— In Ausführung der Allerhöchsten Kabinetsordre vom
21. August d. J. hat der Chef der Admiralität bestimmt, daß die Matrosen⸗Artillerie⸗Abtheilung der Ostseestation die Be⸗ nennung „J. Matrosen⸗Artillerie⸗Abtheilung“ und diejenige der Nordseestation „II. Matrosen⸗Artillerie⸗ Abtheilung“ zu führen hat.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Gettkant und Hirsch in Königsberg in Pr., Behrendt in Coadjuthen, Dr. Kröner als Direktor der Provinzial⸗Irren⸗ anstalt zu Neustadt Westpr. und Hönicke in Walschleben.
Bayern. München, 17. November. (Allg. Ztg.) Bei Beginn der heutigen 13. Plenarsitzung der Kammer der Abgeordneten wurde der neu eintretende Abg. Frhr. von Lindenfels beeidigt. Der Minister des Innern, Frhr. von Feilitzsch, verlas eine Allerhöchste Entschließung vom 12. d. M., vLurch welche die am 29. d. M. zu Ende gehende verfassungs⸗ mäßige Dauer des Landtages bis zum 31. Januar 1884 verlängert wird. Der Abg. Luthardt erstattete Namens des Finanzausschusses mündlichen Bericht über den Etat des HKöniglichen Staats ⸗Ministeriums der Finanzen für je ein Jahr der nächsten Finanzperiode. Eine allgemeine Debatte fand nicht statt, und die Spezial⸗ debatte beschränkte sich, mit Ausnahme des Postulats hinsicht⸗ lich des Dispositionsfonds, auf einzelne erläuternde Bemerkun⸗ gen des Referenten. Was den Ministerial⸗Dispositions⸗ fonds zu Unterstützungen anlangt, so hatte die Majorität des Ausschusses beantragt, das Postulat ab⸗ zulehnen, wobei vorbehalten wurde, beim allgemeinen Etat für Unterstützungen einen entsprechenden Betrag für alle Ministerien einzustellen. Der Abg. Walter welcher den An⸗ trag im Ausschuß eingebracht hatte, motivirte denselben heute und verbreitete sich hierbei über die Verhandlungen, welche in der Kammer bei den letzten Landtagen in Betreff des Dispo⸗ sitionsfonds stattgefunden, und über die Beschlüsse, welche in dieser Sache gefaßt worden; Redner wiederholte die Erklärung, daß die Rechte bereit sei, in den allgemeinen Etat für Unter⸗ stützungen ꝛc entsprechend erhöhte Beträge einzustellen. Der Finanz⸗Minister von Riedel rechtfertigte die Wiedereinstellung des Postulats in das Budget und hatte nichts dagegen einzu⸗ wenden, wenn die Worte „Ministerial⸗Dispositionsfonds“ durch „Fonds für Unterstützungen“ ersetzt werden, ersuchte aber die Kammer, das Postulat in dieser Form zu geneh⸗ migen. Der Abg. Crämer erklärte, daß er und seine poli⸗ tischen Freunde (von der Linken) heute noch auf demselben Standpunkte ständen, welchen sie bisher hinsichtlich des Dis⸗ positionsfonds eingenommen haben; sie würden auch heute wieder für das Postulat stimmen. Der Abg. Kröber (bisher äußerste Rechte) erklärte, daß er, entgegen seinem früheren Votum, jetzt für das Postulat stimme, weil durch die Ablehnung viele arme Leute schwer benachtheiligt würden, und weil er, Redner, zu der Erklärung des Finanz⸗Ministers, daß bei der Vertheilung der Mittel aus diesen Fonds keinerlei politische Gründe obwalten würden, vooelstes Vertrauen habe. Bei der Abstimmung, die durch Namensaufruf erfolgte, wurde das Postulat (das 9170 ℳ beträgt) mit 80 gegen 63 Stimmen abgelehnt. Außer diesem wurden an dem gesammten Etat des Staats⸗ Ministeriums der Finanzen nur 2080 ℳ abgestrichen und derselbe mit 3 121 289 ℳ in das Budget eingestellt. Den Geschäftsbericht der Königlichen Bank in Nürnberg in den Fren 1881 und 1882, dann den Voranschlag der von der öniglichen Bank abzuliefernden Aerarialrente in der nächsten Finanzperiode erledigte die Kammer nach den Anträgen des Ausschusses, denen zufolge diese Rente auf 400 000 ℳ pro Jahr festgesetzt wurde.
Elsaß⸗Lothringen. Metz, 18. November. (W. T. 8.) Der Kriegs⸗Minister, General Bronsart von Schellen⸗ dorf, begiebt sich heute Mittag nach Diedenhofen.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 16. November. (Presse.) Der oppositionelle Abgeordnete Desider Szilagyi interpellirte in der gestrigen Sitzung des Finanzausschusses des ung arischen Abgeordnetenhauses anläßlich der Be⸗ rathung über das Erforderniß der innern Verwaltung Kroatiens den Minister⸗Präsidenten Tisza über die Be⸗ setzung des Banuspostens und des Portefeuilles eines Ministers für Kroatien sowie über die Eventualität einer Revision des ungarisch⸗kroatischen Ausgleichsgesetzes, wobei Interpellant von der wohlwollenden Absicht ausging, aus der Antwort des Ministers den Schluß zu ziehen, daß die Regierung bezüglich Kroatiens noch immer keine praktisch durchführbare Politik habe. Nach dem „Naplo“ äußerte sich Tisza dahin, daß die definitive Vergebung des Minister⸗Portefeuilles gleichzeitig mit der Ernennung des Banus erfolgen werde, da Minister und Banus unzweifelhaft dieselbe Richtung befolgen müßten. Er sei bemüht, den Banusposten so bald als möglich zu be⸗ setzen, doch wünsche er dies derartig zu bewerkstelligen, daß die Banusfrage nicht so bald wieder aufs Tapet komme. Eine Gesetzesrevision beabsichtige die Regierung nicht, da sie nichts von einer solchen erwarte; sie werde jedoch nicht dagegen sein, wenn sie in gesetzlicher Weise beantragt werde.
Pest, 17. November. (W. T. B.) In einer heute statt⸗ gehabten Konferenz der Mitglieder der liberalen Partei wurde über den Gesetzentwurf, betreffend die Ehen zwischen Christen und Juden, berathen und derselbe als Grundlage für die Spezialdebatte angenommen.
(N. Zürch. Ztg.) Der
Schweiz. Bern, 16. November. Bundesrath hat in der Frage der Nationalbahnschuld beschlossen, den Kantonen Zürich und Aargau zu Händen der Garantiegemeinden ein Anlehen im Maximalbetrage von 2 400 000 Fr. zu verabfolgen, verzinslich und rückzahlbar in Annuitäten zu 3 ½ Proz. (2 ½ Proz. Zins, 1 Proz. Amorti⸗ sation), und zwar unter der Bedingung, daß die Interessenten bei ihren anläßlich der 1882er Verhandlungen gemachten Offerten beharren und zur Vollzahlung der noch fehlende Rest von den schuldnerischen Gemeinden aufgebracht werde, welche letzteren, im Fall sie sich über die Repartition nicht verstän⸗ digen könnten, diesfalls den Entscheid des Bundesraths an⸗ zuerkennen hätten.
Großbritannien und Irland. London, 17. November (Allg. Corr.) Vorgestern überreichten die Delegirten von Transvaal dem Lord Derby ihre schriftlich aufgesetzten Forderungen. Die „Times“ sagt heute, daß an der Form, in welcher diese der Regierung unterbreitet worden, gar nichts auszusetzen sei, und man hoffen könne, daß eine befriedigende
Grundlage für eine zukünftige Lösung ohne ernste Schwierig⸗
keiten erreicht werden werde.
In Bezug auf die Räumung Egyptens Seitens der
britischen Okkupationsarmee veröffentlicht die „London Gazette“ die in dieser Angelegenheit zwischen Sir E. Baring und Earl Granville gepflogene Correspondenz. Sir E. Ba⸗ ring erklärt, daß die britische Garnison aus Kairo unbedenklich zurückgezogen werden könne, und sagt weiter: „Nach mit General Stephenson gepflogener Berathung bin ich der Anschauung, daß die jetzt aus 6700 Mann bestehende Armee auf 3000 Mann und 6 Kanonen reduzirt werden kann.“ Sir Evelyn Wood fügt dem bei, daß diese Macht in Alexandrien konzentrirt werden solle, wo leicht Unterkunft für sie geschaffen werden könnte. Am 1. November erwiderte Lord Granville hierauf: „Die Regierung Ihrer Majestät billigt Ihre Vorschläge, und auf Befehl der Königin habe ich den Kriegs⸗Minister ersucht, die von Ihnen empfohlene Reduktion zur Durchführung zu bringen und weiter anzuordnen, daß die in Egypten zurückbleibenden 3000 Mann in Alexandrien konzentrirt werden. Die dadurch er⸗ folgte Räumung Kairos überträgt die Verantwortung für die Erhaltung der Ordnung in Egypten auf die Regierung des Khedive, und diese kann bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf die volle moralische Unterstützung der Regierung Ihrer Majestät zählen. Der Herzog und die Herzogin von Connaught sind auf ihrer Reise nach Indien am 15. d. in Aden ein⸗ getroffen und haben dort bei allen Schichten der Bevölkerung einen enthusiastischen Empfang gefunden.
Frankreich. Paris, 17. November. (W. T. B.) Der Ministerrath hat heute Vormittag beschlossen, sich für den Gegenvorschlag Lelisvre's über die parlamentarischen In⸗ compatibilitäten auszusprechen. Der Ministerrath wird einige Modifikationen verlangen, aber keine Kabinetsfrage daraus machen. — Der Marine⸗Minister Peyron theilte die letzten Depeschen aus Tongking mit, welche Courbets Krank⸗ heit, das Bombardement von Kanton und andere alarmirende Gerüchte dementiren. Der Conseils Präsident Ferry wird am Donnerstag der Kommission für die Tongking⸗Angelegenheiten weitere Mittheilungen machen.
Die angestellte Untersuchung hat ergeben, daß der Anarchist Curien, welcher den Minister⸗Präsidenten Ferry zu tödten beabsichtigte, nicht geistesgestört, sondern ein Fa⸗ natiker ist und fortgesetzt die Versammlungen der Anarchisten in Lille und Roubaix besucht hat.
Die Deputirtenkammer setzte die Berathung des Budgets auf Montag fest. — Der Senat wählte den pro⸗ testantischen Prediger Pressensé zum lebenslänglichen Senator.
Spanien. Madrid, 17. November. (W. T. B.) Das Geschwader, welches Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen des Deutschen Reichs und von Preußen entgegenfahren wird, besteht aus den Fre⸗ gatten „Victoria“, „Numancia“, „Carme“ und „Lealtad“ und dem Aviso „Casidad“. Das Kommando ist dem Admiral Bulla übertragen worden. Das Geschwader liegt bei Carta⸗ gena, der Ordre zum Auslaufen gewärtig, vor Anker.
Valencia, 18. November. (W. T. B.) Die hiesigen Behörden sind mit Vorbereitungen für den festlichen Empfang des Deutsschen Kronprinzen beschäftigt. Der deutsche Gesandte in Madrid sowie der Oberst⸗Kämmerer und ein Flügeladjutant des Königs werden am nächsten Dienstag hier erwartet.
Italien. Rom, 18. November. (W. T. B.) Der „Diritto“ bringt dem Kronprinzen des Deutschen Reichs und von Preußen, dem Sohne des Kaisers Wilhelm, dem aufrichtigen und bewährten Freunde Italiens, den herzlichsten Willkommen dar. 3
Ein Königliches Dekret ordnet die Einsetzung einer Kommission an zur Prüfung der Frage, wie sich Italien beim Ablauf der Münzkonvention im Jahre 1885 zu verhalten habe. Die Kommission wird bestehen aus Seismit⸗ Doda, Luzzati, Simonelli, Minghetti, Lapertico, Massedaglia, Grimaldi, Morama, Branca, Zeppa und den General⸗Direk⸗ toren der Nationalbank und des Tresors.
Palermo, 19. November. (W. T. B.) Der Depu⸗ tirte Crispi hielt gestern vor seinen Wählern eine Rede und führte darin aus: er habe bei der Rekonstituirung der ehe⸗ maligen Linken mitgewirkt, und die Partei sei nun⸗ mehr rekonstruirt, nicht blos, um zu kämpfen, son⸗ dern auch um ihr traditionelles Programm auszu⸗ führen. Der Redner bemerkte weiter: man schreibe das Bündniß der gemäßigten Linken mit der Rechten der Nothwendigkeit zu, die republikanische Partei zu bekämpfen, diese sei aber in Italien nicht zu fürchten; der wahre Feind der italienischen Institutionen sei die klerikale Partei, welche sich, Dank der Politik der gegen⸗ wärtigen Regierung, verstärkt habe. Die Gegner der Wiederherstellung der ehemaligen Linken behaupteten, daß man mit ihr die derzeitigen Allianzen gefährde, Redner glaube indeß, daß Italien sich für seine kontinentale Politik den centraleuropäischen Mächten und im Uebrigen England zur See anschließen solle.
Türkei. Konstantinopel, 17. November. (W. T. B.) Der ehemalige Großvezier Safvet Pascha ist gestorben.
Griechenland. Athen, 17. November. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat die von der ministeriellen Partei aufgestellten Kandidaten mit einer Majorität von 40 Stimmen zu Vize⸗Präsidenten gewählt.
Serbien. Belgrad, 17. November. (W. T. B.) Der Pope Miloje, der Lehrer Prvulovic und ein Bauer aus Bol⸗ jevac wurden als Haupturheber des Aufstandes in dem Bezirk Boljevac standrechtlich zum Tode verurtheilt.
Afrika. Egypten. Kairo, 17. November. (W. T. B.) Der englischen Regierung ist von Seiten der egyp⸗ tischen eine Note zugestellt worden, in welcher für Egypten das Recht in Anspruch genommen wird, bei jedem neuen, den status quo bezüglich des Suezkanals betreffenden Arrange⸗ ment gehört zu werden. Man nimmt an, daß der englische General⸗Konsul Baring sich der Auffassung Egyptens an⸗
schließe. — 18. November. (W. T. B.) Der Khedive hat Sultan Pascha zum Präsidenten des legislativen
Raths ernannt.
8 Zeitungsstimmen.
Das „Posener Tageblatt“ schildert die Wirkun der Schutzzollpolitik für die Eisenindustrie, deren Produktsen sich seither um 86 Proz. gehoben habe, und hauptsächlich in Folge gesteigerten Exports sei doch in den ersten 10 Monaten dieses Jahres der Ausfuhrüberschuß noch rund ½ Million Metercentner größer als im vorhergehenden; das Blatt sagt dann:
Wenn die Schutzzölle weiter nichts als diesen notorischen, fün Jahre lang dauernden Aufschwung bewirkt hätten, so verdienten sie schon alles Lob: denn sie haben damit die vorhandenen Arbeitskräfte in reichem Maße beschäftigt und zur Vermehrung des Wohlstandes beigetragen. Aber ihre Wirkung reicht weiter. Sie haben unsere Eisenindustrie so gekräftigt, daß sie schlechtere Zeiten leichter ertragen kann, wie wenn sie sich immer noch in dem früͤheren Stadium der Entkräftung befände. Endlich aber haben sie, und das ist die Hauptsache, die Möglichkeit geschaffen, daß unsere Industrie sich im Inlande zu behaupten und die Schleuderkonkurrenz, welche von England uns droht, mit Erfslg abzuwehren im Stande sein wird. Hierin liegt die hohe Bedeutung des Schutzzollsystems Dasselbe verhindert, daß in Zeiten, in welchen der Absatz auf dem Weltmarkte stockt, das Ausland mit seinen Waaren hineinfluthet und der heimischen Industrie die Wurzel ihrer Kraft ab⸗ gräbt. Selbst wenn daher auch durch die augenblicklichen Konjunkturen eine neue Krise in der Eisenbranche verursacht werden sollte, so werden die Industriellen wie Arbeiter derselben mit Ruhe entgegenseben können. Sie wissen, daß wenigstens der vater⸗ ländische Markt ihnen erhalten bleiben wird, und daß die Krisis da⸗ her, so schwer sie auch werden mag, sie niemals zur Vernichtung wird führen können. So wird gerade in den schlechteren Zeiten die nationale Schutzpolitik von Neuem gerechtfertigt werden, im Gegen⸗ satz zu dem Manchesterthum, welches mit dem „Hilf Dir selber“ die Eisenindustrie schon längst vernichtet haben würde.
— Die „Norddeutsche Allgemeine schreibt:
Ueber den wirthschaftlichen Rückgang Bremens dringt aufs Neue eine Stimme in die Oeffentlichkeit, der man eine besondere Beach⸗ tung beizumessen wohl auch in Bremen selbst nicht unterlassen kön⸗ nen wird, wie wenig man es dort auch in gewissen Kreisen zu lieben scheint, die Mängel des herrschenden Systems und die durch dasselbe erzeugten Schäden vor Anderer Augen blosgelegt zu sehen. Unter dem Titel: „Bremen und seine Sonderstellung“ (Bre⸗ men, J. Kühtmann) hat Dr. D. Lahusen, derselbe Autor, dessen Broschüre über „die Korrektion der Unterweser und die bremische Handelskammer“ vor wenigen Monaten mit Recht eine fast sensationelle Beachtung fand, eine neue kleine Schrift veröffentlicht, in welcher er zunächst seinen Mitbürgern ein wahrheitsgetreues Bild von der wirthschaftlichen Lage ihrer Vaterstadt zu geben sich bemüht. Nach einer kurzen historischen Einleitung, die in ihrer Prägnanz ein genügend klares Bild der wirthschaftlichen Entwickelung in Deutsch⸗ land, hauptsächlich für den Handel giebt, kommt der Verfasser auf Bremen selbst zu sprechen, das im gegebenen Momenteo, einmal schon im Anfaag der 50er Jahre (1853 bei Auflösung des Steuervereins), sodann aber insbesondere bei der Errichtung des Norddeutschen Bundes nach dem Kriege von 1866 seine eigensten Interessen wahrzu⸗ nehmen nicht verstanden habe, indem es, ebenso wie in Hamburg, an⸗ statt dem nationalen Zuge zur Einheitsgestaltung sich anzuschließen, darauf bestand, seine isolirte Stellung als Freihafen beizubehalten. Das einseitige sich Steifen auf einen Verfassungsparagraphen, der als eine provisorische Bestimmung nur zur Erleichterung des Ueber⸗ ganges für die Hansestädte in die neu geschaffenen politischen Ver⸗ hältnisse gegeben war, mußte nicht nur dem Reiche selber auf die Dauer unerträglich werden, sondern es bedrohte zuletzt auch die eigene gedeihliche Entwickelung von Bremen und Hamburg. Mehr noch als das Letztere hätte gerade Bremen wegen seiner weniger günstigen Lage zur See und für die Schiffahrt Ursache gehabt, den Anschluß an das deutsche Hinterland, als die natürliche Basis seines wirthschaftlichen Gedeihens, zu suchen; und doch hat es in unglaublicher Verblendung von Hamburg sich den Rang ablaufen lassen und dadurch für sich einen Zustand geschaffen, der als ein schwer drückender jetzt dort empfunden wird. Das Bild, das Dr. Lahusen in seiner Broschüre von diesen Unzuträglichkeiten und der bedrängten Lage Bremens giebt, ist ein außerordentlich lebendiges und greifbares, freilich voll dunkler Schatten. An der Hand statistischer Belege schildert er das Zurückgehen des Bremischen Handels und der allgemeinen wirthschaftlichen Lage Bremens, die eine bedenkliche Progression zeigt. Wenn Bremen heute immer noch nach außerhalb als eine vor allen anderen „reiche Stadt“ gilt, so ist das allerdings insofern zutreffend, als in der obersten Schicht seiner Bevölkerung immer noch eine stetig wachsende Kapital⸗ ansammlung stattgefunden hat; im Allgemeinen aber hat, wie die Steuerlisten ausweisen, der Wohlstand Bremens abgenommen. Während nämlich in der höchsten (5.) Steuerklasse, bei einer nur geringen Zahl der Partizipanten, das versteuerte Jahreseinkommen von mehr als 12 000 ℳ in den Jahren von 1874 — 80 von 45,8 auf 51,1. Mill. Mark angewachsen ist, zeigt in dem nämlichen Zeitraum die unterste (I.) Steuerklasse mit einem Jahreseinkommen von 600—1 500 ℳℳ eine Abnahme des versteuerten Einkommens von 22,0 auf 16,8 Mill. Mark, die 2. Klasse (1500 bis 3000 ℳ) eine solche von 10,8 auf 9,1 Mil. Mark, die 3. Klasse (3000 bis 6000 ℳ) von 10,7 auf 8,8 Mil. Mark und die 4. Kl. (6000 bis 12 000 ℳ) von 11,0 auf 7,8 Mill. Mark. Dr. Lahusen weist diese bedenkliche Verschiebung der Steuer⸗ verhältnisse und der Steuerfähigkeit innerhalb des bremischen Staates noch durch andere Zahlengruppen nach, insbesondere solcher über die verringerte Konsumtionsfähigkeit der Bevölke⸗ rung, die Abnahme der Eheschließungen und die sttigende Armenlast, und erkennt in all Diesem mit Recht That⸗ sachen, in welchen sich schwere soziale Mißstände dotumentiren. „Die Zahl der Steuerzahler“ — schreibt er — „⸗minderte sich; steuerpflichtige Einkommen sanken unter die Minimalgrenze hinab; andere Einkommen traten in niedere Klassen zurück; und nur hin⸗ sichtlicch der großen Einkommen einzelner Weniger zeigte sich die Kraft einer normalen Entwickelung. Ein Staat aber kann ohne die Basis der Mittelklassen mit mittleren Einkommen keinen Bestand haben. Das Proletariat und der Reichthum beduüͤrfen des Bindegliedes. Fehlt es, wird dem Staat auf die Dauer die Lebenskraft fehlen.“ Dies ist die Lage in Bremen. Weitere Schilderungen des Verfassers in seiner Broschüre beziehen sich auf Handel und Schiffahrt, das eigentliche Lebenselement des bremischen Staates. Auch hier zeigen die sta⸗ tistischen Vergleichsziffern des Dr. Lahusen „im Allgemeinen einen trostlosen Niedergang“. Wir haben in den letzten Jahren selbst wie⸗ derholt auf Grund der amtlichen bremischen Handelsstatistik den Rück⸗ gang der Handels⸗ und Verkehrsverhältnisse der zweitgrößten deutschen Seehandelsstadt nachgewiesen und denselben als eine tief beklagenswerthe Erscheinung gegenüber dem allgemeinen wirthschaftlichen Aufschwunge in ganz Deutschland bezeichnet. Es kann dem Reiche und der Nation nicht gleichgültig sein, Bremen von der Stellung herabsinken zu sehen, die es vermöge seiner vielhundertjährigen Entwickelung und seiner ganzen natürlichen Lage in unserem Wirthschaftsleben einzunehmen berufen ist. Dr. Lahusen erkennt die vornehmste Ursache dieses Niedergangs sehr richtig in der Isolirung Bremens und motivirt dies eingehend und sachlich, indem er dringend mahnt, endlich die Schranken vor Bremens Mauern niederzureißen, damit der immer mehr verödenden Stadt eine neue glücklichere Zukunft aufgehen möge. Man wird wohl auch in Bremen selbst nicht umhin können, gerade in diesem Theile der Lahusenschen Broschüre eine auf gründliches Studium des Handels und seiner Beziehungen zum In⸗ und Auslande sich auf⸗ bauende und in ihren Einzelheiten zutreffende Schilderung zu erken⸗ nen, und es bleibt nur zu wünschen, daß der Bremische Kaufmanns⸗ stand die darin enthaltenen Lehren auch beherzigen möge. 3
Weiter kommt Dr. Lahusen sodann auf die durch die Isolirung Bremens geschaffene Nothlage der Industrie und des Kleingewerbes zu sprechen, und er führt diese in gleich eingehender Weise mit allen
Zeitung“
zren Schäden und Nachtheilen dem Leser vor die Augen, indem er nugleich die Wechselbeziehungen von Handel und Industrie in das rechte Licht stellt und darauf hinweist, wie Bremen durch seine Lage anz dazu angethan wäre, unter anderen Verhältnissen ein weithin Herrschender Handels⸗ und Industrieplatz zu werden, während es jetzt
beiden Richtungen verkümmert. Die Märchen von den ohen Lohnsätzen und von dem zwingenden Bedürfniß des bremischen wischenhandels, der mit der Ausschlußstellung Bremens stehe und alle, werden von dem Verfasser in schlagender Weise widerlegt. Auch der hohen Konsumtionsabgaben ist in der Broschüre Erwähnung ge⸗ tban, die der Stadt Bremen neben den verschwindenden Lebensmittel⸗ zäͤllen des Reiches eminent hohe Verbrauchssteuern auferlegen, und die die maßgebenden Kreise dort, unbeschadet ihrer freihändlerischen Ueber⸗ zeugungstreue, trotz ihres harten Drucks auf die Bevölkerung emsig konserviren. Dies ist in allgemeinen Umrissen, unter Verzicht auf das sehr reiche Detail, der Inhalt der Lahusenschen Broschüre. Und welch wohlthuender Kontrast gegenüber den geifernden Ausführungen des Hrn. Barth in einer der letzten Nummern seiner „Nation“ über den zeitigen Stand der bremischen Zollanschlußfrage“! Dr. Barth spielt sich darin als den negotiorum gestor für die bremischen In⸗ eereseen auf. Denn daß ihn irgend Jemand in Bremen zum Anwalt hier bestellt haben sollte, ist billig zu bezweifeln; ungeeigneteren Hän⸗ den wenigstens könnten die Geschicke Bremens nicht anvertraut wer⸗ den. Hr. Barth aber vergißt in seinem blinden und zornigen Eifer über die ungünstige Lage der bremischen Angelegen⸗ heiten ganz und gar hinzuzufügen, daß nur er selber und seine in Bremen um ihn geschaart gewesenen politischen Freunde all die Misére, über die sie jetzt klagen, zumeist auch verschuldet haben. In Dr. Lohusens Broschüre dagegen leuchtet uns aus jeder Zeile der feinfühlige, sorgfältig prüfende Geist eines Mannes ent⸗ gegen, in dessen Herzen zugleich aufrichtige Liebe für seine Vaterstadt und darüber hinaus die treue Anhänglichkeit an das große Gesammt⸗ daterland Raum haben. In diesem Sinne schließt Dr. Lahusen seine bochschätzenswerthe Schrift mit dem schönen Worte Friedrich Lists: „Im Hintergrunde aller meiner Plane liegt Deutschland!“
Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 19. — Inhalt: Allerhöchster Erlaß, betr. Bau⸗- und Betriebsleitung der Strecke Hadamar —Westerburg durch die Königliche Eisenbahn⸗Direktion srechtsrheinische) zu Cöln. Vom 8. Oktober 1883. — Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 29. Oktober 1883, betr. Ver⸗ hütung von Bahnfreveln; vom 31. Oktober 1883, betr. Einstellung von Nichtraucher⸗Coupés in die Personenzüge; vom 2. November 1883, betr. Auslegung der Bestimmungen des Freifahrt⸗Reglements vom 2. Mai 1883; vom 3. November 1883, betr. Vorsichtsmaßregeln beim Transporte leerer Steinkohlentheerölwagen. — Nachrichten.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 46. — Inhalt: Amtliches: Personalnachrichten. — Nichtamtliches: Ueber die Ermit⸗ telung der Tragfähigkeit eiserner Brücken. —. Neubau der Technischen Hochschule in Berlin. (Fortsetzung) — Die internationale elektrische Ausstellung in Wien. III. — Ueber die Vortheile der Zahnstangen⸗ bahnen bei starken Steigungen. (Schluß.) — Vermischtes: Durch⸗ schlag des Arlbergtunnels. — Die Bartholomäuskirche am Königs⸗ thor in Berlin. — Architekten⸗ und Ingenieur⸗Verein in Hannover. — Wettstreit zwischen Flußschiffahrt und Eisenbahnen in Deutsch⸗ land. — Technische Hochschule in Hannover.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Das kürzlich ausgegebene 3. Heft 18. Jahrgangs 1883. der „Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg (Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde des Herzogthums und Erzstifts Magdeburg, herausgegeben vom Vorstande des Vereins; Magdeburg, Verlag der Schäferschen Buchhandlung — A. Rüdiger) bringt eine umfangreiche Abhandlung von Fr. Hülße über die Einführung der Reformation in der Stadt Magdeburg. In fesselnder Form schildert der Verfasser zunächft die Zeit bis 1523, dann das Jahr 1524 (in welchem Luther, von den Gemeindevorstehern zu einer Unterredung eingeladen, nach Magdeburg kam und dort predigte), bis zur Einführung evangelischer Prediger, ferner die Be⸗ rufung Nicolaus von Amsdorfs, endlich den Streit der Stadt mit dem Erzbischof Kardinal Albrecht und seine Beilegung. — Als Miscelle wird am Schluß des Hefts eine Stelle aus einer Ur⸗ kunde des Erzstifts Magdeburg, datirt vom 3. August 1646, mitge⸗ theilt, welche sich auf die in diesem Jahre erfolgte Auffindung der Heilguellen in Hornhausen bei Oschersleben bezieht. — Nach dem abgedruckten Rechnungsabschluß für 1882 zählte der Verein 240 bei⸗ tragende Mitglieder.
Gewerbe und Handel.
Nürnberg, 17. November. (Hopfenmarktberichtvon Leopold Held.) Gestern zeigte sich bei Beginn des Marktes rege Kauflust, die auch anhielt, so daß gegen 1200 Ballen zu theilweise einige Mark höheren Preisen die Eigner wechselten. — Heute war das Geschäft kein so belebtes, doch beträgt der Umsatz immerhin 400 Ballen. Die Preise sind die gestrigen. Gesucht werden vornehmlich billige gut⸗ farbige Mittelsorten. Die Zufuhren waren letzter Tage von nur geringem Umfang. Die Tendenz ist ruhig, aber ziemlich fest. — Die Noctirungen lauten: Württemberger prima 180 bis 185 ℳ, mittel 160 — 168 ℳ, Hallertauer prima 180 — 185 ℳ, mittel 160 — 168 ℳ, Polen prima 180 — 185 ℳ, mittel 165 — 174 ℳ, Elsässer prima 162 — 165 ℳ, mittel 150 — 156 ℳ, Gebirgshopfen 170 — 175 ℳ, Marktwaare 155 — 166 ℳ, Aischgründer 160 — 165 ℳ,
Altmã 5 — 140 ℳ märker 12 (W. T. B.) Die Betriebs⸗
Luzern, 17. November. G — 3 einnahmen der Gotthardbahn betrugen im Oktober für den für den Güter⸗
Personenverkehr 448 000 Fr. (Septbr. 605 000), verkehr degcehrc Fr. (Septbr. 435 000), zusammen 1 010 000 Fr.
(Septbr. 1 040 000). Die Betriebsausgaben betrugen im Oktober
424 000 Fr. (Septbr. 428 000); demnach Ueberschuß 586 000 Fr.
(Feptbr. 612 000). Der Betriebsüberschuß im Oktober 1882 betrug 5 677 Fr.
2 17. November. (W. T. B.) Wollauktion (Schluß). Angeboten waren heute 2372 B. La Plata⸗Wollen, von denen 1060 B. verkauft wurden. Im Ganzen sind 22 507 B. zum
ngebot gekommen, von denen 15 390 B. verkauft wurden; es ver⸗ bleibt ein Vorrath von 7020 B. Feine Wollen erzielten Julipreise, geringere bedangen 5 Frcs. weniger. 8
17. November. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 587 000 Tons, gegen 617 300 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 101 gegen 114 im vorigen Jahre. „Washington, 17. November. (W. T. B.) Der Schatz⸗ sekretär Folger kündigt die Amortisirung von 10 Millionen Dollars 3 prozent. Obligationen an. Die Verzinsung derselben hört vom 1. Februar 1884 an auf.
Kairo, 17. November. (W. T. B.) (Telegramm des „Reuter⸗ schen Bureaus“.) Das Banquier⸗Syndikat, repräsentirt durch die anglo⸗egyptische Bank⸗Compagnie, hat der egpptischen
egierung angeboten, das erforderliche Kapital zu beschaffen, wenn die Regierung beschließen sollte, selbst einen zweiten Suezkanal auen. Man glaubt, in Folge dieses Anerbietens werde die Frage wegen des Monopols Lesseps aufs Neue von Seiten der Regierung in Erwägung gezogen werden. Verkehrs⸗Anstalten. ((Centr.⸗Bl. der Bauv.) Wettstreit zwischen Fluß⸗ schiffahrt und Eisenbahnen in Deutschland. Unter diesem Titel veröffentlicht Ingenieur Baum im Juliheft der „ Annales des Ponts et Chaussées“ einige Mittheilungen, deren Inhalt für unsere Leser zwar nichts Neues bringt, aber doch mit Rücksicht auf die Stelle, an der sich jene Ver⸗
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öffentlichung findet, kurz wieder gegeben werden mag. „Auf zwei deutschen Flüssen, Elbe und Rhein, bestehen seit einigen Jahren die Schiffahrtsgesellschaften und Schiffseigner den Wettstreit gegen die
isenbahnen und ringen ihnen mit Erfolg einen nennenswerthen Theil des Güterverkehrs ab. Besonders hat die Elbschiffahrt in den letzten Jahren sich kräftig entfaltet; der Verkehr nach und von Hamburg zeigt mehr und mehr das Bestreben, auf die Wasserstraße überzugehen.“ Der Verfasser schreibt dies den billigen Frachtsätzen, vor allem aber der Einrichtung eines regelmäßigen Betriebes der Schiffahrt mit Hülfe der Schlepp⸗ und Kettendampfer zu. Er erwähnt jedoch nicht, daß diese Einrichtung erst möglich war, nachdem die Regulirungs⸗ arbeiten bis zu einem gewissen, ein gleichmäßiges, ruhiges Fahrwasser sichernden Grade vorzeschritten waren. Nachfolgende Tabelle weist nach, daß seit sieben Jahren das Verhältniß der zu Wasser nach Hamburg gebrachten und von Hamburg ausgeführten Gütermassen gegen die Bahnfrachtgüter stetig gewachsen ist:
Jahre
Jährliche Ein⸗ und Ausfuhr Verhältniß⸗ auf den Eisenbahnen auf der Elbe zahl 541 221 t 327 409 t 1:9,602 1111 845 t 624 609 t 1:0,564 1 120 300 t - 705 290 t 1 ·:0,628 1 289 596 t 824 541 t 1: 0,640 1 276 496 t 926 593 t 1:0,725
In noch höherem Grade hat das Verhältniß der Frachtwerthe zugenommen, das im Jahre 1879 noch 1:0,227 betrug, 1880 dagegen 1: 0,265 und 1881 bereits 1: 0,334. Hieraus ergiebt sich, daß der hhefleestrs außer billigen Massengütern auch noch Güter von höherem Werthe zugefallen sind, hauptsächlich Getreide, Reis, Farb⸗ hölzer, Oel, Chemikalien u. s. w. Die Zahl der Dampfschiffe, welche 1860 nur 10,3 % der ganzen Schiffszahl ausmachten, ist seitdem auf 28 % angewachsen. Die durchschnittliche Beladung der Kähne, die im Zeitraum von 1861 bis 1865 nur 80,9 t betrug, 1870 schon 97,5 t, hat sich seitdem bis zu 126,3 t vergrößert. — Aehnliche Er⸗ scheinungen zeigen sich am Rhein. In Mannheim ist vom Jahre 1875 bis zum Jahre 1881 das Verhältniß zwischen den auf Eisen⸗ bahnen und auf Schiffen angelieferten und wegbeförderten Güter⸗ mengen angewachsen von 1:0,645 auf 1:0,865. Besonders bemer⸗ kenswerth ist, daß solche Güter, wie Kaffee, Zucker, Mühlenfabrikate und Rohleder, sich dem Wasserwege zugewandt haben. Während z. B. noch 1875 von dem in Mannheim umgeschlagenen Kaffee 58,7 % mit der Eisenbahn, 41,3 % zu Schiff befördert wurden, sind 1881 nur 28,9 % mit der Eisenbahn, dagegen 71,1 % zu Schiff befördert worden.
Bremen, 17. November. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Main“ ist am 16., Abends 11 Uhr, in Southampton und der Dampfer „Hobhenstaufen“ von der⸗ selben Gesellschaft heute in Baltimore eingetroffen.
Bremen, 19. November. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Elbe“ ist gestern früh 8 Uhr in New⸗ York angekommen. b
Hamburg, 18. November. (W. T. B.) Der Postdampfer „Gellert“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft hat, von New⸗York kommend, heute früh 6 Uhr Kap Lizard passirt.
1871 —875 1876 — 1880 V
Berlin, 19. November 1883.
Die heurige Hofjagd im Saupark bei Springe ist, vom schönsten Wetter begünstigt, am vergangenen Sonnabend von Sr. Majestät dem Kaiser und Khnige in Aller⸗ höchsteigener Person abgehalten worden.
Das erste in den Hülsegründen, circa 1100 Fuß gerade über dem Jagdschloß in einer mit Fichten durchmischten Buchen⸗ dickung neu eingerichtete Jagen begann präzise 10 Uhr Vor⸗ mittags; ihm folgte ein Imbiß im Jagdzelte, und mit dem Schlage 2 Uhr Nachmittags ward mit dem zweiten Jagen im Hallerbruch die Jagd abgeblasen. Beide Jagen sind mit Rothwild schwach besetzt und vornehmlich für die Suche der Findermeute auf Sauen abgestellt. So ergab denn auch die um 4 Uhr vor dem Jagdschloß von dem Allerhöchsten Jagdherrn abgenommene Strecke nur 2 Hirsche und 8 Stück Wild, dagegen 225 Sauen, in Summa also 235 Stück Hochwild. 8 18
Se. Majestät der Kaiser und König streckten Allerhöchst⸗ selbst einen gut jagdbaren und einen geringen Hirsch, 6 Wild, 22 grobe und 4 geringe Sauen. .
Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Wilhelm von Preußen 1 Wild, 11 grobe und 13 geringe Sauen, Prinz Albrecht von Preußen 1 Wild, 11 grobe und 3 geringe Sauen, Prinz August von Württemberg 10, Fürst Lichnowsky 9 und Graf Otto zu Stolberg Wernigerode 10 Sauen. 8 3
Geführt ward die Jagd in Vertretung des Oberst⸗Jäger⸗ meisters vom Hof⸗Jägermeister vom Dienst, Freiherrn von Heintze, sowie dem Ober⸗Forstmeister von dem Borne, Forst⸗ meister Deckert und Oberförster Hesse.
Eine Kugel aus der Büchse des Nebenschützen, welche dem General⸗Lieutenant von Thile aus Hannover bei Schluß des zweiten Treibens durch das Dickfleisch des Oberschenkels ging, wird hoffenlich keine bösen Folgen haben.
Am Mittwoch, den 21. d. M., findet Königliche Parforce⸗ Jagd statt. Rendezvous: Mittags 1 Uhr zu Jagdschloß Grunewald.
Im Kunstgewerbe⸗Museum wird gegen Ende des Monats November eine neue Sonderausstellung eröffnet werden, welche ein hervorragendes Interesse beansprucht. Dr. Riebeck aus Halle hat während einer fast dreijährigen Forschungsweise in Afrika und haupt⸗ sächlich Asien eine ethnographische Sammlung gebildet, welche alle Zweige der Geschicklichkeit und Kunstfertigkeit der fremden Völker umfaßt, deren Heimstätten der Reisende besuchte. Der Aufenthalt desselben an den alten Kulturstätten in Indien, Siam, China, Japan zc. ist ebenso ergiebig gewesen wie seine Forschungsreisen in dem fast unbekannten Gebiete der Bergvölker der Chittagong im nördlichen Indien sowie der wenig bekannten Stämme der Shan (Birma), Ka⸗Khyen ꝛc. Dr. Riebeck hatte seine Sammlungen zunächst in Halle konzentrirt und dort eine Zeit lang ausgestellt; jetzt werden dieselben nach Berlin überführt. Die Hauptmasse dieser aͤußerst werthvollen, nach vielen Tausenden von Objekten zählenden Sammlung ist von dem Besitzer zum Geschenk für die öffentlichen Museen zunächst von Berlin bestimmt. In erster Linie werden das ethnographische Mu⸗ seum und das Kunstgewerbe⸗Museum diejenigen Gruppen und Stücke erhalten, welche zur Ergänzung des vorhandenen Bestandes geeignet sind. Unsere Stadt hat also alle Veranlassung, die bevorstehende. Ausstellung mit besonderem Danke zu begrüßen.
Der Berliner Bezirksverein der Gustav⸗Adolf⸗ Stiftung feierte gestern in der Dreifaltigkeitskirche sein Jahresfest. Schiff und Emporen füllte eine zahlreiche Gemeinde; vor dem Altar⸗ platz hatten die Vorstandsmitglieder und die sonst dem Verein be⸗ sonders nahestehenden Herren Platz genommen. Die Motette „Lobe den Herrn“, vom Kirchenchor a capella vorgetragen, sowie Gemeinde⸗ gesang leitete den Gottesdienst ein. Der Festpredigt legte sodann Prof. D. Kaftan das Wort aus Gal. 5, 1— 4 zu Grunde und knüpfte daran die Mah⸗ nung, gerade in dem Lutherjahre sich aufs Neue zu verbinden, um dieses Werk der rettenden Hülfe zu fördern und zu unterstützen mit Gebet und Für⸗
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bitte, mit Geld und mit That, mit Arbeit und Handreichung. Den Be⸗ richt erstattete hierauf Prediger Lic. Weser, der einst selbst in der Diaspora gewirkt hat. Die Stiftung kann nach seinen Mittheilun⸗ gen im Allgemeinen mit hoher Befriedigung auf das letzte Geschäfts⸗ jahr zurückblicken. Insgesammt sind 775 000 ℳ, 46 000 ℳ mehr als im Vorjahr, aufgebracht worden; an Stiftungen gingen 124000 ℳ ein; 23 Kirchen, 3 Pfarrhäuser, 13 Schulen konnten im Bau vollendet werden. Viel freilich, sehr viel ist noch zu thun: noch sind 143 Kirchen, 49 Pfarrhäuser und 48 Schulen zu bauen, noch gilt es, 3 ½ Millionen Mark Schulden zu decken, die diese armen, mit Steuern beschwerten Diaspora⸗Gemeinden selbst gar nicht aufbringen können. Was speziell die Provinz Brandenburg betrifft, so existiren hier zur Zeit 72 Zweigvereine und 22 Frauenvereine, die zusammen 47 450 ℳ auf⸗ gebracht haben. Die Zahl der Zweigvereine hat sich er⸗ freulich vermehrt, auch im Nordosten der Provinz, in den beiden Kreisen, in welche das Werk bis dahin noch nicht übergegangen war, in Friedeberg und Arnswalde haben nunmehr Zweigvereine ihre Wirksamkeit begonnen. In Berlin selbst sind die Beiträge um 1500 ℳ gegen das Vorjahr zurückgeblieben, doch ist in diesem Jahre von hier aus dem Gustav⸗Adolph⸗Verein eine namhafte Stiftung im Betrage von 30 000 ℳ zugeflossen. Mit einem Hin⸗ weis auf die Verhandlungen der Provinzialversammlung in Frank⸗ furt a./O. und die Hauptversammlung in Lübeck endete der Bericht. Ober⸗Konsistorial⸗Rath Prof. D. Weiß schloß die Feier mit Gebet.
Die Bartholomäus⸗Gemeinde feierte gestern das 25 jährige Gedächtniß der Kirchenweihe durch einen festlichen Gottesdienst. Die schmucke Kirche, deren dringend nöthig gewordene Reparatur nunmehr beendet ist, war aus Anlaß des Tages reich geschmückt. Vor dem Altarplatz hatten die Mitglieder der beiden Gemeinde⸗Kirchenbehörden, sowie die erschienenen Ehrengäste Platz genommen. Die Festpredigt, der die Geschichte des Zachäus zu Grunde lag, hielt Pastor Vorberg, welcher seit 1871 in der Gemeinde wirkt. Wie wir der Festprediagt entnehmen, sind in den 25 Jahren 22 000 Kinder getauft, 9000 Jünglinge und Mädchen konfirmirt, 7000 Ehepaare getraut und 90 000 Gläubigen ist das heilige Abendmahl gespendet worden. Das kirchliche Leben innerhalb der Gemeinde, das durch das Civilstands⸗ gesetz einen harten Schlag erhielt, beginnt wieder sich langsam zu heben, noch immer aber entbehren über die Hälfte der Ehepaare des Segens der Kirche. — Nach der Predigt konnte Pastor Vorberg noch verkündigen, daß aus Anlaß des Tages von opferbereiten Gemeinde⸗ mitgliedern eine Gedächtnißtafel mit den Namen der Gefallenen der Parochie, eine kostbare Altardecke und ein Lutherbild der Kirche zum Geschenk gemacht sind.
Lieutenant Wißmann hat die Seereise nach Afrika nunmehr angetreten. Am 16. d. M., 11 Uhr 20 Min., in demselben Augen⸗ blick, als er Hamburg mit seinen Gefährten verlassen, hat er noch ein Telegramm hierher an Prof. Bastian entsendet, in dem er ein „Lebewohl Allen“ zuruft. Vor seiner Abreise hat sich Wißmann bereits verpflichtet, die Sammlungen auch dieser neuen auf drei Jahre berechneten Expedition ausnahmslos dem Königlichen Museum zu überlassen. Die Ausbeute verspricht diesmal auch in ethnologischer Beziehung eine recht reiche zu werden. Dem Drängen der hiesigen Anthropologen folgend, hat Wißmann sich bereit finden lassen, eine große Quantität Gips mitzunehmen, um möglichst von allen Völker⸗ stammen, die er berührt, Gipsabgüsse herstellen zu können.
Prag, 18. November. (W. T. B.) Heute Vormittag hat hier die feierliche Uebergabe des neuen böhmischen National⸗ Theaters von Seiten des Baucomités stattgefunden. Die Bühne des Theaters, auf welcher der Uebergabeakt erfolgte, war mit elek⸗ trischem Lichte erleuchtet. Dr. Rieger übergab den Neubau Namens des Baukonsortiums und hielt dabei eine die künstle⸗ rischen Interessen und Ziele des Theaters beleuchtende Rede, die von den Versammelten mit einem dreimaligen „Slava Nazdar“ aufgenommen wurde. Der Vorsitzende des Baukonsortiums, Skram⸗ lik, erklärte, das Theater werde bestrebt sein, die echte Kunst dem Volke zu erschließen. Der Direktor Schubert gab das Versprechen, daß die Künstler im Geiste der Männer wirken würden, die den Kunsttempel begründet und vollendet hätten. Mit einem dreimaligen Slavarufe schloß die Feier. b 8
Die Festvorstellung im böhmischen National⸗Theater, welcher die Statthalter von Böhmen und Mähren und zahlreiche Festgäste, darunter auch polnische und ruthenische Deputationtn, in ihrer Nationaltracht beiwohnten, war überaus glänzend. Zur Aufführung gelangte Smetanas Oper „Libussa“, in derselben Besetzung wie vor 2 Jahren. Die Ausstattung war durchweg im slavischen Stil gehalten. Der Komponist wurde wiederholt gerufen.
des ersten Monats den größten Theil der enormen Ausstattungskosten von „Excelsior“ gedeckt haben, ist die Direktion des Victoria⸗Theaters in der glücklichen Lage, zu ihren früheren normalen Preisen zurück⸗ kehren zu können, und wird von heute ab das Parquet auf 4 ℳ herabgesetzt. — Am gestrigen Sonntage war das große Haus wie⸗ der total ausverkauft.
1 Am nächsten Sonnabend, den 24. November, steht die Er⸗ öffnung der Weihnachts⸗Ausstellung des Kroll schen Thea⸗ ters und die erste Aufführung der Girndt⸗Jacobsonschen Novität „Die Puppenprinzessin“ bevor. Trotz der Schwierigkeiten, die hinsichtlich einer originellen malerischen und plastischen Umwandlung des Etablisse⸗ ments in jedem Jahree sich häufen, glaubt die Direktion doch auch diesmal etwas geschaffen zu haben, was dem alten schönen Rufe der Krollschen Weihnachts⸗Ausstellungen entsprechen dürfte. Auch die Novität erscheint in ganz neuer Ausstattung, musikalisch illustrirt vom Kapellmeister Lehnhardt. Hr. Engel jun. besorgt die Inscenirung
Weihnachtsstücks.
6 1 hnac Belle⸗Alliance⸗Theater brachte am Sonnabend drei einaktige Stücke zur Aufführung, von denen die beiden ersten für uns Novitäten waren. „Miß Colibri“, ein Lustspiel von Alexander Budinssky, welches vorgestern den Anfang machte, giebt Zeugniß von des Verfassers recht hübschem bühnentechnischen Geschick. Die Handlung spielt sich in Paris in dem Hause eines Akademikers ab, dessen Frau und Tochter das Buch eines jungen, äußerst naturalistischen Schriftstellers loben, ohne dasselbe zu kennen. Der junge, in dem Charakter seiner Geliebten getäuschte Mann, welcher sein Machwerk jetzt selbst verabscheut, entdeckt noch zu rechter Zeit die Wahrheit und wird glücklich in dem Besitze eines unverdorbenen Mädchens. Trotz des recht gelungenen Spiels aller Darsteller, beson⸗ ders des Frl. Meyer (Claire), des Hrn Kurz (Bouvallet) und der Fr. Carlsen (Adele) konnte das kleine Werk nur einen bedingten Erfolg erringen. Hr. Alexander (Revil) bedarf noch mehr von jener bestechenden Liebens⸗ würdigkeit, welche zu der Rolle eines Liebhabers unentbehrlich ist. — Dem „Ehren⸗Pokal“, der sich als „Posse“ einführt und nach A. O. Klausmanns gleichnamigem Schwank von C. Schultes bearbeitet ist, war noch weniger Beifall be⸗ schieden, als seinem Vorgänger. Die dem Stücke zu Grunde liegende Idee — eine Deputation bringt einen Ehrenpokal, holt ihn irrthümlich wieder ab, um ihn dann noch einmal wieder⸗ zubringen — ist selbst für eine Posse zu unbedeutend oder hätte doch scenisch mit größerem Geschick durchgeführt werden müssen. — Den meisten und wohlverdienten Beifall errang das alte Genrebild von Hug Müller „Adelaide“. Hr. Lebrun konnte in der prächtigen Maske des Alt⸗ meisters Beethoven sein ganzes Talent als Charakterdarstelle aufs Neue darthun; allerdings dürfte dies die am meiste durchdachte und wirkungsvollste Rolle dieses Künstlers sein. Frau Carlser (Adelaide) zeigte sich dabei als eine sehr gewandte Partnerin in der Darstellung ernster Charaktere. Das muntere jugendliche Elemen fand in Frl. Schwarz (Clärchen, früher eine der besten Rollen de zu früh dahingegangenen Ernestine Wegner) eine liebenswürdig Vertreterin, welche sowohl durch ihr reizendes Spiel als durch de warmen Vortrag der beiden Beethovenschen Lieder „Freudvoll un
leidvoll“ und der „Adelaide“ die Zuschauer erfreute.