— Nach Mittheilung aus Italien ist von der Artillerie⸗ und Torpedo⸗Direktion des ersten See⸗Departements zu Spezia für den 22. Oktober d. Is. bis 10 Uhr Vormittags eine Submission auf Lieferung von Leder und Fellen im Taxwerth von Lire 35 067,50 ausgeschrieben worden.
Die näheren Bedingungen sind an Ort und Stelle ein⸗ zusehen.
— Die im §. 227 des Strafgesetzbuchs enthaltene Straf⸗ androhung wegen Betheiligung an einer Schlägerei, welche den Tod oder eine schwere Körperverletzung eines Men⸗ schen verursacht hat, gelangt nach einem Urtheil des Reichs⸗
gerichts, III. Strassenats, vom 15. Juni d. J., auch gegen denjenigen Betheiligten zur Anwendung, welcher nachweislich den eingetretenen schweren Erfolg persönlich nicht verursacht, sondern im Gegentheil auf der Seite des Getödteten oder Ver⸗ letzten gestanden hat.
— §. 292 des Strafgesetzbuchs, welcher Denjenigen mit Strafe bedroht, der an Orten, an denen zu jagen er nicht berechtigt ist, die Jagd ausübt, setzt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 26. Juni d. J., einen unberechtigten Eingriff in das Jagdrecht eines Anderen voraus. Ein solcher Eingriff ist aber nicht vorhanden, wenn emand mit Genehmigung des Eigenthümers eines Grund⸗ ücks, auf welchem, wegen der nicht genügenden Ausdehnung, die Ausübung der Jagd zu ruhen hat, daselbst die Jagd aus⸗ übt. Derselbe ist nicht wegen Jagdvergehens zu bestrafen.
— Der K. K. österreichische General⸗Major von Wurmb ist zur Besichtigung der hiesigen Militär⸗Bildungsanstalten hier eingetroffen.
Breslau, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Stadt⸗ verordnetenversammlung berieth gestern die Vorlage des Magistrats wegen Ablösung des städtischen Pa⸗ tronats über die evangelischen Kirchen und beschloß, gemäß dem Antrage des Ausschusses, die Ablösung gegen eine einmalige Abfindung von 1 ½ Millionen Mark.
1 Bayern. München, 7. Oktober. (Allg. Ztg.) Der Abg. Dr. Frankenburger hat das Referat über den Etat der Armee pro 1883/84 bereits vollendet, so daß dieser an einem der nächsten Tage im Finanzausschuß zur Berathung gelangen ann. Es wird hierbei oder bei der Berathung des Etats in der Kammer selbst, dem Vernehmen nach, in Betreff der in Berlin geplanten Errichtung eines Offizier⸗Konsum⸗ vereins für die ganze deutsche Armee der Kriegs⸗Minister darüber interpellirt werden: welche Ansichten er in Betreff dieses Projektes habe, beziehungsweise welche Stellung die bayerische Militärverwaltung zu demselben einzunehmen gedenke. — 8. Oktober. (W. T. B.) Der Kardinal Hohen⸗ lohe, welcher gegenwärtig hier weilt, besuchte den hiesigen italienischen Gesandten Grafen Barbolani und empfing alsbald dessen Gegenbesuch.
Sachsen. Dresden, 8. Oktober. (Dr. J.) Der König hat sich den aus Mürzsteg hier eingegangenen Nach⸗ richten zusolge, gestern nach Eisenerz begeben, woselbst die Kaiserlichen Hofjagden fortgesetzt werden. — Die Rückkehr Sr. Majestät nach Dresden ist für Freitag, den 12. d. Mts., Vormittags, in Aussicht genommen.
Baden. Karlsruhe, 7. Oktober. (Schw. M.) Die gestern veröffentlichte landesherrliche Verordnung über das Eisenbahnwesen betrifft die Reorganisation des Be⸗ zirks⸗ und Lokaldienstes; sie steht aber doch im Zusammenhang nach Oben mit der Verstärkung der technischen Elemente in der General⸗Direktion der Staatseisenbahnen und speziell mit der Uebertragung des Fahrdienstreferats an einen Maschinen⸗ techniker, und nach Unten mit den bereits von den Kontrolbehörden getroffenen Anordnungen für den Fahrdienst, wie namentlich bezüglich der Bremsordnung, der Vermehrung des Bremspersonals, wirksamerer Kontrole der Fahrdienst⸗ instruktionen, sowie direkterer Fühlung zwischen Ober⸗ und Vollzugsbehörden. Eine Decentralisation der Behörden er⸗ schien nach cingehender Berathung nicht geboten. Die neue Verordnung bezweckt gegenüber dem bisheri⸗ gen Zustande eine schärfere Trennung der Funktio⸗ nen der Bezirksbeamten des eigentlichen Betriebsdienstes und der Lokalbeamten; sie geht dabei von der Ansicht aus, daß der bisherige Zustand dem Bahnamtsvorstand, welcher zugleich Bezirksbeamter war, hinsichtlich des Lokaldienstes an Orten mit komplizirterem Betrieb eine doppelte Verantwortlichkeit auferlegt, welcher er nicht immer zu genügen vermag. Die Bahnämter in ihrer bisherigen Gestalt werden des⸗ halb aufgehoben; als Bezirksbeamte fungiren Betriebs⸗ inspektoren; dagegen geht die Besorgung des Bahn⸗ ofsdienstes an Stationsvorsteher mit voller eigener erantwortung über. Die technischen Benennungen für die 3 Vorstände der Zweige des außeren Betriebsdienstes sind: Betriebsinspektor, Bahnbauinspektor und Maschinen⸗ inspektor. Ausdrücklich ist für den Gesammtdienst ein persön⸗ liches Zusammenwirken der 3 Vorstände vorgeschrieben. Die bisherigen Ober⸗Betriebsinspektoren treten in das Kollegium der General⸗Direktion zurück. Die neue Organisation tritt mit dem Jahre 1884 in Kraft.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 8. Oktober. (W. T. B.) Der König und die Königin von Griechenland sind hier eingetroffen und empfingen heute den Besuch des Erz⸗
herzogs Albrecht.
8 Graf Wilhelm von Bismarck hat sich, einer Ein⸗ ladung des Grafen Andrassy zur Jagd folgend, nach Terebes in Ungarn begeben
Agram, 8. Oktober. (W. T. B.) In Folge eines durch ein falsches Telegramm entstandenen Gerüchts über die an⸗ gebliche Abnahme der Wappenschilder fanden Volks⸗ ansammlungen statt, welche indessen keinen aggressiven Charakter hatten. Das Militär räumte die Straße, worauf sich die inzwischen aufgeklärte Volksmenge verlief. — Die theilweise Zurückziehung der Truppen aus Zagorien und von der Banatgrenze ist angeordnet worden.
Frankreich. Paris, 7. Oktober. (Fr. Corr.) Das „Jour⸗ nal officiel“ veröffentlicht heute das vierte Decret über die Neuernennungen im Richterpersonal. Es werden dadurch 185 Richter erster Instanz in den Ruhestand versetzt. Unter den an ihrer Stelle Ernannten befinden sich 118 bisherige Mitglieder der Staatsanwaltschaft. „— 8. Oktober. (W. T. B.) Die zwischen dem Minister⸗ Präsidenten Ferry und dem General Lewal seattgehabten
—
Besprechungen haben wegen der abweichenden Ansichten des Letzteren über die militärischen Resormen zu keiner Ver⸗ ständigung geführt.
In amtlichen Berichten aus Faipbang. vom 26. v. M., heißt es, daß die Schwarzen Flaggen sich nach Laokai zurückzuziehen begännen. Die anamitischen Bevoll⸗ mächtigten waren in Haiphong angekommen und standen im Begriff, sich nach Hanoi zu begeben.
Italien. Mailand, 8. Oktober. (W. T. B.) Se. Majestät der König von Italien kam heute zu Wagen von Monza nach Mailand, um Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin einen Besuch abzustatten und weilte bei Denselben ungefähr eine Stunde.
Rumänien. Bukarest, 8. Oktober. (W. T. B.) Gestern fand in Sinaia in Anwesenheit der Minister, des Metropoliten, der Präsidenten der gesetzgebenden Körper⸗ schaften und der Spitzen der Armee sowie der Behörden die feierliche Einweihung des neuen Königlichen Schlosses statt. Bei dem Dejeuner, welches dem Gottes⸗ dienst und der Einsegnung des Schlosses folgte, brachte der König einen Toast aus auf Rumänien, in welchem er hervorhob, daß er das Schloß am Pelesch errichtet habe als dauerndes Zeichen dafür, daß die Dynastie tiefe Wurzeln im Lande gefaßt habe, und daß das rumänische Volk hierin ein Zeichen seines unbegrenzten Vertrauens in die Zu⸗ kunst des Landes erblicken werde. Der Toast des Königs, welcher sichtlich großen Eindruck machte, wurde enthusiastisch aufgenommen. Am Nachmittage fand der Empfang mehrerer mit dem Orient⸗Expreßzuge angekommener Notabilitäten statt, unter denen sich der belgische Minister der öffentlichen Arbeiten und die Vertreter der großen europäischen Eisenbahnlinten sowie mehrerer Zeitungen befanden.
Serbien. Belgrad, 9. Oktober. (W. T. Z.) Am Donnerstag giebt der König dem neuernannen Ministe⸗ rium ein Diner. Am Freitag wird der Minister des Aus⸗ wärtigen, Bogicevic, nach Wien abreisen, um sein Ab⸗ berufungsschreiben zu überreichen und gleichzeitig die durch die Conférence à quatre beschlossene Konvention zu ratifiziren.
Bulgarien. Sofia, 0. Oktober. (W. T. B.) Die Sobranje nahm mit großer Majorität die Köonvenlionen wegen der an Rußland zu zahlenden Entschädigung und wegen des Eisenbahnanschlusses an. Der Minister des Aeußern, Balabanoff, theilte mit: die Regierung hoffe, nachdem die Türkei die Handelsverträge gekündigt habe, neue Handels⸗ verträge abzuschließen, welche den Interessen Bulgariens ent⸗ sprächen. Der Minister ist der Meinung, die Mächte würden allmählich das Regime der Kapitulationen, welches Bulgarien ererbt habe, modifiziren.
— (W. T. B.) Der, Polit. Corresp.“ wird aus Sofia gemeldet: die Sobranje habe bei Votirung der von der conférence à quatre vereinbarten Konvention konstatirt, daß die von den bulgarischen Delegirten erzielten Erfolge die
ehegten Erwartungen übertroffen hätten. In dem auf christlichen Dokumenten beruhenden Kommissionsbericht werde hervorgehoben, daß die Delegirten die Konvention erst auf .“ Anweisung des Ministers Sobolew unterzeichnet ätten.
Schweden und Norwegen. Christiania, 8. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Reichsgerichts sollte die Anklage gegen den Staatsrath Vogt zur Verhand⸗ lung kommen. Die Verhandlung wurde auf den 1. Dezember verschoben mit der Bestimmung, daß das Verfahren gegen den Staats⸗Minister Kjerulf derselben voraufgehen soll. Der An⸗ kläger wird beantragen, daß die übrigen Anklagesachen eben⸗ falls bis zum 1. Dezember verschoben bleiben sollen.
Amerika. Philadelphia, 8. Oktober. (W. T. B.) Das 200 jährige Jubiläum der Ankunft der ersten deutschen Kolonisten in Amerika ist von der hiesigen deutschen Kolonie mit großen Festlichkeiten begangen worden. Ein großer historischer Festzug, bestehend aus den Vertretern 8* Secen Gewerbevereine, bewegte sich durch die Straßen er Stadt.
Zeitungsstimmen.
Die „Karlsruher Zeitung“ ventilirt die Frage, welche Aussichten die zu erwartende Vorlage in Betreff der Verlängerung des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Be⸗ strebungen der Sozialdemokratie bei der jetzigen Stellung der Parteien in der nächsten Reichstagssession haben werde, und fährt dann fort:
Gewiß mit Recht sagt die „Nationalliberale Correspondenz“: „Wer das Sozialistengesetz 1878, wer es 1880 für nothwendig ge⸗ halten hat, wird es auch 1884 für nothwendig halten müssen, wenn die Gefahren, gegen welche es gerichtet ist, noch fortbestehen und seine Wirksamkeit nicht von unvorhergesehenen schädlichen Folgen gewesen ist. Das letztere wird Niemand behaupten, zum mindesten nicht be⸗ weisen können. Und was das erstere anlangt, so kann es Niemand im Ernst bestreiten. In welcher Weise die deutsche Sozialdemokratie ihr Geschäft fortbetreibt, zeigt ein Blick in ihr anerkanntes Preß⸗ organ, den in Zürich erscheinenden „Sozialdemokrat“. Nach wie vor werden in demselben nicht etwa sozialpolitische Probleme ruhig und jachlich erörtert, sondern ausschließlich in der giftigsten und verlogen⸗ sten Weise die Aufhetzung der untern gegen die obern Volksschichten betrieben. Und wie man diese Waare an den Mann zu bringen sucht, dafür wird uns ein Beleg aus dem Fürstenthum Waldeck mit⸗
etheilt. In diesem ganz überwiegend von landwirthschafttreibender
heeeruas bewohnten Ländchen ist niemals eine sozialdemokratische Stimme abgegeben worden. Nichtsdestoweniger sind einzelne Orte desselben jüngst mit dem „Socialdemokrat“ mittelst in London auf⸗ gegebener Briefe geradezu überschwemmt worden.“ Zugleich aber werden unsere politischen Freunde hoffentlich alle ihre Kraft dafür einsetzen, daß die sozialpolitischen positiven Versöhnungsmaßregeln diesmal ins Leben geführt werden und daß in diesem Sinne zu dem bereits gewonnenen Franteeeaftengfsche jetzt mindestens auch das Unfallversicherungsgesetz zugleich: mit der Verlängerung des Sozialisten⸗ gesetzes endlich zu Stande kommt. — Die „Norddeutsche schreibt:
Schon wiederholt wurde an dieser Stelle auf die Berichte hin⸗ gewiesen, welche das Mitglied des Repräsentantenhauses der Ver⸗ einigten Staaten Mr. Robert P. Porter über die auf seiner Reise zum Studium der wirthschaftlichen Zustände in Europa und jetzt speziell in Deutschland gemachten Beobachtungen in der „New⸗YPork⸗ Tribune“ veröffentlicht. . ..
Es giebt einige Politiker, darunter Mr. John Bright, sagt Mr. Porter in einem dieser Berichte dann fort, welche thatsächlich glauben, England sei das einzige Land, in dem das Loos der arbeitenden
8
Allgemeine Zeitung“
ausrufen:
Klassen während der letzten Generation verbessert worden sei, und doch finde ich bei Prüfung der wirthschaftlicher Fortschritte der schutz⸗ zöllnerischen Staaten Europas, daß es statistisch bewiesen werden könne, daß relativ nahezu alle diese Staaten größere in⸗ dustrielle Fortschritte gemacht haben, seit die britischen Zollabgaben zbgeschafft worden sind, als Großbritannien und Irland es gethan haben. Die früheren zahlreichen Staatsverwaltungen und die häufigen Wechsel in der Territorialzusammensetzung, welche in Deutschland stattgefunden haben, machen es fast unmöglich, einen Vergleich seiner heutigen Zustände und derer früherer Jahre zu ziehen, ein Bild je⸗ doch könne man aus den Angaben Neumann⸗Spallarts über Ein⸗ ü Ausfuhr und Dr. Soetbeers über das Nationaleinkommen ge⸗ winnen.
Mr. Porter geht dann in seinem Berichte sehr ausführlich auf das ihm zugänglich gewordene statistische Material ein, welches die Lohnbewegung in Deutschland seit 1879 illustrirt, und giebt eine Menge von Daten über Steigen der Arbeitsgelegenheit, der absolut verdienten Lohnsummen und der Durchschnittslöhne. ....
Im Weiteren führt der Bericht des Mr. Porter aus, bei jedem Schritte habe er glaubwürdige Daten erhalten für die Besserung der Lage des Arbeiters in Deutschland unter dem neuen Tarif, welche er weit mehr detailliren könnte, falls es der Raum gestattete. Nicht behaupten wolle er etwa, daß der Schutzzoll die einzige Ursache des großen gewerblichen Fortschritts gewesen sei, den Deutschland in den letzten vier Jahren gemacht habe, aber er könne sich schwerlich vorstellen, daß eine gewissenhafte Prüfung dieser in diesem und in früheren Berichten enthaltenen Daten zu einem anderen Ergebnisse zu führen vermöge, als daß der neue deutsche Tarif viel gethan habe, um die deutsche gewerbliche Thätigkeit zu kräftigen, den Nichtbeschäftigten Beschäftigung zu geben, die Löhne steigen zu machen und das Land prosperirender und sich selbsterhal⸗ tender hinzustellen.
Die Einwürfe unserer Freihändler gegen die günstigen Wirkungen des neuen Tarifs sind auch Mr. Porter nicht unbekannt geblieben; er beschäftigt sich daher mit denselben. Wenn man den Freihandels⸗ advokaten die obigen Thatsachen vorhalte, so kämen diese Advokaten und versuchten ihre Meinung dadurch aufrecht zu erhalten, daß sie „Ja! aber die Preise der Lebensbedürfnisse sind in dem⸗ selben Maße gestiegen, wie die Löhne.“
„Ich verneine, daß dies der Fall in Deutschland gewesen ist“, erklärt Mr. Porter, und um den Beweis für diese seine Behauptung zu erbringen, vergleicht er die Preise von Weizen, Roggen und Hafer für 1879 und 1882 in den Hauptplätzen des deutschen Getreidehan⸗ dels: Danzig, Berlin, München, Breslau, Leipzig, Cöln, dann ferner die Preise von Zucker, Kaffee, Reis, Speck, Schinken, endlich die Preise für Baumwollengarn in Augsburg. Crefeld, Mühlhausen und Stuttgart und kommt aus dieser Vergleichung zu folgendem Resultat: »FEine Prüfung der Preise nahezu aller in Deutschland hergestellten Artikel wird zeigen, daß unmittelbar nach der Annahme des neuen Tarifs ein ziemlich allgemeines Anziehen der Preise stattfand, sowohl für Nahrungsmittel als für Manufakturwaaren, im Weiteren aber nahm die einheimische Konkurrenz, stimulirt durch den neuen Tarif, es auf sich, gesundere Verhältnisse herbeizuführen. Deutschland wurde weniger und immer weniger abhängig von anderen Nationen, Tausende Unbeschäftigter wurden zur Thätigkeit einberufen, und mit dem Wachsen der einheimischen Produktion gingen die Preise zurück, bis, wie ich gezeigt habe, ein Vergleich zwischen 1879 und 1882 ergiebt, daß trotz einer unbedeutenden Steigerung der Her⸗ stellungskosten einiger Stapelartikel einer Steigerung besonders in Provisionen, welche durch das freihändlerische England distribuirt werden, dennoch jegliche Industrie in Deutschland sich in einer ge⸗ sunderen Situation befindet und Deutschland offenbar eingetreten ist in eine Periode der Prosperität.“
Der „Cleveland⸗Leader“ erklärt diese Berichte für „werthvoller als ganze Bände voller Lehrsätze“; er sagt:
„Die Se Briefe von Mr. Robert P. Porter an die „New⸗York⸗Tribune“ über die Industrieen Englands und Deutsch⸗ lands haben mehr gethan, um dem amerikanischen Volke eine sichere G der wirthschaftlichen Politik zu geben, als ganze Bände un⸗ nützen Stoffes von geistreichen Theoretikern geschrieben. Mr. Porter arbeitet mit offenen Augen und geht jeglichem Dinge auf den Grund, welches geeignet ist, Licht auf diejenigen Probleme zu werfen, die den Streit zwischen Schutzzöllnern und Freihändlern ausmachen. Er theilt die Thatsachen der Gegenwart ebensowohl mit, wie die ein⸗ hundert Jahre zurückliegenden Zustände, und darin besteht seine Kraft, Ueberzeugung zu bringen in die Meinung der amerikanischen Massen. In dem aus Aachen geschriebenen Briefe Mr. Porters zeigt er, wie unter einem Schutzzolltarif die Wollenindustrie Deutschlands stetig ge⸗ wachsen ist, während dieselbe Industrie im freihändlerischen England stetig zurückging.“
Der „North⸗Wales Record“ (Penn.) nennt „jeden Satz ein un⸗ widerlegbares Argument“; er sagt:
„Jeder Satz der Briefe Mr. Porters ist dafür ein unwiderleg⸗ bares Argument, daß unter jetzigen Umständen das beste System füͤr Amerika Schutzzoll ist. In der That ist dasselbe als das Beste er⸗ wiesen, selbst für eine so alte Nation wie Deutschland, und es begann die Lage ihrer arbeitenden Bevölkerung zu verbessern seit seiner vor vier Jahren erfolgten Annahme. Sollte der Freihandel versuchen, gegen den Schutzzoll den heißen Kampf in den nächsten Jahren wieder aufzunehmen, so werden diese Briefe Mr. Porters, so widerhaarig mit Thatsachen und Schilderungen, einen wichtigen Faktor bilden, 1 zu einer richtigen Entscheidung des amerikanischen Volkes zu gelangen.“
Auch wir können nur immer von Neuem unsere Freihändler zum Studium dieser Briefe ermuntern. Mr. Porter sieht mit den Augen eines Politikers der Vereinigten Staaten, er schreibt im Sinne und im Interesse seines Heimathlandes; aber seine Auffassung, Schil⸗ derung und Vergleichung unserer, englischer und amerikanischer Zu⸗ stände und deren Entwickelung unter den verschiedenen handels⸗ politischen Perioden und Systemen sind nicht nur für Amerika lehr⸗ reich, sondern sie enthalten auch sehr klare Andeutungen darüber, was das Richtige für uns gewesen ist, und was es in Zukunft sein wird.
Statistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 39. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 27,0, in Breslau 29,5, in Königsberg 37,8, in Cöln 26,6, in Frankfurt a. M. 9,1, in Hannorec 23,1, in Cassel 19,9, in Magdeburg 27,2, in Stettin 27,0, in Altona 14,1, in Straßburg 19,6, in Metz 16,9, in München 26,2, in Nürnberg 24,2, in Augsburg 22,9, in Dres⸗ den 24,0, in Leipzig 25,6, in Stuttgart 16,6, in Braunschweig 22,8, in Karlsruhe 16,0, in Hamburg 23,3, in Lübeck —, in Wien 18,5, in Budapest 26,0, in Prag 25,8, in Triest —, in Krakau 27,8, in Basel 16,7, in Brüssel 20,3, in Paris 19,4, in Amsterdam 24,2, in London 16,6, in Glasgow 22,3, in Liverpool 26,1, in Dublin 23,7, in Edinburg 18,7, in Kopenhagen 13,9, in Stockholm 13,2, in Chri⸗ tiania 14,5, in St. “ 22,4, in Warschau 28,3, in
dessa 33,8, in Bukarest 23,9, in Rom 27,0, in Turin 23,8, in Madrid 35,1, in Alexandrien (Egypten) 42,9. — In der Zeit vom 2. bis 8. September: in New⸗York 25,4, in Philadelphia 23,9, in Chicago 20,7, in St. Louis 23,7, in Cincinnati 12,4, in San Franzisko 25,7, in Kalkutta —, in Bombay 34,0, in Madras 42,8.
Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den süddeutschen Beobachtungsstationen und in Konitz westliche und südwestliche, an den andern deutschen Stationen nordwestliche Luftströmungen, welche letztere aber auch bald in Berlin und Cöln mit südöstlichen wechselnd in südwestliche Windrichtungen übergingen und bis an das Ende der Woche vorherrschend blieben; nur in München ging der Wind zu Ende der Woche nach Südost. Die Temperatur der Luft lag in München und Heiligenstadt ein wenig, an den anderen Stationen er⸗ heblicher unter dem vieljährigen Monatsmittel. Niederschläge erfolg⸗ ten häufig und an vielen Stationen, namentlich an den süddeutschen,
auch ergiebig. — Der beim Wochenbeginn mäßig hohe Druck der Luft nahm unter mäßigen Schwankungen in der ersten Wochenbälfte zu, von Mitte der Woche an fiel das Barometer stetig, Anfangs lang⸗ sam, später auffallender. 3
Die Sterblichkeit war in der Berichtswoche in den meisten größeren Städten Europas eine günstige, besonders gering war sie in den süddeutschen Städten (in der niederrheinischen Niederung). Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte zeigt gegen die Vorwoche nur eine unwesentliche Veränderung, 23,6 gegen 23,5 der Vorwoche (pro Mille und Jahr berechnet). Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war die gleiche wie in der Vorwoche. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr be⸗ rechnet 90 Kinder unter 1 Jahr; in Berlin 99, in München 150.
Unter den Todesursachen zeigten von den Infektionskrankheiten Keuchhusten, Ruhr, Kindbettfieber und in außerdeutschen Städten auch Pocken einen Nachlaß, Masern, Scharlach, Diphtherie und Typhus eine Zunahme der Sterbefälle. — Masern führten in Mün⸗ chen, Berlin, Magdeburg, Osnabrück, Liverpool, Rom vielfach Todes⸗ fälle herbei, in Guben hat die Zahl derselben etwas nachgelassen. Das Scharlachfieber hat in Königsberg, Dresden, Gotha, Apolda, Coburg, Berlin, Hamburg, Frankfurt a. M. größere Ausdehnung gewonnen, in Meerane und London wurde die Zahl der Todesfälle etwas kleiner. — Die Sterblichkeit an Diphtherie war in Königs⸗ berg, Stettin, Breslau, Dresden, Berlin, Hamburg, Chemnitz, Leip⸗ zig, Potsdam, Hannover, Aschersleben, Amsterdam, London, St. Petersburg, Paris eine große, wenn auch in Dresden und Berlin die Zahl der Opfer eine etwas kleinere als in der Vorwoche wurde. — Der Keuchhusten wurde in Insterburg, Nürnberg, Weißenfels, Elberfeld, Berlin häufiger, in Hamburg, Barmen, London seltener Todesveranlassung. — Typhöse Fieber riefen in Breslau, Dortmund, Berlin, Prag, Paris, St. Peters⸗ burg, Alexandrien mehr Todesfälle hervor. — An Flecktyphus kamen aus Wien, Amsterdam, Warschau, Bukarest, Malaga, Sa⸗ ragossa, Granada je 1, aus London und Valencia je 2, aus St. Petersburg und Murcia je 3 Todesfälle zur Anzeige. — Ruhr wurde seltener Todesveranlassung, namentlich in Königs⸗ hütte und Berlin. — Darmkatharre der Kinder und Brechdurch⸗ fälle führten in Berlin, Breslau, Königsberg, Danzig, München, Stutt⸗ gart, Eisleben, Görlitz, Hamburg, Aachen, Straßburg, Mannheim, Wien, Pest, Paris, London, St. Petersburg, Warschau u. a. noch viele Todesfälle herbei, wenn auch die Zahl derselben in den meisten Orten abgenommen hat. — Pockensterbefälle kamen aus deutschen Städten nicht zur Mittheilung, Erkrankungen aus dem Regierungs⸗ bezirk Aachen 3 und aus Berlin und Hamburg je 1. In beschränkter Zahl traten Pocken in St. Petersburg, Murcia, Krakau, Brüssel, Saragossa, Warschau, Turin, Lissabon, Paris, Birmingham, Phila⸗ delphia, New⸗Orleans auf. In Malaga und Prag sind sie noch häufig, doch ist besonders in letzterer Stadt eine Abnahme der
Sterbefälle ersichtlich. — Der Cholera erlagen in Alexandrien (16.— 22. September) 10 Personen, in Bombay (15.— 21. August) 96.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Der von der General⸗Verwaltung herausgegebene „Führer durch die Königlichen Museen“ ist soeben in 4. Auflage er⸗ schienen (Verlag der Weidmannschen Buchhandlung hierselbst, Preis 50 ₰). Dieses kleine Handbuch ist bekanntlich dazu bestimmt, dem Besucher, namentlich dem Fremden, welcher zu selbständigen Studien nicht vorbereitet ist oder dazu nicht die erforderliche Muße hat, eine Uebersicht über die in den Königlichen Sammlungen vereinigten Kunstschätze ze. zu bieten und ihm die unentbehrlichsten Erläuterungen sowie Hinweise auf das Sehens⸗ und Beachtenswertheste zu geben. Die neue Auflage ist, den seit Ausgabe der dritten eingetretenen Ver⸗ änderungen entsprechend ergänzt und berichtigt worden; namentlich haben die sehr ansehnlichen neuen Erwerbungen, welche allen Ab⸗ theilungen der Museen zu Gute gekommen sind, die Resultate der kunsthistorischen Forschungen in Bezug auf die Pergamenischen Funde, die Sammlung der Skulpturen und Gipsabgüsse, die Gemälde⸗ galerie ꝛc. gewissenhafte Berücksichtigung gefunden. Was die ethno⸗ graphische Abtheilung betrifft, so giebt der Führer nur die bisherige Uebersicht über die Sammlung der nordischen Alterthümer, während die ethnologische Sammlung im engeren Sinne, laut Mittheilung am Schlusse jener Uebersicht, wegen der zunehmenden Raumüberfüllung und wegen der Vorbereitungsarbeiten für den Umzug in den Neubau des Ethnographischen Museums (in der Königgrätzer Straße) dem Besuch hat gänzlich geschlossen werden müssen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Vom Rhein wird den „Hamb. Nachr.“ unter dem 3. Oktober geschrieben: Die letzte Etappe vor der Ernte des Winzers ist erreicht, der Bratmonat September vorüber, ebenso das Herbstäquinoctium; die Wälder färben sich bunt. Die großen Hoffnungen auf einen guten Herbst sind getheilt; während es aus der einen Gegend heißt, wir bekommen keinen Ausstich, weil uns der Juli im Stich gelassen hat, so lauten aus anderen Gegenden die Berichte so günstig wie noch nie. Wir wollen heute nur das Wesentliche aus den uns vorliegenden sachverständigen Mittheilungen erwähnen. In dem oberen Rheingau sind die Beeren vollkommen reif und schon tritt hier und da die Edel⸗ fäule auf, so daß die Auslese in den Weingärten in den nächsten Tagen bevorsteht. Die Weinlese der Frühburgunder hat bereits begonnen. Dieselben versprechen in diesem Jahre einen besonders guten Stoff zu liefern. Hauptsächlich zeichnen sie sich durch ihren feinen Geschmack aus. Die Berichte von der Haardt und von der Mosel lauten ebenfalls günstig. Auch der Regen der letzten Tage hat bis jetzt nicht geschadet. Die Trauben haben in den letzten 14 Tagen sichtbar gute Fortschritte gemacht, in besseren und Mittellagen sind sie vollständig, in geringeren größten⸗ theils im Weine. Allerdings wäre nun noch etwas Sonnenschein erwünscht. Auch in der Bergstraße ist die Weinlese im Gange. Der reue Wein wiegt 90 Grad, und man glaubt allgemein, daß Qualität und Quantität sehr befriedigend ausfallen werden. 83er Most ist bereits dorten zu einem sehr billigen Preise in Zapf genommen, und der „Neue“ wird ob seiner Güte sehr gelobt.
Gewerbe und Handel.
Die ordentliche Generalversammlung der Chemnitzer Werkzeugmaschinen⸗Fabrik, vormals Joh. Zimmermann, ertheilte der Direktion einstimmig Decharge und genehmigte die Vor⸗ schläge derselben, wonach von dem erzielten Rohgewinn 50% Dividende an die Aktionäre zur Vertheilung gelangen, 230 591 ℳ 5 ₰ für normale Abschreibungen, statutarische Dotirung des Reservefonds, Tantièmen und Gratifikationen, sowie außerdem 20 000 ℳ als außerordentliche Abschreibungen auf Handwerkzeuge und Treibriemen, . ℳ zur Bildung eines Erneuerungsfonds für Zeichnungen und Modelle und 42 673 ℳ als außerordentliche Dotation des Reserve⸗ fonds verwendet werden sollen. Der hiernach noch verbleibende Rest soll mit 37 450 ℳ auf neue Rechnung vorgetragen werden.
Nürnberg, 6. Oktober. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Gestern und heute fand am Hopfenmarkt recht lebhaftes Geschaft statt; der Umsatz betrug an jedem der beiden Tage
Ballen. Für alle Sorten lag gute Frage vor; die Preise be⸗ haupteten sich, da auch die Zufuhr nur eine mäßige war, sehr fest. arkthopfen avancirten sogar um einige Mark. Es erzielten: Württemberger prima 165 — 170 ℳ, mittel 140 bis 150 ℳ, Haller⸗ tauer prima 165 — 170 ℳ, mittel 140 — 150 ℳ, Polen, prima 170 ℳ, Elsässer prima 135 — 140 ℳ, mittel 125 — 132 ℳ, Badischer prima 150 — 155 ℳ, mittel 130 bis 140 ℳ, Gebirgshopfen 145 bis 150 ℳ, Marktwaare 130 — 145 ℳ — 1n
Glasgow, 8. Oktober. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 12 100 gegen 12 500 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
Bradford, 8. Oktober. (W. T. B.) Wolle, fest, nur Konsumbedarf, Garne fest gehalten, mäßiges Geschäft, in Stoffen mehr Geschäft.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 9. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Main“ ist heute 2 Uhr Nachts in Southampton eingetroffen. E. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Hammonia“’ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist heute Vormittag 11 Uhr in New⸗York eingetroffen. London, 8. Oktober. (W. T. B.) Nach Nachrichten aus St. Johns in Neufundland, von heute, ist der Dampfer der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) „Canada“, auf seiner Route von London nach New⸗York in dienstunfähigem Zustande nach St. Johns bugsirt worden. 1 Paris, 8. Oktober. (W. T. B.) Der Expreßzug von hier nach Bern ist heute früh bei Pontarlier entgleist; vier von den Passagieren haben Verletzungen davon getragen. 8 New⸗York, 8. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer „Spain“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
Berlin, 9. Oktober 1883.
Die Gesellschaft für Erdkunde hielt am Sonnabend im Architektenhause ihre erste Sitzung nach den Sommerferien ab. Der Vorsitzende, Contre⸗Admiral Freiherr von Schleinitz bewillkommnete die Anwesenden und gedachte alsdann vor Allem der Verluste, welche die Gesellschaft durch den Tod mehrerer Mitglieder erlitten hat. U. A. starb das Ehrenmitglied Hr. v. Wüllerstorf⸗Urbarr, der bekannte Kommodore der „Novara“. Hieran knüpfte der Vorsitzende eine kurze Erwähnung der wichtigeren geographischen Vorkommnisse in den Sommermonaten und erwähnte insbesondere die beiden deutschen Afrikareisenden Dr. Stecker und Flegel, von welchem Letzteren er hoffte, ihn in der nächsten Sitzung begrüßen zu können. Den ersten Vortrag hielt als Gast Hr. Dr. C. Höpfner über seine Reise von Mossamedes im südlichen Angola zur neuen Boeren⸗Kolonie von Humpata und durch das Ovamboland ins Damaraland nach der Wallfischbai. Die Reise wurde zu dem ausgesprochenen Zwecke unternommen, vergleichende Studien zwischen- den Andes und den europäischen Alpen anzustellen; und zwar in Bezug auf Architektur, Gebirgscharakter, Vegetation und Beschaffenheit der Eis⸗ und Schneeverhältnisse. Eine exakte Grund⸗ lage erhielt die Arbeit durch Verwendung der Präzisionsinstrumente, mit welchen Ortsbestimmungen, Höhenmessungen und magnetische Beobachtungen ausgeführt wurden. Ferner wurden vom Reisenden eine große Anzahl photographischer Aufnahmen hergestellt und gestern der Gesellschaft vorgelegt. Dr. Güßfeldt hatte sich der hervorragenden Unterstützung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Carl und der besten Empfehlungen Seitens des Auswärtigen Amtes zu erfreuen. Die erste Expedition bewegte sich in dem starkverzweigten Quellengebiete des Rio Cachapual. In dem Cypressenthale gelang es dem Reisenden ein bis dahin voll⸗ ständig unbekanntes Firnengebiet zu entdecken und die Existenz eines Gletschers festzustellen, der wohl einzig in seiner Art in den chilenischen Kordilleren dasteht und dem der Reisende den Namen Ada⸗Gletscher gab. Dann begab sich der Reisende in das Thal de la Leüa; er überschritt von hier aus die Kordilleren mit einer Karawane von vier Mann und siebenzehn Thieren und stieg nach Argentinien herunter bis zu den Pampas, das ganze Quellgebiet des Rio Diamante durchmessend. Nach Erreichung der Pampas wandte sich der Reisende auf einem nördlicher gelegenen Wege der Kordilleren zu und überschritt dieselben von Neuem auf der Hochebene, aus welcher der Vulkan Maipo aufragt. Diesen Vulkan, in der Höhe von 5400 m, erstieg Dr. Güßfeldt; seine beiden chilenischen Begleiter konnten der Anstrengungen nicht Herr werden und blieben auf dem Wege liegen. Der Sturm war auf dieser be⸗ deutenden Höhe so furchtbar, Dr. Güßfeldt sich nicht aufrecht erhalten konnte, sondern liegend seine Messungen vornehmen mußte; er bestimmte die Temperatur des siedenden Wassers auf 82 Grad. Nachdem noch weitere Vermessungen und Aufnahmen erfolgt waren, ritt er durch das größte Querthal, des centralen Chile, das des Maipoflusses und schloß die Expedition in den Bädern von Cauquenas ab. Auf 89 dieser Erforschungsreise zeichnete die König⸗ liche Akademie der issenschaften den Reisenden dadurch aus, daß sie ihm zur Fortsetzung seiner Studien in den Anden die fälligen Zinsen der E“ in der Höhe von 6000 ℳ verlieh. An diese erste Reise schloß sich die Expedition zur Erforschung der Gruppe des Aconcagua, des höchsten Berges Amerikas. Der Rei⸗ sende giebt die annähernde Höhe auf 6800 m an. Er begab sich nach Ueberschreitung der Wasserscheide zwischen den beiden Weltmeeren in das Valle hermoso in Argentinien, und es gelang ihm, von dort aus einen Weg nach dem Berge ausfindig zu machen. Nach Besteigung der steilen Felsenbette am Ursprung des Valle hermoso gelangte er auf einen 4840 m hochgelegenen Felssattel, auf welchem die eigent⸗ liche Pyramide des Aconcagua sich aufbaut. Er überschritt ein breites Schneefeld und schickte sich bei Vollmond Abends 8 ½ Uhr zur ersten Besteigung des Bergkolosses an. Der eine der beiden Be⸗ gleiter blieb liegen, weil ihm beide Beine erfroren waren. Nachts zwischen 1 und 2 Uhr wurde die eigentliche Pyramide betreten; die Besteigung bot verhältnißmäßig wenig Schwierigkeiten dar. Der Reisende war überrascht von der Schneelosigkeit der Nord⸗ westfläche. Er kletterte mit dem einzig übrig gebliebenen Gefährten bis 1 ½ Nachmittags, wo er, genau gemessen, die Höhe von 21 000 englischen Fuß (6400 m) erreicht hatte, als sich plötzlich ein Schnee⸗ sturm erhob, der sich in jenen Wochen täglich um dieselbe Stunde in den Anden einstellte. Dr. Güßfeldt konnte die Steine der Spitze deutlich unterscheiden, war aber — gewiß zu seinem lebhaftesten Be⸗ dauern — gezwungen, sich vor dem Schneesturme in größter Eile zu retten und die Tiefe so bald als möglich zu erreichen. Anhal⸗ tendes Schneewetter vertrieb die Expedition aus ihrem Standquartiere, die Thiere verhungerten fast, und der Reisende flüchtete sich, kehrte aber bald wieder zurück und nahm noch die ersten genauen Messungen und Photographien auf, bevor er einen zweiten Besteigungsversuch machte. Bei diesem kampirte Dr. Güßfeldt die Nacht in einer Höhe von 5300 m, war aber wiederum gezwungen, nachdem er eine Höhe von 6100 m erreicht hatte, für dieses Mal umzukehren. Dr. Güßfeldt kehrte nach Chile zurück, machte einen Ausflug nach dem Upsalatta⸗ passe, begab sich dann nach Bolivien, ging von dort nach La Paz und nach dem 6410 m hohen Ällimani und kehrte über den Titicaca⸗See nach der Küste zurück. Die Rückreise nach Europa geschah über Panama und Nemw⸗York.
Im Berliner Architektenhause wird auch in diesem Jahre in den Tagen vom 8. bis 23. Dezember die seit einer Reihe von Jahren regelmäßig veranstaltete kunstgewerbliche Weihnachtsmesse stattfinden. Zur Betheiligung ladet der Vorstand der Bau⸗ und Kunstgewerbe⸗Ausstellung alle Verfertiger kunstgewerblicher Gegen⸗ stände in Berlin und der nächsten Umgegend ein. Bedingung der Zulassung, die nur nach Maßgabe des verfuͤgbaren Raumes erfolgen kann, ist es, daß die Arbeiten von dem Perfertiger selbst angemeldet werden und sich durch künstlerisch und technisch gute Ausführung auszeichnen. Die Anmeldungen, zu denen
ormulare im Bureau der Bau⸗ und Kunstgewerbe⸗Aus⸗ sfelnee⸗ zu beziehen sind, haben daselbst spätestens bis zum 1. No⸗ vember zu erfolgen, worauf die angemeldeten Gegenstände einer vor⸗ gängigen Prüfung durch den Vorstand unterworfen werden. In Ver⸗ bindung mit der Weihnachtsmesse wird wiederum eine Verloosung kunstgewerblicher Gegenstände veranstaltet werden, zu welcher dem Architektenverein vom Königlichen Ober ⸗Präsidium der Provinz Brandenburg nunmehr zum dritten Male die Geneh⸗ migung ertheilt worden ist. Zur Ausgabe gelangen 100 000 Loose zu 1 ℳ, auf welche 1273 Gewinne im Werthe von 60 000 ℳ
entfallen werden. Den ersten Hauptgewinn wird diesmal ein Schmuck⸗ und Speisegeräth für eine Tafel von 24 Personen im Werthe von 10 000 ℳ, den zweiten ein Mobiliar für ein Speise⸗ zimmer im Werthe von 3000 ℳ bilden. Die übrigen Gewinne variiren im Werthe von 1000 bis herab zu 15 ℳ, und diejenigen von 500 bis 15 ℳ sollen thunlichst bei den Ausstellern der Weih⸗ nachtsmesse gekauft werden. Während der Dauer der letzteren werden die Gewinne im Architektenhause zu einer Gesammtausstellung ver⸗ einigt werden.
Die Generalversammlung der preußischen Haupt⸗ Bibelgesellschaft findet am Mittwoch, den 17. Oktobe d. J., Vormittags 11 Uhr, im Evangelischen Vereinshause, Oranien⸗ straße 106, statt. Nach §. 13 der Statuten der Gesellschaft vom 20. Oktober 1875 hat die Direktion in dieser Versammlung übe ihre Thätigkeit Bericht zu erstatten und von ihrer Verwaltung Rechenschaft zu geben, und wird über die Mittel und Wege, welche zur Förderung der Thätigkeit der Bibelgesellschaften in der Verbreitung des göttlichen Worts dienen können, berathen werden. An demselben Tage wird in der Dreifaltigkeits⸗Kirche, Abends 6 Uhr, das Jahres⸗ fest der Gesellschaft mit gottesdienstlicher Feier stattfinden.
Am 7. d. M. ist bei einem Pferde des Fleischermeisters Schwiede hierselbst, Mariannenstraße Nr. 45, der Ausbruch der Rotzkr heit festgestellt worden.
Königliches Opernhaus. Die „Walküre“ von Richar Wagner soll, nach den bis jetzt getroffenen Dispositionen, Ende Janua oder Anfang Februar n. J. in Szene gehen. — Im Monat Dezember wird, wie man dem „Berl. Fremdenbl.“ mittheilt, Frau Paulin Lucca ein Gastspiel eröffnen. 8
— Die Repertoirestörung, welche das „Deutsche Theater am Sonnabend durch die Erkrankung des Frl. Haverland erlitt, hat die Direktion veranlaßt, in Betreff des Billetverkaufs den berech⸗ tigten Wünschen des Publikums entgegenzukommen. Es soll nämlich vorläufig, so lange das Repertoire noch ein beschränktes is und bei nothwendiger Abänderung einer Vorstellung nicht ein anderes seltener gegebenes Stück dafür angesetzt werden kann, von der Be⸗ stimmung, wonach das Geld für die vorher gekauften Billets nicht zurückgezahlt wird, Abstand genommen werden. Es wird also i einem solchen Falle dem Publikum freistehen, die abgeändert Vorstellung zu besuchen oder die vorher gelösten Billets a der Kasse zurückzugeben. Thatsächlich ist auch schon am Sonnabend wo „Minna von Barnhelm“ statt „Iphigenie“ eintreten mußte, Den jenigen, die es wünschten, das Geld zurückgezahlt worden. Frl. Haver⸗ land hat sich übrigens bereits gesund gemeldet und wird heute wieder in „Kabale und Liebe“ die „Lady Milford“ spielen. Zugleich wird, um vielfachen Wünschen des Publikums zu entsprechen, das Lustspiel „Krisen“ nicht dreimal, sondern nur zweimal hinter einander gegeben werden. Am Freitag findet eine Wiederholung von „Iphigenie“ statt, und erst am Sonnabend wird das Lustspiel „Krisen“, welche bekanntlich morgen zum ersten Mal in Seene geht, wieder aufge nommen.
— Belle⸗Alliance⸗Theater. Auch am Sonntag Abend war das geräumige Haus bei der 15. Aufführung der übermüthigen Posse „Die Rosa Dominos“ bis auf den letzten Platz ausverkauft, so da dieselbe wohl noch längere Zeit auf dem Repertoire bleiben dürfte Die Darsteller, bekanntlich sämmtlich Gäste des Wallner⸗Theater 1e Hrn. Direktor Lebrun an der Spitze, erhielten wieder reichste Beifall.
In den diesjährigen Abonnements⸗Concerten der Sing Akademie werden zur Aufführung gelangen: 1) „Josua“ von Händel, 2) die Messe in B⸗moll von Alb. Becker: der Königspsalm vo M. Blumner, 3) „Die Jahreszeiten“ von Haydn. Abonnements zu 9 ℳ (Balkon 5 ℳ) sind bei dem Hauswart zu haben. Den vorjäh rigen Abonnenten werden ihre Plätze bis zum 9. Oktober, Abend 6 Uhr, reservirt. Den zuhörenden Mitgliedern (Jahresbeitrag 20 ℳ steht zu diesen Concerten und deren Proben der Eintritt frei.
Im großen Saale des Architektenhauses (Wilhelmstr. 92/93) veranstaltet der Pianist Hr. Carolus Agghäͤzy am nächste Sonntag, den 14. d. M., eine Matinee, in welcher u. a. die drei stimmige Fuge in A-moll von Bach, die Sonate op. 81 (Les Adieuxz L'Absence, Le retour) von Beethoven, sowie kleinere Nummern von Chopin, Schumann, Liszt (u. a. einer der drei Mephisto⸗Walzer sowie eine Impromptu und ein Nocturne vom Concertgeber zum Vortrage kommen werden. 8
Das Berliner Aquarium beherbigt gegenwärtig eine hoch interessante Thiersammlung, wie sie bisher noch von keinem zoologi⸗ schen Institut zur Schaustellung gebracht worden ist. Diese Sammlung besteht aus den Repräsentanten sämmtlicher 4 Arten der sogenannten anthropomorphen Affen, dem Gorilla, Chimpansen, Orang⸗Utang und Gibbon. Während die ersten beiden und der letzte schon seit geraumer Zeit sich hier befinden und außerordentlich munter sind, langte der dritte, der Orang, in diesen Tagen aus Triest über Wien an. Das etwa mittel⸗ große Thier ist so lebhaft und gutmüthig, wie man es selten zu sehen gewohnt ist.
Bäder⸗Statistik.
Baden⸗Baden bis zum 28. September (Fremde) . 46 414
V cböböö------
Driburg (Westf.) in diesem Jahre (Kurgäste) . . . . . 882
˙˙1781 Elster bis zum 22. September (nebst 298 Durchreisenden)
(Nrn. 3350) 5 164
9 556
Personen
Ems*) bis zum 29. September (nebst 7884 Durchreisenden)
11111A1A14“““ Griesbach bis zum 30. September (nebst 536 Durchreisenden)—S
aab “ 756 Bad Hamm bis zum 27. September (nebst 45 Durch⸗
reisenden) (ständige fremde Badegäste)... vW“ 114 Kösen bis zum 21. September (717 Nrn.). 1 828 Lippspringe in diesem Jahre (Kurgäste). C9 Meinberg in diesem Jahre (Kurgäste) . . . . . . . 605 Nenndorf in diesem Jahre (Kurgäste) ö 1 348 Norderney bis Ende September . .. 11 119 Oeynhausen in diesem Jahre (Kurgäste). 8 4 572 Pyrmont in diesem Jahre (Kurggfte) v 1““ 035 Rappenau bis zum 2. Oktober (Badegäste u. Durchreisende) 187 Rothenfelde bis Ende September . . . . . . .. . 2 515 Schandau in diesem Jahre (außer 24 018 Nachtfr., Kurgäste) 2 611 Unna⸗Königsborn bis zum 27. Sept. (nebst 1550 Durch⸗
ö111111A4AAA4A“ 1 594 Warnemünde bis zum 19. September (Familien bezw. ein⸗
vböb1.“] Werne bis zum Schluß der Badezeit (Kurgäste) . . . . 461 Wilhelmshöhe am 26. September anwesend . . . . . 58 Wittekind bis zum 31. Augunfttt .. . 653
*) Die Zahl der diesjährigen Kurgäste in Ems vertheilt sich auf die verschiedenen Nationen, wie folgt: Deutsche 6794, Russen 561, Holländer 455, Engländer 402, Franzosen 338, Oesterreicher und Ungarn 195, Schweden und Norweger 194, Belgier 154, Rumänier 72 Dänen 68, Schweizer 49, Italiener 26, Spanier 17, Griechen 16, Portugiesen 1, Türken 1, Amerikaner 179, anderer Nationalität 34. An Kurgästen hatte Ems in diesem Jahre 232 mehr als im vorigen Jahre, an Durchreisenden dagegen 419 weniger, weshalb sich die Gesammtfrequenz von Ems gegen das vorige Jahr auf ein Minus von 187 stellt. Besucht wurde Ems 1883 von 17 440, 1882 von 177 7 020, 1880 von 16 575 Fremden. 1 eeeebeeb’