1883 / 206 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Sep 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Diejenigen, welche während des fünfjährigen Zeitr eine etatsmäßige Anstellung nicht erhalten, treten nach Ablauf desselben in den Ruhestand. 3 §. 148. Die zur Verfügung der Minister verbleibenden

Beamten haben sich nach der Anordnung derselben der zeit⸗ weeilligen Wahrnehmung solcher Aemter zu unterziehen, zu deren dauernder Uebernahme sie verpflichtet sein würden. Erfolgt die Beschäftigung außerhalb des Ortes ihrer letz⸗ ten Anstellung, so erhalten dieselben die gesetzmäßigen Reise⸗ kbosten und Tagegelder.

8 §. 149. Die zur Verfügung der Minister verbleibenden Beamten erhalten während des im §. 147 bezeichneten fünf⸗ jährigen Zeitraumes, auch wenn sie während desselben dienst⸗ unfähig werden, unverkürzt ihr bisheriges Diensteinkommen und den Wohnungsgeldzuschuß in dem bisherigen Betrage.

1 Als Verkürzung im Einkommen ist es nicht anzusehen,

wenn die Gelegenheit zur Verwaltung von Nebenämtern ent⸗

zogen wird oder die Beziehung der für die Dienstunkosten

a ausgesetzten Einnahmen mit diesen Unkosten selbst

wegfällt.

An Stelle einer etatsmäßig gewährten freien Dienst⸗

wohnung tritt eine Miethsentschädigung nach der Servisklasse des Orts der letzten Anstellung.

§. 150. Die nach Ablauf des fünfjährigen Zeitraumes gemäß §. 147 Absatz 2 in den Ruhestand tretenden Beamten erhalten eine Pension in der gesetzmäßigen Höhe mit der Maßgabe, daß die Pension ohne Rücksicht auf die Dauer der Dienstzeit auf 4¼0 des Diensteinkommens zu bemessen ist. FKF. 151. Den Verwaltungsbeamten, welche zu den im §. 2 des Gesetzes vom 27. März 1872 (Gesetz⸗Sammlung Seite 268) bezeichneten Beamten gehören, kann ein Wartegeld bis 84 Höhe des gesetzmäßigen Pensionsbetrages gewährt werden. §. 152. Die bisherigen Bezirks⸗Verwaltungsgerichts⸗ Direktoren übernehmen mit dem Inkrafttreten des gegenwär⸗ tigen Gesetzes am Sitze ihres bisherigen Amts das Amt des

Verwaltungsgerichts⸗Direktors (§. 28).

Denselben ist gestattet, die bis dahin verwalteten nicht

richterlichen Nebenämter, auch sofern mit denselben eine Ver⸗ gütung verbunden ist, beizubehalten.

§. 153. Die Bezirksräthe und die Bezirks⸗Verwaltungs⸗ gerichte werden aufgehoben.

An deren Stelle treten die Bezirksausschüsse.

§. 154. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April

1884, jedoch nur gleichzeitig mit dem Gesetze über die Zu⸗ ändigkeit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungsgerichtsbehörden, n Kraft, vorbehaltlich der Bestimmungen des §. 155.

Gleichzeitig treten das Gesetz über die Organisation der

allgemeinen Landesverwaltung vom 26. Juli 1880 (Gesetz⸗

Sammlung Seite 291) und die §§. 1 bis 16a., 31 bis 87 a.

und 89 des Gesetzes, betreffend die Verfassung der Ver⸗

bTböu und das Verwaltungsstreitverfahren, vom

Juli 187 2 8 2 August 1880 (Gesetz⸗Sammlung 1880 Seite 328) außer

raft.

Auf die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes bereits an⸗ hängig gemachten Sachen finden in Beziehung auf die Zu⸗ ständigkeit der Behörden, das Verfahren und die Zulässigkeit der Rechtsmittel die Bestimmungen der früheren Gesetze, jedoch mit der Maßgabe Anwendung, daß an Stelle des Bezirks⸗ raths und des Bezirksverwaltungsgerichts der Bezirksaus⸗ schuß tritt.

§. 155. In den Provinzen Posen, Schleswig⸗Holstein, Hannover, Hessen⸗Nassau, Westfalen und in der Rheinprovinz tritt das gegenwärtige Gesetz erst in Kraft, je nachdem für die⸗ selben auf Grund besonderer Gesetze neue Kreis⸗ und Pro⸗ vinzialordnungen erlassen sein werden. Der betreffende Zeit⸗ punkt wird für jede Provinz durch Königliche Verordnung be⸗ kannt gemacht.

Die Geltung der Bestimmungen des §. 16 und des §. 23 Absatz 1 wird jedoch hierdurch nicht berührt.

Inwieweit die Bestimmungen der §§. 127 und 128 auf die selbständigen Städte in der Provinz Hannover Anwendung finden, bleibt der Kreisordnung für diese Provinz vorbehalten.

§. 156. In jeder Provinz ist noch vor dem Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes zur Bildung des Bezirks⸗ ausschusses in Gemäßheit der Vorschriften des gegenwärtigen

Gesetzes zu schreiten.

1 G Durch das gegenwärtige Gesetz werden nicht erührt:

1) die Bestimmungen der §§. 20, 21 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 (Bundes⸗Gesetzblatt Seite 245);

2) die Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1852, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten ec. (Gesetz⸗Sammlung Seite 463); dieselben finden jedoch für das Verwaltungsstreitverfahren mit folgenden Maßgaben Anwen⸗ dung: die Entscheidung erfolgt auf Grund mündlicher Ver⸗ handlung; das Gutachten des Disziplinarhofs ist nicht einzu⸗ holen; das Disziplinarverfahren kann mit Rücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung durch Beschluß der in erster Instanz zuständigen Behörde eingestellt werden; die Erhebung eines Kostenpauschquantums findet nicht statt;

.3) die Bestimmungen des Reichsgesetzes über den Unter⸗ stützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 (Bundes⸗Gesetzblatt Seite 360).

§. 158. Aufgehoben sind: .“

1) die §§. 40 bis 48, 50 bis 56 des Gesetzes vom 8. März 1871, betreffend die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz (Gesetz⸗Sammlung Seite 130);

2) die §§. 141 bis 163, 165 der Kreissrdnung vom 13. Dezember 1872 (Gesetz⸗Sammlung Seite 661), soweit sie das Verfahren in streitigen Verwaltungssachen zum Gegenstande haben, sowie die §§. 187 bis 198 derselben Kreisordnung;

3) der fünfte Abschnitt des zweiten Titels, sowie die §§. 2 Absatz 2 und 126 der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 (Gesetz⸗Sammlung Seite 335) und die Titel I. bis IV., sowie die §§. 168, 169, 170 Nr. 2, 4 und 5 und der §. 174 des Gesetzes vom 26. Juli 1876, betreffend die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichts⸗Behörden ꝛc. (Gesetz⸗Sammlung Seite 297).

§. 159. Mit dem Tage des Inkrafttretens des gegen⸗ wärtigen Gesetzes treten alle mit demselben im Widerspruche stehenden Bestimmungen außer Kraft.

Urkundlich unter Unserer C“ Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Bad Gastein, den 30. Juli 1883. Wilhelm. von Bismarck. von Puttkamer. Maybach. Lucius.

4. 0.

über die Zuständigkeit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungsgerichts⸗Behörden.

Vom 1. August 1883.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages, über die Zuständigkeit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungs⸗ gerichts⸗Behörden für den gesammten Umfang der Monarchie,

was folgt:

Angelegenheiten der Provinzen.

§. 1. Gegen den auf die Reklamation eines Kreises wegen Vertheilung der Provinzialabgaben erlassenen Beschluß des Provinzialausschusses sindet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Ober⸗Verwaltungsgerichte statt. Der letzte Absatz des 5 112 der Provinzialordnung für

die Provinzen Ost⸗ und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 29. Juni 1875 lung 1881 Seite 233) kommt in Wegfall.

II. Titel. Angelegenheiten der Kreise. §. 2. In den Fällen der Veränderung der Kreisgrenzen und der Bildung neuer Kreise, sowie des Ausscheidens großer Städte aus dem Kreisverbande beschließt der Bezirksausschuß über die Auseinandersetzung der betheiligten Kreise vorbehalt⸗ lich der den letzteren gegen einander innerhalb zwei Wochen zustehenden Klage bei dem Bezirksausschusse. §. 3. Gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses, be⸗ treffend die Heranziehung oder die Veranlagung zu den Kreis⸗ abgaben, ist nur das Rechtsmittel der Revision zulässig. . 4. Der zweite Absatz des §. 180 der Kreisordnung für die Provinzen Ost⸗ und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 13. Dezember 1872 (Gesetz⸗Sammlung 1881 Seite 179) wird dahin geändert: Gegen die Verfügung des Regierungs⸗Präsidenten steht dem Kreise innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Ober⸗ Verwaltungsgerichte zu. Zur Ausführung der Rechte des Kreises kann der Kreis⸗ tag einen besonderen Vertreter bestellen.

III. Titel.

Angelegenheiten der Amtsverbände.

.S. 5. Der erste Absatz des §. 55 c. der Kreisordnung für die Provinzen Ost⸗ und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 13. Dezember 1872 (Gesetz⸗ Sammlung 1881 Seite 179) wird dahin abgeändert:

Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der An⸗ gelegenheiten der Amtsverbände wird unbeschadet der vor⸗ stehenden Bestimmungen in erster Instanz von dem Landrath als Vorsitzenden des Kreisausschusses, in höherer und letzter Instanz von dem Regierungs⸗Präsidenten geübt.

§. 6. Im Geltungsbereiche der Kreisordnung für die Provinzen Ost⸗ und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 13. Dezember 1872 (Gesetz⸗ Sammlung 1881 Seite 179) erfolgt fortan die Revision, end⸗ gültige Fenistellung und Abänderung der Amtsbezirke (§. 49 Absatz 2 der Kreisordnung), die Vereinigung ländlicher Ge⸗ meinde⸗ und Gutsbezirke bezüglich der Verwaltung der Polizei mit dem Bezirke einer Stadt (§. 49 a. Absatz 1 g. a. O.), sowie die Ausscheidung der ersteren aus dem Amts⸗ bezirk (§. 49 a. Absatz 3 a. a. O.), durch den Minister des Innern im Einvernehmen mit dem Bezirksausschusse nach vorheriger Anhörung der Betheiligten und des Kreistages

IV. Titel. Angelegenheiten der Stadtgemeinden.

§. 7. Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der städtischen Gemeindeangelegenheiten wird in erster Instanz von dem Regierungs⸗Präsidenten, in höherer und letzter In⸗ stanz von dem Ober⸗Präsidenten geübt, unbeschadet der in den Gesetzen geordneten Mitwirkung des Bezirksausschusses und des Provinzialrathes.

Für die Stadt Berlin tritt an die Stelle des Regierungs⸗ Präsidenten der Ober⸗Präsident, an die Stelle des Ober⸗Prä⸗ sidenten der Minister des Innern, für die Hohenzollernschen 8 tritt an die Stelle des Ober⸗Präsidenten der Minister

es Innern.

Beschwerden bei den Aufsichtsbehörden in städtischen Ge⸗ meindeangelegenheiten sind in allen Instanzen innerhalb zwei Wochen anzubringen.

§. 8. Der Bezirksausschuß beschließt, soweit die Be⸗ schlußfassung nach den Gemeindeverfassungsgesetzen der Auf⸗ sichtsbehörde zusteht, über die Veränderung der Grenzen der Stadtbezirke.

Der Bezirksausschuß beschließt über die in Folge einer Veränderung der Grenzen der Stadtbezirke nothwendig wer⸗ dende Auseinandersetzung zwischen den betheiligten Gemein⸗ den, vorbehaltlich der den letzteren gegen einander zustehenden Klage im Verwaltungsstreitverfahren. §. 9. Streitigkeiten über die bestehenden Grenzen der Stadtbezirke unterliegen der Entscheidung im Verwaltungs⸗ streitverfahren.

„UMeber die Festsetzung streitiger Grenzen beschließt vor⸗ läufig, sofern es das öffentliche Interesse erheischt, der Bezirks⸗ ausschuß. Bei dem Beschlusse behält es bis zur rechtskräfti⸗ öö im Verwaltungsstreitverfahren sein Be⸗ wenden.

§. 10. Die Gemeindevertretung beschließt: 8 1) auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend den Besitz oder den Verlust des Bürgerrechts, insbesondere des Rechts zur Theilnahme an den Wahlen zur Gemeindevertretung, sowie des Rechts zur Bekleidung einer den Besitz des Bürger⸗ rechts voraussetzenden Stelle in der Gemeindeverwaltung oder Gemeindevertretung, die Verpflichtung zum Erwerbe oder zur Verleihung des Bürgerrechts, beziehungsweise zur Zahlung von Bürgergewinngeldern (Ausfertigungsgebühren) und zur Leistung des Bürgereides, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bürgerklasse, die Richtigkeit der Gemeindewählerliste;

2) über die Gültigkeit der Wahlen zur Gemeinde⸗ vertretung;

3) über die Berechtigung zur Ablehnung oder Nieder⸗ legung von Aemtern und Stellen in der Gemeindeverwaltung oder Vertretung, über die Nachtheile, welche gegen Mitglieder der Stadtgemeinde wegen Nichterfüllung der ihnen nach den Gemeindeverfassungsgesetzen obliegenden Pflichten, sowie über die Strafen, welche gegen Mitglieder der Gemeindevertretung wegen Zuwiderhandlungen gegen die Geschäftsordnung nach

(Gesetz⸗Samm⸗

Friedberg. von Goßler. von Scholz. Graf von Hatzfeldt. ““

Einsprüche gegen die Richtigkeit der W rend der Dauer der Auslegung der letzteren, Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahlen zur Gemeindevertretung innerhalb zwei Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses und in allen Fällen bei dem Gemeindevorstande zu erheben.

In dem Geltungsbereiche der kurhessischen Gemeindeord⸗ nung vom 23. Oktober 1834 ist die Gemeindewählerliste nach vorgängiger öffentlicher Bekanntmachung zwei Wochen hindurch auszulegen, und finden die in Betreff der Einsprüche gegen die Gemeindewählerliste getroffenen Bestimmungen auch auf Einsprüche gegen das Verzeichniß der hochbesteuerten Orts⸗ bürger Anwendung. 6

§. 11. Der Beschluß der Gemeindevertretung (§. 10) be⸗ darf keiner Genehmigung oder Bestätigung von Seiten des Gemeindevorstandes oder der Aufsichtsbehörde. Gegen den Beschluß der Gemeindevertretung findet die Klage im Ver⸗ waltungsstreitverfahren statt. Die Klage steht in den Fällen des §. 10 auch dem Gemeindevorstande zu.

Die Klage hat in den Fällen des §. 10 unter 1 und 2

rechtskräftiger Entscheidung nicht vorgenommen werden.

§. 12. Der Bezirksausschuß beschließt, soweit die Beschluß⸗ fassung nach den Gemeindeverfassungsgesetzen der Aufsichts⸗ behörde zusteht,

1) über die Zahl der aus jeder einzelnen Ortschaft einer Stadtgemeinde zu wählenden Mitglieder der Gemeinde⸗ vertretung,

2) über die Vornahme außergewöhnlicher Ersatzwahlen zur Gemeindevertretung oder in den Gemeindevorstand.

ö„§. 13. Soweit die Bestätigung der Wahlen von Ge⸗ meindebeamten nach Maßgabe der Gemeindeverfassungsgesetze den Aufsichtsbehörden zusteht, erfolgt dieselbe durch den Re⸗ gierungs⸗Präsidenten.

Die Bestätigung kann nur unter Zustimmung des Bezirksausschusses versagt werden. Lehnt der Bezirksausschuß die Zustimmung ab, so kann dieselbe auf den Antrag des Regierungs⸗Präsidenten durch den Minister des Innern er⸗ gänzt werden.

Wird die Bestätigung vom Regierungs⸗Präsidenten unter Zustimmung des Bezirksausschusses versagt, so kann dieselbe auf Antrag des Gemeindevorstandes oder der Gemeindevertre⸗ tung von dem Minister des Innern ertheilt werden.

„S. 14. Ueber die Gültigkeit von Wahlen solcher Ge⸗ meindebeamten, welche der Bestätigung nicht bedürfen, beschließt, soweit die Beschlußfassung der Aufsichtsbehörde zusteht, der Bezirksausschuß.

.§. 15. Beschlüsse der Gemeindevertretung oder des kolle gialischen Gemeindevorstandes, welche deren Befugnisse über schreiten oder die Gesetze verletzen, hat der Gemeindevorstand, beziehungsweise der Bürgermeister, entstehenden Falles auf Anweisung der Aufsichtsbehörde, mit aufschiebender Wirkung, unter Angabe der Gründe, zu beanstanden. Gegen die Ver⸗ fügung des Gemeindevorstandes (Bürgermeisters) steht der Gemeindevertretung, beziehungsweise dem kollegialischen Ge⸗ meindevorstande, die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zu. Die in den Gemeindeverfassungsgesetzen begründete Be⸗ fugniß der Aufsichtsbehörden, aus anderen als den vorstehend angegebenen Gründen eine Beanstandung der Beschlüsse der Gemeindevertretung oder des kollegialischen Gemeindevorstan⸗ des herbeizuführen, wird aufgehoben.

§. 16. Gemeindebeschlüsse über die Veräußerung oder wesentliche Veränderung von Sachen, welche einen besonderen wissenschaftlichen, historischen oder Kunstwerth haben, insbe⸗ sondere von Archiven oder Theilen derselben, unterliegen der Genehmigung des Regierungs⸗Präsidenten.

Hinsichtlich der Verwaltung der Gemeindewaldungen be⸗ wendet es bei den bestehenden Bestimmungen.

Im Uebrigen beschließt der Bezirksausschuß über die in den Gemeindeverfassungsgesetzen der Aufsichtsbehörde vorbe⸗ haltene Bestätigung (Genehmigung) von Ortsstatuten und sonstigen die städtischen Gemeindeangelegenheiten betreffenden Gemeindebeschlüssen.

Soweit es sich um die Aufbringung der Gemeinde⸗Ab⸗ und Dienste handelt, steht aus Gründen des öffentlichen nteresses gegen den auf Beschwerde ergehenden Beschluß des Provinzialrathes dem Vorsitzenden des letzteren die Einlegung der weiteren Beschwerde an die Minister des Innern und der Finanzen zu. Hierbei sinden die Bestimmungen des §. 123 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 Anwendung. Die Bestätigung (Genehmigung) von Gemeindebeschlüssen, durch welche besondere direkte oder indirekte Gemeindesteuern neu eingeführt oder in ihren Grundsätzen verändert werden, bedarf der Zustimmung der Minister des Innern und der Finanzen. SKF. 17. Der Bezirksausschuß beschließt, soweit die Beschluß⸗ fassung nach den Gemeindeverfassungsgesetzen der Aufsichts⸗ behörde zusteht, 1) abgesehen von den Fällen des §. 15 über die zwischen dem Gemeindevorstande und der Gemeindevertretung, beziehungs⸗ weise dem Bürgermeister und dem kollegialischen Gemeinde⸗ vorstande entstehenden Meinungsverschiedenheiten, wenn von einem Theile auf Entscheidung angetragen wird und zugleich die Angelegenheit nicht auf sich beruhen bleiben kann,

„2) an Stelle der Gemeindebehörden, im saale ihrer durch widersprechende Interessen herbeigeführten Be chlußunfähigkeit, 3) an Stelle der nach Maßgabe der Gemeindeverfassungs⸗ gesetze aufgelösten Gemeindevertretung.

Der Bezirksausschuß beschließt ferner an Stelle der Auf⸗ sichtsbehörde:

4) über die Art der gerichtlichen Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen Stadtgemeinden (§. 15 zu 4 des Ein⸗ führungsgesetzes zur deutschen Civilprozeßordnung vom 30. Ja⸗ nuar 1877, Reichs⸗Gesetzblatt Seite 244),

5) über die Feststellung und den Ersatz der Defekte der Gemeindebeamten nach Maßgabe der Verordnung vom 24. Ja⸗ nuar 1844 (Gesetz⸗Sammlung Seite 52); der Beschluß ist vor⸗ behaltlich des ordentlichen Rechtsweges endgültig.

§. 18. Auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend:

1) das Recht zur Mitbenutzung der öffentlichen Gemeinde⸗ aanstalten, sowie zur Theilnahme an den Nutzungen und Erträgen des Gemeindevermögens, die Heranziehung oder die Veranlagung zu den Ge⸗ meindelasten, beschließt der Gemeindevorstand.

Gegen den Beschluß findet die Klage im Verwaltungs⸗ streitversahren statt. Der Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren unter⸗

Maßgabe der Gemeindeverfassungsgesetze zu verhängen sind.

liegen desgleichen Streitigkeiten zwischen Betheiligten über

1“

hlerliste sind wäh⸗

keine aufschiebende Wirkung; jedoch dürfen Ersatzwahlen vor

8 128 1“

hre in dem öffentlichen Rechte begründete Berechtigung oder Verpflichtung zu den im Absatz 1 bezeichneten Nutzungen be⸗ ziehungsweise Lasten. 1 8

Einsprüche gegen die Höhe von Gemeindezuschlägen zu den direkten Staatssteuern, welche sich gegen den Prinzipalsatz

der letzteren richten, sind unzulässig.

Die Beschwerden und die Einsprüche, sowie die Klage

haben keine aufschiebende Wirkung. ;

§. 19. Unterläßt oder verweigert eine Stadtgemeinde

die ihr geseslich obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit festgestellten Leistungen auf den Haushaltsetat zu bringen oder außerordentlich zu genehmigen, so verfügt der Regierungs⸗Präsident unter Anfuͤhrung der Gründe die Eintragung in den Etat, beziehungsweise die Fest⸗ stellung der außerordentlichen Ausgabe. 8

Gegen die Verfügung des Regierungs⸗Präsidenten steht der Gemeinde die Klage bei dem Ober⸗Verwaltungsgerichte zu.

Eine Feststellung des Stadtetats durch die Aufsichts⸗ behörde findet fortan nicht statt; auch in den Städten von Neuvorpommern und Rügen ist jedoch eine Abschrift des Etats gleich nach seiner Feststellung durch die städtischen Be⸗ hörden der Aufsichtsbehörde einzureichen. b 1

§. 20. Bezüglich der Dienstvergehen der Bürgermeister, Beigeordneten, Magistratsmitglieder und sonstigen Gemeinde⸗ beamten kommen die Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1852 mit folgenden Maßgaben zur Anwendung:

1) Gegen die Bürgermeister, Beigeordneten und Ma⸗ istratsmitglieder, sowie gegen die sonstigen Gemeindebeamten ann an Stelle der Bezirksregierung und innerhalb des der⸗ elben bisher zustehenden Ordnungsstrafrechts der Regierungs⸗ Präsident Ordnungsstrafen festsetzen. Gegen die Strafver⸗ ügungen des Regierungs⸗Präsidenten findet innerhalb zwei Wochen die Beschwerde an den Ober⸗Präsidenten, gegen den auf die Beschwerde ergehenden Beschluß des Ober⸗Präsidenten

findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Ober⸗ Verwaltungsgerichte statt. In Berlin findet gegen die Straf⸗ verfügungen des Ober⸗Präsidenten, in den Hohenzollernschen Landen findet gegen die Strafverfügungen des Regierungs⸗ Präsidenten innerhalb zwei Wochen unmittelbar die Klage

1““

2) Gegen die Strafverfügungen des Bürgermeisters findet nnerhalb zwei Wochen die Beschwerde an den Regierungs⸗ Präsidenten, und gegen den auf die Beschwerde ergehenden Beschluß des Regierungs⸗Präsidenten innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Ober⸗Verwaltungsgerichte statt. 3) In dem Verfahren auf Entfernung aus dem Amte ird die Einleitung des Verfahrens von dem Regierungs⸗ Präsidenten, beziehungsweise dem Minister des Innern ver⸗ ügt und von demselben der Untersuchungskommissar ernannt; an die Stelle der Bezirksregierung beziehungsweise des Dis⸗ ziplinarhofes tritt als entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz der Bezirksausschuß; an die Stelle des Staats⸗ Ministeriums tritt das Ober⸗Verwaltungsgericht; den Ver⸗ treter der Staatsanwaltschaft ernennt bei dem Bezirksausschusse der Regierungs⸗Präsident, bei dem Ober⸗Verwaltungsgerichte er Minister des Innern. In dem vorstehend, bezüglich der Entfernung aus dem

dem Ober⸗Verwaltungsgerichte statt.

Anmte vorgesehenen Verfahren ist entstehenden Falles auch

über die Thatsache der Dienstunfähigkeit der Bürgermeister, Beigeordneten, Magistratsmitglieder und sonstigen Gemeinde⸗ beamten Entscheidung zu treffen. S8 findet ein Dis⸗ iplinarverfahren nicht statt.

. Ueber streitige Pensionsansprüche der besoldeten Gemeinde⸗ beamten beschließt, soweit nach den Gemeindeverfassungsgesetzen die Beschlußfassung der Aufsichtsbehörde zusteht, der Bezirks⸗ ausschuß, und zwar, soweit der Beschluß sich darauf erstreckt, welcher Theil des Diensteinkommens bei Feststellung der Pen⸗ sionsansprüche als Gehalt anzusehen ist, vorbehaltlich der den Betheiligten gegen einander zustehenden Klage im Verwal⸗ tungsstreitverfahren, im Uebrigen vorbehaltlich des ordentlichen Rechtsweges. Der Beschluß ist vorläufig vollstreckbar.

§. 21. Zuständig in erster Instanz ist im Verwaltungs⸗ streitverfahren für die in diesem Titel vorgesehenen Fälle, so⸗ fern nicht im Einzelnen anders bestimmt ist, der Bezirksaus⸗ schuß, für den Stadtkreis Berlin in den Fällen des §. 8 Absatz 2, §. 9 und §. 15 das Ober⸗Verwaltungsgericht. Die Frist zur Anstellung der Klage beträgt in allen Fällen zwei Wochen.

Die Gemeindevertretung, beziehungsweise der kollegialische Gemeindevorstand können zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Juu“ einen besonderen Vertreter be⸗

ellen.

Gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses in den Fälen des §. 18 unter 2 ist nur das Rechtsmittel der Revision zulässig. §. 22. Die Bestimmungen dieses Abschnitts kommen zur Anwendung im Geltungsbereiche der Städteordnung für die sechs östlichen Provinzen vom 30. Mai 1853 (Gesetz⸗Samm⸗ lung Seite 261) auch auf die §. 1 Absatz 2 daselbst erwähn⸗

ten Ortschaften (Flecken),

in der Provinz Schleswig⸗Holstein auch auf die 88. 94 ff. des Gesetzes vom 14. April 1869 (Gesetz⸗Sammlung Seite 589) erwähnten Flecken,

im Regierungsbezirke Kassel auch auf die Stadt Orb,

in den Hohenzollernschen Landen außer auf Hechingen auch auf die Gemeinde Sigmaringen. 8

Welche Gemeinden im Regierungsbezirke Wiesbaden außer der Stadt Frankfurt als Stadtgemeinden im Sinne dieses Abschnittes zu betrachten sind, wird in der zu erlassen⸗ den Kreisordnung für Hessen⸗Nassau bestimmt.

§. 23. In den zum ehemaligen Kurfürstenthume Hessen gehörigen Städten ist als Gemeindevorstand der Stadtrath, als Gemeindevertretung der Gemeindeausschuß,

in den Stadtgemeinden des vormaligen Herzogthumes Nassau (6. 22) ist als Gemeindevorstand der Gemeinderath, als Gemeindevertretung der Bürgerausschuß, 1

in der Gemeinde Homburg v. d. H. ist als Gemeinde⸗ vorstand der Bürgermeister, als Gemeindevertretung der Gemeindevorstand, 8

in der Gemeinde Hechingen ist als Gemeindevorstand der Stadtrath, als Gemeindevertretung der Bürgerausschuß,

in der Gemeinde Sigmaringen ist als Gemeindevorstand

der Gemeinderath, als Gemeindevertretung der Bürgerausschuß

zu betrachten. V. Titel. u Angelegenheiten der Landgemeinden und der selbständigen Gutsbezirke. §. 24. Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung

der Angelegenheiten der Landgemeinden, der Aemter in der

““

Provinz Westfalen und der Bürgermeistereien in der Rhein⸗ sowie der Gutsbezirke wird, unbeschadet der Vor⸗ schriften der Kreisordnungen und der in den Gesetzen geord⸗ neten Mitwirkung des Kreisausschusses und des Bezirks⸗ ausschusses, in erster Instanz von dem Landrathe als Vor⸗ sitzenden des Kreisausschusses, in höherer und letzter Instanz von dem Regierungs⸗Präsidenten geübt. 1

Beschwerden bei den Aufsichtsbehörden in den vorbezeich⸗ neten Angelegenheiten sind in allen Instanzen innerhalb zwei Wochen anzubringen. b 1

§. 25. Der Kreisausschuß beschließt, soweit die Beschluß⸗ fassung nach den Gemeindeverfassungsgefetzen der Aufsichts⸗ behörde zusteht, über die Veränderung der Grenzen der ländlichen Gemeindebezirke und der Gutsbezirke. 1

Hinsichtlich der Veränderung der Grenzen der Aemter in der Provinz Westfalen und der Bürgermeistereien in der Rheinprovinz, sowie hinsichtlich der Bildung neuer Gemeinde⸗ und Gutsbezirke behält es bei den bestehenden Vorschriften sein Bewenden. 8

In den im Absatz 1 bezeichneten Fällen sindet neben der Beschlußfassung des Kreisausschusses die in den Gemeindever⸗ fassungsgesetzen vorgeschriebene Anhörung des Kreistages nicht mehr statt. An die Stelle der sonst für kommunale Bezirks⸗ veränderungen, einschließlich der Fälle des zweiten Absatzes in den Gemeindeverfassungsgesetzen vorgeschriebenen Anhörung des Kreistages tritt die Anhörung des Kreisausschusses.

Ueber die in Folge einer Veränderung der Grenzen der Landgemeinden und Gutsbezirke, sowie der in Absatz 2 er⸗ wähnten Aemter und Bürgermeistereien nothwendig werdende Auseinandersetzung zwischen den Betheiligten beschließt der Kreisausschuß, vorbehaltlich der den letzteren gegen einander zustehenden Klage im Verwaltungsstreitverfahren.

§. 26. Streitigkeiten über die bestehenden Grenzen der ländlichen Gemeinde⸗ und Gutsbezirke, sowie über die Eigen⸗ schaft einer Ortschaft als Gemeinde oder eines Guts als Gutsbezirks unterliegen der Entscheidung im Verwaltungs⸗ streitverfahren. b

Ueber die im ersten Absatze bezeichneten Angelegenheiten beschließt vorläufig, sofern es das öffentliche Interesse erheischt, der Kreisausschuß. Bei dem Beschluß behält es bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren sein Bewenden.

§. 27. Die Gemeindevertretung, wo eine solche nicht be⸗ steht, der Gemeindevorstand, beschließt: 1

1) auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend den Besitz oder den Verlust der Gemeindemitgliedschaft, sowie des Ge⸗ meindebürgerrechts, des Stimmrechts in der Gemeindeversamm⸗ lung, des Rechts zur Theilnahme an den Gemeindewahlen, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse von Stimm⸗ berechtigten, die Wählbarkeit zu einer Stelle in der Gemeinde⸗ verwaltung oder Gemeindevertretung, die Ausübung des Stimmrechts durch einen Dritten, sowie über die Richtigkeit der Gemeindewählerliste; 8

2) über die Gültigkeit der Wahlen zur Gemeindever⸗ tretung;

38 über die Berechtigung zur Ablehnung oder Nieder⸗ legung einer Stelle in der Gemeindeverwaltung oder Gemeinde⸗ vertretung, über die Nachtheile, welche gegen Angehörige (Mit⸗ glieder) der Gemeinde wegen Nichterfuͤllung der ihnen nach den Gemeindeverfassungsgesetzen obliegenden Pflichten, sowie über die Strafen, welche gegen Mitglieder der Gemeindevertre⸗ tung, wegen Zuwiderhandlungen gegen die Geschäftsordnung oder wegen unentschuldigten Ausbleibens nach Maßgabe der Gemeindeverfassungsgesetze zu verhängen sind. 8

Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste sind wäh⸗ rend der Dauer der Auslegung der letzteren, Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahlen zur Gemeindevertretung innerhalb zwei Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses, und in allen Fällen bei dem Gemeindevorstande anzubringen.

In dem Geltungsbereiche der kurhessischen Gemeinde⸗ ordnung finden die Vorschriften des §. 10 Absatz 3 des gegen wärtigen Gesetzes entsprechende Anwendung.

§. 28. Die Beschlüsse der Gemeindevertretung, beziehungs⸗ weise des Gemeindevorstandes, in den Fällen des §. 27 be⸗ dürfen keiner Genehmigung oder Bestätigung von Seiten des Gemeindevorstandes oder der Aufsichtsbehörde.

Gegen die Beschlüsse findet die Klage im Verwaltungs⸗ streitverfahren statt. Die Klage steht in den Fällen des §. 27, wenn der Beschluß von der Gemeindevertretung gefaßt ist, auch dem Gemeindevorstande, sowie in der Provinz West⸗ falen dem Amtmanne zu. 8

Die Klage hat in den Fällen des §. 27 unter 1 und 2 keine aufschiebende Wirkung; jedoch dürfen Neuwahlen vor ergangener rechtskräftiger Entscheidung nicht vorgenommen werden. §. 29. Beschlüsse der Gemeindeversammlung, der Ge⸗ meindevertretung oder des kollegialischen Gemeindevorstandes, welche deren Befugnisse überschreiten oder die Gesetze verletzen, hat der Gemeindevorsteher, in der Provinz Westfalen auch der Amtmann, entstehenden Falles auf Anweisung der Aufsichts⸗ behörde, mit aufschiebender Wirkung, unter Angabe der Gründe, zu beanstanden. Gegen die Verfügung des Gemeindevor⸗ stehers beziehungsweise Amtmannes steht der Gemeindever⸗ sammlung, Gemeindevertretung, beziehungsweise dem kollegia⸗ lischen Gemeindevorstande die Klage im Verwaltungsstreitver⸗ ahren zu. fch Deh in den Gemeindeverfassungsgesetzen begründete Be⸗ fugniß der Aufsichtsbehörde, aus anderen als den vorstehend angegebenen Gründen eine Beanstandung von Beschlüssen der Gemeindevertretung 875 hee cg tse Gemeindevorstandes erbeizuführen, wird aufgehoben. 1 8 8 88 Gemeindebeschlüsse über die Veräußerung oder wesentliche Veränderung von Sachen, welche einen besonderen wissenschaftlichen, historischen oder Kunstwerth haben, ins⸗ besondere von Archiven oder von Theilen derselben, unter⸗ liegen der Genehmigung des Regierungs⸗Präsidenten.

Hinsichtlich der Verwaltung der Gemeindewaldungen be⸗ wendet es bei den bestehenden Bestimmungen.

§. 31. Im Uebrigen beschließt der Kreisausschuß, soweit die Beschlußfassung in den Gemeindeverfassungsgesetzen der Aufsichtsbehörde oder in der Provinz Hessen⸗Nassau dem Amtsbezirksrathe zusteht, üͤber die Bestätigung (Genehmigung) von Ortsstatuten und sonstigen die ländlichen Gemeinveange⸗ legenheiten betreffenden Gemeindebeschlüssen, sowie über die Herbeiführung und erforderlichen Falles Anordnung einer Er⸗ gänzung oder Abänderung der in Ansehung der Gemeinde⸗ lasten oder des Gemeindestimmrechtes bestehenden Orts⸗

verfassung.

verfassungsgesetzen vorgeschriebene Anhörung des Kreistages nicht mehr statt. 1

Soweit es sich um die Aufbringung der Gemeindeabgaben und Dienste handelt, steht aus Gründen des öffentlichen Interesses gegen den auf Beschwerde ergehenden Beschluß des Bezirksausschusses dem Vorsitzenden des letzteren die Einlegung der weiteren Beschwerde an die Minister des Innern und der Finanzen zu. Hierbei finden die Bestimmungen des §. 123 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 Anwendung. b Die Bestätigung (Genehmigung) von Gemeindebeschlüssen und der Erlaß von Anordnungen, durch welche besondere direkte oder indirekte Gemeindesteuern neueingeführt oder in ihren Grundfätzen verändert werden, bedürfen der Zustimmung der Minister des Innern und der Finanzen. Die §§. 33 und 34 Titel 7 Theil II. des Allgemeinen Landrechts, die Kabinetsordre vom 25. Januar 1831, betreffend die Erwerbung von Rittergütern durch Dorfgemeinden oder deren Mitglieder (Gesetz⸗Sammlung Seite 5), und der §. 4 des Anhangs zur Allgemeinen Gerichtsordnung sind aufge⸗

hoben.

§. 32. Der Kreisausschuß beschließt, soweit die Beschluß⸗ fassung nach den Gemeindeverfassungsgesetzen der Aufsichts⸗ behörde zusteht:

1) über die Zahl der aus jeder einzelnen Ortschaft einer Gemeinde zu wählenden Mitglieder der Gemeindevertretung, 2) über die Vornahme außergewöhnlicher Ersatzwahlen zur Gemeindevertretung oder in den Gemeindevorstand,

3) über die Vermehrung der Zahl der Mitglieder des Gemeindevorstandes, der Schöffen und der Ortsvorsteher, sowie über die Bestellung besonderer Ortsvorsteher für verschiedene Ortschaften eines Gemeindebezirkes,

4) über die Festsetzung der Besoldungen, der Dienst⸗ unkostenentschädigungen und der baaren Auslagen der Mitglieder des Gemeindevorstandes, der Schöffen, der sonstigen Gemeinde⸗ beamten, sowie der kommissarischen Gemeindevorsteher, Guts⸗ vorsteher und sonstiger kommissarisch bestellten Beamten.

Der Kreisausschuß beschließt ferner:

5) an Stelle der Aufsichtsbehörde über die Feststellung und den Ersatz der bei Kassen und anderen Verwaltungen der Landgemeinden vorkommenden Defekte nach Maßgabe der Verordnung vom 24. Januar 1844 (Gesetz⸗Sammlung Seite 52). Der Beschluß ist vorbehaltlich des ordentlichen Rechtsweges endgültig.

§. 33. Der Kreisausschuß beschließt, soweit die Beschluß⸗ fassung nach den Gemeindeverfassungsgesetzen der Aufsichts⸗ behörde zusteht: 8

1) abgesehen von den Fällen des §. 29 über die zwischen dem Gemeindevorstande und der Gemeindevertretung oder zwischen dem Gemeindevorsteher und dem kollegialischen Gemeindevorstande entstandenen Meinungsverschiedenheiten,

2) an Stelle der Gemeindebehörden im Falle ihrer durch widersprechende Interessen herbeigeführten Beschlußunfähigkeit oder im Falle wiederholter Beschlußunfähigkeit,

3) an Stelle der nach Maßgabe der Gemeindeverfassungs⸗ gesetze aufgelösten Gemeindevertretung.

Der Kreisausschuß beschließt ferner an Stelle der Bezirksregierung:

1 ber die Art der gerichtlichen Zwangsvollstreckungen wegen Geldforderungen gegen Landgemeinden (§. 15 zu 4 des Einführungsgesetzes zur Deutschen Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877, Reichs⸗Gesetzblatt Seite 244).

S§. 34. Auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend

1) das Recht zur Mitbenutzung der öffentlichen Gemeinde⸗

aanstalten, sowie zur Theilnahme an den Nutzungen und

Erträgen des Gemeindevermögens, die Heranziehung oder die Veranlagung zu den Ge⸗ meindelasten, . die besonderen Rechte oder Verpflichtungen einzelner örtlicher Theile des Gemeindebezirkes oder einzelner Klassen der Gemeindeangehörigen in Ansehung der zu Nr. 1 und 2 erwähnten Ansprüche und Berbindlich⸗ keiten,

beschließt der Gemeindevorstand.

den Beschluß findet die Klage im Verwaltungs⸗ streitverfahren statt.

Der Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren unter⸗ liegen desgleichen Streitigkeiten zwischen Betheiligten über ihre in dem öffentlichen Rechte begründete Berechtigung oder Verpflichtung z hen im Absatz 1 bezeichneten Rutzungen be⸗ iehungsweise Lasten. 8 Ennspruͤche gegen die Höhe von Gemeindezuschlägen zu den direkten Staatssteuern, welche sich gegen den Prinzipalsatz der letzteren richten, sind unzulässig.

Die und die Einsprüche sowie die Klage haben keine aufschiebende Wirkung. 8

Die vorstehenden Bestimmungen finden sinngemäß An⸗ wendung auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend die Heranziehung oder die Veranlagung von Grundbesitzern und Einwohnern eines Gutsbezirks zu den öffentlichen Lasten desselben. b

§. 35. Unterläßt oder verweigert eine Landgemeinde (Amt, Bürgermeisterei) oder ein Gutsbezirk, die ihnen gesetz⸗ lich obliegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit festgestellten Leistungen auf den Haushaltsetat⸗ zu bringen oder außerordentlich zu genehmigen, beziehungs⸗ weise zu erfüllen, so verfügt der Landrath, unter Anführung der Gründe, die Eintragung in den Etat, beziehungsweise die Feststellung der außerordentlichen Ausgabe.

Gegen die Verfügung des Landrathes steht der Gemeinde beziehungsweise dem Besitzer des Gutes die Klage bei dem Bezirksausschusse zu.

§. 36. Bezüglich der Dienstvergehen der Gemeindevor⸗ steher, Schöffen, Mitglieder des Gemeindevorstandes und

sonstigen Gemeindebeamten, sowie der Gutsvorsteher kommen

die e des Gesetzes vom 21. Juli 1852 mit fol⸗

n Maßgaben zur Anwendung: gendeg Nas 8eBem ant, gegen die Gemeindevorsteher (Amt⸗ männer in Westfalen, Bürgermeister in der Rheinprovinz), Schöffen, Mitglieder des kollegialischen Gemeindevorstandes und sonstige Gemeindebeamten, sowie gegen Gutsvorsteher Ordnungestrafen zu verhängen, steht dem Landrath, und im Umfange des den Prorn net gegien beigelegten Ordnungs⸗

rechts dem Regierungs⸗Prä’identen zu. 8n- die Steasverfagungen des Landrathes findet in ger⸗ halb zwei Wochen die Beschwerde an den Regierungs⸗Präcsiden⸗ ten, gegen die Strafverfi⸗gungen des Regierungs⸗Präsidenten

In den vorstehend bezeichneten Fällen firdet neben der

Beschlußfassung des Kreisausschusses die in den Gemeinde⸗

innerhalb gleicher Frist die Beschwerde an den Ober⸗Präsi⸗ 144“ 8