— 5. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Der Conseils⸗ Präsident Ferry konferirte auch gestern mit dem Präsidenten Gréevy. — Die „Republique francaise“ berichtet: Herr Grévy habe den Minister⸗Präsidenten beauftragt, den Kriegs⸗Minister Thibaudin zur Einreichung seines Entlassungsgesuches zu veranlassen. Der „Voltaire“ meldet sogar bereits, Thibaudin habe demissionirt.
— 5. Oktober. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet: Es bestätigt sich, daß der Kriegs⸗Minister Thibaudin seine Entlassung gegeben und daß der Präsident Grévy dieselbe angenommen hat.
Spanien. Madrid, 4. Oktober. (W. T. B.) Dem König und der Königin wurden heute beim Eintritt in die Oper und beim Verlassen derselben abermals begeisterte Ovationen dargebracht. 4
Der Ministerrath trat heute unter dem Vorsitz des Königs zusammen, um die Frage wegen der Zwischen⸗ fälle auf der Durchreise des Königs durch Paris zu erörtern, faßte aber, wie verlautet, keinen definitiven Beschluß. 1
— 5. Oktober. (W. T. B.) Der „Correo“ theilt mit: der spanische Botschafter, Herzog Fernan⸗Nusez, werde auf seinem Posten in Paris verbleiben. — Gerücht⸗ weise verlautet: die Regierung verzichte darauf, eine Note an Frankreich zu richten, und werde sich vielmehr darauf beschränken, mündlich eine Darstellung der zwischen dem König Alphons und Herrn Grévy stattgehabten Unterredung zu ver⸗ langen, welche Gegenstand der offiziellen Publikation gewesen ist. Zah'reiche in Spanien lebende Franzosen unterzeichnen Protesterklärungen gegen die Anstifter der in Paris stattgehabten Auftritte. 8
— (Allg. Corr.) Den dem König Alphons bei seiner
Ankunst in Madrid bereiteten Empfang schildert der Ma⸗ drider Correspondent der „Times“ wie folgt: Seit Januar 1875, als Don Alfonso an der Spitze einer glänzenden Suite in die Hauptstadt seines Landes als König einzog, habe ich niemals irgend etwas gesehen, was der Begeisterung glich, die heute seine Rückkehr von der Reise im Auslande begrüßte. Keine Truppen, nicht einmal Polizeimann⸗ schaften waren sichtbar, um die Ordnung aufrechtzuhalten, und die enorme Volksmenge konnte sich nach Belieben be⸗ wegen. Die Route von dem Nordbahnhof nach dem Palast bietet wenig Spielraum für Dekorationen, aber trotzdem war die Scene eine überaus glänzende. Mindestens 200 000 Per⸗ sonen aller Rangklassen und Gesellschaftsschichten, von dem Handwerker, der seine Arbeit verließ, um der Bewillkommnung seines Königs seine Stimme zu leihen, bis zu den schönsten Frauen des spanischen Adels, welche die traditionelle weiße Mantilla mit weißen Blumen und Bändern in den Landesfarben, roth und gelb, trugen, vereinigten sich in herzlichen Vivas auf Ihre Majestäten und Spanien. Der König und die Königin, welche Letztere in Begleitung des Premier⸗Ministers ihrem Gemahl bis zum Escurial entgegengefahren war, kamen um 5 Uhr an; aber die Fahrt durch die mit Men⸗ schen dichtbesetzten Straßen nach dem Palast nahm fast eine Stunde in Anspruch. Das Königliche Paar fuhr in einer von zwei Pferden gezogenen Equipage, ohne irgend eine Escorte als das enthusiastische Volk. Nach der Ankunft im Palast hielten Ihre Majestäten einen Empfang, u dem Jedermann ohne Unterschied Zulaß erhielt. Man sagt, daß zwischen 6 und 8 Uhr nicht weniger als 30 000 Per⸗ sonen, vom Höchsten bis zum Niedrigsten, durch die Säle schritten. Abends fand eine allgemeine Illumination statt.
Serbien. (W. T. B.) Man meldet der „Polit. Corr.“ aus Belgard, unter dem 4. d. M.: In Folge der Schließung der Skupschtina wird die Ratifikation der Eisenbahn⸗Konvention vorbehaltlich späterer Genehmi⸗ gung der Skupschtina durch die Regierung erfolgen.
Bulgarien. Sofia, 4. Oktober. (Polit. Corr.) In der heutigen Sitzung der Sobranje erklärte die Re⸗ gierung, daß sie sich den Kammerbeschlüssen betreffs der Kontrole und der Verantwortlichkeit des Kriegs⸗Ministers unterwerfe. Die Sobranje wird sich nach Erledigung der Be⸗ rathung über die Eisenbahnkonvention und die Konvention bezüglich der russischen Okkupationskosten auf einen Monat vertagen. Während der Ferien beabsichtigt Fürst Alexander die Revuen über die Truppen abzuhalten.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 1. Okto⸗ ber. (Hamb. Corr.) Der König hat am Freitag den von seinem hiesigen Posten scheidenden französischen Gesand⸗ ten Patenôtre in Audienz empfangen und das Abberufungs⸗ schreiben desselben entgegengenommen.
Christiania, 4. Oktober. (W. T. B.) In der heuti⸗ gen Sitzung des Reichsgerichts wurde auf Verlangen des Vertheidigers des angeklagten Staats⸗Ministers Selmer die weitere Verhandlung auf den 19. Oktober verschoben.
Dänemark. Kopenhagen, 2. Oktober. (Hamb. Corr.) Der Finanz⸗Minister hat dem Folkething heute das Budget für 1884/85 vorgelegt. Dasselbe zeigt eine Einnahme von rund 53 579 000 Kronen und eine Aus⸗ gabe von 51 632 000 Kronen, wonach sich ein Ueberschuß von ca. 1 900 000 Kronen ergeben würde. Hiernach sind die ver⸗ anschlagten Einnahmen um ca. 1,6 Mill., die Ausgaben um 3,3 Mill. höher als im diesjährigen Budget. Die Erhöhung der Einnahmen rührt hauptsächlich von den indirekten Abgaben, für welche ein Zugang von 1,2 Mill. veranschlagt ist, sowie ferner von der Erhöhung der Einnahmen aus der grönländischen Kolonie, der Gebäudesteuer und verschiedenen anderen Einkünften her, wogegen für das Paß⸗ und Telegraphenwesen eine Unter⸗ bilanz von 105 000 Kronen veranschlagt ist. Die Mehr⸗ ausgaben von 3,3 Millionen Kronen entfallen auf die ver⸗ schiedenen und außerordentlichen Ausgaben des §. 26, in welchem sich ein neuer Posten von 150000 Kronen Zuschuß zur Deckung der Zinsen für die Anlage der Lolland⸗Falsterschen Bahn findet. Außerdem verlangt hier das Ministerium des Aeußern die Ausgaben für zwei neue Missionen in
Madrid und im Haag. Die Zinsen der Staatsschuld, die⸗ sich am 1. April des nächsten Jahres auf 197 Mill. Nenc Nach dem Anschlage ergiebt sich ein Ueberschuß von ca. 2 Millionen
beziffern wird, werden um 100 000 Kronen erniedrigt.
und eine Vermögenszunahme um nahezu 3 Millionen Kronen.
Von den einzelnen Posten des Budgetanschlages sind zu er⸗ zum eine Forderung des Kriegs⸗ 2 Mill. Kronen,
wähnen: die Forderungen von 400 000 Kronen Schutze der jütischen Küsten, Ministers für Verschiedenes von ca.
für die See⸗ und Küstenvertheidigung: Anschaffung von 11
“ 1
erste Rate zu Verstärkungsarbeiten bei der Seebefestigung von Kopenhagen 224 000 Kronen, Forderung des Marine⸗Mini⸗ sters für neue Kriegsschiffe und Fahrzeuge: 528 000 Kronen, Abänderungen an älteren: 252 000 Kronen, sonstige Arbeiten, Beschaffung von Torpedos ꝛc.: 1 185 600 Kronen. Ferner werden zur Erweiterung bestehender Bahnanlagen 1 664 000 Kronen, für Hafenbauten, Reserveschiffe für den Fährdienst, Telegraphenanlagen ꝛc. ca. 1 575 000 Kronen gefordert. — Die erste Berathung der Budgetvorlage im Folkething wird am nächsten Dienstag, den 9. d., stattfinden.
Amerika New⸗York, 2. Oktber. (Allg. Corr.) Dem Gesandten von Hagyti ist die Nachricht zugegangen, daß in Port⸗au⸗Prince ein Aufstand ausgebrochen, die Ruhe jedoch alsbald wieder hergestellt worden sei.
Afrika. Egypten. Alexandrien, 4. Oktober. (W. T. B.) Wie die einheimischen Zeitungen melden, hat der Sultan einen Kommissar nach dem Sudan ge⸗ sandt, um über die Lage dieser Provinz Bericht zu erstatten. — Nachrichten aus Konstantinopel zufolge soll die Pforte be⸗ absichtigen, einen Kaiserlichen Kommissar nach Egyp⸗ ten zu senden.
Zeitungsstimmen.
Dem „Deutschen Tageblatt“ wird aus Forst unter dem 29. v. M. gemeldet: Auf ein Seitens der Festversammlung des hiesigen Fabrikanten⸗ vereins an den Reichskanzler Fürsten Bismarck gesandtes Telegramm ist heute folgende Antwort eingegangen:
Berlin, den 28. September 1883.
Euer Wohlgeboren und Ihren Herren Auftraggebern danke ich verbindlichst für die freundliche Begrüßung durch Ihr Telegramm. Ich würde mich freuen, wenn ich einen allgemeinen Erfolg unserer Bemühungen zur Verbesserung des Looses der Veteranen der Arbeit noch erlebte. von Bismarck.
An den Fabrikanten Herrn Paul Stübner, Wohlgeboren, Forst.
— In dem neuesten Jahresbericht der Chemnitzer Handels⸗ kammer wird behauptet, „daß die Einführung der Garnzölle für feine Zwirne, namentlich für Jutegarne, bei dem Export von fertigen Fabrikaten sich nicht als vortheilhaft erwiesen habe.“ Es wird eine Reduktion des Zolles für solche Jute⸗ garne als wünschenswerth bezeichnet und beigefügt, daß diese Garne in einem zu verschwindend kleinen Quantum in Deutschland gesponnen würden, um einen Schutzzoll zu recht⸗ fertigen. Hierzu wird den „Berliner Politischen Nach⸗ richten“ geschrieben: —
„Diese Darstellung ist unrichtig und wird wohl nur vom ein⸗ seitigen Interesse einiger Exporteure befürwortet. ... 8
Wenn je ein gemäßigter Schutzzoll angebracht war, so hat er sich für die Jute⸗Industrie bewährt. In den Jahren 1873 — 1879 waren sämmtliche deutsche Jutefabriken dividendenlos und die größere Hälfte des Konsums von Jutefabrikaten kam vom Auslande. Seit 1879 lieferten die Fabriken steigende Erträgnisse; die Zu⸗ nahme an Jutefabriken ist neuerdings so bedeutend geworden, daß mit 1884 nicht nur der gesteigerte Landeskonsum gedeckt sein, sondern die Ueberproduktion auswärts Absatz wird suchen müssen. Deutsch⸗ land hat dadurch für Tausende von Arbeitern Brot gefunden und das Geld im Lande behalten,
Jedenfalls ist es zu tadeln, wenn der Handelskammerbericht un⸗ richtige Thatsachen anführt und darauf Deduktionen baut und Wünsche formulirt, welche die eben in gutes Fahrwasser gerathene Industrie lahm legen würden. 3*2 —
— Die „Schlesische Zeitung“ schreibt:
Die Neubildung und Rekonstituirung der Innungen nimmt in Schlesien einen zwar langsamen aber stetigen Fortgang. Neuerdings wird aus Striegau berichtet, daß sich die dortige Schmiedeinnung unter Zugrundelegung des von amtlicher Seite empfohle⸗ nen Normalstatuts rekonstituirt und die Gewerksgenossen in Stadt und Kreis Striegau zum Beitritt aufgefordert hat. — Zu Liegnitz hat, wie in einer Sitzung des Innungs⸗Verbandsvorstandes mitgetheilt werden konnte, die Schuh⸗ macherinnung außer einem neuen Hauptstatut auch ein Nebenstatut über Errichtung eines Innungsschiedsgerichts entworfen, welches bereits genehmigt worden ist; Zweck dieses Innungsschiedsgerichts ist die Ausgleichung von Differenzen, die zwischen Meistern und Gesellen in Betreff der Arbeitsverhältnisse entstehen.
— Der „Temps“ bringt folgenden, von einem seiner Mitarbeiter erstatteten Bericht über die Feier auf dem Niederwald:
„Der Kaiser war der Mittelpunkt aller Blicke, in der Volks⸗ phantasie ist seine Persönlichkeit Alles. Bei seinen sechsundachtzig Jahren hat er einen geradezu erstaunlichen Zug von Gesundheit und Kraft, keine Spur von Ermüdung auf diesem feinen, energischen und gesammelten Gesicht. Die Haltung ist gerade und stramm. Die Physiognomie, gewöhnlich so freundlich und leutselig, zeigt in diesem Augenblick den Ausdruck tiefsten Ernstes, spiegelt einen beherrschenden und absorbirenden Gedanken wieder. Während der sehr langen An⸗ sprache des Grafen Eulenburg bewahrte der Kaiser vollkommene Unbe⸗ weglichkeit; keine Muskel des Gesichtes zuckte, keine Bewegung, die Ermüdung anzeigte: als oberstes Haupt der Armee giebt er seinen Soldaten das Beispiel der Unbeweglichkeit. Hinter einer Reihe von Zuschauern verborgen, konnte ich während einer halben Stunde die Züge dieses wunderbaren Greises beobachten. Ich möchte meine Leser theilnehmen lassen an den tiefen Eindrücken, die mich erfaßten, als ich diesen Herrscher betrachtete, der den Weltfrieden in den Falten seines Soldatenmantels trägt.
Kaiser Wilhelm kann als der Typus des glücklichen Menschen und Herrschers betrachtet werden. Er herrscht seit einem Vierteljahr⸗ hundert und hat schon um 10 Jahre das Lebensalter Ludwig XIV. überschritten. Er hat nicht nur alle seine persönlichen Wünsche er⸗ füllt, sondern auch die Träume seines Volkes, die hundertjährigen Be⸗ strebungen seines Staates und die traditionelle Legende seines Hauses. Er sah sein Land im tiefsten Abgrund und er hat die Befriedigung gekostet, die für ein edles Herz die größte ist, dieses Land mit eigenen Händen auf den Höhepunkt des Ruhmes und der Macht zu bringen. Er hat Preußen besiegt, gedemüthigt, zerstückelt gesehen und im Namen dieser selben preußischen Monarchie übt er jetzt die Diktatur in Europa aus. Er ist der Sohn jener Königin, die Napoleon mit soldatischer Frechheit behandelte und zweimal ist er als Sieger in Paris eingezogen. Die Gewalt war für ihn eine ernste Aufgabe, ein geheiligtes Amt; die Pflichten desselben erfüllte er mit vollster Ueberzeugung. Umgeben von der Dankbar⸗ keit und Verehrung seines Volkes ehrt er in sich selber den Voll⸗ zieher der Beschlüsse der Vorsehung. Die Geschichte bietet kein anderes Beispiel eines so vollständigen, so unzerstörbaren, so heiteren Glückes dar; um so vollständiger, als das hohe Alter des
Kaisers und der gegenwärtige Lauf der Ereignisse den Kaiser vor dem unabwendbaren Wechsel menschlicher Geschicke sichern zu sollen scheint. Die Geschichte, die in allen Dingen gerecht wird, wird den ersten Deutschen Kaiser auf einen großen Platz stellen; die deutsche Einheit ist sein Werk, und sie scheint gemacht, um auch die härtesten Proben zu bestehen. 3
u . . Als der Kaiser auf der Platform vor dem Denkmal angekommen war, entblößte er das Haupt, und die
Musik spielte die „Wacht am Rhein“. Die ganze Versammlung fällt im Chor ein, aus dem Thal und von den Höhen steigen
von 100 000 Stimmen wiederholt. Ich leugne den Eindruck von Größe nicht, den mir diese Scene machte. Ich hatte mir nicht ver⸗ hehlt, als ich hierher kam, welche Art von Empfindung ich zu be⸗ herrschen haben würde bei diesem Schauspiel, wo ich vor Allem eine Lehre suchte. Aber die tiefe Bewegung, welche durch diese Menge ging, riß mich mit fort; ich sah mich einer furchtbaren Macht gegen⸗ über, die einer einzigen Leitung folgt, die um so mächtiger ist, da sie von Ueberlegung und Selbstbeherrschung erfüllt ist. 8
Ich drängte meinen Schmerz als Franzose und Elsasser zurück gegenüber diesem Triumphe, dessen Trophäen wir geliefert haben, ich beneidete und bewunderte diese gewaltige Manifestastion des National⸗ gefühls. Und des Abends bei der Rückkehr unter dem besternten Himmel auf dem von Feuern glänzenden Rhein, der mit Booten besäet war, als auf dem Verdeck des Dampfers, der mich heimführte, ich rings um mich das Nationallied begeistert von allen Lippen hörte, das emporstieg zu dem in elektrischem Lichte glänzenden Bilde der Germania, da waren meine Gedanken auf mein Vaterland gewendet und ich fand in meinem Herzen nur den glühenden Wunsch, daß auch wir eines Tages durch Patriotismus, Entsagung und Muth es ver⸗ dee möchten, das wiederhergestellte und vergrößerte Frankreich zu feiern. . Ich möchte die Erzählung dieser Reise schließen, indem ich ein Wort von dem Eindrucke sage, den ich aus einigen Unterredungen zu empfangen Gelegenheit hatte. Beamten, Journalisten, Bürger und Arbeiter: bei allen habe ich ein lebhaftes und sehr verständiges Gefühl von Patriotismus gefunden; nirgends sah ich nationale Feindseligkeit und Haß gegen Frankreich. Ueberall bin ich einer delikaten und voll⸗ endeten Courtoisie, die nicht affektirt war, begegnet. Aber der Deutsche, der nicht die Gewohnheit des self government noch vor allem die der Initiative auf politischem Gebiete hat, besitzt in dieser Hinsicht eine passive Resignation, die den Franzosen unbekannt ist. Er hat nicht, wie unsere demokratischen Doktrinärs, den Glauben an die Autorität eines abstrakten Prinzips, in die Allmacht des Volkswillens. Er glaubt nicht, daß ein Volk absolut Herr sei, seine Geschicke nach seinem Be⸗ lieben zu lenken; er fühlt sich einer höheren Leitung unterworfen und nimmt sie hin; er hat ein sehr entwickeltes Gefühl, für die historischen Nothwendigkeiten, welche die französische demokratische Schule so be⸗ reitwillig verachtet. Nirgends habe ich kriegerische Dispositionen ge⸗ funden: die vernünftigen Deutschen wissen wohl, daß ihr Land Alles, was es wünschen konnte, erreicht hat, und daß sie, wenn sie das Schicksal aufs Neue versuchten, viel aufs Spiel setzen würden, ohne dagegen die Chance irgend eines wirklichen Gewinnes zu haben. Doch sie unterwerfen sich der höheren Gewalt der Ereignisse.“
EFSttatistische Nachrichten.
Im Band LXII. der Statistik des Deutschen Reichs veröffent⸗ licht das Kaiserliche Statistische Amt Nachweisungen über: 1) die Schiffsunfälle an der deutschen Küste im Jahre 1882 und 2) die Verunglückungen deutscher Schiffe in den Jahren 1882 und 1881. Die ersteren geben von allen denjenigen zur amtlichen Kenntniß gelangten Unfällen Nachricht, von welchen Schiffe an der deutschen Küste selbst, auf dem Meere in einer Entfernung von nicht mehr als 20 Seemeilen von der Küste und auf den mit dem Meere in Verbindung stehenden, von Seeschiffen befahrenen Binnengewässern im Laufe des Jahres 1882 betroffen wurden; wogegen die Verunglückungen diejenigen Total⸗ verluste aufführen, welche im Jahre 1882, bezw. 1881 zur Anzeige gelangten. Das soeben ausgegebene Augustheft der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reiches bringt erläuternde Bemerkungen zu diesen Nachweisungen, welchen Folgendes entnommen ist. 1
Die Zahl der unter 1) genannten Unfälle beziffert sich auf 225, welche (bei 47 Kollisionen) 272 Schiffe betrafen. Die Vergleichung mit den entsprechenden Ergebnissen früherer Jahre zeigt, daß von 1873 bis 1879 die höchste Zahl der in einem Jahre (1875) vorgekom⸗ menen Unfälle 152 betragen hatte, von denen 170 Schiffe betroffen worden waren, daß dagegen diese Zahl im Jahre 1880 auf 235 (271 betroffene Schiffe) und im Jahre 1881 auf 236 (262 Schiffe) gestiegen war, also die Jahre 1880 bis 1882, vor allen das letztgenannte, gegen die rückwärts liegenden Jahre sehr erheblich ungünstigere Zahlen aufweisen. Von den im Jahre 1882 durch die Unfälle betroffenen Schiffen gingen 83 vollständig verloren (1881: 101, 1880: 112), 120 wurden theilweise beschädigt (1881: 114, 1880: 104), 64 blieben unbeschädigt, und von 5 blieb der Ausgang des Unfalls unbekannt; der Verlust an Menschenleben bei den Unfällen im Jahr 1882 war glücklicher Weise gering; er betrug im Ganzen nur 18 (1881: 89, 1880: 58). Von den betroffenen Schiffen waren 196, und zwar 160 Segelschiffe und 36 Dampfschiffe, deutscher Nationalität, und hiervon gingen 69 (66 Segel⸗ und 3 Dampfschiffe) total verloren; von den übrigen gehörten 37 der britischen, 15 der norwegischen, 8 der schwedischen, 7 der dä⸗ nischen, 6 der niederländischen und je 1 der russischen, französischen und hawaiischen Flagge an. Gestrandet sind 85 deutsche und 27 fremde Schiffe, gekentert 4 deutsche und! fremdes, gesunken 11 deutsche und 1 frem⸗ des, in Kollision gerathen 56 deutsche und 38 fremde, und durch sonstige Unfälle wurden betroffen 40 deutsche und 9 fremde Schiffe. Der Oertlichkeit nach entfallen auf das Ostseegebiet 42 Strandungen, 10 Kollisionen und 17 Unfälle anderer Art, auf das Nord⸗ seegebiet 70 Strandungen, 37 Kollisionen und 49 sonstige Unfälle; das letztere ist also der Küstenschiffahrt ungleich gefährlicher, als ersteres, und am häufigsten sind die Unfälle an der Küste und auf den Untiefen in der Nähe der Elbmündung und auf der Elbe selbst. Als Ursache der zahlreichen Unfälle werden in erster Linie die heftigen Frühjahrs⸗ und Herbststürme bezeichnet, die alljährlich an der deutschen Küste herrschen. Von besonderer Heftigkeit waren im Jahre 1882 der Sturm am 30. April, wodurch 5 Schiffe total ver⸗ loren gingen und 15 mehr oder minder schwere Beschädigungen erlitten, dann der Sturm am 30. September mit 2 Totalverlusten und 6 Be⸗ schädigungen, ferner der Sturm am 24. und 25. Oktober mit 12 Totalverlusten und 8 Beschädigungen, die Stürme am 6. und 7. No⸗ vember und 10. und 11. November mit zusammen 8 Totalverlusten und 12 Beschädigungen, und der Sturm am 3. und 4. Dezember mit 4 Totalverlusten und 7 Beschädigungen.
Von den oben unter 2) bezeichneten Verunglückungen deutscher Schiffe gelangten im Jahre 1882 246 zur amtlichen Kenntniß, welche registrirte deutsche Seeschiffe mit einem Gesammtraumgehalt von 67 491 Reg.⸗Tons betrafen. 32 von diesen Verunglückungen entfallen auf frühere Jahrgänge, so daß also für das Jahr 1882 214 verloren gegangene deutsche Schiffe mit einem Raumgehalt von 58121 Reg.⸗ Tons zur Anzeige gelangten. An Bord dieser Schiffe befanden sich 1854 Mann Besatzung und 816 Passagiere, von denen 294 Mann Besatzung und 12 Passagiere bei den Verunglückungen ihr Leben ver⸗ loren. Diese Zahlenangaben sind jedoch nur als vorläufige zu be⸗ trachten, die durch weitere Anzeigen noch werden ergänzt werden. Als vollständig dagegen dürfen jetzt die Erhebungen über die im Jahre 1881 erfolgten Verunglückungen deutscher Seeschiffe betrachtet werden. Hiernach gingen von dem Gesammtbestand der registrirten deutschen Schiffe, welcher am 1. Januar 1881 4660 Dampf⸗ und Segelschiffe mit einer Besatzung von 39 660 Mann betrug, in der Zeit vom 1. Ja⸗ nuar bis 31. Dezember 1881 246 oder 5,3 % (5 % im Vorjahr) durch Seeunfälle verloren, wobei 295 Mann der Besatzung (auf je 134 Seeleute 1 Mann) und 6 der an Bord befindlichen Passagiere ihr Leben ver⸗ loren. Von diesen 246 Schiffen sind 126 gestrandet, 6 gekentert, 35 gesunken, 5 verbrannt, 26 verschollen, 3 in Folge von Kollisionen und 45 in Folge sonstiger schwerer Beschädigungen in Verlust ge⸗ rathen. Was die Ursachen anbelangt, so sind bis jetzt erst in Bezug auf 228 der Verunglückungen die seeamtlichen Untersuchungen abge⸗ schlossen; dieselben haben ergeben, daß 28 durch menschliches Ver⸗ schulden hervorgerufen, 177 unverschuldet erfolgt und von 23 die Ur⸗ sachen nicht zu ermitteln gewesen sind.
— Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 23. September bis inkl. 29. September cr. zur Anmeldung gekommen:
293 Eheschließungen, 866 Lebendgeborene, 34 Todtgeborene,
Stück Kruppschen 15 cm Hinterladern 500 000 Kronen und
die gewaltigen Akkorde des Nationalliedes empor, in der Entfernung
Sterbefälle.
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Schwartz) zu Oldenburg ist soeben eine kleine Sammlung von Pichler erschienen, welche sich Genrebilder aus bes g. 8. leben“ betitelt. (Pr. 3 ℳ) Der Verfasser hat sich zur Aufgabe gestellt, in einer Reihe von Skizzen das Leben an Bord eines Schiffes, das Treiben auf See, die mannigfaltigen Lagen und eigen⸗ thümlichen Verhältnisse, welche der Beruf des Seemanns mit sich bringt, dem Leser vorzuführen. Er hat sich dieser Aufgabe mit ziem⸗ lichem Glück entledigt, und die Art und Weise, in welche er es ver⸗ stand, den umfangreichen Stoff fesselnd anschaulich zurechtzulegen und zu gestalten, darf als gelungen bezeichnet werden. Hier und da würde allerdings eine genauere Sichtung des Stoffes, eine sorgfältigere Be⸗ handlung, knappere Darstellung und bessernde Feile der Arbeit nicht geschadet haben; es würde dies der künstlerischen Ge⸗ staltung der Bilder, welche oft an übermäßig breiter und oft etwas nachlässiger Ausführung leiden, von größtem Vor⸗ theil gewesen sein. Anerkennen muß man jedenfalls die lebenswahre, innige Schilderung, die gemüthswarme, den kalten Stoff wohlthuend durchziehende Hingabe an denselben und die Liebe, welche der Verfasser für den Gegenstand selber an den Tag legt. Man irrt wohl kaum, wenn man einen Seemann selber oder doch einen mit dem Seeleben innigst vertrauten Kenner desselben in dem Verfasser vermuthet: die genaue Kenntniß und das Vertrautsein mit allen auf Schiff und See bezüglichen Dingen weisen darauf hin. Der Verfasser begleitet ein auslaufendes Auswandererschiff vom Beginn der Abfahrt während der an Abwechselung, Unfällen und Gefahren reichen Reise bis zum Einlaufen in den ersehnten Hafen. Das elegant ausgestattete Bändchen wird in allen Kreisen, welche sich für Seefahrt und Seeleben interessiren, aber auch darüber hinaus mit Beifall auf⸗ genommen ave⸗ 8 8
— Im Verlage von Eugen Grosser, Berlin, sind kürzlich mehrere kleine Schriften erschienen, welche für weitere Kreise des Publikums von Interesse sein dürften, da ein Jeder in die Lage kommen kann, die darin erörterten gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung zu bringen. Die Schrift „Injurie und Injurienprozeß“ enthält eine systematische Darstellung der betreffenden Vorschriften des Reichsrechts, welche zum praktischen Gebrauch für Richter, Schöffen, Anwälte und Prozeßführende bestimmt ist. Die Materie wird in zwei Kapiteln: I. Beg riff und Bestrafung, II. Strafverfolgung, behandelt. Der Preis der Schrift beträgt 1,50 ℳ — In der Schrift „Die Rechts⸗ verhältnisse zwischen Herrschaft und Gesinde“ (Preis 50 ₰), welche in Auflage vorliegt und von Dr. Alb. Bar⸗ denharth neu bearbeitet worden ist, wird die Allgemeine Gesinde⸗ ordnung der preußischen Monarchie, vom 8. November 1810, dem Wortlaut nach mitgetheilt und auch die einschlagenden Bestimmungen der neueren Gesetze, Verordnungen, Ministerial⸗Reskripte ꝛc. unter Be⸗ rücksichtigung der neuesten Rechtsprechung ergänzt und erläutert. Unter den Anlagen heben wir eine Uebersicht über diejenigen Gesinde⸗ streitigkeiten, in welchen die Polizei mitzuwirken hat, und die Rechts⸗ mittel gegen die polizeilichen Entscheidungen und Verfügungen hervor. Unter dem Titel „Die Rechte der Miether und Vermiether in Preußen⸗ (Preis 80 Pf.), endlich ist eine systematische Dar⸗ stellung dieser Materie von Carl Wolff in fünfter vollständig umae⸗ arbeiteter Auflage herausgegeben worden, in welcher der Verfasser gleichfalls die Rechtsprechung berücksichtigt hat. Alphabetische Sach⸗ register erleichtern den Gebrauch der beiden letzteren Schriften.
— Die in Leipzigs den 6. Oktober cr. erscheinende Nr. 2101 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Galerie schöner Frauenköpfe: XX. Messalina. Gemälde von Her⸗ mann Kaulbach. Nach einer Photographie von Brack und Fechner in Berlin. — Die Sobieski⸗Feier in Krakau: Die Prozession zur Wawelkathedrale am 12. September. Nach einer Zeichnung von St. Reschan. — Die Kaisermanöver bei Merseburg: Aufmarsch der Lavallerie zu der Gefechtsübung bei Pettstädt am 17. September. Originalzeichnung unsers Spezialzeichners H. Lüders. — Aus der Internationalen Elektrischen Ausstellung in Wien. 4 Abbildungen. Originalzeichnungen von W. Gause: 1) Egyptischer Pavillon. 2) Portal zur Kunstabtheilung. 3) Beleuchtung des Leopoldbergs mittels Riesenreflektors. 4) Die elektrische Eisenbahn. — Aus der Hygiene⸗Ausstellung in Berlin. 2 Abbildungen. DOriginalzeich⸗ nungen von C. Koch: 1) Ausschank des Turiner Wermut⸗ weins. 2) Die Kochschule des Berliner Hausfrauenvereins. — Sommerlust. Gemälde von Fritz August Kaulbach. Nach einer Photographie von Franz Hanfstängl in München. (Zweiseitig.) — Der Krieg im egyptischen Sudan. 2 Abbildungen. Nach Skizzen von Franz Vizetelly: 1) Bagära, Männer einer Arabertribe im Sudan. 2) Die Schlacht bei Marabrea am 29. April d. J. — Die Riesin Marian. Nach dem Leben gezeichnet von G. Broling. — Frauenzeitung: Prinzessin Julius von Schleswig⸗Holstein⸗Glücks⸗ burg. — Moden: Moderne Herren⸗Kravattennadeln. — Meister des Schachspiels: 21) Georg H. Mackenzie. — Polytechnische Mitthei⸗ lungen: Amerikanischer Petroleumofen „Triumph“. — Patentirte Cigarren⸗Handwickelmaschine. 2 Figuren. — Patent⸗Universalsicher⸗ heitslaterne. — Patentirter Apparat zur Prüfung des Petroleums auf Entflammbarkeit. 8
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Die Taxation der Privat⸗ und Gemeindeforsten nach dem Flächenfachwerk, von W. Weise, Forstrath und ord. Pro⸗ fessor am Polptechnikim zu Karlsruhe. Verlag von Julius Springer in Berlin. Preis 4 ℳ — In diesem jedem
orstmann und jedem Waldbesitzer zu empfehlenden Buche ommt der Verfasser auf einen Ausspruch des Ober⸗Land⸗ forstmeisters von Hagen über die volkswirthschaftliche Be⸗ deutung des Waldes zurück, welcher verdient allgemein bekannt zu werden; derselbe lautet wörtlich: „Der Wald ist ein von der Vorzeit überkommenes Fideicommiß, dessen Werth nicht allein in den unmittelbaren Erträgen an Holz, sondern wesentlich auch in dem Nutzen besteht, den er mittelbar durch seinen Einfluß auf Klima, Witterung, Schutz, Bodenerhaltung der Landeskultur bringt. Der Wald hat Bedeutung nicht nur für die Gegenwart allein, und nicht für den Eigenthümer allein, er hat Bedeutung auch für die Zukunft und für die Gesammtheit der Bevölkerung. Das ist eine Wahr⸗ heit die sich nicht bestreiten läßt, die aber täglich von der Indolenz und dem Eigennutze ignorirt wird. Gegen beide kimuschreiten, wenn sie gemeingefährlich werden, und das sind sie bereits in hohem Maße, ist Pflicht der Gesetzgebung. Nicht die Verminderung der Holzproduktion, nicht die Erschwerung der Be⸗ friedigung des Holzbedürfnisses, nicht die Steigerung der Holzpreise, nicht die Furcht vor Holzmangel können den Staat berechtigen, in die Fecheit des Waldbesitzes und der Waldwirthschaft einzugreifen. Vohl aber verpflichten ihn dazu die Nachtheile, welche aus der Ver⸗ nichtung der Wälder in gewissen Lagen für die Wohlfahrt und Eristenz einzelner Gegenden oder Orte und ihrer Bewohner erwachsen.“ Hat auch das preußische Gefez, betr. Schutzwaldungen und Wald⸗ genossenschaften, vom 6. Juli 1875, nach Ansicht des Verfassers nicht 898 Ziel getroffen, so bleibt der Werth desselben doch darin bestehen, def der Begriff des Schutzwaldes in die Gesetzgebung eingeführt ist. ndere den Wald betreffende neuere Gesetze haben mehr geleistet, ja nußerordentlich heilsam gewirkt. Dahin rechnet der Verfasser nament⸗ 8 das Gesetz vom 14. August 1876, betreffend die Verwal⸗ kung der den Gemeinden und öffentlichen Anstalten ge⸗ hörigen »Holzungen in den Provinzen Preußen, Branden⸗ durg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen. Nach Maßgabe eses Gesetzes unterliegt, wie der Verfasser weiter ausführt, der beraufsicht des Staates die Verwaltung der Holzungen der Ge⸗ meinden, Kirchen, Pfarren, Küstereien, sonstigen geistlichen Institute, offentlichen Schulen, höheren Unterrichts⸗ und Erziehungsanstalten, oweit sie sich nicht in staatlicher Verwaltung befinden. Für diese S aldungen fordert das Gesetz im §. 2, daß die Benutzung derselben sich innerhalb der Grenzen der Nachhaltigkeit be⸗ Gegen muß. Die jeweiligen Mitglieder der Vertreter der emeinden, Korporationen und juristischen Personen haben nur den
Knunst, Wissenschaft und Literatur. Im Verlage der Schulze’schen Hofbuchhandlung (Berndt &
stehenden Vermögens, die Substanz aber und zwar sowohl das Boden⸗ als das Materialienkapital müssen unversehrt der Zukunft überliefert werden. Aus diesen Sätzen rechtfertigen die Motive die Forderung der Nachhaltigkeit. Ueber den Begriff der Nachhaltigkeit in der Waldwirthschaft äußert der Verfasser: Die Nutzung in einem Walde ist dann als nachhaltig anzusehen, wenn sich unter Berücksichtigung aller auf ihre Größe einwirkenden Faktoren annehmen läßt, daß sie in gleichen Zeiträaumen wiederkehren kann, ohne das Substrat der Nutzung, das Materialkapital nachtheilig zu vermindern, zu ver⸗ —2* oder in seinem Altersklassenverhältniß unvortheilhaft zu ver⸗ ändern.
Das Buch verdankt seine Entstehung der Beantwortung der zu Frankfurt a. O. von einer Versammlung des Märkischen Forstvereins gestellten Frage: Welche Anforderungen sind an eine gute Betriebs⸗ einrichtung für Privatforsten bezüglich der Sicherung der Nachhaltig⸗ keit zu stellen? Der Gedanke, welcher als Grundlage des Buches anzusehen ist, liegt in der Trennung der Forstwirthschaft nach der rein forstlichen (technischen) und nach der finanziellen Seite. Für die technische Wirthschaft wird das System des reinsten Flächenfachwerks angenommen; d. h. es wird befürwortet, jede Forst in bestimmte Flächen abzutheilen, mit der Maßgabe jedoch, daß der in der Regel jährlich oder in verschiedenen Intervallen abzuholzende Theil des Waldes dem für denselben bestimmten (ob 60, 80 oder 100 jährigen) Abtrieb entspricht und diesen niemals überschreitet Da nun theils durch die Höhe des Preises, theils durch die Stärke des Holzes die jedesmaligen Abtriebe nicht gleichen Ertrag liefern, welcher für den Waldbesitzer nothwendig ist, so ist es Sache der finanziellen Seite der Waldwirthschaft, die jährlichen Erträge möglichst aus⸗ zugleichen. Die finanzielle Waldwirthschaft hat den Zweck, die un⸗ gleichen Einnahmen in möglichst gleichmäßig fließende Renten zu ver⸗ wandeln. Um das zu erreichen, stehen nach Ansicht des Verfassers zwei Hülfsmittel zu Gebote. Das erste liegt darin, daß nicht die Jahreseinnahme als fällig erklärt wird, sondern daß eine Rente be⸗ rechnet wird, nach Maßgabe der normalen Flächennutzung und dem Durchschnitt der für die Flächeneinheit in den letzten Jahren erzielten Einnahmen. Diese Rechnung nach dem Durchschnitt ist an und für sich bereits im Stande, sehr viel auszugleichen. Das zweite Mittel besteht in der Bildung eines Reservefonds, der in guten Jahren die Ueber⸗ schüsse aufnimmt, in schlechten die Ausfälle deckt, und die Garantie für den möglichst gleichmäßigen Bezug der Rente giebt. Die Trennung der techni⸗ schen und Geldwirthschaft läßt nach Ansicht des Verfassers durch die Ver⸗ wendbarkeit des reinen Flächenfachwerks die einfachste Betriebseinrich⸗ tung zu, und gewährt damit für die hier in Betracht kommenden Waldungen, den Privat⸗ und Kommunalwaldungen, ganz wesentliche Vortheile. Auf Staatswaldungen ist, wie der Verfasser ausführt, dies System nicht anzuwenden. Der Grund dafür liegt darin, daß die Staatswaldungen eingereiht sind einem Haushalte, dem zur Ausgleichung der Schwankungen in den Einnahmen sehr viele Hülfsmittel zu Gebote stehen, namentlich ein fester Kredit. Außerdem bilden die Einnahmen der Forsten viel⸗ fach nur einen geringen Theil von der gesammten Einnahme, so daß in der Staatswirthschaft auf das Gleichmäßige der Rente weniger Bedacht genommen werden kann, als das bei den Kommunal⸗ und Privatwaldungen der Fall ist. Das vorgeschlagene System ist an⸗ wendbar für alle diejenigen Betriebsarten, die den flächenweisen Kahl⸗ abtrieb (d. h. die Abholzung des ganzen Schlages, ohne Samenbäume stehen zu lassen), auf ihr Programm setzen.
Gewerbe und Handel. „Dortmund, 1. Oktober. (Elbfld. Ztg.) Die Lage des Eisengeschäfts ist noch immer wenig befriedigend, da der Ge⸗ schäftsgang andauernd wenig belebt ist. Im Roheisengeschäft werden meist kurze Kontrakte geschlossen, doch haben die Preise auf⸗ recht erhalten werden können. Der Verkehr in Puddeleisen wird un⸗ günstig durch die Flaue des Walzdrahtgeschäfts beeinflußt. Bessemer⸗ und Gießereieisen bleibt abhängig vom englischen Roheisenmarkt und haben die letzten Notirungen zu behaupten vermocht, weil die ent⸗ sprechenden englischen Produkte ziemlich unverändert im Preise ge⸗ blieben sind. Für Spiegeleisen ist wieder mehr Exportnachfrage zu konstatiren. Im Stabeisengeschäft ist zwar im All⸗ gemeinen etwas mehr zu thun, namentlich sind die großen leistungsfähigen Werke darin meist gut besetzt, aber die kleineren Etablissements klagen noch immer über Mangel an Aufträgen. Die Preise haben sich indessen gehalten. In Kesselblechen hat sich die Nachfrage noch nicht wieder gehoben, während Feinbleche fortdauernd gut gefragt sind. In der Stahl⸗ industrie ist eine nicht zu verkennende Besserung eingetreten. Im Kohlengeschäft ist ein flotter Absatz zu verzeichnen, insbesondere in Gas⸗ und Hausbrandkohlen, deren Preise daher auch eine kleine Erhöhung erfahren haben. In Kokes und Kokeskohlen hat sich der Verkehr etwas gebessert, doch bleiben die Preise wegen des starken Angebots gedrückt und schwankend. Die Kokesvorräthe nehmen ab. London, 4. Oktober. (W. T. B.) Die gestrige Woll⸗ auktion schloß fest, australische Wollen während der letzten 14 Tage theilweise etwas höher. Kapwollen unverändert. — Die Firma Suse & Sileth, welche in erster Linie mit den beiden Indien, aber auch mit dem Kontinent lebhafte Handelsbeziehungen unterhielt, hat ihre Zahlungen eingestellt. Die Höhe der Passiva wird auf eine Viertel Million Pfd. Sterl. geschätzt. Bradford, 4. Oktober. (W. T. B.) Wolle wollene Garne und Stoffe bessere Nachfrage. 8
Verkehrs⸗Anstalten. “
Bremen, 5. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Elbe“ ist gestern Abend 11 Uhr in Southampton eingetroffen.
Hamburg, 4. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Suevia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist heute Nachmittag 2 Uhr in New⸗York und der Postdampfer „Rhätia“ derselben Gesellschaft heute Abend auf der Elbe eingetroffen.
Triest, 4. Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Urano“ ist aus Konstantinopel hier angekommen.
stramm, für
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Berlin, 5. Oktober 1883.
Ihre Majestät die Kaiserin hat dem Centralcomités der Deutschen Vercine vom Rothen Kreuz anläßlich der Beglückwünschungs⸗ Adresse nachstehendes Allerhöchstes Handschreiben zugehen lassen:
Wie stets hat Mir der Glückwunsch des Centralcomité die Hohe Befriedigung gewährt, welche Ich in jeder Berührung mit demselben zu finden gewohnt bin. Ich kann Meinen aufrichtigen Dank für die Mir ausgesprochenen Wünsche nur mit der Versicherung verbinden, daß Meine Theilnahme für Ihre Aufgabe mit der Wahr⸗ nehmung zunimmt, wie die Ihnen anvertrauten Interessen steter Für⸗ sorge auch im Frieden dringend bedürfen, um die deutschen Vereine vom Rothen Kreuz auf die Höhe der an sie zu richtenden Anforde⸗ rungen gestellt zu sehen. ö“ 4
Baden⸗Baden, den 2. Oktober 18888. Augusta. An das Centralcomité der Deutschen Vereine vom Rothen Kreuz. Berlin.
Cöln, 5. Oktober, 12 Uhr 15 Minuten Vormittags. Tel.) Die englische Post vom 4. Oktober früh, plan⸗ mäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Minuten Abends, ist aus⸗ geblieben. Grund: Verfehlter Schiffsanschluß in Ostende wegen ungünstiger Witterung im Kanal.
Verviers, 5. Oktober, 10 Uhr Vormittags. (Tel.) Die
eßbrauch, also nur ein Anrecht auf die Fruͤchte des im Wald be⸗
englische Post vom 4. Oktober Abends, planmäßig in Verviers
Wegen Unwetters ist das Schiff erst 3 Uhr Vormittags von Dover abgefahren.
(NA. Woldts w. Corr.) Der bekannte Afrikareisende, Lieutenant Wißmann, rüstet sich schon wieder zu einer neuen Expedition nach Central⸗Afrika, speziell in das Kongogebiet, wo bekanntlich noch sein Freund und ehemaliger Exrpeditions⸗Chef Dr. Pogge in der Haupt⸗ stadt des Mukenge auf der von ihm gegründeten wissenschaftlichen Station weilt. Wie es scheint, hat das mit fast fieberhafter Eile geschehende Vordringen anderer Nationen in das Kongobecken einer Anzahl von hochgestellten und wohlhabenden Männern die Ver⸗ anlassung gegeben, den kühnen und auf seiner ersten Reise so sehr vom Glück begünstigten jugendlichen Forscher mit den nöthigen Geldmitteln auszurüsten, damit er diese neue Reise in Gesell⸗ schaft mehrerer Begleiter ausführen kann. Das nächste Ziel ist wiederum die Residenz des Mukenge; diesmal aber soll der immer⸗ hin unbequem und wegen der Feindseligkeit der zu passirenden Völker⸗ schaften des Innern schwierige Weg von San Paulo de Loanda an der Westküste Afrikas durch die portugiesische Provinz Angola über Malange und Kimbundu und an der Westseite des Lundareiches hinauf nach Norden vermieden und eine nördlichere, noch unbe⸗ tretene Route, die sich von der Mündung des Kongostromes genau nach Osten bis zur Residenz des Mukenge erstreckt, einge⸗ schlagen werden. Von hier aus gedenkt Lieutenant Wißmann die Erforschung jenes ungeheueren halbkreisförmigen weißen Fleckes der Karte vorzunehmen, welches durch den weit nach Norden sich hinauf⸗ spannenden Bogen des Kongo eingeschlossen ist. Er wird sich zu diesem Zweck von der deutschen Station in Mukenge, von der ver⸗ muthlich Dr. Pogge alsdann in die Heimath zurückkehrt, falls er dies nicht schon früher thut, nach dem nahe gelegenen Lulua⸗Flusse be⸗ geben, diesen stromabwärts bis um Kassai verfolgen und alsdann den Kassai hinab bis zu dessen Mündung in den Kongo reisen.
Die Polytechnische Gesellschaft hat nach Schluß der Ferien ihre Thätigkeit wieder aufgenommen und gestern die erste Sitzung abgehalten, in der zugleich der Geschäftsbericht über das abgelaufene Sommersemester erstattet wurde. In der angedeuteten Periode sind 5 Mitglieder verstorben, unter ihnen der Rentie Spatzier, der der Gesellschaft seit der Gründung angehört hatte; 9 Mit glieder traten außerdem aus; 10 wurden neu aufgenommen, so daß sich die Gesammt⸗Mitgliederzahl von 601 auf 597 verringert hat. Bereits in der gestrigen Sitzung lagen jedoch eine größere Anzahl Anmeldungen vor, so daß der Ausfall schon jetzt mehr wie gedeckt ist. Der Kassen⸗ bericht balanzirte in Einnahme und Ausgabe mit 12 456 ℳ An Mitgliedsbeiträgen gingen 6833 ℳ ein; 2000 ℳ wurden der Gesell⸗ schaft aus der Stiftung der Berliner Gewerbeausstellung überwiesen, um im bevorstehenden Winter wieder, wie im Vorjahr, gemeinnützige Vorträge zu veranstalten. Von den Ausgaben wurden 989 ℳ zu be S und Verlag der Verhand⸗ ungen erforderten ℳ ie Gesellschaft verfügt zur Zeit über ei Vermögen von 40 706 ℳ 8 u.“ Liegnitz, 3. Oktober. In dem großen Saale des Offtzier⸗ Kasinos des Königs⸗Grenadier⸗Regiments wurde heute unter den Klängen des Kaiser Wilhelm⸗ und des Sedan⸗Marsches und mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser, ausgebracht von dem General von Schlieffen, das von dem Bildhauer Steiner in Berlin gefertigte Jubiläums⸗Relief enthüllt. Der Commandeur des Regiments, Oberst von Malotki, übernahm das Relief, sprach dem Künstler den Dank des Offizier⸗Corps aus und überreichte dem⸗ selben eine Kopie des berühmten Regimentsbildes von Krüger in kost⸗ bar geschnitztem Rahmen mit Widmung.
Dresden, 5. Oktober. (W. T. B.) Die Versammlung des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätig⸗ keit ist heute hier in Gegenwart des Kreishauptmanns eröffnet worden. Namens der Stadt wurde die Versammlung, welche zahl⸗ reich besucht ist, von dem Ober⸗Bürgermeister bewillkommnet.
„Bern, 4. Oktober. (W. T. B.) Das neue Hotel der Ge⸗ brüder Hauser am Gießbach ist heute Morgen abgebrannt.
In Rudolstadt verstarb am 1. Oktober der Schauspieler und Verfasser mehrerer Lokalpossen August Weirauch, viele Jahre hindurch als Lokalkomiker ein Liebling des Berliner Publikums und eine der Hauptstützen des „Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters“. Eine Reihe seiner Lokalpossen, wie „Die Maschinenbauer von Berlin“, „Die Bummler von Berlin“, „Kieselack und seine Nichte vom Ballet“, besonders aber „Die Mottenburger“ (im Verein mit David Kalisch) u. A. fanden großen Beifall und wurden Kassenstücke. „Im Residenz⸗Theater eröffnete gestern Frl. Kathi Frank ihr Gastspiel mit der Titelrolle in Dumas dreiaktigem Schauspiel „Die Prinzessin von Bagdad“. Es ist dieselbe Rolle, in welcher die Künstlerin vor einigen Jahren eine Reihe von Vorstellun⸗ gen im National⸗Theater absolvirte, und gehört zu dem Besten, was sie zu bieten vermag. In der That bewährte die Künstlerin wieder eine seltene Meisterschaft in der Beherrschung aller menschlichen Empfindungen und Leidenschaften, und die Gesammtwirkung wird noch in hohem Grade durch die imposante Erscheinung der Künstlerin unterstützt. Aber gerade weil Frl. Frank offenbar eine hochbegabte Künstlerin ist, wäre es von Interesse, ihre Meisterschaft in mehr als einer Rolle bewundern zu können. Die nicht gerade sym⸗ pathische Partie des Gatten (Jean de Hun), welchen die schöne Lionette mit vollem Recht selbst einen Schwachkopf nennt, fand in Hrn. Brandt einen gewandten und vornehmen Darsteller. Hr. Haack hatte den vierzigfachen Millionär und äußerst bizarren Fremden (Nourvady) zu gestalten, einen Menschen, wie ihn nur die kühne Phantasie „Dumas in aller ihrer Raffinirtheit erfinden kann. Hr Haack bemühte sich redlich, diese exotische Natur glaubwürdig er⸗ scheinen zu lassen, aber immerhin fehlte ihr das pulsirende Leben, um zu vollkommener Wirkung zu kommen. In ihrer Art ganz ausgezeichnete Leistungen waren die der Herren Pansa (Godler) und Wallner (Trevele); der erstere spielte einen alten Geck, bei welchem zuweilen eine warme Gefühls⸗ aufwallung zum Durchbruch kommt und erzielte seinen Erfolg durch lebenswahre Wiedergabe. Hr. Wallner erweist sich jedes Mal von Neuem als eine Kraft, welche vortrefflich zu individualisiren versteht. Das Haus war sehr gut besetzt und zeichnete den Gast und die übrigen Hauptdarsteller häufig durch lauten Beifall aus.
Concerthaus. In dem morgigen Symphonie⸗Concert bringt Hr. Hof⸗Musikdirektor Bilse die 7. Symphonie (A-dur) von L. van Beethoven zur Aufführung. Ferner stehen auf dem besonders interessanten Programm: zwei Nummern aus der Musik zu dem Ballet „Die Geschöpfe des Prometheus“ von Beethoven, Wotans Abschied und der Feuerzauber aus der „Walküre“ und „Waldweben“ aus „Siegfried“ von Richard Wagner, die tragische Ouvertüre von Brahms u. v. a.
Direktor Ernst Renz beginnt morgen seine diesmalige Saison mit einer Galavorstellung, in welcher er seine neuen Künstler vor⸗ führen wird, und zwar zunächst die erste Schulreiterin vom Cirque d'hiver in Paris, Mlle. Anna Fillis, und Signorita Diomira, welche Letztere in Pirouetten und Salto mortales zu Pferde exzellirt. Diesen stellt sich Mlle. Elvira, eine Groteskreiterin, ebenbürtig zur Seite. Unter dem Herrenpersonal sind es namentlich der von früher her noch bestens accreditirte Parforcereiter Mr. Adolphe Wells, ferner ein neuer „sommersault bare back“⸗Reiter Mr. Hernandez, dann ein „Sattelequilibrist“ ersten Ranges, Mr. Gaston, und der Parforce⸗ reiter Mr. Magni, welche neben den, von dem Direktor Renz selbst geschulten und vorzuführenden edlen Racepferden die Elitenummern des neuen Programms bilden werden.
um 8 Uhr 49 Minuten Vormittags, ist ausgeblieben. Grund:
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