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Abgereist: Se. Excellenz der Minister des Königlichen Hauses, Staats⸗Minister Graf von Schleinitz, nach Süd⸗
deutschland;
der Ministerial⸗Direktor im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs- Rath Barkhausen, nach Kloster Loccum.
Angekommen: Se. Excellenz der Unter⸗Staatssekretär im Finanz⸗Ministerium, Wirkliche Geheime Rath Meinecke, aus Heringsdorf.
Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.
Auf Grund des §. 11 des Reichsgesetzes gegen die gemein⸗ gefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Ok⸗ tober 1878 ist das in der „Ebner und Conzettschen Druck⸗ und Verlagsoffizin, Chur“ gedruckte, „Zahlreiche Wähler des 7. schleswig⸗holsteinischen Wahlkreises“ unterzeichnete Flug⸗ blatt „An die Wähler des 7. schleswig⸗holstei⸗ nischen Wahlkreises“ unterm heutigen Tage von der unterzeichneten Landespolizeibehörde verboten worden.
Schleswig, den 11. Juli 1883.
Königliche Regierung, Abtheilung des Innern. von Frank.
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Die Königliche Kreishauptmannschast als Landespolizei⸗ behörde hat die nichtperiodische Druckschrift: „Wie solls noch enden? oder: Was wollen die Sozialdemokraten?“ Von Conrad Conzett. Zürich⸗ Hottingen. Verlag der Volksbuchhandlung. — Druck der Schweizerischen Genossenschafts⸗Buchdruckerei. auf Grund von §8. 11 und 12 des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 verboten. Leipzig, den 9. Juli 1883. Königliche Kreishauptmannschaft Graf zu Munster.
Bekanntmachung.
Bei der dem Plane gemäß am heutigen Tage vor Notar und Zeugen stattgesundenen 48. Prämienziehung des vormals Kurhessischen, bei dem Bankhause M. A. von Rothschild u. Söhne in Frank⸗ furt a. M. aufgenommenen Staats⸗Lotterie⸗Anlehns vom Jahre 1845 sind auf die 5000 Nummern der am 1. Dezember v. J und am 1. Juni d. J. gezogenen 200 Serien die im beigefügten Verzeichnisse I.
aufgeführten Prämien gefallen.
Die Auszahlung dieser Prämien findet, gegen Rückgabe der Prämienscheine, vom 15. Dezember d. J. ab täglich, mit Ausnahme der Sonn⸗ und Festtage, bei dem obengenannten Bankhause oder bei der Königlichen Regierungs⸗Hauptkasse dahier statt.
Die Erhebung der Prämien kann jedoch auch bei allen übrigen Königlichen Regierungs⸗ und beziehungsweise Bezirks⸗Hauptkassen, sowie bei der Kreiskasse in Frankfurt a. M. und der Königlichen
3 Staatsschulden⸗Tilgungskasse in Berlin geschehen, in welchem Falle die Prämienscheine bereits vom 1. Dezember d. J. ab bei der be⸗ treffenden Kasse eingereicht werden können, da dieselben zunächst an
die Regierungs⸗Hauptkasse in Cassel zur Festsetzung übersandt wer⸗
den müssen.
Zugleich werden die Inhaber solcher Prämienscheine obigen An⸗ lehns, welche zu einer der im weiter beigefügten Verzeichnisse II. auf⸗ geführten Serien gehören, zur baldigen nachträglichen Erhebung der darauf gefallenen Prämienbeträge, gegen Ablieferung der Prämien⸗ scheine, hiermit aufgefordert.
Endlich wird auf das unter III. beigefügte Verzeichniß amorti⸗
sirter Prämienscheine, sowie auf das Verzeichniß IV. derjenigen
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Prämienscheine, deren Verjährung eingetreten ist oder in Kürze bevor⸗ steht, aufmerksam gemacht.
Cassel, am 2. Juli 188383. Königliches Regierungs⸗Präsidium. von Brauchitsch. 8
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 12. Juli. Se. Majestät der Kaiser hatten, wie „W. T. B.“ meldet, gestern mit dem Großherzoge und dessen Familie einen Ausflug nach der Insel Reichenau unternommen und wollten Sich heute Nachmittag zum Besuch des Königs von Württemberg nach Friedrichshafen begeben. Heute Abend beabsichtigt das Offizier⸗Corps des 6. Badischen Infanterie⸗Regiments Nr. 114,
auf illuminirten Dampfschiffen dem Kaiser vor Mainau eine
Ovation darzubringen. — Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten
der Kronprinz und die Kronprinzessin empfingen
gestern um 1 Uhr den Besuch Sr. Kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Carl Ludwig von Oesterreich,
Höchstwelcher nach eingenommenem Lunch mit Sr. Kaiser⸗ lichen Hoheit dem Kronprinzen eine Rundfahrt durch die
Königlichen Gärten machte und dann von der Station Neuen⸗ dorf nach Berlin zurückkehrte. Marmor⸗Palais, 11. Juli. 7 Uhr Abends. Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Wilhelm haben die Nacht sehr gut verhracht. Das Befin⸗
den der Hohen Wöchnerin, sowie des neugeborenen Prinzen ist vollkommen zufriedenstellend.
8 v Schröder. Friedel.
preußischen Lebens⸗Versicherungs⸗
hatte Jemand sein Leben im Jahre
versichett und dabei die Frage in der von auszufüllenden Deklaration, ob er bereits bei anderen Versicherungsgesellschaft einen Versiche⸗ rungsantrag gestellt habe, wahrheitswidrig mit „Nein“ beantwortet. Er hatte auch vorher sein Leben bei einer Magdeburgischen Gesellschaft zu versichern versucht, welche edoch den von thh C Antrag abgelehnt hatte. Von dieser Thatsache erhielt die Gesellschaft später Kenntniß, nichts⸗ destoweniger aber nahm sie die weiteren Prämien fortgesetzt an. Im Jahre 1880 starb der Versicherte, und als nun seine Erben die Auszahlung der Versicherungssumme beanspruchten, verweigerte die Gesellschaft die Zahlung der Summe, indem sie sich auf die wahrheitswidrige Angabe in der Deklaration
und auf den dadurch geschaffenen Ungültigkeitsgrund aus
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§. 6 der Allgemeinen Versicheru gsbedingungen berief. Das Kammergericht verurtheilte aber die Gesellschaft zur Zahlung, und die von dieser dagegen eingelegte Revision wurde vom Reichsgericht, I. Civilsenat, durch Urtheil vom 19. Mai d. J. zurückgewiesen, indem der höchste Gerichtshof begründend ausführte: „Hat Beklagte gewußt, daß K. jenen Versicherungs⸗ antrag bei der Magdeburgischen Gesellschaft gestellt hat und daß derselbe von dieser abgelehnt worden war, daß somit die Fragen 13 in der Deklaration vom 23. September 1874 un⸗ richtig beantwortet war, und hat sie, obschon sie jene That⸗ sachen erfuhr, nachdem sie den Versicherungsvertrag mit K. abgeschlossen hatte, das Vertragsverhältniß durch Annahme weiterer Prämien fortgesetzt, so kann sie, wie das Berufungs⸗ urtheil mit Recht angenommen, auf den Ungültigkeitsgrund aus §. 6 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht zurückkommen; sie ist vielmehr, nachdem der Tod des Ver⸗ sicherten eingetreten ist, verpflichtet, die Versicherungssumme
zu zahlen.“
— Der Königlich württembergische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Geheime Legations⸗Rath und Kammerherr von Baur⸗Breitenfeld, hat einen ihm von seiner Regie⸗ rung bewilligten längeren Urlaub angetreten.
— S. M. S. „Nymphe“, 9 Geschütze, Kommandant Korvettenkapitän Dietert, ist am 5. d. Mts. von Cartagena nach Malaga ün See gegangen.
S. M. Knbt. „Wolf“, 4 Geschütze, Kommandant Ka⸗ pitän⸗Lieutenant von Raven, ist am 23. Mai cr. in Hongkong eingetroffen.
S. M. S. „Marie“, 10 Geschütze, Kommandant ‚Kor⸗ vetten⸗Kapitän Krokisius, ist am 9. b. Mts. in Rio de Janeiro eingetroffen und beabsichtigte, am 10. d. Mts. die Reise fort⸗
zusetzen.
Bayern. München, 10. Juli. (Allg. Ztg.) Das Kriegs⸗Ministerium hat umfassende Instruktionen über die Versorgung der Armee mit Arzneien und Verband⸗ mitteln erlassen, wonach die vom 1. Januar d. J. in Kraft getretene „Pharmacopoea Germanica, editio altera“ für die Folge die alleinige Richtschnur für die Darstellung, Prüfung und Benennung der in der Militärheilpflege zur Verwendung kommenden Arzneimittel zu bilden hat.
Baden. Karlsruhe, 9. Juli. (Karlsr. Z.) Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen haben heute Se. Großherzogliche Hoheit den Prinzen Ludwig Wilhelm zum Seconde⸗Lieutenant im 1. Badischen Leib⸗Grenecdier⸗Re⸗ giment Nr. 109 mit Patent vom 12. Juni d. J. Allergnädigst zu ernennen, sorwie gleichzeitig demselben den Orden vom Schwarzen Adler zu verleihen geruht, und diese Allerhöchsten Entschließungen Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog und Sr. Großherzoglichen Hoheit dem Prinzen Ludwig Wilhelm durch nachstehende Allerhöchste Kabinetsschreiben zur Kenntniß gebracht.
8 Durchlauchtigster Fürst, freundlich vielgeliebter Vetter, 8 Bruder und Schwiegersohn!
Eure Königliche Hoheit benachrichtige Ich hierdurch, daß Ich — Ihren Wunsch gerne erfüllend — die Ernennung Ihres Sohnes, des Prinzen Ludwig Wilhelm von Baden Großherzogliche Hoheit zum Seconde⸗Lieutenant mit Patent vom 12. Juni cr. in Euer König⸗ lichen Hoheit Leib⸗Grenadier⸗Regiment, unter gleichzeitiger Verleihung des Schwarzen Adler⸗Ordens, heute verfügt habe. Ich spreche Euer Königlichen Hoheit zugleich Meinen herzlichsten Glückwunsch zu dem heutigen Tage aus, an welchem sich Unsere Gedanken und Hoffnungen lebhaft in dem Wunsche vereinigen, daß Gottes Segen weiter mit Ihrem Sohne — Meinem lieben Enkel — sein möge. Ich verbleibe mit herzlicher Liebe und unveränderlicher aufrichtiger Freundschaft
Euer Königlichen Hoheit freundwilliger Vetter, Bruder und Schwiegervater 1 8 Wilhelm. Karlsruhe, den 9. Juli 1883. An des Großherzogs von Baden Königliche Hoheit.
Ich ernenne Eure Großherzogliche Hoheit hierdurch — indem Ich dem Wunsche Ihres Herrn Vaters gern entspreche — zum Seceonde⸗ Lieutenant im 1. Badischen Leib⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 109 mit Patent vom 12. Juni c. und freue Mich von ganzem Herzen, daß es Mir vergönnt ist, auch noch den jüngsten Meiner Enkelsöhne in die Armee einführen und ihm warm ans Herz legen zu können, welche ernsten Pflichten ihm das Ehrenkleid des Soldaten auferlegt und wie er mit allen seinen Kräften dahin streben muß, nicht allein diese jeder⸗ zeit voll und ganz zu erfüllen, sondern auch Anderen ein würdiges Vorbild zu werden. Ich hoffe und erwarte, daß Euere Großherzogliche Hoheit diese Mahnung Ihres Sie herzlich liebenden Großvaters in Ihrem hoffentlich langen und dem Vaterlande recht nützlichen Leben jederzeit in Erinnerung haben werden, und wünsche Ich Ihnen den hoher Ernst Ihres Diensteintritts auch noch dadurch vor Augen zu stellen und Meine lebhafte Theilnahme an dem heutigen Tage zu bethärigen, daß Ich Eurer Großherzoglichen Hoheit hierdurch Meinen hohen Orden vom Schwarzen Adler verleihe, dessen Insignien anbei erfolgen.
Karlsruhe, den 9. Juli 1883.
Wilhelm.
An des Prinzen Ludwig Wilhelm von Baden Großherzogliche Hoheit.
Hessen. Darmstadt, 11. Juli. (W. T. B.) Die erste Kammer genehmigte die 3prozentige Zinsgarantie für die Kettenschiffahrt auf dem Main von Mainz bis Aschaffenburg und bewilligte weitere 125 000 ℳ als Staats⸗ hülfe für die durch die Hochfluth im letzten Winter Beschädigten.
„ DOesterreich⸗Ungarn. Wien, 12. Juli. (W. T. B.) Der rumänische Minister Stourdza ist aus Bukarest hier eingetroffen.
Großbritannien und Irland. London, 10. Juli. (Allg. Corr.) Aus der gestrigen Unterhaussitzung ist noch Folgendes nachzutragen: Sir H. Wolff erbittet sich von der Regierung Auskunft über die Schritte, welche in Egypten gethan worden, um das Umsichgreifen der Cholera zu ver⸗ hindern und ob Ihrer Majestät Regierung der egyptischen Regierung zur Förderung dieses Zweckes behülflich sei. In
Antwort darauf verliest Lord E. Fitzmaurice eine Depesche
.“
Sir E. Malets, welche sich über die von der egyptischen Regierung getroffenen Vorsichtsmaßregeln gegen das Umsich⸗ greifen der Cholera verbreitet. Der Gesundheitsrath in Kairo ist aus eingebornen und fremden Doktoren zusammen⸗ gesetzt, worunter sich der Arzt des englischen Konsulats Dr. Grant befindet. Dieser Rath habe seit dem Beginn des Choleraausbruches jeden Abend in Gemeinschaft mit dem Minister des Innern und dem General Baker eine Sitzung gehalten. Den angesteckten Bezirken seien Doktoren, Arzneien,
und Lebensmittel geliefert worden. Ueberhaupt habe die egyp⸗
tische Regieruung zur Ausmerzung der Seuche Alles gethan, was in ihrer Macht gestanden habe.
Im ferneren Verlaufe der Sitzung lenkt Sir Stafford Northcote die Aufmerksamkeit des Hauses auf den Brief Bradlaughs und richtet an den Premier⸗Minister die Anfrage, was er in Bezug darauf zu thun beabsichtige. Gladstone verliest das betreffende Schreiben, in welchem Bradlaugh seinen Entschluß kundgiebt, in Kurzem seinen Sitz im Hause einzunehmen, und zwar ohne Rücksicht auf den vom Hause in dieser Session gefaßten Beschluß. Der Premier fügt hinzu, die Regierung habe dem Hause die Weise vorgeschlagen, in welcher es sich aus dieser Schwierig⸗ keit ziehen könne. Das von ihr empfohlene Verfahren sei indeß nicht eingeschlagen worden, weshalb es Sache der⸗ jenigen, welche dasselbe beanstandet, sei, anzugeben, welches Verfahren jetzt eingeschlagen werden solle. Der Führer der Opposition stellt hierauf folgenden Antrag: „daß der Serjeant⸗ at⸗Arms Mr. Bradlaugh so lange vom Hause ausschließe, bis er sich verpflichtet, die Verhandlungen des Hauses nicht weiter zu stören.“ (Bisher hatte Bradlaugh Zutritt zu den Vorsälen und der Gallerie oberhalb des Präsidentenstuhles. Labouchere erhebt Einspruch dagegen, daß der Wahlkreis Northampton ohne seine volle Vertretung im Hause gelassen werde und fragt den Premier, ob er ihn (Labouchére) unterstützen würde, falls er einen An⸗ trag auf Ausschreibung einer Neuwahl für Northampton stelle. Andernfalls müßte er eine Abstimmung über den Antrag des Oppositionsführers veranlassen. Glabdstone bemerkt, Sir Stafford Northeote’'s Antrag sei nur eine nothwendige Folge des Vorganges bei früheren Gelegenheiten, und eine Beanstan⸗ dung desselben würde nur Zeitverschwendung sein. Labou⸗ chere besteht auf Abstimmung, welche die Annahme des An⸗ trags mit 232 gegen 65 Stimmen ergiebt.
— 11. Juli, (W. T. B.)) Unterhaus. Vom Schatz kanzler Childers wurde dem Hause das von der englischen Regierung mit der Suezkanalgesellschaft wegen Er⸗ bauung eines zweiten Kanals getroffene provisorische Abkom⸗ men mit dem Bemerken mitgetheilt, daß die Regierung die für den zweiten Kanal erforderlichen 8 Mill. Pfund durch eine Anleihe aufzubringen beabsichtige und daß der diesbezügliche Antrag zur Diskussion des mit Lesseps getroffenen Arrange⸗ ments geeignet erscheine.
Auf eine Anfrage Northcote's erwiderte der Premier Gladstone, nach in den letzten 24 Stunden aus Madagaskar eingelaufenen Nachrichten habe der dortige französische Admiral dem britischen Konsul in Tamatave befohlen, binnen 24 Stunden die Stadt zu verlassen. Noch vor Ablauf dieser Frist sei der englische Konsul gestorben. Der französische Admiral habe darauf die in Tamatave befindlichen Engländer aufgefordert, der Beerdigung des englischen Konsuls beizuwohnen und es hätten auch viele Engländer, ingleichen viele Offiziere und Metrosen des englischen Kriegsschiffs „Dryad“ an dem Leichenbegängnisse theilgenommen, auch mehrere franzö⸗ sische Offiziere seien dabei zugegen gewesen. Inzwischen habe der französische Admiral die Verbindung zwischen den am Lande befindlichen Engländern und dem englischen Kriegs⸗ schiffe abgeschnitten und dem englischen Kapitän sei nur ge⸗ stattet worden, mündlich zu protestiren. Die Flaggen aller aus⸗ wärtigen Konsulate seien von den Franzosen eingezogen wor⸗ den, die außer dem Sekretär des englischen Konsuls auch noch einen englischen Missionär, Namens Shaw — letzteren ver⸗ muthlich unter der Beschuldigung des Correspondirens mit dem Feinde — verhaftet hätten. Gladstone erklärte schließlich, er könne, indem er diese ernsten und peinlichen Ereignisse mit⸗ theile, für jetzt nur sagen, daß die Regierung ausführlichere Informationen über die Thatsache und auch diejenigen Mit⸗ theilungen Seitens der französischen Regierung abwarte, die der Fall erheischen dürfte und die, wie der französischen Re⸗ gierung zu verstehen gegeben worden sei, die englische Regie⸗ rung erwarte und welche unter ähnlichen Umständen auch die englische Regierung zu geben für ihre Pflicht gehalten haben würde.
Frankreich. Paris, 11. Juli. (W. T. B.) Das zwischen der Suezkanal⸗Gesellschaft und der englischen Regierung getroffene Uebereinkommen bestimmt, daß der Bau des zweiten Kanals, wenn irgend möglich, bis zum Ende des Jahres 1888 erfolgen soll. Anlangend die Herabsetzung der Kanalabgaben, so sollen die Ballastschiffe vom 1. Januar 1884 ab eine Reduktion von 2,50 per Tonne von dem Transittarif er⸗ halten. Sobald die Aktionäre in einem Jahre 21 Proz. erhalten haben, soll vom 1. Januar des darauf folgenden Jahres ab das Lootsengeld auf die Hälfte herabgesetzt werden, sobald die Aktionäre 23 Proz. in einem Jahre erhalten, soll auch die andere Hälfte des Lootsengeldes nicht mehr erhoben werden. Wenn die Einnahme der Aktionäre 25 Proz. beträgt, soll die Transittaxe von 10 Fr. per Tonne auf 9,50 Fr. und, wenn sie 27 ½ Proz. beträgt, auf 9 Fr. herabgesetzt werden. Mit jedem weiteren Wachsen der jährlichen Einnahmen um 3 Proz. soll eine weitere Reduktion der Transittaxe um 50 Cts. bis herab zu einer Transittaxe von 5 Fr. per Tonne eintreten. Zweimalige Herabsetzungen des Lootsengeldes und der Transittaxe in einem und demselben Jahre sollen nicht stattfinden. Falls eine Verminderung der Einnahmen eintritt, soll die Transittaxe nach Maßgabe der Einnahmenminderung wieder erhöht werden, jedoch dürfen zweimalige Erhöhungen derselben in demselben Jahre nicht stattfinden. Sobald in der Besetzung der drei Vize⸗Präsidentenstellen der Suezkanal⸗Gesellschaft die erste Er⸗ ledigung eintritt, wird Lesseps einen der englischen Administra⸗ toren als Direktionsmitglied vorschlagen, diese Vize⸗Präsidenten⸗ stelle soll auch ferner stets durch einen Engländer besetzt werden. Die beiden englischen Administratoren, welche Mit⸗ glieder der Finanzkommission sind, werden dieser Kommission stets als Mitglieder angehören. Das Amt eines Navigations⸗ inspektors soll einem von der englischen Regierung designirten englischen Ofsizier übertragen, die Amtsbefugnisse des Inspek⸗ tors sollen im Einvernehmen mit den englischen Administra⸗ toren geregelt werden. Bei der Annahme von Lootsen soll künftig eine verhältnißmäßige Anzahl britischer Lootsen An⸗ sellung finden. Die englische Regierung wird ihre guten Dienste anwenden, um die Konzession bezüglich des zum Bau des
neuen Kanals erforderlichen Terrains und des Süßwasserkanals
8 zwischen Ismailia und Port Said zu erlangen, ingleichen um eine
Verlängerung der ursprünglichen Konzession auf 99 Jahre in der Weise zu erhalten, daß diese 99 Jahre erst vom Tage der Vollendung des zweiten Kanals an gerechnet werden. Als Gegenleistung wird die Suezkanal⸗Gesellschaft, sobald der zweite Kanal eröffnet ist, an die egyptische Regierung ein Prozent aller Netto⸗Einnahmen — nach Vorwegnahme der statutarischen Reserve — auszahlen. Die englische Regierung wird der Suezkanal⸗Gesellschaft die für die Bauarbeiten er⸗ forderliche Summe bis zum Belauf von 200 Mill. Fr. gegen 3 ¼ Proz. Zinsen mit einem Tilgungsfonds vorstrecken, der⸗ gestalt, daß das Kapital in 50 Jahren zurückgezahlt ist. Das Abkommen unterliegt der Genehmigung des englischen Parlaments.
Türkei. Konstantinopel, 11. Juli. (W. T. B.) Der frühere Gouverneur von Skutari, Abdi Pascha, ist zum Gouverneur von Kossovo ernannt worden.
Zeitungsstimmen.
Die „Berliner politischen Nachrichten“ theilen aus der „St. Stephans Review“ folgende Stelle mit: „Ist es nicht Thatsache, daß wir nach vierzigjähriger Praxis als Freihändler allein dastehen und für unsere Mühen nur das schallende Gelächter der Welt einernteten. Der Freihandel, wie er ursprünglich formulirt und verkündigt wurde, hat einen ungeheuren Zusammen⸗ bruch erlitten, denn nicht nur, daß wir als Freihändler ver⸗ einsamt sind, so haben auch diejenigen Nationen, welche cine Probe mit unserem System anstellten, dasselbe einmüthig als einen Mißgriff und einen gröblichen Fehler (blander) verworfen und damit unsere Thorheit in ein noch helleres Licht gesetzt. Wie sieht ecs z. B. in Amerika und Frankreich aus? Beide Staaten sind hoch protektionistisch geworden. Der Fortschritt Amerikas wäh⸗ rend der letzten 40 Jahre hat England mit seinen Kreuz⸗ und Quer⸗ sprüngen weit überflügelt, während Frankreich eine werbende Kraft und eine Tendenz zur Anhäufung von Reichthümern bekundet, die uns ganz und gar aussticht. Als ein weiteres schlagendes Beispiel kann Deutschland aufgeführt werden. Sollen wir angesichts so laut redender Zeugnisse nicht das Recht haben zu sagen, daß England noch weit größer dastehen würde, als es gegenwärtig der Fall ist, wenn es sich nicht mit gebundenen Händen und Füßen der Freihandels yrannei überliefert hätte? Wenn nur die Freihandelsmänner einen einzigen Augenblick einmal die Wirkungen der Eisenbahnen und Dampfschiffe in Rechnung stellen wollten — von den australischen Goldfunden gar nicht zu reden. Thatsächlich ist unsere nationale Anmaßlichkeit und Ueberhebung viel größer als wir ahnen; dies ist keineswegs das erste Mal, daß wir angesichts und trotz aller anderen Nationen einen ein⸗ seitigen Irrthum Jahre hindurch aufrecht erhielten, um ihn zuletzt doch fallen lassen zu müssen.“ — Die „Süddeutsche Presse“ behandelt die Re⸗ sultate der preußischen Landtagssession; dabei sagt sie u. A.: „In Uebereinstimmung mit den älteren Vorschlägen Gneists hat sich der Landtag jetzt für die Bildung einer Behörde entschieden,
welche aus zwei Verwaltungs⸗ und einem richterlichen Beamten und
vier gewählten bürgerlichen Mitgliedern besteht. Den letzteren ist die Mehrheit in allen Fällen gesichert mit Ausnahme der Entschei⸗ dung über Streitigkeiten der Armenverbände, bei welchen die Anwesenheit eines bürgerlichen Mitgliedes neben zwei Beamten genügt, von denen einer die Befähigung zum Richteramte haben muß. Offenbar gehört ein großes Maß von Vor⸗ eingenommenheit dazu, in dieser Zusammensetzung, bei welcher der Regierungs⸗Präsident, wenn er wirklich den Vorsitz führen will, an em richterlichen und drei oder vier gewählten Mitgliedern eine ge⸗ schlossene Mehrheit sich gegenüber hat, die Rechtssicherheit gefährdet zu sehen. Es ist hier der Ort, noch einmal auf die Ausfälle gegen die preußische Pslizeiwillkür zurückzukommen, in welchen bei den Ge⸗ werbeordnungsverhandlungen die Richter und Genossen sich ergangen haben. Soweit die Gewerbeordnung gegen polizeiliche Verfügungen den Rekurs eröffnet — und das ist ja auch in Bezug auf die Kolportage⸗ bestimmung geschehen, wie es für die Entscheidung über verweigerte oder zurückgenommene Hausirscheine und Legitimationskarten gilt — sind solche Anschuldigungen mehr als frivol, da über diesen Rekurs der Kreisausschuß (aus dem Landrath und sechs gewählten Mitgliedern bestehend) und der in seiner Zusammensetzung eben geschilderte neue Bezirksausschuß entscheidet. Nicht in einem einzigen Falle aber ist von der Linken ein Antrag gestellt worden, zur Sicherung gegen Polizeiwillkür den Rekurs weiter auszudehnen, als dies die Vorlage oder die Kommission gethan! Giebt es einen schlagenderen Beweis dafür, daß diese Opposition die Freiheit nicht in dem Rechtsschutz, sondern in der Machtlosigkeit der Staatsorgane sucht! Und von solchen Führern läßt sich dasselbe Bürgerthum in Massen einfangen, welches in seinem täglichen Leben und Treiben nicht genug nach der Polizei rufen kann.“
LCZa „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ entnimmt dem Jahresbericht der Handelskammer zu Hannover über die Verhältnisse der deutschen Wachs⸗ und Ledertuch⸗ fabrikation folgende Mittheilungen:
Die deutsche Wachstuch⸗Industrie hatte in der zweiten Hälfte des letzten Decenniums einen aussichtslosen Kampf gegen die ihr vom Auslande gemachte Konkurrenz zu bestehen. Nach dem damals gel⸗ tenden Zolltarife lag das Verhältniß so ungünstig, daß fertige Wachs⸗ tuche billiger eingeführt werden konnten, als die dazu erforderclichen Rohmaterialien, deren hauptsächlichste Bezugsquellen in England liegen. Die englische Industrie, welche ihre Erzeugnisse auf eine hohe Stufe der Vollkommenheit gebracht hatte und über enorme Kapitalien verfügt, ließ sich die ihr günstigen Umstände nicht entgehen. Durch Ver⸗ mittelung deutscher Importeure wurde das englische Fabrikat ein⸗ geführt und zwar mit solchem Erfolge, daß es in wenigen Jahren den deutschen Markt beherrschte. Die inländischen Fabriken waren dem in jeder Hinsicht überlegenen begünstigten Gegner nicht gewachsen, ihr Untergang schien in dem bis aufs Aeußerste geführten Konkurrenz⸗ kriege unvermeidlich. Mit Einführung des Zolltarifs von 1879 trat ein Wendepunkt ein. Wurden die deutschen Wachstuchfabriken durch denselben auch nicht bevorzugt, so war doch das frühere Mißverhältniß zwischen der Verzollung der Rohmaterialien und der fertigen Fabrikate beseitigt. Die einheimische Industrie konnte jetzt den Kampf gegen die aus⸗ wärtige Konkurrenz unter günstigeren Aussichten aufnehmen; es war ihr die Möglichkeit gegeben, das Verlorene wieder zu gewinnen, wenn es ihr gelang, ihre Erzeugnisse auf die gleiche Stufe mit den ausländischen Fabrikaten zu bringen. Ermuthigt durch die gänzlich veränderte Sachlage, suchte die hiesige Fabrik, gleich anderen Fabrikanten der Wachstuchbranche, ihre Einrichtungen zu verbessern. Nach Ueber⸗ windung der Schwierigkeiten, welche sich der neuen Produktionsweise in den ersten Jahren naturgemäß entgegenstellten, waren die hiesigen fabrikate auf die gleiche Höhe wie die Produkte der ausländischen Konkurrenz gebracht. Seit diesem Zeitpunkt macht sich eine stetige Zunahme des Absatzes in dem Maße fühlbar, als die vom Auslande importirte Waare an Terrain ver⸗ liert. Die englischen Unternehmer machen, wie zu erwarten, die üußersten Anstrengungen, um sich von dem seiner Zeit mit leichter Mühe behaupteten deutschen Markte nicht verdrängen zu lassen. In Folge dessen sind die Preise noch sehr gedrückt und einzelne Stapelartikel müssen sogar ohne jeglichen Gewinn verkauft werden, Vun die großen Handlungen, welche bisher den Import der englischen . betrieben, zur Einführung des einheimischen Fabrikats bei ihren Abnehmern zu veranlassen und damit die Einfuhr vom Aus⸗ lande zu beschränken. Gegen 236 000 m im Jahre 1881 stieg bei der hiesigen Fabrik die Produktion im Jahre 1882 auf 312 000 m. Während der Absatz im Inlande durch Zurückdrängen der ausländi⸗
schen Konkurrenz einen erfreulichen Aufschwung zeigt, blieb der Export
auf eiu geringes Maß beschränkt. Nur einzelne Spezialitäten fanden —, nach Frankreich, Italien, Spanien, Nord⸗ und Süd⸗ amerika.
Gewerbe und Handel.
Die Stargard⸗Cüstriner Eisenbahn hat in ihrer ersten Betriebsperiode, 1. September 1882 bis 31. März 1883, im Ganzen 107 691 ℳ an Pacht vereinnahmt und 8617 ℳ Verwaltungskosten gehabt, so daß ein Ueberschuß von 99074 ℳ verblieben ist. Hiervon gehen 3500 ℳ an den Reservefonds, 11 666 ℳ an den Erneuerungs⸗ fonds, 78 750 ℳ werden zur Dividende für die Stammprioritäten verwendet (4 ½ % auf drei Millionen Mark Stammprioritäten für die Zeit vom 1. September 1882 bis 31. März 1883) und 5158 ℳ werden auf neue Rechnung vorgetragen.
— Die „New⸗Yorker Hdls.⸗Ztg.“ schreibt in ihrem vom 29. v. Mts. datirten Wochenbericht: Mit Ausnahme eines mäßig lebhaften Erportgeschäfts in Weizen und Mais ist der Verkehr am Waaren⸗ und Produktenmarkt wieder sehr still gewesen. Der Frachtenmarkt war ruhiger, Raten haben sich aber ziemlich gut be⸗ hauptet. Baumwolle ist in disponiller Waare ebensowohl wie auf Termine, nur in ganz beschränktem Umfang gehandelt worden. Am Kaffeemarkt hat sich nichts von speziellem Interesse ereignet. Rohzucker fand zu etwas niedrigeren Preisen mehr Beach⸗ tung. Thee verharrte in stiller Geschäftslage. Schmalz hatte Anfangs ziemlich lebhaftes Exportgeschäft, war aber in den letzten Tagen, ebenso wie Schweinefleisch und Speck, wieder ruhiger. Harz ist still und im Wertbe unverändert, während Ter⸗ pentinöl sich bei flauem Geschäft nicht behaupten konnte. Raff. Pe⸗ troleum flau und nominell. In United Pipe ELine Certificates ist die Spekulation ungewöhnlich aktiv geblieben und unter der Manipulation des Syndikats von westlichen Spekulanten waren die Preise nur un⸗ wesentlichen, aber vorwiegend steigenden Fluktuationen unterworfen. Am Metallmarkt will noch immer keine rechte Belebung auf⸗ kommen. Fremde und einheimische Manufakturwaaren sind still. Der Import fremder Webstoffe für die heute beendete Woche beträgt 2 289 337 Doll. gegen 1 912 510 Doll. in der Parallelwoche
des Vorjahres. Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 11. Juli. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rugia“ von der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrts⸗ Aktiengesellschaft hat, von New⸗York kommend, gestern, Nach⸗ mittags 5 Uhr, die Scilly⸗Inseln passirt.
Hamburg, 12. Juli. (W. T. B.) Der Post dampfer „Teutonia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrts⸗ Aktiengesellschaft ist gestern in St. Thomas eingetroffen.
Priest, 12. Jult (W. Hh) SHer Lloyddampfer „Medea“ ist heute früh 8 Uhr aus Konstantinopel hier ein⸗ getroffen.
New3““” Dampfer „Erin“ von der National⸗Dampsschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
Berlin, 12. Juli 1883.
Ueber den gegenwärtigen Stand der Feld⸗ früchte in der preußischen Monarchie sind bei dem Ministerium für Landwirthschaft folgende Mittheilungen der Koniglichen Regierungen eingegangen:
Prooinz Ostpreußen.
1) Reg.⸗Bez. Königsberg: Durch verspätete Frühjahrs⸗ bestellung hatte sich das Wachsthum der Saaten etwas ver⸗ zögert; die um die Mitte Juni eingetretene fruchtbare Witte⸗ rung hat jedoch die Winter⸗ wie die Sommersaaten erheblich gefördert, so daß erstere durchschnittlich einen guten Ertrag versprechen und auch letztere zu guten Erwartungen berechtigen. Dies gilt namentlich für Erbsen und Kartoffeln.
Die Obstbäume haben reichlich angesetzt.
Für die Kleefelber und Wiesen trat der Regen nicht früh genug ein; der Ertrag ist daher, namentlich bei ersteren, nur mittelmäßig.
Winter⸗Weizen und Noggen versprechen einen Durch⸗ schnittsertrag. —
2) Reg.⸗Bez. Gumbinnen: Der Stand der Saaten ist gegenwärtig allenthalben ein so kräftiger, daß etwaige Winter⸗ schäden, soweit sie vorhanden gewesen sein mögen, jetzt überall als ausgeglichen zu erachten sind. Die Aussichten für die Getreideernte sind daher absolut gute; ein Gleiches gilt von der Kartoffelbestellung.
Niiccht ebenso günstig lassen sich die Aussichten auf die Klee⸗ und Heuernte bezeichnen. In den Memel⸗ und Pregel⸗ Niederungen zeigen die Klee⸗ und Wiesenflächen, weil es an Feuchtigkeit von vornherein nicht gemangelt hat, ein befrie⸗ digendes Wachsthum, in den meisten Kreisen Masurens aber ist der Klee⸗ und Graswuchs in Folge der fortgesetzten Trockenheit im Frühjahr ein weniger zufriedenstellender; es liegt indessen noch keineswegs begründete Veranlassung vor, Besorgnisse wegen Futtermangels hieran zu knüpfen, zumal der zweite Klee⸗ und Grasschnitt bei einigermaßen günstigen Witterungsverhältnissen einen Ausgleich herbeizuführen sehr wohl im Stande ist.
Provinz Westpreußen. “
1) Reg.⸗Bez. Danzig: Der gegenwärtige Stand des Wintergetreides berechtigt, was Körnerertrag betrifft, zu der Hoffnung auf eine Mittelernte; der Ertrag an Stroh wird voraussichtlich nur ein geringer sein.
Die Oelfrüchte stehen überall schlecht, dahingegen ist der Stand des Klees und Grases ein guter.
„Bei der günstigen Witterung des Monats Juni haben sich die Sommerfrüchte befriedigend entwickelt und ist nach ihrem gegenwärtigen Stande eine gute Mittelernte zu er— warten.
Ueber den Ausfall der Kartoffel⸗ und Zuckerrübenernte läßt sich bei der nur wenig vorgeschrittenen Entwickelung der Pflanzen ein Urtheil nicht abgeben.
Die Obsternte verspricht eine gute zu werden.
Die Getreidepreise sind im Ganzen noch niedrig; die Viehpreise dagegen sehr hoch.
2) Reg.⸗Bez. Marienwerder: Der Stand der Winter⸗ saaten ist im Ganzen befriedigend; der Strohertrag wird vor⸗ aussichtlich gering sein. Die Sommersaaten sind gut auf⸗ gegangen und haben sich kräftig entwickelt, sodaß ein günstiger Ertrag erwartet werden kann.
Die Klee⸗Ernte verspricht nur geringen, die Heu⸗Ernte dagegen besseren Ertrag.
Die Raps⸗ und Rübsenfelder sind großentheils aus⸗ gewintert, und es wird deshalb eine sehr schlechte Ernte befürchtet. lich d⸗ Hafer, Erbsen und Kartoffeln stehen durchschnitt⸗ ich gut.
Die Obstbäume haben reich geblüht und gut angesetzt, es darf daher auf eine gute Obsternte gehofft werden.
Provinz Brandenburg.
1) Reg.⸗Bez. Potsdam: Die Winter aaten stehen zwar
niedrig und dünn, versprechen aber einen Körnerertrag mitt⸗
leren Durchschnitts. Sehr viel geringer dagegen steht das Sommerkorn; auf leichtem, durchlässigem Acker ist der Halm schon vor dem Reifen des Korns verdorrt, fast durchweg ist niedriger Strohwuchs zu beklagen. Nur vereinzelte Gegenden, welche von Gewitterregen betroffen wurden, haben Aussicht auf eine Mittelernte.
Am traurigsten steht es mit den Futterkräutern und Wiesen, von letzteren versprechen nur die niedrig gelegenen einigermaßen Ertrag.
Der Stand der Kartoffeln ist als ein guter zu bezeichnen.
Die Obstbãume werden einen guten Ertrag liefern.
Allem Anschein nach wird in diesem Jahre nur eine
schwache Mittelernte zu erwarten sein. 2,) Reg⸗Bez. Frankfurt: Winterkorn ist durchweg kurz im Stroh; der Weizen steht vielfach dünn, kann aber noch leidlichen Körnerertrag bringen. Der Körnerertrag des Roggens muß überall hinter einer Mittelernte erheblich zurück⸗ bleiben. Gerste steht verhältnißmäßig am besten; sie wie auch Hafer bleiben kurz in Stroh, und von letzterem ist nur noch ein geringer Körnerertrag zu erwarten.
Die Kleeheu⸗, sowie die Wiesenheu⸗Ernte ist — abgesehen von dem Ueberschwemmungsgebiet der Oder — im Wesent⸗ lichen in guter Qualität geborgen, hat jedoch quantitativ nur einen sehr geringen Ertrag geliefert.
Suckerrüben und Kartoffeln stehen zur Zeit durchweg sehr gut. Provinz Pommern.
1) Reg.⸗Bez. Stettin: Die Ernteaussichten können im Allgemeinen nicht als erfreulich bezeichnet werden. Das Winterkorn gewährt bezüglich des Körnerertrags noch Aussicht auf eine leidliche Ernte. Am besten steht der Roggen, der Weizen aber bleibt hinter einer Durchschnittsernte weit zurück. Bei beiden Getreidearten ist nur eine mittelmäßige Strohernte zu erwarten.
Die Oelsaaten versprechen wenig Gewinn.
Gras⸗ und Kleewuchs, welche unter der lange anhalten den Dürre stark gelitten haben, versprechen noch weniger al⸗ das Winterkorn.
Die Hackfrüchte lassen eine gute Ernte erhoffen.
Die Viehpreise halten sich hoch.
Die Obsternte läßt mit Ausnahme der Pflaumen einer guten Ertrag erwarten. 8
2) Regierungsbezirk Cöslin: Die früh gesäeten Winter saaten in den besseren Bodenarten verheißen eine gute Mittel ernte, der spät gesäete Roggen dagegen, namentlich auf leich tem Boden, wird voraussichtlich erheblich unter der Mittel⸗ ernte bleiben.
Der Winterraps stellt eine Mittelernte in Aussicht.
Die Sommersaaten und Kleefelder lassen eine gute Mittel ernte erhoffen.
Die Futterernte hat unter den günstigsten Verhältnissen begonnen und wird voraussichtlich die Qualität den Mange der Quantität ausgleichen.
Die Kartoffeln lassen nichts zu wünschen übrig.
3) Reg.⸗Bez. Stralsund: Die bis vor Kurzem an dauernde Dürre hat die Wintersaaten in der Entwickelung zurückgehalten, doch hat der Roggen gut angesetzt; der Weizen verspricht dagegen einen weniger guten Ertrag. Immerhin wird noch auf eine Mittelernte im Winterkorn gerechnet werden dürfen. Das Sommerkorn hat durch die Trockenheit mehr gelitten und läßt namentlich auf leichtem Boden Ausfälle erwarten.
Die Rübsenfelder stehen gut, ebenso die Kleefelder.
Die Wiesen versprechen einen mittelmäßigen Schnitt.
Kartoffeln und Futterrüben sind, weil spät gepflanzt, im Wachsthum noch sehr zurückgeblieben.
Provinz Posen.
.1) Reg.⸗Bez. Posen: Die Körnerbildung beim Getreide ist — bei kurzem Stroh — eine günstige und lassen Roggen und Weizen eine ziemlich befriedigende, Kartoffeln, Rüben und sonstige Hackfrüchte eine gute Ernte erwarten.
Der fast beendete erste Heuschnitt ist qualitativ meist gut, quantitativ nicht sehr reichlich ausgefallen.
Im Ganzen ist daher auf eine annähernd mittlere Ernte zu rechnen.
2) Reg.⸗Bez. Bromberg: Im Allgemeinen sind die Wintersaaten in Folge der Blachfröste ausgewintert und um⸗ geackert worden. Alle zeitig auf warmem, drainirtem Boden gesäeten Saaten stehen zum Theil vorzüglich. Ebenso hat der früh gesäete Roggen schöne Aehren und kann auf einen hohen Körnerertrag gerechnet werden.
Gerste, Hafer und Erbsen stehen gut.
Die Zuckerrüben stehen im Allgemeinen recht gut
Die Karroffeln lassen eine gute Ernte erhoffen.
Die Obstbäume haben gut angesetzt.
Die Viehpreise sind ungewöhnlich hohe.
Proyinz Schlesien.
1) Reg⸗Bez. Breslau: Die anhaltende Dürre im Mai hielt die Entwickelung der Winterung zurück; die im Juni eingetretenen Niederschläge sörderten indeß die Saaten merk⸗ lich, so daß im Ganzen noch auf eine Mittelernte zu hoffen ist, wenn auch der Strohertrag gering sein wird.
Der erste Schnitt der Futterernte ist ein wenig ergiebiger.
Der Stand der Hackfrüchte ist im Allgemeinen befriedigend.
Schwer geschädigt sind die Landwirthe der Fluß⸗ niederungen durch die neuerdings eingetretenen Ueberschwem⸗ mungen; am Härtesten sind betroffen die Kreife Habelschwerdt, Glatz und Schweidnitz.
2) Reg.⸗Bez. Oppeln: Die Ernteaussichten sind im All⸗ gemeinen zufriedenstellende. Weizen und Roggen versprechen eine Durchschnittsernte. Die Sommersaaten haben meist einen guten Stand; Gerste, Hafer, Erbsen und Wicken
gleichfalls.
voff Kartoffeln und Rüben lassen eine gute Mittelernte er⸗ offen.
Der erste Schnitt der Heuernte, welcher quantitativ ein recht befriedigendes Resultat ergab, ist der Qualität nach hinter einer Mittelernte zurückgeblieben.
3) Reg.⸗Bez. Liegnitz: Der Stand des Sommergetreides ist im Ganzen ein guter; das Wintergetreide dagegen steht auch in den besseren Böden dünn und ist kurz im Stroh ge⸗ blieben, die Aehren sind aber gut entwickelt. An vielen Orten des Bezirks, besonders am Bober, der Katzbach und wüthenden Neisse, theilweise auch an der Oder, sind die Feldmarken durch die Ueberschwemmungen in der letzten Hälfte des Juni ganz oder zum großen Theile unter Wasser gesetzt worden. Auf vielen Feldern sind Cerealien oder v. durch das Wasser stark beschädigt. Das Gras auf den Wiesen, die noch nicht gemäht waren, ist durch Sand und Schlamm unbrauch⸗ bar geworden; wo es bereits gemäht war, ist es von den