1. Bats. Landw. Regts. Nr. 92, zu Pr. Lts. befördert. Liesmann, Pr. Lt. von der Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 92, der nach⸗ gesuchte Abschied bewilligt. — 3. Oktober. Bauer, Hauptm. aggreg. dem Inf. Regt. Nr. 92, der nachgesuchte Abschied mit der gesetzl. Pens. und der Erlaubniß zum Tragen der Regts. Unif. mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen bewilligt. 8
Nichtamtliches. Dentsches Reich.
1 Preußen. Berlin, 20. Oktober. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Baden⸗Baden, gestern Vormittag mehrere Vorträge ent⸗ gegen und begaben Sich später zum Dejeuner nach dem Groß⸗ herzoglichen Schlosse.
Zu dem Diner, welches um 5 Uhr im Meßmerschen Hause stattfand, waren an Se. Hoheit den Herzog von Sachsen⸗ Altenburg, den Fürsten Solms, den Fürsten Bariatinsky, den Grafen Pourtales und die Gräfin Tascher Einladungen ergangen.
— Die weiteren bei dem Landwirthschafts⸗Ministerium ein⸗ gegangenen Berichte über den Verlauf der Rinderpest in Breslau bestätigen die bereits ausgesprochene Hoffnung, daß aus dem Seuchengehöft infizirte Rinder nicht r worden sind. Am 5. Oktober war der im Gehöst, Kloster⸗ straße 53, aufgestellte Viehbestand bis auf eine Kuh insge⸗ sammt schwer erkrankt, und zwar unter Erscheinungen, die von dem zugezogenen Departements⸗Thierarzt, Dr. Ulrich, anfänglich für Wirkungen eines Gifts gehalten wurden. Dieser Bestand ist völlig eingegangen, die gesund ge⸗ bliebene Kuh aber auf polizeiliche Anordnung ge⸗ tödtet worden. Die nach dem 6. Oktober neu in den Stall gestellten Rindviehstände sind gleichfalls sämmtlich erkrankt und bis zum 16. Oktober theils gefallen, theils getödtet wor⸗ den. Die Stallsperre wurde bezüglich der Ausfuhr sofort angeordnet und durchgeführt.
Wie die Einschleppung der Seuche geschah, ist noch nicht festgestellt; als wahrscheinliche Ursache wird die Einfuhr von 20 russischen Schweinen bezeichnet, deren Begleiter möglicher⸗ weise Träger der Infektion gewesen sein können.
— Für die Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis zum Schluß des Monats August d. J. haben (verglichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) die Ein⸗ nahmen der Post⸗ und Telegraphenverwaltung 62 738 706 ℳ (+ 3 168 713 ℳ) und die der Reichs⸗ Eisenbahnverwaltung 19 050 800 ℳ (+ 318 719 ℳ) betragen. 2
— Ein Arrestgrund ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 29. September d. J., im Sinne des §. 797 der deutschen Civilprozeßordnung schon darin zu finden, daß nach den obwaltenden Verhältnissen — in Folge einer eingetretenen Thatsache — die Verbrin⸗ gung des Vermögens des Schuldners geschehen kann, ohne daß es der Feststellung bedarf, ob eine derartige, die Befriedi⸗ gung der Gläubiger verhindernde Verbringung wirklich beab⸗ sichtigt ist oder nicht.
— Nach der im Reichs⸗Eisen bahn⸗Amt aufgestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Nachweisung der auf deutschen Eisenbahnen — ausschließlich Bayerns — im Monat August d. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 6 Entgleisungen auf freier Bahn, 15 Entgleisungen und 11 Zusammenstöße in Stationen und 140 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kessel⸗Explosionen und andere Betriebs⸗Ereignisse, wobei Personen getödtet oder verletzt worden sind).
Bei diesen Unfällen sind im Ganzen, und zwar größten⸗ theils durch eigenes Verschulden, 136 Personen verunglückt,
sowie 25 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 56 unerheblich beschädigt. Es wurden von den 21 314 299 überhaupt beför⸗ derten Reisenden 2 verletzt und zwar je Einer auf den Bahn⸗ strecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ direktionen zu Cöln (linksrheinisch) und Elberfeld; von Bahn⸗
beamten und Arbeitern im Dienst beim eigentlichen Eisenbahn⸗
betriebe 16 getödtet und 58 verletzt und bei Nebenbeschäftigungen
1 getödtet, 23 verletzt; von fremden Personen (einschließlich
der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter)
9 getödtet und 11 verletzt, sowie bei Selbstmordversuchen 16 Personen getödtet.
Von den sämmtlichen Verunglückungen — mit Ausschluß der Selbstmorde — entfallen auf:
A. Staatsbahnen und unter Staatsverwal⸗ tung stehende Bahnen (bei zusammen 24 807,99 km Be⸗
triebslänge und 662 749 682 geförderten Achskilometern) 106 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion Berlin (20), Hannover (12) und die Badischen Staatseisen⸗ bahnen (14); verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksich⸗ igung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen sind jedoch auf den Badischen Staatseisen⸗ bahnen und den Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahndirektion Berlin und Elberseld die meisten Verunglückungen vorgekommen. B. Größere Privatbahnen — mit je über 150 km Betriebslänge — (bei zusammen 4117,43 km Betriebslange und 71 687 412 geförderten Achskilometern) 11 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Hessische Ludwigsbahn (6), die Posen⸗Creuzburger Eisenbahn (2) und die Rechte Oder⸗Ufer⸗ Eisenbahn (2); auch verhältnißmäßig sind auf den vorgenannten Eisenbahnen die meisten Verunglückungen vor⸗ ekommen. G C. Kleinere Privatbahnen — mit je unter 150 km Betriebslänge — (bei zusammen 1439,61 km Betriebs⸗ länge und 9 970 980 geförderten Achskilometern) 3 Fälle, und zwar auf der Breslau⸗Warschauer, der Lübeck⸗Büchener und der Tilsit⸗Insterburger Eisenbahn je 1 Fall.
— S. M. S. „Sophie“, 10 Geschütze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Stubenrauch, ist am 20. Oktober cr. in Plymouth eingetroffen und beabsichtigte, am 22. Oktober cr. die Reise fortzusetzen.
Bayern. München, 18. Oktober. (Allg. Ztg.) Die Kammer der Reichsräthe kann ihre Sitzungen nicht vor dem 22. d. Mts. wieder aufnehmen, da ihr das Berathungs⸗
material mangelt. In der bezüglichen Sitzung wird dann nach Einführung und Beeidigung der neuen Kammermitglieder und Erledigung einer Anzahl Urlaubsgesuche der inzwischen von der Abgeordnetenkammer erledigte Militär⸗Etat und der Gesetzentwurf, betreffend das oberbayerische Kreisanlehen, zur Berathung gelangen, auch hat die Kammer noch einige aus dem vorjährigen Landtage rückständige Nachweisungen zu erledigen. Der erste Präsident der Reichsraths⸗Kammer, Frei⸗ herr von Franckenstein, verweilt zur Zeit zum Besuche seines Bruders in Wien.
Baden. Karlsruhe, 19. Oktober. (W. T. B.)
Der „Badischen Landeszeitung“ zufolge wird der badische Landtag zum 17. k. M. einberusen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Herzog und die Herzogin von
Edinburg sind mit ihren Kindern heute nach Darmstadt abgereist.
Oesterreich Ungarn. Wien, 18. Oktober. Die „Presse“ schreibt: Die Wahlreformverhandlungen, welche gegen⸗ wärtig auf der Tagesordnung des krainischen und des mähri⸗ schen Landtages stehen, machen den hiesigen Intransigenten bittere Schmerzen. Insbesondere ist es die conciliante Hal⸗ tung des Krainer verfassungstreuen Großgrundbesitzes, welche jene Herren erregt hat. Mit Recht ist man auch auf die Er⸗ eignisse in der heutigen Sitzung des mährischen Landtags gespannt; ist man doch begierig, nochmals jene Argumen⸗ tationen zu hören, mit denen die Herren Promber und Weeber ihre ablehnende Haltung gegenüber der Verallgemeinerung u.“ zu rechtfertigen oder zu entschuldigen suchen werden.
Agram, 19. Oktober. (W. T. B.) Die während der Unruhen errichtete Militärwache ist theils ganz zurück⸗ gezogen, theils erheblich reduzirt worden. — Der König⸗ liche Kommissar General von Ramberg hat sich nach Pest begeben, wird aber bereits morgen hier zurückerwartet.
Niederlande. Amsterdam, 19. Oktober. (W. T. B.) Als der König der Belgier heute die belgische Abtheilun der Ausstellung besuchte, wurde er von dem Vorsitzenden der belgischen Ausstellungskommission, Andrimont, mit einer Ansprache begrüßt. Andrimont dankte Namens der belgischen Aussteller dem König für seinen Besuch und wies darauf hin, daß der Besuch des Königs am niederländischen Hofe die Ver⸗ bindung zwischen den beiden Nationen, die bestimmt seien, sich zu lieben und zu achten, wieder befestigt habe. Der König habe damit einen Herzenswunsch aller Belgier erfüllt. Der König der Belgier antwortete: er sei glücklich, daß er diesen Besuch habe abstatten können, der die Festigkeit der zwischen den Niederlanden und Belgien bestehenden Vande wieder her⸗ gestellt habe.
— 20. Oktober, Abends. (W. T. B.) Der König und die Königin der Belgier kehrten von dem Ausfluge gestern Abend 6 ½ Uhr nach Ymunden zurück und wohnten später der Gala⸗Vorstellung im Stadt⸗Theater bei. Heute früh begaben sich Ihre Majestäten nach dem Haag.
Haag, 20. Oktober. (W. T. B.) Der König und die Königin der Belgier sind heute Vormittag 9 ¼ Uhr hier eingetroffen und von dem Minister des Auswärtigen, dem Königlichen Kommissar, den Civil⸗ und Militärbehörden, den Mitgliedern der belgischen Gesandtschaft, dem österreichi⸗ schen Gesandten und anderen Mitgliedern des diplomatischen Corps am Bahnhof empfangen worden. Die Rückreise des Königs und der Königin der Belgier ist auf heute Nachmittag 4 Uhr verschoben.
Großbritannien und Irland. London, 17. Oktober. (Allg. Corr.) An Stelle des Generals Sir Arthur Barton wird Lord Chelmsford zum Gouverneur von Malta und 9 Befehlshaber der dort garnisonirenden Truppen ernannt werden.
Aeußerst heftige Stürme haben während der letzten zwei Tage das Vereinigte Königreich, namentlich aber die im Inlande gelegenen Grafschaften in Irland heimgesucht.
Die Insel Wight soll durcheinen unterseeischen Kanal mit England verbunden werden. Die erforderlichen Bohr⸗ versuche wurden bereits gemacht, und die Sachverständigen glauben, daß die Herstellung des Tunnels keine Schwierig⸗ keiten bieten werde.
Frankreich. Paris, 19. Oktober. (W. T. B.) Der Handels⸗Minister Hérisson hat mittelst Rundschrei⸗ bens alle zum Schutz gegen die Cholera getroffenen Aus⸗ nahmemaßregeln außer Wirksamkeit gesetzt, da die Cholera⸗ Epidemie in Egypten als nahezu erloschen angesehen werden könne. Nur bezüglich der Provenienzen aus Egypten, Indien und dem äußersten Orient, die bis auf Weiteres als aus in⸗ fizirten Ländern kommend angesehen werden sollen, bleiben die Bestimmungen des Gesundheitsreglements vom 22. Februar 1876 in Wirksamkeit.
Der Finanz⸗Minister Tirard hat der Budget⸗ kommission heute einen berichtigten Budgetentwurf vor⸗ gelegt, der das Gleichgewicht zwischen Einnahme und Ausgabe durch eine Ausgaben⸗Reduktion im Betrage von 84 Millionen herstellt. Diese Reduktion soll durch Ausgaben⸗Ersparnisse und durch den Ertrag der Konvertirung erzielt werden.
Eine Meldung aus Tanger bestätigt den Tod Si Slimans mit dem Hinzufügen, daß der Kopf desselben dem Sultan von Marokko übersendet worden sei.
Bulgarien. Sofia, 9. Oktober. Der zwischen der russischen und der bulgarischen Regierung abge⸗ schlossene und gestern von der Sobranje angenommene Vertrag bezüglich der Zahlung der russischen Okkupationskosten lautet nach der Münchener „Allg. Ztg.“, wie folgt:
Art. 1. Die Fürstlich bulgarische Regierung erkennt an, der Kaiserlich russischen Regierung als Okkupations kosten, dem Berliner Vertrage gemäß, die Summe von 10 618 250 Rbl. Papier und 43 Kop. zu schulden. — Art. 2. Die Fürstliche Regierung ver⸗ pflichtet sich, diese Schuld auf folgende Art zu begleichen: Den 1. (13.) September 1883 400 000 Rbl., und in einem weiteren Zeitraume von 12 Jahren, das ist von 1884 bis 1895, jährlich 800 000 Rbl. in zwei gleichen Raten, und zwar am 1. (13.) Januar und am 1. (13.) Juli je eine Rate von 400 000 Rbl. Ferner den 1. (13.) Januar 1896 400 000 Rbl. und im Juli desselben Jahres den Rest von 218 250 Rbl. und 43 Kop. — Art. 3. Die im Art. 2 bestimmte Zahlungsquote wird von der Fürstlichen Regierung an die Nationalbank in Sophia auf den Namen und an die Ordre der Kaiserlich russischen Regierung in Lews (bulgarische Francs) oder in Franes nach dem jedesmaligen “
Tagescourse geleistet. — Art. 4. Die Kaiserlich russische Regierung verzichtet auf irgendwelche Zinsen für diese Schuld sowohl für die vom Anfange der Okkupation bis zur Unterzeichnung dieses Ver⸗ trages verflossene Zeit, als auch für die Zeit von der Unterzeichnung dieses Vertrages bis zur gänzlichen Tilaung der Schuld. — Art. 5. Gegenwärtiges Arrangement ist zu ratifiziren, und die Ratifikationen sind binnen sechs Wochen oder, wenn möglich, noch früher in St. Petersburg auszutauschen.
— (W. T. B.) Die „Polit. Corresp.“ meldet aus St. Petersburg: Der Millitärattaché bei der russischen Botschaft in Wien, Oberst Kaulbars, sei beauftragt, sich nach Sofia zu begeben und daselbst die Frage der Orga⸗ nisirung der bulgarischen Armee und der Stellung der rus⸗ sischen Offiziere in derselben im Einverständniß mit dem Fürsten von Bulgarien zu regeln.
Dänemark. Kopenhagen, 19. Oktober. (W. T. B.) Das Feltethtat hat mit 60 gegen 16 Stimmen den Antrag des eputirten Hörups von der Linken: alle Anträge der Re⸗ gierung bei der ersten Lesung zu beanstanden und an die Kommission zu verweisen, bis das Ministerium zurück⸗ getreten sei, angenommen. Die Rechte hatte gegen den Antrag protestirt.
Die „Schlesische Zeitung“ äußert sich über den Ent⸗ wurf eines Aktiengesetzes wie folgt:
Der Entwurf eines neuen Aktiengesetzes zielt unverkennbar dahin, dem gewerblichen Unternehmungsgeiste möglichste Freiheit zu lassen, gleichzeitig aber jenen betrügerischen Ausschreitungen das Feld zu be⸗ schränken, durch welche in den goldenen Jahren des Gründer⸗ und Jobberthums Tausende und aber Tausende um das Ihrige gebracht, große Theile des Nationalvermögens vernichtet und ungemessene Reichthümer in den Taschen gewissenloser Glücksjäger aufgehäuft wurden. Schließen die Bestimmungen des Gesetzentwurfs die Gefahr einer Wiederkehr ähnlicher Zustände auch nicht vollständig aus — die Erfindungsgabe gewisser Leute ist ja unerschöpflich, wenn die Um⸗ gehung des Gesetzes große Gewinne auf Kosten Dritter in Aussicht stellt — so entziehen sie der Gaunerei doch viele der Mittel und Wege, deren diese sich bei dem gegenwärtigen Stande der Gesetz⸗ gebung mit größtem Erfolge und ohne dem Strafrichter zu verfallen, bedienen konnte. So lange wir das Beste, das absolut Vollkommene nicht zu erreichen vermögen, dürfen wir das relativ Gute wenigstens nicht von der Hand weisen. ...
Indem der Gesetzentwurf der eminenten Aktienwesens für unser gesammtes Kulturleben gerecht wird, sucht er denen, die bei neuen Unternehmungen einen Theil ihres Vermögens in Aktien anlegen, möglichste Sicher⸗ heit gegen betrügerische Manipulationen der Gründer ꝛc. zu verschaffen. Das Aktienwesen soll euf seinen eigentlichen Zweck, die Lösung gemeinnütziger Aufgaben durch vereinte Kräfte nach Mög⸗ lichkeit beschränkt und sein Mißbrauch zu Gunsten gemeiner Börsen⸗ spekulation möglichst hintangehalten werden. Ein sehr naheliegendes Mittel zu diesem Zwecke, auf das wir schon vor einem Jahrzehnt hindeuteten, war die Bestimmung eines Minimalbetrages für die einzelne Aktie.
.. . Es drängt sich stets der Gedanke auf, durch den Vor⸗ behalt der staatlichen Konzession die Möglichkeit zu schaffen, Unter⸗ nehmungen, die ihrer ganzen Natur nach besser dem Betriebe durch Privatpersonen oder durch einfache Handelsgesellschaften überlassen werden, dem Aktienwesen zu entziehen. Der Gesetzentwurf schließt indeß jede staatliche Konzession aus, und die Gründe, welche in den Motiven dafür geltend gemacht werden, haben — im Allgemeinen wenigstens — volle Berechtigung
Ein weiteres sehr belangreiches Mittel, Gründungen hintan⸗ zuhalten, bei denen der Zweck, Gründergewinn einzuheimsen und Material für die Agiotage zu schaffen, der maßgebende oder doch der vorwaltende ist, würden wir darin erkennen, wenn an der Börse nur in Aktien solcher Unternehmungen gehandelt werden dürfte, welche das zweite Geschäftsjahr hinter sich und über dessen Er⸗ gebnisse öffentlich Rechenschaft gegeben haben. Die Herren „Entfesseler der wirthschaftlichen Kraft“ werden diesen flüchtig hingeworfenen Gedanken natürlich als höchst reaktionär, wenn nicht als puren Wahnsinn verdammen; geht ihre letzte Hoffnung doch da⸗ hin, das Laisser faire, dem die neuere Gesetzgebung schon in so be⸗ denklicher Weise in den Weg getreten ist, wenigstens auf dem geheiligten Boden der Börse unangetastet zu erhalten. Der berechtigte Zweck der Aktiengesellschaften würde durch Verwirklichung dieses Gedankens gewiß nicht gefährdet werden.
— Die „Kölnische Zeitung“ bemerkt zu dem die Aktiengesellschaften betreffenden Gesetzentwurf:
In der sezessionistischen Presse begegnen wir schon den weisen Ausführungen, wonach derjenige, der ein Gesetz verlange, welches be⸗ wirken soll, daß schneidende Werkzeuge nicht verwunden, sich auf langes Warten gefaßt machen müsse. Einfacher und leichter sei es natürlich, den Gebrauch schneidender Instrumente ganz zu verbieten; nur pro⸗ testirten dagegen zahllose Interessenten, vom Bauer, der die Sense schwingt, bis zum Leichdornoperateur. An die Reichsregierung stelle man ein Ansinnen obgedachter Art, indem man ver⸗ lange, daß die Gesetzgebung den Schaden abwenden solle, welcher durch Aktiengesellschaften angerichtet werden kann. Die Gesetzgebung werde dazu nie im Steande sein, so lange sie nicht verhüten könne, daß Aktiengesellschaften auf irrige Be⸗ rechnungen hin gegründet oder mangelhaft geleitet werden. „Schwin⸗ del war, Schwindel ist, Schwindel wird sein, ganz unabhängig von den Rechtsformen, welche das wirthschaftliche Leben annimmt.“ Wir glauben doch nicht, daß die Gesetzgebung genügend ihre Pflicht thut, wenn sie die Hände in den Schooß legt und es verschmäht, an der Verminderung des Schwindels zu arbeiten, weil sie einsieht, daß es ihr nie gelingen wird, denselben ganz zu verhindern. Bekanntlich ist die Regierung bei ihrer Ausarbeitung parlamentarischer Anregung gefolgt. Lasker, selbst Sezessionist, war unter den Ersten, die sie dazu mahnten. .
— Aus Dresden wird der „Schlesischen Zeitung“ gemeldet:
Der deklarirte Werth der im 3. Quartal d. J. aus dem Kon⸗ sularbezirke Annaberg nach den Vereinigten Staaten ausgeführten Waaren betrug insgesammt 3 306 842 ℳ, d. h. um 1 556 910 ℳ mehr, als im gleichen 3. Quartal des Vorjahres. Auf die einzelnen Artikel der Ausfuhr vertheilt sich die oben angegebene Summe wie folgt: Kleiderbesätze 1 503 132 ℳ, Musikinstrumente 1 060 114 ℳ, Handschuhe 337611 ℳ, Knöpfe 175 377 ℳ, Sitickereien 118 739 ℳ, Spitzen 73 215 ℳ, andere Ausfuhrgegenstände 38 624 ℳ Aus dem Distrikt der Konsularagentur Glauchau wurden nach der nordamerikanischeun Union im letztvergangenen Quartale Waaren im Werthe von 1 645 769 ℳ ausgeführt. Seit Jahresfrist sind aus dem Glauchauer Distrikt überhaupt für 5 896 717 ℳ Waaren nach den Vereinigten Staaten exportirt worden. Diese statistischen Angaben konstatiren ein sehr erfreuliches Fortschreiten des sächsischen Exports, speziell im Verkehr mit Amerika.
Bedeutung des im vollsten Maße
Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 42.— Inhalt: Allgemeine Verwaltungssachen: Bekanntmachung, betreffend Rinder⸗ pest. — Marine und Schiffahrt: Erscheinen des Handbuchs für die deutsche Handelsmarine auf das Jahr 1883; — desgl. des III. Nach⸗ trags zur Amtlichen Liste der Schiffe der deutschen Kriegs⸗ und Handelsmarine. — Finanzwesen: Nachtrag zur Nachweisung über
Einnahmen des Reichs vom 1. April bis Ende August 1883.
.“
EFSs bestanden 1882 —
Konsulatwesen: Ernennung. — Exequatur⸗Ertheilung. — Militär⸗ wesen: Nachtragsverzeichniß höherer Lehranstalten, welche zur Aus⸗ stellung von Zeugnissen über die wissenschaftliche Befähigung für den — Militärdienst berechtigt sind. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Landtags⸗Angelegenheiten.
b Das Mitglied des Hauses der Abgeordneten, General der In fanterie z. D. von Kameke, hat sein Mandat für den 4. Cös⸗ Uiner Wahlbezirk (Cöslin, Colberg⸗Cörlin, Bublitz) niedergelegt.
Statistische Nachrichten.
Der Zeitschriftdes Königlich Preußischen Statistischen Bureaus zu Berlin entnehmen wir in Bezug auf Preußens öffent⸗ liche Volksschulen Folgendes: 1
Die Schulpflichtigkeit besteht für jedes vollsinnige Kind in Preußen thatfächlich rund acht Jahre: vom Beginne des siebenten bis zu Ende des vierzehnten Lebensjahres. Die Zahl der Kinder, welche in den eigentlichen öffentlichen Volksschulen Preußens Unterricht zu empfangen haben, beläuft sich auf rund 4 340 000, wirklich eingeschult sind davon 4 339 729 gewesen, so daß die Zahl der vollsinnigen Kinder, welche dem Unterricht entzogen wurden, nur eine sehr geringe ist. 1
Ueber die Ausstattung der Provinzen und Bezirke des preußischen Staates mit Volksschulen, berechnet auf Fläche und Bevölkerung 1882 bezw. 1871 giebt folgende Tabelle Auskunft:
1882
öffentliche 1 3 Volksschulen Sr Provinzen. auf metri⸗
Regierungs⸗ je sches e sches 1e“ je 100 000 Mittel je 100 000 Mittel 8 Bezirke. 100 qkm Ein⸗ 71 ) 100 qkm Ein⸗
GIe (Va. b) I (Và⁴. b) (b.) (b.)
6. 7. 134,388 35,811
162,101 35,992 141,030 32,020
9,681 35,747 145,418 32,882 177,909 38,795 139,092 32,531 107,279 32,541 174,420 41,421 179,528 40,577
1871
Es kommen öffentliche Volksschulen und Mittel⸗ schulen auf
Staat.
Geo⸗ metri⸗
1 2
9,487
n
82
2
—28=—2 28 8.
SODUOoSeoe do
A. Staat B. Provinzen: I. Ostpreußen. 8,067 II. Westpreußen 7,059
III. Stadtkreis
Berlin 207,886 V. Brandenburg 7,222 8,304
7,553 128,391 31,141 10,101 101,549 32,028 10,628 116,046 35,038
9,670 161,647 39,537 8,737 158,337 37,193 9,693 95,819 30,476 115,482 34,234
13,574 137,032 43,129 13,727 153,816 45,950 XIII. Rheinland . 15,997 105,940 41,166 15,949 120,217 43,787 XIV. Hohenzollern 10,150 171,537 41,727 ꝑ9,887 172,366 41,283
Das Ergebniß der vorhergehenden Ausführungen über die Ver⸗ theilung der Volksschulen in den größeren Territorialabschnitten der Monarchie wird durch folgende, mit der vortheilhaftesten Ausstattungs⸗ ziffer beginnende Reihen am zweckmäßigsten veranschaulicht:
Ziffer für die Reihenfolge der berechnet auf
Reihenfolge der S 8 Provinzen Flaͤche und rovinzen: einheiten r. evölkerung 1882 1882: 1882 1871 1. Stadtkreis Berlin 126,90 Stadtkreis Berlin. 48,31 35,447 2. Rheinland. 1,31 Hessen⸗Nassau 43,13 45,950 Westfalen. . Hohenzollern. 41,73 41,283 „Hohenzollern. Rheinland 41.17 43,787 Hessen⸗Nassau . Schleswig⸗Holstein 39,54 41,421 Schleswig⸗Holstei .Hannover. . 37,19 40,577 Hannover. Pommern. 36,71 38,795 Sachsen . Ostpreußen 35,27 35,992 E111““ . Sachsen 35,04 36,519 10. Brandenburg. E. 33,90 35,811 11. Pommern... . Schlesien. 32,03 32,541 12. Westpreußen . Westpreußen. . 31,98 32,020 13. Schlesien vb*““ 14. Posen... .‚Westfalen. 30,48 34,234 15. Ostpreußen . Brandenburg 30,28 32,882
Schulen mit Klassen . 23 071 26 060
2 989 5 978
5 406 12 659
1 847 5 641
— ve⸗
— 2
S02902,8—
EE11““ VII. Schlesien .. VIII. Sachsen ... IX. Schleswig⸗ Holstein.. X. Hannover .. XI. Westfalen .. XII. Hessen⸗ Nassau. ..
—9SS8=
+SISSS”SS —
— —
—
SSS — — 00 -102 Ꝙ — O0.
—
—0
—
gSA g2 90 S,HH 90 8b—
—
SSSSSSSSSS G Do- =100 SSESSESESE
—
Schulen mit einem Lehrer. darunter Halbtagsschulen chulen mit zwei Lehrern. darunter mit drei Klassen. d 5 mehrklassige Schulen. . 4 563 27 249 Schulen überhaupt . . . . 33 040 65 96838 „In 69,83 % unterrichtete nur ein Lehrer, aber blos 39,50 % aller Unterrichtsklassen wurden ausschließlich von einer Lehrkraft ver⸗ sorgt; in 16,76 % der Schulen versahen zwei Lehrer den Unterricht, aber ihrer Fürsorge lagen doch noch 19,19 % aller Klassen ob; nur 13,81 % der Schulen waren mehrklassige mit drei und mehr Lehrern, und deren Organisation war derartig ausgestattet, daß 41,31 % aller Klassen auf diese Kategorie von Schulen entfielen.
Die vollkommenere Institution der mehrklassigen Volksschule ge⸗ nießen die Städte, nämlich 7,64 unter den 13,81 % mehrklassiger Schulen überhaupt, und ihre mehrklassigen Schulen sind überdies noch wesentlich breiter und stufenreicher ausgebaut als die gleichartigen ländlichen Schulen, indem jene 58,59, diese nur 12,72 % von den % der Klassen aller mehrklassigen Schulen für sich in Anspruch nehmen.
Ueber die konfessionellen Verhältnisse der Volksschulen giebt folgende Tabelle Aufschluß: Es sind gezählt worden:
1861 1871 188
(Alte (Staat jetzigen (Staat jetzigen Provinzen) Umfanges) Umfanges) 16 540 22 590 22 8921 1 809 664 2 527 293 23 911 23 454 34 694 39 106 8 082 9 293 9452 mit Kindern. 1 053 040 1 257 647 405 989 beäen““ 15 434 17 429 jüdische Schulen .. . 390 250 mit Kindern .. . . . 18 570 10 037 bbeebeb““ 537 310 paritätische Schulen... 857 517 mit Kindern 8 . 97 145 199 792 mit Lehrern... 1 394 3 072 überhaupt Schulen 33 130 33 040 mit Kindern. 3 900 655 4 339 729 mit Lehrern 8 52 099 359 917
Im Jahre 1882 waren in den Städten 268 paritätische Schulen
evangelische Schulen mit Kindern. mit Lehrern..
katholische Schulen
mit 148 433 Schülern vorhanden, auf dem Lande 249 mit 51 359
Schülern und von sämmtlichen städtischen Schulkindern werden 11,71 %, von sämmtlichen ländlichen 1,67 % in paritätischen Schulen unterrichtet. — Ueber Lehrerbildung und Lehrerbildungsanstalten sei
noch bemerkt, daß im Inhre 1870 zusammen 78 Seminare existirten, von denen 57 evangelisch, 21 katholisch waren, mit einer Gesammt⸗ zahl von 4786 Seminaristen. ö“ 1
Neu begründet sind von 1860 bis 1870 zusammen 16 Seminare und zwar 11 evangelische und 5 katholische, ferner sind von 1871 bis 1876 deren 26 mit 1361 Seminaristen neugegründet worden. Neue Lehrerinnenseminare sind zu Saarburg und zu Kanten 1876, zu Augustenburg 1878 begründet worden. Der Gesammtaufwand für die Schullehrerseminare stieg von 1 230 400 ℳ im Jahre 1872 auf 4 403 522 ℳ im Jahre 1882. — Der II. Abschnitt des Berichts be⸗ handelt die Kosten der öffentlichen Volksschulen in Preußen. 8
London, 17. Oktober. (Allg. Corr.) In der zu Manchester abgehaltenen Armenvorsteherkonferenz wies der Präsident des Armenamts, Hibbert, darauf hin, daß im Jahre 1872 die Zahl der unterstützten Armen im Lande 977 000 oder 42 pro 1000 der Gesammtbevölkerung, betragen habe, deren Unterhalt 807 000 f kostete, während im Jahre 1882 die Zahl der Armen nur 788 000 oder 30 per 1000 betrug, die Unterhaltungskosten sich aber auf 825 000 f beliefen.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Wie die Zeitschrift des Germanischen Museums zu Nürnberg, der „Anzeiger für Kunde der Deutschen Vor⸗ zeit“ in seiner Oktober⸗Nummer mittheilt, war der Verwaltungs⸗ ausschuß des Museums am 25. und 26. September unter dem Vor⸗ sitz des Ersten Direktors, Dr. A. Essenwein, in Nürnberg versammelt, um über die weiteren Aufgaben der Anstalt zu berathen. An den Berathungen hatten sich betheiligt die Herren Gutsbesitzer Dr. H. Beckh auf Rathsberg, Direktor Dr. Frommann, Prof. Dr. H G. Geng⸗ ler aus Erlangen, Geh. Rath Prof Dr. von Giesebrecht aus München, Ober⸗Baurath Direktor Gnauth, Kommerzien⸗Rath von Grundherr, Generalkonservator von Hefner⸗Alteneck, Direktor des Nation almuseums zu München; Professor Dr. Hegel aus Erlangen, Direktor Herzer, Historienmaler A. von Heyden aus Berlin, Rechtsanwalt Frhr. von Kreß, Hofrath Dr. von Lehner, Direktor der Fürstlichen Samm⸗ lungen zu Sigmaringen; Domanial⸗Kanzlei⸗Rath Dr. Frhr. von Löffelholz, Direktor der Fürstlich öttingenschen Sammlungen aus Wallerstein; Königlicher Notar Maier, Direktor Dr. von Reber aus München, Senator Dr. Römer aus Hildesheim, Professor Dr. Alwin Schultz aus Prag, Professor Dr. Steche aus Dresden, Geh. Rath, Pro⸗ fessor Dr. Waitz, Professor Dr. Wattenbach aus Berlin und Dr. Zehler. Da mit der nunmehr erfolgten Uebergabe des zum Ausbau nöthigen Grundes und Bodens die Hauptfrage des Westergedeihens der An⸗ stalt glücklich gelöst ist, so konnte der Verwaltungsausschuß zunächst eine befriedigende Gesammtlage konstatiren. Prinzipielle Fragen von größerer Tragweite waren nicht zu erörtern, und es konnten daher alle eingehender und sicherer geprüft und das Festhalten an den be⸗ reits in Angriff genommenen Aufgaben beschlossen werden. Diese bestehen namentlich darin, der Geschichte des Hausmobiliars, der Hausgeräthe und des häuslichen Lebens überhaupt die nächste Auf⸗ merksamkeit zu schenken und ferner die Sammlung der Gypsabgüsse von hervorragenden deutschen Skulpturen bis zu einem gewissen Ab⸗ schluß zu bringen. 8
Am 1. September hat, wie bereits erwähnt, die Ueberweisung des zur Erweiterung der Anstalt nach dem schon im Jahre 1877 definitiv entworfenen Plan für den Ausbau der Museumsgebäude nöthigen Grundes — eines Stücks vom Stadtgraben und dem Zwinger — von Seiten der Stadt Nürnberg stattgefunden, so daß die Museumsverwaltung nunmehr in der Lage ist, das seitdem von allen betheiligten Faktoren genehmigte Projekt zur Ausführung zu bringen. Innerhalb der nächsten 10 Jahre werden nun die wichtigsten und nothwendigsten Bauten, welche für die Entwickelung der Samm⸗ lungen, wofern diese nicht gehemmt werden soll, unentbehrlich sind, auf Kosten des Reichs ausgeführt werden, und damit dürfte dann das Gesammtbild der Anlage in den wesentlichsten Zügen fertig dastehen. Inzwischen ist auch das verflossene Baujahr nicht ohne er⸗ freuliche Ergebnisse vorübergegangen: Der vierte Flügel des romaͤ⸗ nischen Kreuzganges nebst dem sich daran schließenden größeren Treppen⸗ hause ist nahezu fertig, ebenso ein großer Saal, der bestimmt ist, die prähistorischen Denkmäler aufzunehmen. Beide Räume sollen im kommenden Frühjahr bereits dem Publikum geöffnet werden.
Unter den wissenschaftlichen Mittheilungen der Oktober⸗Nummer des Museumsorgans finden wir zunächst einen zweiten Artikel über die Heiligen⸗Bluts⸗Kapelle der Cisterzienser⸗Abtei Doberan von L. Dol⸗ berg zu Grahl in Mecklenburg; ferner einen vierten und fünften Beitrag über mittelalterlichen Hausrath und das Leben im deutschen Hause, vom Direktor A. Essenwein, welcher darin in Wort und Bild die metallenen Kochgeräthe und die Mörser des altdeutschen Hauses schildert; einen staatsgeschichtlichen Beitrag über die Entstehung des neueren Reichsfürstenstandes, vom Freiherrn L. von Borch in Innsbruck; ein altes, wahrscheinlich ums Jahr 1475 niedergeschriebenes Gedicht aus dem ehemaligen städtischen Archive in Neustadt a. Orla, jetzt im Geheimen Haupt⸗ und Staatsarchiv zu Weimar (in Ober⸗ Oesterreich oder Bayern entstanden und „ein schone concert vom leyden Christi“ betitelt), mitgetheilt von Paul Mitzschke in Weimar; endlich Nachrichten über Valentin Mahler, Kontrafaktor und Eisenschneider zu Nürnberg, von Theodor Distel in Dresden, sowie über Bajonnet⸗ messer vom Direktor Essenwein, welcher ein derartiges Messer, das als Geschenk des Fürsten von Schwarzburg⸗Rudolstadt in das Mu⸗ seum gekommen ist, abbildlich mittheilt. Dieses Messer, welches mit⸗ tels einer Feder im Lauf einer Büchse befestigt werden kann, stammt wahrscheinlich bereits aus dem 16. Jahrhundert, ist also jedenfalls älter als die Erfindung des Bajonnets, welche erst im Jahre 1680 gemacht worden sein soll.
— „Bilder aus der Karolingerzeit: so betitelt sich ein liebenswürdiges Buch von dem bekannten Historiker und Literar⸗ historiker Prof. R. Fosz, welches in diesem Jahre zu Gütersloh im Verlage von C. Bertelsmann erschienen ist. Das Buch wendet sich an alle gebildeten Freunde der Geschichte, insbesondere an die gereiftere Jugend unserer höheren Schulen. Um eine eingehendere und gründlichere Kenntniß einer ebenso bedeutsamen wie im Grunde wenig bekannten Epoche der allgemeinen Geschichte zu ermitteln, die die Ursprünge der Nationen von Westeuropa überhaupt und diejenige der deutschen Nation insbesondere erschließt, schlägt der Verfasser einen neuen höchst angemessenen Weg ein. Er erzählt im engen An⸗ schluß an die Quellen und zugleich mit freier Erfindung eine Reihe von Episoden, in denen sich alle Seiten des Lebens der Epoche gleich⸗ mäßig abspiegeln: das Leben bei Hofe und unter dem Adel wie im gemeinen Volke, die politischen und kirchlichen Zustände, die wirth⸗ schaftlichen und sittlichen Verhältnisse, Glauben und Brauch der Menschen, ihre Freuden und Leiden, ihre kriegerischen Kämpfe und ihr friedlicher Verkehr. Es ist wirklich eine Reihe von Bildern, die uns der Verfasser vorführt, farbenreich und scharf gezeichnet; aber nur aus⸗ nahmsweise werden wir bei einem einzelnen längere Zeit festgehalten. Wie Nebelbilder lösen sie sich wechselnd ab; mit überzeugender Wahrheit und dem fesselnden Reize novellistischer Erfindung ausgemalt, bilden sie ein Ganzes, ein Spiegelbild des Zeitalters. Weit tiefer und lebendiger, als es der gewöhnliche Geschichtsvortrag vermag, führt uns diese freie Ausführung von Andeutungen, die doch in der Ueberlieferung enthalten sind, mitten in die Geschlechter einer längst versunkenen Vergangenheit hinein. Die poetische Literatur und der Reichthum der Sage, die Geschichtsschreiber und die geistliche Literatur hat sich der Verfasser gleichmäßig dienstbar gemacht, um aus Einzelzügen durch musivische Arbeit ein lebenvolles Ganzes vor uns hinzustellen und was sonst nur als todter Name erscheint, in anschaulicher, handgreiflicher Wirklichkeit vorzuführen. So ersteht vor uns in ihren wesentlichen Charakterzügen die Zeit von Karl Martell bis auf Ludwig den From⸗ men, von der doch die Meisten unter den Gebildeten nur eine ganz ungefähre Vorstellung haben, in lebendigster Deutlichkeit, immer aufs Neue das Interesse erregend und festhaltend. In seinen beiden Haupt⸗ abschnitten schildert das Buch die Zustände im Süden und im Norden Frankreichs und Europas, die Berübrungen mit den Mauren und das Bekehrungswerk unter den Heiden. Wir begrüßen das auch äußerlich wohlausgestattete Buch, das Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prin⸗ zessin Heinrich der Niederlande gewidmet und mit einem schön aus⸗
.“ 8 geführten Bilde des Klosters St. Michel an der Küste der Bretagne eschmückt ist, als ein vortreffliches Mittel, Verständniß für die Ge⸗ chichte und Liebe für historische Studien in weiteren Kreisen und besonders in der Jugend anzuregen, mit besonderer Freude.
— Mittheilungen aus der historischen Literatur, hrsg. von der historischen Gesellschaft zu Berlin und in deren Auftrage redigirt von Dr. Ferd. Hirsch. XI. Jahrg. 4. Heft. Berlin 1883. R. Gärtners Verlagsbuchh. (Herm. Heyfelder). — In dem vorliegenden 4. Hefte der höchst brauchbaren und allen
reunden der Geschichte sehr nützlichen „Mittheilungen“ werden 40 ge⸗ chichtliche Schriften und Abhandlungen nicht sowohl kritisirt, als vielmehr ihrem Inhalte nach objektiv und mehr oder weniger aus⸗ führlich von verschiedenen Berichterstattern besprochen. Es sind dies folgende geschichtliche Arbeiten: Haag, die Territorialgeschichte und ihre Berechtigung. — Bossert, die histor. Vereine vor dem Tribunal der Wissenschaft. — Rapp, die Beziehungen des Dionyvsiuskultus zu Thracien u. Kleinasien. Progr. — Schneiderwirth, Heraclea am Pontus. Progr. — Emminger, der Athener Kleon. — Schambach, die Reiterei bei Cäsar. Progr. — Gerstenecker, der Krieg des Othou. Vitellius in Italien i. J. 69. Proar. — Breitung, Bemerkungen über die Quelle des Dio Cassius LXVL u. LXIX Progr. — Wimmer, Die histor. Kulturlandschaft. Progr. — Platz, Die Kapitularien der fränkischen Könige. I. bis zu Karl d. Gr. Progr. — v. Karwowski, Ein Brief der Herzogin Mathilde von Ober⸗Lothringen an König Miecyslaw II. von Polen. Progr. — Treukamp, Ueber Otto I., Bischof von Münster (1203 — 18), Graf von Oldenburg. Progr. — Hartwig, Aus dem Leben des Prinzen Christian von Waldeck. Progr. — Klatt, Chronolog. Beiträge zur Geschichte des achäischen Bundes. Progr. — Bohn, Ueber die Heimath der Prätorianer. Progr. — Braumann, Die Principes der Gallier und Germanen bei Cäsar und Tacitus. Progr. — Zellmer, Zur polnischen Politik des Kurf. Friedrich II. von Brandenburg. I. Bis zur Königswahl 1446. Progr. — Schwarcz, Die Demokratie. 1. Bd. Die Demokratie von Athen. — Neumann, Geschichte Roms während des Verfalls der Republik. — Bardey, das 6. Konsulat des Marius oder d. J. 100 in der römischen Ver⸗ fassungsgeschichte. — Schiller, Geschichte der römischen Kaiserzeit. 1. Bd. — Coen, Di una leggenda relativa alla nascita e alla gio- ventü di Costantino Magno. — Foß. Bilder aus der Karolingerzeit. — Nitzsch, Geschichte des deutschen Volkes bis zum Augsburger Re⸗ ligionsfrieden. 1. Bd. Geschichte des deutschen Volkes bis zum Aus⸗ gang der Ottonen. — Ladewig, Poppo von Stablo und die Kloster⸗ reform unter den ersten Saliern. — Wattendorff, Papst Stephan IX. — Scriptores rerum germanicarum in usum scholarium ex Monum. Germaniae histor. recusi (Waltrami qui videtur liber de unitate ecclesiae conservanda). — Mayer, Die östlichen Alpenländer im Investiturstreite. — Sauer, Die ältesten Lehnbücher der Herrschaft Bolanden. — Dahn, Das Ehe⸗ und Fa⸗ milienrecht des Stadtbuches von Augsburg von 1276. — Hoogeweg, Die Chronik des sog. Martinus Fuldensis. — Hegel, Verfassungs⸗ geschichte von Mainz im Mittelalter. — Mittheilungen aus dem Stadtarchiv von Cöln. II. — Schneegans, Johannes Trithemius und Kloster Sponheim. — Müller, Die Restauration des Katholi⸗ zismus in Straßburg. — Memoiren des Frhrn. Dubisl. Gneomar von Natzmer. — Hubert, Etnde sur la condition des Protestants en Belgiqne depuis Charles- Quint jusqu'à Joseph II. — Böhtlingk, Napoleon Bonaparte, seine Jugend und sein Emporkommen. Bd. 2. — Schillmann, Bilder aus der Geschichte der märkischen Heimath. — Hahn, Zwanzig Jahre (1862 — 1882).
Gewerbe und Handel.
M u“ Amsterdam, 19. Oktober. (W. T. B.) Bei der heute hier abgehaltenen Surinam⸗Zucker⸗Auktion wurden 42 Faß à 21 — 24 ½, 429 Barrels à 22 ½8 — 29 und 100 Sack à 21 — 22 ½¼ verkauft. New⸗York, 19. Oktober. (W. T. B.) Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 255 000 B. Ausfuhr nach Großbritannien 42 000 B., Ausfuhr nach dem Konti⸗ nent 59 000 B., Vorrath 636 000 B. 8
Verkehrs⸗Anstalten.
Die am 15. d. M. erschienene Oktober⸗Ausgabe 1883 des Reichs⸗Kursbuchs, bearbeitet im Kursbureau des Reichs⸗Postamts (Berlin, Julius Springer Preis 2 ℳ), enthält die neuen Winterfahr⸗ pläne, welche größtentheils an demselben Tage in Kraft getreten sind; nur die der französischen Nordbahn und die der Niederländischen Eisenbahnen (mit Ausnahme der Niederländischen Rhein⸗Eisenbahn) beginnen erst am 1. November. Abgesehen von den in jedem Winter eintretenden Beschränkungen der Bäder⸗ und Gebirgstouren sind die wichtigsten Aenderungen in Mitteldeutschland dadurch hervorgerufen worden, daß der aus Berlin 80 Abends abgehende Schnellzug nach Leipzig⸗München⸗Rom nicht mehr den Anschluß nach Halle⸗ Frankfurt⸗Basel vermittelt, für die letztere Verbindung vielmehr ein besonderer, über 2 Stunden später abgehender Zug (1020 aus Berlin) eingerichtet worden ist. Durch diesen Zug wird ein engerer Anschluß an den St. Cotthard⸗Zuͤg erreicht, doch büßt man dafür den Anschluß nach Bern ein. Will man diesen gewinnen, so muß man 651 aus Berlin über Magdeburg⸗Güsten reisen und gelangt dann 6 3% nach Frankfurt a. M., 415 nach Basel, 915 nach Bern. Andererseits ist durch die Späterlegung des Abendzuges nach Frankfurt a. M. auch der Anschluß über Hanau⸗Stuttgart⸗Zürich an den Gotthard⸗Zug verloren gegangen. Im Weiteren sind folgende Aenderungen eingetreten: Der Früh⸗Schnellzug aus Stettin nach Berlin ist aufgehoben, ein Abend⸗ zug (917 aus Stettin, 1222 in Berlin) neu eingerichtet worden. De Abend⸗Schnellzug von Coblenz nach Trier geht statt 107 schon um 8 ab, wird deshalb von dem früheren Anschlußzuge 820 aus Berlin via Nordhausen nicht mehr erreicht. Zwischen Eger und München i (wie seit Jahren) der Abends 738 in München eintreffende, sowie der Abends 7³30 aus München abgehende Schnellzug für den Winter auf gehoben worden. In Folge dessen gelangt man 110 aus Berlin ab fahrend nicht mehr über Eger, sondern über Hof⸗Bamberg und zwa erst 9i“o nach München und verfehlt den Anschluß an di Schnellzug⸗Verbindung München⸗Verona⸗Rom. Man erreich die betreffenden italienischen Züge einerseits 10 ²0 Berlin über Frankfurt⸗Basel⸗St. Gotthard, andererseits aus Berlin über Breslau⸗Wien⸗Cormons. Die Mittags⸗Courierzüg zwischen München und Lindau sind fortgefallen. Um die Anschlüss nach der Ostschweiz zu gewinnen, fährt man am zweckmäßigsten au Berlin 2 30. Die Courierzüge auf den Routen Eger⸗Karlsbad⸗Prag Eger⸗Marienbad⸗Pilsen⸗Wien, sowie die Nachmittags⸗Schnellzüg zwischen Salzburg und Wien fallen für den Winter fort. Di Fahrten der Orient⸗Expreßzüge finden hin⸗ wie herwärts 2 Tage später als früher statt. Von den Rundreisebillets ist ein großer Theil (weil nur vom 1. Mai bis Ende September verkäuflich) in Fortfall gekommen. .
Bremen, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Neckar“ ist gestern 3 Uhr Nach⸗ mittags in New⸗York eingetroffen.
Berlin, 20. Oktober 1883.
Der Berliner Lehrerverein veranstaltet für den Winte 1883/84 folgende wissenschaftliche Vorlesungen: 8
1) Psychologie. Hr. Sem.⸗Direktor Schultze. Donnerstag 6 — 7 Uhr Diese Vorlesungen sowie auch die von Hrn. Sem.⸗Lehrer Fietze: „Ueber Afrika“ (Donnerstag 7—8 Uhr) finden auf Anordnung des Hrn. Ministers in der Aula des Königl. Seminars, Friedrichstr. 229, statt und beginnen am 25. Oktober. Unentgeltlich. 8
2) Das Spiel in der Volkserziehung. Hr. Dr. Georgens. „Zehn Vorträge für Verständnisse und für Würdigung des Spiels in der Volkserziehnng., Verbunden mit Turn⸗ und Liederspielen für Knaben und Mädchen in den verschiedenen Altersstufen. Anfan nach Weihnachten. Voraussichtlich Mittwoch und Sonnabend 4—6 Näheres wird später bekannt gemacht werder