1883 / 227 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Sep 1883 18:00:01 GMT) scan diff

beziehungsweise Schankwirthschaft bei der zur Entscheidung zuständi⸗ en Behörde eingeht, zulässiger Weise als Gastzimmer in einer be⸗ tehenden Gast⸗ oder Schankwirthschaft benutzt werden, genügt statt der in der Bauordnung erforderten lichten Höhe eine solche von 2,35 m.

Jede Gast⸗ und jede Schankwirthschaft muß ein Zimmer von mindestens 20 qm Bodenfläche zum gemeinschaftlichen Aufenthalt der Gäste, jede Gastwirthschaft ferner mindestens drei eingerichtete Schlaf⸗ zimmer für Gäste haben. In den Schlafzimmern sind mindestens 3 qm Bodenfläche und 10 chm Luftraum auf den Kopf der Gäste zu rechnen.

Jede Gastwirthschaft muß sofern bei ihr eine hinreichende Bewässerung nicht anderweit durch private Einrichtungen sichergestellt ist an die städtische Wasserleitung angeschlossen sein.

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Mit Zustimmung des Königlichen Polizei⸗Präsidenten zu Berlin, gegen dessen abweisende Verfügung die Beschwerde an den Königlichen r⸗Präsidenten stattfindet, können Abweichungen von den in den §. 3 und 4 dieser Verordnung festgesetzten geringsten Maßen zuge⸗ ssen werden, sobald bei den zu den Gast⸗ oder Schankwirthschaften bestimmten Räumlichkeiten durch anderweite Einrichtungen oder Be⸗ schaffenheiten die aus §. 3 Abs. 1 dieser Verordnung ersichtlichen Zwecke völlig gesichert sind. 8 §. 6.

Bei jeder Schank⸗ und jeder Gastwirthschaft muß ein mit den erforderlichen Einrichtungen für Abfluß und Luftreinigung versehenes Pissoir vorhanden sein, dessen Zugang stets unbehindert sein muß und nicht durch Wohn⸗ oder Wirthschaftsräume, noch auch über die Straße führen darf. 3 8

Bei Gastwirthschaften dürfen die Pissoirs keinen unmittelbaren Zugang zu den Schlafräumen haben. Die Einrichtung des Pissoirs muß eine derartige sein, daß eine Verunreinigung der Luft in den Gastzimmern ausgeschlossen ist.

Bei jeder Gastwirthschaft müssen ferner Abtritte in genügender Anzahl vorhanden sein, für welche die vorstehend für Pissoirs auf⸗ gestellten Anforderungen gleichfalls Platz greifen.

F. 7.

Auf Schankstätten, welche auf Bau⸗ oder anderen Arbeitsplätzen hne unmittelbaren Zugang von der öffentlichen Straße her für eine kürzere Zeit errichtet werden, finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung.

Gesuche um Genehmigung zum Betriebe einer Gast⸗ und Schank⸗ wirthschaft sind beim Stadtausschuß für Berlin und zwar in drei Exemplaren einzureichen.

Vorstehende Polizei⸗Verordnung tritt mit dem 1. Oktober 1883 n Kraft. Berlin, den 21. September 1883. G Königliches Polizei⸗Präsidium In Vertretung: von Heppe.

Bekanntmachung.

Die Immatrikulation auf hiesiger Universität für stehende Wintersemester 1883/84 findet am 13., 19., 23. und 27. Oktober cr., Nachmittags 3 Uhr, v1B1“ im Prüfungszimmer des Universitätsgebäudes statt. Behufs derselben haben die Studirenden, welche von einer an⸗ deren Universität kommen, ein vorschriftsmäßiges Abgangszeugniß von jeder früher besuchten Universität nebst dem Schulzeugniß im Original, diejenigen Inländer und Angehörigen anderer deutschen Staaten, welche die Studien erst beginnen, Zeugnisse der Reife, die Ausländer wenigstens einen Paß oder sonstige Legitimationspapiere vorzulegen. 8 Nachträgliche Immatrikulationen bedürfen einer besonderen Be⸗ willigung. Halle a. S., am 24. September 1883. Der Rektor der Königlichen vereinten Friedrichs⸗Universität Halle⸗ Wittenberg. Boretius.

Nichtamtliches. Deutsches Reich Berlin, 27. September. Ihre Majestät

Preußen. die Kaiserin und Königin hatte Sich, wie „W. T. B.“ aus Homburg meldet, gestern Vormittag über Gonzenheim und Obereschbach in die Gegend von Heiligenstock und Bergen begeben, um dem Manöver beizuwohnen und kehrte Nachmittags 2 Uhr in offenem vierspännigen Wagen nach Homburg zurück. Die

Rückkehr Sr. Majestät des Kaisers und Königs erfolgte eine Viertelstunde später.

Das gestrige Schlußmanöver des XI. Armee⸗Corps nahm einen glänzenden Verlauf und war vom schönsten Wetter be⸗ günstigt. Das Ostcorps war nach sehr heftigem Gefecht am Schäferkuppel avancirt, das Westoorps war auf Bergen und Vilbel zuruͤckgegangen und erwartete hier den Angriff des Ost⸗ corps. Der Zerstörung der Floßbrücken über die Nidda wohnte Se. Majestät der König Alphons mit sichtlichem Interesse bei. Die Avantgarde des Ostcorps ging gegen Groß⸗Loh vor und setzte sich in den Besitz desselben; die Kavallerie⸗Division dieses Corps machte eine Attake gegen Bergen und den Wald bei Vilbel. Das Westcorps unter General⸗Lieutenant von Böhn, welches bei der Ueberlegenheit des Feindes überhaupt einen Zusammenstoß mit demselben vermeiden wollte, konnte das weitere Vordringen desselben nicht mehr verhindern und zog sich in südlicher Richtung auf Hanau zurück.

Se. Majestät der Kaiser hielten, umgeben von den Fürst⸗ lichkeiten und Generalen, nach Abbruch des Manövers Kritik und verabschiedeten Sich sodann, nachdem die Ordensver⸗ leihungen und Rangerhöhungen bekannt gegeben worden waren, von den fremdherrlichen Offizieren.

Gleichzeitig mit Sr. Majestät dem Kaiser kehrten auch Ihre Majestäten die Könige von Spanien, Sachsen und Serbien mittels Extrazuges zurück. Se. Majestät der König Alphons wurde von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm in das Schloß geleitet.

Se. Majestät der König von Serbien und Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Portugal nahmen das Dejeuner bei Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen ein.

Se. Majestät der König von Spanien machte Nachmit⸗ tags in der Uniform seines Ulanen⸗Regiments eine Reihe von Abschiedsbesuchen und nahm dann an dem Diner im Schlosse Theil. Nach dem Diner verabschiedete sich Se. Majestät der König Alphons von Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin, besuchte später die Theatervorstellung und nahm dar⸗ auf das Souper bei dem Grafen Benomar ein.

Heute früh 7 Uhr haben Ihre Majestäten die Könige von Spanien und von Serbien über Frankfurt a. M. die Rückreise angetreten. Bei der Abfahrt waren Se. Königliche

Hoheit der Landgraf von Hessen und die zum Ehrendienst kommandirten Offiziere sowie der Staats⸗Minister Graf Hatz⸗ feldt und der deutsche Gesandte in Madrid, Graf Solms, auf dem Bahnhofe anwesend. Die Mitglieder der spanischen Ge⸗ sandtschaft in Berlin kehrten mit demselben Zuge nach Berlin zurück. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz und Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm gaben den beiden Monarchen bis zum Bahnhofe das Geleit und ver⸗ abschiedeten Sich von ihnen daselbst auf das Herzlichste. König Alphons und der König von Serbien trugen Civilkleidung.

Auf dem Neckarbahnhofe in Frankfurt a. M., wo Ihre Majestäten um 7 ¾ Uhr eintrafen, begrüßten die Monarchen den kurz vorher mittelst Extrazuges angekommenen Kronprinzen von Portugal, Königliche Hoheit. Nach etwa halbstündigem Verweilen verabschiedete sich der König von Serbien von dem König von Spanien und von dem Kronprinzen von Por⸗ tugal auf das Herzlichste und begab sich zu Wagen nach dem „Russischen Hof“, um Nachmittags 5 Uhr die Reise nach Wien fortzusetzen. Der König von Spanien und der Kron⸗ prinz von Portugal setzten bereits um 8 ¼ Uhr mit dem Pariser Zuge ihre Reise fort.

Die Abreise Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen von Wales nach Kopenhagen erfolgt morgen.

In dem auf der Zeil in Frankfurt a. M. gelegenen Palais Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Hessen fand zu Ehren Sr. Majestät des Königs Milan heute ein Dejeuner statt, an welchem Prinz Ludwig von Battenberg mit seiner Braut, der Prinzessin Victoria, der Prinz Ernst und die Prinzessinnen Ella, Irene und Alix, sowie der Herzog und die Herzogin von Connaught theilnahmen. Se. Majestät der König von Serbien sandte für die Prinzessinnen kostbare Bouquets. Nachmittags 5 Uhr findet für die genannten Herrschaften ein Diner bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen von Wales im Hotel d'Angleterre statt. 8

Se. Majestät der König von Sachsen machte heute Vor⸗ mittag einen Ausflug nach dem Römerkastell bei Saalburg und wurde daselbst durch den Obersten von Cohausen aus Söee welcher die Ausgrabungen leitet, empfangen und geführt.

Ueber die Vorbereitungen zum Empfange Sr. Majestät des Kaisers und der Fürstlichkeiten in Franksurt a. M. meldet „W. T. B.“ ferner:

Die Stadt hat bereits reichen Festschmuck angelegt. Die Ankunft Sr. Majestät des Kaisers erfolgt mittels Extrazuges von Homburg morgen Nachmittag gegen 4 Uhr auf dem prächtig geschmückten Main⸗Weser⸗Bahnhof. In der Be⸗ gleitung Sr. Majestät werden sich befinden: Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kron⸗ prinzessin sowie die Prinzessin Victoria, Se. Majestät der König von Sachsen, Ihre Königlichen Hoheiten die Groß⸗ herzöge von Sachsen⸗Weimar und Hessen, die Erb⸗ großherzsöge von Baden und Saächsen⸗Weimar, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Wilhelm, Friedrich Carl, Albrecht und Leopold von Preußen, Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen, der Fürst von Wied, die Staats⸗Minister und der General⸗Feldmarschall Graf Moltke. Auf dem Bahnhof werden Se. Majestät von der Generalität, dem Ober⸗Präsidenten, Staats⸗Minister Grafen zu Eulenburg, dem Regierungs⸗Präsidenten von Wurmb und dem Ober⸗Bürgermeister Miquel empfangen und begrüßt werden. Vom Bahnhofe aus werden Sich Se. Majestät der Kaiser, von den anderen Fürstlichkeiten gefolgt, in vier⸗ spännigem Galawagen die via triumphalis durch die Taunus⸗ anlage und die Bockenheimer Landstraße entlang nach dem Palmengarten begeben, in welchem die Stadt Frankfurt das Gala⸗ diner veranstaltet hat. Die Tafel ist mit prachtvollen goldenen und silbernen Geräthen aus dem Hausschatze des Barons Rothschild geschmückt. Nach der Tafel werden Sich der Kaiser mit Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kron⸗ prinzessin und der Prinzessin Victoria nach dem Ober⸗Post⸗ direktions⸗Gebäude begeben, wo der Geheime Postrath und Ober⸗Postdirektor Helddberg die Honneurs machen wird. In den im Ober⸗Postdirektions⸗Gebäude befindlichen Kaiser⸗ zimmern werden Se. Majestät eine kurze Rast halten und Sich dann durch die inzwischen illuminirte Zeil bei der Hauptwache vorüber, die Bockenheimer Straße entlang, durch die pracht⸗ volle Ehrenpforte am Bockenheimer Thor, über den elektrisch erleuchteten Opernplatz zum Opernhause begeben, wo der Ober⸗Bürgermeister Miquel und der Intendant Claar Se. Majestät erwarten. Zur Aufführung gelangen die Oper „Aida“, hierauf „Die Versucherin“ und „Undine“. Von allen Seiten strömen bereits Fremde in großer Anzahl herzu, um den Festlichkeiten in Franksurt beizuwohnen. Das Wetter ist prachtvoll.

Ihre Maäjestät die Kaiserin und Königin erschien gestern zu Wagen bei dem Feldmanöver bei Bergen und kehrte nach Schluß desselben nach Homburg zurück.

Nach dem Familiendiner verabschiedete Sich Ihre Majestät von Sr. Majestät dem Kaiser und von den hohen Königlichen und Fürstlichen Gästen und verließ um 7 ½ Uhr mittels Extrazuges Homburg, um Sich nach Baden⸗Baden zu begeben,

wo Ihre Majestät um 11 ½ Uhr Nachts eintraf.

Die dem Arbeitgeber durch §. 120 der Gewerbe⸗ ordnung auferlegte Verpflichtung, Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten, welche mit Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit des Gewerbebetriebes und der Betriebsstätte zu thunlichster Sicherheit gegen Gefahr für Leben und Gesundheit nothwendig sind, beschränkt nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 7. Juli d. J., die Pflicht des Arbeitgebers keineswegs auf solche Einrichtungen, welche unter der Voraussetzung, daß die Arbeiter selbst mit voller Umsicht für die Erhaltung von Leib und Leben Sorge tragen, die erforderliche Sicherheit gewähren; vielmehr ist davon auszugehen, daß der Arbeitgeber die Unachtsamkeit und Unbesonnenheit der Arbeiter, wie sie erfahrungsmäßig häufig vorkommen, bei den ihm obliegenden Einrichtungen in Rech⸗ nung zu ziehen hat.

Der General⸗Lieutenant von Oppell, Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division, hat sich mit Urlaub nach Mecklenburg⸗Schwerin begeben.

Bayern. München, 26. September. (Allg. Ztg.) Das feierliche Leichenbegängniß des gestern Abend verstor⸗ benen Staatsraths und Landtagsabgeordneten von Schlör wird am Freitag Nachmittag * dem nördlichen Friedhofe stattünden; die Kammer der Abgeordneten wird dem⸗

zufolge am ersten Tage des Wiederbeginns ihrer Thätigkeit die traurige Pflicht zu erfüllen haben, eines ihrer langjährigsten und ausgezeichnetsten Mitglieder zu Grabe zu begleiten.

26. September. (W. T. B.) Der Reichskanzler Fürst von Bismarck ist, von Salzburg kommend, heute Nachmittag 5 Uhr hier eingetroffen und hat nach kurzem Aufenthalt alsbald die Weuerreise nach Berlin angetreten. Der Legationssekretär Graf zu Eulenburg war zum Empfange des Reichskanzlers auf dem Bahnhofe erschienen.

Prinz Luitpold ist heute im Auftrage des Königs zu den Festlichkeiten bei Enthüllung des Niederwalddenkmals abgereist.

Hessen. Jugenheim, 25. September. (Darmst. Ztg.) Der Prinz Alexander ist heute, einer Einladung des Kaisers von Oesterreich folgend, nach Wien abgereist.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 26. September. (W. T. B.) Prinz Alexander von Hessen ist heute aus Darmstadt hier eingetroffen und empfing den Besuch des Erzherzogs Albrecht. Auch der Kaiser und der Erzherzog Carl Ludwig wollten den Prinzen im Laufe des Nachmittags besuchen, trafen den⸗ selben jedoch nicht an. Später machte der Prinz dem Kaiser einen längeren Besuch in der Hofburg.

Der rumänische Minister⸗Präsident Bratiano ist heute Nachmittag vom Kaiser empfangen worden.

Lemberg, 25. September. (Presse.) Der Landes⸗ ausschuß beschloß heute, den vom Landmarschall verfaßten Entwurf einer Novelle zum Volksschulgesetz als eigene Vorlage im Landtage einzubringen.

Laibach, 25. September. (Pr.) Der Landtag nahm heute die erste Lesung der Vorlage des Ausschusses in Betreff der Aenderung der Landtagswahlordnung vor. Die Vorlage lehnt sich an die Reichsrathswahlordnung an und beschränkt sich auf die Einführung des Wahlrechts für die Fünfguldenmänner, der Lokalwahlen in der Wähler⸗ klasse der Städte und des Reklamationsverfahrens bei allen Wählerklassen.

Agram, 26. September. (W. T. B.) Die heutige Gerichtsverhandlung in dem Prozeß gegen die Theil⸗ nehmer an den letzten Unruhen endigte mit der Verurthei⸗ lung eines der Angeklagten zu einem Monat strengen Arrests. Morgen wird die Verhandlung fortgesetzt.

(W. T. B.) Die

Frankreich. Paris, 26. September. (.

„Agence Havas“ erklärt das Gerücht von der Ernennung AAX“ für Corsica formell für unbe⸗ gründet.

27. September. (W. T. B.) Der „Agence Havas“ geht folgende Depesche aus Saigun von heute zu: Aus Hanoi vom 16. d. M. wird das Gerücht ge⸗ meldet, die „Schwarzen Flaggen“ hätten Sontay geräumt und die Citadelle den Annamiten überlassen; die Ortschaften Phung, Lugne und Day seien gleichfalls geräumt, und der Feind habe sich auf das andere Ufer des Flusses zurück⸗ gezogen; eine große Anzahl von Mandarinen habe dem fran⸗ zösischen Civilkommissär Harmand ihre Unterwerfung an⸗ gezeigt.

Italien. Rom, 26. September. (W. T. B.) Der Papst empfing heute Mittag im oberen Atrium der Peterskirche unter Führung des Kardinals Alimonda und des Erzbischofs von Turin ungefähr 400 als Wallfahrer erschienene ita⸗ lienische Priester, unter denen sich viele aus Rom be⸗ fanden. Nachdem der Kardinal eine Ergebenheitsadresse ver⸗ lesen hatte, hielt der Papst an die Versammlung eine Ansprache und sagte: er sei erfreut über die innige Ver⸗ bindung des italienischen Episkopats und Klerus mit dem päpstlichen Stuhle. Die gemeinsamen Feinde trachteten wohl, sie zu entzweien, indem sie den Klerus an⸗ klagten, daß er gegen das eigene Land feindselig gesinnt sei, und einen Theil desselben an sich zu ziehen hofften, indem sie ihn ferner gegen seine Oberen aufzustacheln suchten und ihm eine Verbesserung ihres Looses versprächen. Der Klerus aber sei standhaft und treu ge⸗ blieben. Es heiße Italien wahrhaft lieben, wenn man dagegen ankämpfe, daß es die Wohlthat der religiösen Einheit ein⸗ büßen solle. Das Papstthum sei der glänzendste Ruhm Italiens und die reichste Quelle seiner Prosperität und Größe. Die Priester erwiesen sich als aufrichtigste Freunde Italiens, wenn sie dem Papste anhänglich blieben und die gärzliche Aufrechthaltung ihrer Prärogative und Rechte, ja selbst der weltlichen Macht sorderten. Schließlich ertheilte der Papst dem Klerus Verhaltungsmaßregeln. Die Versammlung entfernte sich unter den Rufen: Es lebe der Papst!

Serbien. Belgrad, 25. September. (Wien. Ztg.) In Folge der Abwesenheit des Königs wird die Skupschtina nicht mit einer Thronrede, sondern mit der erlesung eines Königlichen Ukases eröffnet werden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 27. September. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ bespricht das in Sofia zu Ehren der abgetretenen Minister Sobolew und Kaulbars veranstaltete Banket, welchem auch mehrere neue Minister des Fürsten Alexander beiwohnten, und wobei der Metropolit einen Toast auf den Kaiser Alexander ausbrachte. Das Journal hebt besonders hervor, daß sämmtliche Redner der Anhänglichkeit der bulgarischen Nation an das russische Volk Ausdruck gegeben hätten, und sagt: diese Manifestation sei nicht unerwartet ge⸗ kommen. Jeder Politiker und jede Partei, welche die Gunst des bulgarischen Volkes erstrebe, rufe den Namen Rußlands an. Solche Bande legten ebenso viele Pflichten als Rechte auf, besonders aber die Pflicht, sich nicht hinreißen zu lassen und alle Folgen der Ueberstürzung vorauszusehen, in dem Bestreben, sie zu verhüten. Trotz des lebhaftesten Interesses Rußlands für das Gedeihen Bulgariens und seine friedliche Entwickelung, sah Rußland es für seine moralische Pflicht an, jegliche Solidarität mit den neuesten Ereignissen abzuweisen und dieselben entschie⸗ den zu mißbilligen. Rußland wünsche, Bulgarien möge in Frieden die Wohlfahrt seiner durch russische Waffen erfolgten Befreiung genießen, es möge keine Ver⸗ wickelungen hervorrufen, welche den eigenen Frieden und den Frieden anderer gefährden würden. Wenn die Rathgeber des Fürsten von Bulgarien es vermögen, dem Lande eine Periode friedlichen Gedeihens zu schaffen, so würden Regie⸗ rung und Volk Rußlands glücklich sein. Das jetzt in Sofia adoptirte Verfahren sei gefahrvoll. Es sei jedoch möglich, daß die auf dem Banket in Sofia

stattgefundene Manifestation ein erstes Anzeichen sei, daß die bulgarische Regierung die Schwierigkeit der Lage begreife. Es sei wünschenswerth, daß der Fürst von Bulgarien und die Regierung die für die Beseitigung dieser Schwierigkeiten nöthige Kraft, Mäßigung und Einigkeit finden möchten. Rußland werde hocherfreut sein, wenn Bulgarien gegen neue Krisen geschützt sein werde. Die Zukunft werde lehren, ob die Verwirklichung dieser Wünsche möglich ist.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 24. September. (Allg. Corr.) Der neue Staatsrath besteht aus elf Ein⸗ geborenen, einschließlich zweier Armenier und Scherif Paschas als Präsidenten, ferner vier Franzosen Gaylussac, Pietri, Rousseau und Borelli —, drei Engländern Sir A. Colvins Nachfolger (Edgar Vincent), Lemmesurier und Rowsell —, zwei Oesterreichern Blum und Keller —, und einem Italiener Signor Ora.

Zeitungsstimmen.

1 „Rheinische Kurier“ schreibt in Betreff der Verlängerung des Sozialistengesetzes:

.... Wir unsererseits wollen wenigstens von vornherein gegen das Unterfangen, jedem für die Verlängerung Eintretenden den Cha⸗ rakter eines liberalen Mannes abzusprechen, Verwahrung einlegen. Wer das Sozialistengesetz 1878, wer es 1880 für nothwendig gehalten hat, wird es auch 1884 für nothwendig halten müssen, wenn die Gefahren, gegen welche es gerichtet ist, noch fortbestehen und seine Wirksamkeit nicht von unvorhergesehenen schädlichen Folgen gewesen ist. Das Letztere wird Niemand behaupten, zum mindesten nicht be⸗ weisen können.

Auch das „Berliner Fremdenblatt“ widerlegt durch Zahlen die in dem Flugblatt der liberalen Partei aus⸗ gesprochene Behauptung, daß sich die kommunale Steuerlast in Berlin, Dank der liberalen Stadtverordnetenversammlung, seit dem Jahre 1874 um beinahe 3 Millionen Mark verringert habe. Dann heißt es weiter:

„Verliert also schon durch diese Betrachtung das ganze von dem liberalen Wahlcomité aufgestellte künstliche Gebäude seinen Boden, so zeigt sich die Leichtfertigkeit, mit der dasselbe aufgerichtet ist, noch ganz besonders darin, daß das Comits zum Vergleich das⸗ jenige Jahr anzieht, in welchem in Folge größerer Steuerkraft und günstiger Erwerbsverhältnisse die Einkünfte aus den städtischen Steuern ihre größte Höhe erreicht hatten. Nehmen wir aber die Zeit von 1863 an, wo das „liberale“ Regiment begann, so erfahren wir, daß damals der auf den Kopf der Bevölkerung fallende Betrag an direkten und indirekten Steuern nur 11,50 betrug und seitdem auf über 20 gestiegen ist. Dies Verhältniß charakterisirt sich am besten dadurch, daß die Gemeinde⸗Einkommen⸗ steuer im Jahre 1869 mit 16 ¾ % der Staatssteuer eingeführt wurde, von da bis 1878 auf 100 % angewachsen ist und daß es nur durch Beibehaltung der hohen Gaspreise, durch Abwälzung eines Theils der Kanalisationsabgaben auf die Grundbesitzer und durch Abstriche in dem letzten Etat möglich geworden ist, diesen Satz von 1600 % vor⸗ läufig beizubehalten. 8

Auf den unbequemsten Punkt, die Miethssteuer, geht das liberale Wahlcomits nicht näher ein, es deutet nur an, daß im Schooße der Stadtverordnetenversammlung eingehende Erörterungen über dieselbe stattgefunden haben. Es scheint den städtischen Behörden hiermit gerade so zu gehen, wie mit der Reform der Kommunalwahlbezirke, die 14 Jahre lang erörtert, aber erst durch Eingreifen der Staats⸗ regierung zum Abschluß gebracht worden ist ....

„Schon im Jahre 1869 hat übrigens der Magistrat von Berlin in einer an das Abgeordnetenhaus gerichteten Petition auf die Uebel⸗ stände der Miethssteuer hingewiesen. Er verlangte zugleich, daß die den Beamten durch das Miethssteuerregulativ gewährte Steuerermäßi⸗ gung aufgehoben würde. Das Abgeordnetenhaus beschloß, diese Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, letztere lehnte jedoch den Antrag des Magistrats mit dem Hinweise ab, daß, wenn er angenommen würde, gerechterweise von den Forensen, juristischen Personen u. s. w. Miethssteuer nicht mehr erhoben werden könne. Die Staatsregierung empfahl schließlich dem Magistrat, die voll⸗ ständige Aufhebung der Miethssteuer und als Ersatz derselben einen erhöhten Zuschlag zur Einkommensteuer ins Auge zu fassen. Das wäre damals, wo der Zuschlag nur 16 ¾ % betrug, ein Leichtes ge⸗ bE““

Dem „Deutschen Handelsarchiv“ wird aus Kiel berichtet:

Im Schiffs⸗ und Maschinenbau herrschte auch im verflossenen Semester die allerregste Thätigkeit. Die Maschinenfabrik von Gebr. Howaldt, in welcher fast ausschließlich Schiffsmaschinen gebaut werden, ist von Kiel nach dem auf der anderen Seite des Hafens liegenden Diedrichsdorf unmittelbar neben die Werft von Georg Howaldt verlegt worden.

Auf der Schiffswerft von Georg Howaldt wurden im verflossenen Semester abgeliefert:

15 Dampfer mit etwa 8200 t Ladefähigkeit;

im Bau begriffen sind: 1 8 Dampfer mit etwa 9000 t Ladefähigkeit, darunter 2 Kriegs⸗ schiffe für die chinesische Regierung;

an festen Aufträgen liegen außerdem noch vor:

6 Dampfer mit 4350 t.

Im Ganzen werden damit auf dieser Werft seit dem Jahre 1878 103 Schiffe gebaut sein, ein Resultat, welches wohl von keiner anderen deutschen Werft erreicht wurde.

Wesentlich förderlich erwies sich hierbei die elektrische Beleuch⸗ tung zur Ausnutzung des vollen Arbeitstages und sehr häufig auch der Nacht.

Erwähnenswerth ist das Fischversandtgeschäft, welches von Kiel aus recht schwunghaft betrieben wird, und seit Einführung des 50 Pfg.⸗ Paketportotarifs mehr und mehr zu einer gewissen Bedeutung gelangt ist. Der Versandt geschieht ausschließlich in gleichmäßiger, jeder Fisch⸗ art entsprechender Holzverpackung von brutto 5 kg. Der Bück⸗ ling nimmt darunter als beliebtes Volksnahrungsmittel die erste Stelle ei..

Im Ganzen existiren im Umkreise hier etwa 30 große Fisch⸗ räuchereien. Nach den Ermittelungen der Ober⸗Postdirektion werden jährlich etwa 430,000 Fischsendungen zu 5 kg aufgeliefert.

. Die geschäftliche Lage in Neumünster hat keine wesentlichen Ver⸗ änderungen erlitten. Die dortigen Etablissements sämmtlicher Branchen mit Ausnahme der Baumwollenbranchen, hatten volle Beschäftigung. Den letzteren hat es bisher noch nicht gelingen wollen, der scharfen auswärtigen Konkurrenz ein großes Absatzgebiet abzuzwingen, dagegen scheinen die von den Tuchfabriken angefertigten Cheviots beliebt zu sein, da die Nachfrage hierin besonders groß war, während Buckskins mehr vernachlässigt wurden. Die Preise waren im Allgemeinen ge⸗ drückt, hiervon machen nur die für Mühlen⸗ und Gerbereifabrikate eine Ausnahme.

„Ein in demselben Blatt enthaltener Bericht aus Bielefeld, Mitte August, beginnt:

Die gegen Ende des ersten Quartals gemeldete befriedigende Geschäftslage der meisten Industriezweige des diesseitigen Bezirks blieb im Allgemeinen auch fortdauernd für das zweite Quartal. Für einzelne Etablissements, welche von der Konjunktur besonders be⸗ günstigt sind, kann dieselbe sogar als eine gute bezeichnet werden. Erfreulich ist die Wahrnehmung eines erhöhten Aufschwungs in den Maschinen⸗ und Nähmaschinenfabriken, deren Klagen über ungenügende Beschäftigung, beziehun sweise geringen Absatz verstummt sind, wenn die Fabrikationsgewinnste den Erwartungen noch nicht ent⸗

ö“

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Die „Elberfelder Zeitung“ schreibt:

In geradezu erstaunlicher Weise sucht der Linksliberalismus das Ergebniß der badischen Landtagswahlen für sich auszubeuten. Das sezessionistische Organ der Reichshauptstadt erblickt in demselben die Abwendung der Wähler von den „Phantasiebildern einer neuen agra⸗ rischen Weltordnung“. Die Rickertsche Correspondenz besingt den Sieg des „Bürgerthums⸗ über „soziale und agrarpolitische“ Quack⸗ salbereien. Nun aber hat der badische Nationalliberalismus gerade gemäßigte sozial⸗ wie agrarpolitische Forderungen in sein Programm aufgenommen. Auf welche Leser sind derartige entstellende Dar⸗ legungen denn eigentlich berechnet?

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage der Schulze'schen Hof⸗Buchhandlung und Hof⸗ Buchdruckerei (C. Berndt und A. Schwartz) in Oldenburg ist soeben in dritter Auflage erschienen: „Herbstmonate in Ober⸗Ita⸗ lien“ von Adolf Stahr (Supplement zu des Verfassers „Ein Jahr in Italien“). Die beiden kleinen Bändchen aus der Feder des liebenswürdigen, kenntnißreichen und mit Italien, seinen landschaft⸗ lichen Schönheiten, Alterthümern und Kunstschätzen durch vieljähri⸗ gen Aufenthalt wohl vertraut gewesenen Schriftstellers dürften auch in der neuen, mit einem sorgfältigen Inder versehenen Auflage allen nach Italien Reisenden willkommen sein. (Pr. 6 ℳ)

In demselben Verlage erschien als Festgabe zur Feier des 400jährigen Geburtstages Martin Luthers in zweiter veränderter Auf⸗ lage ein dramatisches Charakterbild von Wilhelm Roßmann: „Meister Lukas“. Dieses würdige zweiaktige Festspiel hatte ursprüng⸗ lich die Bestimmung, zur Feier des 400 jährigen Geburtstages Lukas Kranachs des Aelteren, des Malers und Freundes des großen Reformators, welche im Jahre 1872 in Weimar begangen werden sollte, auf dem Großherzoglichen Hof⸗Theater daselbst aufgeführt zu werden. Man zog es jedoch damals aus mancherlei Gesichtspunkten vor, die Feier zu verschieben und das Andenken des Malers der Reformation auch am Reformationsfeste zu begehen, zumal seine Kunst, sein Denken und Fühlen in der Begeisterung für das Werk der Reformation und seiner Träͤger wurzelten. In dieser seiner Bedeutung, überein⸗ stimmend mit dem allgemeinen Festmotive, faßt ihn auch das vor⸗ liegende Drama, das sich darum gelegentlich der Feier zu etwa von Künstlern veranstalteten Aufführungen vorzüglich eignen würde. (Pr. 1,20 ℳ)

Die in Leipzig am 29. September d. J. erscheinende Nr. 2100 der „Illustrirten Zeitung' enthält folgende Abbildungen: Zum 80. Geburtstag Ludwig Richters. Nach einer Photographie von Hans Hanfstängl in Dresden gezeichnet von F. Waibler. Die Luther⸗ Feier zu Wittenberg. 4 Abbildungen. Originalzeichnungen unsers Spezialzeichners E. Limmer: 1) Der deutsche Kronprinz am Grabe Luthers. 2) Die Eröffnung der Luther⸗Halle durch den Kronprinzen. 3) Die Nachkommen des Reformators im Festzuge. 4) Die Volks⸗ versammlung auf dem Marktplatz. Albrecht Wallenstein, Herzog von Friedland. Das diesjährige deutsche Uebungs⸗Panzergeschwader im Kieler Hafen. Originalzeichnung von Hermann Penner. (Zwei⸗ seitig) Von der internationalen elektrischen Ausstellung in Wien: Die elektrische Beleuchtung es Platzes vor der Rotunde. Driginalzeichuung von W. Gause. Das Passionsspiel zu Brirlegg. 12 Abbildungen. Nach photogra⸗ phischen Aufnahmen von Jos. Emberger in Rattenberg: 1) Michael Stolz, der Regisseur des Passionsspiels. 2) Adam und Eva. 3) Moses. 4) Abraham und Isaak. 5) Johannes. 6) Maria. 7) Christus. 8) Maadalena. 9) Petrus. 10) Kaiphas. 11) Veronika. 12) Judas. Ansicht von Brixlegg, dem Orte des Passionsspiels. Aus den „Europäischen Wanderbildern“ (Zürich, Orell, Füßli u. Co.). Levin Schücking, am 31. August. Nach einer Photographie von F. Wunder Sohn in Hannover. Hendrik Conscience, am 10. Sep⸗ tember. Nach einer Photographie von Geruzet Frères in Brüssel. Frauenzeitung: Miß Kate Booth, Feldmarschallin der Heilsarmee. Polytechnische Mittheilungen: Klavier⸗ und Orgellampen von Rühe. 2 Figuren. Jagdlaterne.

Gewerbe und Handel. Ueber die Textilindustrie in Preußen im Jahre 1882 äußert sich die mehrerwähnte, in der Zeitschrift des Königlich Preußischen Statistischen Bureaus enthaltene Zusammenstellung aus den Berichten der Handelskammern, wie folgt:

„Neben der Verarbeitung der Metalle ist die Industrie der Gewebe und Gespinnste diejenige, welche in Deutschland eine hervor⸗ ragende Beachtung in volkswirthschaftlicher Beziehung verdient; für sie ist die neue Wirthschaftspolitik von besonders tief einschneidender Wirkung gewesen; ganze Fweige derselben sind durch das neue System des Schutzes der nationalen Arbeit zu frischem Leben erwacht; andere haben einen erneuten Aufschwung genommen; andere endlich aber sind vollständig neu geschaffen worden.

Die systematische Uebersicht der Gewerbebetriebe nach der deutschen Gewerbezählung vom 1. Dezember 1875 faßt unter der Bezeichnung „Textilindustrie“ neun Klassen von Gewerbzweigen zusammen. Wenn wir hier zwei davon, nämlich die Seilereien und Reepschlägereien, sowie die Betriebe für Netze, Segel und Säcke außer Acht lassen, weil sie sich in mehr als einer Hinsicht von der eigentlichen Textilindustrie unterscheiden, so ergeben sich folgende sieben Betriebsgruppen: 1) Gespinnste und Gewebe aus Seide; 2) desgl. aus Schafwolle und anderen Thierhaaren; 3) desgl. aus Flachs, Hanf, Werg ꝛc.; 4) desgl. aus Baum⸗ wolle; 5) desgl. aus Gummi und Haaren; 6) Wirk⸗, Klöppel⸗, Häkel⸗, Strick⸗ und Stickwaaren; 7) Gespinnste und Gewebe aus unbenannten Stoffen. Die Herstellung der genannten Waaren beschäftigte in Preußen am Tage der gewerbstatistischen Auf⸗ nahme in 189 369 Betriebsstätten 433 195 Personen (274 946 Männer und 158 249 Frauen) oder rund 12 % von der ganzen gewerbtreibenden Bevölkerung des preußischen Staates. Den größeren gewerblichen Unternehmungen mit mehr als fünf Gehülfen) gehörten 189 253 Personen an, o05ooo Großindustrie von der ganzen Bevölkerung, welche ihre Thätigkeit den sieben genannten Gewerbeklassen widmete, 44 % in ihre Dienste genommen hatte. Es zeigen sich jedoch in dieser Hinsicht die einzelnen Zweige der Textilindustrie recht erheblich von einander verschieden, wie aus folgender Uebersicht 1 manen haehacger

; aupt⸗ arin beschäftigte Personen

in der Klasse betriebe Männer Frauen zusammen Wb1“ 19 155 64 936 2) SII 19 012 40 669 113 358 3) Flachs u. s. w. 70 932 76 38 540 115 298 4) Baumwolle 33 104 1 1 29 497 84 820 5) Gummi u. Haare 753 972 2 259 6) Wirkerei u. s. w. 15 515 5 18 061 28 382 7) Verschiedene Stoffe 16 207 11 355 24 142

zusammen 189 369 274 946 158 249 433 195

Um die beträchtliche Zahl von Arbeitsmaschinen, welche in den hier aufgeführten sieben Betriebszweigen der Textilindustrie vorhanden waren, in Bewegung zu setzen, gelangte zur gedachten Zeit in der preußischen Textilindustrie eine mechanische Kraft von im Ganzen 75 483 Pferdestärken zur 11ve Hereeefertag, bluf

; asser⸗ Dampf⸗ as⸗ Heißluft⸗ in der Klasse 1 kraft kraft kraft 1) Seide.

38 1 477 10 5 2) Wolle ... .99 9868 11,0 558,5 3) Flachs 6½ꝙ5

8 667 0,5 1,0 4) Baumwolle. 1 654 19 062 2,0 11,5 5) Gummi und Haare 20 170 28 6) Wirkerei u. s. w. 11121——— öI 7) Verschiedene Stoffe 203 2 190 2,0 8,0 zusammen 12 522 62 838 37,0 86,0. Die Terxtilindustrie hat durch ihre moderne Entwickelung, welch

in der zweiten Hälfte d igen Jahrhunderts ihren Anfang nahm,

. zunächst eine Ersparung von Arbeit auf demjenigen Gebiete eingeführt, das von jeher der Frauenarbeit gehörte; sie hat dieselbe aber keines⸗ wegs davon ausgeschlossen, da nach Einführung der Maschinen vor Allem jene Verrichtungen der persönlichen Arbeit verblieben, für welche die Hand der Frau oftmals geschickter ist, als die des Mannes. Jene Entwickelung machte zu einer eigenen industriellen Erwerbsthätig keit, was vorher nur als häusliche Nebenbeschäftigung erschien, un so entfalteten sich im Zusammenhange mit der Anwendung von Ma schinen die Verhältnisse, welche heute als Frauenfabrikarbeit in der Textil⸗ industrie einen so großen Umfang einnehmen. Bekanntlich war nun der ersten Gewerbestatistik des Deutschen Reiches vom 1. De⸗ zember 1875 im Jahre 1881 eine zweite Aufnahme gefolgt, welche nach ihrer Bestimmung, gewisse Grundlagen für den Ent⸗ wurf eines Unfallversicherungsgesetzes zu beschaffen, zwar nicht eine eingehende Beschreibung sämmtlicher Werkstätten und Etablissements nach Betriebs⸗ und Personalverhältnissen lieferte, wohl aber die Er⸗ gebnisse der letzten allgemeinen Gewerbestatistik nach einigen Rich tungen hin nicht unwesentlich vervollständigte. Insbesondere ist durch die Enquete von 1881 über die Zahl der Betriebe, welche mechanisch Kraft verwenden, und über das Alter und Geschlecht der beschäftigte Personen für die verschiedenen Industriezweige Näheres bekann geworden. Es liegen hierüber nach jener Aufnahme die folgende Angaben vor:

Zahl

Gewerbegruppen: der Betriebe

Uhttttttt tk 2 986 Steine und Erden. 13 491 Metallverarbeitung. 3 554 Maschinen u. dergl. 3 366 Chemische Industrie 1 228 Heiz⸗ und Leuchtstoffe. 2 161 Textilindustrie 5 923 Papier und Leder Holz⸗ und Schnitzstoffe .. Nahrungs⸗ und Genußmittel Bekleidung u. dergl. 1 Baugewerbe.. Polygraphische Gewerbe Kunstgewerbe.

Betriebsbeamte und Gehülfen männlich weiblich 437 205 13 744 178 402 16 604 101 734 11 892 210 439 2 033 36 635 5 306 223 204 194 737 58 444 58 986 218 730 12 803 75 449 28 678

hu“ zusammen 93 554 1 636 099 345 753

Es ward also die bei Weitem größte Zahl der weiblichen Per⸗ sonen in der Textilindustrie beschäftigt; ihre Zahl betrug 54,93 % von allen weiblichen Personen, welche überhaupt in Betrieben, i denen Dampfkessel oder durch elementare Kraft bewegte Triebwerk zur Verwendung kamen, Beschäftigung fanden. Und wenn man da Alter der Betriebsbeamten und Gehülfen beiderlei Geschlechtes in Auge faßt, so ergiebt sich, daß 1881 in der Textilindustrie von de 1856 bis 1868 geborenen, also über 12 ¾ bis fast 26 Jahre alten positiv mehr weibliche als männliche Gehülfen gleichen Alters be schäftigt sind; bei manchen Jahrgängen überschreiten die weib lichen Gehülfen sogar die doppelte Anzahl der männlichen; und wen das bereits in den mit Motoren ausgestatteten Betrieben geschieht so versteht sich das Ueberwiegen weiblicher Arbeitskräfte jener Alters klassen in den einfachen Handarbeitsbetrieben erst recht von selbst. Allein wenn nun diese Verhältnisse auch einer großer Klasse von Menschen einen dauernden Erwerb verschafft haben welche sonst vielleicht in den dürftigsten Verhältnissen ih Dasein hätten fristen müssen, so sind sie andererseits doch de verhängnißvolle Grund für die Verschiedenheiten und vor Allem für den niedrigen Stand der Löhne in der Textilindustrie geworden Ist letzterer nun auch in der allgemeinen Lage dieses Industriezweiges zum Theil selbst begründet, welcher einen schwierigen Uebergang von der Handarbeit zum Maschinenbetriebe durchkämpft und von den Konkurrenzverhältnissen des Weltmarktes und den unberechenbare Launen des Bedarfs und der Mode abhängiger ist, als viele andere industrielle Unternehmungen, so liegt der Hauptgrund für jene Er⸗ scheinung doch eben darin, daß die Spinnerei und Weberei nicht, wie die Maschinenfabrikation, das Bauhandwerk und zahlreiche ander Gewerbe, nur von Männern betrieben, sondern daß Männer, Weibe und sogar Kinder hier in buntester Mischung beschäftigt werden. Un wenn dazu in Spinnereien und Webereien oft so viele kränkliche, elende verkrüppelte Arbeiter und Arbeiterinnen angetroffen werden, so ist die keineswegs die Folge der Art der Beschäftigung, sondern allermeist ebe davon, daß in Folge der Eigenart dieser Industrie sich von Hau aus viele schwächliche Individuen dieser Beschäftigung zuwenden. Fast in allen Bezirken mit Textilindustrie wohnt eine dichte Bevölkerung welche trotz niedriger Löhne immer mehr wächst, weil der Umstand daß Mann, Frau und Kind gemeinschaftlich zur Unterhaltung de Haushaltes beitragen, den frühzeitigen Abschluß von Ehen begünstigt Jedes überreichliche Angebot von Arbeitskraft drückt aber unnachsicht lich wieder die Löhne herab.

Nachdem aber nun die deutsche Textilindustrie in der Konkurren mit dem kapitalmächtigen England und mit der die Mode beherrschen den, hochentwickelten Industrie Frankreichs mühsam die gegenwärtig Stufe ihrer Entwickelung erklommen hat, haben auch in erfreuliche Weise die Hungerlöhne, welche ehedem in einzelnen Gegenden unseres Vaterlandes geradezu sprüchwörtlich geworden waren, einer weit besseren Bezahlung Platz gemacht; dazu ist eine stattliche Anzahl bedeutender Häuser entstanden, welche ihren Verdienst nicht mehr durch billige Schleuderwaaren zu erzielen suchen, sondern durch Anfertigung solider Waaren mit eigenen selbst erfundenen, geschmackvollen Mustern den Wettbewerb mit Engländern und Franzosen auf den Weltmärkten siegreich bestehen. Solche Häuser können ihren Arbeitern auch nach und nach höhere Löhne zahlen. Indeß ist der Fortschritt der Löhn im Jahre 1881 noch immer ein sehr geringer gewesen, da stets wieder die Kalamität der niedrigen Preise der Fabrikate dazwischen trat, worunter allerdings die Arbeiter meist ganz unschuldig, aber oft bitter zu leiden haben.“

Aus der Provinz Posen schreibt man der „Schles. Ztg.“ unter dem 21. d. Mts. über die Lage des Hopfenmarkts: Die weichende Tendenz an den bayerischen Märkten hat auch hier eine sehr flaue Stimmung hervorgerufen, welche durch ziemlich starkes Angebot von schöner trockener Waare immer mehr um sich greift. Die aus Bavern hier anwesenden Käufer erwarben vor der Hand nur Kleinigkeiten. Von Seiten unserer inländischen Brauer⸗ kundschaft, die von Vorräthen vollständig entblößt ist, zeigte sich in den letzten Tagen zwar einiger Begehr, Platzhändler dagegen betheiligten sich fast gar nicht am Einkauf. Planteure halten noch auf verhältnißmäßig hohe Forderungen und ziehen es meist vor, vorläufig ihr Produkt nicht zu offeriren. Der Preisrück⸗ gang während der letzten acht Tage beträgt-ea. 30 ℳ. Man zahlte für feinstes Saazer Gewächs bis 160 ℳ, heimische trockene Wanre 140 bis 150 ℳ, mittel 130 135 ℳ, gering 110 bis 125 Die seit gestern aus Nürnberg fester lautenden Berichte blieben hier ohne Einfluß. Die Ernte kann jetzt als fast vollständig beendet bezeichnet werden. Das Ergebniß stellt sich, wie bereits mitgetheilt, auf eine halbe Ernte heraus. Was die Qualität anbetrifft, so kann dieselbe durchschnittlich als gut bezeichnet werden. 8 Leipzig, 26. September. (Leipz. Ztg.) Die Zufuhren zur Messe in Tuchen und Buckskins waren im Allgemeinen ziem⸗ lich bedeutend, der Besuch ein recht reger, wenn auch von fremden Käufern namentlich für Export nur wenig unternommen worden ist. In Buckskins und Paletots u. s. w. für die bevorstehende Winter⸗ saison wurden in guten und geschmackvollen neuen Mustern die Vor⸗ räthe ziemlich schnell und zu lohnenden Preisen geräumt, während wenige beliebte Muster in nicht ausgesprochen schwerer Waare ver⸗ nachlässigt waren und nur zu reduzirten Preisen Nehmer finden konnten. Dazu waren jedoch die Umsätze ziemlich bedeutend. In schwarzen Tuchen, Satin u. s. w. entwickelte sich in besserer für den inländischen Konsum geeigneter Qualität ziemlich lebhaftes Geschäft zu regulären Preisen, während geringe Waaren weniger Nachfrage hatten und darin das Geschäft schwerfälliger war. Die Dauer der Messe war außerordentlich kurz und ist heute bereits als beendet zu

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