1883 / 239 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Oct 1883 18:00:01 GMT) scan diff

Für schriftliche Bearbeitung der gestellten Aufgabe ist eine sechs⸗ wöchentliche Frist zu gewähren, welche nur aus sehr erheblichen Gründen (Krankbeit ꝛc.) von dem Vorsitzenden der Prüfungskom⸗ mission um 14 Tage verlängert werden kann.

Die selbständige Anfertigung der Arbeit hat der Kandidat unter derselben zu bezeugen. (§. 12 letzter Satz.)

5. 15.

Ist die Probearbeit rechtzeitig eingegangen, so wird die⸗ selbe von dem Vorsitzenden der rüfungskommission denjenigen Mitgliedern der letzteren, vor welchen die mündliche Prüfung abgelegt werden soll, nebst den mit der Meldung eingereichten Zeichnungen und schriftlichen Arbeiten zur Durchsicht mitgetheilt und war unter Bezeichnung desjenigen Mitgliedes, welches bezüglich

der einzelnen schriftlichen Arbeiten nach dem Abschlusse der münd⸗

lichen Prüfung die Begutachtung zu übernehmen hat. Die mit der Meldung eingereichten Zeichnungen und Arbeiten

können auch schon vorher unter den Mitgliedern zur Cirkulation ge⸗

bracht werden. 1 §. 16. Zur müadlichen Prüfung können mehrere, jedoch nicht über vier Kandidaten geladen werden.

Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf folgende Gegenstände:

A. Wissenschaftliche Kenntnisse und zwar: 1

1) in der Mineralogie und der Geognosie, einschließlich der Petre⸗ faktenkunde;

2) in der allgemeinen anorganischen Chemie und der chemischen Analyse;

3) in der Physik;

4) in der Mathematik, nämlich: 1— a. in der reinen Mathematik bis zur höheren Analvpsis ein⸗ schließlich, mit Anwendung auf Kurvenlehre, Funktionen u. s. w.;

b. in der angewandten Mathematik und zwar der Statik und Mechanik fester, flüssiger und gasförmiger Körper. (Die Prüfung in der Mathematik beschränkt sich nicht auf die allgemeinen Lehrsätze, vielmehr werden auch die Fälle praktischer Anwendung zur Aufgabe gestellt, wobei Fertigkeit im Zahlen⸗ und Buchstabenrechnen, im Ge⸗ brauche der Logarithmentafeln, auch Bekanntschaft mit den Methoden der beschreibenden Geometrie verlangt wird);

. 5) in der Encyclopädie des Rechtes, in den für den Bergbeamten wichtigsten Theilen des Civilrechtes und im Bergrechte;

6) in den Staatswissenschaften, namentlich im Staatsrechte, dem Verwaltungsrechte, der Volkswirthschaftslehre, Handels⸗ und Ge⸗ werbestatistik.

B. Technische Kenntnisse und zwar in der Bergbaukunde, der Salinenkunde, der Hüttenkunde, der Probirkunst, der chemischen Tech⸗ nologie, der Markscheidekunst und der Maschinenlehre.

§. 18. 3 Die Frage, ob die Prüfung überhaupt, und im Be⸗ jahungsfalle, ob dieselbe „ausreichend“, „gut“ oder „mit Aus⸗ zeichnung“ bestanden sei, wird durch Stimmenmehrheit, und zwar nach dem Gesammtergebnisse der schriftlichen und mündlichen Prü⸗ fung entschieden. Bei Stimmengleichheit gilt die Prüfung als nicht bestanden.

§. 19.

Die Prüfungskommission hat nach beendigter Prüfung zu einem aufzunehmenden Protokolle zu vermerken: „die Aufgabe für die Probe⸗ arbeit (§. 14), sowie das Ergebniß der Begutachtung der letzteren und der mit der Meldung eingereichten Zeichnungen und schriftlichen Ausarbeitungen (§. 12), die hauptsächlichsten Gegenstände der münd⸗ lichen Prüfung; das Gesammtergebniß der Prüfung.“

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S. 20. Wer die Prüfung bestanden hat, erhält über dieses Ergebniß ein Zeugniß von dem Vorsitzenden der Prüfungskommission. Unter Vorlegung dieses Zeugnisses hat sich der Geprüfte an das⸗ jenige Ober⸗Bergamt, in dessen Bezirke er seine weitere technische und geschäftliche Ausbildung betreiben will, zu wenden, um von diesem zum „Berg⸗Referendarius“ ernannt und vorschriftsmäßig ver⸗ eidet zu werden.

„Wer die Prüfung mit Auszeichnung bestanden hat, kann von der Prüfungskommission dem Minister der öffentlichen Arbeiten zur Ver⸗ leihung einer Prämie zum Zwecke der Ausführung einer Studienreise empfohlen werden.

21.

§.

Wer die Prüfung nicht bestanden hat, wird von der Prüfungs⸗ kommission auf den nächsten halbjährlichen oder auf den zweitfolgen⸗ den Prüfungstermin verwiesen.

Die Kommission kann nach dem Befunde der schriftlichen und bildlichen Ausarbeitungen des Kandidaten bestimmen, daß die wieder⸗ holte Prüfung entweder ganz auf die mündliche Prüfung zu be⸗ schränken, oder daß von dem Kandidaten nur einzelne der vorge⸗ schriebenen schriftlichen oder bildlichen Arbeiten zum zweiten Male zu liefern sind.

Wier die wiederholte Prüfung nicht besteht, ist von dem Eintritt in den Staatsdienst für das Bergfach ausgeschlossen und wird auf bezügliche Mittheilung der Prüfungskommission von dem Ober⸗ Bergamt, dessen Verwaltungsbezirk derselbe angehört, in der Liste der Bergbaubeflissenen gelöscht.

3) Weitere technische und geschäftliche Ausbildung.

Die weitere Ausbildung der „Berg⸗Referendarien“ zerfällt in die technische und die geschäftliche.

Die technische Ausbildung erstreckt sich auf alle Arbeiten und Ausführungen, welche bei dem Bergwerks⸗, Hütten⸗ und Salinen⸗ betriebe vorkommen, oder damit in Verbindung stehen, sowie auf das praktische Markscheiden.

Die geschäftliche Ausbildung erstreckt sich auf die bei der Ver⸗ waltung von Bergwerken, Hütten und Salinen des Staates, bei den Revierbeamten und Ober⸗Bergämtern vorkommenden Dienstgeschäfte und auf die Kenntniß der verschiedenen Zweige des Bureaudienstes,

des Rechnungswesens und der Buchführung bei diesen Behörden. §. 24.

Auf diesen Vorbereitungsdienst sind im Ganzen drei Jahre zu verwenden, und zwar der Regel nach (cfr. §. 26) mindestens neun Monate bei Verwaltungen von Bergwerken, Hütten oder Salinen des Staates, sechs Monate bei einem Revierbeamten, zwei Monate bei einem konzessionirten Markscheider und neun Monate bei dem Ober⸗Bergamte. 8

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Die Ausbildung beginnt mit einer mindestens sechsmonatlichen Beschäftigung auf Bergwerken, Hütten oder Salinen des Staates. Die geschäftliche Ausbildung, welche in der Regel erst nach Beendigung der technischen anzutreten ist, beginnt mit einer drei⸗ monatlichen Beschäftigung auf Bergwerken, Hütten oder Salinen des Staates und schließt mit dem Vorbereitungsdienste bei dem Ober⸗Bergamte.

Während der technischen Ausbildungszeit hat der Referendar

mindestens zwei schriftliche Arbeiten über wichtige Gegenstände der Technik zu fertigen und dem Ober⸗Bergamte vorzulegen. Statt einer dieser Arbeiten können auch Notizen, welche der Referendar auf Reisen gesammelt hat, eingereicht werden. Ddie Beschäftigung bei dem Revierbeamten und bei dem Mark⸗ scheider ist so einzurichten, daß dem Referendar Gelegenheit gegeben wird, in diesem Abschnitte der Ausbildungszeit seine technischen Kennt⸗ nisse (§. 23 Absatz 2) zu erweitern und zu vertiefen.

Im Uebrigen bleibt es dem Ermessen des Ober⸗Bergamtes über⸗ lassen, unter Berücksichtigung der Wünsche der Referendarien (§. 4), deren Ausbildungsgang zu regeln. 4

Ddie besondere Beaufsichtigung und Leituͤng des Vorbereitungs⸗ dienstes liegt denjenigen Beamten ob, welchen der Berg⸗Referendar von dem Ober⸗Bergamte zur Beschäftigung überwiesen ist. Die⸗ selben haben nach Beendigung der letzteren dem Ober⸗Bergamte ein Zeugniß über das dienstliche und außerdienstliche Verhalten, sowie

über die Leistungen des betreffenden Referendars und die in den⸗ selben hervorgetretenen Mängel zu .

Die 852 während welcher ein Referendar die Stelle eines technischen Berg⸗, Hütten⸗ oder Salinenbeamten versehen hat, ist ihm bis zu sechs Monaten auf die technische Ausbildung anzurechnen; auf die technische Ausbildung auf Staatswerken jedoch nur, sofern er eine derartige Stelle auf Staatswerken versehen hat.

Zur Erlangung solcher Stellen auf Privat⸗ oder Staatswerken ist den Referendarien Seitens der Bergbehörden thunlichst Vorschub zu leisten.

Für die Dauer von sechs Monaten kann die technische Aus⸗ bildung auch anschließend an die vorschriftsmäßig beendigte Lehrzeit (§. 7) bereits vor dem Beginne der akademischen Studien betrieben werden.

§. 27.

Berg⸗Referendarien können, sofern sie nach dem Ermessen des Ober⸗Bergamtes die erforderliche Ausbildung erlangt haben, mit der selbständigen Ausführung einzelner Dienstgeschäfte oder mit der Ver⸗ tretung eines technischen Beamten beauftragt werden.

Die darauf verwendete Zeit ist ihnen auf die geschäftliche Aus⸗ bildung auf Staatswerken oder bei dem Revierbeamten je nach Art des Auftrages anzurechnen. k

Die imrüäfung.

Nach Beendigung der technischen und geschäftlichen Vorbereitung hat der Referendar sich der zweiten Prüfung zu unterwerfen.

Die Ober⸗Bergämter sind ermächtigt, Referendarien zum Zwecke fernerer Vorbereitung auf die zweite Prüfung bis zur Dauer von sechs Monaten zu beurlauben. Gesuche um Verlängerung eines solchen Urlaubs sind dem Minister der öffentlichen Arbeiten zur Ent⸗ scheidung vorzulegen.

Mißbräuchliche Verzögerung des Abschlusses des Vorbereitungs⸗ dienstes kann gemäß §. 84 des Disziplinargesetzes vom 21. Juli 1852 die Entlassung aus dem Dienste nach sich ziehen.

Die zweite Prüfung ist eine schriftliche und mündliche.

Meldung zur zweiten Prüfung. §. 29

Die Meldung zur zweiten Prüfung erfolgt schriftlich bei dem Ober⸗Bergamte unter ausführlicher Angabe des seit dem Eintritt (§. 3) verfolgten Bildungsganges. Beizufügen sind:

1) die Zeugnisse der Königlichen oder Privatbeamten, in deren Geschäftskreisen der Referendar beschäftigt gewesen ist;

2) eine Bescheinigung über die geschehene Ableistung der Militär⸗ pflicht oder die Befreiung von derselben;

3) ein Verzeichniß der im Verlaufe der Ausbildungszeit von dem Referendar gelieferten größeren Arbeiten (Relationen, Berichte, Be⸗ schlüsse in Berechtssams⸗, Bergpolizei⸗ oder Expropriationssachen ꝛc., Reiseberichte ꝛc.);

4) folgende Zeichnungen:

a. die Darstellung eines selbst ausgeführten Nivellements in Zeichnung und Tabellen, oder eine selbstbearbeitete Uebersichtskarte von Lagerstätten eines Bergreviers oder Grubenkomplexes (Flözkarte, Gangkarte oder dergl.);

b. die Zulage eines Grubenzuges mit einer Durchschlagsangabe nebst den zugehörigen Profilen und Observationen mit Beifügung eines Erläuterungsberichtes;

c. eine Situationszeichnung von einer Bergwerks⸗, Hütten⸗ oder Salinenanlage, nach eigener Aufnahme;

d. eine Zeichnung einer größeren Maschine oder anderen Betriebs⸗ vorrichtung eines Berg⸗, Hütten⸗ oder Salzwerkes nach eigener Auf⸗ nahme oder selbständig aufgestelltem Entwurfe. Die Ausführung kann in Linien erfolgen, muß aber alle zur vollständigen bildlichen Darstellung des Gegenstandes erforderlichen Ansichten enthalten;

5) eine geognostische Beschreibung einer Gegend oder eines Mineralvorkommens.

Bezüglich der Versicherung der selbständigen Anfertigung und der Bescheinigung der Richtigkeit dieser Arbeiten kommen die Vorschriften des §. 12 zur Anwendung.

§. 30.

Wenn die Prüfung des Gesuches ergiebt, daß der Refendar den Vorschriften der §§. 23 bis 27 genügt hat, so erstattet das Ober⸗ Bergamt dem Minister der öffentlichen Arbeiten gutachtlichen Bericht über die Zulassung zur zweiten Prüfung.

Dem Berichte sind die Personalakten des Referendars, eine Begutachtung der Arbeiten unter 4) a., b., c. durch einen Ober⸗Bergamts⸗Markscheider, ein spezieller Nachweis der Beschäftigung während der praktischen Lehrzeit und des Vor⸗ bereitungsdienstes, sowie ein Verzeichniß der während des akademischen Studiums gehörten Vorlesungen anzuschließen.

Gleichzeitig sind von dem Ober⸗Bergamte Vorschläge wegen der dem Referendar zur schriftlichen Bearbeitung zu ertheilenden Auf⸗ gaben (§. 33) zu machen.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten entscheidet über die Zu⸗ lassung zu der Prüfung.

Der Referendar kann ohne Weiteres auf sechs Monate zur weiteren Fortsetzung der Vorbereitung zurückgewiesen werden, wenn derselbe nach der gutachtlichen Aeußerung des Ober⸗Bergamtes noch nicht als ausreichend vorgebildet anzusehen ist

Prüfungsbehörde.

Die Prüfung erfolgt vor der „Ober⸗Prüfungskommission für das Bergfach“ in Berlin, deren Mitglieder und Vorsitzender von dem Minister der öffentlichen Arbeiten ernannt werden.

A. Schriftliche Prüfung. 8 „Die schriftliche Prüfung hat drei Arbeiten zum Gegenstande, nämlich:

1) eine Abhandlung über einen staatswissenschaftlichen oder berg⸗ rechtlichen Gegenstand;

2) eine Ausarbeitung über einen technischen Gegenstand der Berg⸗, Hütten⸗ oder Salinenkunde;

33) eine aus Akten zu fertigende Relation über eine Verwaltungs⸗ sache (Berechtsams⸗, Exrpropriations⸗, Bergpolizeisache und dergl.).

Zwei dieser Gegenstände könne in eine Aufgabe zusammengefaßt werden.

§. 34.

Die Aufgaben zu diesen drei Arbeiten werden von dem Minister der öffentlichen Arbeiten gestellt. Für die Anfertigung einer jeden derselben erhält der Referendar eine Frist von zwei Monaten (= sechs Monaten für alle drei der Regel nach gleichzeitig zu ertheilenden Aufgaben). Diese Frist wird nur aus sehr erheblichen Gründen (§. 14) verlängert werden.

Die Einreichung der mit Seitenzahl zu versehenden Arbeiten erfolgt bei dem Minister. Unter jeder derselben hat der Referendar zu bezeugen, daß er sie selbständig angefertigt habe, und die benutzten literarischen Hülfs⸗ mittel anzugeben.

Gehen die schriftlichen Arbeiten nicht rechtzeitig ein, so wird an⸗ genommen, daß der Kandidat von der Prüfung abstehe.

Bei erneuerter Meldung entscheidet der Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten darüber, ob alle im §. 33 bezeichneten Arbeiten oder nur die eine oder andere, beziehungsweise mehrere derselben wieder⸗ holt anzufertigen sind und zwar nach gutachtlicher Anhörung der Prüfungskommission.

„Bei abermaliger Versäumung der zur Einreichung bestimmten Frist erfolgt die Entlassung

Die Probearbeiten cirkuliren mit den bei der Meldung einge⸗ reichten Zeichnungen (§. 29) unter den Mitgliedern der Prüfungs⸗ kommission zur schriftlichen Begutachtung,

ob die Arbeit des Kandidaten probemäßig oder ob sie nicht

8 probemäßig ausgefallen sei.

Das Gutachten muß sich nicht nur über den Nachweis gründlicher Kenntnisse, über die Tiefe der wissenschaftlichen Auffassung, Tüchtig⸗

keit und Schärfe der Beurtheilung, sondern auch darüber auslassen, inwiefern die Arbeit von der Fähigkeit des Verfassers zeuge, im

schriftlichen Vortrage unbeschadet der erforderlichen Gründlichkeit die Gegenstände ohne Weitschweifigkeit und Wiederholungen mit Klarheit und Bestimmtheit grammatisch und logisch richtig in fließendem, ge⸗ fälligem Styl darzustellen.

An Stelle jeder ungenügend befundenen Arbeit hat der Kandidat der Regel nach, bevor er zur mündlichen Prüfung zugelassen wird,

eine andere Arbeit anzufertigen, und zwar über neue Aufgaben,

die ihm nach Maßgabe der §§. 30 flgde. zu ertheilen sind.

CEsz kann hiervon abgesehen werden, wenn nur eine Probearbeit für „nicht probemäßig“ erklärt worden ist.

Sind mehrere Probearbeiten ungenügend befunden, so kann der Referendar zuvörderst behufs besserer Vorbereitung auf die Dauer drei bis neun Monaten an das Ober⸗Bergamt zurückgewiesen werden.

Auch in diesem Falle sind, wenn der Referendar demnächst auf seinen Antrag zur Wiederholung der schriftlichen Prüfung zugelassen ist, nur für die ungenügend befundenen Arbeiten andere Aufgaben zur schriftlichen Bearbeitung zu stellen.

Fällt die schriftliche Prüfung wiederum ungenügend aus (Absatz 5 dieses Paragraphen), so ist deren nochmalige Wiederholung nicht ge stattet und es erfolgt die Entlassung des Referendars.

B. ei . Prüfung.

Die mündliche Prüfung soll nicht sowohl in dem Gebiete der

reinen Wissenschaften sich bewegen, als vielmehr dahin gerichtet sein, zu erforschen, ob und in wieweit der Referendar sich die Fähigkeit angeeignet hat, die Lehren der Wissenschaft in den Zweigen des Dienstes praktisch anzuwenden, ob er die amtlichen Verrichtungen nicht blos empirisch erlernt, sondern in ihrer rationellen Grundlage und Tendenz nach den gesetzlichen Bestimmungen richtig aufgefaßt, sich den inneren Zusammenhang derselben unter sich und mit anderen Dienstzweigen der Staatsverwaltung klar gemacht und dadurch eine gründliche Einsicht in die Zwecke des Staatsdienstes erworben hat.

Nach diesen Gesichtsvunkten hat sich die Prüfung auf folgende Gegenstände zu erstrecken:

A. Allgemeine Verwaltungsangelegenheiten, organische Einrich⸗ tungen der Behörden, Ressortverhältnisse, Dienstkreise der Beamten, Disziplinarvorschriften ꝛc., Etats⸗ und Oekonomiepläne, Kassen⸗ und Rechnungswesen, Abnahme, Revision und Dechargirung der Rechnun⸗ gen, Depositalverwaltung und dergl.

B. Technische Kenntnisse in Beziehung auf diejenigen Arbeiten, Ausführungen und Prozesse, wie solche beim Bergwerks⸗, Hütten⸗ und Salinenbetriebe vorkommen, mit Berücksichtigung ihrer wissenschaft⸗ lichen Grundlagen.

C. In Beziehung auf den Betrieb und die Verwaltung der Berg⸗, Hütten⸗ und Salzwerke des Staates: Allgemeine Verhältnisse in der Einrichtung und Verwaltung solcher Werke; Betriebsleitung, Haushaltsführung zc., Verwerthung der Produkte; Kassen⸗ und Buch⸗ führung auf den Werken und Kontrole durch die betreffenden Behör⸗ den; Vermögens⸗, Ertrags⸗ und Selbstkosten⸗Berechnungen; Zwecke und Ergebnisse solcher Betriebe.

„D. In Beziehung auf rechts⸗ und staatswissenschaftliche Kennt⸗ nisse Staatsrecht, Bergrecht mit besonderer Berücksichtigung der Bergpolizei und des Berechtsamswesens, Gewerbe⸗Ordnung, Arbeiter⸗ verhältnisse, Bergwerksbesteuerung und dergl.

Mit der Prüfung ist ein freier Vortrag aus Akten zu verbinden, welche dem Referendar drei Tage vor dem Prüfungstermine zugestellt

den. 1 §. 38. Zu einem Prüfungstermine können mehrere, jedoch nicht über r Referendarien vorgeladen §. 39.

Die Frage, ob die Prüfung überhaupt bestanden und im Be⸗ jahungsfalle, ob dieselbe „ausreichend“ „gut“ oder „vorzüglich“ bestanden sei, wird durch Stimmenmehrheit und zwar nach dem Gesammtergebnisse der schriftlichen und mündlichen Prüfung ent⸗ schieden.

.40

Die Prüfungskommission hat über das Ergebniß der Prüfung ein Protokoll aufzunehmen und solches dem Minister der öffentlichen Arbeiten mittelst Berichtes zu überreichen, in welchem letzteren das Urtheil über die Probearbeiten des Kandidaten, sowie über die mit der Meldung eingereichten Zeichnungen (§. 29) besonders anzugeben ist. Wer die Prüfung bestanden hat, wird von dem Minister der öffentlichen Arbeiten zum „Berg⸗Assessor“ ernannt.

Referendarien, welche die Prüfung nicht bestanden haben, werden auf mindestens sechs Monate behufs besserer Vorbereitung an ein Ober⸗Bergamt zurückgewiesen.

§. 41.

Es ist eine einmalige Wiederholung der zweiten Prüfung gestattet, deren Erfolglosigkeit den Ausschluß von Staatsdienste im Bergfache bewirkt.

§. 42.

Für den Fall der zu wiederholenden Prüfung kann der Minister der öffentlichen Arbeiten bestimmen, daß nur die mündliche Prüfung zu wiederholen oder nur die eine oder andere der drei schriftlichen Probearbeiten (§. 33) nochmals anzufertigen und daß bei der erneuerten Meldung von der Lieferung der Zeichnungen und geognostischen Arbeit, welche nach §. 29 bei der ersten Meldung ein⸗ zureichen sind, abzusehen ist.

Ifst eine zweite Relation zu liefern, so kann der Referendar sich die Aufgabe zu derselben erbitten, sobald die Hälfte des verlängerten Vorbereitungsdienstes verstrichen ist. 8

Prüfungsgebühren. 1 Die Kandidaten, welche sich zur ersten und zweiten Prüfung Fflden⸗ entrichten für jede dieser Prüfungen eine Gebühr von dreißig ark.

Bei einer Wiederholung einer dieser Prüfungen ist diese Gebühr

nochmals zu zahlen.

Uebergangsbestimmungen. §. 44.

Denjenigen Eleven und Referendarien, seit deren Ernennung be⸗

s zwei Jahre verflossen waren, als die Prüfungsvorschriften vom 21. Dezember 1863 in Kraft traten, verbleibt die ihnen durch die Vorschriften vom 3. März 1856 beigelegte Anwartschaft auf An⸗ stellung. 8

.45.

Hinsichtlich der Bergwerksbeflissenen, geprüften Kandidaten des Bergfaches und Beamten aus den durch die Gesetze vom 20. Septem⸗ ber und 24. Dezember 1866 mit Preußen vereinigten Provinzen ver⸗ bleibt es bei der Feststellung ihrer Verhältnisse, wie solche durch die bei der Einführung der Pruͤfungsvorschriften vom 21. Dezember 1863 ergangenen besonderen usiititet ur erfolgt ist.

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Der Ausbildungsgang derjenigen Referendarien, welche den Vorbereitungsdienst bereits angetreten haben, ist von dem Ober⸗ Bergamte soweit wie möglich nach obigen Bestimmungen zu regeln

Berlin, den 12. September 1883.

(L. S.) Der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach.

Angekommen: Se. Excellenz der Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts, Dr. von Schelling.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 11. Oktober. Se. Majestät der Kaiser und König wohnten, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Baden⸗Baden, am Dienstag Abend mit Ihren König⸗ lichen Hoheiten den Großherzoglichen Herrschaften, Sr. Hoheit dem Prinzen Hermann zu Sachsen⸗Weimar und dem Fürsten von Fürstenberg dem Concert der Fr. Montigny⸗Remaury im Kurhause bei.

Gestern nahmen Se. Majestät Vormittags die regel⸗ mäßigen Vorträge entgegen, machten Nachmittags eine Spazier⸗ fahrt und folgten später einer Einladung der Herzogin von Hamilton zum Diner.

Abends fand eine größere Theegesellschaft bei Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin statt.

Nach einer Bestimmung des Ministers der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten, vom 26. Juli d. J., erlangen die an einzelne Behöorden ꝛc. gerichteten allgemeinen Erlasse durch ihre Veröffentlichung im Centralblatt für die Unter⸗ richts⸗Verwaltung allgemeine Geltung, soweit die that⸗ sächlichen und rechtlichen Voraussetzungen zutreffen.

Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Nachweisung über die im Monat August 1883 auf deutschen Bahnen (aus⸗ schließlich der bayerischen) beförderten Züge und deren Verspätungen wurden auf 44 größeren Bahnen beziehungs⸗ weise Bahnkomplexen mit einer Gesammtbetriebslänge von 30 462,55 km befördert an fahrplanmäßigen Zügen: 13 554 Courier⸗ und Schnellzüge, 108 831 Personenzüge, 58 775 gemischte Züge und 96 246 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen: 5349 Courier⸗, Schnell⸗, Personen⸗ und gemischte Züge und 33 000 Güter⸗, Materialien⸗ und Arbeitszüge. Im Ganzen wurden 744 408 074 Achskilometer bewegt, von denen 229 808 942 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. Es verspäteten von den 181 160 fahchtanmecigen Courier⸗, Schnell⸗, Personen⸗ und gemischten Zügen im Ganzen 2709 oder 1,50 pCt., (gegen 1,48 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, und 1,30 pCt. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 1338 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, so daß den aufgeführten Bahnen nur 1371 Verspätungen (= 0,76 pCt.) zur Last fallen (gegen 0,69 pCt. im Vormonat). In demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf den eigenen Strecken der in Vergleich zu ziehenden Bahnen von 169 088 beförderten fahrplanmäßigen Zügen mit Personen⸗ beförderung 1118, oder 0,66 pCt., mithin 0,10 pCt. weniger. In Folge der Verspätungen wurden 519 Anschlüsse versäumt (gegen 453 in demselben Monat des Vorjahres und 490 im Vor⸗ monat). Wird eine Gruppirung der Verwaltungen nach den auf je eine Anschlußversäumniß entfallenden Zugverspätun⸗ gen vorgenommen, so kommen in erster Reihe die West⸗ holsteinische Eisenbahn (1 Anschluß⸗Versäumniß auf 1. Verspätung mit 1,00, die Eutin⸗Lübecker Eisenbahn (2 An⸗ schluß⸗Versäumnisse auf 2 Verspätungen) mit 1,00 und die Oberhessische Eisenbahn (3 Anschluß⸗Versäumnisse auf 3 Ver⸗ spätungen) mit 1,00, während die Württembergische Staats⸗ eisenbahn (2 Anschluß⸗Versäumnisse auf 59 Verspätungen) mit 29,50, die Hessische Ludwigs⸗Eisenbahn (8 Anschluß⸗Ver⸗ säumnisse auf 260 Verspätungen) mit 32,50, der Bezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Cöln (rechtsrheinische) (1 Anschluß⸗Versäumniß auf 128 Verspätungen) mit 128,00 die letzten Stellen einnehmen und bei 7 Eisenbahn⸗Verwal⸗ tungen 40 Verspätungen ohne Anschluß⸗Versäumnisse und bei 7 Eisenbahn⸗Verwaltungen weder Verspätungen noch Anschluß⸗ Versäumnisse vorgekommen sind.

Der Königliche Gesandte am bayerischen Hofe, Graf von Werthern⸗Beichlingen, ist vom Urlaub nach München zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Königlich sächsische Gesandte und Bevollmäch⸗ tigte zum Bundesrath, Wirkliche Geheime Rath von Nostitz⸗ Wallwitz ist am 8. d. M. hierher zurückgekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen.

Bayern. München, 9. Oktober. (Allg. Ztg.) Die nächste Plenarsitzung der Kammer der Abgeordneten kann wegen Mangels an Berathungsstoff nicht vor Anfang der kommenden Woche stattfinden. Die Vorstandschaft der Fraktion der Rechten hält heute Abend eine Sitzung, die vor⸗ zugsweise einer Besprechung über die Frage der Gehalts⸗ erhöhungen und der Stellung der Fraktion zu derselben ge⸗ widmet werden soll. 1

10. Oktober. (W. T. B.) Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Wilhelm von Preußen ist heute Nachmittag nach Berlin abgereist. Am Bahnhof waren der preußische Gesandte Graf von Werthern, Graf Kalckreuth und der Legations⸗Sekretär Graf zu Eulenburg zur Verab⸗ schiedung anwesend.

Sachsen. Dresden, 11. Oktober. (W. T. B.) Die Königin ist heute Vormittag, aus der Schweiz kommend, in der Villa Strehlen eingetroffen. Dort wird auch der König morgen früh aus Wien zurückerwartet.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 10. Oktober. Wie den „Meckl. Anz.“ aus Bournemouth u. d. 8. Oktober geschrieben wird, sind der Großherzog und die Groß⸗ herzogin mit dem Erbgroßherzog und der Herzogin Alexan⸗ drine am Sonnabend, den 6., daselbst eingetroffen. Ihre Königlichen Hoheiten, welche bekanntlich am Dienstag Vor⸗ mittag gegen 11 Uhr Ludwigslust verlassen hatten, sind ohne Aufenthalt bis London gereist, wo Dieselben, nach einer ziem⸗ lich bewegten Ueberfahrt von Calais nach Dover, am Mitt⸗ woch Nachmittags 5 ½ Uhr eintrafen. Von London reisten Ihre Königlichen Hoheiten am Sonnabend Vormittag 11 ¼ Uhr wieder ab und erreichten Bournemouth um 2 ¾ Uhr. Die Großherzoglichen Herrschaften bewohnen eine nicht weit vom Meere sehr ländlich und hübsch gelegene Villa, in welcher auch die Ober⸗Hofmeisterin Gräfin Bassewitz, der Ober⸗Hof⸗ meister Graf Bassewitz und der Ober⸗Medizinal⸗Rath Dr. Müller Wohnung genommen haben. Das Befinden des Groß⸗ herzogs ist ein gutes zu nennen, so daß Se. Königliche Hoheit den größten Theil des Tages im Freien zubringen kann, und man hofft, daß das schöne Klima der englischen Südküste auf seine Gesundheit und seine Kräfte einen wohlthätigen Einfluß ausüben wird.

Mecklenburg⸗Strelitz. Neustrelitz, 10. Oktober. (W. T. B.) Der Grosßherzog und die Großherzogin sind von ihrer Reise nach England heute Mittag hierher zurückgekehrt.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 10. Oktober. (W. T. B.) Der „Neuen Fr. Presse“ zufolge ist die Ratifikation der Pforte betreffs des Eisenbahnanschlusses hier ein⸗ getroffen; der Austausch der Ratifikationsurkunden werde er⸗ lalgen sobald die serbische und bulgarische Ratifikationsurkunde eintreffe.

Pest, 10. Oktober. (W. T. B.) Der Beschlußantrag des Minister⸗Präsidenten Tisza in der kroatischen Frage, welcher besagt, daß das Haus das bisherige Vor⸗ gehen der Regierung billige und dieselbe ermächtige, auf Grund des seit 1868 bestehenden Gebrauchs die jetzigen Staats⸗ wappenschilder zu belassen, dort jedoch, wo bisher Wappen mit anderer Umschrift gebraucht wurden und durch neue ersetzt werden sollen, Staatswappen ohne jede Umschrift anzubringen, wurde heute mit 187 gegen 105 Stimmen angenommen.

Frankreich. Paris, 9. Oktober. (Fr. Corr.) Im heutigen Ministerrath unterzeichnete der Präsident der Republik das Dekret, wodurch der General Campenon zum Kriegs⸗Minister ernannt wird. Derselbe war schon einmal Kriegs⸗Minister im Ministerium Gambetta, vom 14. November 1881 bis zum 26. Januar 1882. Die Unterhandlungen mit dem General Lewal wegen Uebernahme des Kriegsportefeuilles haben zu keinem Ziele geführt. Der jetzige Chef des Generalstabs, General Vuillemot, wird, wie es heißt, seine Funktionen beibehalten.

Der Marine⸗Minister hat von dem Gouverneur von Cochinchina nachstehende Depesche, datirt aus Saigon, 9. Oktober, erhalten: „Nach den letzten Nachrichten erscheint die Lage in Tongking in Folge der Ankunft der anamitischen Bevollmächtigten und der Unterwerfung der Man⸗ darinen des Delta eine merklich verbesserte. Zahlreicher Ab⸗ fall findet unter den „Schwarzen Flaggen“ statt, die durch die verschiedenen epidemischen Krankheiten decimirt sind. Die Ver⸗ schanzungen bei den Dörfern in der Nähe von Hanoi sind auf⸗ gegeben, und der Feind scheint seine Rückzugsbewegung in der Richtung auf Lao⸗Kai fortzusetzen. Oberst Bichot ist auf seiner Rekognoscirung bis zum Dai und zum Kanal von Bac⸗Ninh oder von „Rapidos“ keinem Feinde begegnet. Man hat in der Nähe von Fu⸗Hai, unter einem Tumulus eingescharrt, 33 Köpfe unserer Soldaten gefunden, darunter den des Kommandanten Riviesre, der mit einer Kalkmaske überzogen und allein noch sehr erkennbar war. Der moralische und der Gesund⸗ heitszustand der Truppen in Tongking und Thuan-An ist ein vorzüglicher.“

10. Htober. (W. T. B.) In unterrichteten diplomatischen Kreisen wird die Nachricht der „Times“, daß der spanische Botschafter in Paris, Herzog Nunez, die eventuelle Ordre erhalten habe, Paris zu verlassen, für gänzlich unbegründet gehalten. Die spanische Botschaft habe bis jetzt überhaupt keine neuen Instruktionen aus Madrid erhalten, auch stehe der heute Vormittag erfolgte Besuch des Herzogs Nunez bei dem Minister⸗Präsidenten Ferry mit den Ereignissen vom 29. September in gar keinem Zu⸗ sammenhange. 6

Dem Vernehmen nach ist der Präfekt von Marseille, Poubelle, zum Seine⸗Präfekten ernannt worden.

Die „Liberté“ will wissen: die Regierung habe noch keine Bestätigung über die Anknüpfung von Verhandlungen mit den Schwarzen Flaggen erhalten. Die letzten an Harmand abgegangenen Instruktionen machten es demselben zur Pflicht, in den militärischen Dispositionen nichts zu ändern. Vor der Eroberung von Sontay und Bacninh werde kein Vertrag abgeschlossen werden.

11. Oktober, früh. (W. T. B.) Der „Figaro“ be⸗ zeichnet als die Hauptschwierigkeit bei Regelung der Tong⸗ kingfrage den Umstand, daß China die nördlichen Pro⸗ vinzen Tongkings annektiren wolle, während Frankreich die Unabhängigkeit der Bevölkerungen in der neutralen Zone zu erhalten bestrebt sei.

Spanien. Madrid, 10. Oktober. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident Sagasta hat dem König heute Abend das Kollektiv⸗Demissionsgesuch des Kabinets über⸗ reicht; der König hat dasselbe angenommen und Sagasta auf morgen Vormittag zu sich beschieden. Die Demission des Ka⸗ binets ist in Gemäßheit des von demselben bereits vor der Reise des Königs nach Deutschland gefaßten Beschlusses erfolgt.

Italien. Rom, 10. Oktober. (W. T. B.) Der Papst empfing heute den Fürstbischof von Breslau, Dr. Herzog, und den früheren Erzbischof von Warschau, Felinski.

Gerbien. Belgrad, 10. Oktober. (W. T. B.) Der Finanz⸗Minister beabsichtigt die Einsetzung einer Kom⸗ mission, welche die Finanzlage prüfen, alle überflüssigen Ausgaben streichen und über die Mittel zur Herstellung des Gleichgewichts im Staatshaushalte beschließen soll.

Dänemark. Kopenhagen, 11. Oktober. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland sind ge⸗ meinschaftlich mit der dänischen Königsfamilie sowie dem Prinzen und der Prinzessin von Wales heute Vormittag 11 Uhr aus Fredensborg hier eingetroffen. Die Herr⸗ schaften fuhren, allenthalben von lebhaften Zurufen begrüßt, in offenen Wagen durch die reichgeschmückte Stadt zu dem Hafen, wo dieselben von den Spitzen der Hofgesellschaft und den Behörden empfangen wurden. Nachdem die aufgestellte Ehrenkompagnie besichtigt war, wurde um 12 Uhr an Bord der Kaiserlichen Nacht „Derschawa“ ein Frühstück eingenommen, nach dessen Beendigung gegen 1 Uhr das russische Kaiserpaar die Rückreise nach Kronstadt antrat. Die Kriegsdampfer „Cesarevna“ und „Europa“ geleiteten die Kaiserliche Dacht. Der Prinz und die Prinzessin von Wales reisen am Montag ab.

Amerika New⸗York, 10. Oktber. (W. T. B.) Die republikanische Majorität bei den Wahlen in Jowa wird auf 30 000 Stimmen angeschlagen. Das Resultat der Wahlen in Ohio steht noch nicht fest, anscheinend haben aber die Demokraten eine kleine Majorität erlangt.

Afrika. Egypten. Kairo, 10. Oktober. (W. T. B.)

Das Amnestiedekret des Khedive sowie das Dekret, be⸗ treffend die Auflösung der Kriegsgerichte, sind nunmehr amt⸗

lich publizirt worden. Die Wahlen zur Legislative werden

vor Ende des Monats beendigt sein. Die Einberufung der Notabelnkammer, des gesetzgebenden Rathes und der Pro⸗ vinzialräthe erfolgt voraussichtlich im November.

Zeitungsstimmen.

In der „Staatsbürger⸗Zeitung“ lesen wir:

In Philadelphia ist am 6 d. M. eine Jubelfeier begangen wor⸗ den zur Erinnerung an das erste organisirte Häuflein deutscher Ein⸗ wanderer, das vor zweihundert Jahren den Boden der Vereinigten Staaten von Amerika betrat. Die „Frankf. Ztg.“ knüpft an dieses Ereigniß einen Artikel, in welchem es unter Anderem wörtlich heißt:

„Damals (also zur Zeit jener ersten Niederlassung) bot das alte Vaterland ein Bild trostloser Zerrissenheit und Schwäche und die Auswanderer waren froh, in der Wildniß des amerikanischen Kon⸗ tinents Zuflucht und Schutz vor Verfolgung und Bedrückung zu finden. Mögen nun auch unsere Landsleute jenseit des großen Wassers noch heute ihrer neuen Heimath den Vorzug vor der alten geben, so werden sie doch bei ihrer Jubelfeier mit einer gewissen Befriedigung auf das geeinte und machtvolle Deutschland blicken. Ja, vielleicht hat sogar der Umschwung, welcher sich hier während der letzten Jahrzehnte vollzogen hat, nicht wenig dazu beigetragen, den Sinn für die Stammes⸗ gemeinschaft der Deutschen in den Vereinigten Staaten zu wecken, und den Plan gefördert, der Jubelfeier eine größere Bedeutung bei⸗ zulegen.“

Wir wissen nicht, worüber wir uns mehr freuen sollen, über die Jubelfeier in Philadelphia oder über die Thatsache, daß in einem Organ der vor noch nicht langer Zeit recht partikularistischen Freien Reichsstadt Frankfurt a. M. derartige Aeußerungen, wie sie uns hier gedruckt vorliegen, zum Ausdruck gelangen konnten. Nun, wir meinen, daß beide Thatsachen ineinandergreifen, daß sie beide den schönsten

Beweis dafür liefern, daß dem Partikularismus der Boden voll⸗ ständig entzogen worden ist.

Uns kam dieser Artikel in der „Frankfurter Zeitung“ um so gelegener, als wir eben im Begriffe standen, Vergleiche anzustellen zwischen dem Frankfurt zur Zeit des Bundestages und dem Frank⸗ furt, das zur Begrüßung des Deutschen Kaisers auf seinem Weich⸗ bilde das schönste Feierkleid angelegt hatte und freudigen Herzens dem Heldengreise zujubelte, in welchem sich die Idee der Reichseinheit so herrlich verkörpert. . .. 8

„Steins deutsche Correspondenz“ schließt einen denselben Gegenstand behandelnden Artikel mit folgendem

Satze:

... Wie hehr müssen die Gestalten des Deutschen Kaisers und seines genialen Kanzlers, die das deutsche Volk auf solchen Gipfel politischer Macht und wirthschaftlicher Stärke trugen, bei dem großen Jubelfeste unseren Abkömmlingen erschienen sein; wie kleinlich da⸗ gegen der Umstand, daß im Deutschen Reiche noch immer Däumlinge über Kaiser und Kanzler zu Gericht sitzen und ihnen Belehrung er⸗ theilen wollen, wie dieses ganz eigenartige Reich zu befestigen und wie es zur wahren Wohlfahrt zu führen sei.

Die „Weimarische Zeitung“ schreibt:

Die Konsular⸗Agentur der Vereinigten Staaten in Gera hat ihren Bericht über das mit dem 30. September schließende Fiskaljahr vollendet. Derselbe lautet, was die Industriever⸗ hältnisse des Bezirks betrifft, recht günstig. Es wird hervor⸗ gehoben, daß die Industrien in demselben sich einer sicht⸗ lichen Prosperität erfreuten. Nicht nur seien alte Etablissements er⸗ weitert worden, um den steigenden Anforderungen genügen zu können, eine nicht unbeträchtliche Zahl neuer Fabriken muß gegründet werden. Die Arbeiter hatten steten Verdienst und in einigen Fällen haben sich die Löhne gebessert. Der Export nach den Vereinigten Staaten ist in dem verflossenen Jahre ein sehr bedeutender ge⸗ wesen; er übertrifft in fast allen Branchen den ebenfalls schon sehr gestiegenen Erport des Vorjahres. Im Fiskaljahr 1882 wurden exportirt wollene Kleiderstoffe im Werth von 416 653,05 Doll. In 1883 belief sich die Ausfuhr aber auf 598 298,75 Doll.; der Export an musikalischen In⸗ strumenten ist gestiegen von 70 000 auf 82 000, in ge⸗ trockneten Blumen, Sämereien, Gräsern von 8500 auf 29 000 Doll., Instrumentenleder von 4979,07 auf 9689,11 Doll. ꝛc. Eine Ab⸗ nahme weisen nur auf Glaceehandschuhe von 129 564,29 Doll.

auf 123 665,96 und Porzellan von 13 996,41 Doll. auf

12 844,01. Die Gesammtzunahme des Exports nach den Vereinigten Staaten betrug im Jahre 1883 214 794,28 Doll.

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 54. Inhalt: Verfügung vom 3. Oktober 1883. Einfuhr und Ausfuhr von Pflanzen u. s. w. in bz. aus Deutschland.

Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie Heft. VIII. Inhalt: Aus den Reiseberichten S. M. S. „Elisabeth“, Kapt. z. See Hollmann. Die drei norwe⸗ gischen Nordmeerexpeditionen 1876 78. I. Bemerkungen über die Meeresströmungen und Temperaturen des südatlantischen Ozeans südlich von 300 S.⸗Br. und westlich von 300 W.⸗Lg. Von Dr. O. Krümmel. Die Winde und Strömungen in der Karimatastraße (Mittheilung von der Deutschen Seewarte). Ueber das Auftreten des Treibeises im nordatlantischen Ozean im Frühling 1883 (Mit⸗ theilung von der Deutschen Seewarte). Beobachtungen von Ober⸗ flächentemperaturen im atlantischen Hzean. Orkan vom 24. und 25. März 1883 zu Apia, Samoainseln. Tiefsee⸗Photothermometer. Von Dr. Hugo Michaelis. Eingänge von meteorologischen Jour⸗ nalen bei der Deutschen Seewarte im Monat April 1883. Ver⸗ gleichende Uebersicht der Witterung des Monats Mai 1883 in Nord⸗ amerika und Centraleuropa (Mittheilung von der Deutschen See⸗ warte). Kleine hydrographische Notizen. Tabellen. Karten⸗ beilagen. G 1

Heft X. Inhalt: Meteorologische und phvysisch⸗ozeanische Beobachtungen in dem amerikanisch⸗arktischen Archipel in den Jahren 1819 1854. Meteorologische und physisch⸗ozeanische Beobachtungen während der Expedition der „Vega“ 1878/79 und im Winterquartier zu Serdze kamen (Pitlekaj). Aus den Reiseberichten S. M. S. „Carola“, Korv.⸗Kapt. Karcher, und S. M. Kbt. „Hyäne“, Kapt.⸗ Lieut. Geiseler (November 1882 bis Februar 1883). Eingänge von meteorologischen Journalen bei der Deutschen Seewarte im Monat Mai 1883. Segelanweisung für Bahia Blanca. Port Belgrano. Ostküste von Suͤd⸗Amerika. Beschreibung der Häfen Jolô, Mainbun, Siassi, Bongao und Sandakan. Sulu⸗Inseln. (Aus den Reiseberichten S. M. Kbt. „Wolf“, Kapt.⸗Lieut. von Raven) Zusätze zu der Beschreibung des östlichen Theiles der Tsugar⸗Straße. Japanische Juseln. Stromversetzungen auf der Route von Europa nach dem Meerbusen von Guinea. (D. S.) Witterung in Levuka auf der Insel Ovalau (Fiji⸗J.) vom 5. Januar bis 28. Februar 1883. (D. S.) Orkan zu Apia am 24. und 25. März 1883. Ver⸗ leichende Uebersicht der Witterung des Monats Juni 1883 in Nord⸗ Amerika und Central⸗Europa. (Mittheilung von der Deutschen See⸗ warte.) Kleine hydrographische Notizen. Tabellen. Karten⸗ beilagen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Gemäldegalerie des Königlichen Museums hat wiederum ein Meisterwerk Rembrandts käuflich erworben, welches aus dem Jahre 1655 stammt und in feiner Charakteristik die Scene aus der heiligen Schrift darstellt, da die Frau des Kämmerers Potiphar den Joseph vor ihrem Manne verklagt. Farbentiefe und goldige Lichtwirkungen sind die Hauptvorzüge des Gemäldes.