1883 / 279 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Nov 1883 18:00:01 GMT) scan diff

kassen 1— werde, dann aber auch, daß man doch das, was bisher Grund zu Klagen nicht gegeben habe, auch keinen Grund habe zu ändern. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Döhlinger, Bebel, Vize⸗Präsident Streit, Ackermann, Uhlmann und Dr. Heine wurde der Gesetzentwurf der Gesetz⸗ gebungsdeputation überwiesen.

(Darmst. Ztg.)

Hessen. Darmstadt, 26. November. Se. Königliche Hoheit der Großherzog ist gestern Vormittag mit dem fahrplanmäßigen Zuge um 11 Uhr 20 Minuten von Letzlingen hierher zurückgekehrt.

Zur Feier des Geburtsfestes Sr. Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs fand gestern Nachmittag im Neuen Palais Großherzogliche Familientafel statt. Ihre Kaiser⸗ liche Hoheit die Kronprinzessin hatte Ihren Besuch in Aussicht gestellt, war aber leider durch Unwohlsein verhindert, mit den Prinzessinnen⸗Töchtern von Wiesbaden hierher zu kommen; dagegen nahm daran Theil Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen⸗Mei⸗ ningen, die am Sonnabend von Wiesbaden gekommen war 88* 9 gestrigen Abend die Rückreise nach Charlottenburg antrat.

Das heute ausgegebene „Regierungsblatt“ enthält die Großherzogliche Verordnung, die Ausführung des Reichs⸗ gesetzes vom 1. Juli 1883 wegen Abänderung der Gewerbe⸗ ordnung betreffend.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 26. November. (Th. Corr.) Aus der Mitte des Landtages ist ein Antrag eingebracht worden, welcher dahin geht: die Staatsregierung möge ermächtigt werden, den zur Zeit noch bestehenden Zu⸗ schlag bei Liquidation der Gerichts⸗ und Verwaltungs⸗ sporteln im Betrage von 33 ⅛l Prozent im Laufe der nächsten Finanzperiode, sobald dies nach den Resultaten der neu revidirten Einkommensteuergesetzgebung nur einigermaßen thunlich erscheine, aufzuheben. Die Annahme des Antrages ist gesichert, da er von mehr als zwei Drittein der Abgeord⸗ neten unterzeichnet ist.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 25. November. (Lpz. Ztg.) Gestern Abend sind die Großfürstin Kon⸗ stantin und der Großfürst Dmitri Konstantinowitsch aus St. Petersburg hier eingetroffen und im Herzoglichen Residenz⸗ schloß abgestiegen.

Am 22. d. M. ist die von dem Herzog einberufene, neu gewählte Landschaft zusammengetreten. In der am 22. ds. Mts. abgehaltenen vorbereitenden Sitzung be⸗ grüßte der Staats⸗Minister von Leipziger die Abge⸗ ordneten und wurden dieselben dann verpflichtet resp. vereidet. Unter Leitung des Alters⸗Präsidenten Freiherrn von Beust wurden hierauf drei Kandidaten gewählt, die dem Herzog für den Posten des Landschafts⸗Präsidenten vorzuschlagen waren. An erster Stelle wurde der frühere Präsident von Schwarzen⸗ fels gen. von Rothkirch⸗Trach vorgeschlagen und auch von Sr. Hoheit gewählt. Als Vize⸗Präsident ist der Abgeordnete Stöhr, welcher schon früher diese Stelle bekleidet hatte, wieder⸗ gewählt und bestätigt worden. Die Finanzen des Herzogthums sind als recht günstig zu bezeichnen, denn es sollen künftig statt seither 7 ½ nur 7 Termine Klassen⸗ und qualifizirte Einkommensteuer und statt 2 ⅛3 nur 2 Termine Grundsteuer erhoben werden.

Reuß ä. L. Greiz, 22. November. (Lpz. Ztg.) Zu⸗ folge Regierungsbekanntmachung ist der am 6. Februar d. J. vertagte 5. ordentliche Landtag zur Wiederaufnahme der Landtagsverhandlungen auf Mitlwoch, den 28. d. M,, einbe⸗ rufen worden. 8

OSOesterreich⸗Ungarn. Pest, 26. November. (W. T. B.) „Pesti Naplo“ meldet auf das Bestimmteste: die Ernennung des Feldzeugmeisters Philipovics zum Banus von Kroatien werde in vier Tagen publizirt und gleichzeitig der Ausnahmezustand in Kroatien aufgehoben werden.

Frankreich. Paris, 26. November. (W. T. B.) Der „Temps“ bespricht das Dekret der chinesischen Re⸗ gierung, betreffend die Vorbereitungen zum Kriege, und tadelt das Zaudern Frankreichs. Das Blatt meint: es wäre Zeit, hinreichende Streitkräfte nach Tongking zu senden, um das einmal unternommene Werk zu Ende zu führen. Die Zusammensetzung des Verstärkungscorps sei festgestellt und alles bereit, um sofort die hierzu designirten Truppenabthei⸗ lungen, mindestens 2 Regimenter zu je drei 800 Mann starken Bataillonen einzuschiffen. Gleichzeitig sollte man jedes der drei gegenwärtig in Tongking stehenden afrikanischen Ba⸗ taillone auf 800 Mann verstärken.

Die Deputirtenkammer begann heute die General⸗ debatte über das Budget. Ribot hob hervor: die Haupt⸗ ursache der Besorgniß der Bevölkerung sei die Vermehrung der Ausgaben. Das gegenwärtige Budget weise zwar Erspa⸗ rungen auf, aber auf Kosten der Zukunft. Ribot kritisirte sodann den Bericht Rouviers, welcher die Schwierigkeiten be⸗ mäntele, aber nicht beseitige. Rouvier erwiderte: Frankreich befinde sich in einer besseren Lage, als alle anderen Staaten Europas. Die Berathung wird morgen fortgesetzt.

Die Kommission der Deputirtenkammer zur Vorberathung der Kreditvorlage für Tongking nahm heute in Gegenwart des Minister⸗Präsidenten Ferry den Be⸗ richt Bourées entgegen und wird morgen über den Regierungs⸗ entwurf Beschluß fassen.

Spanien. Madrid, 26. November. (W. T. B.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern Abend mit der Königlichen Familie der feierlichen Einweihung des neuen Gebäudes der juristischen Akademie bei. Nach der von Sr. Majestät dem König Alfons gehaltenen Rede ertönten begeisterte Hochrufe auf den König und die Königin, sowie auf den Kronprinzen und seine Gemahlin.

26. November. (W. T. B.) Gelegentlich der gestern Abend stattgefundenen feierlichen Eröffnung der Rechtsakademie hielt der Präsident Romero Robledo eine in einem Lobe der Monarchie gipfelnde Rede. In seiner Erwiderungsrede pries Se. Majestät der König Alfons zuvörderst den der Feier bei⸗

ohnenden Kronprinzen, der, als ehemaliger Schüler der Univer⸗ ität Bonn und Ehrendoktor der Rechte, der Akademie gleichfalls nahestehe. Im weiteren Verlaufe seiner Rede bezeichnete sich der

König als einen energischen Vertheidiger des inneren Friedens und Sollte dazu, so fuhr der König fort, un⸗ Nittel erforderlich

der Gerechtigkeit.

wußtsein, daß solche Männer wie die Akademiker seiner Fahne folgten, auf welcher die Worte geschrieben stünden: Friede, Arbeit, Gerechtigkeit, Ordnung, Freiheit. Die Rede des Königs wurde mit großem Beifall aufgenommen.

26. November. (W. T. B.) Der Kronprinz besuchte heute Vormittag das Waffenmuseum und später in Begleitung des Königs und des Kriegs⸗Ministers die Kaserne der Berg⸗ Artillerie. Um 3 ½ Uhr wird Sr. Kaiserlichen Hoheit durch den Introducteur des Ambassadeurs, Zarco del Valle, das diplomatische Corps vorgestellt werden. Abends 8 Uhr findet ein großes militärisches Diner und um 10 Uhr großer Zapfenstreich statt.

Das Journal „Correo“ gedenkt des über jedes Er⸗ warten günstigen Eindrucks, den der Kronprinz in Spanien gemacht habe.

26. November, Nachts. (W. T. B.) An der Spitze

des diplomatischen Corps, welches heute Nachmittag von Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen empfangen wurde, be⸗ sich der päpstliche Nuntius und der französische Ge⸗ andte. Alsdann besuchten Se. Majestät der König und Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz die metallurgische Ausstellung. Zu dem heutigen Diner im Königlichen Schlosse waren gegen 120 Einladungen, hauptsächlich an höhere Militärs, ergangen. Der Zapfenstreich am Abend kam zur wirkungsvollsten Aus⸗ führung. 600 Musiker und 400 Soldaten mit Fackeln durch⸗ zogen die Stadt zu dem Platze vor dem Palais und brachten daselbst dem Kronprinzen eine Serenade dar, die mit dem deutschen Kaisermarsch begann. Der Erzbischof von Toledo, welcher in drid anwesend war, hat sich nach Toledo zurückbegeben, um morgen zum Empfange des Königs und des Kronprinzen zugegen zu sein. Se. Majestät und Se. Kaiserliche Hoheit werden morgen um 9 ½ Uhr abreisen und noch vor Mittag deaselbst eintreffen. Der Besuch wird der Besichtigung der Sehenswürdigkeiten der Stadt, hauptsächlich dem Alcazar, der Kathedrale und der ö“ gelten. Die Rückreise soll um 6 Uhr Abends erfolgen.

27. November. (W. T. B.) Fast die gesammte hie⸗ sige Presse äußert sich anläßlich des Aufenthalts des Kron⸗ prinzen fortgesetzt in sehr sympathischer Weise über den⸗ selben und hebt mit besonderer Genugthuung hervor, daß der Kronprinz, wie aus Seinen Aeußerungen hervorgehe, ein leb⸗ haftes Interesse für Spanien und das spanische Volk bekunde.

27. November, früh. (W. T. B.) (Von einem zwei⸗ ten Korrespondenten.) Der Kronprinz besuchte gestern Nach⸗ mittag mit dem König die internationale metallurgische Aus⸗ stellung und empfing hierauf das diplomatische Corps. Nach dem Galadiner im Königlichen Schlosse wurde von sämmt⸗ lichen Musikcorps der Garnison im Schloßhofe der große Zapfenstreich ausgeführt, der mit der preußischen Volkshymne begann. Mehrere Tausend Fackelträger waren im Viereck um den Schloßhof aufgestellt; am Waffenmuseum, an der hinteren Seite des Schloßhofes, strahlte in glänzendem Licht in großen Buchstaben das Wort „Willkommen“. Der Hof wohnte dem außerordentlich glänzenden Schauspiele vom Balkon des Schlosses aus bei.

Die Abreise des Kronprinzen und des Königs nach Toledo ist auf heute Vormittag 91 ½ Uhr festgesetzt.

Italien. Rom, 26. November. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer, welche heute ihre Sitzungen wieder aufgenommen hat, berieth den Gesetzentwurf über den höhe⸗ ren Unterricht. Der Finanz⸗Minister legte den außerordentlicen Budgetvoranschlag für das erste Semester 1884 und den Budgetvoranschlag für das Jahr vom 1. Juli 1884 bis zum 30. Juni 1885 vor. Der Minister erklärte, daß die Finanzgebahrung des Jahres 1883 nach Bedeckung sämmtlicher Ausgaben einen erheblichen Ueberschuß zurücklassen werde. Der Vor⸗ anschlag für das erste Semester 1884 markire eine bedeut⸗ same Epoche in der Finanzgeschichte Italiens, in Folge der Abschaffung der Mahlsteuer im Betrage von 47 Millionen und des Rückfalls des Tabackmonopols in die Hände des Staats. Der Voranschlag weise einen Ueberschuß von 2 Mil⸗ lionen auf, obwohl mehrere Steuern im ersten Semester minder einträglich seien als im zweiten. Der Voranschlag für das Finanz⸗ jahr 1884/85 ergebe einen Ueberschuß von 6 974 980. Die guten finanziellen Verhältnisse hätten die Regierung in die Lage versetzt, für die Auslagen, welche der öffentliche Dienst erfordere, Vorsorge zu treffen und den Ministerien des Krieges und der Marine eine Erhöhung derjenigen Ausgaben zuzuwenden, welche zur weiteren Entwickelung nothwendig seien. vorzunehmenden Arbeiten Vorsorge getroffen, ohne daß man zu den außerordentlichen Mitteln seine Zuflucht genommen, welche das Parlament seiner Zeit bewilligt habe. Der Minister legte ferner einen Gesetzentwurf über die Handelsmarine vor. Der Handels⸗Minister brachte eine Vorlage über die Reform der Bank, der Justiz⸗Minister den Entwurf eines neuen Strafgesetz⸗ buches ein, in welchem die Todesstrafe abgeschafft wird.

Das amttiche Blatt veröffentlicht die Ernennung von 17 Senatoren. Unter den Ernannten befindet sich auch der Botschafter Robillant.

Neapel, 26. November. (W. T. B.) Bei dem gestern hier veranstalteten Banket der dissentirenden Linken waren 86 Deputirte, darunter Baccarini, Cairoli, Crispi, Nicotera und Zanardelli anwesend. Cairoli sagte: die gegenwärtige Regierung sei gegen die Klerikalen nachgiebig bis zur Unklugheit, gegen die Radikalen streng bis zur Willkür. Crispi erklärte, er glaube, daß die Anmaßung bei den Klerikalen sich noch gesteigert habe, und führte weiter aus, das Garantierecht stehe nicht über den nationalen Rechten; er glaube auch nicht, daß der Klerikalismus weniger gefährlich sei, als der Radikalismus. Der Redner besprach sodann die Fragen der inneren Politik und erklärte sich u. A. für eine Entschädigung der Deputirten. Hinsichtlich der auswärtigen Politik bereue er sein Still⸗ schweigen nicht. Als er Gegenstand der heftigsten Anklagen gewesen sei, habe er es vorgezogen, lieber aus dem Mi⸗ nisterium auszuscheiden, als leidenschaftliche Debatten heraus⸗ zubeschwören, indem er es der Zeit überlassen habe, diesen Eindruck seiner Politik zu korrigiren. Er könne sich auf Thaten und Dokumente berufen, aus denen hervorgehe, daß die loyale Haltung der italienischen Regierung in schwierigen Momenten von Meinungsverschiedenheiten, die durch beklagenswerthe Agitationen provozirt worden seien, die freundschaftlichen Beziehungen mit Deutschland und Oester⸗ reich⸗Ungarn aufrecht zu erhalten vermocht habe, mit welchen

glücklicherweise die Anwendung öäußerster

sein, so werde er seine Pflicht zu erfüllen wissen in dem Be⸗

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Mächten Italien heute in gemeinsamem Interesse durch solide

Außerdem sei auch für die im öffentlichen Nutzen

Engagements verbunden sei, die für alle Parteien unver⸗ letzlich sein müßten. Die vereinigte Linke sei einig in dem hohen Ideal der Treue zu Vaterland und König. (Beifall.) Zanardelli sprach sich über die Gründe seines Austritts aus dem Kabinet aus und bekämpfte Depretis, welcher unter dem Vorwande, gegen die Radikalen vorzugehen, eine Schwenkung nach Rechts gemacht habe Er glaube auch, daß das Vorgehen der Republikaner den Interessen der liberalen Sache in Italien schädlich sei, halte es jedoch für nützlich, daß die konstitutionelle demokratische Partei auf ihre Fahne die Worte schreibe: „Für unsere und euere Freiheit“. Angesichts der ungleichen Haltung der Regierung gegenüber den Republikanern und den Radikalen sei diese Meinungsfreiheit um so nothwendiger. Die Unter⸗ drückung von Unordnungen sei zulässig im Falle der Noth⸗ wendigkeit, habe jedoch keinen Sinn, wenn die Nothwendigkeit nicht vorliege. Er weise eine solche Unterdrückung gerade aus Liebe zur Monarchie zurück, der er durch den Impuls des Herzens loyal zugethan sei. Das ganze Land wünsche ein intimes Ein⸗ vernehmen Italiens mit den europäischen Centralmächten. Er halte es für wahrhaft wünschenswerth, daß dieses Einverneh⸗ men als eine Garantie des Friedens angesehen werde. Er be⸗ grüße mit Freuden eine Allianz, welche nicht allein die Gleich⸗ heit und Gegenseitigkeit der Vortheile stipulire, sondern auch die Bedingungen enthalte, daß die nationale Würde und das öffentliche Recht Italiens dadurch nicht leiden. Man müsse Italien, welches seine Verträge gewissenhaft achte, mit gleicher Münze zurückzahlen; Italien müsse sogar verlangen, daß man auch seine Institutionen und seine Autonomie achte. Der Redner brachte schließlich einen warmen Toast auf den König aus.

Bulgarien. (W. T. B.) Der Münchener „Allgemeinen Zeitung“ wird aus Sofia gemeldet, daß der Vertreter Rußlands, Jonin, gestern schriftlich um Audienz bei dem Fürsten nachgesucht habe und alsbald empfangen worden sei. Auf diese Weise sei die Aussöhnung eine vollständige geworden. Die Kammer habe die Sitzungen wieder aus⸗ genommen.

Amerika. New⸗York, 26. November. (W. T. B.) Der Jahrestag der vor 100 Jahren erfolgten Räumung New⸗Yorks von den Engländern ist heute mit einem groß⸗ artigen Umzuge zu Lande und einer Parade der Schiffe feier⸗ lich begangen worden; außerdem ist aus dem gleichen Anlaß heute die Statue Washingtons enthüllt worden.

Afrika. Egypten. Kairo, 26. November. (W. T. B.) Wie Privattelegramme aus Khartum melden, hätte die dort herrschende Bestürzung in Folge von Gerüchten, wonach der Mahdi mit bedeutenden Streitkräften bis in die Nähe der Stadt vorgerückt wäre, noch zugenommen. In den der Re⸗ gierung zugegangenen Depeschen werden diese Gerüchte nicht bestätigt; dieselben berichten aber, daß die europäischen Be⸗ wohner Khartum zu Schiff verlassen. Zwei Transport⸗ dampfer mit einem Detachement Gensd'armerie werden morgen von Suez aus nach Suakim in See gehen; Baker Pascha wird den Oberbefehl über diese Expedition über⸗ nehmen. Der Kriegs⸗Minister trifft Vorbereitungen für eine Befestigung des am ersten Nilkatarakt gelegenen Assuan.

Eine Depesche der „Times“ aus Chartum, vom 25. d. M., bestätigt, daß die Insurgentenschaaren schon in der Nähe der Stadt angekommen und daß letztere nur für einen Monat verproviantirt sei. Die wirkliche Stärke der Garnison betrage nur 2000 Mann, und es sei unmöglich von derselben zu hoffen, daß sie Chartum halten werde, wo übri⸗ gens die Bevölkerung sich ebenfalls zu erheben im Begriffe stehe. Der Rückzugsweg zu Lande sei verschlossen, und der Rückzug auf dem Nilflusse könne schon morgen abgeschnitten werden, da die Felsen, welche den Fluß bei Sabalake beherr⸗ schen, schon durch die Aufständischen besetzt seien.

26. November. (W. T. B.) Der Khedive nahm heute die Revue über die Truppen ab, welche morgen nach Suakim abmarschiren sollen. Diesen sollen am Donnerstag und Sonnabend weitere Abtheilungen folgen. Nach hier eingegangenen Meldungen aus Algier und Tri⸗ polis sollen daselbst Abgesandte des Mahdi eingetroffen sein.

Dem „Standard“ wird aus Kairo, vom 26. d., ge⸗ meldet, daß die türkischen Offiziere in egyptischen Dien⸗ sten sich weigerten, nach dem Sudan zu gehen, weil ihr Kon⸗ rakt nur für Egypten allein gelte.

Zeitungsstimmen.

Die „Wiesbadener Zeitung“ Finanzlage Preußens:

Die Thronrede hat dem Lande verkündigt, daß „sich die Finanz⸗ lage des Staates günstiger gestaltet“ hat. Diese günstige Wendung ist vor Allem darin ersichtlich, daß der Etat seit längerer Zeit zum ersten Male ohne Deftzit abschließt und für die Bestreitung der außerordentlichen Ausgaben der Staatskredit nicht in Anspruch ge⸗ nommen zu werden braucht.

Diese hocherfreuliche Thatsache kann nicht nachdrücklich genug betont, kann aber erst dann richtig gewürdigt werden, wenn auf die Ursachen dieser günstigen Wendung hingewiesen und die Haupt⸗ momente, aus denen sich dieselbe zusammensetzt, hervorgehoben werden. Zunächst sind die Ergebnisse der Staatseisenbahn verwal⸗ tung so erfreuliche, daß auf sie allein ein Ueberschuß von 13 ½ Millionen Mark aus dem Rechnungsjahr 1882/83 zurückzuführen ist, durch welchen sich die Einnahmen in dem neuen Etat für 1884/85 vermehren. Mit diesem finanziellen Resultat der Verstaat⸗ lichung dürften die Parteien, welche verständnißvoll das Werk geför⸗ dert und die Regierung unterstützt haben, zufrieden sein, zugleich dürften hiermit aber auch die Gegner der Verstaatlichung ver⸗ stummen und ihre hauptsächlichsten Waffen gegenüber weiteren Pro⸗ jekten zerbrochen sehen. Weiter hat Preußen für das neue Etats⸗ jahr eine größere Herauszahlung von Seiten des Reichs aus den ge⸗ steigerten Einnahmen der Zölle und der Tabacksteuer zu erwarten, die Mehreinnahme gegen das Vorjahr beziffert sich auf über 2 Millionen Mark und ferner vermindert sich in Folge jener gesteigerten Reichs⸗Zoll⸗ und Steuererträgnisse auch der Ma⸗ trikularbeitrag Preußens um 4 ½ Millionen Mark. Man darf hierin eine neue Bestätigung von der Richtigkeit und Nützlichkeit des Weges erblicken, den die Reichspolitik eingeschlagen hat, die noch deut⸗ licher wird, wenn man in Betracht zieht, daß durch diese Maßregel, eine dauernde Verminderung der direkten Steuern um ungefähr 21 Millionen Mark schon vor zwei Jahren hat bewirkt werden können. Nicht minder ist in Betracht zu ziehen, daß sich die Einnahmen der Betriebsverwaltung anschläglich um fast 33 Millionen Mark günstiger gestalten werden, als für das laufende Jahr veranschlagt worden ist, während der anschlagmäßige Mehrüberschuß für das laufende Jahr gegen das vorangehende nur 20 Millionen Mark betrug. Hierin prägt sich recht deutlich der Einfluß aus, welchen die Wirth⸗

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schreibt über die

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schaftspolitik und das durch sie belebte Vertrauen auf Handel, Gewerbe und Verkehr ausüben, trotzdem die Ernte in diesem Jahr nur theilweise befriedigend ausgefallen ist. Daß angesichts dieser Besserung der Verhältnisse auch gesteigerte Aufwendungen für Unterrichtswesen, Schiffahrt, Bauten und Meliorationen gemacht werden können, wird überall freudig vernommen werden. Im ganzen werden 46 ½ Millionen Mark für außerordentliche Aufwendungen verausgabt werden können, die dauernden Ausgaben sind auf 1 066 205 546 veranschlagt, in Summa schließt der Etat in Einnahme und Ausgabe mit 1 Millarde und 112 781 982 ab, mithin gegen das laufende Jahr mehr 29 724 099 8

Das Bild, welches so die Finanzlage Preußens gewährt, ist ein sprechender Beweis von dem Segen der so viel verketzerten Steuer⸗, Finanz⸗ und Wirthschaftspolitik des Reichs und Preußens. In ganz gleicher Weise zeigt sich, wie die Thronrede erklärte, mit welcher der sächsische Landtag jüngst eröffnet wurde, die günstige Wirkung der Reichspolitik auch im Königreich Sachsen, ferner auch in anderen Bundesstaaten, z. B. Baden...

Dieselbe Zeitung ist der Ansicht: 8 daß der intensive Rückgang der Industriepapiere eine Folge un⸗ günstiger Zeitungsberichte über die Lage der deutschen Industrie sei.

Eine Sichtung der gesammten deutschen Presse ergiebt, daß einzig und allein die freihändlerischen Zeitungen diese ungünstigen

Berichte verbreitet, bezw. Mittheilungen aus den Industrie⸗Emporien entstellt, gefälscht, ihnen einen Sinn unterlegt haben, der ihnen nicht

zukam, daß sie Zweifel erhoben haben, wo kein Grund dazu vorlag, daß sie Behauptungen aufstellten, die sich durch die Thatsachen wider⸗ legten, und daß sie dieses Handwerk fortsetzten, ohne sich über die gegen sie erhobenen desfallsigen Anklagen zu rechtfertigen.

Nun hätte man aber glauben sollen, daß wenigstens die vornehm⸗ sten Träger der Börse selbst, nämlich die großen Banquiers und die Leiter der Banken, Verständniß genug besäßen, die Wahrheit zu er⸗ kennen, zumal sie bei ihren so zahlreichen Verbindungen mit den In⸗ dustriellen, sich täglich selbst bestens informiren könnten, und daß sie

sich somit dem heftigem Rückgange der Industriexapiere entgegen-⸗ stemmen sollten, der ihre Portefeuilles entwerthen, ihre Jahresbilanzen In se usge! dabei die Grenze zwischen Ganz⸗ und Halbfabrikaten gezogen, wird

empfindlich schädigen muß.

Aber an der Börse liebt man es eben, daß gute Papiere zeit⸗ weise stark fallen, denn man kann alsdann billig einkaufen, mit Aus⸗ sicht auf einen späteren bedeutenden Gewinn. Wird die Sache in Folge allgemeinen Ausgebotes vielleicht doch zu arg, so behält man die Papiere einige Jahre im Portefeuille, gleichzeitig aber er⸗ schrickt man selbst über den dauernden Rückgang, man kün⸗ digt den industriellen Etablissements die Bankkredite, wird aber die Thätigkeit der Industrie letztere zu einer wesentlichen Reduktion ihrer Produktion durch die Kreditentziehung gezwungen und schließlich glauben die Bankiers und Banken, daß die Freihandelspresse denn doch am besten informirt ge⸗ wesen sein muß, denn die von ihr prophezeihten Kalamitäten sind wirklich eingetroffen, somit müsse denn doch der Hauptfehler an des Reichskanzlers Wirthschaftspolitik liegen.

Arme Industrie, wie ist sie der Spielball solchen Getriebes ge⸗ worden! Arme Nation, sich j ihre materielle Eristenz zu verbessern, wie sorgt sie auslugender Arbeiter zu beschäftigen, und wie emsig studirt sie die Mittel zur Lösung der sozialen Frage, und das Alles wird vereitelt, ver⸗ pfuscht durch die unselige,. . Freihandelspresse, von welcher die bethörten Massen noch immer nicht erkannt haben,

wie plagt sie sich jahraus, jahrein, um 1 2 ern, örgt sie sich ab, die Hunderttausende noch immer unbeschäftigter, sehnlichst nach Arbeit

Daß, um eine industrielle Mebrausfuhr zu ermöglichen, eine be⸗ trächtliche Mehreinfuhr von Rohstoffen nöthig ist, 2—4— einsehen, der da weiß, daß Deutschland so wenig wie irgend ein anderes Kulturland alle industriellen Rohstoffe selbst zu produziren vermag. Die Methode, die Mehrausfuhr einfach um die Mehreinfuhr zu verringern, ist jedenfalls neu und originell.

Jetzt zur Baumwolle! „Die Baumwolle ist der allgemeine,

weil wohlfeilste, Bekleidungsstoff geworden, und der Wohlstand der

arbeitenden Klassen drückt sich in seinem Verbrauch aus. Nun sind in 1882 an roher Baumwolle 1211 t weniger als in 1881 im⸗ portirt worden, und dieses ist ein ernsthaftes Zeichen.“

Ganz asgesehen davon, daß diese 1211 t Mindereinfuhr, die gegenüber einer Eesammteinfuhr von 157 000 t überhaupt kaum erwähnenswerth sind, durch ebenso große Mehrausfuhr von gedeckt sind, fragt man denn doch wirklich, woher der

rtikelschreiber den Muth nimmt, aus diesem Anlaß überhaupt vo „einem ernsthaften Zeichen“ zu sprechen. Weiß derselbe denn gar nicht, daß der Ausfall der Baumwollernte und der danach sich er⸗ gebende höhere oder niedere Preis den Importeur bestimmt, entweder viel oder wenig zu kaufen? Waren demselben die Markipreise für die beiden letzten Jahre gar nicht zugänglich, sollte ihm auch durch⸗ aus nichts bekannt geworden sein von dem Kriege in Egypten und ——2 aen an der Baummwollernte entstandenen beträchtlichen usfall? Wozu aber auf derartige Dinge Rücksicht nehmen, wo es lediglich sich darum handelt, „den arbeitenden Klassen ein weiteres ernsthaftes Zeichen ihres bedrohten Wohlstandes vorzuführen!“ Und nun zum Schluß noch das Eisen „ein anderer charakte⸗ ristischer Artikel’ wie das „Berliner Tageblatt“ sagt, und worüber es zu sagen weiß, daß, „weil die eigenthümlichen Produktiensverhält⸗ nisse es den Besitzern von Eisenwerken gestatten, unter dem Zoll⸗ schutze die Preise im Inlande hoch zu halten, im Auslande aber billig zu verkaufen, als natürliche Folge davon sich eine erhebliche Abnahme der Ausfuhr von Eisenwaaren ergeben habe, und zwar von 26 000 t im Jahre 1882.“ In welcher Weise dieser Ausfall herausgerechnet, wo und wie

nicht gesagt; eine Umschau in den offiziellen statistischen Nachweisen

aber ergiebt, daß die Ausfuhr von Eisenwaaren aller Art, Ganz⸗ und Halbfabrikaten, in 1882 nicht 56 000 t weniger, sondern 5000 t mehr

als im Jahre 1881 betrug, und ferner, daß der Werth der Ausfuhr

von Ganzfabrikaten allein in 1882 auf 165 Millionen Mark sich be⸗ zifferte, gegenüber 123 Millionen Mark in 1881.

hierdurch erst recht gelähmt und

in München 27,3, in Nürnberg 23,7,

daß sie es ist, welche der

Nation das Brod nimmt, der deutschen Industrie die Existenz unter⸗

gräbt, so daß sie der Vorwurf trifft, am allermeisten zur Verschärfung sozialen Frage, zur Vergrößerung des Massenelends beigetragen zu haben.

Das „Deutsche Tageblatt“ unterzieht einen von dem „Berliner Tageblatt“ gebrachten, „Die mißlungene Kur“ überschriebenen Leitartikel einer eingehenden Kritik, welcher wir Folgendes entnehmen:

... Es werden in dem Artikel die beiden Jahre 1881 und 1882 das letztere soll nämlich der Prüfstein für die guten oder schlechten Wirkungen der Zollreform abgeben einander gegenüber⸗ gestellt und aus den offiziellen Veröffentlichungen die Ein⸗ und Aus⸗ fuhrziffern für Getreide, Hülsenfrüchte und Kartoffeln, für rohe Baumwolle und für Eisenfabrikate benutzt, um durch dieselben nach⸗ zuweisen, daß die Kur, welche die Zollreform des Jahres 1879 an dem kranken wirthschaftlichen Leibe Deutschlands bewirken sollte, mißlungen sei.

Die Einfuhr des Jahres 1882 an Getreide, Hülsenfrüchten und Kartoffeln betrug 229 100 t mehr, die Ausfuhr 25 100 t weniger, als die des Jahres 1881.

„Im Jahre 1882 war also trotz der ungewöhnlich großen Ernte ein Mehrbedürfniß gegenüber 1881 von 254 200 t oder 5,8 Millionen Centner vorhanden und zu decken; bei Einführung der Zölle blieb die inländische Produktion an landwirthschaftlichen Erzeugnissen ungefähr um den Nahrungsbedarf von 1⁷ der Bevölkerung zurück, jetzt ist eine Einfuhr nöthig, welche 6 —- ¼ dieses Bedarfs ent⸗ spricht, und das noch dazu bei einer außergewöhnlich großen Ernte; es zeigt sich also in schlagenden Zahlen, daß die Ver⸗ theuerung der nothwendigsten Lebensmittel den verheißenen Erfolg nicht gehabt hat, die Landwirthschaft zu höherer Produktion anzu⸗ regen, und daß die für diesen Zweck zu bringenden vergeblichen Opfer von Jahr zu Jahr größer werden. Die den Landwirthen auf allge⸗

meine Kosten zugewendeten Begünstigungen haben die gehofften Früchte

nicht getragen, und der Steuerfiskus kann sich kaum über die wachsenden Zolleinnahmen freuen, wenn er bedenkt, daß ihm dieser Vortheil aus dem Hunger der Armen erwächst.“

So gestattet sich das „Berliner Tageblatt“ zu argumentiren.

Auf den „Hunger der Armen“ und „die Vertheuerung der noth⸗ wendigsten Lebensmittel“, diese beiden stereotyp wiederkehrenden und für gewisse Agitationszwecke ebenso unentbehrlichen wie frivolen Redensarten, ist wohl näher einzugehen nicht nöthig, da gegen deren Wabrheit unanfechtbare Beweise in jedem Marktbericht Jedermann zur Verfügung stehen.

keitsverhältnißzahlen.

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8 geht daher arg in die EE“]

8 „der mißlungenen Kur“

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Statistische Nachrichten.

den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ s sind in der 46. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern esdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin slau 21,8, in Königsberg 28,7, in Cöln 21,3, in Frankfurt M. 13,8, in Hannover 23,1, in Cassel 12,5, in Magdeburg 24,1, in Stettin 18,5, in Altona 31,0, in Straßburg 15,8, in Metz 240, 2 in Augsburg 27,8, in Dres⸗ den 26,1, in Leipzig 18,2, in Stuttgart 18,0, in Braunschweig 18,3, in Hamburg 21,8, in Karlsruhe 20,0, in Lübeck —, in Wien 24,3, in Budapest 23,1. in Prag 29,7, in Triest —, in Krakau 31,6, in Basel 9,5, in Brüssel 25,9, in Paris 23,4, in Amsterdam 30,5, in London 22,2, in Glasgow 29,5, in Liverpool 26,4, in Dublin 25,2, in

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Edinburg 19,8, in Kopenhagen 17,1, in Stockholm 18,3, in Chri⸗ stiania 18,3, in St. Petersburg 25,2, in Warschau 29,7, in Odessa 36,1, in Bukarest 29,6, in Rom 20,6, in Turin 19,2, in Madrid 36,0, in Alexandrien 47,1. Ferner aus der Zeit vom 21. bis 27. Ok⸗ tober cr.: in New⸗York —, in Philadelphia 20,8, in Chicago —, ir St. Louis —, in Cincinnati —, in San Franzisko 18,9, in Kalkutta —, in Bombay 22,8, in Madras 36,1.

Beim Beginn und in den ersten Tagen der Berichtswoche herrsch⸗ ten an den deutschen Beobachtungsorten westliche und südwestliche Luftströmungen vor, die am 12. in München und Karlsruhe nach Ost und Suͤdost, in Cöln bis nach Nordost umliefen. Um die Mitte der Woche ging der Wind an den mitteldeutschen Stationen, sowie in Cöln und Bremen nach Nordnest, an den ost⸗ und süddeutschen nach Südwest, und in den letzten Tagen der Woche an den meisten Stationen nach Ost und Südost, nur in München am Schluß der Woche nach Nordost. Die Temperatur der Luft lag an den Ost⸗ stationen und in Heiligenstadt etwas über, in Berlin und Cöln ein wenig, in Bremen und an den süddeutschen Stationen erheblicher unter der normalen. In München herrschte in den letzten Tagen ziemliches Frostwetter (Temperatur am 16. bis 7,2 Grad C.). Niederschläge, in München und Konitz in den ersten Tagen der Woche auch Schnee, in Cöln und Breslau Hagel, waren nicht selten, aber nur in Süd⸗ deutschland ergiebig. Der beim Wochenbeginn niedrige Druck der Luft nahm am 12. allgemein ab, stieg vom 13. langsam, zeigte jedoch an den meisten Stationen am Schluß der Woche wieder Neigung zum Sinken.

Die Sterblichkeit war auch in dieser Berichtswoche in den meisten Großstädten eine günstige, wenn auch, namentlich aus den westeuropäischen Städten (Brüssel, Paris, London) sowie aus Wien, größere Sterblichkeitsverhältnißzahlen gemeldet werden. Besonders klein sind die aus den süddeutschen Städten gemeldeten Sterblich⸗ Für die deutschen Städte betrug die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl 22,2 (auf 1000 Einwohner und aufs Jahr berechnet) gegen 22,1 der Vorwoche. Der Antheil des Säug⸗

lingsalters an der Sterblichkeit war noch etwas geringer als in der

Vorwoche.

Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet

65 Kinder unter 1 Jahr gegen 67 der vorangegangenen Woche; in

Es möge nur genügen, darauf hinzuweisen, daß die Ernte des

Jahres 1882 gar nichts oder doch naturgemäß nur verschwindend wenig mit der größeren Einfuhr und geringeren Ausfuhr desselben Jahres zu schaffen hat, daß es vielmehr die Ernte des vorhergehenden Jahres ist, welche allein darauf Einfluß hat.

1881 war bekanntlich für uns ein schlechtes Erntejahr, schlechter als 1880 und weit schlechter als 1882, von welchem letzteren dasselbe z. B. allein in dem Erträgniß der vier Hauptgetreidearten: Weizen, Roggen, Hafer und Gerste, um 2440 000 t oder ungefähr 50 Mil⸗

lionen Centner übertroffen ward —; ganz natürlich also, daß der

Nahrungsbedarf ein größeres Defizit aufwies, welches zum ent⸗

sprechenden Theil durch Einfuhren während des Jahres 1882 ge⸗ selbst der

deckt werden mußte. Wenn in dem Erntejahre Ausfall der Ernte in der größeren oder geringeren Ein⸗ und Ausfuhr schon zum Ausdruck gelangte, hätte also der Sachverhalt gerade ein umgekehrter die Einfuhr von Getreide des Jahres 1881 eine weit größere als im Jahre 1882 sein müssen.

Soweit die Landwirthschaft. Nunmehr kommt die Industrje an

die Reihe. 8 1“ Zuvor einen kurzen Blick auf die Ergebnisse unserer letzten Han⸗

delsbilanz: Ausfuhr Mehrausfuhr Millionen Mark 3040 50 3245 80

Einfuhr

2990 3165

1881 1882

„Das ist also eine Zunahme der Ausfuhr um noch nicht einmal

1 %.“ 8 Die 205 Millionen Mark, um welche die Ausfuhr in 1882 gegen 1881 zugenommen hat, machen nach Adam Riese nun allerdings 7 % aus und nicht „etwas weniger als 1 %“, wie kann aber ein großer Volkswirthschaftler sich um derartige „kleine Rechenfehler“

kümmern.

Berlin 67, in München 102.

Unter den Todesursachen forderten von den Infektionskrankheiten Masern und typhöse Fieber mehr, Scharlach, Diphtherie, Keuchhusten etwas weniger Opfer. Masern haben in Chemnitz, Hamburg, Altona, Osnabrück, Wien, Amsterdam, London, Edinburg größere Ausdehnung gewonnen. In Berlin und Breslau wurden Todesfälle an Masern nicht häufiger, in München, Crimmitschau, Braunschweig seltener als in der Vorwoche. Das Scharlachfieber zeigte in Königs⸗ berg, Nürnberg, Berlin, London einen Nachlaß, in Dresden, Gotha, Hannover, Bremen, Altona, Elberfeld, Glasgow, Liverpool, Bukarest eine Zunahme der Sterbefälle. Diphtherie und Croup forderten in deutschen Städten etwas weniger Opfer, doch ist ihre Zahl besonders in Berlin und Dresden eine sehr bedeutende. Auch in Lüneburg, Elbing, München Chemnitz, London, Paris, Amsterdam, Bukarest war die Sterblich⸗ keit an Diphtherie eine größere, in Hannover, Königsberg, Breslau, Hamburg, Wien eine kleinere als in der vorhergegangenen Woche. Typhöse Fieber wurden etwas häufiger, namentlich kamen aus Posen, Cöln, Paris mehr, aus Alexandrien weniger Sterbefälle zur Mit⸗ theilung. Todesfälle an Flecktyphus wurden aus deutschen Städten nicht gemeldet, aus St. Petersburg, Murcia, Saragossa, Granada kamen je 1, aus London und Valencia je 2, aus Malaga 3, aus Madrid 7 zur Anzeige. Todesfälle an Keuchhusten wurden seltener, in Posen, Landsberg a. W., Hamburg, Altona, Barmen erlagen dem⸗ selben jedoch noch Kinder in größerer Zahl. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle zeigten sich in allen Orten seltener, Ruhr führte nur in vereinzelten Fällen zum Tode. Dem Kindbettfieber erlagen in deutschen Städten 22 Frauen. Akute entzündliche Prozesse der Athmungsorgane und Lungenphthisen führten häufiger zum Tode. Pocken zeigten sich in Wien, Budapest, Krakau, Brüssel, Amster⸗ dam, Paris, London, Birmingham, St. Petersburg, Warschau, Ma⸗ drid, Saragossa, Granada, Lissabon, Alexandrien in beschränkter Zahl. In größerer Ausdehnung herrschen sie in Murcia, Malaga und Prag. Die Cholera in Alexandrien zeigt einen Nachlaß der Sterbe⸗ fälle von 34 auf 21 (4.— 10. November), in Bombay erlagen der⸗

selben in der Zeit vom 11.—16. Oktober 4 Personen.

—˙— Nach der Uebersicht der Produktion der Bergwerke, Salinen und Hütten im preußischen Staate im Jahre 1882 (Seperat⸗Abdruck aus der Zeitschrift für das Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenwesen im preußischen Staate, Verlag von Ernst und Korn, Berlin) betrug die Produktion der Bergwerke und deren Werth in den Jahren 1878 1882: An Steinkohlen: 8 1878 35 500 167 t 1879 37 674 648 880 42 172 944 1881 43 780 545 1882 47 079 376 An Braunkohlen: . 878 8 841 366 9 278 353 9 874 888

. 1882 10 789 091 Zusammen an Mineralkohle 1878 44 367 533 1879 46 979 047 52 077 088 1881 54 211 474 . 1882 57 914 490 An Mineralsalzen: 1878 418 719 t 450 kg 1879 491 107 700 1880 726 879 100 . 1881 755 910 387 „„ 1882 907 989 262 ‧„ An Erzen: 1878 81 505 t 756 kg 1879 92 866 350 1880 5 068 543 946 1881 0 413 359 1882 5 622 523 067 Die gesammte Bergwerksproduktion: 1878 48 967 758 t? 1879 51 863 021 1880 57 712 511

Ihn-

27 991 096 28 795 406 30 165 766 31 168 991 29 570 722 Bitumen: 206 596 704 203 961 261 241 124 023 248 850 740 62 993 509

12

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9 h 2 99 898 29 k⸗ Uü'UUh5.

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1 1 8

270 631 430 264 549 946 314 788 345 326 621 280 347 543 414

1881 60 377 815

1882 64 445 011

n Chlornatrium:

1878 218 303

1879 230 731

1880 244 998

1881 247 005 729

1882 251 679 346 . b

Was die Produktion der Hütten betrifft, so waren für Eisen

Verke in Thätigkeit, welche dasselbe als Haupt⸗ und 5, welche

sselbe als Nebenprodukt darstellend (22 bezw. 1 für Holzkohlen⸗, 73

für Steinkohlen⸗ und Koks⸗, 2 für Roheisen und gemischten

off). Die mittlere Belegschaft betrug 17 247 männliche und

weibliche, zusammen 18 143 Arbeiter. Gewonnen wurden

031 t 837 kg als Haupt⸗ und 227 516 t 571 kg als Neben⸗

kt, zusammen 2 467 548 t 408 kg im Werthe von 149 802 551 o Tonne 60,71

Zink wurde auf 30 Werken als Haupt⸗ und auf 1 als Neben⸗

produkt hergestellt. Die Zahl der Arbeiter betrug 8189 (6929 m.,

1260 w.), die Produktion 113 271 t 429 kg = 35 902 917 (316,96 pro Tonne).

Blei, und zwar Blockblei, wurde auf 13 Werken als Haupt⸗ und auf 18 als Nebenprodukt mit 2287 Arbeitern im Quantum von 86 811 t 246 kg im Werthe von 23 639 674 (272,31 pro Tonne) fabrizirt; als Kaufglätte auf 6 Werken als Nebenprodukt mit 2739 t 402 kg im Werthe von 707 322 (258,20 pro Tonne). Die Zahl der Kupferhütten betrug 19, von denen 9 im Haupt⸗ und 2 im Nebenbetriebe hammergares Block⸗ und Rosetten⸗ kupfer im Quantum von 14 886 t 235 kg = 20 662 995 (1388,06 pro Tonne) mit 2553 m. Arbeitern und 2 bezw. 5 mit 71 m. Arbeitern 886 t 286 kg Kupferstein zum Verkauf im Werthe von 315 535 (356,02 pro Tonne) fertigten.

An Silber wurden auf 3 Werken als Haupt⸗ und 15 als Nebenprodukt mit 506 Arbeitern 161 519,87 kg = 24 591 901 (154,16 pro Kilogramm), an Gold auf 6 Werken als Neben produkt 81,74 kg = 228 819 (2799,35 pro Kilo gramm) dargestellt; an Nickel auf 3 Werken mit 171 Ar Deitern 120 8t 954 Igg ¹764 20 b (6319,10 pro Kilogramm); an Blaufarbenprodukten auf 2 Werken im Nebengewinn 26 t 900 kg = 322 209 (11 978,03 pro Kilo gramm); an Cadmium als Nebenprodukt auf 8 Werken 3671 kga = 34 537 (9,41 pro Kilogramm); an Mangan auf 1 Wer (mit 2 Arbeitern) als Haupt⸗ und auf 2 als Nebenprodukt 5. 222 kg = 18 335 (3511,11 pro Kilogramm); an Antimon⸗ Zinn⸗ und Bleilegirungen auf 1 Werk (22 Arbeiter) 158 t 970 kg = 78 554 (494,14 pro Tonne); an Antimonmetall au 1 Werk (3 Arbeiter) 16 t 637 kg = 20 962 (1259,96 pro Tonne); an Arsenikalien auf 2 Werken (mit 9 Arbeitern) als Haupt⸗ und auf 1 als Nebenprodukte 250 t 900 kg = 57 056 (227,41 pro Tonne).

Schwefel wurde auf 9 Werken als Nebenprodukt, im Betrage von 3365 t 061 kg im Werthe von 451 766 (134,25 pro Tonne). Die Fabrikation von englischer Schwefelsäure wurde auf 42 Werken als Haupt⸗ und auf 10 als Nebenprodukt betrieben. Be⸗ schäftigt wurden dabei 2580 Arbeiter. Man gewann 211 824 t 584 kg = 11 041 369 (pro Tonne 52,13 ℳ). Rauchendes Vitriolöl fabrizirten 2 Werke mit 55 Arbeitern im Quantum von 157 350 (43,19 pro Tonne).

Eisenvitriol stellten 19 Werke (davon nur 2 als Hauptpro⸗ dukt) her, sie fertigten 5237 t 294 kg im Werthe von 223 765 (42,73 pro Tonne); Kupfervitriol 4 Werke (als Nebenpro⸗ dukt) 2175 r 763 kg = 783 646 (360,19 pro Tonne); ge⸗ mischten Vitriol 1 Werk mit 31 Arbeitern als Haupt⸗, 1 als Nebenprodukt: 366 t 791 kg = 54 213 (147,80 pro Tonne); Zinkvitriol 2 Werke als Nebenprodukt: 435 t 228 kg 35 111 (80,67 pro Tonne).

An Farbenerden gewann 1 Werk als Nebenprodukt 185 t 5146 (27,82 pro Tonne).

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Königliche Musikdirektor, Professor Ludwig Erk, ist am Sonntag früh im nahezu vollendeten 77. Lebensjahre gestorben. Derselbe hat sich um die Pflege des deutschen Volksliedes hoch⸗ verdient gemacht. Außerordentlich zahlreich sind die von ihm besorgten Liedersammlungen. Das Hauptwerk Erks ist sein „Liederhort“, eine Auswahl der vorzüglichsten deutschen Volkslieder aus Vergangenheit und Gegenwart mit ihren eigenthümlichen Melodien.

Im Verlag von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig erschien soeoben: Die Konsulargesetzgebung des Deutschen Reichs, Textausgabe mit Anmerkungen und Sach⸗ register von Dr. Philipp Zorn, ordentlichem Professor der Rechte zu Königsberg. (Taschenformat, kartonnirt 4 ℳ) Die Sammlung enthält sämmtliche Gesetze, Verordnungen, Handels⸗ und Schiffahrts⸗ verträge, soweit dieselben sich auf das Konsulatswesen beziehen. Der Stoff zerfällt in drei größere Gruppen: 1) Verfassungsvorschriften, 2) Gesetzes⸗ und Verordnungsrecht, 3) Die Konsularverträge und die konsularrechtlichen Bestimmungen der Handelsverträge. Zur Erläute⸗ rung sind, wo es nothwendig war, kurze, verweisende Anmerkungen hinzugefügt. Somit liegt in diesem Buch ein systematisch gegliederter, kurzer, kritischer Kommentar der Konsulargesetzgebung vor, dessen reichen Stoff der Verfasser vollständig beherrscht, so daß er die schwierige Aufgabe der Sichtung und Prüfung des umfangreichen Materials zu einem wohldurchdachten Abschluß gebracht hat.

Das italienische Wechselgesetz nebst Uebersetzung. Nach⸗ trag zu der „Sammlung der seit dem Jahre 1871 erschienenen

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Wechselgesetze“ von Carl Borchardt, Doctor der Rechte. Berlin 1883.

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