sache so dargestellt, als ob es sich bei der Kolportage blos um unsittliche Schriften, um Schand⸗ und Schauerromane handele. Der Abg. Kapp habe aber schon bei der zweiten Lesung gezeigt, daß der Kolportagehandel ein wichtiger Kultur⸗ faktor sei, daß demselben der gesammte deutsche Buchhandel seine großartige Bedeutung verdanke. Auch der Abg. Dr. von Hertling habe seinen Antrag auf Aufhebung der Kolportage nicht wieder aufgenommen. Der Titel dieser Romane sei in der Regel dus Aufregendste an demselben. Ihre bodenlose Langweiligkeit und Plattheit sei das Schlimmste. Die Herausgeber wüßten, daß unsittliche Schriften schon jetzt auf Grund des Strafgesetz⸗ buchs verooten seien. Die Beschränkung der Prämien auf kolpor⸗ tirte Bücher scheine ihm viel wirksamer, als dieser Antrag. Er habe hier ein Bücherverzeichniß solcher kolportirter Schriften, darunter finde sich die Gewerbe⸗Ordnung für das Deutsche Reich, Meyers Konversations⸗Lexikon, die illustrirte Welt, der hinkende Bote, die Wunder des Himmels, „Der Wüstling oder die geopferte Unschuld“ — allerdings ein etwas bedenklicher Roman, die Lehre des Hufbeschlags, die Gewerbe⸗Ordnung, das deutsche Rechtsbuch, die „Gartenlaube“, Bocks Buch vom gesunden und kranken Menschen u. a. m. Der Antrag sei aber auch sonst sehr bedenklich, denn derselbe stelle in das Ermessen der Polizei⸗ behörden, subjektiv zu beurtheilen, was sittlich und was un⸗ sittlich sei, und was Aergerniß geben könne. Für den Theil des Antrags, welcher das sittliche Aergerniß bekämpfen wolle, könne er so lange nicht eintreten, als nicht die Schmach des Antisemitismus von Deutschland weggenommen sei.
Hierauf nahm der Bundeskommissar Geh. Regierungs⸗ Rath Bödiker das Wort:
Meine Herren! Bei der zweiten Lesung habe ich die Ehre ge⸗ habt, zu der Sache eingehend mich zu äußern. Ich will das ganze Gebiet nicht wieder mit Ihnen durchmessen; aber die Gelegenheit möchte ich doch ergreifen, die der Herr Vorredner geboten hat, die Berechtigung der Vorlage Ihnen darzulegen an den eigenen Worten des Herrn Vorredners. Der Herr Vorredner hat uns ein Verzeichniß von Druckschriften, die er in Thüringen bei einem Hausirer gefunden, vorgelesen. Mehrere von diesen Draockschriften waren, wie er selbst sagt, bedenklich. Meine Herren! Gerade gegen diese bedenklichen Schriften richtet sich der Antrag Acker⸗ mann, das Uebrige soll Alles unbehelligt bleiben. Der Herr Vorredner kann also nicht mehr von einseitiger Beurtheilung der Verhältnisse sprechen gegenüber dem Antrage des Hrn. Ackermann; es soll nur das, was er selbst auf dem Mannheimer Kongreß für bedenklich erklärt hat, was der Leipziger Buchhändlerverein als zur Kolportage ungeeignet bezeichnet hat, indem er sagte, die in
sittlicher, politischer und religiöser Beziehung Anstoß erregenden Schriften möchten ausgeschlossen werden, — nur das soll aus⸗ geschlossen werden. Das kann „Einseitigkeit“ nur insofern ge⸗ nannt werden, als eben das Böse einseitig abgeschnitten werden soll. Daß die Sache praktisch und durchführbar ist, beweist die Ihnen Allen vorliegende Schrift des Hrn. Mohl, der da sagt, mit bestem Erfolge sei in Württemberg das Hausiren mit Büchern dahin geregelt, daß das Oberamt berechtigt und verpflichtet sei, aber⸗ gläubische, sittenverderbende und sonst anstößige, auch die von der gesetzlich zuständigen Behörde mit Beschlag belegten Schrif⸗ ten von der Aufnahme in das Hausirverzeichniß auszuschließen. Hr. Mohl fügt hinzu, aus der Erfahrung sei es ihm sehr wohl bekannt, daß diese Bestimmung zur Unterdrückung des Absatzes unsitt⸗ licher Schriften unentbehrlich sei. Daß in der That die Verhältnisse so liegen, wie sie der Hr. Abg. Stöcker geschildert, das können Sie in Literaturblättern, von denen Sie nicht annehmen werden, daß sie auf besonders prüdem Standpunkte stehen, täglich bestätigt finden, Sie finden es auch bestätigt in den Eingaben der Colporteure selbst. Wie die Romanliteratur — leider — heutzutage gestaltet ist, zeigt Ihnen z. B. ein Aufsatz aus der „Gegenwart“ von Theophil Zolling, Jahrgang 1883. Ich will mir erlauben, einen Satz daraus zu verlesen: „Eine „übergroße“ Rolle spielen „natürlich“ leider die geschlechtlichen Beziehungen — heißt es da in der Kritik der betreffenden Romane —, es geht in diesem Punkte „selten“ ganz reinlich und zweifelsohne zu. Er schildert u. s. w.. . . Der Herr X. hat diese Tendenz „mit anderen Kollegen gemein“, und die Kritik scheint mit ihrer sittlichen Entrüstung so gut wie nichts mehr erreichen zu können. Der Einfluß des französischen Naturalis⸗ mus, vielleicht auch der Geschmack des Publikums will es so.“ Nun wird eine ganze Reihe von Romanen bezw. Novellen genannt, auch das gerade zur Besprechung stehende Buch als Beweis dafür, daß diese Darstellungen eine ungesunde Sinnlichkeit erregen. — „Hier werden uns — heißt es weiter — unausgesetzt die herrlichsten Redens⸗ arten über Vaterland und Reich aus unwürdigstem Munde und in der rüdesten Form vorgesetzt“, also in der That obendrein eine Parodie auf den Ausdruck patriotischer Gefühle. Das ist ein zweifels⸗ freies judicium parium. Wenn Sie das Urtheil des Hrn. Abg. Stöcker nicht maßgebend sein lassen wollen, so werden Sie das Urtheil der „Gegenwart“ schwerlich verwerfen können. Es handelt sich um schamlose Schriftsteller und schamlose Gewerbtreibende, die diese Schriften vertreiben und kolportiren lassen; wenn das aber am grünen Holze geschieht in einem Zyklus von Romanen, die die „Gegenwart“ zu kritisiren für geeignet erachtet — denn sie wird doch die allerschlechtesten nicht zur Kritik aufnehmen —, was soll dann an dem dürren Holze geschehen, von dem der Hr. Abg. Stöcker gesprochen hat? Es ist in der Kommission von dem juristischen Stabe der Fortschrittspartei, um mich so auszudrücken, von den Hrn. Abgg. Meibauer und Munckel ausdrücklich anerkannt worden, mit dem Strafgesetzbuch sei nicht auszukommen, und darauf beruht eben der Antrag, der in der Kommission von jener Seite (links) gestellt worden ist, die unsittlichen Schriften und alle Prämienschriften auszuschließen, ein Antrag, der nicht etwa nur mit den bekannten 11 gegen 9 Stimmen angenommen ist, sondern ein Antrag, der damals von allen Seiten in der Kommissson inhaltlich gebilligt worden ist, nur daß die Majorität der Kommission noch weiter ging. Der jetzige Antrag Ackermann bleibt hinter dem Kommissionsvorschlage zurück. Ich möchte dringend bitten, wenigstens diesem Antrage zuzustimmen und namentlich das Ungeheuerliche aus der Gewerbeordnung heraus⸗ zulassen, daß nach den Beschlüssen zweiter Lesung Prämien gewisser Art gestattet sein sollen und Prämien einer anderen Art nicht. Meine Herren! Das ist doch eine unbegreifliche Bestimmung für eine auf dem Boden der Gewerbefreiheit stehende Gewerbeordnung. Ent⸗ weder sind die Prämien an und für sich ohne Weiteres wegen ihres Zweckes nicht in der Ordnung und zu verwerfen, dann verwerfe man sie alle, oder sie sind nicht verwerflich, dann möge man alle zu⸗ lassen. Eine Unterscheidung zu treffen und ein Monopol für die Prämienfabrikanten gewisser Art zu statuiren, ein ausschließliches Recht, ein Bannrecht dieser Art für Prämien, die dem Buchhandel angehören, das wäre ein Unikum in der Gewerbeordnung, ein Anachronismus, für den es keine Parallele in dem Reichsgewerbe⸗ recht mehr giebt. Unter allen Umständen müßten Sie wenigstens Lie Beschränkung wegen der Prämien vom Standpunkte der Ge⸗ werbeordnung aus ablehnen. Ich bitte nochmals, dem Antrage Ackermann beizustimmen.
Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, in und nach dem großen Kriege mit Frankreich habe man von hoher Stelle aus ofsiziell und offiziös nicht genug den Charakter, die Sitt⸗ lichkeit und Tugend des deutschen Volkes zu erheben gewußt, Eigenschaften, denen man vorzugsweise jene Erfolge zu ver⸗ danken habe. Jetzt sei es gerade in jenen Kreisen Mode ge⸗ worden, das deutsche Volk herabzusetzen. Wenn man im Auslande solche Reden lese, wie die Stöckersche, so müsse man denken, die deutsche Nation gehe zurück und verkomme. Das sei indeß nicht der Fall. Nur um kleinliche Zwecke zu erfüllen, neue Polizeigesetze zu machen, schände die Rechte in dieser Weise das ganze Volk und stelle dessen Eigenschaften blos. Weil das Volk nichts von den Konservativen wissen wolle, sich abwende von ihnen, alle Mittel der Regierungsgewalt immer weniger verfangen wollten, so setze die Rechte das Volk herab vor dem Auslande. Sei etwa auf der linken Seite nur das materielle Interesse ausschlaggebend für die Abstimmung der Linken in dieser Frage? Die Linke erwäge die Vortheile und Nachtheile nach der einen und nach der andern Seite und glaube, daß solche Bestimmungen mehr schadeten als nützten, auch in sittlicher Beziehung. Der Abg. Stöcker wolle nichts als die Einführung der Censur. Dann müßte man die Censur auch über alle Leihbibliotheken und Zeitungen verhängen, auch über die Kreisblätter,“ aus denen er dem Hause eine ganze Blumenlese bedenklicher Stellen unter dem Strich mittheilen könnte. (Widerspruch rechts.) Nun, wenn die Rechte die nicht wolle, dann ziehe er die Bibel selbst an. Wenn man die Ge⸗ schichten von der keuschen Susanne, von dem Uriasbrief, von David und Batseba u. s. w. darauf hin prüfe, müßte man zu demselben verderblichen Urtheil kommen, wie der Abg. Stöcker über den Kolportagebuchhandel. Wenn man das nicht verbieten wolle, dann sei man auch nachsichtig gegen den Kolportagebuchhandel. Die Abneigung der Rechten gegen Kolportageschriften, wie die „Gartenlaube“, kennzeichne die ganze Richtung der Rechten. Die Rechte wolle nicht, daß das Volk klüger werde. Versahre man doch gründlich, wie es der Abg. Windthorst gestern bezüglich der Tanzlustbarkeiten gethan habe, und gestatte man nur das zu drucken, was die Geist⸗ lichen erlaubt hätten. Es wundere ihn, daß in dieser Weise versucht werde, den Beschluß zweiter Lesung zu ändern, der mit einer erheblichen Mehrheit gefaßt worden sei. Was Sittlich⸗ keit sei, lasse sich feststellen, aber nicht, was ein Aergerniß sei. Könne nicht mit diesem Begriff vom religiösen Standpunkte aus der größte Mißbrauch getrieben we