Bekanntmachungen,
betreffend Verbote und Beschränkungen der Ein⸗ fuhr über die Reichsgrenze.
Verordnung,
betreffend das Verbot der Einfuhr und Durchfuhr von Schafen. Einziger Paragraph. b 8 Mit Genehmigung des Herrn Ministers für Landwirth⸗ schaft, Domänen und Forsten wird die Wirksamkeit meiner Verordnung vom 13. März d. J., betreffend das Verbot der Einfuhr und Durchfuhr von Schafen aus dem Königreich der Niederlande, dem Königreich Belgien und dem Groß⸗ herzogthum Luxemburg (Amtsblatt Stück 12, Seite 619) bis zum 1. November dieses Jahres hiermit ausgedehnt. Aachen, den 31. August 1883. 1 Der Regierungs⸗Präsident. b
5. d. Marck.
1 v betreffend das Verbot der Einfuhr von Schafen.
Da die zur Tilgung der in Elsaß⸗Lothringen herrschenden Schafräude angeordnete Durchführung der durch das Reichs⸗ Seuchengesetz vom 23. Juni 1880 und das Gesetz für Elsaß⸗ Lothringen vom 27. März 1881 vorgeschriebenen veterinär⸗ polizeilichen Maßregeln noch nicht beendet ist, wird das durch Verordnung vom 19. April l. Js. verfügte Verbot der Ein⸗ fuhr von Schafen aus Frankreich, Luxemburg und der Schweiz bis auf Weiteres verlängert. Zum Schlachten bestimmte Schafe können nach vorgängiger Feststellung ihrer Gesundheit durch einen diesseitigen beamteten Thierarzt eingeführt werden.
Straßburg, den 24. August 1883.
Ministerium für Elsaß⸗Lothringen. für Gewerbe, Landwirthschaft und Arbeiten.
Der Unter⸗Staatssekretär: Ledderhose.
Abtheilung
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Der nächste diesjährige Jahrmarkt findet in den Tagen vom 17. bis 20. Oktober a. c. auf der Großen Frankfurterstraße (Frank⸗ furter Linden) und Umgebung statt.
Der Aufbau der Buden und Schragen beginnt am 16. Oktober um 11 Uhr, der der übrigen Händler — Korbmacher, Böttcher ꝛc. — am 17. Oktober, früh 6 Uhr. 1 G
Diejenigen Händler, welche diesen Markt beziehen und daselbst Buden oder Schragen aufbauen wollen, haben sich unter Beifügung ihrer Gewerbelegitimation bis spätestens den 1. Oktober a. c. an das Kommissariat für Markt⸗ und Gewerbeangelegenheiten, Louisen⸗Ufer Nr. 2 b., mit einem bezüglichen schriftlichen Antrage, in welchem der feilzuhaltende Artäkel bezeichnet sein muß, zu wenden, von wo aus ihnen eine Marktkarte ausgefertigt werden wird.
Handeltreibende, welche weder Buden noch Schragen aufzustellen beabsichtigen oder diesen Markt nicht dauernd besuchen wollen, er⸗ halten keine Marktkarten, dieselben haben sich vielmehr am 16. Ok⸗ tober, Nachmittags 3 Uhr, auf dem in dem Hause Große Frankfurter⸗ straße Nr. 116 errichteten Marktpolizei⸗Bureau mit ihrer Gewerbe⸗ legitimation einzufinden, woselbst ihnen, soweit es der Raum ge⸗ stattet, eine nur für diesen Markt gültige Stelle angewiesen werden wird.
Die für die andern Jahrmäckte, insbesondere auch die alten, für die Jahrmärkte Alerander⸗Platz ausgestellt gewesenen Marktkarten sind ungültig, dahingegen haben die für den bevorstehenden Markt auszustellenden Marktkarten für beide auf der Großen Frankfurter⸗ straße fortan stattfindenden Jahrmärkte Gültigkeit.
Berlin, den 29. Auguft 1883.
Königliches Polizei⸗Prästdium. In Vertretung: von Heppe.
Richtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 3. September. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag den Vortrag des Cirilkabinets und des Ober⸗Ceremonienmeisters Grafen zu Eulenburg entgegen.
Um 1 Uhr ertheilten Se. Majestät dem General Kähler vor seiner Rückreise nach Konstankinapel Audienz.
Zu 5 Uhr hatten Se. Majestät den Prinzen Georg von Sachsen zum Diner geladen.
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— Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Reichstages besindet sich in der Zweiten Beilage.
. — Nach Mittheilung aus Italien ist folgende Sub⸗ mission ausgeschrieben worden:
Für den 24. d. M., 2 Uhr Nachmittags, von der Direktion des Militär⸗Kommissariats von Neapel eine Submission auf Lieferung von:
106 000 m Militärtuch in verschiedenen Farben, im Tax⸗ werthe von 1 059 000 L.,
4270 000 m Halbleinen im Taxwerthe von 363 000 8.,
16 000 m Sackleinen im Taxwerthe von 10 400 L.,
280 000 m Köperleinen im Taxwerthe von 308 000 L.,
3000 m sogenanntes Englischleinen,
18 000 m Flanell im Taxmerthe von 67 500 L.
— Unter Aufhebung der allgemeinen Verfügung vom 9. Januar 1876 hat der Minister für Landwirthschast, Do⸗ mänen und Forsten unter dem 15. v. M. bestimmt, daß die weiblichen Stücke des Roth⸗, Dam⸗ und Rehwildes vom 1. Januar des ersten bis zum 31. Mai des zweiten auf ihre Geburt folgenden Jahres als Schmalthiere, bez. Schmal⸗ rehe anzusprechen und zu verrechnen sind. Hiernach ist vom 1. Oktober d. J. ab zu verfahren.
,— Der Archirv⸗Assistent Dr. phil. Friedensburg beim Staatsarchive zu Marburg ist aus dem Staatsarchivdienste ausgeschieden.
— Der General der Infanterie von Strubberg, General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗ wesens, hat sich nach Culm behufs Besichtigung des dortigen
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Caprivi, ist von Inspizirungsreisen hierher zurückgekehrt.
— Der Kaiserlich osmanische Brigade⸗General Hobe Pascha, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Sultans, hat Berlin wieder verlassen. 1
— Zur Feier des Tages von Sedan hatte die Haupt⸗ stadt gestern bereits in der Frühe ein Festkleid angelegt; die Hauptstraßen prangten im reichen Schmuck wehender Fahnen und Flaggen und waren von einer froh bewegten Menschen⸗ menge erfüllt, welche Ausflüge in die Umgegend machte, denn die meisten Geschäfte hatten ihren Angestellten einen Ruhetag gewährt, und Kriegervereine wie Gesellschaften aller Art festliche Zusammenkünfte veranstaltet.
Einen Hauptanziehungspunkt bildete selbstverständlich das 8 eröffnete Panorama von Sedan, das von Besuchern über⸗ üllt war.
t Mittags 12 Uhr ließ in herkömmlicher Weise ein Musik⸗ corps von der Plattform des Rathhauses herab festliche Klänge ertönen.
Abends führte die liturgische Andacht im Dom ein zahl⸗ reiches andächtiges Publikum zusammen. Der 98. Psalm, vom Domchor vorgetragen, und der von der ganzen Gemeinde gesungene Choral „Lobe den Herren“ ging der Liturgie voran. Nach weiteren Gesängen des Chores und der Gemeinde nahm dann Hofprediger Stöcker das Wort zu einer patriotischen Predigt, die sich an Eph. 3. 20 und 21 anlehnte.
In den Theatern wurden die Aufführungen durch Fest⸗ prologe eingeleitet. .
Um 7 Uhr Abends zogen etwa 2000 Turner mit ihrem Banner an der Spitze und geleitet von 500 Fackelträgern nach dem Kreuzberge, wo unter patriotischen Gesängen und An⸗ sprachen ein mächtiger Holzstoß entzündet wurde, dessen Gluth weit in der Umgegend zu sehen war.
Ueber der Stadt leuchtete auch diesmal wieder durch das Dunkel der Nacht der in rothem bengalischem Licht flammende fahnengeschmückte Rathhausthurm.
Von auswärts liegen über die des „W. T. B.“ vor: 1
Posen, 2. September. Die Sedanfeier wurde gestern Abend durch einen vom Landwehrverein veranstalteten Zapfen⸗ streich eröffnet. Heute früh fand eine Reveille statt. Die Stadt ist reich beflaggt. Nachmittags erfolgte unter Anführung einer uniformirten Compagnie des Landwehrvereins, welcher sich die Gewerkvereine anschlossen, der Ausmarsch zur Festfeier im Zoologischen Garten. Die Betheiligung an dem Zuge und der Feier war eine sehr rege.
Breslau, 2. September. Nachdem der Sedantag bereits gestern durch eine Vorfeier festlich begangen worden, und namentlich der Fackelzug der Turner trotz schwerer Gewitter und strömenden Regens zur imposanten Ausführung gelangt war, ist heute die Stadt aufs Reichste mit Flaggen geschmückt. Nachmittags finden in allen größeren öffentlichen Etablisse⸗ ments und Gärten Festconcerte statt. Die öffentlichen Denk⸗ mäler und Fontänen, welche ebenfalls reich geschmückt sind, werden am Abend festlich beleuchtet werden. Zur Einleitung des Festes werden Mittags 12 Uhr vom Rathhausthurme Choräle und patriotische Weisen ertönen.
Dortmund, 3. September. Der Sedantag wurde durch einen großartigen Festzug, Volksfeste und Illumination gefeiert. Ober⸗Bürgermeister Lindemann hielt auf dem Markt⸗ platze die Festrede.
Cassel, 2. September, Abends. Zur Vorfeier des Sedan⸗ festes fanden gestern in den Schulen Festakte und Exkursionen der Schüler statt; am Abend waren die Krieger, die Turner, die Mitglieder der Feuerwehr, die Reserveoffiziere in mehreren Lokalen zu besonderer Feier versammelt. Die Stadt hatte ebenfalls schon gestern festlichen Flaggenschmuck angelegt. Heute früh ertönte von den Thürmen Glockengeläute und Choralmusik; spater fand in den Kirchen Festgottesdienst statt, und nach demselben wurden die Gräler der hier beerdigten Mit⸗ kämpfer in der Schlacht von Sedan sowie das Denkmal für die im Kriege von 1870/71 Gefallenen von den Kriegervereinen mit Kränzen geschmückt. Nachmittags fanden an mehreren Orten Festconcerte statt.
München, 2. September. Die Feier des Sedanfestes wurde hier durch eine Morgenmusik vom Balkon des Rath⸗ hauses eingeleitet. Sämmtliche städtische, verschiedene andere öffentliche sowie zahlreiche Privatgebäude waren beflaggt; be⸗ sonders zeichnete sich die Nachbarschaft des Rathhauses aus. Am Abend werden in einer großen Reihe von Vergnügungs⸗ lokalen besondere Festlichkeiten Seitens der verschiedenen Ver⸗ eine veranstaltet.
Dresden, 2. September. Zur Feier des Sedantages, welcher von den Schulen schon gestern festlich begangen wurde, prangen Sng alle Königlichen und Staatsgebäude, sowie zahlreiche Privathäuser in reichem Flaggenschmucke. Mittags wird eine ve c⸗ auf dem Alten Markte, am Abend eine festliche Beleuchtung der öffentlichen Plätze stattfinden.
Leipzig, 2. September. Auch hier wurde der Sedan⸗ tag auf das Glänzendste begangen. Gestern Abend fand am Napoleonstein eine Vorfeier statt, wobei Freudenfeuer ange⸗ zündet und patriotische Gesänge vorgetragen wurden. Der Polizeidirektor hielt die Festrede. Daran schloß sich ein Festcommers im Krystallpalast. Heute früh ertönte ein Weckruf in den prächtig geschmückten Straßen; um 10 Uhr war Festgottesdienst, und von 11 bis 12 Uhr spielten Kapellen auf sämmtlichen Plätzen der Stadt. Um 2 Uhr Nachmittags erfolgte der Abmarsch des Festzuges nach dem Marktplatz. 12 Kapellen, gegen 50 Vereine mit etwa 8000 Personen nahmen am Zuge Theil. Als derselbe auf dem Marktplatz angelangt war, hielt der Rektor Professor Richter eine Ansprache, welcher das Absingen eines patriotischen Liedes folgte. Alsdann bewegte sich der Zug nach dem neuen Schützenhause. Sämmtliche Plätze der Stadt werden heute Abend glänzend illuminirt. .
Freiburg, 2. September. Böllerschüsse und Glocken⸗ geläute verkünderen den Anbruch des Sedantages, dessen Feier vom Magistrat angeordnet war. Die Stadt prangt im Flaggenschmuck, auch die umliegenden Städte und Ortschaften begehen den Tag in festlicher Weise. Gestern Abend fand hier
Feier folgende Meldungen
zur Vorfeier ein Fesrcommers statt, bei welchem sämmtliche hiesige Gesangvereine mitwirkten. Landgerichts⸗Direktor Kiefer hielt die Festrede, welche sich über die Bedeutung des Hohenzollernhauses für Deutschland verbreitete.
Weimar, 3. Septemdͤer. Der Sedantag ist hier, wie überall im Großherzogthum, unter lebhafter Betheiligung d Bevölkerung gefeiert worden. e“ 8
— Der Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant von
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Bremen, 2. September. Die hiesige Sedanfeier nimmt, vom Wetter begünstigt, unter außerordentlich zahlreicher Be⸗ theiligung, einen glänzenden Verlauf. Auf dem Marktplatz, wo Pastor Schenkel vor dem Rathhause die Festrede hielt, hatten die Behörden, die Korporationen und der zur Feier des Tages arrangirte Festzug Aufstellung genommen. Die
Festrede schloß mit einem von der dichtgedrängten, den ganzen Platz einnehmenden Menschenmenge jubelnd aufgenommenen Hoch auf Kaiser und Reich. Von hier aus setzte sich der Festzug unter Glockengläute und Kanonendonner nach dem Kriegerdenkmal in Bewegung. und Volksfest
Am Nachmittage findet Fest⸗ auf dem Schützenhofe statt.
essen
Bayern. München, 2. September. (W. T. B.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz traf heute Vormittag zum Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Herzogs Karl Theodor in Tegernsee ein, kam von dort um 6 Uhr Abends nach München und besuchte hier den Herzog Max, Königliche Hoheit. Um 7 Uhr setzte der Kronprinz, begleitet von dem Stabe der Armee⸗Inspektion und dem hiesigen preußischen Militärbevollmächtigten, mit dem Schnellzuge die Reise nach Würzburg fort. Das zahlreich auf dem Bahnhof anwesende Publikum begrüßte Se. Kaiserliche Hoheit mit enthusiastischen Hochrufen.
— (W. T. B.) Durch einen Königlichen Erlaß werden die wegen der Bildung der Sch ulsprengel be⸗ standenen Bestimmungen dahin abgeändert, daß künftig neben den räumlichen Verhältnissen in erster Linie die Konfession der Schulpflichtigen entscheidend sein soll. 3
Würzburg, 3. September. (W. T. B.) Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist in der Nacht hier angekommen und Morgens zur Abhaltung von Kavallerie⸗ Inspektionen in die Umgegend gefahren. Abends um 6 Uhr findet ein Galadiner und um 8 Uhr ein Fackelzug statt.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 1. September. (W. T. B.) Der Statthalter General⸗Feldmarschall Frhr. V8. Me nteuffel ist heute zum Kurgebrauch nach Gastein abgereist. 8
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 2. September. (W. T. B.) Die Kronprinzessin Stefanie ist heute früh 7 Uhr 15 Min. glücklich von einer Tochter entbunden worden. Mutter und Kind befinden sich wohl. Die feierliche Taufe findet am 5. September, Mittags 1 Uhr, zu Laxenburg statt.
— 3. September. (W. T. B.) Wie aus Frohs dorf
emeldet wird, werden der Graf von Paris mit den ö von Orleans nach Paris zurückkehren, da die Gräfin Chambord angeordnet hat, daß ein näherer Anver⸗ wandter des Grafen Chambord bei den Leichenfeierlich⸗ keiten in Görz den ersten Platz einnehmen solle.
— 3. September. (W. T. B.) Der Graf von Paris und die Prinzen von Orleans sind nach Gmunden abgereist. — Der Entschluß der Prinzen hat in Görz große Bewegung hervorgerufen. Die dort anwesenden Franzosen bereiten Resolutionen vor.
Laxenburg, 2. September. (W. T. B.) Der Kaiser
ist von Wien hier eingetroffen. Der Bahnhof und der Ort sind mit Flaggen und Blumen festlich geschmückt. In der Ortskirche wurde anläßlich der Geburt der Prinzessin ein Hochamt celebrirt.
— 2. September, Abends. (W. T. B.) Nachmittags 1 Uhr traf die Kaiserin mit der Erzherzogin Valerie von Mürzzuschlag hier ein. Dem Tedeum in der Ortskirche wohnten die Obersthofmeister Prinz zu Hohenlohe und Graf Bombelles mit dem gesammten Hofstaat sowie das Offizier⸗ corps bei. Die Königin der Belgier besuchte die Messe in der Schloßkirche. Zu den ersten Personen, denen der Kronprinz Rudolf die Nachricht von der glücklichen Entbindung der Kronprin⸗ zessin sandte, gehörte Se. Königliche Hoheit der Prinz Wil⸗
helm von Preußen.
Frohsdorf, 1. September. (W. T. B.) Heute früh 9 Uhr fand in der Schloßkapelle das erste Seelenamt für den Grafen Chambord, in Anwesenheit des Erzherzogs. Carl Ludwig, sowie anderer Mitglieder des österreichischen Kaiserhauses, des Herzogs von Braganza und zahlreicher Mitglieder der österreichischen Aristokcatie, statt. Der Nuntius Vanutelli celebrirte.
Görz, 3. September. (W. T. B.) Die Metro⸗ politan⸗ und die Klosterkirche Castagnavizza ist vollständig geräumt, schwarz ausgeschlagen und reich mit Silber drapirt; die Insignien des Hauses Bourbon sind überall angebracht. Am Fuße des im Mittelschiffe aufge⸗ stellten Katafalkes steht eine große weiße Fahne mit 8 gestickten Lilien und der Inschrift „Henriette et Marie Royard Lille 1880 — 1883“v, welche dem Leichenzuge vorangetragen werden wird. Aus der Kirche ist ein direkter Gang in den Klostergarten ausgebrochen, um auf kurzem Wege zu der unter dem Hochaltar gelegenen Gruft gelangen zu können. Die Gänge der Gruft sind mit Reisig, Blumen und exotischen Pflanzen reichlich dekorirt. Aus Frankreich und Italien findet ein außerordentlich zahlreicher Zuzug von Legitimisten statt; sämmtliche Hotels sind besetzt; das Wohnungscomité befindet sich in Permanenz.
8 Pest, 1. September. (Pr.) Der „Lloyd“ meldet aus Wien: Die Entscheidung über Kroatien ist aus for⸗ mellen Gründen noch nicht getroffen, doch ist es zweifellos, daß die Vorschläge Tisza's, konform den früheren Ministerraths⸗ beschlüssen, Genehmigung finden.
— (Pr.) Der armenische Patriarch Narses hat seine Demission zurückgezogen. — Der von einer Räuberbande bei Salonich gefangene Mehmed Schefik Pascha wurde durch Truppen befreit und die Bande zerstreut.
Agram, 1. September. (W. T. B.) Der Ministerial⸗ Rath David ist nach Pest abgereist und dürfte nicht mehr hierher zurückkehren.
— (Pr.) Aus Krapina in Zagorien wird gemeldet, daß dort förmliche Kämpfe geliefert wurden. Bei 2006 Bauern stürmten das Gemeindehaus und das Steueramt. Die Gensd'armen hieben ein, wobei ein Mann todt blieb. Die Menge ist offenbar militärisch organisirt.
Schweiz. Bern, 1. September. (W. T. B.) Der Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und Spanien ist hier unterzeichnet worden. Das ursprüngliche Verlangen der spanischen Regierung, den Königsmord nicht
über „Deutsch
als politisches Verbrechen zu betrachten, wurde von dem Bundes⸗ rath abgelehnt und später Seitens Spaniens aufgegeben.
Großbritannien und Irlamd. London, 3. Septem⸗ ber. (W. T. B.) Dem Reuterschen Bureau wird aus Hongkong, vom 2. d. M. gemeldet: Die Franzosen besetzten Kouang⸗Yen widerstandslos. Admiral Courbet verfügte die Blokade der Küste von Tongking und Saigon; neutrale Schiffe sollen behufs Durchsuchung der Ladung drei Tage Ierer F.53—0 General Bouet verlangte einen Na ub von 50. ann.
g 3. früh. (W. T. B.) Aus Durban wird das Gerücht ec. daß der henn. Cetewayo dem⸗ nächst in Pieter⸗Maritzburg eintreffen werde.
“ 2. September. (W. T. B.) Hier wurden 9 Irländer wegen ihrer Betheiligung an der am 20. Ja⸗ nuar cr. erfolgten Sprengung eines Gasometers und anderer Dynamiterzesse verhaftet.
Frankreich. Paris, 1. September. (W. T. B.) Ein amtliches Telegramm aus Tamatave, vom 26. August, bestätigt, daß die Königin der Howa's am 13. Juli ge⸗ storben ist. Die Nichte derselben hat als Königin Ranavalo III. die Herrschaft angetreten. Der Premier⸗ Minister bleibt auch ferner im Amte.
Einer Depesche aus Hue zufolge hat der König von Annam sich verpflichtet, nicht mehr direkt mit dem Kaiser von China zu correspondiren.
Der König von Spanien wird am 6. d. M. hier erwartet. 1 8 88
Der Kriegs⸗Minister Thibaudin hat seine Reise nach der Alpengrenze in Folge Inanspruchnahme durch anderweitige zahlreiche Arbeiten auf unbestimmte Zeit ver⸗ schoben.
— 2. September. (W. T. B.) Heute hat in Paris ein heftiger Sturm gewüthet, in Folge dessen die Vorarbeiten zu dem Feste für die Armen der Stadt zerstört wurden.
Türkei. Konstantinopel, 1. September. (W. T. B.) Der Fürst von Montenegro hat heute die Rückreise an⸗ getreten.
Dänemark. Kopenhagen, 1. September. (W. T. B.) Auf eine Einladung des Munizipalraths der Hauptstadt an den König und die Königin nebst ihren hohen Gästen zu einem Feste erwiderte der König dankend mit dem Bedauern, der Einladung nicht folgen zu können, da insbesondere der Kaiser von Rußland bhierselbst lediglich der Muße zu leben wünsche. 1b “
— 2. September. (W. T. B.) Die Großfürstin Wladimir hat wegen der morgen stattfindenden Geburts⸗ feier der Königin von Griechenland ihre auf heute angesetzt gewesene Abreise über Kiel verschoben.
— 3. September. (W. T. B.) Der Prinz von Wales wird am Donnerstag hier erwartet.
5 Zeitungsstimmen. 8 In „Berliner Politischen Nachrichten“ lesen wir:
Die wirthschaftspolitische Opposition hatte ihre Hoffnungen für die Berathung des deutsch⸗spanischen Handelsvertrags nicht in letzter Linie darauf gesetzt, daß sie mit der Legende von der Vergewaltigung S durch die „ekelhafte“ Spritklausel im Parlament denselben
indruck wie bisher in ihrer Presse machen werde. Um so mehr mußte sie sich vor den Kopf gestoßen fühlen, als bereits am ersten Tage, der Debatte der berufene Vertreter der hamburgischen Regierung, der Senator Versmann keinen Zweifel darüber ließ, daß Hamburg der Protektion der man⸗ chesterlichen Opposition nicht nur nicht benöthige, sondern dem
den
Interesse dieser Herren für die bedrohte Hamburger Industrie nicht
einmal einen reellen Werth beilege. Noch präziser als am ersten Tage wahrte der genannte Herr am zweiten Tage den Standpunkt der Hamburger. Was er sagte, und was geradezu ernüchternd für die Opposition klang und ihrer Agitation jeden Boden ent⸗ zog, läßt sich dahin zusammenfassen, daß Hamburg, je mehr es an den Abmachungen des Zollanschlußvertrags festgehalten und von den ihm in demselbengewährten Rechten keines zu opfern willens ist, um so mehr sich auch für verpflichtet hält, allen Uebertreibungen ent⸗ gegenzutreten. Eine Uebertreibung aber ist es, wenn gesagt wird, das ganze Spritgeschäft Hamburgs sei durch die Spritklausel mit einem Schlage ruinirt. Feehhn hat das feste Vertrauen, daß die Stellung Hamburgs als elthandelsplatz nach dem Vertrage ebenso
gesichert ist wie vor demselben. 8 — „Schlesischen Zeitung“ geschrieben:
Aus Dresden wird der
Während der letztverflossenen sechs Monate sind in der Industrie⸗ stadt Meerane die Erwerbsverhältnisse in der Webebranche entschieden bessere geworden, und man wird diesen Umstand, außer dem immer fühlbarer werdenden Mangel an tüchtigen Arbeitskräften und der ge⸗ schlossenen Organisation der Weber, wohl zumeist den wohlthätigen Wirkungen der Schutzzollpolitik beizumessen haben. Ein unlängst von dem Meeraner Fachverein für Weber veröffentlichtes, im Juli d. J. aufgenommenes Verzeichniß der für die Saison 1883 in Meerane gezahlten Weblöhne weist gegenüber der im Dezember 1882 herausgegebenen Lohntabelle eine Aufbesserung der Löhne von durch⸗ schnittlich 15 % nach; zwei Fabrikanten haben sogar eine Erhöhung von 40 % eintreten lassen, während zwei andere ihre früheren Lohn⸗ sätze beibehielten. Iöu bringt folgende
„Norddeutsche Allgemeine Mittheilung:
Das Aeltestenkollegium der Kaufmannschaft zu Magdeburg berichtet: „In unserem Bericht für das Jahr 1881 konnten wir schon aussprechen, daß das Geschäftsjahr manche Momente eines lebhafteren Verkehrs gezeigt und daß sich dies besonders in den letzten Monaten des genannten Jahres mehr und mehr in einer langsamen, aber stetig fortschreitenden Aufwärtsbewegung geltend gemacht habe, so daß Handel und Industrie mit den besten Hoffnungen in das Jahr 1882 eintreten konnten. Blicken wir nun gegenwärtig auf das verflossene
ehr zurück, so müssen wir der Ueberzeugung Ausdruck geben, daß
ch unsere Erwartungen erfüllt, daß sich unsere wirthschaftlichen Zu⸗ ände weiter gehoben haben, und daß sich diese Besserung in der vo rsichtig gesteigerten, aber sicher fortschreitenden und dabei auch loh nenden Produktion als eine dauernde kundgegeben hat.“
— In einem Artikel: „Die Breslauer Handelskammer
die wirthschaftliche Lage in Deutschland“ sagt die e volkswirthschaftliche Correspondenz“: reslauer Handelskammer, eine von denjenigen, welche bis⸗
Zeitung“
her stets 1n hervorragender Weise geglaubt haben, ihre Unzufriedenheit
über die jerit in Deutschland herrschende Wirthschaftspolitik und ein damit zusam nenhängendes Darniederliegen von Handel und Wandel in ihren Jahhresberichten betonen zu müssen, sieht sich in ihrem neuesten Berich. ’e für das Jahr 1882 endlich einmal veranlaßt, etwas günstigere Saiten aufzuziehen. Wo es abfolut nicht anders geht, da macht sie nämlich einige Konzessionen an die Besserung der wirth⸗ chaftlichen Lage in Deutschland, fällt indessen anderseits noch oft genug in ihre alte pefsimistische Unzufriedenheit mit den wirthschaft⸗
8 “
sicht der Geschäfte der preußischen Ober⸗L
deutschen Lloyd „Fulda“
lichen Verhältnissen zurück. Sogleich der Anfang des neuesten Jahres⸗ berichts läßt erkennen, daß es der Kammer recht unbequem ist, zu⸗ gestehen zu müssen, daß die wirthschaftliche Lage Deutschlands im Jahre 1882 sich wiederum merklich gehoben hat. Wir lesen: Ein zuverlässiges Gesammtbild von den geschäftlichen Resultaten des Jahres 1882 zu entwerfen, ist nach Maßgabe der uns zuge⸗ gangenen Spezialberichte schon um deswillen nicht möglich, weil die Ergebnisse des Wirthschaftsbetriebes in den verschiedenen Erwerbs⸗ branchen ungemein verschieden gewesen sind. Mit einiger Gewißheit kann angenommen werden, daß die Verhältnisse der Fabrikation und des Waarenhandels, welche schon im Jahre 1881 eine Wendung zum Besserwerden gezeigt hatten, sich durchschnittlich im Berichtsjahre nicht verschlechtert haben
Statistische Nachrichten.
„Justiz⸗Min.⸗Bl.“ veröffentlichten Hauptüber⸗ andesgerichte im Jahre 1882 betrug die Zahl der etatsmäßigen Beamten bei den Ober⸗Landesgerichten: Präsidenten 13, Senats⸗Präsidenten 36, Ober⸗ Landesgerichts⸗Raͤthe 234, Gerichtsschreiber 62, Kanzlisten 43, Kanzlei⸗ diätare 19, Gerichtsdiener und Kastellane 62 bei der Staats⸗ anwaltschaft: Ober⸗Staatsanwälte 13, Staatsanwälte 10, Rech⸗ nungsrevisoren 13, Sekretäre 15, Assistenten 8, Kanzlisten 13, Gerichtsdiener 14. Die Pohl der Referendare bei den Ober⸗Landesgerichten und im Bezirk derselben betrug 4061.
Im Laufe des Jahres waren an Civilsachen in der Be⸗ rufungsinstanz anhängig geworden: gewöhnliche Prozesse 9082, Ur⸗ kundenprozesse 203 (darunter 147 Wechselprozesse) und 413 Ehe⸗ und Entmündigungssachen, zusammen 9698. Mündliche Verhandlungen fanden 13.486 (5236 in älteren, 8250 in neuanhängigen Sachen) statt, darunter 11 625 kontradiktorische. Von 13 837 Rechtsangelegenheiten (darunter 12 924 gewöhnliche Prozesse) wurden 1294 durch End⸗ urtheile auf Versäumniß, Verzicht, Anerkenntniß und zur Erledigung eines bedingten Endurtheils beendet, 52 durch Urtheile auf Verwer⸗ fung der Berufung als unzulässig, 7510 durch andere Endurtheile; Zwischenurtheile ergingen 108, Beweisbeschlüsse 3577, Anordnungen außerordentlichen Verfahrens 37, Vergleiche wurden 33 ge⸗ schlossen.
An Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeiten erster Instanz waren anhängig 581 Lehns⸗, 834 Fideikommiß⸗, 127 Stif⸗ tungs⸗, 7 Vormundschafts⸗ und Pflegschaftssachen; an Beschwer⸗ den 3287 (796 Angelegenheiten, in denen das Amtsgericht, 2491 in denen das Landgericht in erster Instanz entschieden hat), an Be⸗ schwerden in Angelegenheiten der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit und in Kostensachen 350 (20 davon aus den Vorjahren). Von den letz⸗ teren Beschwerden wurden 341 erledigt, und zwar 21 durch Ueber⸗ weisung an das Ober⸗Landesgericht, 270 durch Entscheidung (94 Beschwerden wurden für begründet, 176 für unbegründet erklärt), 50 ohne Entscheidung.
An Strafsachen waren anhängig Revisionen gegen Urtheile erster Instanz 18 (2 überjährige), davon 17 erledigt; Revisionen gegen Urtheile in der Berufungsinstanz betreffend Privat⸗ klagen 314 (23 überjährige, 280 erledigt), betreffend an⸗ dere Vergehen und Uebertretungen 1280 (96 überjährige, 1135 erledigt); Beschwerden in Strafsachen, welche in erster Instanz gehören vor das Amts⸗ oder Schöffengericht 449 (12 überjährige, 437 erledigt), vor die Strafkammer 1619 (53 überjährige, 1563 er⸗ ledigt), vor das Schwurgericht 91 (2 überjährige, 89 erledigt); Be⸗ rufungen in Rheinschiffahrtssachen 1. 1319 Anträge wurden ohne weiteres Verfahren von der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, 2326 an die zuständige Behörde abgegeben. Die Staatsanwaltschaft er⸗ stattete 531 Berichte, vorläufige Entlassungen betreffend. Beschwerden über Staatsanwälte und Amtsanwälte liefen 5221 ein.
In der Revision gegen Urtheile erster Instanz fanden 16 Haupt⸗ verhandlungen statt und ergingen 16 Urtheile (9 auf Aufhebung des Urtheils, 7 auf Verwerfung der Revision). In der Revision gegen Urtheile der Berufungsinstanz fanden 1284 Hauptverhandlungen statt und wurden 1262 Urtheile gefällt (264 auf Aufhebung des Be⸗ rufungsurtheils, 998 auf Verwerfung der Revision).
Von der Gesammtzahl der erledigten Beschwerden waren 82 ge⸗ richtet gegen den Beschluß der Strafkammer über die eine Verhaf⸗ tung betreffende Beschwerde (§. 352 St. P. O.). Von der Ge⸗ sammtzahl der durch Entscheidung erledigten Beschwerden sind: a. für begründet 449, b. für unbegründet erklärt 1522 worden. Bei den Revisionen waren Fälle, in welchen der §. 397 der St. P. O. angewendet wurde, gegen Berufungsurtheile 3, gegen Urtheile erster Instanz 1. Von Anträgen auf Erhebung der öffentlichen Klage (§. 170 St. P. O.) wurden 14 für begründet erachtet, 175 für nicht
begründet. Kunst, Wissenschaft und Literatur
Von dem Regierungs⸗Rath im Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen Lindner ist eine Studie über die Pensions⸗ institute für die Beamten und deren Wittwen und Waisen bei den sechs großen Eisenbahngesellschaften und bei der Staats⸗Eisenbahn⸗ verwaltung in Frankreich veröffentlicht worden. Verlag von Putt⸗ kammer u. Mühlbrecht, Berlin. Der Verfasser hat in der Schrift die Regelung der Alters⸗ und Invaliditäts⸗Pensionen der Beamten der gedachten Gesellschaften, nämlich der Nordbahn, der Ost⸗ bahn, der Westbahn, der Paris⸗Orleansbahn, der Paris⸗Lyon⸗ Mittelmeer⸗Bahn, der Südbahn und der Staats⸗Eisenbahnverwaltung sowie die Fürsorge für die Wittwen und Waisen jener Beamten historisch und nach dem bis Ende 1882 geschaffenen Rechtszustand zur Darstellung gebracht. In einem Anhang sind die derzeit in Kraft stehenden Pensions⸗Kassen⸗ ꝛc. Reglements und statistische Nach⸗ weisungen mitgetheilt. In einer Zeit, in welcher auch in Deutsch⸗ land die Frage einer ausreichenden Altersversorgung der Invaliden aller Berufsklassen und der Fürsorge für ihre Hinterbliebenen so vielfach den Gegenstand der Erörterung bildet, wird die vorliegende Schrift, welche erkennen läßt, auf welchem Wege anderwärts gleiche Ziele verfolgt werden, einen willkommenen Beitrag zur Lösung jener
Frage bieten. Gewerbe und Handel.
London, 1. September. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll⸗ auktion waren Preise unverändert.
Glasgow, 1. September. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 583 300 Tons gegen 629 800 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 114 gegen 109 im vorigen Jahre.
St. Petersburg, 1. September. (W. T. B.) Wie aus Irkutsk gemeldet wird, ist heute daselbst der zweite Transport von 14 012 Pud Gold abgefertigt worden.
Wafhington, 1. September. (W. T. B.) Die Schuld
Vereinigten Staaten hat im Monat August um Im Staatsschatze befanden sich bis
Nach der im
der 6 670 000 Doll. abgenommen. ult. August 351 500 000 Doll.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 1. September. (W. T. B.) Der Dampfer des Nord⸗ ist heute früh 7 Uhr in New⸗York eingetroffen.
Bremen, 3. September. (W. T. B.) Der Dampfer „Habsburg“ des Norddeutschen Lloyd ist gestern früh 6 Uhr in New⸗York eingetroffen.
Berlin, 3. September 1883.
Gestern Abend gegen 10 Uhr fuhr ein von Potsdam kommender Personenzug auf der Station Steglitz ein, um diedort wartenden Personen nach Berlin zu befördern. Der Zug war noch nicht zum Stillstand gekommen, als die Menge
theils über die feste Barriere sprang, theils die bewegliche Barriere selbst öffnete und den Zug von der falschen Seite zu besteigen ver⸗ suchte. Die angestrengten Bemühungen und die Warnungs⸗ rufe des Beamtenpersonals, um das Publikum zurückzuhalten, waren vergeblich. In diesem Augenblicke brauste der von Berlin kommende 9 50 abfahrende Cou rierzug heran und durch⸗ schnitt den Menschenknäuel. 17 Männer, 18 Frauen und 4 Kinder wurden sofort getödtet, 5 verwundet. Aerztliche Hülfe war sofort zur Stelle. Der Transport der Leichen nach Berlin erfolgt im Laufe des heutigen Tages. Die gerichtliche Untersuchung ist sofort eingeleitet.
ANach den in Italien zum Schutze gegen die Einschleppung der Cholera aus Egypten bestehenden Quarantänevorschriften sind die auf dem Wege über Suez eingehenden Briefsendungen aus Ostindien, China, Japan, Australien ꝛc. sowie die Briefe ꝛc. aus Egypten, bei der Ankunft in italienischen Hafenorten einem besonderen Durchräucherungsverfahren unter⸗ worfen. Nach Beendigung dieser Prozedur werden diejenigen Briefe, deren Umschläge aus gewöhnlichem Papier hergestellt sind, ohne weitere Verzögerung nach dem Bestimmungsorte besördert; dagegen dürfen Briefsendungen in Umschlägen aus Leinewand nach Bestimmung der Königlich italienischen Sanitätsbehörde erst nach Verlauf von 14 Tagen weiter gesandt werden. Durch diese vorübergehend in Wirksamkeit gesetzte Maßnahme würde sich erklären lassen, wenn bei der Beförderung der Briefsendungen in Leinwandumschlägen aus den genannten Ländern Verzögerungen gegenüber der gewöhn lichen Ueberführungsdauer eintreten sollten.
Am Sonnabend wurde das Panorama der Schlacht bei Sedan, welches von den Professoren A. von Werner und E. Bracht gemalt worden ist, feierlich eröffnet. Das großartige Kunstwerk stellt die Umgebung der Festung Sedan in jenem denkwürdigen Mo⸗ ment dar, als an dem Schlachttage (1. September 1870) zwischen 1 %⅛ und 2 Uhr Nachmittags die französische Armee — speziell das VII. französische Armee⸗Corps (F. Douay) — von dem linken Flügel der deutschen Armee, dem V. und XI. preußischen Armee⸗Corps unter General von Kirchbach, umfaßt und auf das Plateau Floing⸗Illy zu⸗ rückgedrängt — den letzten verzweifelten Versuch machte, die preußischen Linien zu durchbrechen und eine Rückzugsstraße zu gewinnen. In heldenmüthigem Ansturme gegen die preußischen Linien opferte sich hier — wie schon bei Wörth — die französische Kavallerie und zwar das 1., 3. und 4. Regiment Chasseurs d'Afrique, das 1. Husaren⸗ Regiment der Kavallerie⸗Division Margueritte, und das 1., 2., 3. und 4. Kürassier⸗Regiment der Kavallerie⸗ Division Bonne⸗ mains unter dem Kommando des Generals Gallifet, nachdem General Margueritte bereits vor der Attacke beim Rekog⸗ nosziren gefallen war. Die einzelnen Scenen wie das ganze Gemälde sind in ihrer überaus realistischen Wiedergabe von packender Wirkung, und dem Beschauer tritt das gewaltige Ringen der Heeres⸗ massen in einem Gesammtbilde vor die Augen, welches sich unaus⸗ löschlich der Seele einprägt. — Eine Parallele mit dem älteren Panorama von St. Privat, das wir besitzen, zu ziehen, dürfte kaum angebracht sein; denn jedes ist in seiner Weise vor⸗ trefflich. Erwähnt werden mag noch die Neuerung, daß die Platt⸗ jorm, auf welcher sich die Schauenden befinden, gedreht wird in kontinuirlicher langsamer Bewegung, so daß das ganze Gemälde an dem Beschauer vorüberzieht, ohne daß er seinen Platz zu verlassen braucht. 8
, Die Königlichen Theater begingen am Sonnabend das 50jährige militärische Dienstjubiläum des General⸗Intendanten Herrn von Hülsen. Am Vormittage bereits hatte der Jubilar in dem festlich geschmückten Concertsaale des Opernhaufes die Intendanten der Königlichen Theater von Hannover, Cassel und Wiesbaden, die General⸗Intendanten der Hoftheater in München, Karlsruhe und Schwerin, die Angehörigen der hiesigen Königlichen Theater, die Direktoren von Oper, Schauspiel und Ballet, die Ka⸗ pellmeister, die Sänger und Sängerinnen, die Schauspieler und Schauspielerinnen, die Mitglieder des Ballets, Deputationen des Bühnen⸗Cartell⸗Vereins und anderer Vereine, den Rektor der Uni⸗ versität, Vertreter der Presse u. A. zur Beglückwünschung empfangen, wobei ihm die Summe von 50 000 ℳ mit der Bitte überreicht wurde, damit eine „von Hülsen⸗Stiftung“ zu begründen, welche arme Bühnenangehörige, besonders die Nothleidenden an den kleinen Theatern und die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen unterstützen soll.
Am Abend wurde dem Gefeierten im Schauspielhause noch eine besondere Ovation dargebracht. Zur Aufführung war, in sinniger Beziehung auf den doppelt bedeutsamen Tag Lessings Lustspiel: „Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück“ gewählt. Ein von Frl. Meyer als Muse gesprochener, von G. zu Putlitz gedichteter Prolog, in welchem der Jubilar als Pilot gefeiert wurde, der das Schiff der Bühne durch alle Mißlichkeiten, Angriffe und Gefahren sicher geleitet habe, eröffnete die Vorstellung. Der gleichfalls von Putlitz verfaßte seenische Epilog aber bezog sich auf den Lebenslauf des Jubilars und seine 32jährige Wirksamkeit als Leiter der Königlichen Hofbühnen. Der Wachtmeister Werner und seine Franziska sind ein altes, glückliches, auf einem Bauernhofe lebendes Ehepaar, dargestellt von Hrn. Berndal und (an Stelle des Frl. Abich) von Fr. Frieb⸗Blumauer. Der alte Krieger legt zur Ver⸗ wunderung seiner braven Frau wieder einmal die lange nicht getragene alte Uniform an und erklärt derselben auf ihre erstaunte Frage, daß er seinen Hauptmann feiern wolle, einen anderen Tell⸗ heim, der zwar nicht General aber General⸗Intendant geworden sei. Darauf theilte sich die Dekoration, und es erschien das ganze Per⸗ sonal der beiden Königlichen Theater, in dessen Namen die Muse sich verneigend dem in der rechten Seitenloge sitzenden Jubilar ihre Huldigung darbrachte. Damit schloß die äußere Feier.
Gestern Nachmittag fand zu Ehren des Herrn von Hülsen im Kaiserhof noch ein Festmahl statt, an welchem sämmtliche Mitglieder und Beamten der hiesigen Hoftheater, die fremden Gäste und Depu⸗ tationen, Vertreter der Wissenschaft, Literatur und Presse, Theil nahmen. Die Königlichen Theater blieben am gestrigen Abend ge
schlossen.
— Das Residenz⸗Theater begann am Sonnabend die neu Saison mit einem älteren Zugstück, dem fünfaktigen „Frou⸗Frou“ von Meilhac und Halévy. Das Werk sollte den neu engagirten Mit gliedern Gelegenheit geben, in dem Genre des französischen Sitten dramas, welches diese Bühne kultivirt, ihre Begabung und ih Kräfte zu entfalten. In der Titelrolle, welche früher Fr. Niemann Rabe mit seltener Meisterschaft darstellte, trat Frl. Bünau auf. Di Dame spielte mit großer Sicherheit und Lebendigkeit; ihre Erfolg dürfte diese vornehme schauspielerische Kraft freilich weniger auf dem Felde der jugendlich Naiven als in der Darstel lung leidenschaftlicher seelischer Erregungen zu suchen haben daher zeigte sich Frl. Bünau auch von ihrer wirksamsten Seite, als sie das sorglose Mädchen abgestreift und den Kampf zwischen Pflicht 6 und Leidenschaft zur Darstellung zu bringen hatte. Frl. Beeskow (Louise) fand sich mit ihrer kleinen Rolle glücklich ab und scheint auch für größere Aufgaben Geschick und Gestaltungsgabe zu besitzen. Unter den Herrent hat sich in erster Linie Hr. Pansa (Brigard) hervor als Darsteller einer derben und doch maßvoll gehaltenen Komik. In den Liebhaberrollen leisteten die Hrn. Brandt (Henry von Sartorys) und Th. Bollmann (Graf Paul von Valreas) recht Gutes, wenn auch hier und da eine feste Charakteristik vermißt wurde. — Hr. Di⸗ rektor Neumann hat somit wiederum ein recht leichtungsfähiges Ensemble geschaffen, welchem wie gestern Abend schon so auch zu- künftig der verdiente Beifall nicht fehlen wird. “ Hn