1883 / 249 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 23 Oct 1883 18:00:01 GMT) scan diff

der Stadt Caub bis zum Betrage von 176 500 Reichs ährung, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Wiesbaden Nr. 36 S. 251 bis 253, ausgegeben den 6. September 1883:;

8 13) das Allerhöchste Privilegium vom 23. August 1883 wegen eventueller Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine des Kreises Soldin bis zum Betrage von 200 000 Reichswährung, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu rankfurt a. O. Nr. 39 S. 289 bis 291, ausgegeben den 26. September 1883.

ANiichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. Oktober. Se. Majestät der Kaiser und König sind heute Morgen bei bester Ge⸗ sundheit wieder hier eingetroffen.

Se. Majestät waren, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag 5 Uhr mittels Extrazuges von Baden⸗Baden ab⸗ gereist. Die Großherzogliche Familie, alle in Baden⸗Baden anwesenden Fürstlichkeiten, mehrere Gesandten und Generale sowie die Spitzen der Behörden waren zur Verabschiedung auf dem Bahnhofe anwesend. Das zahlreich erschienene Publikum begrüßte den Kaiser mit enthusiastischen Hochrusen. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin gaben Sr. Majestät mit der Bahn noch eine Strecke Weges das Geleit.

Die Ankunft Sr. Majestät auf dem Potsdamer Bahnhofe hierselbst erfolgte um 8 ½ Uhr. Zum Empfange hatten Sich Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Wil⸗ helm, die hier anwesenden General⸗ und Flügel⸗Adjutanten, der Gouverneur und der Kommandant sowie der stellver⸗ tretende Polizei⸗Präsident, Ober⸗Regierungs⸗Rath von Heppe, eingefunden.

Gegen 9 Uhr trafen Se. Majestät im Palais ein. Um 12 Uhr empfingen Allerhöchstdieselben die Erbprinzlich sachsen⸗ . Herrschaften sowie den Prinzen Friedrich eopold.

Der General der Infanterie von Strubberg, General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗ wesens, hat sich nach Cassel behuss Besichtigung der dortigen Kriegsschule begeben.

CGC. M. SF. HöI99, 10 Geschütze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Freiherr von Seckendorff, ist am 29. Septem⸗

ber cr. in Bahia eingetroffen.

Hessen. Darmstadt, 22. Oktober. (Darmst. Ztg.) Der Herzog und die Herzogin von Edinburg sind nebst dem Prinzen Alfred, den Prinzessinnen Maria, Victoria und Alexandrina am 20. d. M., Nachmittags 4 Uhr, zum Be⸗ suche des Großherzoglichen Hofes hier eingetroffen. Die Herrschasten und das Gefolge haben im Großherzoglichen Schloß Wohnung genommen.

Der Herzog wird heute Abend 6 Uhr 45 Minuten von hier nach Berlin und die Herzogin um 11 Uhr 30 Minuten Vormittags nach Schloß Schönberg reisen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 22. Oktober. (Th. Corr.) Der Landtag hat heute die erste Sitzung nach seiner am 20. März stattgehabten Vertagung gehalten. Es wurden in derselben nur die Eingänge verlesen. üt

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 22. Oktober. (W. T. B.) Die von der evangelischen Synode in der Eröffnungs⸗ sitzung gewählte Huldigungsdeputation wurde heute vom Kaiser empfangen. Auf die Ansprache des Synodal⸗ Präsidenten, Superintendenten Bauer, erwiderte der Kaiser: es freue ihn, die Versicherungen der Treue und Loyalität der Synode und der durch sie vertretenen österreichischen Staats⸗ bürger evangelischer Konfession entgegenzunehmen. Die evan⸗ gelische Kirche möge wie bisher so auch fernerhin seines väter⸗ lichen Schutzes und Schirms gewiß sein. Der Kaiser unter⸗ hielt sich sodann noch mit einzelnen Mitgliedern der Depu⸗ tation. Dieselbe begab sich darauf zu dem Minister⸗Präsidenten Grafen Taaffe und dem Kultus⸗Minister, wo sie ebenfalls die wohlwollendste Aufnahme fand.

Frankreich. Paris, 22. Oktober. (W. T. B.) Der Großfürst Wladimir ist heute früh in Paris eingetroffen. Derselbe begiebt sich nach Biarritz, um seine Gemahlin abzu⸗ holen und nach St. Petersburg zurückzugeleiten.

In einer heute stattgehabten Versammlung der äußersten Linken wurde einstimmig beschlossen: von der Regierung Aufklärungen zu fordern über die allgemeine poli⸗ tische Lage, über die Verzögerung der Einberufung der Kammern, über den Rücktritt Thibaudins und über die Tongking⸗Affaire. Am Donnerstag soll der Wortlaut der Inter⸗ pellation festgesteltt werden.

Die hier tagende internationale Konferenz zum Schutze unterseeischer Kabel wird ihre Berathungen wahrscheinlich heute schließen.

Offizielle Depeschen, welche gestern aus Tong⸗ king an den Marine⸗Minister gelangt sind, melden von keinen neuen militärischen Operationen, sondern nur von eini⸗ gen Rekognoszirungen, die vorgenommen worden sind. Man beschäftige sich mit Maßregeln, um eine Verproviantirung des Feindes zu verhindern. Eine Depesche des Admirals Meyer zeigt an: die chinesischen Truppen, welche bis jetzt die Grenze bei Monkai besetzt hielten, seien nach Canton zurückgkehrt.

b Spanien. Madrid, 22. Oktober. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten hätte Marokko eingewilligt, Spanien das Gebiet von Santa Cruz del mar an der Mündung des Neniflusses zu übergeben. Spanien bestand auf der Ausführung dieser Bestimmung des Vertrages vom Jahre 1860, um dem Einfluß der englisch⸗nordafrikanischen Compagnie, welche seit dem Jahre 1879 bei dem Kap Jubi etablirt ist, ein Gegengewicht zu bieten.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 22. Ok⸗ tober. (W. T. B.) Der bieherige französische Botschafter Jaureès wurde heute vom Kaiser zur Ueberreichung seines Abberufungsschreibens in Abschiedsaudienz empfangen. Später verabschiedete sich Jaurès auch von der Kaiserin.

Der Gouverneur von Jekaterinoslaw, von Rosenberg, ist auf seine Bitte“ aus Gesundheitsrücksichten seiner Stelle enthoben, und der bisherige Gouverneur von Fürst Dolgorukow, zu seinem Nachfolger ernannt worden.

Der Prokurator des südliche ist zum interimistischen Vize⸗Direktor des departements ernannt worden.

Schweden und Norwegen. Christiania, 22. Ok⸗ tober. (W. T. B.) Vor dem Reichsgericht begann heute die Verhandlung gegen den Staats⸗Minister Selmer.

Polizei⸗

Zeitungsstimmen.

Ueber die Stadtverordnetenwahlen in Berlin schreibt die „Nationalliberale Correspondenz“:

„Mit dem Ergebniß der Berliner Stadtverordnetenwahlen in der dritten Abtheilung, die am meisten charakteristisch für die herrschende Stimmung ist und daher auch weitaus am meisten das allgemeine Interesse auf sich zog, erklären sich merkwürdigerweise alle Parteien, die in den Wahlkampf eingetreten waren, befriedigt, und in gewissem Sinne haben sie alle ein Recht dazu. ... Am bedingtesten und klein⸗ lautesten äußert sich die Befriedigung in der fortschrittlichen Presse, und wie uns scheint, mit gutem Grund. Diese Partei hat einen offenbaren Rückgang zu beklagen, der freilich noch lange nicht so stark ist, um ihre Herrschaft in der kommunalen Verwaltung in Frage zu stellen, aber immerhin eine Niederlage mit allen ihren moralischen Folgen darstellt. Die wankende Stellung der Fortschrittspartei in der Klasse der geringen Steuerzahler, also der der Zahl nach weit überwiegenden Bevölkerung der Hauptstadt, tritt noch deutlicher zu Tage, wenn man nicht die schließlichen Wahlresultate, son⸗ dern die Zahl der abgegebenen Stimmen in Betracht zieht..... Insbesondere den Konservativen gegenüber wird sich die Fort⸗ schrittspartei daran gewöhnen müssen, eine andere Tonart anzuschla⸗ gen als bisher. Wer so wuchtige Zahlen aufzubringen vermag, darf so geringschätzig nicht behandelt werden, wie es bisher Sitte gewesen. Eine Partei, die in besonderem Maße ihren volksthümlichen, demokratischen Charakter zu betonen pflegt, wie die Fortschrittspartei, muß die That⸗ sache schwer empfinden, daß gerade in den Massen der unteren Steuerzahler ihr Boden merklich zu wanken beginnt. Man mag unter diesen Umständen den nächsten Reichstagswahlen mit besonderem Interesse entgegensehen Gar mancher Konservative hat keine Neigung, einer Abart des Konservatismus Vorschub zu leisten; ebenso⸗ wenig aber will er am Wagen der ortschrittspartei ziehen helfen, und auch gar mancher gemäßigt Liberale hat keine Lust, zur größeren Verherrlichung des politischen Radikalismus sein Theil beizutragen. Vor wenigen Tagen feierte eins der ver⸗ breitetsten und anerkanntesten fortschrittlichen Blätter der Hauptstadt zum Voraus den Sieg als einen Triumph des demokratischen Prin⸗ zips. Es hat eben nicht jeder Lust, zum demokratischen Triumph bei⸗ zutragen. Man mochte hundert Mal versichern, daß es sich bei diesen kommunalen Wahlen nicht um politische Fragen und politische Partei⸗ gegensätze handle. Sie waren und bleiben doch eine Kraftprobe zwischen politischen Parteien, der Kampf und die Gegensätze drehten sich thatsächlich nicht um untergeordnete lokale Kommunalfragen, die lediglich des Scheins halber und ganz nebenbei hier und da in die Diskussion gezogen wurden. Der politische Parteieifer und Parteifanatismus hat die Schaaren gegen einander geführt. Der Haß, den sich die Fortschrittspartei durch ihr Ge⸗ bahren auf politischem Gebiet zugezogen, richtet sich gegen sie auch auf kommunalem Gebiet, wo ihre Wirksamkeit dies nicht verdient. Wir möchten nicht einmal zugeben, daß um das große Prinzip der bürgerlichen Selbstverwaltung gekämpft wurde. Wäre dies der Fall gewesen, so würde die Thatsache noch um so viel beschämender nnd trauriger sein, daß von 150 000 Wahlberechtigten nur 80 000 für dieses hohe Gut einzutreten sich entschließen konnten.

Ueber die Wahl der Arbeiterpartei⸗Mitglieder sagt die „Hallische Zeitung“:

„Die atonal; göft ist über dieses Ergebniß außer sich. Und doch verkünden ihr? Geennungsgenossen, daß sie bei den Stich⸗ wahlen einen Vertrag mit der Arbeiterpartei abschließen werden, durch welchen sie sich gegenseitig noch einige Siege auf Kosten der Bürgerpartei sichern wollen. Das scheint denn doch zu beweisen, daß sich die Fortschrittler von dem „Liberalismus“ der Sozialdemokratie angeheimelt fühlen. Uebrigens werden die paar Vertreter der letzteren in der Stadtverordnetenversammlung nicht schaden: sie werden nur dazu beitragen, daß die „herrschende Partei“ in Zukunft sich nicht einer ruhigen eschaulichkeit wird hingeben können.“

Die „Schlesische Zeitung“ sagt in ihren Erörte⸗ rungen über den Wahlausfall:

Die Thatsache, daß die Hälfte der in der dritten Abtheilung ab⸗ gegebenen Stimmen in Berlin, der „Domaine des Fortschritts“, auf Anti⸗Fortschrittler, und zwar zumeist auf Konservative, gefallen ist, spricht jedenfalls dafür, daß es in der Reichshauptstadt mit der Herrschaft der Fortschrittspartei stark bergab geht. Das Stimmen⸗ verhältniß bei den diesmaligen Kommunalwahlen ist für dieselbe noch erheblich ungünstiger, als das bei den letzten politischen Wahlen erzielte, welches bereits von einem erheblichen Wachsen der antifortschrittlichen Strömung Kunde gab. Da⸗ bei wird der Fortschritt die nicht zur Wahl erschienenen 60 Pro⸗ zent der Wahlberechtigten kaum für sich in Anspruch nehmen können. Bei dem Abhängigkeitsverhältniß, in welchem, nach einer sehr zu⸗ treffenden Bemerkung in dem Schreiben eines liberalen Bezirks⸗ komités, so viele Wähler der dritten Abtheilung, d. h. so viele niedriger Besteuerte, als Miether oder Arbeiter gegenüber den fast durchweg fortschrittlich gesinnten reichen Hausbesitzern, Fabrikherren und Geschästsinhabern stehen, ist der Heerbann der „kleinen Leute“, soweit er für die Fahne der Fortschrittspartei überhaupt noch zu werben war, gewiß Mann bei Mann zur Wahl angetreten.

Im „Berliner Tageblatt“ lesen wir:

Der „Beuthener Zeitung“ wird von „betheiligter Seite“ mitge⸗ theilt, daß im oberschlesischen Berg⸗ und Hüttenrevier seit 14 Tagen ein großer Mangel an Arbeitskräften eingetreten sei. Es wird be⸗ hauptet, daß Gruben⸗ und Hüttenverwaltungen vergebens Aufrufe an Arbeitsuchende erlassen und daß trotz höherer Löhne ein Schwinden des Uebelstandes bis jetzt nicht zu vermerken sei. Auf der Hohen⸗ zollerngrube finden beispielsweise nach dem genannten Blatte 200 Ar⸗ beiter sofort lohnende Beschäftigung.

Die „Berliner Börsen⸗Zeitung“ widmet den Vortheilen, welche der neue deutsch⸗ panische Handelsvertrag dem deutschen Handel gebracht hat, einen längeren Artikel, in welchem es u. A. heißt:

An der Erhaltung des spanischen Marktes sind fast alle Zweige deutscher Gewerbethätigkeit in gleich hohem Grade interessirt. Die in dieser Angelegenheit an die Reichsbehörden gerichteten Eingaben von Handelskammern, Gewerbevereinen, großen und kleinen Fabrikan⸗ ten aus allen Theilen des Deutschen Reiches zählen nach Hunderten. Der kurze Zeitraum, der zwischen dem Erlöschen des alten und dem Zustandekommen des neuen deutsch⸗spanischen Feiitee eah lag, hat in dieser Hinsicht zu außerordentlich lehrreichen eststellungen Veranlassung geboten. Baumwollwaaren, Brennereierzeugnisse, Chemikalien, sog. kurze Waaren, Lederwaaren, Glas⸗ und Zinnfabrikate, Erzeugnisfe der Schmiedekunst und der Eisengießerei, sie alle finden in Spa⸗ nien ebenso reichlichen Absatz wie gewisse landwirthschaftliche Produkte, die unter dem südlichen Himmel nicht gedeihen oder auf welche der spanische Landmann sich nicht recht versteht. Für alle diese Gebiete kam es bei den Verhandlungen zwischen Deutschland und Spanien darauf an, daß Deutschland sich die Meistbegünstigung sichere, denn nur unter dieser Voraussetzung erschien die Konkurrenz mit Frankreich, Oesterreich und der Schweiz besiegbar....

An den vorstehenden Bemerkungen werden die Leser einen Maß⸗ stab für den Werth des errungenen Resultats gewinnen. Die niedrigsten Zollsätze und die größten Rechtsvortheile sind uns zuge⸗ sichert und dennoch hat es bei den Verhandlungen über die An⸗

en Bezirksgerichts Puschkin -

sprachen. Die Bestimmungen, betreffend den in Deutschland ge⸗ reinigten russischen Spiritus, sind dabei so behandelt worden, als repräsentirten sie ein deutsches Interesse ersten Ranges und als habe es allein von dem guten Willen unserer Unterhändler abge⸗ hangen, auch noch in das Bereich der zwischen Rußland und Spanien streitigen Fragen hinüber zu greifen. Eine leidlich unbefangene Be⸗ trachtung lehrt dagegen, daß unter dem Druck schwieriger Verhält⸗ nisse außerordentlich Wichtiges erreicht worden ist und daß die deutsche Industrie zu dankbarer Anerkennung der gewo nenen Resultate reich⸗ lichen Grund hat. . ö11.“

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heits amts sind in der 41. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 24,7, in Breslau 25,1, in Königsberg 34,6, in Cöln 21,3, in Frankfurt a. M. 17,4, in Hannover 21,0, in Cassel 15,8, in Magdeburg 33,3, in Stettin 24,9, in Altona 21,2, in Straßburg 21,5, in Metz 23,1, in München 29,9, in Nürnberg 24,7, in Augsburg 23,7, in Dres⸗ den 24,0, in Leipzig 17,8, in Stuttgart —, in Braunschweig 30,0, in Hamburg 20,8, in Karlsruhe 17,0, in Lübeck —, in Wien 22,7, in Budapest 22,5, in Prag 30,9, in Triest —, in Krakau 22,9, in Basel 20,6, in Brüssel 22,8, in Paris —, in Amsterdam 27,9, in London 19,0, in Glasgow 21,7, in Liverpool 23,6, in Dublin 25,8, in Edinburg 17,0, in Kopenhagen 19,8, in Stockholm 14,6, in Chri⸗ stiania 17,1, in St. Petersburg 24,3, in Warschau 29,9, in Odessa 33.8, in Bukarest 25,7, in Rom 29,0, in Turin 17,3, in Madrid 29,2, in Alexandrien 33,4. In der Zeit vom 16. bis 22. September: in New⸗York 25,6, in Philadelphia 21,3, in Chicago 24,7, in St. Louis 28,5, in Cincinnati 15,0, in San Franzisko 24,2, in Kalkutta 21,9, in Bombay 34,8, in Madras 53,8.

Beim Beginn und in den ersten Tagen der Berichtswoche herrschten an den ost⸗, mittel⸗ und nordwestlichen deutschen Beobach⸗ tungsorten westliche und südwestliche, an den süd⸗ und westdeutschen Stationen nordöstliche Luftströmungen, die in Breslau und Konitz am 8. bezw. am 9. nach Nordwest, dann wieder nach West und Südwest zurückdrehten. In München aing der Wind um die Mitte der Woche, nach kurzem Wechsel mit West, nach Ost, in Cöln und Heiligenstadt nach Südost, in Karlsruhe nach Südwest, in Berlin und Bremen wehte Westwind. Zu Ende der Woche ging jedoch der Wind fast allgemein, in Bremen und Karlsruhe nach vorübergehendem Wechsel mit Nordwest, nach Ost und Südost, an den Oststationen und in München nach Nordost. Die Temperatur der Luft entsprach in Breslau und Berlin der normalen, an den süddeutschen Stationen lag sie bis zu 2 Grad C. unter, an den übrigen Stationen etwas über derselben. Niederschläge erfolgten selten und spärlich. Der heim Wochenbeginn hohe Druck der Luft stieg an den meisten Stationen in den ersten Tager, sank am 9., an den Oststationen schon am 8., zum Theil recht erheblich, nahm aber in den letzten Tagen der Woche an allen Stationen wieder rasch zu.

Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten Großstädte Europas blieben auch in dieser Woche günstige, namentlich war in den süd⸗ deutschen Städten die Sterblichkeit eine geringe. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte betrug 23,0 (gegen 22,9 der Vorwoche, pro Mille und Jahr berechnet) und zeigt im Besonderen eine abermalige und bedeutende Abnahme der Sterb⸗ lichkeit des Säuglingsalters, so daß von 10 000 Lebenden (pro Jahr berechnet) 77 Säuglinge starben gegen 83 der vorhergegangenen Woche, in Berlin 76, in München 128.

Unter den Todesursachen haben von den Infektionskrankheiten nur Sterbefälle an Keuchhusten und typhösen Fiebern abgenommen, auch Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder führten weniger, Masern, Scharlach und Diphtherie dagegen, besonders in einer größeren Zahl deutscher Städte, mehr Todesfälle herbei. So haben Sterbe⸗ fälle an Masern in München, Crimmitschau, Guben, Hannover und namentlich in Osnabrück zugenommen. Das Scharlachfieber, in vielen Fällen mit Diphtherie gemeinsam auftretend, herrschte in Königsberg, Danzig, Landsberg a. W., Dresden, Gotha, Meerane, Coburg, Magdeburg, Hamburg, Altona, Berlin, Elberfeld, auch in London nahmen Sterbefälle an Scharlach zu. Diphtherie und Croup wurden in Schwerin i. M., München, Dresden, Chemnitz, Leipzig, Halle, Potsdam, Spandau, Guben, Prenzlau, Remscheid, Prag und ganz besonders in Königsberg, Breslau, Berlin und Amster⸗ dam häufig Todesveranlassung. In Berlin stieg die Zahl der Sterbefälle auf 87, in Amsterdam auf 31. Typhöse Fieber traten seltener als Todesursachen auf, nur in Budapest war die Zahl der Opfer eine gesteigerte. Sterbefälle an Flecktyphus kamen aus St. Petersburg, Valencia, Murcia, Saragossa, London, Malaga nur vereinzelt zur Berichterstattung. Der Keuchhusten verlief in Bar⸗ men, Insterburg, Elberfeld milder, in Berlin kam kein Todesfall an Keuchhusten vor, in Leipzig, Hamburg, Mainz, Hamm war die Zahl der Sterbefälle eine gesteigerte. Die Sterblichkeit an Ruhr war im Allgemeinen die gleiche wie in der Vorwoche, in Königs⸗ hütte sank die Zahl der Todesfälle auf 3. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle zeigen ziemlich allgemein Nachlässe und übersteigt die Zahl der Opfer nur in wenigen Städten, wie in Königsberg, Breslau, München, Augsburg, Berlin, Düsseldorf, Eisleben, sowie in Wien, Budapest, London, St. Petersburg, Warschau die normale. Pocken traten in London, Budapest, St. Petersburg, Warschau, Birmingham, Madrid, Granada, Lissabon, Alexandrien, St. Louis nur in beschränkter Zahl auf. Aus Erlangen wird ein Pockentodesfall gemeldet. In größerer Zabl zeigen sich Pocken in Brüssel, New⸗ Orleans, Malaga, Prag, Madras und Rio de Janeiro. In Alexandrien kamen in der Zeit vom 29. September bis 6. Oktober nur noch 2 Todesfälle an Cholera vor. In Kalkutta und Bombay läßt die Zahl der Opfer gleichfalls nach. In der zweiten Hälfte des August starben in Rio de Janeiro 11 Personen am gelben Fieber.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem „‚Oberbayerischen Archiv für vaterländische Geschichte“, herausgegeben von dem Historischen Verein von Oberbayern, liegt uns der 41. Band vor (München, Königliche 8 und Universitäts⸗Buchdruckerei von Dr. C. Wolf u. Sohn).

ie erste der 7 Abhandlungen, welche dieser neue Band des Archivs enthält, bringt den Schluß der Arbeit von F. S. Hartmann, Ge⸗ richtssekretär in Bruck, zur Hochäckerfrage. In einem wei⸗ teren 5. Abschnitt handelt der Verfasser über den alten ger⸗ manischen und den deutschen Ackerbau und sagt darin: Die germanischen Völker siedelten sich im Anfang nur immer auf kurze Zeit an und zogen wieder weiter, sobald Weide fehlte oder so⸗ bald mächtigere Stämme vor⸗ oder rückwärts drängten. Deshalb säten sie in dieses neu gebrochene Land (man brannte in der Regel ganze Wälder nieder und riß den mit Asche überstreuten Boden mit Hacken auf), welches die Jugendkraft des Urbodens im Schoße barg, nur ein Jahr lang Getreide. War von diesen Feldern die Ernte eingebracht, so wurde in gleicher Weise ein weiteres Stück Land dieser Bewirthschaftung unterzogen und das vorbenutzte wieder der Ver⸗ ödung überlassen. Die Viehzucht war lange Zeit vorherrschend, der Feldbau völlig untergeordnet. Mit Karl dem Großen kam eine günstigere Aera für den Ackerbau; unter ihm erfolgte auch nach und nach die Einführung der Dreifelderwirthschaft, welche er in Frankreich und Italien kennen gelernt hatte. Diese Dreifelderwirthschaft mit reiner Brache hat mehr als tausend Jahre lang im größten Theile Deutschlands unangefochten be⸗ standen. Wäre bei den Germanen und Deutschen der Hochackerbau allgemein in Uebung gewesen, er würde sich ebenso lange und zäh bei ihnen erhalten haben wie die Dreifelderwirthschaft; die Beschaffenheit der Hochäcker zeigt aber, daß die Bearbeitung des Bodens eine ganz andere war als die, welche gegenwärtig in Deutschland vorherrschend

nahme des Vertrages nicht an Stimmen gefehlt, welche diese Vor⸗

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geübt wird. Daß diese verödeten Hochäckergebiete im dreißigjährigen

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theile herabzudrücken versuchten und von enttäuschten Erwartungen

schafteten Felder schließen lassen.

sodann seine Ansicht dahin zusammen,

bpearbeitung

die Jahre 1881 und 1882

Kriege und durch die Schweden verwüstet worden seien, darüber finden sich in den Chroniken und Traditionen dieser Gegenden keine Nach⸗ richten, auch hat die Zahl der Bevölkerung nicht in dem Maße ab⸗ genommen, als der Umfang und die Ausdehnung dieser unbewirth⸗ 1 s Endlich sind die Hochäcker mit Wäldern bewachsen, deren Bestände mehrhundertjähriges Bestehen nach⸗

weisen und damit allein den unumstößlichen Beweis liefern, daß die Schweden diese angeblichen Verwüstungen nicht angerichtet haben konnten.

Am triftigsten aber spreche gegen eine solche Annahme der Umstand, daß sich auf den alten Hochäckern römische Schanzen, Warten und Straßenzüge befinden, welch letztere sehr häufig deren Beete derart guer durchschneiden, daß die Furchen rechts der Straße als Fort⸗ setzung der Furchen links derselben erscheinen, daher diese Art der Ackerbestellung schon vor der Ankunft der Römer in Süddeutschland in Uebung sein mußte. Am Schlusse des Abschnitts faßt Hartmann en, daß die keltischen und jene germanischen Stämme, welche an die Gallier grenzten oder welche die Lande an der Nord⸗ und Ostsee innehatten, den Ackerbau mit

seiner Technik entweder schon abgeschlossen bei ihrer Einwande⸗

rung aus der Urheimath mitgebracht oder von den Galliern über⸗ kommen hätten. Daß die beetweise Bodenbestellung bei den gallischen und überhaupt den keltischen Völkern vorherrschend in Uebung war, und zum Theil noch ist, sucht der Verfasser in dem folgenden Abschnitt darzuthun. Alle übrigen germanischen Völker hätten Feldgraswirth⸗ schaft bei vorherrschender Viehzucht gehabt; dieses System sei die Ür⸗ wirthschaft der germanischen Stämme und sowohl im skandinavischen Norden als auch in ganz Deutschland die verbreitetste gewesen: die eigentliche Originalwirthschaft, welche sich, veredelt, bis zum heutigen Tage noch im Süden und Norden unseres Vaterlandes als Koppel⸗ und Eggartenwirthschaft erhalten habe. Die charakteristische Boden⸗ derselben sei aber das Platt⸗ und Ebenpflügen. Der letzte Theil schildert den nordischen Ackerbau. Der Verfasser erklärt mit seiner außerordentlich gründlichen und interessanten Ab⸗ handlung die Hochäckerfrage gleichwohl noch nicht für abgeschlossen. Sicher werde man erst dann urtheilen können, wenn über die ver⸗ ödeten Kulturen Norddeutschlands genaue statistische Erhebungen und eingehende Beschreibungen ihrer Art und Beschaffenheit vorliegen. Nur empfiehlt er dabei Vorsicht in der Beziehung, daß man nicht alle Spuren früherer Beackerung und Feldeintheilung für urzeitliche Kulturen und Hochäcker erkläre. Denn auf den norddeutschen Haiden wie auf den südbayerischen Geröllflächen seien die erst jüngst aufgegebenen Aecker bald wieder in Haide erstickt und von Haidekraut überwuchert worden und seien dann bei gleicher Pflügeart von den alten Hoch⸗ äckern für den Nichtkenner schwer zu unterscheiden. Es dürften nur

derlei verödete Kulturen in Betracht gezogen werden, welche nach Länge,

Breite und Höhe der Beete die gleichen Ausmaaße, dieselbe Struktur und hervorstechenden Eigenthümlichkeiten wie die bayerischen Hochäcker igen, und welche außerdem durch das Vorkommen von Einzel⸗ Grabhügelgruppen, Stein⸗ und Erdmonumenten, alten Straßenzügen ꝛc. an und innerhalb dieser urzeitlichen Feldkulturen deren hohes Alter nicht bezweifeln lassen. Den Beweis, daß die alten Hochäcker die Väter unserer heutigen schmalen Beete und „Bifänge“ leien, will der Verfasser in einer besonderen Abhandlung liefern. Feder desselben Verfassers findens wir in dem vor⸗ iegenden Bande auch noch einen anziehenden Beitrag über „schwarze und weiße Kunst“ in den Bezirken Dachau und Bruck. Ferner enthält der Band eine umfangreiche genealogische Arbeit ber die „Pütrich“, von Andreas Schmidtner, Spitalkurat in Weil⸗ eim, den ersten Theil einer interessanten heraldischen Abhandlung ber die Entwickelung des Wittelsbachischen Wappens von Herzog Otto I. an bis auf den Kurfürsten Max III. Joseph, also in den Jahren 1180 1777, von K. Primbs (mit einer Tafel, darstellend Doppelsiegel von Herzog Ludwig I. von Bayern aus dem Jahre 1224), einen Beitrag über die Schützengilde der Stadt Traunstein und ihre Ordnung von 1597, vom Ehrenmitgliede derselben, Hartwig Peetz, und eine Geschichte der Entstehung des topographischen Bureaus des Königlich baverischen Generalstabes, von Franz Sauter, Lieutenant im 18. Infanterie⸗Regiment. Der letzteren eingehenden Arbeit ist ein Bildniß des um das Bureau hochverdienten ehemaligen Direktors desselben, Adrian von Riedl, und eine Karte beigegeben. Sehr werthvoll ist endlich auch die in dem Bande publizirte außer⸗ ordentlich gründliche kritische Untersuchung von Dr. Bernhard Sepp, welche die Zeußsche Hypothese über die Herkunft der Bayern zum Gegenstande hat. Bekanntlich beherrschte die Theorie von der Her⸗ kunft der Bayern von den alten (keltischen) Boiern die Geschichts⸗ schreiber bis in die neueste Zeit und findet sich schon in den Lebens⸗ beschreibungen der Heiligen Eustasius, Agilus und Salaberga (im 7. Jahrhundert). Diese Boierfabel für immer beseitigt zu haben, ist das Verdienst K. Zeuß’. Nach ihm konnte höchstens noch von einer Vererbung des Namens die Rede sein, insofern als die Markomannen, in welchen Zeuß seinerseits die Vorfahren der Bayern vermuthete, in das nach den Boiern benannte Boiohemum einrückten und von diesem Lande den Namen Bagyern, d. i. Baiawari, Männer von Baia, Böhmen, annahmen. Dieser Theorie hat der genannte Gelehrte ein besonderes Schriftchen gewidmet, welches im Jahre 1839 erschien und in dem er sowohl den geschichtlichen wie den sprachlichen Beweis für seine Ansicht erbracht zu haben glaubte. Diese wird nun in der er⸗ wähnten Abhandlung beleuchtet und zunächst untersucht, ob die Ge⸗ schichte der Markomannen und der Bayern eine Identifizirung beider Völker zulasse und ob die Zeußsche Deutung des Namens eine zwingende sei. In ersterer Beziehung gelangt Sepp zu dem Resultat, daß die historischen Zeugnisse der Zeußschen Theorie keineswegs günstig seien. Wäre es wahr, was dieser Gelehrte behauptet, daß das Schweigen der Quellen von den Markomannen nicht den Unter⸗ gang derselben als Nation bedeute, sondern einem Namenswechsel zu⸗ zuschreiben sei, nämlich der Aenderung desselben in den der Bayern, so müßte wenigstens der Name der Bayern in der vita Severini genannt werden. Da sich aber Zeuß nicht verhehlen kann, daß dieser erst volle 150 bezw. 100 Jahre, nachdem die letzte Erwähnung der Markomannen geschehen ist, in den Quellen auftaucht, so sieht er sich genöthigt, zu einer zweiten, ebenso gewagten Behauptung Zuflucht zu nehmen, daß nämlich die Markomannen eine Zeit lang unter dem Völkerverein der Thüringer verborgen gewesen seien, ehe sie als Bayern in die Geschichte eintraten. Damit verliere man aber allen festen Boden unter den Füßen. Ebenso hinfällig ist nach Sepp die Zeußsche Namendeutung. Die älteste latinisirte Form sei weder Baiavarii noch Baiovarii, sondern baivarii, die deutsche dagegen peiari (plur.: peiara), und aus dem Dativ in Beieren sei der Landesname ayern entstanden. Da in den besseren Handschriften niemals Boiarii für Baicarii steht, anderer⸗ seits ein Baiahemum, Baiaheim für Böhmen nicht nachweisbar ist, so dürfte schon wegen der Verschiedenheit des Diphthongs ein Zu⸗ sammenhang zwischen beiden Namen nicht bestehen. Gesetzt aber, es bestände ein solcher, so würde dies noch garnichts für die Markomannen beweisen, denn auch die Rugen, Sciren und eruler saßen nach der vita Severini und Jordanes in Böhmen und breiteten sich erwiesenermaßen südlich der Donau aus. Die Abstammung der Bayern von diesen Völkerschaften hat Mannert nachzuweisen gesucht, aber auch diese Ansicht verwirft Sepp und kommt zu dem Resultat, daß wir die Ahnen der Bavyern allerdings in einem der suevischen Stämme zu suchen haben, nur nicht in dem der Markomannen und Quaden, deren Reste um diese Zeit nur noch unbedeutend waren, sondern in einem Volk, das auch in der letzten Periode der Kaiserzeit noch stark und mächtig genug erscheine, um den Grenzwall zu durchbrechen und die beiden Rhätien dauernd zu besetzen. Als ein solches suevisches Volk, das seit Jahrhunderten in der Nachbarschaft dieser Provinzen gesessen und dieselben oft genug durch verheerende Einfälle heimgesucht habe, kenne die Geschichte nur die alamannischen Juthungen. Seinen auf diese Völkerschaft lautenden Versuch einer Lösung der Frage sucht der Verfasser in interessonter Ausführung namentlich auf das Zeugniß des Griechen Dexippus (unter Aurelians 8 11 1 Gleichzeitig mit dem „Archiv“ hat der unter der hen Pro⸗ nktor8. Sr. Majestät des e .“ Küteric⸗ I einen 44. un Jahr E 1ö““ veröffentlicht, wie dieselben in den

Plenarversammlungen durch den gegenwärtigen ersten Vorstand, K. Geh. Haus⸗ und Staatsarchivar Prof. Dr. Ludwig Rockinger, erstattet worden sind. Der Jahresbericht beklagt das zu Beginn des Jahres 1881 erfolgte Hinscheiden des langjährigen ersten Vorstandes des Vereins, Grafen Friedrich Hektor von Hundt, aus dessen letztem unvollendeten Monuskript über „die Schriften des Bischofs Arbeo von Freising, der Heiligen Emmeram und Corbinian Leben in der Ursprache und ihre Bedeutung für die bayerische Geschichte“ die Einleitung mitgetheilt wird. Am Schluß wird dem um den Verein hochverdienten Verewigten, sowie zweien anderen verstorbenen Mitgliedern noch ein besonderer Nekrolog gewidmet. Die Verzeichnisse der in den Monatsversamm⸗ lungen gehaltenen Vorträge, der eingegangenen Arbeiten, sowie die Uebersicht der durch Geschenk und Ankauf neuerworbenen Gegenstände für die Sammlungen geben ein erfreuliches Biid von dem Gedeihen des Vereins und seiner wissenschaftlichen Bestrebungen. Frankfurt a. M., 22. Oktober. (W. T. B.) Der durch seine humoristischen Skizzen bekannte Maler Albert Hendschel ist heute hier gestorben. 1

8 Gewerbe und Handel.

Nach einer in Nr. 236 der italienischen „Gazzetta Ufficiale“ vom 8. d. M. publizirten Königlichen Verordnung vom 23. v. M., betreffend die Ausführung des italienischen Gesetzes vom 19. Juli 1880 über die Abschaffung der Mahlsteuer, hört mit dem 1. Januar 1884 die Erhebung der Zuschlagstaxe bei der Einfuhr von Mehl, Brot, Bisquit, Weizengebäck oder von gemischten Produk⸗ ten, in welchen Weizenmehl vorherrscht, .

Glasgow, 22. Oktober. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 16 400 gegen 13 000 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 22. Oktober. (W. T. B.) Wolle in besserer Nachfrage, Garne sehr ruhig in Folge höherer Preise, Stoffe für den Export ruhig.

Verkehrs⸗Anstalten.

New⸗York, 22. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer „Egypt“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berlin, 23. Oktober 1883.

Der Verein zur Speisung armer Kinder und Noth⸗ leidender hielt gestern Abend im Bürgersaal des athhauses seine 8. Jahresversammlung ab. Aus kleinsten Anfängen hat sich der Ver⸗ ein zu gedeihlicher Wirksamkeit entfalten können. Wie der vom Stadt⸗ verordneten Löwel erstattete Bericht hervorhob, hat der Verein im abgelaufenen Jahr von 1090 Familien, die sich hülfesuchend an ihn wandten, 850 mit ca. 3500 Familienangehörigen unterstützt. Veraus⸗ gabt wurden für Beschaffung warmer Speisen 1294 ℳ, für sonstige Lebensmittel 2441 und an Extraunterstützungen, für Gewährung von Decken, Strohsäcken, Kohlen, Zuschuß zu Miethszahlungen, für Auslösung von Handwerkszeug und dergl. 234 ℳ, insgesammt somit 4069 ℳ. Die Verwaltung verursachte etwa 700 Kosten. Die Gesammteinnahmen betrugen, einschließlich des Be⸗ standes von 324 ℳ, 6478 500 wurden dem Verein vom Vater⸗ ländischen Frauenverein überwiesen, 600 fielen ihm an Legaten zu, 1707 brachten die Mitgliederbeiträge und sonstige Geschenke, 2879 Bazar und Lotterie. Der Rest entfällt auf Zinserträge und sonstige kleinere Einnahmen. Die günstige Finanzlage gestattete dem Verein, das Kapitalvermögen von 2400 auf 3600 zu erhöhen. An Bestand verblieben 396 Die Ergänzungswahlen des Vor⸗ standes und ein Vortrag, den wieder Hr. P. Cassel übernommen hatte, schlossen die Versammlung.

Die „Berl. Pol. Nachr.“ schreiben: Die unbefriedigende Lage der Erwerbsverhältnisse in den Vereinigten Staaten von Nordamerika spiegelt sich am deutlichsten in dem Elende wieder, wel⸗ chem die dortige Arbeiterbevölkerung der verschiedensten Branchen gleich⸗ mäßig verfallen ist. Ein von dem amerikanischen Senate zur Unter⸗ suchung der Lage der arbeitenden Klassen eingesetztes Comité hat seinen Bericht erstattet, aus welchem klar und deutlich hervorgeht, daß das gelobte Land der vollständigsten politischen Freiheit und sozialen Gleichheit die Mehrzahl der Arbeiter unter einer viel schlimmeren Tyrannei des Kapitals gefesselt hält, als es diesseits des Atlantic irgend wo der Fall ist. Politischer Macht, politischen Einflusses ermangelt das arbeitende Volk in der großen transatlantischen Republik ganz und gar. Die Klasse der Arbeitgeber beherrscht die Abstimmungen, kon⸗ trolirt die Legislaturen und unterjocht den Armen mittelst unbilliger Gesetze. Gegen den Druck, der von den Arbeitgebern ausgeübt wird, ist der gemeine Mann völlig wehrlos. Als Individuum ohnmächtig, hat er auch das Hülfsmittel der Association vergebens ins Feld ge⸗ führt. Wenn er sich den Bedingungen des Arbeitgebers nicht ohne Weiteres unterwirft, kommt sein Name sofort in das „schwarze Buch“ der Arbeitgeber, dessen Listen unaufhörlich in der ganzen Union cir⸗ kuliren. Das Mißverhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nimmt noch immerfort krassere Dimensionen an. Nach dem neuesten Census stellt sich die Zahl der Arbeitnehmer auf 2 ¾ Millionen, gegen nicht ganz eine Viertelmillion Arbeitgeber, was ein Verhältniß von 11 zu 1 ergiebt. Ein von dem Senatscomité vernommener Experte deponirte, daß von den alljährlich erzeugten Gesammtwerthen die Arbeitnehmer weniger an Lohn erhielten, als die Arbeitgeber an Gewinn einstrichen, und zwar seien die Lohnverhältnisse derart ungünstig, daß die große Masse der Arbeiter geradezu im Stande der Verkommenheit schmachte. In den fünf Hauptindustriestaaten Massachusetts, Pennsylvanien, Newyork, Illinois und Ohio variirt der Durchschnittslohn pro Tag zwischen 1 bis 1 ⅛5 Dollar. Dabei steht der Preis der unentbehr⸗ lichsten Lebensbedürfnisse so außerordentlich hoch, daß sie für den Arbeiter in vielen Fällen unerschwinglich sind. Die Noth zwingt dann dazu, behufs Erhöhung des Verdienstes der Arbeiterfamilien die Kinder oft schon im zartesten Alter zum Erwerb anzuhalten. Das führt also auf der einen Seite zum Wachs⸗ thum des Pauperismus, auf der andern zum Wachsthum der Un⸗ wissenheit. In den oben genannten fünf Staaten existiren dermalen 62 000 Arme. In Chicago entbehren 47 % der Kinder des Schul⸗ unterrichts; in Cincinnati sind 10 %, der Kinder zwischen 8 und 12 Jahren mit Cigarrenmachen beschäftigt. In New⸗York liegen etwa 2000 Familien, welche noch dazu in den erbärmlichsten Behausungen zusammengepfercht sind, der gleichen Beschäftigung ob. Die Gering⸗ fügigkeit ihres Verdienstes gestattet diesen Leuten keinerlei Verbesse⸗ rung ihrer sanitären Situation. In allen Industriezweigen dauert die sinkende Tendenz der Löhne fort. Während der Nationalreichthum ohne Unterlaß anwächst, deteriorirt der standard of life des Arbeiters. Gewerkvereine spielen in dem wirth⸗ schaftlichen Leben der Union nur eine höchst untergeordnete Rolle. Man hat Proben mit ihnen angestellt, und sie haben dieselben nicht bestanden. Die amerikanische Gesellschaft steht eben jetzt im Begriff, ihre sozialen Abstufungen endgültig zu etabliren. Dabei steigen die Arbeitgeber auf der sozialen Leiter empor, die Arbeitnehmer herunter. Letztere fangen jetzt an, einzusehen, daß die vielgerühmte Freiheit und Gleichheit ein grober Irrwahn ist, allein sie sind absolut ohn⸗ mächtig, sich aus eigener Initiative der grausamen Konsequenzen des erbarmungslosen Kampfes ums Dasein zu erwehren. Eine humane Regierung, die sich ihrer mit erleuchteten organisatorischen Gesetzen annähme, könnte viel des Segensreichen wirken. Für derartige Be⸗ strebungen aber ist bekanntlich in den Vereinigten Staaten kein Raum vorhanden, das „freie Spiel der Kräfte“ darf ija um keinen Preis gehindert werden; dem Staate liegt nur die Pflicht ob, in seiner Eigenschaft als „Nachtwächter“ darüber zu wachen, daß der Prozeß des Gehen⸗ und Geschehenlassens sich ungestört abwickele.

So liegen dermalen die Verhältnisse in der großen transatlan⸗ tischen Republik. Mögen unsere Auswanderungslustigen es sich daher zwei oder mehr Mal überlegen, ehe sie der heimathlichen Scholle den Rücken kehren.

Weimar, 22. Oktober. (Th. Corr.) Heute feiert Franz Liszt hierselbst seinen 72. Geburtstag. Von zahlreichen hier ein⸗ getroffenen wie von den hiesigen Freunden des Meisters war gestern bereits eine Vorfeier veranstaltet. Abends fand im Hof⸗Theater eine Aufführung von Liszts Oratorium „Die heilige Elisabeth“ statt, welcher der Meister bis zum Schluß beiwohnte. Unter stürmischen Beifallsrufen des Publikums endete die Aufführung.

Jena, 22. Oktober. (Th. C.) Die Aufführung des Devrient⸗ schen Luther⸗Festspiels hat am Sonnabend und am Sonntag stattgefunden. Die besten Hoffnungen sind in jeder Richtung über⸗ troffen worden. In äußerlicher Beziehung insofern, als Gäste aus der Nähe und Ferne sich eingefunden hatten, so daß das Haus bis auf den letzten Platz gefüllt war. Vor Allem aber hat die Auf⸗ führung selbst, sowohl was die Dichtung als was die Leistungen des darstellenden Personals betrifft, ungemein angesprochen. Die Vor⸗ stellung, die um 3 ½ Uhr Nachmittags begann, dauerte mit zwei längeren Pausen bis 9 Uhr Abends. Trotz dieser Länge folate das Publikum mit stetiger Theilnahme und lebendigster Aufmerksamkeit. In allen Ab⸗ theilungen überraschend war, was namentlich Seitens der mitwirkenden Dilettanten geleistet ward; einzelne derselben, wie z. B. Dr. Eck, konnten fast mit Otto Devrient, der den Luther sehr tüchtig gab, und der liebenswürdtgen Darstellerin der Katharina von Bora, Frl. Kuhlmann vom Hof⸗Theater in Weimar, in die Schranken treten. Dekorationen und Kostüme waren vortrefflich und vor Allem zu rühmen die Arrangements der Bilder, in denen größere Massen auf der Bühne zur Erscheinung kamen. Die Anschlagung der Thesen und der Reichstag in Worms waren vortrefflich gruppirt. Ein voller Erfolg des so schwierigen Unternehmens darf konstatirt werden. Wiederholungen finden am 27. und 28. Oktober, am 3., 4. und 11. November statt,

Ernst von Wildenbruch gilt, seit der Aufführung seiner „Karolinger“ und des „Harold“ mit Recht als einer der begabtesten Dramatiker der Gegenwart. Für das kunstliebende Berliner Publi⸗ kum war es denn eine Art Ereigniß, daß gestern Abend ein älteres Wildenbruchsches Trauerspiel: „Der Menonit“ im Deutschen Theater zur ersten Aufführung gelangte, und ein voll besetztes Haus, das er⸗ wartungsvoll den Ereignissen des Abends entgegensah, gab vorweg Zeugniß von der Theilnahme, welche die Gekommenen der Novität entgegenbringen würden. Im „Menonit“ entbrennt der Kampf in der Seele des Helden an dem Zwiespalt, welchen das menonitsche Verbot des Waffentragens und die erwachte patriotische Sehnsucht nach Befreiung von den Fesseln des Vaterlandsunterdrückers wachruft. Das große lebensvolle Gemälde dieses seelischen Kampfes hebt sich mit überraschender Pracht von dem historischen Hintergrunde, von jener Zeit ab, in welcher der erste leise Frühlingshauch der Befreiung von dem napoleonischen Joche sich in der todesmuthigen Schillschen Erhebung als ein Nahen des Volkssturmes ankündigt. Wildenbruch hundhabt den scenischen Aufbau und den dramaätischen Effekt mit seltener Geschicklichkeit; der Reichthum der Handlung, das ganze Füllhorn leidenschaftlich bewegter Scenen, welche der Dichter vor dem Publikum ausschüttet, die klangvolle, bilderreiche Sprache zeigen seine glänzenden Eigenschaften, und wie sie Seele und Gemüth gleichmäßig gefangen nahmen, geben sie zugleich Zeugniß von der großen dichterischen Be⸗ gabung des Verfassers; daß aber die Schattenseiten der Schaffens, welche den späteren Bühnenwerken des Dichters anhaften, diesem, seinem Jugendwerke nicht fehlen, kann nicht Wunder nehmen. Die Motive der Handlung treten nicht immer mit überzeugender Wahr⸗ haftigkeit und Lebendigkeit vor unsere Seele, doch werden diese Schwächen überflügelt und verwischt durch den Feuerhauch der Leiden⸗ schaft, welcher die ganze Dichtung durchweht und trägt. Die Darstellung war eine des Werkes in jeder Hinsicht würdige. Josef Kainz hatte in der Hauptrolle (Reinhold) zum ersten Mal Gelegenheit, seine ganze schauspielerische Kraft zu entfalten und bot eine durchaus einheitliche und geradezu musterhafte Leistung. Das warme, leicht entzündbare Herz des Jünglings, welches bei der Ver⸗ theidigung der Geliebten zum ersten Male die sanfte Hülle der Duldung abstreift und in Mannesmuth erbebt, brachte der Künstler mit hinreißender Wahrheit zum Ausdruck. Das Publikum ließ es sich denn auch nicht nehmen, wiederholt laut nach dem Künstler zu rufen, der aber nach den Gesetzen dieser Bühne nicht er⸗ scheinen durfte. Die Verkörperung des starrsinnigen, nur auf den Buchstaben schwörenden alten Justus, welcher nur den Herrn im Himmel und sein eigenes Wohlergehen auf Erden kennt, wurde von August Förster in meisterhafter Vollendung der Charakteristik zur Darstellung gebracht. Das böse und bewegende Element unter den Menoniten, der heimtückische und feige Mathias, bei welchem verschmähte Liebe alle Keime schwarzer Leidenschaft in die Saat schießen läßt, fand in Irn. Friedmann einen vor⸗ züglichen Vertreter; das schadenfrohe Lächeln, die fröm⸗ melnde Redeweise, das Aufblitzen der fast thierischen Wuth, die äußerliche Ungelenkigkeit der Bewegungen, die Stumpf⸗ heit des Gesichtsausdrucks, alles dies vereinigte und verschmolz Hr. Fried⸗ mann zu einer meisterhaften Charaktermaske. Die Darstellerin der „Maria“, Frl. Jürgens, gebietet über eine anmuthige Erscheinung und eine graziöse Spielweise; besonders ergreifend gelangen ihr die lyrischen Momente, während sie in der Wiedergabe leidenschaftlicher Erregtheit nicht vollständig auf der Höhe ihres sonstigen dramatischen Talents steht. Wenn man die Summe dieses ersten Novitäten⸗ abends des Deutschen Theaters zieht, so muß man einen vollendeten und durchschlagenden Erfolg konstatiren, an welchem Dichter und Schauspieler in gleichem Maße theilnahmen. Ernst von Wildenbruch mußte nach jedem Akte wiederholt erscheinen und dankte zum Schluß, als der Beifall kein Ende nehmen wollte, dem Publikum in seinem und der Darsteller Namen für di freundliche Aufnahme, welche die Aufführung gefunden hatte

Bei der morgigen Wiederholung von Wildenbruchs „Menonit im „Deutschen Cögter. wird die Rolle der „Maria“ durch Frl. Ramazetta vertreten sein, Jürgens dari alternirt.

welche mit Frl.

Der an Neuigkeiten so reiche Sonnabend ging auch im Cireus

Renz nicht spurlos vorüber. Es wurden daselbst zwei sehr inter essante Debuts geboten: das erste Auftreten der Künstlerfamilie Chiesi und das des Reitkünstlers Mr. Franks. Die Familie Chiesi, be stehend aus vier Damen, drei Herren und einem Knaben, legte glän zende Proben ihrer Gewandtheit ab; Damen und Herren zeichneten sich gleichmäßig durch ihre Muskelstärke und Gewandtheit aus. Mr Franks führte sich als ausgezeichneter Parforce⸗Reiter ein. Den Glanzpunkt des Abends bildete jedoch wieder das Auftreten der ost preußischen Vollbluthengste „Elimar“ und „Coriolan“, welche vom Direktor Renz dressirt und auch persönlich von ihm unter dem leb⸗ haftesten Beifall vorgeführt resp. geritten wurden.

Bäder⸗Statistik. 8 Personen 20 672 1 293 1 135 5 058

Aachen bis zum 15. Oktober (Fremde und Kurgäste) Bertrich bis Ende September (Badegäste) . . . Burtscheid bis zum 15. Oktober (Fremde und Kurgäste). Kreuznach bis Ende September (Badegäste) .. .. Münster am Stein bis Ende September (Badegäste). 1 492 Neuenahr bis Ende September (Badegäste) 4 570 Unna⸗Königsborn bis zum Schluß (außer 1550 vorüber⸗ 8 gehend Anwesenden) (ständige Kurgäste) W165 In der Königlichen Badeanstalt zu Artern wurden in der dies⸗ jährigen Sommer⸗Saison 4725 Soolbäder, 82 Dampfbäder und 561

Wellenbäder verabreicht.