1884 / 22 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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ein Verdienst von ca. 3,14 pro Tag ausreiche, um mäßige

Leute zufrieden zu stellen. Zu beachten sei ferner noch, daß Steine von den geförderten Kohlen nicht wie auf andern Zechen in Abzug gebracht würden, was gleichfalls eine Steige⸗ rung des Lohnes von 5 Proz. ausmache. Er schließe mit der Bemerk'ung, daß es nicht die Pflicht einer Partei, sondern die aller Parteien sei, nach Möglichkeit für ein gutes „Ein⸗ vernehmen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu wirken.

Der Abg. Dr. Natorp erklärte, der Abg. von Schorlemer babe im vorigen Jahre im Reichstage die Anschuldigung gegen die Bergwerksbesitzer im Allgemeinen erhoben, derselbe habe lokale Mißstände, die ihm hinterbracht worden seien, zu generalisiren versucht und behauptet, die Arbeitgeber lebten vom Schweiße ihrer Arbeiter. Dieser Ausspruch müsse doch für alle Kenner der westfälischen Verhältnisse eine bittere Ironie sein. Er stehe inmitten des Vereins und wisse, daß derselbe stets auch auf die Wohlfahrt der Arbeiter Bedacht zu nehmen bemüht gewesen sei; derselbe habe auch bereits die Zeche „Germania“ aufgefordert, sich zu verantworten; die Rechtfertiaungsschrift sei eingegangen, aber im Vorstand des Vereins für die bergbaulichen Interessen noch nicht zur Sprache gekommen. Wenn der Abg. von Schorlemer das audiatur et altera pars in Ehren halte und die Schrift lese, werde derselbe manche Dinge in anderem Lichte sehen, obwohl auch er das Vorgehen der Zeche keineswegs als ein sehr geschicktes und richtiges betrachte. Nicht nur die Kruppschen Werke in Essen hätten vorzügliche Einrichtungen; hätte der Abg. von Schor⸗ lemer bei seinem Besuch in Essen sich auch andere Werke an⸗ gesehen, so würde derselbe auch dort nur seine Anerkennung über die Einrichtungen derselben haben aussprechen können. Im Uebrigen freue er sich, daß der Abg. von Schorlemer diesmal nicht wie damals im Reichstage sich auf den Stand⸗ punkt gestellt habe: Ex ungue leonem! Diesmal habe derselbe die Verallgemeinerung seiner Anschuldigungen nicht aufrecht⸗ erhalten.

Der Abg. Dr. Frhr. von Schorlemer⸗Alst entgegnete, der Abg. Natorp habe gemeint, er hätte einen einzelnen Fall auf alle Arbeitgeber angewendet; dem sei nicht so, er habe nicht

esagt, „alle“, sondern „viele“. Ferner habe er vorhin ge⸗

agt, daß es ihm auffallend sei, daß der Verein sofort die scharfe Erklärung ihm, aber nicht der Zeche gegenüber gethan habe. Der Abg. Natorp sage, der Verein habe doch die Zeche aufgefordert, aber die Sache sei doch zu spät gekommen, sei also nicht geschehen. In vorigen Jahre sei schon der Prozeß gewesen; die Zeche „Germania“ erfreue sich wohl einer bedeuten⸗ deren Gunst als er gegenüber dem Verein. Was den Abg.

Berger betreffe, so müsse er den Vorwurf, nicht genügend in⸗

formirt gewesen zu sein, ablehnen. Denn es habe sich um

eine Stunde Arbeitszeit mehr bei demselben Lohne gehan⸗ delt. Die Zeche sei im vollständigen Unrecht, wenn sie eine

Stunde mehr fordere, denn nach den Aeußerungen der

Bergräthe Runge und Brüning sei das eine Kontraktände⸗

rung gewesen, die der Zustimmung beider Theile bedurft hätte.

Daß nur junge Leute von 19 bis 25 Jahren den Streit

begonnen haben sollten, werde durch die Alterszahlen 29,

32 u. a. richtig gestellt. Er habe nicht zu seiner Rechtfertigung

das Wort genommen, wie er schon früher bemerkt habe, er

halte es aber für seine Pflicht, dem Abg. Berger seinen Dank auszusprechen für das, was derselbe ihm am Schluß seiner

Rede gesagt habe. 3

Der Referent Abg. Dr. Hammacher erklärte, die Auf⸗ sorderung zur Verantwortung sei an die Zeche „Germania“ bereits Ende November Seitens des Vorstandes gerichtet, und im „Glückauf“ veröffentlicht worden, das Rechtfertigungs⸗ schreiben sei erst ganz kürzlich eingegangen. Der Vorstand werde unverweilt in die Prüfung eintreten.

Der Abg. Dr. Freiherr von Schorlemer⸗Alst bemerkte, dann nehme er seine Ausführungen zurück, der Verein habe hiernach korrekt gehandelt. 1

Das Kapitel wurde bewilligt, ebenso Kap. 21, Berg⸗ technische Lehranstalten (darin eine Mehrforderung von 42 844 ℳ, Vermehrung der Mittel zur Beschleunigung der geologischen agronomischen Landesaufnahme), desgleichen das Extraordinarium, darunter neu eine Forderung von 300 000 zur Fortsetzung des Abteufens eines Steinsalzschachtes bei der Saline Schönebeck.

Die Uebersicht über die Bergwerksverwaltung pro 1882/83 wurde auf Antrag des Abg. Letocha der Budgetkommission überwiesen.

Damit war der Etat der Berg⸗, Hütten⸗ und Sa⸗ linenverwaltung erledigt.

88 Darauf ergriff der Finanz⸗Minister von Scholz das

Wort:

Der Hr. Abg. Cremer hat, wie ich gehört habe, gestern bereits vor der Tagesordnung Veranlassung genommen, zu erklären, daß das⸗

enige, was er in der Sitzung vom 17. d. Mts. bezüglich eines Mit⸗

liedes der Königlichen Direktion für direkte Steuern in Berlin ge⸗ äußert hat, unbegründet sei. Es überhebt mich dieses indeß nicht der

Pflicht, meinerseits dem hohen Hause von dem Resultat der Untersuchung

Kenntniß zu geben, die ich veranlaßt habe auf Grund der speziellen An⸗

führungen, die der Herr Abgeordnete damals gemacht hatte. Der

Herr Abgeordnete hat in der Sitzung vom 17. d. Mts. gesagt:

Bevor ich daran denken konnte, daß der genannte Herr (der Regierungs⸗Rath Meitzen) das eben verlesene Aktenstück gegen mich redigiren würde, war mir bereits mitgetheilt, daß er bei der Ein⸗ schätzung nur hinsichtlich seines Gehalts mit 144 Staatssteuer ver⸗ anlagt sei. Ferner wurde von derselben Seite behauptet, der betreffende Herr befäße eine sehr respektable Villa mit einer höchst luxuriösen Wohnung, und das darin steckende Vermögen war bei der Ein⸗ schätzung übersehen worden.

Aunuf diese speziellen Anführungen hin war ich in der Lage, eine

Untersuchung einleiten zu können, und die Untersuchung hat ergeben,

daß diese Behauptungen unbegründet sind.

1 Bei der Veranlagung des Regierungs⸗Raths Meitzen zur Ein⸗ kommensteuer ist das ihm gehörige Haus Lützowplatz 6, wie das Einschätzungskataster und die betreffenden Akten klar ergeben seit Erbauung dieses Hauses im Jahre 1875 stets berücksichtigt worden. Behufs Ermittlung des Feuerkassenwerthes und Feststellung des Miethsertrages ist wiederholt bei dem Magistrat Nachfrage ge⸗ halten, und in mehreren Jahren haben genaue Berechnungen über das Einkommen des Regierungs⸗Raths 11“ einschließlich des Nutzungswerths des gedachten Haufes der Einschätzungskommission vorgelegen. Auch trifft die Anzabe nicht zu, daß der Regierungs⸗ Rath Meitzen mit nur 144 Staatssteuer veranlagt sei; der⸗ selbe zahlt in diesem Jahre wie im vorhergehenden eine höhere Einkommensteuer.

Im Uebrigen habe ich dem Hrn. Abg. Cremer anheimgestellt, das Material, welches er bepüglich der Berliner Steuereinschätzungen hinter sich zu haben erklärte, und welches er der kompetenten Be⸗ hörde zur Verfügung stellen wallte, mir demnächst vorzulegen, um zu erfahren, ob ich dadurch die Moglichkeit und Veranlassung zu einer weiteren Untersuchung erhalte.

(Der Abg. Cremer war während dieses Theils der Sitzung im Hause nicht anwesend.)

*⁴

Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, der F Cremer, welcher der konservativen Fraktion nicht angehöre, sondern zu derselben nur im Verhälkniß eines Hospitanten stehe, habe die erwähnten Aeußerungen ohne Vorwissen der Partei ge⸗ than. Nach den eben gehörten Mittheilungen des Ministers, wonach sich jene Behauptungen als unbegründet herausgestellt hätten, erkläre er im Namen der Partei, daß dieselbe das Vorgehen des Abg. Cremer nicht billigen könne. 1

8 vertagte sich das Haus um 4 Uhr auf Freitag 11 r.

Das Protokoll der ersten Sitzung des Volks⸗ wirthschaftsraths lautet: Berlin, den 22. Januar 1884.

Zufolge Beschlusses des Staats⸗Ministeriums fand heute, Nachmittags 1 Uhr, die erste Sitzung des Volkswirth⸗ schaftsraths statt, zu welcher sämmtliche Mitglieder ein⸗ geladen waren. 8 8

Seitens der Staatsregierung waren erschienen: 8 der Staats⸗Minister von Boetticher, als Vorsitzender, der Direktor im Reichsamt des Innern Bosse und

die Geheimen Regierungs⸗Räthe Bödiker und Gamp

aus dem Reichsamt des Innern, sowie

der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Thiel und der

Geheime Regierungs⸗Rath Freytag aus dem Mi⸗ nisterium für Landwirthschast, Domänen und Forsten.

Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, indem er den Erschienenen den Dank der Staatsregierung dafür ausspricht, daß sie es nicht abgelehnt haben, sich von Neuem an der Berathung eines Gesetzentwurfs zu betheiligen, welcher für das soziale Leben von der größten Wichtigkeit sei. Die Staatsregierung wisse die Opfer zu schätzen, welche die Mit⸗ glieder an Zeit und Kraft bringen, und bedauere, nicht in der Lage zu sein, für diese Opfer die übliche Vergütung zu gewähren. Um so mehr erkenne sie die Bereitwilligkeit an, mit welcher die Mitglieder erschienen seien, und sie hege die sichere Erwartung, daß die Berathungen ihr ein reiches und lehrreiches Material zur Benutzung für die Gestaltung des Gesetzes gewähren werden.

Hierauf macht der Vorsitzende der Versammlung von dem inzwischen erfolgten Ableben zweier Mitglieder, nämlich des Kommerzien⸗Raths Lobeck und des Kommerzien⸗ Raths Wesenfeld Mittheilung und ersucht die Anwesenden, sich zur Ehre des Andenkens der Verstorbenen von den Sitzen zu erheben. 1“

An Stelle der Genannten sind von Sr. Majestät dem Könige der Fabrikbesitzer Dr. Grüneberg zu Kalk und der Kommerzien⸗Rath Dr. Websky zu Wüstewaltersdorf in den Volkswirthschaftsrath berufen und Seitens der zuständigen Minister der Sektion für Handel überwiesen worden. Der Vorsitzende weist darauf hin, daß die Sektion für Handel für den permanenten Ausschuß an Stelle der ausgeschiedenen Mit⸗ glieder Neuwahlen vorzunehmen habe werde, falls sie nicht damit einverstanden sein sollte, daß die neu eingetretenen Mitglieder ohne Weiteres in die Stellen der Ausgeschiedenen treten. Gegen letzteren Vorschlag erhebt sich kein Widerspruch.

Mehrere Mitglieder haben angezeigt, daß sie an der Theilnahme an den Sitzungen des Volkswirthschaftsraths be⸗ hindert sind, und zwar

Graf Henkel von Donnersmarck, Werkmeister Mithaupt, Eisensormer Kamien, Schuhmacher⸗ meister Glodny, Zimmerpolier Kruszinski, Arbeiter Trieloff, Kaufmann Gamm, Ritter⸗ gutsbesitzer Albrecht, Tischlermeister Bittmann,

Gutsbesitzer Cramer, Fabrikbesitzer Kauffmann für die ganze Dauer der Session, Rittergutsbesitzer von Nathusius für die Sitzungen des permanenten Ausschusses, 1

Geheimer Kommerzien⸗Rath Jaffé, Gutsbesitzer Weg⸗ mann, Kommerzien⸗Rath von Born und Ge⸗ heimer Kommerzien⸗Rath Mevissen bis auf Weiteres,

Freiherr von Hammerstein für zwei Tage,

Kommerzien⸗Rath Frentzel⸗Beyme, Bergrath von

die heutige Sitzung.

Der Vorsitzende richtet an die Stellvertreter der Ge⸗ nannten das Ersuchen, für die behinderten Mitglieder an den 1. Sitzungen des permanenten Ausschusses Theil zu nehmen.

Für die Berathungen des Volkswirthschaftsraths liegt bis⸗ her nur eine Vorlage vor, nämlich die Grundzüge für den Entwurf eines Gesetzes über die Unfallversicherung der Arbei⸗ ter, welche den Mitgliedern gleichzeitig mit der Einladung zu den Sitzungen des Volkswirthschaftsraths bereits zuge⸗ gangen sind.

Als Kommissarien der Staatsregierung werden an den Verhandlungen Theil nehmen:

die Geheimen Regierungs⸗Räthe Bödiker und Gamp

aus dem Reichsamt des Innern, und

die Geheimen Regierungs⸗Räthe Dr. Thiel und Frey⸗

tag aus dem Ministerium für Landwirthschaft, Do⸗ mänen und Forsten. Als Protokollführer werden fungiren: die Regierungs⸗Räthe Freiherr von Lerchenfeld und von Woedtke, und 8 die Regierungs⸗Assessoren Dr. Hopf und Wermuth. Mehrere eingegangene Drucksachen, nämlich: Statuten der Innungs⸗Nebenkasse der Innung geprüfter Maurer⸗ und Zimmermeister zu Leipzig, Revidirtes Statut der Allgemeinen Baugewerken⸗Unfall⸗ Genossenschaft zu Leipzig, und eine Petition der letzterwähnten Genossenschafter, betreffend die Mängel des Haftpflichtgesetzet‧, liegen zur Einsicht der Mitglieder aus.

Bezüglich der geschästlichen Behandlung der Vorlage bemerkt der Vorsitzende, daß es nach der Geschäftsordnung nicht ausgeschlossen sein würde, von Berathung der Vorlage im permanenten Ausschuß ganz abzusehen und ausschließlich im Plenum zu verhandeln. Sollte sich im Laufe der Ver⸗ handlungen das Bedürfniß ergeben, so würde immer noch eine Berathung im permanenten Ausschuß, sei es über einzelne Fragen, sei es über den ganzen Entwurf, eintreten können.

Nachdem Hr. Dr. Jansen und Hr. Leuschner sich dafür ausgesprochen, die Vorlage ausschließlich im Plenum zu berathen, beschließt die Versammlung demgemäß.

Auf Vorschlag des Vorsitzenden, dem sich Hr. Herz anschließt, wird alsbald in die allgemeine Berathung eingetreten.

Der Herr Regierungskommissar, Geheime Regierungs⸗

Rath Bödiker, erläutert zunächst die Abweichungen der vor⸗

Velsen und Rittergutsbesitzer von Herford für

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liegenden Grundzüge gegen den Gesetzentwurf des Jahres

1882 und geht dabei insbesondere auf die Verengerung des Kreises der zu versichernden Personen, die neue Organisation der Versicherung, den Wegfall eines Reichszuschusses, die ver⸗ mehrte Kompetenz der Arbeiterausschüsse, die Festsetzung der Entschädigung durch die Sektionsorgane in minder wichtigen und eiligeren Fällen, die Zulässigkeit des Rekurses gegen die Entscheidungen der Schiedsgerichte in wichtigeren Fällen, sowie auf die Errichtung eines Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamts ein, dessen Organisation auf dem Boden der Selbstverwaltung die thunlichste Wahrung aller in Be⸗ tracht kommenden Interessen sicherstellen solle. In der erst⸗ erwähnten Beziehung bemerkte der Herr Kommissar, daß die land⸗ und forstwirthschaftlichen Arbeiter schon deshalb in dem Entwurfe keine Berücksichtigung sinden konnten, weil auch das inzwischen erlassene Krankenkassengesetz ihre Verhältnisse der statutarischen Regelung überläßt, also für die ersten 13 Wochen der Fürsorge es an einem bestimmt vorhandenen Subjekte fehlen würde. b * Die Weglassung der Werften in Ziffer 1 der Grundzüge sei nicht von erheblicher praktischer Bedeutung, da diese Be⸗ triebe, soweit sie irgendwie von Bedeutung sind, dem in den Grundzügen aufgestellten Begriffe der Fabriken unterfallen würden; ebenso werde der Fortfall des Baugewerbes nicht den Ausfall der in Bauhöfen beschäftigten Arbeiter, sofern mindestens zehn Personen auf dem Bauhofe regelmäßig be⸗ schäftigt seien, zur Folge haben. 8 Bezüglich des Wegfalls der in Motorenbetrieben beschäf⸗ tigten Arbeiter, sofern in dem Betriebe nicht mindestens drei versicherungspflichtige Personen arbeiten, sei zu bemerken, daß es im Reichszebiete nach den Ermittelungen der Berufs⸗ statistik zwar ca. 50 000 Motorenbetriebe gebe, in denen nur ein oder zwei Arbeiter beschäftigt seien, gegen 35 000 Mo⸗ torenbetriebe, in welchen drei oder mehr Arbeiter beschäftigt würden (die also unter das Gesetz fallen sollen). Der Fortfall der ersteren Kategorie von Motorenbetrieben schließe indeß nur etwa 60 000 Arbeiter von der Versicherung aus, während in den nach dem Entwurf versicherungspflichtigen Unternehmungen, deren insgesammt etwa 60 000 übrig blieben, ein paar Millionen Arbeiter Beschäftigung finden. 1 Die in den Grundzügen sich findende Beschränkung der persönlichen Haftung des Betriebsunternehmers der Genossen⸗ schaften gegenüber auf diejenigen Fälle, in welchen demselben eine „vorsätzliche“ Herbeiführung des Unfalls nachgewiesen sei, werde am zweckmäßigsten erst in der Spezialberathung zu er⸗ örtern sein. 5 b Hr. Kalle erklärt sich gegen den Entwurf, obgleich er in vielen Punkten mit demselben einverstanden ist. Vor Allem bedauert Redner die Einschränkung des Kreises der zu ver⸗ sichernden Personen. Wolle die Regierung noch weitere sozial⸗ politische Aufgaben lösen und sich nicht etwa auf den Ausbau des Haftpflichtgesetzes beschränken, so halte er ein Zurückgehen in dieser Beziehung für verfehlt, zumal da sich bislang bei allen betheiligten Faktoren eher eine Neigung zur Aus⸗ dehnung der Wirksamkeit des Gesetzes gezeigt habe. Nament⸗ lich halte er die Weglassung der Bauarbeiter schon um deswillen für ungerechtfertigt, weil hinsichtlich derselben das sonst wohl geltend gemachte Bedenken der ausländischen Konkurrenz gerade fortfalle, und weil schon jetzt die Bauarbeiter auf Grund des gemeinen Rechts, des Allgemeinen Landrechts und vornehmlich in den Rheinlanden auf Grunde des Code Napoléon beständig mit Schadensersatz⸗ ansprüchen aus Unfällen gegen die Unternehmer hervorträten. Das Fallenlassen des Reichszuschusses begrüßt Redner mit Freude. Bezüglich der Organisation des Versicherungswesens steht derselbe zwar nach wie vor auf dem Standpunkte, daß es jedem zu überlassen sei, wo er versichern wolle, und daß eine Zwangsversicherung nur subsidiär einzutreten habe. Da er indeß für diese Anschauung auf eine Majorität in dieser Versammlung nicht rechnen könne, so erkenne er vom Standpunkte der Vorlage aus an, daß die in Aussicht genommene genossenschaftliche Organisation einen wesent⸗ lichen Fortschritt gegen den früheren Entwurf bedeute; doch bezweifle er, ob diejenigen Genossenschaften, welche erst auf Grund dieses Gesetzes neu zu schaffen seien und sich nicht an

die bereits bestehenden Vereinigungen anlehnen können, sehr

lebensfähig sein werden, und ob man eine ausreichende Zahl von Personen finden werde, welche die den Unternehmern zu⸗ gewiesene Aufgabe befriedigend zu lösen vermögen. Redner befürwortet schließlich an Stelle der Einziehung der effektiven Auslagen des Vorjahres die Erhebung von Deckungskapitalien, zu welcher auch der subsidiäre Reichszuschuß dränge; man ver⸗ meide dadurch unerwünschte Schwankungen und Anschwellungen der Beiträge und die ungerechtfertigte Heranziehung neu ein⸗ tretender Industriezweige.

Hr. Dr. Jansen hofft auf das Zustandekommen des Gesetzes, obwohl er in verschiedener Beziehung Bedenken zu erheben hat. Die vorgeschlagene Bildung der Berufsgenossen⸗ schaften werde in der Praxis auf Schwierigkeiten stoßen, welche sich beseitigen ließen, wenn zunächst in den einzelnen Verwaltungs⸗ oder Handelskammerbezirken die Korporationen gebildet und sodann zu einem Genossenschaftsganzen zusam⸗ mengefaßt würden. Daß der Entwurf in wesentlich reduzirter Gestalt gegen die früheren Vorlagen auftrete, bedauere er, namentlich den Ausschluß der Baugewerbe und derjenigen Betriebe, bei welchen die Unfallgefahr vielfach weit größer sei als bei vielen Fabrikbetrieben, namentlich bei der um⸗ fangreichen Textilindustrie; auch bedauere er den Ausschluß der Landwirthschaft, obschon er einsehe, daß sie in den Rah⸗ men der gegenwärtigen Vorlage nicht eingefügt werden könnte. .

Ein gewisses Mißtrauen gegen die Unternehmer finde er in der erweiterten Kompetenz der Arbeiterausschüsse, welche nicht zum Ausgleich, sondern zur Schärfung der Gegensätze dienen würden. Er würde vorziehen, daß im einzelnen Falle die Arbeiter, etwa von der Verwaltungsbehörde, ad hoc zu⸗ gezogen werden müßten. In die Schiedsgerichte hätte er gern noch einige unpartelische Vertrauensmänner aufgenommen ge⸗ sehen, entsprechend der österreichischen Gesetzesvorlage. Sehr bedauerlich sei der gänzliche Wegfall des Arbeiterbeitrages; ein wenn auch noch so kleiner Zuschuß würde aus ethischen Rücksichten von der größten Bedeutung sein. Mit dem Weg⸗ fall des Reichszuschusses sei er nicht ganz einverstanden, da es doch nicht gerechtfertigt sei, dem Unternehmer die Versicherungs⸗ lasten allein aufzuerlegen; die subsidiäre Garantie des Reichs werde in der Praxis wohl kaum wichtig werden.

Hr. Hagen bleibt bei der Anschauung, daß einfach jeder Unternehmer gezwungen werden müsse, die Arbeiter wegen der innerhalb seines Betriebes erlittenen Unfälle zu ent⸗

schädigen und sie zu diesem Zwecke bei einer Anstalt zu ver⸗

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sichern. Jedenfalls aber müsse Vorlage sein, den Arbeiter gegen die maschinellen Gefahren zu schützen, gegen die er sich selbst nicht schützen könne. Damit sei jede Einschränkung auf be⸗ stimmte Betriebe ausgeschlossen, und er könne es nur bedauern, daß in dem gegenwärtigen Entwurfe so viele Be⸗ triebe und auch die land⸗ und forstwirthschaftlichen Arbeiter keine Aufnahme gefunden hätten, der Begriff einer Fabrik willkürlich beschränkt und auch die Bauarbeiter fortgelassen seien. Leider sei auch an den Berufsgenossenschasten fest⸗ gehalten, welche fast ganz dasselbe bedeuteten, wie die Kon⸗ struktion in der Vorlage von 1882. Es werde nicht möglich sein, hierbei eine ausreichende Betheiligung, namentlich der kleineren Unternehmer zu bewirken, und es sei daher vorauszusehen, daß die Bildung der Genosseenschaft fast regelmäßig der Behörde anheimfalle, was er nicht für wünschenswerth erachte. Das projektirte Umlageverfahren werde zu den größten Mißhelligkeiten führen, da die Beiträge fortwährend und unberechenbar anwachsen würden, und da die Einziehung der Umlagen durch Krieg, Krisen oder sonstige unvorhergesehene Ereignisse erheblich alterirt werden könne. Redner ist aus diesen Gründen gegen den ganzen Entwurf; er erkennt indeß als Verbesserung an, daß den Arbeitern eine größere Betheiligung eingeräumt und daß der Reichszuschuß in Wegfall gekommen sei. Im Uebrigen werde aber doch auch die beibehaltene Garantie des Reichs von größerer Bedeutung sein, als man jetzt denke, und er würde vorziehen, statt dessen die Gesammtheit der Berufs⸗ genossenschaften eventuell eintreten zu lassen.

Hr. von Below (für den Entwurf) begrüßt es mit Freude, daß mit dem Prinzip des Haftpflichtgesetzes gebrochen werden solle, welches nur zu Erbitterungen und zum Miß⸗ trauen gegen die Rechtspflege des Landes geführt habe. In den Berufsgenossenschaften erblickt er eine Schöpfung, welche nicht nur an sich wirthschaftlich und intellektuell lebensfähig sei, sondern auch als Grundlage für die gesammte künftige soziale Gesetzgebung, namentlich auch für die Invaliden⸗ und Altersversorgung, dienen könne. Der Zwang sei hierbei gar kein Nachtheil; derselbe habe schon auf manchen Gebieten segensreich gewirkt, sei doch z. B. der Kartoffelbau in Preußen durch Gensd'armen eingeführt. Obwohl anerkannt werden müsse, daß in manchen Gegenden, namentlich am Rhein, auch ohne staatliche Einwirkung energisch vorgegangen sei, so sei es doch jetzt hohe Zeit, in eine grundsätzliche und allge⸗ meine Abstellung der sozialen Beschwerden einzutreten, um den sonst zu erwartenden Uebelständen zu steuern. Redner wünscht, daß der Raum für die Thätigkeit der Berufsgenossen⸗ schaften thunlichst erweitert werde, und die Verwaltungs⸗ behörden lediglich eine beaufsichtigende, die widerstreitenden Interessen ausgleichende Stellung einnehmen. Die eventuelle Heranziehung der Reichskasse sei nicht wünschenswerth, man dürfe hier kein Präzedens schaffen. Eher sei ein Eintreten der gesammten Berufsgenossenschaften für die etwaigen Aus⸗ fälle zu empfehlen; indeß könne man auch die Gemeinden subsidiär heranziehen, welche, wie Redner vornehmlich durch Darlegung der Verhältnisse in den östlichen Provinzen nach⸗ zuweisen sucht, gegenüber ihren bisherigen Leistungen eine derartige Garantie sehr wohl auf sich nehmen könnten.

Als einen Mangel des Entwurfes bezeichnet Redner die Weglassung eines Theiles der Arbeiter, insbesondere der land⸗ und forstwirthschaftlichen Arbeiter. Es sei einerseits bedenk⸗ lich, bei der Lösung der sozialpolitischen Aufgaben derartige große Kategorien bei Seite zu stellen, andererseits aber seien die Privatgesellschaflen, bei welchen die landwirthschaft⸗ lichen Arbeiter bisher vielfach versichert werden, nur lebensfähig, wenn sich auch die Industrie an ihnen betheilige, was nach Annahme des Entwurfes nicht mehr der Fall sein werde. Eine Schwierigkeit liege allerdings in der Definition der „ländlichen Arbeiter“; unlösbar sei die⸗ selbe indessen nicht, da man z. B. diejenigen Personen auf⸗ nehmen könne, welche „in dem größten Theile des Jahres gegen Entgelt landwirthschaftliche Arbeiten verrichten“, eventuell „solche ländliche Arbeiter, die in Betrieben mit Dampfkesseln oder Motoren beschäftigt werden“.

Die Entschädigungen seien in dem Entwurfe nur gering be⸗ messen, und es sei an eine weitergehende Versicherung bei Privat⸗ getellschaften wohl schon deshalb nicht zu denken, weil dieselben demnächst leistungsunfähig werden würden. Eine wesent⸗ liche Verbesserung sei die Einführung einer Rekursinstanz; indeß würde Redner vorziehen, als solche nicht das Reichs⸗ Versicherungsamt, welches sich mit derartigen Streitigkeiten zwischen Genossenschaft und Arbeiter nicht befassen solle, sondern eine durch den Verband sämmtlicher Genossenschaften gebildete Zwischeninstanz hingestellt zu sehen.

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Aussicht genommenen Genossenschasten würden sich auf dem Boden der bestehenden Vereinigungen leicht bilden; nur für die kleineren Industriezweige, sowie für solche Betriebe, welche eine Anlehnung an die bisherigen Gesellschaften nicht finden (z. B. Dynamit⸗ und Pulverfabriken) werde die Neubildung mit Schwierigkeiten verknüpft sein. Die Grundsätze der Vorlage würden dahin führen, daß die Unter⸗ nehmer nur noch solche Arbeiter annehmen, welche unver⸗ heirathet sind und Ascendenten nicht mehr besitzen; nament⸗ lich in letzterer Beziehung werde eine Aenderung insofern nothwendig sein, als die Versicherung sich nur auf solche Ascendenten zu erstrecken habe, welche Seitens des von dem Unfalle betroffenen Arbeiters schon unterstützt werden mußten. Eine Betheiligung der Arbeiter wünscht Redner nur bei den Schiedsgerichten; sonst würde dieselbe nur zur Verschär⸗ fung der Verhältnisse beitragen, vor Allem, wenn die Arbeiter eine Art von Polizei auf dem eigenen Werke ausüben sollen. Der eventuelle Reichszuschuß berührt den Redner unsympathisch; undwenn auchdiese Garantie nur selten von Bedeutung sein werde, so sei es doch vorzuziehen, die Gesammtheit der Industrie oder die durch den Entwurf ohnehin schon genug entlasteten Gemeinden für eventuell haftbar zu erklären. Bedauerlich sei, daß der Entwurf Reservebildungen ausschließe; es werde das zu unerwünschten Schwankungen in den Beiträgen und zu ungerechtfertigter Belastung sich neu bildender Industrie⸗ zweige führen.

Hr. Baare führt aus, daß der gegenwärtige Stand

der Eisenindustrie und in noch höherem Grade die Lage verschiedener anderer Industriezweige zu der Erwägung Anlaß bieten, inwieweit die Arbeitgeber den Anforderungen des Entwurss entsprechen können. Während bislang die Gemeinden für die hülfsbedürftigen Arbeiter eingetreten seien, solle in Zukunft die ganze Last dem Unternehmer aufgebürdet werden. Auf die Dauer werde jedenfalls die Montan⸗ und die Eisen⸗ industrie diese Belastung nicht zu tragen im Stande sein, da die Beiträge, wie Redner auf Grund der innerhalb seiner Werke gesammelten Erfahrungen nachweist, fortwährend und bis zu einer den Erträgnissen der Unternehmungen nicht mehr entsprechenden Höhe anwachsen. Diese Bedenken könne man nicht, wie mehrere der Vorredner gethan, einfach ignoriren. Es sei zu bedauern, daß die Reichsregierung, um sich über⸗ haupt die Annahme einer Vorlage zu sichern, sich derartige Modifikationen der ursprünglichen Projekte habe auferlegen müssen. Die Beseitigung des Arbeiterzuschusses hält Redner für in hohem Grade bedenklich; man möge von dem Arbeiter doch wenigstens einen fünfzehnprozentigen Beitrag verlangen. Ebenso beklage er das Fallenlassen des Reichszuschusses, welcher vor Allem auch bewirkt haben würde, daß die Behörden aus eigenem Interesse und daher mit größerem Eifer die ihnen durch den Entwurf zugewiesenen Aufgaben erfüllen und den Arbeitgebern beistehen können gegen die Simulation, welche sich leiber immer mehr bemerk⸗ lich mache. Die Organisation der Arbeiterausschüsse hält Redner für in hohem Grade bedenklich; dieselben würden dazu dienen, die sozialistischen Bestrebungen zu fördern, da jedenfalls vor⸗ nehmlich die agitatorischen Elemente in ihnen Platz finden werden, denen man durch die Organisation Gelegenheit gebe, ihre Verbindungen über ganz Deutschland auszudehnen. Er müsse davor dringend warnen und würde empfehlen, den Arbeitern eine Betheiligung an den sonstigen durch die Vorlage in Aus⸗ sicht genommenen Vertretungen zu gewähren, nicht aber selbst⸗ ständige Arbeiterausschüsse zu konstituiren. Die Bildung von Reservekapitalien hält Redner für nicht zweckmäßig und mit den Grundgedanken des Entwurfs nicht vereinbar.

Hr. Leyendecker erklärt diejenigen Bestimmungen des Entwurfs für unannehmbar, welche die Ansammlung eines Deckungskapitals für die zu zahlenden Entschädigungen nicht vorgesehen haben. Es sei kaufmännisch undenkvar, daß die Genossenschaften derart aus der Hand in den Mund wirth⸗ schafteten; dies führe dazu, daß die Beiträge sich von Jahr zu Jahr steigerten und schließlich unerschwinglich würden, und es könne nicht ausbleiben, daß in Folge dessen viele Genossen⸗ schaften ihre Zahlungen einzustellen gezwungen seien. Man müsse doch auch den Wechsel der beitragspflichtigen Personen in Betracht ziehen und überhaupt die ganze Rechnungsführung auf solidere Grundlagen stellen. Redner bedauert, daß der Kreis der zu versichernden Arbeiter so erheblich eingeschränkt sei. Daß es möglich sein werde, die Organisation so zu konzentriren, wie es die Vorlage beabsichtigt, bezweifelt Redner, indem er sich bezügliche Abänderungsvorschläge für die Spezial⸗ berathung vorbehält. Den Wegfall des Reichszuschusses könne er dagegen nur mit großer Freude begrüßen.

Der Herr Regierungskommissar, Direktor im Reichsamt

iedenen Bedenken im Einzelnen. Die in

Hr. Nose nba um ist im Allgemeinen für den Entwurf,

des Innern Bosse wendet sich, ohne vorerst auf die sonstigen speziellen Bemängelungen einzugehen, gegen den Einwurf, daß die Kategorie der zu versichernden Arbeiter durch den Ent⸗

wurf, zum Nachtheil desselben gegen die früheren Vorlagen,

zu sehr beschränkt werde. Wenn man daraus gefolgert habe, daß die Reichsregierung die gegenwärtige Vorlage den Arbei⸗ tern gewissermaßen als ein Almosen hinwerfen und sodann von den bislang verfolgten sozialpolitischen Gedanken zurück⸗ treten wolle, so sei dies durchaus unzutreffend. Die Regierung eikenne es nach wie vor als eine Pflicht des Staates und als eine berechtigte Forderung des Arbeiters an, daß die Mißstände, welche für die soziale

Lage des letzteren aus der neuerlichen Entwickelung der in⸗ dustriellen Verhältnisse erwachsen seien, ausgeglichen und die Arbeiter gegen die Gefahren, welche die weitgehende Anwen⸗ dung der Mechanik innerhalb der Betriebe herrorrufe, in ausgiebiger Weise gesichert werden. Mit Rücksicht auf die Vorgeschichte des Entwurfs sei es aber vor Allem nothwendig, zu einem Abschlusse zu gelangen, und es müsse zu diesem Zwecke da eingesetzt werden, wo sich eine Besserung als be⸗ sonders dringlich erweise. Empfehle es sich daher, bei der For⸗ mulirung des Entwurfs von möglichst klaren, ein⸗ fachen Grundlagen auszugehen und hierbei, unter Vermeidung einer Hereinziehung von Gegenständen, welche das Zustandekommen des Gesetzes gefährden könnten, an das bestehende Haftpflichtgesetz anzuknuͤpfen, so solle doch der vorliegende Entwurf keineswegs eine er⸗ schöpfende Erledigung der sozialen Reformen enthalten. Viel⸗ mehr werde nach dem Inkrasttreten des Gesetzes die Logik der Thatsachen unausbleidlich dahin führen, daß auch für die in der Vorlage nicht berücksichtigten Arbeiterkategorien ent⸗ sprechende Sicherungs⸗ und Entschädigungsvorschriften ge⸗ troffen werden. Der Entwurf sehe hiervon nur vorläufig und auch aus dem Grunde ab, weil die Zusammenfassung aller Klassen von Arbeitern unter einer einheitlichen Organi⸗ sation undurchführbar sei.

Hr. Wolff schließt sich diesen Ausführungen durchweg an und ist gleichfalls der Ansicht, daß man vor Allem aus den Prinzipien des Haftpflichtgesetzes herauszukommen suchen müsse, was nicht möglich sei, wenn man den Entwurf sogleich auf alle Arbeiter ausdehnen wolle. Die Unthunlichkeit einer Hereinziehung der ländlichen Arbeiter ergebe sich auch schon aus den Bestimmungen des Krankenkassengesetzes. Wenn man im Uebrigen der Industrie zu große Lasten auferlege, so müsse dieselbe zu Grunde gehen. Die Beiträge für die Unfallversicherung seien auch in den Zeiten zu entrichten, in welchen die wirthschaftliche Lage sich verschlechtere und mit Verlust gearbeitet werde; dieselben müßten dann also von dem Kapital genommen werden, und dies sei um so schwer⸗ wiegender, als ein großer Theil der Industriellen mit fremdem Kapital arbeite. Allerdings absorbire das Kranken⸗ kassengesetz etwa 95 Proz. aller Unfälle, die übrig bleibenden 5 Proz. aber erforderten die Leistung verhältnißmäßig bei Weitem bedeutenderer Beiträge und stellten etwa 80 Proz. aller zu leistenden Entschädigungen dar. Eine Deckung des Entschädigungskapitals zu beschaffen, sei unmöglich; es müsse vielmehr dafuͤr gesorgt werden, daß die Tilgung durch eine fortlaufende Rente erfolge. Ob nicht für Kriegs⸗ oder son⸗ stige unvorhergesehene Fälle ein kleiner Reservefonds zu bilden

sei, werde doch erwogen werden müssen. Das subsidäre Ein⸗

treten des Reichs werde indeß wohl fast nie erforderlich wer⸗ den. Der Reichszuschuß sei eine Forderung der Gerechtigkeit, um die Industrie leistungsfähig zu erhalten.

Eine sehr wesentliche Empfehlung für den Entwurf erblickt Redner darin, daß in demselben Vorschriften über die Unfallverhütung mit solchen über die Unfallvergütung organisch verbunden seien. Freiwillige Unfallsverhütungs⸗ vereine seien bislang nur in sehr geringer Anzahl vorhanden, und es würden sich solche auch in absehbarer Zeit nicht bilden. Durch systematische Durchführung derartiger Vorsichts⸗ maßregeln würden sich die Unfälle ganz erheblich vermindern.

Ein Antrag des Hrn. Leuschner auf Vertagung der Debatte wird angenommen.

Der Vorsitzende beraumt die nächste Sitzung auf

Mittwoch, den 23. Januar d. J., Vormittags 11 Uhr, an.

Persönlich bemerkt Hr. Kalle, er habe nicht andeuten wollen, daß die Regierung ihre bisherige Stellung zu den sozialpolitischen Aufgaben verlassen habe; vielmehr habe er gesagt, eine Einschränkung des Kreises der zu versichernden Personen rechtfertige sich nur dann, wenn die Regierung von einer Weiterführung der Reform absehen wolle, da sonstige Gründe für eine Modifikation des Entwurfs von 188 vorliegen. M Festgestellt in der Sitzung am 23. Januar 1884.

von Boetticher. Wermuth. Hopf.

Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗

des Neutschen Reichs⸗Anzeigers und Königlich Ureußischen Staats-Anzeigerg: Berlin SW., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.

register nimmt an: die Königliche Expedition 1. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen.

2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.

3. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen etc.

4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung - u. s. w. von öffentlichen Papieren.

[Insera e für den Deutschen Reichs⸗ und Königl) Oeffentlicher Anzeiger 8

Gresshandel. 7. Literarische Anzeigen. 9. Familien-Nachrichten.

5. Industrielle Etablissements, Fabriken und 6. Verschiedene Bekanntmachungen.

.“ 8. Theater-Anzeigen. - In der Börsen- beilage. l 88

Inserate nehmen an: die Annoncen⸗Expeditionen des „Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein & Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen⸗Bureaux.

Subhastationen, Aufgebote, Vor⸗

Aufgebot.

hat das Aufgebot des ihm angeblich verbrannten Urkunde die Depositalscheins der Lebensperfücgennchs üftnen e⸗

sellschaft Germania zu Stettin vom 15. September termine, ö Ringus 1884

Germania Nr. 111 190 v. Apri 3 bestimmt wird, bei dem unterfertigten Gerichte an⸗

S für ein ihn e h n lehs 8 zumelden und die Urkunde vorzulegen.

ber fand, gegeben bat; benntragt. Der Inhaber nicc süewieh dir Lcheicheen enelde iir Kahacs mai 1994, gte patestens in dem auf erklärt und der Inhaber der Urkunde mit

1876, inhalts dessen der Antragsteller die Polize der

Erfolgt eine den 8. Mai 1884, Mittags 12 Uhr,

Gläubiger oder dessen Ordre ausgestellter, über einen

von 85 lautender Schuldschein zu Verlust ge⸗ Der Gastwirth Johann Hirschmann zu Nürnberg gangen ist, hiemit an den Inhaber dieser

solche Anmeldung oder Vorlage

vor dem unterzeichneten Gerichte, Zimmer Irr. 53, allen seinen Rechten an dieselbe oder aus derselben überwiesen werden soll.

er oder de rdre von ihrem unbekannt wo abwesenden Bruder Fer⸗ über deren Leben seit länger als 30 Jahren keine gegen vierteljährige Kündigung zahlbaren Betrag dinand Butz beerbt worden. Der Letztere wird nun⸗ Nachricht vorhanden ist, Seitens ihres Pflegers mehr auf Antrag des ihm beigegebenen Kurators, Antrag auf Todeserklärung gestellt.

. des Postmeisters Georg Platz von Langen und seiner 2 Aufforderung, seine Ansprüche und Ehefrau, Elise Butz, geb. Peth, in Worms, hiermit Rechte an dieser Urkunde spätestens im Aufgebots⸗ aufgefordert, spätestens in dem auf

Mittwoch, den 30. April 1884, Vormittags 10 Uhr,

vor dem hiesigen Amtsgerichte anberaumten Auf⸗ gebotstermine sich über die Antretung oder Aus⸗ schlagung dieser Erbschaft zu erklären, widrigenfalls Ausschlagung darauf unterstellt und der fragliche Erbtheil seinen Kindern Ferdinand und Elise Butz

Demgemäß ergeht die Aufforderung:

1) an die vorgenannten Verschollenen, spätestens am Aufgebotstermine, welcher auf 8

Freitag, den 21. November 1884 Vormittags 9 Uhr, 3

dahier anberaumt wird, persönlich oder schrift⸗ lich bei Gericht sich anzumelden, widrigenfalls sie für todt erklärt werden; an die Erbbetheiligten, ihre Interessen im Auf⸗ gebotsverfahren wahrzunehmen; an alle Diejenigen, welche über das Leben der

anberaumten Aufgebotstermine seine Re . melden und die ÜUrkunde vorzulegen, vebe nnae die Kraftloserklärung der Urkunde erfolgen wird. Stettin, den 19. September 1883. Ksönigliches Amtsgericht

Auf Antrag des Taglöhners Johann Full in chonungen, welchem ein von der Bankfirma Lehn⸗

staedt und Schmitt in Schweinfurt unterm 22.

Mai 1883 auf den Namen des Johann Full als

ausgeschlossen werden. Schweinfurt, den 3. Januar 1884. Koöniglich bayer. Amtsgericht. Jahreiß,

(L. 8.)

5 Amtsrichter.

Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit dem Original: 8 Der k. Sekretär: Eberth. 8

isg. Aufgebot. Die am 2. Dezember 1883 zu Offenbach verstor⸗ bene Elise Butz von Bessungen ist nach Gesetz auch

8

Verschollenen Kunde geben können, Mittheilung hierüber bei Gericht zu machen. Königshofen, den 20. Januar 1884. Königliches Amtsgericht. (s 89 „Meihßner. Zur Beglaubigung: Gerichtsschreiberei des Königlichen Amtsgerichts Königshofen i. Gr. Beißler, K. Sekretär.

Offenbach, den 17. Januar 1884. Großherzogliches Amtsgericht Offenbach. gez. Schlink.

Aufgebot.

Auf Anweisung des Vormundschaftsgerichts wurde wegen der nachgenannten Personen: A. Georg Umhöfer von Kleineibstadt, geboren in den 20er Jahren, B. Angust Umhöfer von Kleineibstadt, geboren

in den 20er Jahren,

1.““