Aachen, was folgt:
verboten worden, verordne ich auf Grund des §. 7 des Reichs⸗
esetzes vom 23. Juni 1880, betreffend die Abwehr und Unter⸗ drückung von Viehseuchen, und des §. 3 des preußischen Ge⸗ setzes vom 12. März 1881, betreffend die Ausführung des Reichsgesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Vieh⸗ seuchen, mit Genehmigung des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, in theilweiser Abänderung meiner Verordnung vom 16. Oktober d. J, für den Regierungsbezirk
Einziger Paragraph.
Die Einfuhr und Durchfuhr von Rindvieh, einschließlich der Kälber, aus dem Großherzogthum Luxemburg in den dies⸗ seitigen Regierungsbezirk ist bis auf Weiteres für solches Vieh wiederum gestattet, welches laut zuverlässigen Ursprungs⸗ attestes aus dem Großherzogthum Luxemburg stammt.
Die bei der Einfuhr in den diesseitigen Regierungsbezirk an der betreffenden inländischen Zollstelle vorzuzeigenden Ur⸗ spru igsatteste müssen von einer luxemburgischen Gemeinde⸗ behörde ausgestellt sein und die Angabe des Ursprungsortes, des Alters, des Geschlechts und der Farbe jedes einzelnen Stücks enthaͤlten. 8
Aachen, den 25. Oktober 1883.
Der Regierungs⸗Präsident von Hoffmann.
Wegen der zur Feier des 400jährigen Geburtstages Dr. Martin Luthers in Aussicht genommenen Festzüge werden die am Sonn⸗ abend, den 10. November d. Js., hierselbst abzuhaltenden Wochen⸗ märkte, mit Ausschluß des Abendmarktes auf dem Arconaplatz, auf
Freitag, den 9. November d. Js. verlegt.
Berlin, den 27.
Köni n Vertretung: von Heppe.
Nichtamtliches.
—
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 29. Oktober. Se. Majestät der Kaiser und König sind mit dem Gefolge am Sonnabend Abend 7 Uhr 55 Minuten, von Wernigerode kommend, mittels Extrazuges auf dem Potsdamer Bahnhofe hierselbst wieder eingetroffen.
Am Vormittag waren, wie „W. T. B.“ aus Wernigerode meldet, Se. Majestät der Kaiser, begleitet von dem Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode, um 10 Uhr im Jagdrevier Altenrode eingetroffen, wo in zwei Treiben 400 Hasen und davon 80 durch den Kaiser erlegt wurden. Die Rückfahrt erfolgte nach 1 Uhr, und zwar nicht durch die Stadt, sondern direkt nach dem Schlosse, wo um 1 ½ Uhr das Dejeuner stattfand.
Um 4 Uhr erfolgte die Rückfahrt nach Berlin. Auf dem Bahnhofe hatten sich die gräfliche Familie, ein Theil der Jagdgäste und die Spitzen der Behörden zur Verabschiedung eingefunden. Die gräfliche Jägerei, die Ilsenburger Hütten⸗ beamten, der Kriegerverein, die Schuljugend und die Turner bildeten Spalier. Unter enthusiastischen Hochrufen setzte sich der Zug in Bewegung. General Graf von Blumenthal gab Sr. Majestät bis Magdeburg das Geleit.
Gestern ertheilten Se. Majestät der Kaiser und König dem Königlich schwedischen Reichs⸗Heraldiker von Klingspor eine Audienz und hörten den Vortrag des Chefs der Admiralität, General⸗Lieutenants von Caprivi.
„Das Diner nahmen Se. Majestät bei den Erbprinzlich sachsen⸗meiningschen Herrschaften in Charlottenburg ein.
Heute empfingen Se. Majestät militärische Meldungen, hörten den Vortrag des Civilkabinets und ertheilten dem Bot⸗ schafter Fürsten von Hohenlohe sowie dem Geheimen Regierungs⸗ Rath Wettendorff eine Audienz.
Nachmittags fand bei Sr. Diner statt.
— Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich ist, laut Meldung des „W. T. B.“ vom 27. d. Mts., an Bord Sr. Majestät Schiff „Olga“ glücklich in Trinidad eingetroffen.
Majestät ein größeres
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen sowie der Aus⸗ schuß für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
— Nach Mittheilungen aus Italien ist folgende Submission ausgeschrieben worden:
von der Schiffsbaudirektion des III. Seedepartements zu Venedig für den 9. November d. J. eine Submission auf Lieferung von 675 Kubikmeter Eichenholz im Taxwerth von 92 275 Lire.
Die näheren Bedingungen liegen in unserem Redaktions⸗ bureau zur Einsichtnahme aus.
— Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗
Minister Graf von Hatzfeldt⸗Wildenburg, ist von dem
ihm Allerhöchst bewilligten Urlaube hierher zuruückgekehrt und
hat die Geschäfte wieder übernommen.
— Der Kaiserliche Botschafter Graf zu Münster hat London mit Urlaub verlassen, um die ihm übertragenen Funktionen des Landtags⸗Marschalls bei dem am 29. d. M. in Hannover zusammentretenden Provinzial⸗Landtage zu
übernehmen.
Für die Dauer der Abwesenheit des Botschafters sungirt der Botschafts-Rath Graf von Bismarck⸗Schönhausen als Geschäftsträger.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzog⸗ lich mecklenburg⸗schwerinsche Ober⸗Zolldirektor Oldenburg ist in Berlin wieder eingetroffen.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Belakowicz in Exin, Dr. Fischer in Altenberge, Dr. Leine⸗ weber in Wadersloh, Dr. Weddige in Lipporg, Dr. Grueter
in Aachen und Dr. Ritz in Linnich.
Sigmaringen, 26. Oktober. (Schw. M.) Heute Nachmittag 4 Uhr kehrten Ihre Königlichen Hoheiten der Fürst und die Fürstin von Hohenzollern mit ihren hohen Gästen in einem Extrazuge von der Weinburg kommend, wieder hierher in die Winterresidenz zurück. Als
Gäste weilen jetzt hier: Ihre Königliche Hoheit die Gräfin von Flandern, Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Anhalt mit ihren Prinzen und Prinzessinnen und Prinz Friedrich von Hohenzollern mit Gemahlin.
Bayern. München, 29. Oktober. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten hat den außerordentlichen Militärkredit, im Betrage von nahezu einer Million Mark, —z Antrage des Ausschusses mit 136 gegen 1 Stimme ewilligt.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 28. Oktober. (Th. C.) Die Rückkehr der Großherzoglichen Herr⸗ schaften nach Weimar wird gegen den 6. November erwartet.
Durch einen Staatsvertrag vom 26. September d. J., abgeschlossen zwischen den Regierungen von Sachsen⸗Weimar, Sachsen⸗Meiningen und Sachsen⸗Altenburg sowie Schwarzburg⸗ Rudolstadt, wird der Vertrag genannter Regierungen über die Zinsgarantie der Saalbahngesellschaft dahin geän⸗ dert, daß künftig die Großherzogliche Regierung kein Mitglied der Direktion der Saalbahngesellschaft mehr ernennen wird. Es wird dies motivirt mit der glücklichen Entwickelung dieser Bahn, die genügende Gewähr für die Nichtbeanspruchung der zugesicherten Zinsgarantie für die Prioritätsanleihe leiste; überdies aber seien die Ansprüche der Staaten bereits ander⸗ weitig hinreichend gesichert. Allerdings haben sich die Verhält⸗ nisse der Saalbahn sehr günstig gestaltet. Die Betriebs⸗ überschüsse sind gestiegen von 71 266 ℳ im Jahre 1877 auf 264 328 ℳ im Jahre 1882. Die im Jahre 1885 bevorstehende Eröffnung der Linie Eichicht⸗Stockheim verspricht eine weitere Steigerung des Verkehrs. 1b
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 27. Oktober. Die „Presse“ berichtet: Die gesammte hauptstädtische Presse konstatirt aus⸗ nahmslos den guten Eindruck, welchen die gestrigen Er⸗ klärungen des Ministers des Aeußeren im Aus⸗ schusse der ungarischen Delegation hervorgerufen haben. Ins⸗ besondere hat jene Partie der ministeriellen Aufschlüsse, welche das Verhältniß der österreichisch⸗ ungarischen Monarchie zu Deutschland und Italien betreffen, allgemein befriedigt, und werden dieselben nicht minder als eine volle Bürgschaft für die Erhaltung des Friedenszustandes in Europa betrachtet wie jene hochinteressanten Aeußerungen des Grafen Kalnoky, mit welchen er die Interpellation über unser Verhältniß zu Rußland beantwortete.
— (W. T. B.) Der Heeresausschuß der ungarischen Delegation begann heute die Berathung des Ordinariums des Militär⸗Etats. Auf mehrere Anfragen erwiderte der Kriegs⸗ Minister: die Errichtung eines 14. Artillerie⸗Regiments stehe mit der Organisation des XV. Armee⸗Corps in keinem Zu⸗ sammenhange. Die Entwicklung und Verbesserung der Ar⸗ tillerie sei zwar wünschenswerth, bilde aber eine größere Auf⸗ gabe, bedinge auch legislatorische Verfügungen und stehe daher einstweilen nicht und auch in naher Zukunft kaum in Rede. Die Errichtung von Kavalerie⸗Divisions⸗Kommandos sei vor⸗ läufig eine blos für Friedenszeiten bestimmte innere organi⸗ satorische Verfügung, die vorläufig keine Mehrausgabe noth⸗ wendig mache.
— 28. Oktober. (W. T. B.) Ein Artikel der „‚Montags⸗ Revue“, der diepolitischen Kundgebungen der jüngsten Tage in ihrer Bedeutung als solenne Friedensmanifestationen würdigt, fuͤhrt aus, daß namentlich durch die Erklärungen des Ministers Kalnoky im ungarischen Delegationsausschuß die unverrückbare Stabilität des Bündnisses mit Deutschland neuerdings authentisch klargestellt worden sei. „Bedurfte es noch eines Moments, um die Anerkennung des Werths und der Bedeutung dieses Bündnisses in der öffentlichen Meinung Oesterreich⸗Ungarns noch höher zu stellen, so lag dies in dem Hinweis auf die Folgen, welche eine von Rußland ausgehende Friedensstörung gegenüber Oesterreich⸗Ungarn auch für die Stellung Deutschlands unmittelbar nach sich ziehen müßte.“ So lebhaft Graf Kalnoky die Ueberzeugung betont habe, daß nicht nur der Kaiser von Rußland, sondern auch die russische Regierung die Eventualität einer Friedensstörung nicht vor Augen haben und auch das russische Volk sich in den Gedanken eines freundschaftlichen Verhältnisses zur öster⸗ reichisch⸗ungarischen Monarchie rasch hineinleben werde, so werde es doch in allen Schichten der Bevölkerung als eine Beruhigung mehr empfunden werden, daß Oesterreich⸗Ungarn einem Angriff gegenüber nicht allein stehen werde. Ebenso günstig und erfreulich lauteten die Ausführungen des Grafen Kalnoky in Betreff der Beziehungen zu Italien und namentlich zu Rumänien. Die Situation habe sich dem⸗ nach erfreulich geklärt, die Friedenszuversicht gekräftigt, und das öffentliche Vertrauen sei auf eine reale Basis gestellt. Es habe sich gezeigt, daß das europäische Friedensgebäude auf sehr stark gefügten Grundlagen ruhe, und daß es nicht leicht sein würde, einen Keil des Zwiespalts und der Trennung in die politische Verbindung der europäischen Friedensmächte hineinzutreiben. Der konservative Gedanke behaupte seine Macht in Europa, und kaum werde noch der Versuch gemacht werden, die zusammenwirkenden Kräfte des politischen Be⸗ harrens aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Schweiz. Bern, 28. Oktober. (W. T. B.) Der Kanton Tessin hat von der Errichtung eines selbständi⸗ gen Bisthums abgesehen und wird sich damit begnügen, daß der frühere Bischof Lachat als provisorischer Admini⸗ strator fungire.
Frankreich. Paris 27. Oktober. (W. T. B.) Der Präsident der Republik empfing heute den Besuch der Großfürsten Wladimir und Sergius.
Der Minister des Innern hat dem Ministerrath einen Plan vorgelegt, nach welchem die Ausgaben für einen Theil der Dienstzweige der Polizeipräfektur von Paris auf das Staatsbudget oder auf den Etat der Seine⸗Präfektur übernommen werden sollen. Der von der Stadt Paris zu tragende Theilbetrag an den Kosten der Munizipalpolizei, welcher auf das Staatsbudget übernommen würde, überstiege danach nicht die Hälfte der Gesammtziffer. Die Begründung dieser Maßregel vermuthet man in den Schwierigkeiten, wel⸗ chen die Votirung des Polizeibudgets bisher alljährlich in dem Pariser Munizipalrath begegnete.
— 28. Oktober. (W. T. B.) Der „Temps“ dementirt die den französischen Soldaten in Tongking zugeschriebenen Grausamkeiten und erklärt ebenso die Nachricht von einem angeblichen Tagesbefehl des Generals Bouet, in welchem die Niedermachung aller Annamiten anbefohlen worden sei, für unbegründet.
Rouen, 28. Oktober. Bonnechose ist gestorben.
Griechenland. Athen, 27. Oktober. (W. T. B.) Der König und die Königin sind gestern hier wieder ein⸗ getroffen.
Rumänien. Bukarest, 27. Oktober. (W. T. B.) Die Kammern haben ihre Berathungen wieder aufgenommen. Das während der Ferien ausgearbeitete Projekt einer Re⸗ 23 der Verfassung wird am Montag vorgelegt werden.
Bulgarien. Sofia, 27. Oktober. (W. T. B.) Der „Agence Havas“ wird gemeldet: Ein am Abend des 25. d. M. vom Fürsten einberusener Ministerrath beschäf⸗ tigte sich mit der Frage der Abberufung der Adjutan⸗ ten des Fürsten. Es wurde beschlossen, den Obersten Rö⸗ diger in Arrest zu schicken, die in der bulgarischen Armee dienenden russischen Offiziere zu entlassen und die in der russischen Armee dienenden bulgarischen Offiziere sofort in ihre Heimath zurückzuberufen. Am darauf folgen⸗ den Morgen forderte der Fürst den Obersten Rödiger auf, um seine Entlassung nachzusuchen; Oberst Rödiger verwei⸗ gerte dies und erhielt darauf eine 24stündige Frist, um Sofia zu verlassen. Oberst Komanikoff erhielt den Befehl, die Leitung des Kriegs⸗Ministeriums zu übernehmen, sobald die dazu von St. Petersburg alsbald erbetene Ermächtigung ein⸗ gegangen sein werde.
——Dänemark. Kopenhagen, 27. Oktober. (W. T. B.) Im Folkething hat der Finanz⸗Minister heute eine Vorlage, die Altersversicherung der Arbeiter betreffend, einge⸗ bracht. Die Beiträge des Staats sind vorläufig auf zwei Millionen bemessen.
(W. T. B.) Der Kardinal
Den „Berliner Politischen Nachrichten“ schreibt man: von der diesseitigen Behörde erlassene Verbot der Einfuhr russischer Schweine wird von Landleuten der östlichen Grenzbezirke mit großer Genugthuung begrüßt. Auch das konsumirende Publikum hat keine Ursache, mit anderen Empfindungen auf die in Rede stehende Maßregel zu blicken. Kenner der einschlägigen Verhältnisse erklären, daß die russische Waare die Fleischpreise bei uns gedrückt; denn die Zahl der Schweine, die alljährlich eingeführt wurden, betrug viele Tausende. Wie aber das amerikanische Schweinefleisch Trichi⸗ nen und Finnen in Menge gebracht hat, so thut es auch das russische. Es ist ene Thatsache, daß namentlich fette Schweine aus Rußland viele Finnen mitbringen. Die Einfuhr der rufsischen Schweine wirkt auch auf die ostpreußische Schweinezucht. Ein Bei⸗ spiel: Als der Viehhandel aus Rußland blühte, da R im Argen. Es
as —98”
lag die Rindviehzucht diesseits der Grenze ziemlich fiel dem Landwirth nicht ein, selber Kälber zu ziehen, weil es billiger war, bereits großgezogenes Vieh zu füttern und dann wieder loszu⸗ schlagen. Daß dabei von einem Aufblühen der Viehzucht keine Rede sein konnte, ist klar. Anders ist es geworden, seit das Einbringen des russischen Rindviehs verboten ist. Heute können wir den Fort⸗ schritt, den die Viehzucht diesseitts der Grenze gemacht hat, vor Augen sehen, und dieselbe ist noch im Fortschreiten begriffen. Analog liegen die Verhältnisse mit der Schweinezucht. Augenblicklich lag der Handel mit inländischen Schweinen noch ganz darnieder, und es war dem Landmann nicht zu rerargen, daß er sich von einem Zweige der Wirthschaft abwendete, der wenig Gewinn verhieß. Sollte das Ein⸗ fuhrverbot für Schweine längere Zeit bestehen, so würde der Land⸗ wirth bald wieder der Schweinezucht mehr Aufmerksamkeit zuwenden, und das Publikum würde eine bessere und gesundere Waare erhalten.
.— In derselben Correspondenz finden wir folgenden Artikel:
In England ist der Streit zwischen den Anhängern des Frei⸗ handels und den das nationale Interesse betonenden Vertretern des sog. fair-trade-Prinzips heftiger als je entbrannt. Die Wahrnehmung, daß die letztjährige Handelsbilanz den Import mit 413 Millionen Lstrl., den Export aber nur mit 307 Millionen Lstrl. bewerthet, wird von den Fair⸗Traders als das schwerstwiegende Argument gegen ihre freihändlerischen Widersacher ins Feld geführt, und man muß gestehen, daß Letztere in ihrer Vertheidigung wenig glücklich sind, wenn sie, wie es thatsächlich geschieht, den 106 Millionen betragenden Ueberschuß des Imports über den Erpert kurzer Hand als einen Zuwachs am Nationalvermögen in Rechnung stellen. Sehr richtig wenden dagegen die Fairtraders ein, daß, selbst zu⸗ gegeben, der Kreis der Importfirmen könne mit Befriedigung auf den Handelsausweis blicken, doch die von ihm realisirten Benefizien nur einer verschwindend kleinen Minorität zu Gute kommen, indeß der auf seiner Hände Arbeit als einzige Erwerbsquelle an⸗ gewiesene kleire Mann den Rückgang des Exports an dem in pro⸗ portionalem Verhältniß sich dokumentirenden Mangel an Arbeits⸗ gelegenheit und Arbeitsverdienst schmerzlichst empfindet. Eine am letzten Montag Abend von der Nationa! Fair Trade League einberufene und zahlreich besuchte Versammlung, welche sich mit dem Thema der Handelsbilanz beschäftigte, konstatirte auf Grund der statistischen Nachweise des Board of Trade, daß das Land unter der Herrschaft des Freihandelssystems nicht gedeihe und nahm eine Resolution des Inhalts an, daß die während der letzten Jahre eingetretenen Ueberschüsse des Imports über den Export die in⸗ dustriellen Bevölkerungsklassen des Landes in eine bedrohliche Lage versetzt haben.
— Im „Deutschen Tageblatt“ lesen wir:
Die durch die veränderten wirthschaftlichen Verhältnisse herbei⸗ geführte Steigerung der Staatseinnahmen des Königreichs Sachsen ermöglicht es nicht nur, den bisher dort erhobenen 20 %igen, mehrere Jahre hindurch sogar 50 % igen Zuschlag zur Einkommensteuer in Weg⸗ fall zu bringen, sondern wird auch zur Aufhebung des Chausseegeldes führen. Preußen und Bayern haben auf diese Einnahme des Staates schon seit Jahren Verzicht geleistet, und auch in Sachsen würde sie schon früher erfolgt sein, wenn nicht der unter der Herrschaft des Manchester⸗ thums eingetretene wirthschaftliche Niedergang sich in dem vorherr⸗ schend industriellen Lande besonders fühlbar gemacht und empfindliche Schwankungen in den Staatseinnahmen zur Folge gehabt hätte, so daß man Bedenken tragen mußte, auf eine feste Einnahmequelle zu verzichten..
— Die „Wiesbadener Zeitung“ meldet aus Wies⸗ baden, den 25. Oktober:
Im Betriebe der Bergwerke des Regierungsbezirks Wiesbaden dauerten auh in den Sommermonaten die bisherigen Verhältnisse fort. Die Gewinnung von Eisenstein wurde im früheren Umfange fortgesetzt, da die Nachfrage eine befriedigende blieb. Der Absatz der Braunkohlenbergwerke auf dem Westerwalde war zwar nicht sehr lebhaft, aber doch besser als in dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Bessere Erfolge hatten auch die Dachschiefer⸗ und Thongewinnungen aufzuweisen, da ihre Produkte im Ganzen guten Abgang fanden. Die Förderung von Phosphorit war auf den meisten Gruben eine schwung⸗ hafte, da der Begehr steigende Tendenz zeigte. Die Maschinen⸗ fabrikation war lebhaft beschäftigt und wird es voraussichtlich auch noch ferner bleiben.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Im 8. Breslauer Wahlbezirk, — Neurode, Glatz, Habel⸗ schwerdt — ist für den ausgeschiedenen Pfarrer Scholz der Amtsvorsteher Franz Hartmann aus Labitsch (Centrum) mit 478 gegen 26 Stim⸗ men, welche der Landgerichts⸗Rath Sack zu Liegnitz (liberal) erhielt, zum Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.
Kunst, Wissenschaft und Literatur. 3
Paris, 27. Oktober. (W. T. B. her Physiker Bregu⸗ Mitglied der Akademie, ist gestorben. eedesth
— Der Polizei⸗Präsident von Stettin, Graf Hue de Grais, bekannt durch sein bereits in drei Auflagen erschienenes Handbuch der Verfassung und Verwaltung, hat denselben Stoff in conciserer Form in einem „Grundriß der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche“ (Verlag von Julius Springer, Berlin) behandelt. Dieser kleine Grundriß bringt die Grundzüge der Verfassung und Verwaltung in sachlicher Weise zur Anschauung und giebt zugleich eine Uebersicht aller wichtigeren Reichs⸗ und Landesgesetze unter Angabe der Sammlungen, in denen sie ver⸗ öffentlicht sind. Bei der kurzen, übersichtlichen und leicht faßlichen Darstellung erscheint dasselbe den weitesten Kreisen der Bevölkerung zugänglich und wird allen Denjenigen, welche sich mit dem Gegen⸗ stande nicht näher beschäftigen können, das Verständniß unseres staat⸗ lichen Lebens näher bringen. Der billige Verkaufspreis des kleinen über 100 Seiten umfassenden, gut gebundenen Werkes von nur 1 ℳ wird die weiteste Verbreitung des Grundrisses ermöglichen.
Gewerbe und Handel.
Nürnberg, 27. Oktober. (Hopfenmarktbericht v Held.) Der Marktverkehr war heute theils in Folge ho F rungen der Eigner, theils auch in Folge einer weniger starken Frage etwas schleppend. Die Landzufuhren hatten 500 Ballen, die Bahn⸗ abladungen ungefähr ebensoviel betragen. Die Preise behaupteten sich fest. Verkauft wurden bis Mittag ca. 700 Säcke. Die Stim⸗ mung ist ruhig. Die Notirungen lauten: Württemberger prima 170 — 180 ℳ, mittel 150 — 160 ℳ, Hallertauer prima 170 — 180 ℳ, mittel 150 — 160 ℳ, Polen prima 170 — 180 ℳ, Elsässer prima 150 — 155 ℳ, mittel 135 — 145 ℳ, Badische prima 155 — 160 ℳ, mittel 135 — 150 ℳ, Gebirgshopfen 160 — 170 ℳ, Marktwaare 140 bis 155 ℳ, Aischgründer 140 — 160 ℳ, Altmärker 115 — 135 ℳ
Glasgow, 27. Oktober. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 589 100 Tons, gegen 619 400 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 105 gegen 113 im vorigen Jahre.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 27. Oktober. (W. T. B.) Die Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Fulda“ und „Oder“ sind, ersterer heute früh 6 Uhr und letzterer heute Vormittag 10 Uhr in New⸗ York eingetroffen. 8
Bremen, 28. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Hohenzollern“ ist am 26. d. M. in Galveston angekommen.
Hamburg, 27. Oktober. (W. T. B.)
„Hammonia“ der Hamburg⸗Amerik Aktiengesellschaft hat, von New⸗York 7 Uhr die Scilly⸗Inseln passirt. b
Hamburg, 29. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Hammonia' der Hamburg⸗Amerikanischen Packet⸗ fahrt⸗Aktiengesellschaft ist heute Vormittag 10 Uhr, von New⸗York kommend, auf der Elbe eingetroffen. 1
Hamburg, 29. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Borussia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrts⸗ Aktiengesellschaft ist am 27. d. M. in St. Thomas ein⸗ getroffen, und der Postdampfer „Thuringia“ derselben Gesellschaft hat, von New⸗York kommend, gestern Abend 9 Uhr Lizard passirt.
Triest, 29. Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Urano“ ist mit der ostindisch⸗chinesischen Ueberl Alexandrien gestern Nachmittag hier angekommen.
Berlin, 29. Oktober 1883.
Amtliche Berichte aus den Königlichen Kunsstsammlungen.] Vierter Band, 4. Heft.
(Aus dem Jahrbuch der Königlichen preußischen Kunstsammlungen. Dasselbe erscheint vierteljährlich zum Preise von 30 ℳ für den Jahr⸗ gang in der Weidmannschen Buchhandlung zu Berlin.)
I. Königliche Museen in Berlin. (Fortsetzung.)
G. Egyptische Abtheilung. 8
Das verflossene Vierteljahr brachte der Abtheilung mehrfachen Zu⸗ wachs. Aus der G. Posno’'schen Sammlung egyptischer Alterthümer, deren Versteigerung im Mai d. J. in Paris stattfand, wurde der Direktorial⸗ Assistent Dr. Stern beauftragt, eine Anzahl Nummern zu erstehen, bei deren Auswahl die Rücksicht auf inschriftlichen und historischen Charakter vorwalten sollte. Es wurde eine Bronzestatuette erworben, welche in ansprechender Ausführung und tadelloser Erhaltung einen knieen⸗ den, in den vorgestreckten Händen Opferschalen haltenden König mit der oberegyptischen Krone darstellt, den eine Inschrift am Gürtel als den „König Sent“ bezeichnet. Diese Statuette, welche vergoldet war, ist eine gleichzeitige Arbeit, und als solche das älteste Denkmal des egyptischen Bronzegusses; denn Sent ist der manethonische König Sethenes der II. Dynastie, dessen Andenken auch noch in späterer Zeit als eines um die alte Literatur verdienten Königs gepflegt wurde. Eine andere wohlerhaltene Königsstatue, aus Kalkstein, 0,32 hoch, stellt einen König der XVIII. Dynastie dar, dessen Name jedoch auf dem Rückenpfeiler geflissentlich abgeschabt ist; auch diese läßt Spuren von Vergoldung erkennen. Ein alterthümliches Sitzbild aus Kalk⸗ stein, einen halben Meter hoch, ist das eines Königlichen Enkels Thentha, der unter der IV. Dynastie lebte; eine Statuette aus schwarzem, hartem Steine mit charakteristischem Kopfe gehört ebenso wie zwei fragmentirte Statuen mit Inschriften der XXVI. Dynastie an. Eine ansehnliche Alabastervase von 0,58 Höhe trägt die Na⸗ mensschilder Ramses' IV. und die Angabe ihres Gehaltes von
Uinter den Stelen und Gedenktafeln aus Kalkstein ist das alte Reich durch die Darstellung eines Mannes vor dem Opfertische, die XXII. Dynastie durch eine Opferdarstellung des Königs Takelothis, die XXVI. Dynastie durch zwei interessante Stelen vertreten. Die eine aus dem 51. Jahre Psammetichs I. berichtet in zehnzeiliger In⸗ schrift vom Bau eines Heiligthums, die andere aus dem 32. Jahre des Amasis in siebenzeiliger Inschrift über einen Bau in der Stadt Bubastis. Von zwei funerären Opferstelen ist eine besonders hervor⸗ zuheben, da auf ihr der unteregyptische Gott Setb, „der Herr von Chepschet“, mit hoher Krone und gehörnt erscheint. Weiter ist ein Reliefbild des Gottes Besa mit dem Schwerte zu erwähnen, ferner ein großer Scarabaeus Amenophis’ III. mit der Inschrift über die von demselben erlegten Löwen, zwei kleinere mit dem Namen des Königs Snefru und des Mencheres, die beide der IV. Dynastie angehören, ein hölzener Fisch von 0,47 Länge ist bunt bemalt und beschrieben und ein Frauenkopf mit vergoldetem Gesicht von einer Mumienhülle aus Pappwerk, ist sehr wohl erhalten. 8
Gleichfalls in Paris von dem dortigen Händler H. Hoffmann, wurden 25 beschriebene Ostraca gekauft, meist mit koptischen Auf⸗
riften brieflicher Art.
8 Aus dem Nachlasse des vormaligen preußischen Generalkonsuls in Egypten, Theremin, wurde ferner eine Sammlung kleiner Alter⸗ thümer erworben. Sie enthält unter 31 Bronzen eine merkwürdige
Statuette der Isis im Stile der spätesten Kunstepoche. Unter den steinernen Gegenständen verdient ein Marmorkopf, bärtig und gelockt, des Zeus⸗Serapis, ausgezeichnet zu werden und unter den Smalt⸗ fiauren ein kleiner Affe in sitzender Stellung, der in der einen Hand eine längliche Frucht hält und mit der anderen eine rundliche zum Munde führt, ein seltenes und gut erhaltenes Stück. Dazu kommen eine Anzahl Smaltfiguren und gegen 40 kleine und kleinste Amulette, worunter drei Scarabäen mit Irschriften⸗ Eine kleine Aegis mit diskustragendem Katzenkopfe und einer Oese zum Aufhängen an der Rückseite ist aus Elektrum. ELE
Auch die Sammlung unserer Gipse ist kürzlich durch vier wohl⸗ gelungene Abgüsse aus London vermehrt worden. Obenan steht die berühmte Statue des Nilgottes Häpi, der viele Pflanzen und Ge⸗ flügel auf einer Opfertafel trägt. Es ist das in Karnak von Salt aufgefundene Denkmal das Weihgeschenk eines auf demselben abge⸗ bildeten Prinzen Sesonchis und durch seine Inschriften für die Ge⸗ schichte der XXII. Dynastie von besonderer Wichtigkeit. Die Reihe der Statuen Ramses II. ist nun durch den Abguß der in Elephantine gefundenen vervollständigt, die den König als Osiris darstellt. Eine Büste des Nectanebos mit dem Thronschilde auf dem Gürtel, ist für den Stil seiner späten Epoche lehrreich, desgleichen eine intercolum⸗ nare Tafel aus einem Tempel mit doppelter Darstellung des opfern⸗ den Psammetich I.
Sechs Pbotographien von den drei ersten Blättern eines grie⸗ chisch⸗egyptischen Papyrus, magischen Inhalts, welchen Prof. A. Schöne auf der Bibliothèque nationale in Paris für Dr. Erman anfertigen ließ, wurden für die Sammlung gekauft.
Der Stud. Wilcken untersuchte sorgfältig und mit Gewinn die griechische Papyrusfragmente von Fayyüͤm aus der Zeit des Com⸗ modus, welche Censuslisten enthalten.
Lepsius.
II. Königliche National⸗Galerie. Die Sammlungen erfuhren in der Zeit vom 1. April bis 30. Juni d. J. folgende Bereicherungen durch Ankäufe: A. Oelgemälde. Achenbach, Andreas: „Holländischer Hafen“, gemalt nach Be⸗ stellung.
Rosenfelder: „Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg heimlich das Abendmahl in beiderlei Gestalt im Jahre 1528“.
(Dieses Gemälde wurde dem Königlichen Konsistorium zu Königs⸗ berg zum Schmuck des neuen Sitzungssaales im dortigen Königlichen Schlosse überwiesen.)
L Gey: „Luther mit seinen gelehrten Freunden bei der Bibel⸗ Uebersetzung“. Figuren ½ lebensgroß. (Der Luther⸗S z1 Wittenberg zur Aufstellung überwiesen.)
Gesammtaufwand 45 900 ℳ 1
B. Skulpturen, C. Kartorn (Keine). D. Handzeichnungen.
von Deutsch, R.: 6 Blatt mythologische Kompositionen, Feder⸗ zeichnungen.
Menzel, Ad.: 5 Blatt Entwürfe 8 enkwürdigkeiten aus der Brandenburgischen Blei⸗ und Tuschzeichnungen.
Gesammtaufwand 9000 ℳ
nimmt
für das lithographische Werk: Geschichte. ⸗
D 2
Da die bisherige Dekoration der Cornelius⸗Säle sich als un⸗ günstig für die darin aufgestellten Kartons erwiesen hat, wurde zu⸗ nächst der erste Cornelius⸗Saal einer Umgestaltung unterworfen, durch welche an Stelle der bisherigen matten Farbenstimmung des Raumes eine intensivere farbige Behandlung getreten ist. Eine entsprechende Veränderung des zweiten Cornelius⸗Saales ist für das künftige Jahr vorbehalten.
Jordan. (Fortsetzung folgt)
Von Seiten des Königlichen Hof⸗Jagdamts geht uns die Mittheilung zu, daß die heurige St. Hu bertus⸗ Jagd nicht, wie anderen Ortes berichtet war, vom Jagdschloß Stern aus in der Pürschheide geritten, sondern, Allerhöchster Be⸗ stimmung gemäß, wieder im Grunewaldstattfinden und von dem Hohen Protektor der Parforce⸗Jagd, Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm, abgehalten werden wird.
Cöln, 28. Oktober. (Tel.) Die englische Post vom 27. Oktober früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 13 Minuten Abends, ist ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in Belgien.
Im Sitzungssaale des Herrenhauses wurde heute gegen 10 ½ Uhr Vormittags die unter dem Namen Berliner Stadtsynode bekannte Versammlung der vereinigten Berliner Kreissynoden mit einem von dem Prediger Bahnsen gesprochenen Gebet eröffnet. Die Synodalen waren äußerst zahlreich erschienen. Der Vor⸗ sitzende, Synodale Kammergerichts⸗Rath Schröder, machte zu⸗ nächst geschäftliche Mittheilungen und Kammergerichts⸗Rath Schröder referirte hierauf über den Antrag des Vorstandes und des geschäftsführenden Ausschusses, betreffend die Dotirung neuer geist⸗ licher Stellen. Der betreffende Antrag lautet: „I. Falls die Gemeinde⸗ organe von St. Markus, St. Zion, St. Thomas und von St. Simeon die etatsmäßige Begründung von neuen geistlichen Stellen beschließen und diese Beschlüsse die Genehmigung der Patronats⸗ und kirchenregimentlichen Behörden erhalten, diese Behörden auch darein willigen, daß den verfassungsmäßigen Gemeindeorganen das Wahlrecht in Bezug auf die neuzuschaffenden Stellen eingeräumt werde, werden die vereinigten Kreissynoden bei nachgewiesener Unzulänglichkeit der Kirchenkassen aus der Synodalkasse die nothwendigen Mittel zur Gewährung etasmäßiger Gehälter von vorerst 3600 ℳ jährlich, und wo nicht freie Wohnung gewährt werden kann, außerdem von 1200 ℳ Wohnungsgeldzuschuß vom Etatsjahre 1884/85 ab bewilligen und zwar bei St. Markus für 2, bei Zion, St. Thomas und St. Simeon für je 1 Stelle. Es soll den zu berufenden Geistlichen die Verpflichtung auferlegt werden, daß sie sich im Falle einer Theilung der Parochie die Berufung an den abgelösten Theil derselben unter gleichen Bedingungen gefallen lassen müssen. II. Falls in rechts⸗ beständiger Weise nun für die neuerbaute sogenannte Dankes⸗ kirche auf dem Weddingplatz eine besondere patronatsfreie Parochie ins Leben gerufen werden möchte, die vereinigten Kreissynoden auch gegen die Abzweigung dieser Parochie vom Standpunkte der Synodal⸗ kasse Erinnerungen nicht zu erheben haben, übernehmen die vereinigten Kreissynoden vom Etatsjahr 1884,85 ab auf so lange, als die Kirchenkasse der neu zu bildenden Gemeinde die betreffenden Aus⸗ gaben zu bestreiten sich außer Stande erweist, die nothwendigen Zuschüsse zur Ausstattung von folgenden, Durch die verfassungs⸗ mäßigen Gemeindeorgane zu besetzenden Stellen: a. Für einen Geistlichen mit einem etatsmäßigen Gehalte von 4500 ℳ und, wo nicht freie Wohnung gewährt werden kann, außerdem von 1500 ℳ Wohnungsentschädigung. b. Für einen Küster mit einem Gehalte von 1800 ℳ und eventuell 500 ℳ Wohnungsentschädigung. c. Für einen Kirchendiener mit einem Gehalte von 1000 ℳ und eventuell 200 ℳ Wohnungsentschädigung. d. Für einen Organisten 600 ℳ III. Die vereinigten Kreissynoden erachten eine Theilung der St. Markus⸗ und St. Thomasparochie für ein dringendes kirchliches Interesse. Sie erwarten, daß die Organe der betreffenden Gemeinden, sowie die patronats⸗ und kirchenregimentlichen Behörden die erforderlichen Schritte für den genannten Zweck thun werden und erklären sich bereit, nach Maßgabe des Be⸗ schlusses vom 29. Mai 1883 dahin mitzuwirken.“ Kammergerichts⸗ Rath Schroeder befürwortete die Annahme des Antrages unter großem Beifall der Versammlung. — Der Vertreter des Königlichen Kirchen⸗ regiments, Konsistorial⸗Präsident Hegel, gab die Versicherung ab, daß
die Kirchenbehörden den vorliegenden Antrag nach Kräften unterstützen würden. — Der Antrag wurde nach längerer Diskussion ange⸗ nommen.
Die hiesige Brüdergemeinde feierte gestern in ihrer Kapelle in der Wilhelmstraße das diesjährige Mrssionsfest, dem Geistliche aus verschiedenen Theilen Deutschlands beiwohnten. Die Festpredigt hielt Hofprediger Frommel, der in den nächsten Tagen auch bei dem großen Bruderfest in Neusalz als Festprediger fungiren wird. Seine Ausführungen knüpften an das Apostelwort aus Römer 12, 12 an. Den Bericht erstattete der Bischof und Unitätsdirektor Kühn aus Barthelsdorf bei Herrnhut, der erst vor wenigen Monaten von seiner Inspektionsreise aus Südafrika, wo er früher selbst 20 Jahre hindurch gewirkt, zurückgekehrt ist. Die Brüder⸗ mission hegann in Afrika ihre Arbeit bereits 1737, wo Georg Schmidt in das Land der Hottentotten ging, dort 5 taufen konnte, dann aber das Gebiet wieder verlassen mußte. Erst 50 Jahre später konnte die Arbeit wieder aufgenommen werden. Zur Zeit bestehen im Lande der Hottentotten 9 Haupt⸗ und 3 Nedenstationen, denen sich circa 10 000 Pfleglinge angeschlossen haben. Die dortige Mission besitzt ein Seminar, in dem bereits etwa 100 Eingeborene zu Missionsgehülfen herangebildet sind, und die dortigen Schulen sollen den Vergleich mit den hiesigen Schulen aushalten. Im Kaffernlande be⸗ gann die Missionsarbeit vor 54 Jahren. Nur äußerst schwer konnte hier das Christenthum Boden gewinnen, und die letzten Kriegswirren haben die Arbeit vieler Jahre fast wieder gänz⸗ lich vernichtet. Ausenblicklich bestehen dort zwei Stationen, die die übrig gebliebenen Getreuen um sich gesammelt haben. Mehrere der größeren Häuptlinge zeigen sich dem Christenthum schon geneigt; einige, wie Luptudo und Sibi, kommen selbst in die Kirchen und Schulen, nach denen namentlich auch von kleineren Häuptlingen ver⸗ langt wird. An der Mosquitoküste haben 7 Stationen 2100 Indianer und Kreolen um sich gesammelt. — Mit Gebet und Segen schloß die Feier.
Der Verein Berliner Künstler (Kommandantenstraße 77,79) hat die erste Serie seiner Ausstellungen für diesen Winter gestern eröffnet. Die Landschaftsgemälde weisen die Namen: v. Kameke, Bracht, bekannt als Maler des landschaftlichen Theils des Sedan⸗ Panoramas, Körner Schuster, Ludwig, Ockel, Douzette, Pflugradt, Flickel, v. Meckel, Eschke, G. Engelhardt, Lutteroth, Brendel und Andere auf. ie Porträtmalerei ist vertreten durch Gräf, Stauffer, Sichel, Felir aus Wien und Andere. In der Genre⸗ und Thiermalerei finden wir die Namen v. Amberg, Harburger, De⸗ fregger, Kay, Koch, Friese und Andere. Krabber in Karlsruhe sandte eine große Kollektion hervorragender Aquarelle. Die Wiedereröffnung der Ausstellung wird allen Freunden der Kunst willkommen sein.
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Neuruppin, 28. Oktober. (W. T. B.) In Anwesenheit des Geheimen Regierungs⸗Raths Dr. Jordan aus Berlin sowie der von der Königlichen Kunstakademie und der Technischen Hochschule in Berlin, ingleichen von dem Berliner Künstlerverein entsendeten Depu⸗ tationen fand heute Mittag 12 Uhr hier die feierliche Enthüllung des Schinkeldenkmals . Der Landrath von Quast, das Offizier⸗Corps der hie garnisonirenden Truppen, die Mitglieder der hiesiger ehörden, die Lehrer und sämmt⸗ liche Gewerke der welche mit ihren Fahnen und Emblemen aufzogen, an der Feier Theil. Bürgermeister v. Schulz leitete di emit einer Ansprache ein; Geheimer Regie⸗ rungs⸗Rath Dr. Jor feierte Schinkel als Reformator auf dem Gebiete der Architektur sowie als Staatsdiener und Menschen, richtete Worte der Anerkennung an den anwesenden Schöpfer des Denkmals Bildhauer Max Wies übergab das Denkmal der Stadt,
Bürgermeister v. Schulz übernommen Die Feier schloß mit einem enthusiastischen Hoch auf Se. Niederlegen von Kränzen an dem Denkmal
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wurde. Feier Majestät den Kaiser, den und Gesängen.
St. Petersburg, 27. Oktober. (W. T. B.) In Tasch kent ist heute früh 2 Uhr 20 Minuten eine Erderschütterung mit heftigem unterirdischem Getöse wahrgenommen worden.
8 Nach Berichten aus
Jamaika ist der Ort Port Antonio am 18. Oktober durch eine nersbrunst fast gänzlich zerstört worden. Der Verlust über⸗ igt eine Million Dollars.
New⸗York, 28. Oktober. (W. T. B.) —
In Gutzkows „Königslieutenant“, dessen Aufführung im
utschen Theater“ morgen, Mittwoch, mit Hrn. Friedrich
se in der Titelrolle stattfindet, werden außer dem genannten
in den bedeutenderen Partien die Damen Frl. Clotilde
warz als Wolfgang, Frl. Agnes Sorma als Gretel, Frl. Klara
Guinand als Frau Rath Goethe beschäftigt sein. Hr. Paul Nollet
spielt den Rath Goethe, Hr. Julius Wessels den Alcidor, Hr. Franz Kierschner den Mittler und Hr. Carl Peppler den Althof.
— Im Walhalla⸗Operetten⸗Theater konnte die erste Auf⸗ führung der neuen Operette „Nanon“ von Richard Genée wegen plötzlich eingetretener starker Heiserkeit des Frl. Jenny Stubel am Sonnabend nicht stattfinden. Die zu dieser Vorstellung ausgegebenen Billets behalten zur ersten Aufführung von „Nanon“ Gültigkeit. Die zum Sonntag und Montag gelösten Billets gelten zur zweiten und dritten Vorstellung, oder es kann der Betrag dafür an der Kasse zurückgenommen werden. Die erste Aufführung findet nun morgen, Dienstag, bestimmt statt.
Der zweite Quartett⸗Abend der Herren Joachim, de Ahna, Wirth und Hausmann findet am Montag, den 5. No⸗ vember, Abends 7 ½ Uhr, im Saale der Sing⸗Akademie statt. Zum Vortrag kommen: 1) Quartett in Es-dur von Mozart, 2) Quartett in F-dur von Klughardt, 3) Quartett in Cis-moll von Brethoven. Billets zu 5, 3 und 1,50 ℳ sind in der Sing⸗Akademie, bei Hrn. Schäff zu haben.
Hr. Waldemar Mexyer eröffnete sein am Sonnabend in der Singakademie gegebenes Concert mit einer Suite von Franz Ries, von deren 5 Sätzen die Bourrée und das Moto perpetuo am interessantesten erschienen; das letztere, im schnellsten Tempo gespielt, gab dem Künstler auch Gelegenheit seine technische Fertigkeit glän⸗ zend zu entfalten, während in dem Adagio sein Ton nicht groß und frei genug erschien und sich zu wenig von dem Instrument löste. Zu derselben Beobachtung gaben auch die anderen Nummern: Ballade und Polonaise von Vieuxtemps, Bolero von Mosczkowsky, Caprice von Reinhold Becker, und Legende von dem Concertgeber selbst, Anlaß, indessen dürfte es demselben bei den sonstigen treff⸗ lichen Qualitäten seines Geigen⸗Spiels leicht werden, auch in der beregten Beziehung sich der Vollkommenheit zu nähern. — Von den beiden italienischen Concertsängerinnen, welche an dem Abend mitwirkten, gewann Signorina Jessica Jolanda mit ihrem zarten, aber schönen und außerordentlich fein geschulten Alt mehr die Sympathien des Publikums als ihre Partnerin Signorina Alisa Jolanda, eine Sopranistin von etwas spitzer Klangfarbe und dynamisch nicht genug nüancirtem Vortrage. Freilich hatte sich die letztere Dame ihre Sache auch dadurch besonders schwierig gemacht, daß sie es unternommen, eine Reihe allbekannter deutscher Lieder von Jensen, Becker und Eckert zu singen, bei denen nicht nur die Aussprache, sondern auch die Vortragsweise fremdartig berühren mußte. Eine so schroffe Ablehnung, wie die italienische Gastin am Schluß erfuhr, war aber ganz unmotivirt und nicht am Platze, um so we⸗ niger, als ihrer Art zu singen und den Ton zu bilden vom rein künst⸗ lerischen Standpunkt aus alles Lob gebührte. Signorina Jessica Jo⸗ landa fand, wie schon bemerkt, mit ihren dankbareren Nummern: einer Romanze von Gounod, einer Cavatine aus „Linda“ von Donizetti und einem englischen, ziemlich trivialen Tanzliede erheblich größeren Beifall, den sie allerdings außer mancherlei natürlichen Vorzügen auch ihrem sorgfältig ausgearbeiteten Vortrage zu verdanken hatte.