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1 237 193 Doll. gegen 1 798 793 Doll. in der Parallelwoche des
und kurzer Fassung zur Darstellung gebracht, die sicherlich ihren Ein⸗
gang in diejenigen Schulen finden werden, in denen sie noch nicht in Uebung waren, da sich ja die Ueberzeugung Bahn gebrochen hat, daß der intensiven geistigen Bethätigung unserer Jugend durch häufige und obligatorische Spiele im Freien, sowohl in der Knaben⸗ als auch in der Mädchenschule, ein heilsames Gegengewicht geschaffen werden müsse. Das Büchlein verknüpft in einfachster unb praktischer Form die Schule auch mit dem Elternhause, indem es den Eltern Gelegen⸗ heit bietet, mit einem Blick das Schulleben ihres Kindes zu über⸗ schauen, wenn sie jeden Abend aus dem „Mentor“ die Vorkommnisse, Pflichten und Arbeiten des verlebten Schultages überschauen können; daß das regelmäßige Ausfüllen des für jeden Tag bestimmten Raumes mit einer auf denselben bezüglichen Schulnotiz, die pünktliche Be⸗ nutzung der gebotenen Tabellen und Verzeichnisse auf den Ordnungs⸗ sinn des Schülers nur in günstiger Weise wirken kann, ist ganz selbst⸗ verständlich. Bei der hübschen Ausstattung des Kalenders und seinem mäßigen Preise (60 ₰ für das kartonnirte, 1 ℳ für das in Leine⸗ wand gebundene Eremplar — sowohl für die Ausgabe für Schüler, wie für die der Schülerinnen) wird er ohne Zweifel auch in diesem Jahre auf den Weihnachtstischen gern gesehen werden.
— Die Direktion des Märkischen Provinzial⸗Museums in Berlin hat über dasselbe für die Zeit vom I. April 1882 bis 31. März 1883 einen Verwaltungsbericht veröffentlicht. Diesem zufolge ist die Verwaltung des Märkischen Museums für die Ver⸗ vollständigung der Sammlungen desselben unausgesetzt bemüht ge⸗ wesen und hat nach dieser Richtung wiederum recht erfreuliche Re⸗ sultate erzielt. Im Ganzen sind in den fünf Vierteljahren auf welche sich der Bericht bezieht, 3732 Nummern eingegangen, so daß am 31. März 1883 die Gesammtzahl der Nummern 44 070 betrug. Von den neu eingegangenen Gegenständen ist wiederum der größte Theil ge⸗ schenkweise überwiesen. Die Namen aller derjenigen Personen und Behör⸗ den, welche im Laufe der ganzen Zeit des Bestehens des Instituts demselben Zuwendungen gemacht haben, sind in der dem Bericht beigefügten Liste verzeichnet. Darin sind aufgeführt: 1) 4 Mitglieder des König⸗ lichen Hauses, 2) 27 Reichs⸗ und Staatsbehörden, 3) 13 Kommunal⸗ behörden, 4) 59 kirchliche Behörden, 5) 11 verschiedene Behörden, Institute und Korporationen, 6) 20 Institute und Vereine für Wissenschaft und Kunst, 7) 48 Gewerke, 8) 1508 Privatversonen. — Käuflich sind im Berichtsjahr 1068 Nummern erworben worden, wo⸗ durch der etatsmäßig dazu bestimmte Fond von jährlich 2000 ℳ absorbirt worden ist Die Gesammtkosten der Museumsverwaltung, welche im Etat für 1882/83 mit 10 960 ℳ veranschlagt waren, haben diesen Betrag noch nicht ganz erreicht, es wurden noch ca. 150 ℳ erspart. Schließlich sei noch bemerkt, daß vom Museum bis jetzt 15 Schriften herausgegeben wurden.
— Die in Leipzig den 8. Dezemher cr. erscheinende Nr. 2110 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Max von Schenkendorf, geboren den 11. Dezember 1783. — Die Reise des Deutschen Kronprinzen nach Spanien. 6 Abbildungen, nach Skizzen unseres Spezialzeichners H. Lüders: 1) Die Abfahrt von Genua am 19. Noyember. 2) Der Einzug in Madrid am 23. November. 3) An Bord der Korvette „Prinz Adalbert“ (3 Abbil⸗ dungen). — Zur Reise des Deutschen Kronprinzen nach Spanien. 3 Abbildungen: 1) Gesammtansicht der Alhambra bei Granada vom Albaicin aus. Nach der Natur gezeichnet von H. E. von Berlepsch. 2) Das Königliche Theater in Madrid. Nach einer photographischen Aufnahme 3) Das Escorial bei Madrid. Nach einer Zeichnung. — Der Hahnentanz in Schwaben. Nach einer Zeichnung von G. Knapp. — Karl Wilhelm Siemens, †am 20,Novbr. — Blitzröhren. 2 Abbildungen. — Der sogenannte Hochzeitskrug Luthers. — Polptechnische Mittheilun⸗ gen: Rauchlose Feuerung. — Moden: Neue Morgenhaube. Kinder⸗ kapote. — Vom Weihnachtsbüchertisch: Aus dem Prachtwerk „Die Kreuzzüge und die Kultur ihrer Zeit“ von O. Henne Am Rhyn, illustrirt von Gustave Doré u. a. (Leipzig, J. G. Bachs Verlag):
Mitßlungener Sturm auf Jerusalem. Aus der Zeitschrift „Deutsche Jugend“ (Leipzig, Alphons Dürr): In der Küche. Von W. Claudius. Aus dem Werk „Allegorien und Embleme“ (Wien, Gerlach u. Schenk). 2 Abbildungen: Gefühl; Melancholiker., Aus dem illustrirten Werk
Die Säugethiere in Wort und Bild“ von Karl Vogt und Friedrich
Specht (München, Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft): Der
Kalong. Gewerbe und Handel.
Die „New⸗Yorker Hdls.⸗Ztg.“ schreibt in ihrem vom M. datirten Wochenbericht: Das Geschäft am Waaren⸗ und Produktenmarkt muß, Alles in Allem genommen, auch in dieser Woche wieder als ruhig bezeichnet werden. Nur einzelne Artikel machten eine Ausnahme, wie z. B. Häute, in denen bei stär⸗ kerer Nachfrage Seitens der Gerbereien recht bedeutende Umsätze u steigenden Preisen gemacht worden sind. Weizen und Mais hatten nur beschränkte Exportfrage und überwiegend matte sind jedoch am Schluß unter dem Einfluß west⸗ icher Manipulation wieder etwas fester. Der Frachtenmarkt war ebhaft und höher. Baumwolle hatte sowohl für disponible Waare wie Termine sehr stillen Verkehr und war nur unbedeutenden Fluk⸗ nationen unterworfen. Am Wollmarkt blieb die Nachfrage an⸗ esichts des unbefriedigenden Geschäfts in Wollenwaaren auf Deckung es unmittelbaren Bedarfs beschränkt. Brasil⸗ Kaffees haben den n den Vorwochen erzielten Avanz behauptet; west⸗ und ostindische Sorten waren mäßig begehrt und fest. Rohzucker verharrte bei nhaltend schwacher Frage in weichender Tendenz. Der Thee⸗ narkt war still, aber stetig. Für Provisionen ist trotz an⸗ altend großer Schweinezufuhren an den westlichen Märkten und nur mäßig lebhaftem Export⸗ und Konsumgeschäft ein weiterer, wenn auch nicht sehr bedeutender Avanz etablirt worden. Terpentinöl var ruhig und ist im Preise wesentlich unverändert. Harz behielt rotz schwacher Nachfrage feste Tendenz. Raff. Petroleum fest. United Pipe line Certificates fest und steigend zu 118 ¾. In einhei⸗ ischen und fremden Manufakturwaaren ist es still geblieben. Der Import fremder Webstoffe beträgt für die heute beendete Woche Borjahres. Nürnberg, 4. Dezember. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Bei lustloser Haltung des Marktes wurden gestern ca. 300 Ballen zu gedrückten Preisen verkauft. — Heute zeigte sich wieder etwas mehr Kauflust, so daß ca. 500 Säcke umgesetzt werden konnten. Die Eigner drängen zum Verkauf und ist deshalb der Preisstand trotz der besseren Meinung unverändert geblieben. Die Notirungen lauten: Württemberger prima 170 — 175 ℳ, mittel 155 — 165 ℳ, Hallertauer prima 170 — 175 ℳ, mittel 150 — 160 ℳ, Polen prima 170 — 175 ℳ, mittel 155 — 160 ℳ, Elsässer prima 155 — 160 ℳ, mittel 140 — 150 ℳ, Gebirgshopfen 158 — 165 ℳ, Marktwaare 145 — 155 ℳ, Aischgründer 150 — 160 ℳ, Altmärker 125 — 130 ℳ London, 5. Dezember (W. T. B., Bei der gestern ab⸗ gehaltenen Wollauktion waren Preise unverändert. Verkehrs⸗Anstalten. Das Reichskursbuch, Winterfahrdienst 1883/84, Ausgabe Nr. 8, ist am 1. Dezember (im Verlage von Julius Springer, Berlin, Preis 2 ℳ) erschienen. Dieser Ausgabe wird erst am 1. Fe⸗ bruar 1884 die nächste folgen. „Pest, 5. Dezember. (W T. B.) Die Linie Ujvidek⸗Semlin, die letzte Partie der Pest⸗Semliner Eisenbahn, ist heute technisch⸗polizeilich geprüft und die Trace mit der großen Donau⸗ brücke und den Tunnels in vollkommen betriebsfähigem Zustande befunden worden. Die Eröffnung dieser Strecke die Uebergabe derselben für den öffentlichen Verkehr ist auf den 10. Dezember er. anberaumt worden. Die Pest⸗Semliner Eisenbahn bildet den ersten Abschnitt der die direkte Verbindung mit Konstantinopel herstellenden Linie, deren Bau im Berliner Vertrage bestimmt und deren Ausführungstermin durch das Protokoll der contérence à. quatre vom 9. Mai d. J. auf den 15. Oktober 1886 festgestellt wurde. An der mit der Abnahme ver⸗ bundenen Feier nahmen die von der Regierung entsendete Kommission mit von Nagy als Präsidenten sowie der General⸗Direktor der
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der Kompagnie Fives⸗Lille und das Beamtenpersoral dieser Bau⸗ unternehmung Theil.
Riiga, 5. Dezember. (W. T. B.) In der vergangenen Nacht strandete bei Domesnees der Dampfer „Th. Burchard“, ⸗ Kokenmeister. Die Mannschaft wurde gerettet, das Schiff ist leck.
Bremen, 6. Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Habsburg“ ist gestern Abend 8 Uhr in Southampton eingetroffen.
Hamburg, 5. Dezember. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rugia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrts⸗ Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute auf der Elbe eingetroffen. — Der Postdampfer „Silesia“ hat, von New⸗York kommend, heute Nachmittag Kap Lizard passirt, und die Postdampfer „Moravia“ und „Westphalia“ derselben Ge⸗ sellschaft sind heute früh in New⸗York angekommen.
Berlin, 6. Dezember 19883.
Die für Freitag, den 7. d. M., angesetzte Königliche Parforcejagd findet nicht statt.
Vor Kurzem ist daran erinnert worden, wie mit Ablauf dieses Jahres ein halbes Jahrhundert verflossen ist, seit Professor Dr. Wilhelm Weber in Göttingen im Zu⸗ sammenwirken mit Gauß den ersten elektro⸗magneti⸗ schen Telegraphen hergestellt und damit zum ersten Male ein Verkehrsmittel praktisch angewendet hat, das gegenwärtig ein unentbehrliches Gemeingut aller zivilisirten Nationen geworden ist. Wie wir einer im Elektrotechnischen Verein gemachten Mittheilung entnehmen, hat unter anderen Gratulanten auch der Chef der Reichspost⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung in Erinnerung an jene bedeutungs⸗ volle That an den ehrwürdigen Gelehrten ein Glückwunsch⸗ schreiben gerichtet und zugleich eine Karte der gegenwärtigen internationalen Haupt⸗Telegraphenlinien, die ein deutliches Bild von der großartigen Entwickelung der Telegraphie gewährt, sowie eine Anzahl in der Reichsdruckerei mit Hülfe des galvano⸗ plastischen Verfahrens hergestellter Kupferlichtdrucke über⸗ sandt, welche letztere Zeugniß dafür ablegen, eine wie hohe Bedeutung die Entdeckung Galvanis auch für das Kunst⸗ gebiet erlangt hat. In dem vom Professor Weber ein⸗ gegangenen höchst interessanten Antwortschreiben an Dr. Stephan giebt derselbe seinem herzlichen Danke Ausdruck, hebt die bewunderungswürdigen Fortschritte der Jetztzeit her⸗ vor und gedenkt dann noch besonders dankbar Alexander von Humboldts, „durch dessen Empfehlung er schon sehr jung nach Göttingen und in eine so nahe Verbindung mit Gauß gekommen sei, welche bis zu Gauß's Tode, über ein Viertel⸗ jahrhundert lang, gedauert habe“.
Die Dankeskirche ist bis auf die weitere Ausschmückung im Aeußern wie im Innern nahezu vollendet. Es werden die Thüren eingesetzt, die Bänke gestellt, Altar und Kanzel sind wie die Orgel in der Aufstellung, so daß im Laufe des Monats binnen Kurzem die Kirche zur Einweihung fertig sein wird. Zur Ausschmückung werden noch eine Reihe von Schenkungen und Stiftungen für die Kirche bei⸗ tragen, abgesehen von der von der Stadt Berlin geschenkten Summe von 40 000 ℳ, ferner von den Beiträgen des Kirchbauvereins und der Matthäi⸗ kirche für den Baufonds von 50 000 resp. 75 000 ℳ Unter den Stiftungen mögen folgende genannt werden: 1) die Altarleuchter und ein Ambon von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin; 2) 3 Chor⸗ fenster, das mittlere die Auferstehung, die anderen Evangelisten dar⸗
stellend, darunter reiche Glasmosaik von Sr. Königlichen Hoheit dem Großheczog Friedrich Franz von Mecklenburg⸗Schwerin; 3) ein Chor⸗ fenster, oben einen Evangelisten enthaltend, unten reiche Glasmosaik vom Stadt⸗ und Landkreis Görlitz; 4) 2 Fenster zur Seite des Chors in reicher figürlicher Ausmalung von der Firma für Kunst⸗ glaserei von Westphal & Ganter hier; 5) ein besonders reicher in romanischem Styl durchgeführter großer Kron⸗ leuchter von Hrn. W. von Krause hier; 6) ein Altaraufsatz, das Kreuz mit dem Gekreuzigten auf reichem Sockel vom Verein für christliche Kunst in der evangelischen Kirche; 7) die Glocken von Hrn⸗ Fabrikbesitzer Hoppe hier; 8) der Taufstein von Hrn. Kommerzien⸗ Rath March in Charlottenburg; 9) ein großer reicher Altarteppich von Hrn. Fabrikbesitzer Fesca hier; 10) die reich geschmückte Altar⸗ decke in Roth und Gold von den Kommerzien⸗Räthen Herren J. C. Heese und G. A. Heese; 11) die Altardecke für Trauertage in Schwarz vom Niedersächsischen Paramentenverein, Vorsitzerin Gräfin von Schulenburg⸗Wolfsburg zu Vorsfelde;
während das städtische Orchester concertirte. Zum Vortrage gelangten die Ouverture zu Oberon, Rsverie von Dunckler, Gran Fantasia von Gevaert, die Freischütz⸗Ouverture, Concert Polonaise von Marqués und La Corte de Granada von Chapi. Das Gedränge im Festsaale erinnerte lebhaft an den Subskriptions⸗ ball im Opernhause; jede Cirkulation war unterbrochen. Aus diesem Gewühl zogen die Gäste in die anstoßenden kleineren Galerien und Säle, deren Wände einen reichen Teppichschmuck zeigten. Ein ganz besonderes Interesse erregte der gleichfalls geöffnete Sitzungssaal des Magistrats (Avpuntamiento). Eine wahrhaft fürstliche Pracht herrscht in diesem Raume; ein breiter dunkler Teppich zieht sich über den Fußboden und die niedrigen Stufen zu den hinte⸗ ren erhöhten Sitzen hin, die jedoch nicht im Halb⸗ kreise, sondern rechts und links vom Alcalden anaebracht sind. Lebensgroße Porträts des Königs und der Königinnen Mercedes und Christine schmücken die Wände, während die eichen gehaltene Decke die Wappen Spaniens und Madrids zeigt. Das Bureau des Alcalden war zum Speisesaale verwandelt, in welchem die Höchsten Herrschaften um 1 Uhr an reich besetzter Tafel das Souper einnahmen. Für den übrigen Theil der Gesellschaft öffneten sich um 2 Uhr die Vorhänge, welche den Festsaal von einem anderen, hallenähnlichen Raume schieden, in welchem alsbald die Küche und der Keller Ma⸗ drids geprüft wurden. In späterer Stunde schritt die Jugend noch zum Tanze, doch gehörte dieser improvisirte Ball nicht mehr zum offi⸗ ziellen Feste, da die Königliche Familie und der Kronprinz sich nach Aufhebung der Tafel empfahlen.
Neben diesen größeren Festlichkeiten wären eine Reihe kleinerer Ereignisse zu melden, über die aber der Telegraph bereits be⸗ richtet hat. Der Adresse der Mitglieder der deutschen Kolouie ist ge⸗ dacht; Graf Solms übernahm es selbst, dem Kronprinzen die einzel⸗ nen Herren vorzustellen. In seiner freundlichen, gewinnenden Weise dankte Se. Kaiserliche Hoheit und nnterhielt sich mit jedem Einzelnen später auf das Huldvollste.
(In den gestrigen Bericht hat sich ein Druckfehler eingeschlichen,
da bei der Gallgoper nicht der König, sondern der Kronprinz de San Fernando⸗Orden getragen hat.)
Dem Vorstand der 30. Kinder⸗Bewahranstalt, Greifs⸗ walder Straße Nr. 69 (Hrn. Prediger Dahms, Kurze Straße Nr. 2), ist es bisher gelungen, dieselbe durch Beiträge der Mitglieder und Liebesgaben edler Wohlthäter aufrecht zu erhalten. Die Zeitverhält⸗ nisse indeß haben den Abgang vieler beitragenden Mitglieder zur Folge gehabt, und es würde das fernere Bestehen der Anstalt, trotz einer ganz kostenfreien Verwaltung fraglich werden, wenn nicht edle Menschenfreunde, den segensreichen Zweck solcher Anstalten erkennend, dem Vorstande mit außerordentlichen Gaben zu Hülfe kämen. Der Vorstand bittet, ihm eine außerordentliche Unterstützung zufließen zu lassen, um auch gleichzeitig den Kindern eine Weihnachts freude bereiten zu können.
Die erste Dezemberwoche gehört ouch in diesem Jahre in Wahr⸗ heit den Wohlthätigkeits⸗Bazaren. Den 10 Veranstaltungen dieser Art, über deren Eröffnung wir bereits melden konnten, haben sich heute drei weitere zugesellt: Der Preußische Frauen⸗ und Jüungfrauenverein hat in den Salons des Ministerium der öffentlichen Arbeiten um den in hellem Lichterglanz strahlenden Weih⸗ nachtsbaum seine reichen Schätze ausgelegt. — Der Pestalozzi⸗ Frauenverein hat im Kultus⸗Ministerium seinen Weihnachtsver⸗ kauf aufgeschlagen. — Der dritte Bazar ist zum Besten katho⸗ lischer Waisenkinder im katholischen Schulhause in der Linden⸗ straße veranstaltet.
Der Verein „Hector“ trat gestern Abend im Klubhause unter Vorsitz des Dr. Bodinuns zu seiner Jahresversammlung zusammen, in der die Geschäftsberichte erstattet wurden. Der Verein, der das ab⸗ gelaufene Jahr mit 117 Mitgliedern begonnen, hat im Laufe des Jahres 16 neue Mitglieder gewonnen, während 22, darunter 2 durch Tod, ausgeschieden sind. Die Jahresrechnung balancirt in Einnahme und Ausgabe mit 57 706 ℳ. An Beiträgen gingen 1580 ℳ ein; die Einnahme der letzten Ausstellung, der allerdings auch ganz bedeutende Ausgaben gegenüber stehen, belief sich auf 25 549 ℳ; die gelegentlich der Ausstellung veranstaltete Lotterie brachte 17 643 ℳ Gewinn. Bei der Neuwahl des Vorstandes wurde Direktor Dr. Bodinus, Major von Sametzki und Baron von Nolde wiederum mit dem Vorsitz betraut. Als Schriftführer wird Se⸗ kretän Wagenführ, als Schatzmeister Buchhändler Radetzki, als Bibl othekar Kaufmann Beckmann weiter fungiren.
Konstantinopel, 5. Dezember. (W. T. B.) In der Vor⸗ stad’ Haskiöi, welche von Türken und Juden bewohnt wird, brach heute früh Feuer aus, welches den ganzen Tag über fortdauerte. Von etwa hundert Häusern wurde eine große Anzahl zerstört.
— 6. Dezember. (W. T. B.) Der gemeldete Brand in der Vorstadt Haskiöi ist nach achtstündiger Dauer bewältigt worden. Der Schaden ist bedeutend größer, als ursprünglich angenommen. Auf
12) die weiße Altardecke von Frau v. Dewitz und dem Fräulein v. Ollech hier; 13) eine zweite weiße Altardecke von Frau Sanitäts⸗ Rath Solger bier; 14) die Kanzelbekleidung von der Frau Minister v. Bülow; 15) ein Velum für Bedeckung der Altargefäße von Frau ’ Gräfin Therese Finckenstein, geb. v. Oppen; 16) 3 Kartons für die farbigen Glasfenster von dem Historienmaler Geselschap, Mitglied der Akademie der Künste; 17) das heilige Abendmahl al fresco in der Chorrundung von Hrn. Hofmaler Prof. Dr. O. Heyden hier; 18) 2 Original⸗Oelbilder, Christus getauft von Johannes im Jordan und Christus auf dem See, dem sinkenden Petrus die Hand reichend, von dem Historienmaler Albert Schwartz in Friedrichshagen; 19) die Blitzableiter von Hrn. Ingenieur Kirchhof hier. Wenn auch für eine Reihe von weiteren zum Theil kleinen zum Theil größeren Fenstern, ferner für das Oberlicht der Kreuzung sowie für die Orgel noch Stiftunger mit Dank angenommen werden würden, so wird auch so schon die Ausstattung der Dankeskirche durch die freundlichen Stif⸗ tungen eine würdige, zum Theil eine reiche werden, und können alle Diejenigen, welche den Bau mit haben schaffen helfen, nur ihren herzlichsten Dank für alle die reichen Gaben, welchen ihnen eine würdige Ausschmückung des neuen Gotteshauses ermöglichten, aus⸗ sprechen. 1 . Berlin, den 2. Dezember 1883. Oeth,
Königlicher Baurath, Architekr der Dankeskirche. Madrid, 3. Dezemher. Das Fest, welches die Vertreter der Stadt Madrid zu Ehren Sr. Kaiserlichen Hoheit des Kron⸗ prinzen veranstaltet hatten, fand gestern Abend statt und vereinigte die Madriver Hofgesellschaft in den glänzend dekorirten Räumen des Rathhanses. Da es ein bürgerliches Fest war, so war auch das bürgerliche Element angemessen vertreten. Ein größerer, würdiger Fest⸗ raum war nicht vorhanden, deshalb schuf man einen solchen über Nacht, indem man den Hof überbaute und so in dem ersten Stockwerk einen Saal gewann, dem die Kunst des Malers und des Decorateurs einen schnelllebigen, kurzen Glanz verliehen. Die heitere Malerei Pompeji's deckte die sonst kahlen Wände und ein Glasdach schützte in luftiger Höhe gegen die Unbilden der Witterung. Vier elektrische Lampen ergossen ihr fahles Licht über die Gesellschaft, die sich hier in der elften Abendstunde die stattliche Treppe heraufbewegte. Im Vestibül parabirte die städtische Feuerwehr, auf den Treppenstufen standen
Polizeidiener in der pittoresken Tracht vergangener Jahrhunderte. An der Thür des Hauses erwartete der Alcalde Brau die erlauchten Gäste, die um 11 Uhr in Königlichen Equipagen vorfuhren; der Kron⸗ prinz trug die Uniform Seines Schlesischen Dragoner⸗Regiments, König Alfons die eines spanischen Generalkapitäns. Zum ersten Male erklang in diesen Räumen die feierliche Weise des „Heil Dir im Siegerkranz!“ als der Kronprinz, die Koͤnigin Christine führend, den Festsaal betrat. Die Festlichkeit gestaltete sich zu einem Rout;
schen Staatsbahnen von Tolnay, ingleichen der Ober⸗Ingenieur
die hohen Herrschaften zerstreuten sich und knüpften Gespräche an,
Befehl des Sultans wurden in das heimgesuchte Staͤdtviertel mehrere Wagenladungen Brod gesandt. —
Königliche Theater. Wegen Erkrankung des Frl. Barkanv muß die auf morgen angesetzte Wiederholung von „Glück bei Frauen“ sowie die für Sonnabend anberaumte erste Aufführung der „Karolinger“ aufgeschoben werden — Wie das „B. Frmdbl.“ mittheilt, wird Fr. Pauline Lucca, welche gegenwärtig in Moskau sensationelle Triumphe feiert, am 10. d. M. in Berlin eintreffen. Wir werden also vor Weihnachten noch eine lebhafte Opernsaison haben.
— Wie das Wallner⸗Theater, so ist jetzt auch das Belle⸗ Alliance⸗Theater bei den Aufführungen der Posse „Ein ge⸗ machter Mann“ fast allabendlich ausverkauft, und erregen namentlich die Herren Thomas und Blencke durch ihre erschütternde Komik stets stürmische Heiterkeit.
— Bis zu der ersten Aufführung der in Vorbereitung befindlichen Operetten⸗Novität von Lecog, „Doktor Piccolo“, die auf den 22. De 8 zember angesetzt ist, wird das Repertotre des Neuen Friedrich⸗ Wilhelmstädtischen Theaters durch Vorführung der belieb testen Repertoire⸗Operetten noch mehrfach wechseln. Auf kommende Sonnabend ist Suppé's ewig junger „Boccaccio“ angesetzt.
Am Dienstag Abend fand im Saale der Sing⸗Akademie zum Besten des unter dem Allerhöchsten Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin stehenden Augusta⸗Hospitals ein Concert von Hrn. Carl Pohlig, unter Mitwirkung von Fr. Katharina Müller⸗Ronneburger und des Hrn. Josef Kotek statt. Der Concertgeber trug zuerst die Toccata und D-moll⸗Fuge von Bach in dem Klarierarrangement von Tausig, sodann die Appassio⸗ nata von Beethoven in verständnißvoller Auffassung und mit voll⸗ endeter Technik vor. Auch in allen folgenden Piecen, besonders in der Lisztschen Don⸗Juan⸗Fantasie, bewährte sich Hr. Pohlig als Meister. Frau Müller⸗Ronneburger sang mehrere ansprechende Lie⸗ der von Pohlig und Sucher mit bekannter Virtuosität, aber auch eine Mozartsche Arie (mit Violin⸗ und Klavierbegleitung), die trotz ihrer Einfachheit durch den Vortrag der Künstlerin tief ergriff. Hr. Kotek spielte außerdem noch ein Andante von Tartini und eine sehr schwierige Polonaise von Wieniawski, die ihn auf der Höhe seiner
Kunst zeigte. Das in allen Theilen vorzügliche Concerk fand leb⸗
haften, wohlverdienten Beifall.
Redacteur: Riedel.
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Verlag der Expedition (K ess e ¹)
“
zum Deut
Erste Beilage
s⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Donnerstag, den 6. Dezember
1883.
ein, betreffend die Einführung der geheimen Abstim⸗ mung bei den
lautet:
gemeinen sei bekannt; Cntrum und die Fortschrittspartei damit beschäftigt. Der Abg. Dr. Gneist habe früher einmal gesagt, bei Verfassungs⸗
ü habe den 2 2 scheidung zu treffen. Der Abg. Gneist habe, um den 1 druch zu gebrauchen, einen „schweren Antrag verlangt, der aus dem Hause hervorgehe oder aus der Initiative der König⸗
1881 sei deshalb geschehen, weil man in die Materie nicht näher vollen. hhlich liege also vom Jahre 1881 nicht vor, und wenn nun die Frage aus der Mitte des Hauses wiederum auftauche, so sei Die Staatsregierung verhalte sich den Petitionen gegenüber
die Regierung sich weder für das eine noch gegen das
Nichtamtliches.
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Preußen. Berlin, 6. Dezember. In der gestrigen (9.) 8 des Hauses der Abgeordneten trat das Haus in die Berathung des Antrages des Abg. Dr. Stern
Wahlen zum Abgeordnetenhause und zu den Kommunalvertretungen. Der Antrag
aus der Abgeordneten wolle beschließen: u I““ zu ersuchen, den beiden Häusern des Landtages im Laufe der jetzigen Legislaturperiode Vorlagen zu machen, durch welche unter Abänderung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen die öffentliche Stimmabgabe bei den Wahlen zum Abgeordnetenhause und zu den 116“ beseitigt und
zurch geheime Abstimmung ersetzt wird. 8 Dr Stern begründete seinen Antrag: Schon seit Jahren vergehe keine Session des Hauses, ohne daß Petitionen zu der hier angeregten Sache vorlägen. „Diese stammten aus den verschiedensten Landestheilen und Volks⸗ klassen, und nicht eine, sondern alle Parteien seien an 5 selben betheiligt. Das Schicksal dieser Petitionen im All⸗ meist seien sie in der Petitions⸗ kommission begraben worden. Nur einmal habe sich das
fragen sei es nicht angebracht, auf Petitionen hin eine Ent⸗
lichen Staatsregierung. Bei jener Debatte sei es zum Vor⸗ schein gekommen, daß es sich bei dieser Frage nicht um eine Parteifrage handele, sondern um eine Frage, die alle gleich berühre. Die Abweisung der Petition vom 9. Februar
habe eindringen wollen. Ein sachlicher Beschluß
das Haus nunmehr in der Lage, einen Entschluß zu fassen. dilatorisch. Es gehe aus ihren Erklärungen hervor, daß
erkläre. Sie mache geltend, diese Frage sei
im Zusammenhange mit der Wahlreformfrage zu dledigen. Als er sich entschlossen hätte, den vorliegenden Antrag einzubringen, habe er auch die feste Absicht gehabt, keine Parteifrage zu berühren. Hätte er (Redner) es gewollt, so würde er seinen Antrag weiter ausgedehnt haben. Aber nicht agitatorische Politik wolle er treiben; eine dringliche Frage sei es, um die es sich handele. Wenn er sich eine Selbstbeschränkung auferlege, so habe er nach berühmtem Muster gehandelt. Wenn der Abg. Windthorst einen Antrag auf Freigebung der Seelsorge einbringe, so sei das kein Programm. Der Abg. Windthorst behalte sich alles Weitere vor; derselbe greife zu⸗ nächst an einer Stelle an, um dem Nothstande abzuhelfen, so läge auch hier ein Nothstand vor, der im Lande tief empfunden werde. — Er habe dem Hause nun die Beweise vorzutragen, 1) daß ein solcher Nothstand durch die öffentliche Abstimmung vorhanden sei und 2) daß die Einführung der geheimen Stimmabgabe bei allen Wahlen dem Nothstande Abhülfe schaffe. Auf der einen Seite sage man, die öffentliche Stimmabgabe sei die richtige, weil man da seine Meinung frei äußern könne, und bas sei eines Mannes würdig. Wie aber verhalte es sich in der Praxis? Ite Frage des Lebens sei eine andere, und nicht Jeder könne öffentlich stimmen. Und selbst wenn derselbe es könne, so werde es nicht immer geschehen, denn alle Menschen seien mit Schwächen belastet. Komme nun die wirkliche Ueberzeugung bei der öffentlichen Abstimmung zum Austrage? Man müsse mit „nein!“ antworten, wenn man die letzten 10 Jahre der Wahlbewegung beobachtet habe. Es sei diese öffentliche Abstimmung nicht das, was sie sein solle, die Unwahrheit fördere sie an das Tageslicht, nicht die Wahr⸗ heit. Das werde mit den Jahren immer schlimmer. Auf der einen Seite steige und wachse der Einfluß der Regicrung, auf der anderen mache sich eine soziale Bewegung geliend. Auf der einen Seite errege die öffentliche Stimmabgabe Hoffnung auf Ge⸗ winn, und auf der anderen Befürchtungen für Nachtheil. Möchten nun weder die Hoffnungen noch die Befürchtungen gerechtfertigt sein, so viel stehe fest: schon das Vorhandensein von Furcht und Hoffnung sei ein schlimmes Zeichen. Daß aber zwei Drittel der ganzen Wähler unter diesem Banne ständen, wer möchte es bezweifeln? Ihm liege es fern, in irgend einer Weise die Regierung angreifen zu wollen, oder gar einzelne Parteien, aber wo eine Macht sei, da liege die Versuchung nahe, dieselbe zu mißbrauchen. Er schuldige Niemand an und wende sich deshalb gegen das Institut der öffentlichen Abstimmung selbst. Der Druck der Regierung auf ihre Untergebenen sei zugleich mit ihrer Macht vorhanden; derselbe sei vermehrt worden durch den Eindruck des Königlichen Erlasses vom 4. Januar 1882; man habe das besonders bei den Wahlen im Jahre 1882 beobachten können. Die Verstaatlichung der Bahnen habe Privat⸗ beamte nach zehntausenden zu Staatsbeamten gemacht, wovon namentlich die rheinländischen Abgoordneten ein Lied singen könnten. Andererseits habe der Großbesitz, das Kapital, viel⸗ fach auch die Neigung verspürt, einen politischen Druck auf die von ihm Abhängigen auszuüben. Die Wähler aber, die noch etwas auf ihre freie Ueberzeugung hielten, aber sich nicht getrauten, dieselbe auszudrücken, blieben notorisch der Wahl⸗ urne mehr und mehr fern; es gelinge meist höchstens noch die Hälfte aller Berechtigten an die Urne zu bringen. In Frankfurt wählten zum Landtag kaum 15 Prozent; zum Reichstag 60 bis 70 Prozent der Berech⸗ tigten. Er habe persönlich als Mitglied des Wahlvorstandes in zwei Legislaturperioden namentlich bei den Wahlen der dritten Klasse schlimme Erfahrungen gemacht. Wenn da na⸗ mentlich die Beamten kämen, müsse man bedauern, wie sie an den Tisch träten und kaum wagten, die Namen der Wahl⸗
kandidaten ihre Stimme nicht gegeben haben, wenn sie nicht für die Weihnachtsgratisikation, auf die ihre Frauen sich ver⸗ lassen hätten, Furcht hegten. Mitleid empfinde er mit diesen Leuten, und deshalb habe er hauptsächlich sich vorgenommen, dem hohen Hause diesen Antrag wieder einzubringen. Er sei der festen Ueberzeuaung, daß ohne Schwierig⸗ keiten mit einem Federstriche diese Aenderungen vor⸗ genommen werden könnten, ohne die Verfassung, die von einem öffentlichen oder geheimen Wahlrecht gar nichts wisse, zu ändern. Die gesetzgebenden Faktoren brauchten nur ihre Zustimmung zu geben. Die Staatsregierung selbst könne seinem Vorschlage nicht so fern stehen. Als der Stadt Frankfurt bei der Annexion ein Wahlsystem aufoktroyirt sei, sei es das geheime gewesen. Warum solle man es mit Berlin nicht ebenso gut meinen? Zum Schluß wolle er bemerken, daß er während seiner ganzen Auseinandersetzungen sich ob⸗ jektiv verhalten habe, er bitte, seinen Antrag anzunehmen.
Hierauf nahm der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums Staats Minister von Puttkamer das Wort:
Meine Herren! Ich erlaube mir, gleich nach dem Herrn Antrag⸗ steller das Wort zu ergreifen, um dem hohen Hause keinen Zweifel darüber zu lassen, welchen prinzipiellen Standpunkt die Königliche Staatsregierung diesem Antrage gegenüber einimmt. b
Wenn der Herr Antragsteller betont hat, daß die bisherigen Aeußerungen der Regierungsorgane über die Frage der öffentlichen oder der geheimen Stimmenabgabe dilatorisch gelautet hätten, und daß er aus den am Schlusse seiner Ausführungen angeführten Gründen sich der Hoffnung hingäbe, daß nunmehr die Königliche Staats⸗ regierung, nachdem sie vor einen Antrag, der sich ex professo mit der Frage beschäftigt, gestellt sei, diesem Antrage einen Widerspruch nicht entgegensetzen werde, so muß ich eine solche Voraussetzung als unzutreffend bezeichnen. Die Regierung hat heute, wenn sie einem auf Aenderung einer der wichtigsten Bestimmungen unseres öffentlichen Lebens gerichteten Antrag gegenübersteht, allerdings die Pflicht, den dilatorischen Standpunkt zu verlassen und ihre wahre Meinung zur Sache, so wie es bei einem so ernsten Gegenstande sich gebührt, dem
ause mitzutheilen. 8 die wird dem Antrage des Hrn. Abg. Dr. Stern einen nachdrücklichen Widerstand entgegensetzen, weil sie der Meinung ist, daß dieser Antrag einen wohlberechneten Vorstoß gegen eine der wichtigsten Bestimmungen unseres jetzigen Versassungslebens enthält, und ich werde mir erlauben, den, wie ich anerkenne, formell sehr maß⸗ vollen, ich möchte fast sagen, eine etwas schmale Front darbietenden Ausführungen des Herrn Antragstellers gegenüber etwas tiefer in die Sache einzugehen. b M“
Zu dem Ende möchte ich aber zunächst ein Charakteristikum hervorheben, was mir in den Ausführungen des Herrn Antragstellers entgegengetreten ist, und von dem ich glaube, daß es auch im Hause nicht unbemerkt geblieben ist. Er sagte — wie ich annehme, um das Wohlwollen des Hauses für seinen Antrag von vornherein zu ge⸗ winnen —, er wolle sich jeden Angriffes auf die Regierung oder auf irgend eine Partei enthalten; „peceatur intra muros et extra“. Der Mißbrauch, welcher mit dem wirthschaftlichen Einfluß auf Wähler getrieben werde, sei eine Frage, die man nicht als Partei⸗ frage aufzufassen habe, sondern die man eben so behandeln müsse, wie sie es verdiene: als eine allgemeine Frage der politischen Moral; das war wohl nicht der Ausdruck, es lag aber in seinen Woͤrten.
Nun, meine Herren, ist es mir allerdings aufgefallen, do während der Herr Antragsteller versicherte, er wolle keine Angriffe gegen Andere richten, er das doch, wenn auch ziemlich kurz und skizzenhaft, in der ausgiebigsten Weise gethan hat. Er sagte: es ist ja ganz natürlich, die Regierung hat nun mal die große matertelle Macht in der Hand, sie ist ja auch ein Mensch, sie muß diesen Einfluß mißbrauchen, und wenn man, nie ich — sagte der Antrag⸗ steller — gesehen hat, wie die unglücklichen Beamten gewissermaßen zur Wahlurne geschleppt werden, wie sie mit niedergeschlagenen Augen ihre Stimme abgeben, wie sie kaum im Stande sind, den Namen desselben herauszubringen, den sie, natürlich gezwungen, wählen — so ist dies denn doch in der That eine Darstellungsweise des Verfahrens und des Verhaltens der Regierung den Wahlen gegenüber, die ich nicht unwidersprochen lassen kann. “
Ferner waren es die bösen Großkapitalisten und Großgrund⸗ besitzer — ich nehme an, die liberalen und die konservativen —, die von diesem Recht oder von diesem faktischen Uebergewicht einen so entsetzlichen Gebrauch gemacht haben. Ja, meine Herren, es scheint also, als wenn die böse Regierung und die bösen Kapitalisten und
Großgrundbesitzer hier allein die Sünder sind; die Fortschrittspartei aber als der unschuldsvolle Lichtengel dasteht, der von gar nichts weiß.
Meine Herren! Das, was ich in dieser Beziehung jetzt zu sagen habe, um das Bild ausführlicher und vollständiger zu gestalten, von dem gebe ich zu, daß es eigentlich sachlich in der Richtung des An⸗ dem gebe ich zu, daß es eigentlich sachlich in der Richtung de v
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interessirt Sie zunächst jetzt weniger; ich möchte nur, um das Kolorit seiner Rede in das richtige Licht zu stellen, das betonen, daß ich doch meinen möchte, wenn überhaupt bei Wahlen Mißbrauch getrieben wird, dann hat die Fortschrittspartei ihr gerütteltes und geschütteltes Maß sowohl was die Anwendung eines mechanischen Druckmittels, als was namentlich die Verhetzung und Verleumdung anderer Parteien und insbesondere der Regierung betrifft, (Unruhe links. Sehr richtig! rechts.) und vor allen Dingen der Regierung. Meine Herren! Ich frage Sie: was ist das Schlimmere — ich gebe zu, es ist Beides schlimm — der Zwang gegen den Willen des Wählers oder die Kor⸗ ruption seiner Gesinnung, die in der Verhetzung gegenüber dem Standpunkt anderer Parteien liegt? Was die UAnwendung mechanischer Zwangsmittel betrifft, um auf die Voten der Wähler einzuwirken, so würde ich ja davon eine sehr umfangreiche Schilderung machen können. 6 Ich will indessen zunächst nur auf eine Wahlbewegung zurück⸗ greifen, die in der jüngsten Vergangenheit spielt: ich meine die Berliner Kommunalwahlen. Bei dieser Gelegenheit hat die Fortschrittspartei sich nicht darauf beschränkt, den nurnmerisch schwächeren Gegner, ich möchte sagen, niederzustimmen — das war ja ihr gutes Recht —, und alle die, wie ich annehme, völlig gleich⸗ berechtigten Gegenbestrebungen gegen die Alleinherrschaft der bis⸗ herigen städtischen Vertretung mit ganz ungualifizirbaren Läster⸗ namen zu belegen, sondern sie ist gradezu mit einem mechanischen Zwange gegen ganze Gruppen der Wähler vorgegangen. Der Hr. Abg. Virchow macht ein erstauntes Gesicht, aber grade aus seinem Wahl⸗ kreise, wenn ich mich nicht irre, habe ich die urkundlichen Dokumente hierfür in der Hand. Dieselben bieten einen entschiedenen Beleg dafür, daß Wähler, welche auf Seiten der Fortschrittspartei gestan⸗ den haben, ihren Einfluß auf die arbeitenden Klassen gemißbraucht haben, um die Wahl in ihrem Sinne zu Stande zu bringen. Sollte die Sache nachher noch zur weiteren Erörterung kommen, so bin ich bereit, Ihnen das aktenmäßige Material zur Verfügung zu stellen. Es ist aber dabei nicht geblieben, meine Herren, sondern man hat auch im Kreise der Stadtverwaltung — ich will natür⸗ lich hier gänzlich außer Betracht lassen und nicht behaupten, daß es von den Spitzen derselben geschehen ist — ebenfalls in einer, wie
trages des Hen. Abg. Dr. Stern gesprochen sein würde. Aber das
wenn hier überhaupt mit einem gewissen Aufwand sittlicher Ent⸗ rüstung der Beweis dafür angetreten wird, es sei im Interesse der Selbständigkeit und der Freiheit der Wahlen nothwendig, die öffentliche Abstimmung durch die geheime zu ersetzen, man dann bei der Abmessung der Schuldfrage, wenn ich so sagen darf, doch auch in den eigenen Busen greifen muß und, nicht wie der DHerr Vor⸗ redner, von oben herunter sagen darf: ich will zwar Niemand an⸗ greifen, aber es sind die Regierung und die Kapitalisten und der Großgrundbesitz. “
Nun, meine Herren, scheint mir doch auch ferner in diesem An⸗ trag ein innerer Widerspruch zu liegen gegen unsere ganze Entwicke⸗ lung in dem modernen Staatswesen. Die Oeffentlichkeit ist es, welche nach einer weitverbreiteten Meinung Alles beberrschen soll. Die Presse leuchtet mit dem grellen Schein ihrer Blendlaterne in jeden Winkel, auch des Familienlebens. Sie können dies jeden Tag in den Preßorganen bestätigt finden. In die Gerichtssäle drängt sich eine schau⸗ und sensationslustige Menge, um daselbst in der Oeffentlichkeit häufig Dinge zu hören, die sie besser nicht hörten. Selbst hier im Parlament findet ja doch der Angriff hüben und drüben statt unter den Augen der Oeffentlichkeit; der einzige Schutz ist die Machtvollkommenheit des Herrn Präsidenten. Und wenn man irgendwie nur den schüchternen Versuch macht, zu warnen und die Behauptung aufzustellen, daß die unbeschränkte Oeffentlichkeit auf allen Gebieten des Staats⸗ und Volkslebens doch auch ihre bedenklichen Seiten habe, wird man natürlich sogleich als Reaktionair und Dunkelmann verschrieen. Gerade bei der wesentlichsten Bethä⸗ tigung des politischen Lebens, der bei demjenigen Akte, der dazu bestimmt ist, diejenigen zu wählen, welche hier in den Räumen dieses Hauses das Wohl des Volkes wesentlich zu vertreten haben, gerade da soll mit einem Male von der Oeffentlichkeit keine Rede sein, gerade da soll Alles verwandelt werden in ein anonymes Geheimniß, welches meiner Auffassung nach in der letzten Konseguenz das Volk nur zur politischen Heuchelei und Unselbständigkeit führt. (Lebhaftes Bravo rechts; Widerspruch links; Ruf: Reichstag!) Meine Herren! Ich höre eben aus der Mitte des Hauses den Ruf, Reichs⸗ tag“, sund dies giebt mir die willkommene Gelegenheit, jetzt auf einen Punkt zu kommen, den ich vor Ihnen noch entwickeln wollte.
Gewiß, meine Herren, wir haben nach der Gründung des Nord⸗ deutschen Bundes für die politischen Wahlen zum Reichstag geheime Abstimmung eingeführt, aber es wird zu untersuchen sein, ob sich diese Institution bewährt und ob sie nicht vielmehr das Gegentheil von dem erreicht hat, was man mit ihrer Einführung zu erlangen hoffte. Nach den Erfahrungen, die wenigstens für die Regierung vorliegen, ist dies im höchsten Grade zweifelhaft. Wir sind der Meinung, daß unsere politischen Sitten und der ganze Stand unserer politischen Moral seit Einführung des geheimen Wahlrechts im Reichstage keine Fortschritte gemacht hat; wir sind im Gegentheil der Meinung, daß wir uns seitdem in bedenklicher Weise auf einer schiefen Ebene befinden. Es wird Sache der ernsten Erwägung der Königlich preußischen Staatsregierung sein, ob sie nicht im Gegensatz zu dem Antrage des Herrn Antragstellers darauf wird Bedacht nehmen müssen, ihren Einfluß dafür einzusetzen, daß Initiativanträge in Erwägung gezogen werden, welche auf die Abschaffung der geheimen Abstimmung für den Reichstag abzielen. (Lärm links. Sehr gut! rechts.) Meine Herren, daß dies Ihr Befremden erregt, begreife ich, aber Ihre ermunternden Zurufe auf jener Seite des Hauses (links) geben mir die Anregung, diesen Gedanken noch etwas weiter auszuführen. 1
Die Regierung ist der Meinung, daß zwar das Wahlrecht ein sehr kostbares politisches Recht und daß es eines Kulturstaates durchaus würdig ist, dasselbe soweit auszudehnen, wie as öffentliche Wohl und die politischen Interessen des Landes es irgendwie gestatten; aber je weiter man es ausdehnt, meine Herren, um so mehr muß man nach der Ueberzeugung der Regierung mit dem Gedanken durchdringen, daß dieses Recht gleichzeitig eine sehr schwere Pflicht involvirt. Das Wahlrecht ist nach unserer Auffassung nicht blos ein individuelles Recht des Einzelnen, seine Parteiansicht zur Geltung zu bringen, son⸗ dern es ist ein im öffentlichen Interesse anvertrautes Amt, welches mit schwerer Verantwortlichkeit verbunden ist, und wenn man von diesem Gesichtspunkte aus das Wahlrecht betrachtet, dann bin ich entschieden der Meinung, daß man nur in der öffentlichen Abstim⸗ mung den allein würdigen Ausdruck des Wahlrechts erblicken kann. (Lachen links.) Ja, meine Herren, wer das Recht bat, seine Mei⸗ nung zur Geltung zu bringen, der sollte auch den Muth dazu haben; das ist ein meines Crachtens durchaus gesunder politischer Grundsat, und ich bin der Meinung, daß die deutsche Nation gut daran thut, ihn nicht zu verlassen auf den Gebieten, wo sie ihn schon hat.
Nun gebe ich ja zu, daß es Parteien giebt, welche ihrer ganzen Anlage und ihren ganzen Bestrebungen nach ein Interesse daran haben, durch die geheime Abstimmung die Masse der Nation so zu gestalten, daß eben dieses Gefühl der Verantwortlichkeit in ihr verloren geht. Aber für die Regierung ist der entgegengesetzte Stand⸗ punkt der maßzebende. Wir sind der Meinung, daß es für die öffentliche Sitte und für die öffer tliche Moral nichts Verdervlicheres geben kang, als wenn man den Wähler, den einzelnen sowohl wie die ganze Masse derselber, von dem Gefühl der Verantwortlichkeit für ihre Aufgabe durch die geheime Wahl entkleidet. Dies klingt ja freilich, wie ich zugebe, im Lichte derjenigen Meinung, welche Alles auf ausgiebigen Rechtsschutz und Alles auf die Umgebung des Einzel⸗ rechts mit den ausgiebigsten Garantieen stellt — sehr hart; aber ich glaube überhaupt, daß es ein ungesunder Zug unserer Zeit. ist, eben sich bei öffentlichen Einrichtungen nicht in erster Linie die Frage vorzulegen, wie stimmt das zu dem öffentlichen Wohl, sondern immer nur zu erwägen, was hat der Einzelne davon, wie wird das Individual⸗ recht davon getroffen? 1
Unserer Auffassung nach liegt die Sache so, daß bei allen öffentlichen Institutionen zuerst darnach gefragt werden muß, wie wirken sie im Gesammtinteresse, und ist es richtig, das Einzelinteresse durch irgend welches Vorgehen so in den Vordergrund zu schieben, daß dieses allein Alles beherrscht. Das ist die Meinung der Regierung nicht und deshalb hält sie allerdings die öffentliche Stimmabgabe für ein kostbares Gut, welches sie aufzu⸗ geben nicht gesonnen und welches sie jedem Ansturm gegenüber auf⸗ recht zu erhalten gewillt ist. Meine Herren, die Fortschrittsvartei — ihc habe das schon einmal gesagt und ich wiederhole es 9s hat allerdings, meiner Auffassung nach, das wesentlichste Interesse an der allgemeinen Einführung der geheimen Abstimmung, sowohl bei den politischen, wie bei den kommunalen Wahlen. Ich glaube, der Grund hierfür ist leicht zu finden. Von jener Partei wird der Regie⸗ rung, sowohl wie den anderen Parteien, stets der Vorwurf gemacht, daß sie durch Mißbrauch derjenigen Gewalt, welche sie besitzen, auf die freie. Meinungsäußerung des Wählers drücken, ihn zu einem abhängigen Wesen herabwürdigen, und daß deshalb eine Aenderung ein Gebot der absoluten Nothwendigkeit sei. Sa, meine Herren, die Fortschrittspartei — deren Produkt ist ja der An⸗ trag im Wesentlichen, wenn auch der Herr Antragsteller nur Hospi⸗ tant derselben ist — faßt zwar theoretisch das Verhältniß zu den öffent⸗ lichen Wahlen in einer sehr anderen Weise auf. Sie schreibt auf ihre Fahne allerdings Vermeidung jedes Drucks, jeder Wirkung auf die Ueberzeugung. Aber wie wird denn — und die hinter uns liegenden Wahlkampagnen haben dies in reichem Maße bestätigt — diese Politik in der Praxis ausgeführt? Meine Herren, ich kann fast
männer der Regierung flüsternd zu nennen. Die Beamten hätten ihm selbst einmal gesagt, sie würden den Regierungs⸗
ich glaube, durchaus bedenklichen Weise auf die ahlen einzuwirken versucht. Hiermit, meine Herren, habe ich nur zeigen wollen, daß,
alle Parteien dieses Hauses — ich will von der Regierung gar
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