S 1“
“ 11“ Berlin, 11. Januar 1884.
Als vorzügliche Leistungen moderner Goldschmiedekunst präsentiren sich im Gold⸗ und Silbersaal des Kunstgewerbe⸗Museums gegenwärtig drei silberne Becher aus dem bekannten Etablissement von Schürmann & Co. in Frankfurt a. M., zwei kleinere, deren Ornamentirung von dem an der Königlichen Kunstgewerbeschule zu Stuttgart als Lehrer thätigen Professor R. Mayer herrührt, und ein größerer, theilweis vergoldeter, der von dem Ciseleur Offter⸗ dinger an der Königlichen Zeichenakademie zu Hanau gearbeitet ist. Bei einfachster Gestaltung der Form erhalten sämmtliche drei Stücke ihren reichen, die glatten Wandungen des Gefäßes belebenden Schmuck durch kunstvolle getriebene und gravirte Arbeit von ungewöhnlich feiner Vollendung. In figürlichen und ornamentalen Motiren lehnt sich diese Dekoration hier wie dort mehr oder weniger direkt an Vorbilder der Renaissance und an Erfindungen moderner Meister an. So reproduzirt der Becher von Offterdinger in seinem breiten, aus bacchischen Sonnen bestehenden Fries, der von schmaleren Orna⸗ mentstreifen eingefaßt wird, fast ohne jede Veränderung die seinerzeit vielbesprochene, von Carpeaux für die Pariser Oper modellirte Gruppe des Tanzes. Mit ausgezeichnetem Geschick aber sind die leider⸗ schaftlich bewegten Figuren in ein malerisch gehaltenes Relief über⸗ tragen, dessen Durchführung eine vollkommen freie und sichere Herrschaft über die mehr und mehr wieder in Auf⸗ nahme gekommene Technik des Treibens und in der Be⸗ handlung der Oberflächen eine außerordentliche Feinheit der Ciselirung zeigt. Nicht geringer ist diese Kunst der gesammten Arbeit in den von R. Mayer ausgeführten Bechern von strengerer, den ge⸗ fällig gegliederten Schmuck noch mehr dem Gefäß unterordnender Komposition. Sie zeigt an jedem der beiden Stücke auf zwei ovalen, von Kartouchen umrahmten Medaillons in flachstem Relief je eine agraziös bewegte weibliche Idealgestalt; den übrigen Raum des breiten
riesstreifens aber füllt ein anmuthiges Renaissance⸗Ornament, das
ch aus zierlichem Rollwerk mit eingefügten Schmetterlingen und Amorettenköpfen, Blumen und Früchten ꝛc. zusammensetzt und durch ansprechende Erfindung ebenso fesselt wie durch seine Durchbildung des Details. 1“]
Die neueste Erwerbung des Ethnologischen Museums in Berlin besteht, wie „Woldts wiss. Corr.“ mittheilt, aus einer inter⸗ essanten Kollektion sehr hübsch gearbeiteter chinesischer Modelle, welche ein Gönner des Museums, Hr. Müller aus Shanghai, zum Geschenk gemacht hat. Modelle von Briefträgern, Offizieren, Bogenschützen, Barbieren, Baumwollenreinigern, Nachtwächtern, Reis⸗Schälern, Reisbrod⸗Verkäufern, Reismehl⸗Erzeugern, Flößern ꝛc., das Modes eines Opiumdivans, eines Verbrechers mit dem Schandkragen, ferner diverse Spiele u. A. m. bilden diese instruktive Sammlung; in Bezug auf letztere hat sich Hr. Müller noch das Verdienst erworben, daß er jeden Gegenstand mit einem Etikett versah, welches dessen Bezeichnung
in chinesischer Schrift, in chinesischer Aussprache und in deutscher Uekersetzung trägt. Zu der Sammlung gehören auch Theile des be⸗ ühmten zerstörten Porzellanthurms.
Münster i. W., 6. Januar. (Rh. W. Ztg.) nuar nach Münster, Hotel Schwartz, einberufenen Versammlung behufs Konstituirung des Westdeutschen Fluß⸗ und Kanal⸗ vereins hatte sich eine stattliche Anzahl Vertreter sämmtlicher größeren Städte Westdeutschlands eingefunden. Auch der Ober⸗Prä⸗ sident der Provinz Westfalen, von Hagemeister, beehrte die Versamm⸗ lung mit seiner Gegenwart. Dr. Natorp erwähnte in seiner Eröffnungs⸗ rede, daß Bremen bereits 500, Münster 200, Dortmund 150 Mit⸗ glieder aufweise. Hierauf wurde Dr. Natorp durch Akklamation einstimmig zum Präsidenten und auf seinen Vorschlag der Handels⸗ kammersekretär Bernhardi aus Dortmund zum Schriftführer gewählt. n Vorort für das erste Geschäftsjahr wurde die Stadt Münster bestimmt.
Zur Tagesordnung übergehend — dieselbe umfaßte 5 Nummern: 1) Konstituirung des Zweigvereins und Feststellung seines Statuts, 2) Wahl des Ausschusses, des Vorsitzenden, des Stellvertreters des⸗ selben und des Kassirers, 3) Wahl eines provisorischen Geschäfts⸗ führers, 4) Wahl des Vorortes für das erste Geschäftsjahr, 5) Be⸗ schlußfassung über Zeit, Ort und Tagesordnung der ersten ordentlichen Generalversammlung — theilte Dr. Natorp mit, daß von einer Anzahl Mitglieder in einer Vorversammlung schon ein Statut ausgearbeitet worden sei, welches wegen der Kürze der Zeit zur Annahme en bloc empfohlen würde. Jedoch solle den Mitgliedern, — um ihre Rechte in nichts zu schmälern, vorbehalten sein, in der ersten großen Generalversammlung, welche in 2 — 3 Monaten stattzufinden habe, Abänderungsvorschläge machen zu dürfen. Zu den Statuten, welche dann verlesen wurden, war von dem bereits konstituirten Lokalverein Bremen ein Zusatzparagraph eingebracht und als §. 11 zu dem Statut angenommen. In der Ver⸗ sammlung erfolgte kein Widerspruch gegen die en bloc-Annahme des Statuts und wurde dasselbe einstimmig genehmigt.
Ad 2 der Tagesordnung wurde der Ausschuß gewählt und dann der Vorstand, wie folgt: Dr. Natorp, Essen, Vorsitzender, Hüffer, Handels⸗ kammer⸗Präsident in Münster, stellvertretender Vorsitzender; Papen⸗ dieck, Bremen, desgl.; Bernhardi, Dortmund, Schriftführer; Krüger, Münster, Kassirer.
Der 5. Punkt der Tagesordnung: Beschlußfassung über Zeit, Ort und Tagesordnung der ersten ordentlichen Generalversammlung, wurde abgesetzt, und es wurde beschlossen, die geeigneten Maßnahmen dem
gewählten Ausschuß zu überlassen.
Frankfurt a. M., 6. Januar. (Rh.⸗W. Ztg.) Am 6. De⸗ zember hatte der Deutsche Kolonialverein sich hier konstituirt. Gestern hielt derselbe hier seine erste Generalversammlung ab, und der Vorsitzende Fürst zu Hohenlohe⸗Langenburg konnte in seiner Er⸗ öffnungsrede mit Befriedigung darauf hinweisen, daß der Verein binnen Jahresfrist bereits schöne Erfolge errungen habe. Dem von dem Schriftführer Major a. D. Thiel erstatteten Geschäftsbericht und Rückblick auf das erste Vereinsjahr entnehmen wir, daß der Verein jetzt 3260 Mitglieder zählt, darunter 21 Stadtgemeinden, 15 CE1“ und ebenso viele Handels⸗
ereine. In 492 deutschen und 43 außerdeutschen (darunter 19 außer⸗
Zu der am 5. Ja⸗
oder kaufmaͤnnische
8 chen) O b r 1 gefaßt. Was die praktische Thätigkeit in der Kolonialfrage betrifft, so sind Unternehmungen zur Errichtung von Handelsstationen im Gange, über welche jedoch vor völligem Abschluß der Angelegenheit noch nichts in die Oeffentlichkeit dringen soll. Von den zahlreichen Pro⸗ jelten, welche dem Verein unterbreitet wurden, hat er zwei näher ins Auge gefaßt: das eine ist die Unterstützung der Templerkolonien in Syrien, der ersten deutschen Niederlassung im Auslande, welche ganz deutsch geblieben ist; das andere die Kolonisirung Paraguays. Letzterer Plan ist bekanntlich von dem Leipziger Verein für Handels⸗ geographie entworfen und auf Grund genauer Studien von Sachver⸗ ständigen an Ort und Stelle bis ins Detail ausgearbeitet worden.
Königliches Schauspielhaus. Das Paul Herse’sche Schauspiel „Das Recht des Stärkeren“, welches heute zur ersten Auf⸗ führung kommen sollte, wird wegen Erkrankung des Frl. Schwartz erst in der nächsten Woche gegeben werden.
— Im Deutschen Theater spielt morgen, Sonnabend, Hr. Ludwig Barnay als letzte Rolle vor Antritt seines vierzehntägigen Urlaubs noch einmal den „König Lear“. Der Künstler begiebt sich bereits in 5 n Tagen nach Breslau zu einem Gastspiel am Lobe⸗
geater.
Krolls Theater. Das Zaubermärchen „Die Puppen⸗ prinzessin“ wird nach der heutigen 50. Aufführung den Girndt⸗ Jacobsonschen „Galoschen des Glücks“ den Platz räumen. Die Da⸗ men Frls. Meißner, Sandrog, Beckmann, Fr. Hüftel, die Herren Guthery, Straßmann und Auzinger haben die Hauptrollen inne. Auf Inscenirung (Regie:; Hr. Joseph Engel) und Ausstattung ist alle Sorgfalt verwendet, während Hr. Jacobson eine Fülle neuer zeit⸗ gemäßer Einlagen verfaßt hat.
— Im Belle⸗Alliance⸗Theater geht morgen das Heine⸗ mannsche Lustspiel „Der Schriftstellertag“ zum ersten Male in Scene. Außer Hrn. Direktor Lebrun sind Fr. Carlsen, Fr. Schmidt, die Frls. Schwarz, Hiller, Wenck, und die Herren Meißner, Alexander, Guthery und Kurz im Besitz ihrer im Wallner⸗Theater gegebenen Partien verblieben. —
Der zweite Cyelus von Abonnements⸗Concerten der Königlichen Akademie der Künste im Saale der Sing⸗Akademie beginnt am Freitag, den 18. Januar. Das Programm für diesen ersten Abend ist folgendes: I. Abonnements⸗Concert (II. Cyclus) unter Leitung des Hrn. Kapellmeisters Professor Joachim: 1) „Der Sturm“ für Chor und Orchester, von Haydn. 2) Violin⸗Concert von Brethoven: Hr. Joachim. 3) Idylle (nach Goethe) für Soli, Chor und Orchester (neu) von Kiel. 4) Sinsonie in Es-dur von Mozart. — Billets zu 5, 4 und 2 ℳ wie auch Abonnements für alle 6 Con⸗ certe des II. Cyelus zu 20, 15 und 10 ℳ sind in der Sing⸗Akademie zu erhalten.
Concerthaus. Auf dem Programm des morgigen Concerts des Hrn. Hofmusikdirektors Bilse steht die Pastoral⸗Symphonie von Beethoven sowie u a. das Largo von Händel und die „Tannhäuser“⸗
Ouvertüre von R. Wagner.
Preußischen Staats-Anzeigers: Berlin SW., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.
x
s für den Deutschen Reichs⸗ und Königl. Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Erpedition des Deutschen Reichs⸗Anzeigers und Königlich
1. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen.
Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.
Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen etc.
Verloosung, Amortisation, Zinszahlung
5 u. s. w. von öffentlichen Papieren.
Subhastationen, Aufgebote, Vor⸗ ladungen u. dergl. 6
57 2 „ 116572 Zwangssversteigerung.
Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von den Invalidenhausparzellen Band 8. Nr. 279 auf den Namen der verehelichten Kauf⸗ mann Graetzer, Henriette, geb. Hirsch, eingetragene, zu Berlin Schlegelstr. 8 belegene Grundstück
am 26. März 1884, Vormittags 11 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht — an Gerichts⸗ srlle — Jüdenstraße 58, 1 Treppe, Zimmer 15, . werden.
as Grundstück ist mit 15 940 ℳ Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuch⸗ blatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück bekreffende Nachweisungen, sowie beson⸗ dere Kaufbedingungen können in der Gerichts⸗ schreiberei, Jüdenstraße 58, 2 Treppen, Zimmer 294A., eingesehen werden.
Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden An⸗ sprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung des Versteige⸗ rungsvermerks nicht hervorging, insbesondere der⸗ artige Forderungen von Kapital, Zinsen, wieder⸗ kehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Ver⸗ steigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, falls der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte glaubhaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Vertheilung des Kaufgeldes gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten.
Diejenigen, welche das Eigenthum des Grundstücks beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt.
Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 26. März 1884, Nachmittags 1 Uhr, an Gerichtsstelle, Jüdenstraße 58, 1 Treppe, Zimmer
Nr. 15, verkündet werden.
Berlin, den 3. Januar 1884.
Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 52.
[1680] Amtsgericht Hamburg.
Auf Antrag von Adolph Tamsen, als Testa⸗ mentsvollstrecker von Johann Joachim Tamsen, wird ein Aufgebot dahin erlassen:
daß Alle, welche an den Nachlaß des am 9. September 1883 hieselbst verstorbenen Johann Joachim Tamsen, richtiger Jo⸗ haun Joachim Hinrich Tamsen, Erb⸗ oder sonstige Ansprüche zu haben vermeinen, oder den Bestimmungen des von dem genannten Erb⸗ lasser am 5. Juni 1883 errichteten, am 27. September 1883 hieselbst publizirten Testaments, wie auch den dem Antragsteller als Testamentsvollstreckern ertheilten Befug⸗ nissen widersprechen wollen, hiemit aufgefordert werden, solche An⸗ und Widersprüche späte⸗ stens in dem auf Donnerstag, 28. Februar 1884,
anberaumten Aufgebotstermin
im unterzeich⸗
neten Amtsgericht, Dammthorstraße 10, Zim⸗ mer Nr. 11, anzumelden — und zwar Auswärtige unter Bestellung eines hiesigen Zustellungs⸗ bevollmächtigten — bei Strafe des Ausschlusses. Hamburg, den 4. Januar 1884. Das Amtsgericht Hamburg. Civil⸗Abtheilung VII. Zur Beglaubigung: Romberg, Dr., Gerichts⸗Sekretär.
Nachdem der Kaufmann Johann Ernst Friedrich Teudt zu Klütz am 18. Oktober 1883 ohne Hinter⸗ lassung ciner letztwilligen Verfügung verstorben ist, haben der Gastwirth Friedrich Reinke zu Klütz und der Schlachter Georg Krüger daselbst nachgewiesen, daß ihnen und dem Sattler Johann Joachim Christian Reincke in Australien, sofern Letzterer jenen überlebt hat, ein Erbrecht an der Erbschaft des Verstorbenen ab intestato auf Grund ihrer Verwandtschaft mit demselben im 4. Grade an und für sich zusteht, und zwecks Erlangung eines Erben⸗ zeugnisses die Erlassung eines Proclams beantragt. In Gemäßheit dieses Antrags werden alle Die⸗ jenigen, welche ein näheres oder gleich nahes Erb⸗ recht an der Erbschaft des weiland Kaufmanns Fr. Teudt zu Klütz zu haben vermeinen, wie die ge⸗ nannten 3 Personen, hierdurch aufgefordert, ihre desfallsigen Ansprüche und Rechte bei dem unter⸗ zeichneten Gerichte spätestens in dem auf Donnerstag, den 27. März 1884 “ Vormittags 11 ½ Uhr, “ im Gerichtslokale zu Bothmer angesetzten Aufgebots⸗ termine unter dem Nachtheile anzumelden, daß die genannten beiden Antragsteller, sowie eventuell der Sattler Joh. Joach. Christ. Reinck in Australien, resp. die, die etwa durch Transmission an dessen Stelle Tretenden im Falle des Erbschaftsantritts oder die sich Meldenden und Legitimirenden für die rechten Erben angenommen, ihnen als solchen der Nachlaß überlassen und das Erbenzeugniß ausgestellt werden soll, daß ferner die sich nach der Präclusion meldenden näheren oder gleich nahen Erben alle Handlungen und Dispositionen Derjenigen, welche in die Erbschaft getreten, anzuerkennen und zu über⸗ nehmen schuldig sein sollen. Grevesmühlen, den 7. Januar 1884. Großherzogliches Amtsgericht
Bekanntmachung.
„Durch Urtheil des Königlichen Amtsgerichts I. hieselbst vom heutigen Tage sind alle Diejenigen, welche auf die im Grundbuche desselben Gerichts von der Friedrichstadt Band 22 Nr. 1584 (früher im Band 22 Nr. 1585) in der III. Abtheilung des Grundbuchblattes eingetragene Post Nr. 13 von 1500 ℳ für den Regierungs⸗Assessor und Kammer⸗ gerichts⸗Sekretär Gottlieb Philipp Loether An⸗ sprüche erheben könnten, mit Ihren Ansprüchen ausgeschlossen worden und ist die vorbezeichnete Post für erloschen erklärt. Berlin, den 29. Dezember 1883.
Trzebiatowski, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts I.
“
Oeffentlicher Anzeiger.
. Industrielle Etablissements, Fabriken und Grosshandel.
. Verschiedene Bekanntmachungen.
. Literarische Anzeigen. v
In der Börsen-
Inserate nehmen an: die Annoncen⸗Expeditionen des „Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein (& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen⸗Bureaux.
. Theater-Anzeigen.
Familien-Nachrichten. beilage.
2 11692 Bekanntmachung.
Durch Urtheil des Königlichen Amtsgerichts I. zu Berlin vom heutigen Tage sind für kraftlos erklärt worden:
I. das Zweigdokument vom 30. Juli 1860 über die aus der Dhtsstion s Januar 1820 und der Cession vom 30. Januar 1845 ursprünglich in Band II. Nr. 178 des Grundbuchs des Königlichen Amtsgerichts Berlin I. von der Dorotheenstadt Rubr. III. Nr. 3 für Karl Friedrich Alexander Kühne eingetragene und demnächst nach Band II. Nr. 92 desselben Grundbuchs Rubr. III. Nr. 20 übertragene Theilpost von 1142 Thlr. 25 Sgr. 84/7 Pf.
II. Das Zweigdokument vom 21. November 1853 über die aus der Obligation vom 3. Januar 1820 und
8 3. Juli 1843 der Cession vom 30. Januar 1845 ursprünglich in
Band II. Nr. 178 des Grundbuchs des Königlichen Amtsgerichts Berlin I. von der Dorotheenstadt Rubr. III. Nr. 3 für Henriette Louise Ida Kühne (verehelichte Weinhändler Meyer) eingetragene und demnächst nach Band II. Nr. 92 desselben Grund⸗ buchs Rubr. III. Nr. 20 übertragene Theilpost von 1142 Thlr. 25 Sgr. 841 Pf.
III. Das Zweigdokument vom 21. November 1853 ¹ 8 1“ 6. Januar über die aus der Obligation vom 29. Februar 1844 ursprünglich in Band II. Nr. 178 des Grundbuchs des Königlichen Amtsgerichts Berlin I. von der Dorotheenstadt Rubr. III. Nr. 7 für Henriette Louise Ida Kühne (verehelichte Weinhändler Meyer) eingetragene und demnächst nach Band II. Nr. 92 desselben Grundbuchs Rubr. III. Nr. 21 übertragene Theilpost von 128 Thlr. 17 Sgr. 1577) Pf.
Berlin, den 27. Dezember 1883.
3 Trzebiatowski,
Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts I.)
Abtheilung 54.
[1697] Erkenntniß, betreffend Ueberschreibung des Eigenthums an Grundstücken in der Gemarkung von Sois⸗ ddorf auf den Namen der Gemeinde Soisdorf. Wird, da während der gesetzlichen Frist von keiner Seite Ansprüche auf das in der Gemarkung von Soisdorf belegene Grundeigenthum: 1) E. 174. Im Dorfe (Haus Nr. 35) h 1“ a. Wohnhaus mit Hofraum b. Backhaus do. c. Backhaus do. d. Spritzenhaus Am Soisberg. Holzung do. Weide Im Feld, Weide 0
Die Schindkaute Soisberger Trift Auf der Liede Im Thalgra Am Lohn
do. Auf den Ilb Am Lohn, Holzung
a qm
0 01 08 0 00 24 0 00 19
9 64 87 05 64 03 98 06 28 10 26 29 90 44 15 32 69 97 21 25 93 121
do.
75a. 75 b. 9a. 70. 71 a. 168 I143. T1. 15) C. 69. 1 108.
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Abtheilung 54.
do SOSSSSbS8SSSo
17) 104. . 89 09
I 19) 45. 209 61. 1I1 “ öu“ 24) 153. 25) E. 45. 26) 130b.
28) 29)
116. 308. 0OJYNLT ZZ1“ 32) G. 239. Sö 7..
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34) 35) 1136. 36) 149a. I 38) 162. 39) 179. 40) J. 165. 41) K. 119. 42
43) L. 44 45)
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70. 124.
Im Gellenarsch, Wiese Im Geisaer Hauk, Weide
Auf der Aue, Wiese
Auf der Eller, Weide
166a. Im mittleren Motzbach, Weide 6. Am Kummer, Holzung
Im hintern Motzbach, Holzung Im Gartenhauk 8
Hinter der Kirche, Garte Im Kreuzgraben, Weide Auf der Ilbern 8
In der G Acker
o·. 8 Liedebacher Rain, Weide Die Gänseliede Die Rüppelsgasse Im Dorfe, Garten 27) F. 87. Im Thalgraben, Weide Am Schindacker Am Röth, Wiese Die Mühlwiesen, Weide Die Mühlwiesen, Wiese Im Klingelhauk, Im Hauk, Acker
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Acker Weide
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erhoben worden sind, die beantragte Eintragung desselben in das Grundbuch von Soisdorf als Eigen⸗ thum der Gemeinde Soisdorf unter Ausschließung Dritter mit ihren etwaigen Ansprüchen verfügt.
Eiterfeld, Veröff
Nr. 341.
am 15. Dezember 1888.
Königliches Amtsgericht. (gez.) Wankel.
entlicht: Der Gerichtsschreiber:
Elaus.
I. I GS gegen
“
Stephan Schäfer von Laudenbach,
wegen Körperverletzung.
In Anwendung der §§. 332 f. f. der St. P. O.
wird das im
Deutschen Reiche befindliche Vermögen
des zur Zeit unbekannt wo abwesenden Angeklagten
Stephan Sch heim — mit gez. Ba
äfer von Laudenbach — Amt Wein⸗ Beschlag belegt. 8 Rupp. .
ssermann. Kamm.
Mannheim, den 7. Januar 1884.
Großherzogli
ch Badisches Landgericht Mannheim.
Strafkammer I. Ausgefertigt: Die Gerichtsschreiberei: “
Herlin —— 1 Verlag der Expedition (Kessel.)
Redacteur: Riedel.
Druck: W. Elsner. Vier Beilagen
(einschließlich Börsen⸗Beilage).
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zum 2A
nzeiger und Königlich Preußischen
Berlin, Freitag, den 11. Januar
S
—
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 11. Januar. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (22.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die erste Berathung des Entwurfs einer Landgüter⸗Ordnung für die Pro⸗ vinz Schlesien fortgesetzt. —
Der Abg. Letocha erklärte sich mit dem vorliegenden Ge⸗
setzentwurfe vollkommen einverstanden. Derselbe sei ihm sehr sympathisch. Denn die Verhältnisse in Schlesien seien wirk⸗ lich recht traurige. Subhastationen und Parzellirungen seien dort an der Tagesordnung. Im Regierungsbezirk Oppeln hätten im Jahre 1850 20 847 Grundstücke bestanden, davon seien bis 1880 1806 verschwunden. Nach den Aus⸗ führungen im Herrenhause hätten in den letzten 10. Jahren in Schlesien 15 315 Subhastationen stattgefunden, da⸗ von seien 1857 auf den größeren Grundbesitz entfallen. Recht traurig schilderten die eingeforderten Berichte der landwirth⸗ schastlichen Vereine die Verhältnisse in Schlesien. Im Kreise Lublinitz z. B. seien von 1879 — 81 150 Grundstücke zur Sub⸗ hastation gekommen, im Kreise Pleß von 1875—79 172; dort werde dem starken Ausgedinge oder dem Auszug die Schuld gegeben. In einzelnen Theilen sei der Bauer ganz sporadisch geworden, der Grundbesitz sei dort pulverisirt. Im Namen der oberschlesischen Grundbesitzer begrüße er den Entwurf mit Freuden. 5 Der Abg. Simon (Fraustadt) erklärte sich Namens der Fortschrittspartei gegen die Vorlage. Seine politischen Freunde könnten die Bedürfnißfrage für ein solches Gesetz nicht aner⸗ kennen; sie hielten die Grundstücksvertheilung für eine normale, sür eine volkswirthschaftlich richtige. Sie könn⸗ ten auch nicht zugeben, daß eine übermäßige Zer⸗ splitterung des Grundbesitzes stattgefunden, und eben so wenig anerkennen, daß in Folge der Erbtheilung der Grundbesitz erheblich zersplittert worden. Es lasse sich nicht leugnen, daß durch dieses hier vorgeschlagene Verfahren ein Theil der jetzigen Anerben zu Tagelöhnern herabgedrückt, und das Proletariat dadurch vermehrt werde. Die bedenk⸗ lichste Seite der Sache aber sei, daß der Zwist in die Familie hineingetragen werde, der noch an Schärfe zunehmen müsse, wenn dem Besitzer das Recht zustehe, seine Wirthschast in der Höferolle zu jeder Zeit löschen zu lassen. In der That würden die Konservativen durch diesen Gesetz⸗ entwurf ihren wahren Zweck nicht erreichen, dazu müßten sie unter Verleugnung der ganzen Agrargesetzgebung den Bauer wieder an die Scholle festnageln — das sei die eigentliche hinter den Kulissen spielende Absicht. Möge der Gesetzgeber doch den Grundsatz beherzigen, daß der Grundbesitz eine Waare sei, wie jede andere, auf die der Satz „von Gottes Gnaden“ schwerlich Anwendung finden dürfe.
Hierauf ergriff der Minister für Landwirthschaft, Do⸗ mänen und Forsten, Dr. Lucius, das Wort:.
Meine Herren! Die prinzipielle Seite dieser Vorlage ist bei der Berathung über die westfälische Landgüterordnung nach allen Seiten erschöpfend diskutirt worden und meines Erachtens auch präjudiziell für diese Vorlage entschieden worden. Nachdem man dort sich dahin entschieden hat, daß das Institut einer besonderen Intestatordnung in diesem Sinne nicht für die Provinz Westfalen einzuführen sei, stand es folgerichtig fest, daß das für die übrigen Provinzen in derselben auch entschieden sei. Die Regierung hat also lediglich den damals dem Antrage des westfälischen Landtags gegenüber eingenommenen Standpunkt festgehalten, daß sie soweit, wie es bereits durch das hannöversche Gesetz geschehen war, in derselben Weise auch Fürsorge treffe für die ungetheilte Vererbung des ländlichen großen und kleinen Grundbesitzes. Ganz wie jetzt, so hat auch damals das Obergericht in Hamm sich gegen den Gesetzentwurf der Regierung, welcher die Landgüterrolle der Regierung will, ausgesprochen, es tritt also auch in dieser Beziehung durchaus kein Novum hervor, das nach irgend einer Seite hin befremden könnte. Die Königliche Staats⸗ regierung hat den Standpunkt eingenommen, daß sie, indem sie die Tendenz theilt, die sich ausspricht für die Konservirung des länd⸗ lichen mittleren Grundbesitzes, daß sie dem entgegenkommen will, soweit sie irgend kann. Sie hat sich von diesen Maß⸗ nahmen nicht abhalten lassen, durch die entgegenstehenden Gutachten der Obergerichte damals wie jetzt. Ich kann es dem Herrn Justiz⸗ Minister nur Dank wissen, daß er diesem Gutachten gegenüber, die gewiß ein großes Gewicht grade in seinem Ressort haben müssen, daß er trotzdem geglaubt hat, den Wünschen der ländlichen Bevölkerung nach dieser Richtung hin entgegenkommen zu müssen, wie es damals geschehen ist, und wie es jetzt für die Provinz Schlesien auch geschieht. Die gleichartige gesetzliche Regelung haben wir inzwischen vereinbart für Westfalen, für Lauenburg, für die Provinz Brandenburg, und schlagen dies auch jetzt vor für die Provinz Schlesien. Genau wie es für Westfalen gelegen hat, liegt es auch in anderer Beziehung mit der gegenwärtigen Vorlage; es haben sich alle die übrigen Instanzen zu Gunsten der Landgüterrolle ausgesprochen, es hat der Frbdin sal⸗Landtag mit allen gegen eine Stimme sich zu Gunsten dieser Institution ausgesprochen, es haben die betheiligten Regierungen sich in demselben Sinne ausgesprochen, es hat sich der Provinzialausschuß in demselben Sinne ausgesprochen. Auch ist das Gutachten, welches bereits citirt worden ist, von dem Justiz⸗Rath Schneider, keineswegs eine laue Befürwortung dieses Instituts, son⸗ dern wie ich durch ein Citat aus seiner Rede im Prooinzial⸗Landtage ausführen könnte, sogar eine sehr lebhafte, warme Befürwortung.
Die Regierung thut also hier weiter nichts, als daß sie dem Wunsche des Provinzial⸗Landtages entgegenkommt in gleicher Weise wie in anderen Provinzen geschehen und ich kann deshalb auch meiner⸗ seits, ohne noch wiederholt auf die prinzipielle Seite dieser Frage ein⸗ zugehen, dem hohen Hause nur anempfehlen, diese Vorlagen mit dem gleichen Wohlwollen wie die frühere Vorlage zu behandeln und daß Sie auch dieser Ihre Bestätigung nicht versagen mögen. B
Der Abg. Dr. Windthorst entgegnete, selbst auf die Gefahr hin, vom Abg. Simon als ein an der agrarischen Krankheit Leidender betrachtet zu werden, müsse er die Vor⸗ lage nach seiner innersten Ueberzeugung aufs Lebhafteste befürworten. Für ein Staatswesen sei der Besitz eines kräftigen Bauernstandes eine Kardinalfrage, und leider scheine es, als ob in den alten preußischen Provinzen unter der Herrschaft des Landrechts die Theilung des Grundbesitzes bis zu minimalen Größen einen erschreckenden Umfang erreicht
habe, und als ob selbst die Anschauungen eines großen
Theils der Bevölkerung in dieser Beziehung schon so ver⸗ seien, daß es schwer sein werde, auf die
altdeutschen Grundsätze zurückzukommen. Er habe bedauert, daß bezüglich Westfalens dem ursprünglichen
Antrage nicht entsprochen sei, dort habe man zur Erhaltung des Grundbesitzes viel gründlicher vorgehen wollen, und zwar nicht etwa in Ansehung der Großgrundbesitzer, im Gegentheil auf Veranlassung der eigentlichen bäuerlichen Bevölkerung, die wisse, worauf es ankomme! Er seinerseits hätte gewünscht, daß man auch in Hannover den Wünschen der bäuerlichen Bevölkerung noch weiter entgegengekommen wäre. Er habe in Hannover noch nicht gehört, daß ein Besitzer seinen Hof wieder aus der Rolle hätte streichen lassen. Die ganze Misére in Frankreich habe seinen Grund in der Pulverisirung des Grundeigenthums, und wenn nicht ein Einhalt gethan werde, werde man auch in Deutschland sehr bald dahin kommen. Die Verschuldung des Grundbesitzes liege zum großen Theile in der gleichen Erbtheilung. Den Aus⸗ führungen des Abg. Meyer gegenüber betone er, daß hier am allerwenigsten das manchesterliche laisser aller am Plaͤtze sei. Was die Vorlage wolle, sei das Minimum des Erforderlichen; er mache indeß daraus der Staatsregierung keinen Vorwurf, daß sie nicht mehr geboten habe, der Justiz⸗ Minister habe vielmehr einen großartigen Standpunkt der engherzigen Auffassung der altländischen Juristen gegenüber eingenommen, die am Landrecht mit seiner demokratischen Grundlage hingen. Wenn in Schlesien alle Regierungsbehör⸗ den und der Landtag für den Entwurf seien, so ständen sie den Dingen eben näher, als die Richter hinter ihren Tischen. Was der Entwurf enthalte, sei nur die Befugniß für den Grundbesitzer, in der einfachsten und billigsten Form ein Testament zu machen. Eintragung wie Löschung erfolgten ganz nach freier Entschließung des Landmanns, des Grund⸗ besitzers, ohne Kosten, ohne Stempel, aber die Gegner des Ge⸗ setzes schienen den Stempel behalten zu wollen. Endlich könne man selbst nach der Eintragung noch durch Kodizill von den gesetz⸗ lichen Bestimmungen abweichende Anordnungen treffen. Alles ohne Kosten, während diese doch z. B. bei Fideikommissen nicht unerheblich seien. Hoffentlich werde auch bald den hannöverschen Großgrundbesitzern ein gleicher Vortheil gewährt. Diejenigen, die gegen das Gesetz angingen, wollten eben die absolute Theilbarkeit des Grundbesitzes; er werde für das Gesetz stimmen in der Hoffnung, daß, wenn in der Bevöl⸗ kerung eben durch die Wirkungen dieses Gesetzes konservativere Gesinnungen sich wieder zur Geltung gebracht haben würden, noch festere Bestimmungen bezüglich der Erbfolge getroffen würden. Das Gesetz sei von eminenter sozialer Bedeutung und er bitte um Annahme dieses Gesetzes nach gründlicher Kom⸗ missionsberathung.
Die Diskussion wurde geschlossen.
Persönlich bemerkte der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa, der Abg. Dr. Meyer habe ihm imputirt, er ver⸗ stände wohl unter einer gewissenlosen Agitation jede, die sich gegen seine politische Ueberzeugung richte. Das sei nicht der Fall; eine offene und ehrliche Agitation vertrage er sehr gern. Er verstehe unter einer gewissenlosen Agitation die⸗ jenige, welche wider besseres Wissen dem Gegner Dinge unter⸗ schiebe, an die derselbe nicht gedächt habe.
Der Abg. Parisius bedauerte, nach dem Schluß der Dis⸗ kussion auf die Provokation des Abg. Dr. Windthorst sachlich nicht mehr erwidern zu können, und verwahtte sich gegen den wider ihn erhobenen Vorwurf der Unkenntniß der einschlä⸗ gigen Verhältnisse.
Die Vorlage wurde darauf nach einer kurzen Replik des Abg. Dr. Windthorst einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.
Darauf trat das Haus in die erste Berathung des Ent⸗ wurfs einer Jagdordnung. Derselbe ist aus dem Herren⸗ hause mit mannigfachen Aenderungen des Regierungsentwurfs beim Abgeordnetenhause eingegangen. Diese Aenderungen beziehen sich hauptsächlich auf die Sonntagsjagd, den Jagd⸗ schein, die Schonzeit und die Größe des Jagdterrains.
In der General⸗Diskussion bemerkte der Abg. Dr. Frei⸗ herr von Schorlemer⸗Alst, er habe, wenn er das von der Staatsregierung dem Hause vorgelegte Material überschaue, den Eindruck erhalten, daß das Haus es in der gegebenen Zeit nicht werde bewältigen können. Dann sei er auch, obwohl er das Bemühen und die gute Absicht des Ministers anerkenne, der Ansicht, daß dieser Entwurf nicht Gesetz werden werde. Er glaube nämlich, daß die Vorlage, wie sie vom Herrenhause zurückgekommen sei, hier nicht zur Annahme gelangen werde, ebenso wie sie in der Form, welche ihr das Abgeordneten⸗ haus voraussichtlich geben werde, schwerlich vom Herrenhause angenommen werden dürfte. Als einziger Punkt der Vereinbarung würde eine kleine Erhöhung des Jagdschein⸗ preises übrig bleiben. Im Uebrigen glaube er, daß der Wild⸗ stand in Deutschland nicht so ruinirt sei, wie vielfach ange⸗
eben werde, derselbe sei vielmehr recht gut, ja es sei onstatirt, daß derselbe in diesen Jahren sogar weit besser gewesen sei, als in früheren Jahren. In spezielle Details möchte er weiter nicht eingehen, aber doch noch einige Kar⸗ dinalpunkte berühren. Die vorliegende Materie sei äußerst schwer zu behandeln, weil nämlich die „Passion“ dabei eine Rolle spiele. Wo die Passion des Jägers in Betracht komme, da trete auch eine ganz andere Anschauung in den Vordergrund, als die, welche der Grundbesitzer in erster Linie zu vertreten abe. bah man in Rücksicht auf die obwaltenden großen Unterschiede und divergirenden Interessen besser gethan hätte, dem Hause ein Gesetz vorzulegen, das alle die Punkte ent⸗ halte, welche sich leicht durch die ganze Monarchie hindurch gleichmäßig reguliren ließen, und daß man alle anderen Punkte der Provinzial⸗Gesetzgebung vorbehalten hätte. Die Landesvertretung habe die Pflicht, die Interessen des Wild⸗ standes mit denen des Grundbesitzes in Einklang zu bringen. Das alte Gesetz habe 30 Jahre lang existirt, man habe sich daran gewöhnt und es werde vielfach gesagt, daß es am Besten gewesen wäre, dies alte Gesetz zu konserviren. Jeden⸗ falls dürfte an der Bestimmung, daß das Jagdrecht an den eigenen Grund und Bodengebunden sei, also an eine Bestimmung, welche ein prinzipielles Recht enthalte, nichts geändert werden. Es könnte sich also nur um die Ausübung des Jagdrechts handeln, und es sei selbstverständlich, daß nicht jeder auf seinem Stückchen Land schießen dürfe, da das den Wildstand
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Er könne sich nun schwer der Ansicht verschließen,
ruiniren und lebensgefährlich für das Publikum sein würde. Man müsse aber auch an der im Gesetz von 1850 festgesetzten Minimalgrenze eines Besitzes von 300 Morgen für das Recht zur Ausübung der Jagd festhalten; denn das sei nun ein seit 30 Jahren in die Gewohnheit übergegangenes Recht. Die Besitzer dieser Minimalfläche seien einmal in das Recht der Jagdausübung eingetreten; es sei ihr gutes Eigenthum; und dasselbe jetzt verändern, heiße eine große Anzahl Jagd⸗ berechtigter aus ihrem eigenthümlichen Recht hinaus⸗ werfen, oder einen unter allen Umständen unzulässigen Rechts⸗ bruch herbeiführen. Eine Abänderung in diesem Punkt mache für ihn das ganze Gesetz unannehmbar. Die fernere Bestim⸗ mung des Gesetzes von 1850, daß Grundstücke unter 300 Morgen, die einen isolirten Hof ganz oder theilweise um⸗ gäben, durch den Besitzer von der Ausübung der Jagd aus⸗ geschlossen werden könnten, involvire ebenfalls nur ein natür⸗ liches Recht des Besitzers. Er meine, das Ausschlußrecht müsse im bisherigen Umfange bestehen bleiben, schon deshalb, weil das Eigenthumsrecht höher stehe, als das Interesse eines guten Wildstandes. Daß nach dem neuen Gesetz die bestehenden Jagdpachtverträge am 1. April des auf die Verkündung fol⸗ genden Jahres außer Kraft treten sollten, halte er für absolut unzulässig. Es wäre das ein ganz unstatthafter Eingriff in das Privatrecht, welcher auch zahllose Unzuträglichkeiten und Prozesse im Gefolge haben würde. Er erinnere nur an den Fall, wo eine Gemeinde ihre Jagd etwa an eine aus⸗ ländische Jagdgesellschaft verpachtet und das Pachtgeld bereits empfangen habe. Was den Wildschaden betreffe, so sei er grundsätzlich der Meinung, daß, wer sich einen schönen Wild⸗ stand halten wolle, auch dafür den entsprechenden Wildschaden bezahlen könne. Allerdings sei die Frage nicht leicht zu regeln, besonders bei solchem Wild, welches wie das Schwarz⸗ wild, nicht Stammwild sei. Jedenfalls bedürfe die Frage der eingehendsten Prüfung, da gerade die ärmere Bevölkerung vom Wildschaden am meisten betroffen werde. Die im Ent⸗ wurf vorgeschlagenen Schutzmaßregeln gegen Wildschaden seien viel energischer, als die bestehenden, und könnten eventuell recht ersprießlich wirken. Die Verpachtung der Jagd durch Meist⸗ gebot, wie sie vorgeschlagen sei, halte er im Allgemeinen fürrichtig: die vorgeschlagene Vertheilung des Jagdpachtgeldes sei aber mangelhaft und bedürfe noch der kommissarischen Prüfung. Die jetzige Gebühr für den Jagdschein von 3 ℳsei allerdings viel zu niedrig; indeß dürften 10 oder 15 ℳ statt der vor⸗ geschlagenen 20 ℳ genügen. Die Bestimmungen des Ent⸗ wurfs über das Tödten von Hunden und Katzen seien zumm Theil nutzlos; auch manche Strafbestimmungen zu milde. Ohne die durch das Herrenhaus in den Entwurf aufge⸗ nommene Sonntagsruhe wäre das Gesetz für ihn ebenfalls unannehmbar. Er verwerfe die Sonntagsjäger in ihren ver⸗ schiedensten Kategorien sammt und sonders. Er wünsche, daß die Vorlage möglichst gründlich in einer Kommission von 21. Mitgliedern geprüft werde, da die Regierung jedenfalls bean⸗ eee dürfe, die Meinung des Hauses über die Vorlage zu ören.
Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, er habe sich ursprüng⸗ lich gegen die Vorlage einschreiben lassen, weil er den Grund⸗ prinzipien in fast ausnahmsloser Uebereinstimmung mit seinen Parteigenossen nicht zustimmen könne, aber er glaube, es sei gut, die Neugierde der linken Seite über die Stellung der Konservativen sobald als möglich zu befriedigen, und darum habe er sich umschreiben lassen, denn seine Partei sei ja nicht prinzipiell gegen ein Jagdgesetz, sondern sie wolle nur die Ver⸗ söhnung der Gegensätze im Interesse des Grundbesitzes. (Lachen links.) Es sei ihm außerordentlich angenehm, daß die Linke über die Worte „Interesse des Grundbesitzes“ lache. Auch der Abg. Parisius vertrete allerdings nicht die Interessen des Grundbesitzes, ausgenommen in Eisenach. Die konser⸗ vative Partei erkenne damit die Nothwendigkeit einer Aenderung des bestehenden Jagdgesetzes von 1850 an. Durch gerichtliche Interpretation dieses Gesetzes sei das Jagd⸗ gebiet nicht geschlossen auf 300 Morgen, sondern als Konglo⸗ merat von 10 bis 12 Morgen statuirt. Das sei ein großer Uebelstand. Ein weiterer sei die gerichtliche Entscheidung, wo⸗ nach die Ortsgemeinden in den östlichen Provinzen bei Ab⸗ schluß der Jagdpachtverträge einstimmig sein müßten. Bei Differenzen über die Jagdverpachtung zwischen dem Schulzen und den Schöffen sei die Aufsichtsbehörde gezwungen, den einen widersprechenden Theil zu hören und ihn im Wege des Diszi⸗ plinarverfahrens anzuhalten, den Jagdpachtvertrag zu unter⸗ schreiben, wenn seine Gründe nicht stichhaltig seien. Sonst würde kein Vertrag zu Stande kommen. Da nun die Leute sich lieber aus dem Amte disziplinarisch entfernen ließen, als den Vertrag zu unterschreiben, so könne die Jagd wegen des Widerspruches eines Schöffen 1—1 ½ Jahre unverpachtet bleiben. Ebenso unhaltbar sei die völlige Souveränität der Ortsbehörde dar⸗ über, ob sie öffentlich oder freihändig verpachten, und welchen Pachtschilling sie fordern wolle. Die öffentlichen meistbieten⸗ den Verpachtungen, welche dieses Gesetz vorschlage, seien allerdings ein zweischneidiges Schwert. Vielleicht ließe sich ein Mittelweg zwischen dem früheren und dem jetzigen Gesetze herstellen. Ein fernerer Uebelstand sei die Billigkeit des Jagdscheins, wodurch die Jagdleidenschaft sich auch kleiner
eute, wie Tagelöhner, Hausbesitzer auf Kosten ihrer Wirth⸗ schaft und ihrer Gesundheit in bedauerlicher Weise bemächtigt habe. So wünschenswerth also eine Aenderung des bisherigen Gesetzes sei, so lasse sich doch nicht verkennen, daß der Minister weniger als Landwirthschafts⸗ denn als Forstwirth⸗ schafts⸗Minister an die Vorlage gegangen sei. In den meisten Punkten stimme er (Redner) mit dem Abg. von Schorlemer
überein. Die Abschließung des Jagdgebietes auf 300 Morgen billige er, warum habe man aber 400 Morgen daraus ge⸗ macht? Unter den 300 Morgen Besitzenden befänden sich alle diejenigen selbständigen Gutsbesitzer, die ein ursprüngliches Jagdrecht auch auf fremdem Boden hätten, ferner 4000 bäuer liche Besitzer. Gegen die ersteren würde es ein Rechtsbruch sein, den Jagdbezirk auf 400 Morgen zu erhöhen, gegen die letzteren ein Eingriff in ihre landwirthschaftlichen Interessen. Auch die Einführung des sogenannten Jagdvorstandes anstatt des bisherigen Abstimmungsmodus für Schulz und Schöffen
sei keine glückliche Neuerung. Denn der Jagdvorstand würde,