1883 / 233 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Oct 1883 18:00:01 GMT) scan diff

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Erübrigungen früher bewilligter Kredite, Erlösen aus alten Maschinen und aus der zu veräußernden alten Geschützgießerei 182 622 verfügbar, so daß also 823378 noch erforder⸗ lich sind. Mit diesen Mitteln sollen das Laboratorium und die Geschützgießerei in Ingolstadt ausgebaut und die maschinelle Einrichtung vollendet werden, wofür die ersten Raten bereits durch die Gesetze vom 28. Februar 1880 und 11. März 1882 mit großer Majorität bewilligt worden sind, nachdem ziemlich erregte Ausschußverhandlungen vorausgegangen waren, bis

die Verpflichtung Bayerns allseitig Anerkennung gefunden hat:

in Folge des Reichsgesetzes vom 30. Mai 1873 „die baldige Verlegung der fraglichen Etablissements vorzunehmen und die Mittel hierfür zu bestreiten“.

Sachsen. Dresden, 4. Oktober. Der Landtag wird durch eine im heutigen „Dresdner Journal“ veröffentlichte Bekanntmachung, vom 30. v. M., auf den 12. November d. J. einberufen.

Die in Evangelicis beauftragten Staats⸗Minister haben den seitherigen Ersten weltlichen Rath beim evangelisch⸗ lutherischen Landeskonsistorium, Geheimen Rath Dietrich Ottovon Berlepschin Dresden zum Präsidenten dieser Behörde ernannt.

Mecklenburg. Schwerin, 3. Oktober. (Meckl. Landesnachr.) Die Großherzogin Marie und die Groß⸗ herzogin Alexandrine sind gestern Mittag von Ludwigs⸗ lust hierher zurückgekehrt. Der Herzog Paul Friedrich ist gestern Abend von Ludwigslust wieder abgereist.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 2. Oktober. Das Telegramm über die Verhaftung des Hrn. Antoine ist der „Els.⸗Lothr. Ztg.“ aus Metz in folgender Fassung zugegangen:

„Der Reichstagsabgeordnete Antoine ist gestern Abend unter Anklage des Landesverraths auf Weisung des Ober⸗Reichsanwalts in Untersuchungshaft genommen worden.“ ““

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SODesterreich⸗Ungarn. Wien, 3. Oktober. (W. T. B.) Herzog Paul von Mecklenburg⸗Schwerin ist heute Morgen hier eingetroffen.

Pest, 3. Oktober. (W. T. B.) Im Abgeordneten⸗ hause beantragte der Minister⸗Präsident Tisza heute: das Haus möge das bisherige Vorgehen der Regierung in der kroatischen Frage billigen, indem es die Regierung bevollmächtige, auf Grund des seit 1868 befolgten Gebrauches die jetzigen Staatswappenschilder zu belassen, dort jedoch, wo bisher Wappen mit anderer Umschrift gebraucht wurden und durch neue ersetzt werden sollen, im Sinne des §. 62 des

Gesetzartikels 30, vom Jahre 1868, Staatswappen ohne jede

Umschrift anzubringen. Der Antrag wurde nach kurzer Debatte

auf die Tagesordnung der auf nächsten Sonntag anberaumten Sitzung gestellt. 1

Großbritannien und Irland. London, 2. Oktober. Allg. Corr.) Seit Monaten protestiren die Engländer in Indien gegen eine Bill, welche einigen eingeborenen Civilbeamten die Jurisdiktion über solche Europäer, die sich Ver⸗ gehen und Verbrechen zu Schulden kommen lassen, einräumt, und auch in England sind große Versammlungen abgehalten

worden, um ähnliche Proteste einzulegen. Inzwischen hat die

Regierung der Goldküste eine Verordnung erlassen, welche den Eingeborenhäuptlingen von denen die meisten wenig besser als Barbaren sind juridische Autorität über civilisirte farbige englische Unterthanen gewährt, und obwohl diese Maßregel viele Unzufriedenheit unter der davon betroffenen Bevölkerung erzeugte, hat Lord Derby die Verfügung der Kolonialregierung gutgeheißen.

Frankreich. Paris, 3. Oktober. (W. T. B.) Die

„France“ und andere antiministerielle Blätter melden: der Kriegs⸗Minister Thibaudin habe sich entschlossen, seine Ent⸗ lassung nicht zu nehmen. Der „Siscle dementirt die Mittheilungen verschiedener Zeitungen über die Unterredungen zwischen dem Prä⸗ sidenten Grévy und dem Minister⸗Präsidenten Ferry und bemerkt weiter: Herr Grévy habe noch immer dasselbe Vertrauen auf die gegenwärtigen Minister, und das gegen⸗ seitige Einvernehmen sei noch ein ebenso vollkommenes, wie es zu Anfang gewesen. Noch jüngst habe der Präsident den Mitgliedern des Kabinets zahlreiche Beweise seiner Achtung und Sympathie gegeben. Das Blatt fügt ferner bezüglich des Ministers Challemel⸗Lacour hinzu: der Gesundheits⸗ zustand desselben erfordere noch große Schonung, und es sei möglich, daß der Minister vor dem Wiederzusammentritt der Kammern noch einige Zeit der Ruhe pflegen werde; bei der Eröffnung der Session aber werde derselbe auf seinem Posten sein.

Spanien. Madrid, 3. Oktober. (W. T. B.) Die Sympathie⸗Kundgebungen für den König, aus Anlaß des Pariser Zwischenfalls, dauern fort. Heute wurde Sr. Majestät bei Gelegenheit eines Spazier⸗ ganges in Buen Retiro eine enthusiastische Ovation dar⸗ gebracht; eine Frankreich feindliche Demonstration der Studenten vor der französischen Botschaft wurde dagegen durch die Gensd'armerie verhindert. Die Zeitungen aller Parteien sprechen sich auf das Schärfste über die Pariser Vorgänge aus. Von den hier wohnenden Franzosen soll ein schriftlicher Protest gegen dieselben, der bereits mit zahlreichen Unter⸗ schriften bedeckt ist, dem König überreicht werden. Von den europäischen Höfen gingen dem König zahlreiche Telegramme mit dem Ausdruck der Sympathie und Theilnahme zu.

Italien. Venedig, 3. Oktober, Abends. (W. T. B.) Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Wilhelm von Preußen ist nach Verona abgereist.

Serbien. Belgrad, 3. Oktober. (W. T. B.) Der heutigen Sitzung der Skupschtina wohnten der Minister⸗ Präsident Christic und der Kriegs Minister Petrovic bei. Bei der definitiven Wahl des Präsidenten und der Vize⸗Präsidenten siegten die von den Fortschrittlern und Radikalen aufgestellten Kandidaten.

4. Oktober. (W. T. B.) In der heut igen Sitzung der Skupschtina wurden die Königlichen Erlasse verlesen, durch welche die Wahl der Prasidenten bestätigt und der Minister⸗Präsident ermächtigt wird, die Skupschtina zu er⸗ öffnen. Sodann wurde ein weiterer Erlaß des Königs ver⸗ beiee durch welchen die Skupschtina sofort wieder geschlossen wurde.

Bulgarien. (W. T. B.) Der „Polit. Corresp.“ wird vom 2. d. M. aus Sofia mitgetheilt: Die Sobranje be⸗ schloß, die Agenden des Kriegs⸗Ministeriums in rein mili⸗

tärische und bkonomische zu theilen. Der Kriegs⸗Minister wird künftighin nur die Administration der ökonomischen Ab⸗ theilung führen, ohne eine Ingerenz auf die militärische Or⸗ ganisation zu uͤben, und wird gleichzeitig der Kammer gegen⸗ über verantwortlich sein. Das Oberkommando wird ver⸗ fassungsmäßig der Fürst führen, der einen Generalstab erhält.

Zeitungsstimmen.

Die „Deutsche volkswirthschaftlichen Cor⸗ respondenz“ entnimmt dem Jahresbericht der Handels⸗ kammer zu Sorau N.⸗L. Folgendes:

Der Hauptfaktor des Gewerbfleißes im Bereiche dieses Bezirks, die Leinen⸗ und Baumwollenindustrie, hat sich im abgelaufenen Jahre in Folge erhöhter Kaufkraft des In⸗ und Auslandes in einer ziemlich günstigen Lage befunden, welche sich demgemäß auch auf alle von jener Industrie abhängigen Geschäfte ausdehnte. Auch die Tuchfabrikation war genügend beschäftigt und eine Reihe von neuen Fabri⸗ kationszweigen, welche in den bisherigen Berichten noch nicht Erwähnung gefunden haben, sind in stetigem Auf⸗ schwunge begriffen. Es befinden sich darunter eine Hufnägelfabrik, eine Kottillonorden⸗Fabrik, Sprit⸗, Liqueur⸗ und Essigfabriken, Por⸗ zellanmalerei, eine Oelfabrik u. s. w. Der Braunkohlenbergbau hat durch die Ermäßigung der Spezialtarife sein Absatzgebiet er⸗ weitern können; die Gesammtförderung der fünfzehn Gruben betrug im Jahre 1882 3 499 335 hl zu 1 ½ Ctr. gegen 3 448 781 im Vor⸗ jahre; hiervon wurden nach Abzug des eigenen Verbrauchs 3 148 210 hl für einen Preis von 560 261 debitirt, während im Jahre 1881 3 125 563 hl debitirt und hieraus 549 645 gelöst wurden. Dagegen hatte sich die Zahl der Arbeiter von 499 im Jahre 1881 auf 460 im Jahre 1882 vermindert.

Die Handelskammer schreibt diese günstigere Lage der Industrie und des Handels nicht allein der Zollreform zu, obgleich sie in den jetzigen Eingangszöllen in ihrer Gesammtheit einen genügenden Aus⸗ gleich unter den verschiedenen Artikeln und Fabrikaten anerkennt. . Die Kammer unterläßt es aber, auch andere Gründe für den Auf⸗ schwung des Handels und der Industrie anzugeben.

Die Textilindustrie hat einen erfreulichen Aufschwung zu ver⸗ zeichnen, und es konnten dem Arbeiter bei dauernder Beschäftigung mehrfach bessere Löhne bewilligt werden, obgleich die Nachfrage nach billiger Waare häufig hindernd in den Weg trat. Vollauf beschäftigt e. auch die Fabriken französischer Holzschuhwaaren und Pan⸗ toffeln.

Der „National⸗Zeitung“ wird aus Dortmund u. d. 1. Oktober berichtet:

In der Eisenindustrie dauert im Allgemeinen ein ruhiger Ver⸗ kehr an, doch ist in einzelnen Branchen eine Belebung unverkennbar. Was die einzelnen Geschäftszweige betrifft, so ist in Bessemereisen eine größere Nachfrage zu erwarten, da bei den Stahlwerken umfang⸗ reiche Bestellungen eingegangen sind und weitere in Aussicht stehen. In Spiegeleisen nimmt die Nachfrage für den Erxvport in befriedigendem Maße zu, während in Puddel⸗ und Gießerei⸗ eisen ein ruhiger Verkehr bei unveränderten Preisen an⸗ hält. Für Stabeisen nimmt die Nachfrage langsam zu und hat sich dieselbe bereits so weit gehoben, daß die großen leistungsfähigen Etablissements der Aktiengesellschaften, wie Dortmunder Union, Bochumer Verein, Phönix ꝛc., mit Aufträgen reichlich versehen sind. In Trägern und sonstigen Baueisen erhält sich eine befriedigende Thätigkeit in den betreffenden Werken, ebenso dauert für Feinbleche eine rege Beschäftigung und gute Nachfrage bei fester Preistendenz an. Walzdraht bleibt dagegen vernachlässigt und in Kesselblechen läßt der Verkehr auch zu wünschen übrig. Im Stahlgeschäft sind in den letzten Wochen sowohl aus dem In⸗ lande als auch dem Auslande belangreiche Ordres in Eisenbahn⸗ materialien eingelaufen, auch sind noch bedeutende Bestellun⸗ gen von heimischen Eisenbahnen zu erwarten.. Bei einer ensprechenden weiteren Zunahme der Aufträge wird sich das Stahlgeschäft in Bälde wieder sehr lebhaft gestalten und auch andere Branchen der Eisenindustrie günstig beeinflussen. Im Kohlengeschäft ist der Absatz so bedeutend, daß sich an einzelnen Tagen bereits kleine Lücken in der Wagengestellung zeigen. Die Nachfrage ist sehr rege, namentlich auch in Gas⸗ und Hausbrandkohlen, weshalb dieselben auch eine kleine Preiserhöhung erfahren. In Kokes ist der Absatz regelmäßiger und die Vorräthe schmelzen zusammen, doch sind die Preise noch immer wie auch die Notirungen für Kokes kohlen niedrig und wenig fest.

Der „St. Petersburger Zeitung“ schreibt man aus Mitteldeutschland:

Das sozialpolitische Programm Bismarcks ist in den letzten Tagen ein vorzugsweise beliebtes Diskussionsthema für die Organe der liberalen und der klerikalen Partei gewesen. Die letzteren werfen dem Kanzler vor, daß er von seinen ursprünglichen Ideen abgewichen sei, wenn er sie nicht gar ganz habe fallen lassen; die ersteren wollen wissen, er habe die Unausführbarkeit seines Programms eingesehen, und verzichte auf weittragende Projekte; er habe erkannt, daß die irdische Glückseligkeit, soweit sie überhaupt möglich, von jedem selbst erstrebt werden müsse und von dem Staatssozialismus, von dem das Glück der Menschheit erwartet worden, sei nicht mehr die Rede. Sollte wirklich Bismarck mit seinen bisherigen Ideen gebrochen haben, wie dies hier liberaler Seits versichert wird? Die Antwort auf diese Frage kann nur verneinend ausfallen. Dennoch haben jene liberalen Blätter nicht Unrecht, wenn sie meinen, von dem Staatssozialismus, wie sie ihn definiren, sei keine Rede mehr. Die Frage ist nur, ob überhaupt Bismarck jemals ernstlich an einen solchen, jemals daran gedacht hat, daß die irdische Glückseligkeit etwas Anderes sein könne, als das Ergebniß der eigenen Thätigkeit des Menschen. Man wird dies getrsst in Abrede stellen dürfen, die Wahrheit des alten Satzes: Gott schütze mich vor meinen Freunden, hat der Kanzler gerade auf sozialpolitischem Gebiet reichlich erfahren. Fanatische Ver⸗ treter theoretischer Lehrmeinungen und ungeschickte Verkündiger eines politisch wirkenden Christenthums haben die Bismarckschen Gedanken und Pläne aufgebauscht und entstellt, schlimmer noch, wie dies die böswilligsten Gegner zu Stande gebracht haben. Jene haben diesen die besten Waffen zum Angriff geliefert, indem sie ihnen die Mög⸗ lichkeit boten, den Kanzler als Phantasten, seine Pläne als Utopien hinzustellen. Bismarck, der Realpolitiker par excellence, der in der nüchternen Abwägung der Dinge und der Menschen seines Gleichen sucht, ist auch auf dem Gebiet der Sozialpolitik nicht ein Phantast, der sich mit Hirngespinsten trägt, die für jeden einigermaßen ruhig denkenden Sozialdemokraten zu den überwundenen Dingen ge⸗ hören. Er trägt sich nicht mit staatssozialistischen Projekten, die die Bäume in den Himmel wachsen lassen und hienieden aus dieser Erde, deren Loos nun einmal der Kampf ums Dasein oder vielmehr die Arbeit ist, ein Paradies des Friedens und der Trägheit machen wollen. Sein politischer Gedanke ist ein sehr realistischer; für ihn gilt es, dem Staat die Machtstellung zu sichern, die er unter den heuti⸗ gen politischen und wirthschaftlichen Verhältnissen haben muß, soll anders die soziale Ordnung nicht in Trümmer gehen und ein wüstes Chaos entstehen. Der Staat muß mitten im Fluß der ge⸗ schichtlichen Entwickelung stehen: demgemäß können seine Aufgaben, je nachdem, bald engere, bald weitere sein, aber er darf nicht als ein möglichst zu beschränkendes Uebel gelten, sondern er soll das groß⸗ artigste sittliche Institut zur Erziehung der Menschheit sein. Wer auf Grund dieser einst von Schmoller formulirten und ebenso wahren wie schönen Anschauung von der Aufgabe des Staates die modernen Verhältnisse erwägt, wird sich der Einsicht nicht verschließen, daß dem Staat in der Gegenwart sehr weite Aufgaben gestellt sind, zumal auf sozialpolitischem Gebiet, wo es vor Allem gilt, neue Bildungen zu schaffen, die Strömungen zu regeln, Aus früheren Zeiten und aus ganz anderen Verhältnissen überkommene Lehren, die dereinst ihre

festhalten wollen, ohne sie zu reformiren, rao dies noch möglich ist ohne mit ihnen gründlich zu brechen, wo sie unhaltbar geworden, würde Gegenwart und Zukunft schwer gefährden und eine friedliche Um⸗ und Neubildung unmöglich machen. Ohne eine machtvolle Be⸗ thätigung des Staates aber ist eine solche soziale Neuschöpfung nicht möglich und darum ist es nöthig. diesem auch eine machtvolle Stellung, nicht die des Lambergerschen Nachtwächters zu sichern. Das ist der Grundgedanke der Bismarckschen Sozialpolitik. Ist dies Staatssozialis⸗ mus? Sicherlich nicht. An diesem Gedanken aber hält er unverbrüch⸗ lich fest, weil er weiß, daß nur dadurch der modernen Gesellschaft die höchsten Güter, Ordnung, Frieden und Freiheit erhalten werden können. Was er in dieser Beziehung geleistet, das vergißt unser raschlebendes Geschlecht, dem das Gestern beinahe eine dunkle Vergangenheit ist, nur zu schnell. Es fragt nach sozialpolitischen Thaten und sieht nicht oder will nicht sehen, daß Manches hier be⸗ reits geschaffen worden ist, was vor wenigen Jahren den Volks⸗ freunden noch ein fernes Ideal erschien, daß, wenn die sozialpoli⸗ tischen Bestrebungen nicht noch weitere Erfolge gezeitigt haben, solche große und bedeutende Dinge nicht aus dem Aermel geschüttelt werden können, daß es dabei vor Allem den Widerstand der dumpfen Menge zu überwinden gilt. Und gerade Bismarcks Sozialpolitik hat nicht wenig dazu beigetragen, die Gesellschaft, diesen so ungemein schwer⸗ fälligen Körper, zu außergewöhnlichen Kraftanstrengungen zu ver⸗ anlassen. Bismarck kann, meine ich, mit seinen direkt und indirekt erzielten Erfolgen, hinlänglich zufrieden sein, um schon deshalb nicht an einen Bruch mit seiner Sozialpolitik zu denken. Wenn der man⸗ chesterliche Liberalismus auf einen solchen Bruch in seinem Sinne spekulirt, so befindet er sich ganz unzweifelhaft in völligem Irr⸗ Ee

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Ministerial⸗Blatt für die gesammte innere Ver⸗ waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 8. Inhalt: Allgemeine Verwaltungssachen. Gebühren der Fleischbe⸗ schauer. Kürzung der Pension bei Wiederanstellung des Pen⸗ sionärs. Aushang der Aufgebote in der Gemeinde des Wohnorts des Verlobten. Stempel zu Lieferungsverträgen. Gebühren der Gerichtsvollzieher bei Amtshandlungen für Verwaltungsbehörden. Behörden und Beamte. Berechnung des Werths der Dienstwohnung bei suspendirten Beamten. Polizeiverwaltung. Im Allgemeinen. Anwendung des Vereinsgesetzes vom 11. März 1850. Unter⸗ bringung von auf Grund des §. 362 St. G. B. der Landespolizei⸗ behörde überwiesenen Personen bei Erkrankung. Polizeiliche Straf⸗ verfügungen bei Uebertretungen. Gensd'armerie. Bescheinigung der Reisekosten⸗Liquidationen der Mitglieder der Land⸗Gensd'armerie. Veterinärwesen. Vorkehrungen zur Verhütung der Maul⸗ und Klauenseuche bei Schweinen. Verwaltung für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. Statuten der Königlichen Landesbaumschule. Befugnisse der Forstschutzbeamten als Hülfsbeamte der Staats⸗ anwaltschaften. Ausbildung und Prüfung für den Königlichen Feesverwaltea enft Schreibmaterialien⸗Vergätung für Forst⸗ Assessoren. Militär⸗ und Marine⸗Angelegenheiten. Bekanntmachung. Verzeichniß der Lehranstalten zur Ausstellung von Befähigungszeug⸗ nissen für den einjährig⸗freiwilligen Dienst. Nachtrag zu demselben. Vorspannkosten⸗Liquidationen.

Die überseeische Auswanderung aus dem Deutschen Reiche über deutsche Häfen und Antwerpen stellt sich für den Monat August und die Zeit Januar—August in diesem Jahre und den vorhergehenden 10 Jahren folgendermaßen:

Zahl der deutschen Auswanderer

in der Zeit von

im

ö“ 3 58 w144*“ 68 288 AX“ . 22 61i8 ͤ11“ 1 33 097 1873 8 77 848

Im Monat September 1883 wurden bei der Allgemeinen Unfall⸗Versicherungs⸗Bank in Leipzig 19 Todesfälle, 5 lebensgefährliche Verletzungen, 6 Unfälle, die ihrer Natur nach eine gänzliche oder theilweise Invalidität erwarten lassen, und 1075 Unfälle von voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit der Ver⸗ letzten, zusammen 1105 Unfälle angemeldet.

3 Knunnst, Wissenschaft und Literatur.

Die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat vom 31. Januar 1850 mit sämmtlichen bisher ergangenen Abänderungen, Ergänzungen, bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen, Verordnungen, Reglements u. s. w. sowie den die Wahlbezirke und Wahlorte für das Herren⸗ und Abgeordnetenhaus enthaltenden Ver⸗ zeichnissen nebst Sachregister, zusammengestellt von R. Backoffner, Dr. jur. utr. et philos. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage. Berlin 1883. R. v. Deckers Verlag, Marquardt & Schenck. 7 Bog. gr. 80, kart. 1 Wie bereits der Titel anzeigt, haben in der gegenwärtig vorliegenden zweiten Auflage der preußischen Verfassungs⸗ urkunde sämmtliche den letzten Jahren entstammenden darauf bezüg⸗ lichen Bestimmungen des Gesetzgebungs⸗ und Verordnungsgebietes Aufnahme gefunden, auch ist der Inhalt der Noten der früheren Aus⸗ gabe einer sorgfältigen Redaktion unterzogen worden, so daß das Buch sich allen Denen empfiehlt, welche an den staatsrechtlichen Ver⸗ hältnissen Preußens Interesse haben.

Die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich nebst dem Gesetze über eingeschriebene Hülfskassen und den Ausführungsgesetzen, mit ausführlichem Sachregister. Für den praktischen Gebrauch bearbeitet. Von B. Mugdan, Amtsrichter. Berlin, 1883, R. v. Deckers Verlag, Marquardt & Schenck. 6 ¾ Bogen, gr. 80, cart. 1 Die vorliegende Textausgabe der Ge⸗ werbeordnung ist mit kurzen, in den Noten beigegebenen Anmerkungen versehen, welche theils dem Gesetzgebungs⸗ und Verordnungsmaterial, theils den höchstrichterlichen Entscheidungen entnommen sind und nicht unwesentlich dazu beitragen werden, die praktische Brauchbarkeit des Buches zu erhöhen.

Im Verlage von Th. Chr. Fr. Enslin (Richard Schoetz) in Berlin erschien soeben als Buch und als Plakat: „Die Behand⸗ lung Verunglückter bis zur Ankunft des Arztes“, Anwei⸗ sung für Nichtärzte zur ersten Hülfsleistung, nach den von dem Geh. Medizinal⸗Rath Prof. Dr. Skrzeczka herausgegebenen Tafeln im amtlichen Auftrage neu bearbeitet von Dr. Pistor, Regierungs⸗ und Medizinal⸗Rath; mit 9 in den Text gedruckten Holzschnitten. (Der Preis für ein einzelnes Exemplar ist auf 50 normirt, für 50 Exemplare und darüber pro Exemplar auf 40 ₰). Die Tafeln (in Plakatform) sind vorzugsweise dazu bestimmt, einen Platz in Polizei⸗Bureaux, Wachtlokale, Schulzenämtern, Schulen, Bade⸗ anstalten, Bahnhöfen und an allen Orten, welche einem großen Publikum zugänglich sind, zu finden, während die Buchausgabe für den Privatgebrauch geeignet ist.

In klarer, faßlicher, Jedermann verständlicher Form werden in dem Buche und auf den Tafeln zweckmäßige Anleitungen zur Wiederbelebung

volle Berechtigung hatten, haben sich überlebt; an ihnen eigensinnig

Scheintodter und zum schleunigen Beistande bei Unglücksfällen gegeben.

Auf der ersten Tafel werden zunächst die allgemeinen Vorschriften, dann die Vorschriften beim Ertrinken, Erhängen, Erwürgen, Erdrosseln, Erstickung in schädlichen Luftarten (bei Kohlendunst, Leuchtgas, Gruben⸗ und Kloakenluft), ferner bei Verschütteten, Erfrorenen, afsse bei Neugeborenen, endlich bei Bewußtlosen (Ohnmacht, Krämpfe) mit⸗ getheilt und als Hauptgegenmittel gegen den Scheintod die sofortige Anwendung der künstlichen Athmung empfohlen. Die zweite Tafel enthält die Vorschriften bei Unglücksfällen, welche schleunige Hülfe erfordert, zuerst bei Vergiftungen durch Säuren, Laugen, Arsenik, Phosphor, Pflanzengifte und Chloroform, dann bei Verbrennungen, endlich bei Verletzungen durch äußere Gewalt, bei Wunden, Blu⸗ tungen, Knochenbrüchen, Verrenkungen, endlich bei Verschlucken von Knochen. Die neuesten wissenschaftlichen Erfahrungen waren bei der vorliegenden Bearbeitung maßgebend, die auch Schaden zu verhüten ge⸗ eignet ist, indem sie vor verkehrtem Einschreiten warnt. Die in den Text gedruckten Holzschnitte dienen in willkommener Weise zur Ver⸗ anschaulichung der im Buche gegebenen Regeln.

Die im Jahre 1858 von dem König Maximilian II. gegründete Historische Kommission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften in München, welche heuer ihr 25 jahriges Jubiläum feiert, hat in ihrer Sitzung vom 1. d. der Schrift des Dr. theol. Franz Anton Specht, Religionslehrers am König⸗ lichen Realgymnasium und an der städtischen Handelsschule und Be⸗ nefiziaten am Dom zu Unserer Lieben Frau zu München: „Ge⸗ schichte des Unterrichtswesens in Deutschland von den ältesten Zeiten bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts“, obwohl sie nicht ganz vollendet ist, einen Preis von 2500 zu⸗ erkannt und weitere 1500 nach Vollendung der Arbeit in Aussicht gestelt. Außerdem ist dem P. Gabriel Meier zu Einsiedeln für seine Arbeit über dasselbe Thema ein Accessit von 1000 zu⸗ gesprochen worden.

In Nr. 8 der in Wien erscheinenden „Mittheilungen des Deutschen Schulvereins“, welche soeben zur Ausgabe gelangt, wendet sich die Vereinsleitung in einem Aufrufe an die deutschen Stammesgenossen, um sie zu unausgesetzter Förderung des Vereins aufzufordern. Das Ortsgruppenverzeichniß weist Anfangs August d. J. 712 Ortsgruppen nach (gegen 636 Anfangs Mai) und zwar in Wien 10, Niederösterreich 110, Oberösterreich 48, Salzburg 7, Steiermark 55, Kärnten 30, Krain 3, Görz und Triest 2, Tirol und Vorarlberg 13, Böhmen 314, Mähren 91, Schlesien 28, Bukowina 1. In 97 Ortsgruppen fanden Veränderungen in der Leitung statt, und von 125 erscheinen die gewählten Vorstandsmitglieder angegeben. Das Verzeichniß der Schulgründungen und Subventionirungen weist seit Februar d. J. 115 Unterstützungsfälle auf, und zwar in Böhmen 45, Mähren 14, Schlesien 5, Galizien 4, Steiermark 16, Kärnten 6, Krain 12, Triest 1, Tirol 8 und Nieder⸗ österreich 4. Ein Versammlungs⸗ und Festkalender verzeichnet 80 Ver⸗ sammlungen und Feste zu Gunsten des Vereines in dem Zeitraum vom 15. Mai bis 5. August d. J Hieran reihen sich die Reiseberichte des Obmannes Dr. Weitlof über seinen Besuch der Vereinsinstitute in Unter⸗Steiermark und des Obmann⸗Stellvertreters Professor Dr. v. Kraus über seine Bereisung Böhmens im Anfange des Monats Juli. Endlich wird die Ausgabe des ersten deutschen Schulvereins⸗ kalenders angezeigt und zur Sammlung von gebrauchten Stahlfedern, Strohhalmen, von Virginia⸗Cigarren und Briefmarken und deren Verwerthung zu Gunsten des Vereins aufgefordert.

Gewerbe und Handel.

Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 8. Oktober im Casino (bei C. Rothe) statt.

Königsberg i. Pr., 4. Oktober. (W. T. B.) Die Betriebs⸗ einnahme der Ostpreußischen Südbahn pro September 1883 betrug nach vorläufiger Feststellung: im Personenverkehr 99 529 ℳ, im Güterverkehr 344 449 ℳ, an Extraordinarien 25 000 ℳ, zusammen 468 978 ℳ, im Monat September 1882 definitiv 416 231 ℳ, mithin gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres mehr 52 747 ℳ, im Ganzen vom 1. Januar bis ult. September d. J. 3 806 615 gegen 3 746 489 im Vorjahr, mithin mehr gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres 60 126

Leipzig, 3. Oktober. (Leipz. Ztg.) Von Baumwoll⸗ und Leinenwaaren sind wir dieses Mal in der Lage, wenn auch nicht von einer guten, so doch von einer besseren als der vorhergegangenen Messe berichten zu können. Die Garnbörse verlief in angenehmer Stimmung und auch Rohkattune verkehren ziemlich lebhaft. Es wurde für 34 Zoll 19/17 22 ½ pro Meter, 30 Tage mit 5 % franko Lieferung bezahlt, für 36 Warpcops wurden 103 und für 42 Pincops 101 pro Zollpfund bewilligt. Spinn⸗ und Webereien sind auf Monate hinaus vollauf beschäftigt, so daß solche zu Kon⸗ zessionen keine Veranlassung haben. Veredelte glatte Gewebe, nament⸗ lich bessere Hemdentuche waren ziemlich stark begehrt, während in fagonnirten Geweben keine große Nachfrage stattfand. Recht lebhaft gestaltete sich dieses Mal das Leinengeschäft und sind sowohl leichte als bessere Sorten halbleinen und reinleinen Creas, sächsische und englische Leinen viel gekauft worden. Ganz besonders stark war das Geschäft in leinenen Taschentüchern, sowohl schlesischen, als englischen Ursprungs, worunter die bekannte Marke Monopol Handkerchiefs Bevorzugung fand. In rohen Leinen und Jutewaaren ist das Ge⸗ schäft anhaltend recht befriedigend. Es ist anerkennenswerth, wie sehr sich unsere deutsche Jute⸗Industrie in letzter Zeit gehoben hat und wie glänzende Erfolge solche nach den vielen dividendenlosen Jahren nun⸗ mehr aufweist; immerhin jedoch dürfte es nicht überflüssig erscheinen, zu mahnen, daß dem Guten nicht zuviel geschähe und vorerst von noch weiteren Vergrößerungen und Neugründungen in dieser Branche Ab⸗ stand genommen werde, da eine eventuelle Ueberproduktion sich um so schwerer rächen dürfte, als das Absatzgebiet unserer Jute⸗Industriellen nur Deutschland ist, wo ein hoher Zoll die englische Konkurrenz beseitigt. Das Geschäft in Seidenwaaren zur gegenwärtigen Messe war ein äußerst bescheidenes. Zwar fehlte es nicht an Käufern, namentlich aus der Provinz Sachsen, aus Thüringen, der Lausitz ꝛc., die effektuirten Einkäufe beschränkten sich jedoch auf geringe Ordres. Für das Engrosgeschäft in der Seidenmanufaktur verlieren die Leip⸗ ziger Messen überhaupt mehr und mehr an Bedeutung. Der Verkehr in dieser Branche wird fast vollständig durch die Reisenden, zwischen Fabrikanten und Großhändlern einerseits und den Konsumenten andererseits vermittelt. Nach den jederzeit zu Gebote stehenden Mustern erfolgen die Aufträge zu beliebiger Zeit, meist in spärlichem Umfange, dem Detaillisten erwächst daraus der Vortheil, daß er nicht größere Kapitalien in sein Lager zu stecken braucht, der Groß⸗ händler und Fabrikant dagegen hat geringere Außenstände und kürzere Zahlungsfristen. Beide gewinnen so indirekt, während die Leipziger Messe verliert. Ueber die Einzelnheiten des Geschäfts läßt sich etwas Besonderes nicht berichten. .

London, 3. Oktober. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll⸗ auktion waren Preise unverändert. Ton fest.

New⸗York, 3. Oktober. (W. T. B.) Der Werth der Einfuhr der Vereinigten Staaten im Monat August d. J. wurde durch den Werth der Ausfuhr um 4 Millionen überstiegen.

Berlin, 4. Oktober 1883.

Preußische Klassenlotterie.

(Ohne Gewähr.) 1““

Bei der heute beendigten Ziehung der 1. Klasse 169. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn von 15 000 auf Nr. 52 495. 1 Gewinn von 9000 auf Nr. 83 686. 2 Gewinne von 3600 auf Nr 77 922. 90 652. 3 Gewinne von 1500 auf Nr. 6199. 15 910. 36 182. 3 Gewinne von 300 auf Nr. 18 292. 19 870. 94 719.

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Neu⸗Ruppin, 3. Oktober. Zu der bheute hierselbst beginnen⸗ den Brandenburgischen Provinzial⸗Lehrerversamm⸗ lung haben sich Lehrer aus allen Theilen der Provinz, zum Theil auch darüber hinaus, äußerst zahlreich eingefunden.

Die Generalversammlung des Pestalozzivereins wurde heute Vormittag im Köhlerschen Vereinshause mit dem Ge⸗ sange: „O heiliger Geist kehr bei uns ein“, eröffnet. Lehrer Sellheim (Eberswalde) erstattete den Verwaltungsbericht. Danach zählt der Verein 171 Agenturen, von denen 157 mit der Haupt⸗ kasse abgeschlossen haben. Diese 157 Agenturen zählen 6415 Mitglieder, nämlich 1964 Wohlthätigkeits⸗ und 4451 ordentliche Mitglieder. Erstere haben im verflossenen Geschäftsjahre 3913 13 ₰, letztere 13 470 31 an Beiträgen geleistet. Mit den 14 fehlenden Agenturen hat der Verein mindestens 6661 Mitglieder mit 18 055 44 an jährlichen Beiträgen aufzuweisen. An außerordentlichen Einnahmen sind 467 47 aus 23 Agenturen eingegangen. Die in Eberswalde befindliche Vereins⸗ Buchhandlung hat 3119 42 Provision gezahlt. Die Gesammt⸗ einnahmen der Vereinsstellen beziffern sich auf 22 030 78 ₰. Da⸗ von stehen 14 524 76 zur Verfügung. 10 893 kommen davon für die berechtigten Wittwen zur Vertheilung. Der Rest sowie ½ der außerordentlichen Einnahmen werden an die bedürftigen Wittwen ver⸗ theilt. Im verflossenen Jahre wurden 633 Wittwen, von denen 126 nicht berechtigt sind, mit 17945 25 ₰unterstützt. Im Ganzen sind behufs Unterstützung pro 1882/83 ausgegeben 18 260 Die Gesammtein⸗ nahmen betrugen 31 806 74 ₰, die Ausgaben 20 240 36 ₰, der gegenwärtige Kassenbestand 11 566 38 4. Das in Eberswalde belegene Waisenhaus zählt gegenwärtig 83 Zöglinge. Die Ein⸗ nahmen für das Waisenhaus betrugen im verflossenen Geschäftsjahre 44 106 13 ₰, die Ausgaben 36 125 19 ₰ℳ, der Fonds desselben 70 775 Die Versammlung genehmigte den Verwaltungsbericht. Die turnusmäßis ausscheidenden Vorstandsmitglieder, Lehrer Buch⸗ holtz, Sellheim und Eichhorst (Eberswalde), Riehl (Potsdam) und Zemlin (Friedrichsfelde) wurden wieder und Lehrer Klausnitzer (Berlin) neu in den Vorstand gewählt. Als nächstjähriger Versammlungsort wurde Cottbus bestimmt. Damit waren die Geschäfte der General⸗ versammlung beendet. Dieser ging eine Delegirten⸗Versammlung des Provinzial⸗Lehrerverbandes voraus, in der Gymnasiallehrer Mühlpforth (Frankfurt a. O.) den Jahresbericht erstattete. Danach betrugen im letztverflossenen Verwaltungsjahre die Gesammteinnahmen der Pensionskasse für Lehrer und Lehrerinnen der Provinz Branden⸗ burg 8233 51 ₰, die Ausgaben 597 54 ₰, das Gesammt⸗ vermögen 32 697 52 ₰4. Die Pensionskasse hat gegenwärtig 1631 zahlende Mitglieder, darunter 32 Emeriten. Vom 1. Oktober 1884 ab nimmt die Emeriten⸗Unterstützung mit je 50 pro anno ihren Anfang. Mit der Wiederwahl des bisherigen Vorstandes (erster Vor⸗ sitzender: Rektor Mögelin, Landsberg a. W.) schloß die Delegirten⸗ versammlung.

Ueber Nordenskjölds Grönlands⸗Expedition schreibt „A. Woldts Wiss. Corr.“: Auf Grund der Telegramme, speziell des an die „Times“ gesandten Telegramms ist es heute schon möglich, einen vergleichenden Ueberblick zu thun über das, was Nordenskjöld diesmal angestrebt und dasjenige, was er erreicht hat. Im Vorder⸗ grund des Interesses steht die von Nordenskjöld zum Erstaunen aller Forscher aufgestellte Theorie, daß das Innere Grönlands nicht durch⸗ weg mit Eis bedeckt sei, und daß möglicher Weise dort grüne Thäler, weidende Heerden und menschliche Bewohner existirten. Um diese Ansicht zu beweisen, war jene große Eisfahrt vom Auleitsivik⸗Fjord aus unternommen worden, welche, an Grönlands breitester Stelle sich etwa 50 deutsche Meilen weit ins Innere erstreckt hat und uns über das westliche Drittel dieser Insel genaue Auskunft verschaffte. Wir sind nunmehr genöthigt anzunehmen, daß mindestens ganz Südgrön⸗ land, südlich vom 700 nördlicher Breite auf seiner Westhälfte hoch mit Eis überdeckt sei. Die über das Eis von der Expedition zurück⸗ gelegte Strecke entspricht etwa der Entfernung zwischen Berlin und Kopenhagen oder zwischen London und Paris und war, da sie doppelt urückgelegt werden mußte, sicherlich mit außerordentlichen Schwierig⸗ keiten verknüpft. Dieser Theil der Gesammtexpedition könnte unter der Bezeichnung „Hundert Meilen Gletscherfahrt“ Gegenstand eines besonderen Werkes bilden. Nordenskjölds Annahme, daß die Wasser⸗ scheide in Grönland näher der Westküste als der Ostküste liege, hat sich nicht bestätigt, aus diesem Grunde kann man aber nicht behaupten, daß seine, auf der Eigenschaft der Föhn⸗ winde beruhende Theorie an sich falsch wäre. Er ist eben nicht bis zur Wasserscheide Grönlands gekommen und konnte deshalb sich nicht die Erkenntniß verschaffen, ob jenseits derselben nach Osten gleichfalls Gletscher sich ausdehnen, oder ob relativ schnee⸗ und eis⸗ freie Thäler folgen. Es scheint indessen einwandlos erwiesen, was Hr. Rinck, der erste aller lebenden Grönlandsforscher, behauptet hat, daß Westgrönland mindestens bis zur Wasserscheide vergletschert sei; auch spricht die Erfahrung, die die Eisfahrt gebracht hat, einiger⸗ maßen für die von Prof Börgen in Wilhelmshaven im letzten Heft der „Deutschen Geographischen Blätter“ (Bremen 1883) geäußerte Vermuthung, daß die Wasserscheide Grönlands näher der West“ als der Ostküste liege. Was die Nordhälfte Grönlands bis hinauf zum 83. Grad nördl. Br. betrifft, so ist dieselbe noch weniger bekannt, als die Südhälfte, und gestattet die Erfahrung der Expedition nicht, einen Schluß auf ihren orographischen Bau zu machen. 1

Die zweite Hauptaufgabe der Nordenskjöldschen Expedition war die Erforschung der Ostküste von Südgrönland. Er hatte das große Glück, diesen Theil der Küste, welcher seit „dem 14. Jahrhundert von keinem Schiffe besucht war“, zu erreichen und daselbst in einem Fiord auf 660 nördl. Breite vor Anker zu gehen und zu landen. Dieser Punkt gewährt zunächst für die deutsche Polarforschung ein Interesse, wenn dasselbe auch eine traurige Erinnerung wachruft. Hier war es, wo im Januar 1870 die Mannschaft des vom Eise zerdrückten deutschen Forschungsschiffes „Hansa“ auf ihrer langen Schollenfahrt die qualvollsten schauerlichsten Tage durchleben mußte, wovon der Name „Schreckensbucht“ auf der Karte noch Zeugniß giebt. Für die altgrönländische Forschung dagegen ist dieser Theil der Küste, der bekanntlich mehr in westöstlicher Richtung verläuft, von großer Wichtigkeit, denn hier finden sich auf alten Karten die sagenhaften Namen der Gebäude und Kirchen aus der Normannenzeit; hierher versetzt die Ueberlieferung die Bezeich⸗ nungen „Cathedral⸗Kirche, die St. Olaus⸗Kirche, das Clara⸗Kloster“, hier steht auch das erste, von dem Entdecker Grönlands erbaute Ge⸗ bäude „Bratteleid“ an dem nach ihm benannten Eriks⸗Fjord; während die neue Forschung bekanntlich alle diese Reminiszenzen nach der Westküste verlegt. Es glückte Nordenskjöld, nach seiner am 4. Sep⸗ tember d. J. an dieser Stelle der Ostküste gemachten Landung, ‚einige Gegenstände aus der normannischen Periode zu finden“. Daß hierdurch die Frage der böö Forschung wieder um ein

utes Stück gefördert und vielleicht wieder in die richtige Bahn ge⸗ enkt worden ist, scheint gefolgert werden zu dürfen. Begreiflicher⸗ weise dauerte der Aufenthalt Nordenskjölds nur ganz kurze Zeit, viel⸗ leicht nur wenige Stunden, denn bereits am fünften Tage nach dieser Landung traf er mit der Expedition in Reikjavik auf Island ein, nachdem er noch vergeblich versucht hatte, in einem nördlicher ge⸗ legenen Fjord zu ankern. 1

Eine dritte große Frage, zu deren Lösung die Expedition mitge⸗ holfen hat, betrifft die kosmische Physik. Nordenskjöld ist ein An⸗ hänger jener Theorie, welche annimmt, daß sich unsere Erde, wie alle Himmelskörper, fortwährend dadurch vergrößere, daß „kosmischer Staub“, ganz feine Partikelchen Materie aus dem Weltraum, auf ihre Oberfläche herabfalle. Auf allen seinen Polarfahrten sucht nun der berühmte schwedische Forscher das große weiße Schneetuch der hocharktischen Gegenden nach Spuren jenes kosmischen Staubes“ ab, auch forscht er beständig nach Meteoriten. Beides zu suchen war auch diesmal sein Zweck und ist, wie es scheint, auch gelungen. Namentlich überraschend ist die von ihm gemeldete Thatsache, daß sich im Innern Grönlands, mit dem Eise vermengt, stellenweise große Massen feinen Staubes finden, der zum Theil kosmischen Ursprunges ist. Angesichts dieses

Faktums darf man sich übrigens fragen, da ohne Zweifel kosmischer

Staub auch auf alle übrigen Gletscher der Welt sowie auf alle Länder und Meere herabfällt, ob es nicht möglich sein dürfte, durch genaue Untersuchung zahlreicher Proben des Gletschereises den kos⸗ mischen Staub nachzuweisen, sowie ob nicht die abgelagerten Boden⸗ schichten früherer Meere derartige Spuren enthalten. Je früher die Forschung in Bezug hierauf entschieden haben wird, um so schneller wird diese so wichtige Frage der kosmischen Phvsik ihrer Lösung ent⸗ gegengeführt werden.

Die Expedition Nordenskjölds hat aber darüber hinaus noch zahlreiche andere wissenschaftliche Fragen ihrer Lösung näher geführt. Von höchster Wichtigkeit werden in dieser Beziehung vor allem die während des Eismarsches gesammelten botanischen Funde sein. Jene hartbedrängten, frostumstarrten Glieder des Pflanzenreiches, welche heute auf den isolirten Bergspitzen Grönlands, die aus der großen Eisdecke emporragen, und den Namen Nunatakker führen, eine letzte Zufluchtsstätte gefunden haben, sind die direkten Nachkommen der Pflanzenwelt der vergangenen geologischen Epoche; ihre nahe Verwandt⸗ schaft mit der Pflanzenwelt Westeuropas zeigt den ehemaligen Zu-⸗ sammenhang Grönlands mit unserem Erdtheil. Noch viele andere Fragen zoolegischer, geologischer und hydrologischer, meteorologischer und phyvsikalischer Natur hat die Expedition Nordenskjölds gefördert. Der große schwedische Forscher mag sich durch den wissenschaftlichen Werth dieser Forschungen über den Miferfolg trösten, daß die von ihm aufgestellte Theorie des eisfreien Grönlandsinnern für Süd- grönland nicht stichhaltig ist. 8

Dresden, 4. Oktober. (W. T. B.) kassentag hat unter dem Vorsitz von seine Verhandlungen eröffnet.

New⸗York, 3. Oktober. (W. T. B.) Die Ausstellungs gebäude in Pittsburg (Pennsylvanien) sind durch eine Feuers brunst zerstört worden. Der Feuerschaden wird auf eine Million

Königliches Opernhaus. In der morgigen Vorstellung des „Propheten“, in welcher Hr. Niemann die Titelrolle und Frl. Baader (früher am Stadt⸗Theater zu Magdeburg engagirt) die „Fidess singt, wird, wie das „Frmdbl.“ mittheilt, wegen Unwohlseins des Frl. Lehmann, die bisher von ihr gesungene Rolle der Bertha durch F Sachse⸗Hofmeister besetzt sein.

Im Residenz⸗Theater keginnt heute Frl. Kathi Frank ihr auf zwölf Vorstellungen berechnetes Gastspiel in dem für diese Bühne als Novität geltenden Sensationsschauspiel: „Die Prinzessin von Bagdad“, von Alexander Dumas.

Literarische Neuigkeiten undperiodische Schriften.

Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine. Band XLIX. Heft 1. Inhalt: Ueber den Frontalkampf der Infanterie. Vortrag, gehalten vom Oberst von Scherff. Algerien und Tunesien. Von A. Janke, Hauptmann. (Schluß.) Die Kriege der Vendée gegen die erste französische Republik 1793 1796. Eine militärhisto⸗ rische Skizze von A. v. Crousaz, Major z. D. (Schluß) Di preußischen Husaren bei der Armee der Verbündeten Friedrich des Großen in den Jahren 1758 1760. (Fortsetzung.) Grundsätze für die Feuerleitung einer größeren Anzahl von Geschützen in Forts, An schluß⸗ oder Zwischenbatterien. Aus ausländischen Militärzeit⸗ schriften. Umschau in der Militärliteratur. Verzeichniß der ne erschienenen Bücher und der größeren, in den militärischen Zeitschriften des In⸗ und Auslandes enthaltenen Aufsätze. (III. Quartal 1883.)

Preußisches Verwaltungs⸗Blatt. Nr. 52. Inhalt: Die Befugnisse der Strombauverwaltung gegenüber den Uferbesitzern an öffentlichen Flüssen. Zustimmung des Gemeindevorstandes oder nur Berathung mit demselben bei Erlaß einer Velociped⸗Ortspolizei⸗ verordnung? Gebiet der Sicherheitspolizei. Verwaltungsstreit⸗ verfahren in Wegebausachen gemäß Art. IV. der Kreisordnungsnovelle vom 19. März 1881. Unzulässigkeit der Entscheidung über die Wege⸗ baulaft in materieller Beziehung, wenn die Klage nur gegen die Polizeibehörde erhoben ist; insbesondere auch in dem Falle, da Kläge die Nichtöffentlichkeit des Weges behauptet. Inhalt der Wegebaula insbesondere ortspolizeiliche Anforderung des chausseemäßigen Aus baues von Wegen. Vertheilung der Wegeunterhaltungslast bei der aus Rücksichten des Eisenbahnbaues veränderten oder verlegten öffent lichen Wegen. Erwerb einer Wegegerechtigkeit durch unvordenklich Verjährung für eine Gemeinde vermittelst Handlungen der Ortsein⸗ wohner. Enteignungsrecht. 8

Die Sparkasse. Nr. 38. Inhalt: Der zweite deutsche Sparkassentag. Hauptübersicht über den Geschäftsbetrieb und die Resultate der preußischen Sparkassen im Jahre 1881. Die Ein⸗ führung von Postsparkassen in Schweden. Uebertragbarkeit der Spareinlagen. Resultate im Kreise Hagen. Geld⸗, Bank⸗ und Börsen⸗Nachrichten. Steuerwesen. Kreditwesen. Versiche rungswesen (Präventivkontrole, Versicherungsgesetz). Verkehrs wesen. Der Checkverkehr von Hermann Meyer. Uebersicht über die Bestimmungen betr. Gehalt und Umlauf der Münzen Mitteleuropas. . 8

Forstliche Blätter. Heft 10. Inhalt: I. Aufsätz Einiges über das neue preußische Forststrafrecht. Vom Kgl. preuß Ober⸗Forstmeister von Kalitsch. Zusatz von B., Borggreve. Ueber die Zunahme von Schnee⸗Bruch ꝛc. in den Thüringer Gebirgs forsten. Vom Forstmeister H. in G. i. Th. II. Bücheranzeigen 1) Chronik des deutschen Forstwesens im Jahre 1882. 2) Jahres⸗ bericht über die Leistungen und Fortschritte in der Forstwirthschaft. Angezeigt von Grunert. Jagd und Hege des europäischen Wildes Angezeigt von Grunert. III. Mittheilungen.

q11ö1ö1ö1ö15ö5 Sfeuerwesens. September⸗Nummer. Inhalt: Ueber Währungs⸗ politik, von P. A. Johannsen. Zoll⸗ und Steuer⸗Technisches Erlasse über Festsetzung und Kontrolirung von Abgaben, Tariffragen, Untersuchungen. Steuern: Gewerbliches, Betriebskenntniß. Ent⸗ ziehung der Abgaben. Reichsstempelabgabe. Wünsche. Ver⸗ besserungs⸗Vorschläge. Statistisches. Verkehr mit dem Aus⸗ land. Verschiedenes. Personalnachrichten. 8

Politische Gesellschafts⸗Blätter. 48. Heft. Inhalt: Die kapitalistische Gesellschaftsordnung und deren Beseitigung. III. Verwerthung der nationalen Arbeitskraft. I. Der Ghetto in Rom. Vermischtes. Correspondenz. b

Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Cen⸗ tralstelle für die Landesstatistik. September. Nr. 295. Inhalt: Zusammenstellung aus den Octroirechnungen 1882 83. Eheschließungen, Geborene und Gestorbene 1882. Preise der ge⸗- wöhnlichen Verbrauchsgegenstände August 1883. Sterblichkeits⸗ verhältnisse August 1883. Meteorologische Beobachtungen zu Darm- stadt August 1883. 1 ns

Unteroffizier⸗Zeitung. Nr. 39. Inhalt: Zum 25jährigen Jubiläum des General⸗Feldmarschall Grafen Moltke als Chef des Generalstabes. Biographische Skizze von F. Heinke. Mi⸗ litärische Mittheilungen. Von unserm Büchertisch. Geschichte der deutschen Truppentheile. Zum 28. September. Erzählungen eines alten Wachtmeisters. Novelle von A. v. Winterfeld. (Forts.)

Gesundheit, Zeitschrift für öffentliche und private Hyoieine. Nr. 17. Inhalt: Originalarbeiten: Volk und Regierung gegen Gewoͤhnheitstrinker. Uebersichten: Einfluß der meteorologischen Verhältnisse auf den Menschen. Eisenschwamm⸗Filter. Zu⸗ schriften und Mittheilungen: Aus Leipzig. Aus Bädern und Kur⸗ orten: Littenweiler. Besprechungen neuer Schriften: Coriveaud, die Gesundheitspflege des jungen Mädchens (Schluß). Cohn, Hygieine des Auges. Nitsche, Zimmerturnen. Feuilleton: Erb⸗: lichkeit der Kurzsichtigkeit. Verschiedenes. Anzeigenn. 8