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prozesse fanden nur 3 statt, zu Posen, Kiel und Rostock. Ehe⸗
und Entmündigungssachen lagen 86 vor, und zwar ist hier Berlin mit 13, Naumburg mit 10 Fällen vertreten. Die Gesammtsumme der verschiedenartigen Prozesse für alle Ober⸗Landesgerichtsbezirke betrug 1950. — Die Zahl der anhängig ge⸗ wordenen Sachen vertheilt sich auf die Civilsenate folgendermaßen: I. 396, II. 420, III. 337, IV. 448, V. 349. — Von den ergangenen Urtheilen lauten auf Aufhebung des angefochtenen Urtheils unter urückverweisung der Sache in die frühere Instanz 320, unter Ent⸗ cheidung in der Sache selbst 112, auf Zurückverweisung oder Ver⸗ werfung der Revision 1274, wovon allein auf Berlin 270 kommen. n . veerhesehen Civilsenat hat stattgefunden in 3 Fällen. ie Zahl der mündlichen 8
Verhandlung in Sachen, welche vor den Civilsenaten — anhängig geworden sind: I. II. III. IV. v. haup
) in früheren Jahren. 83 134 119 155 129 620 2) im laufenden Jahre. 296 185 189 253 173 1096
1 und 2 zusammen 379 319 308 408 302 1716 darunter kontradiktorischhe. 361 308 292 362 280 1603
An Patentsachen (§. 32 des Patentgesetzes) waren anhängig zu⸗ sammen 33, davon sind erledigt 25, bleiben unerledigt 8. Von den Patentsachen sind durch Urtheil erledigt 20, darunter 12, in denen die angefochtene Entscheidung bestätigt ist. An anderweitigen nicht zur ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit gehörigen Sachen waren anhängig 10.
II. Strafsachen. Es waren bei den 28 Ober⸗Landesgerichts⸗ bezirken überhaupt anhängig 3569, wovon 315 überjährige, 3254 dies⸗ jährige. Unter den diesjährigen Sachen befinden sich Revisionen gegen Urtheile der Strafkammern in erster Instanz 3036, in der Berufungs⸗ instanz 3. Bei den Strafsenaten I 1227, II 1147, III 1195. Durch Verzicht oder sonst ohne Gerichtsbeschluß 49, durch Beschluß, in welchem die Revision für unzulässig erachtet ist, 379, durch Beschluß, welcher die Unzuständigkeit des Reichsgerichts ausspricht, 9, durch Ur⸗ theil 2780, zusammen 3217. Hauptverhandlungen bleiben unerledigt überhaupt. 352, und — zwar-—- bei Strafsenat L. 161,—II. 100,— IIIL 91.
zurückgezahlte Mobiliar⸗ und Immobilar⸗ 19916 ℳ sonstige Einnahmen . . . . . . . . 1 125 224 „ Die Jahresausgaben betrugen zusammen 4 314 878 ℳ und zwar: zurückgezahlte Anlehen .536 107 ℳ ““ Sparkassengelder 412 044 „ Geschäftsantheile der Mit⸗ — “ 5 883 „
v. 1 764 907 „
aufgelder. 488 292 „ Fesdhʒ hstsgtg. ... .. . . 11 Die weitaus meisten Vereine haben in der preußischen Rhein⸗ provinz ihren Sitz; denn es entfallen von den 121 Vereinen mit den
13 220 Mitgliedern und 3 508 440 ℳ 88sie leb it⸗ arlehen
“ Vereine glieder ℳ Reg.⸗Bez. Cöln 3407 771 894 Coblenz.. 5070 1 623 683 Fee sehehen 1 1902 613 674 Casse 691 90 761 Z“ 1200 173 371 Aachen. 328 66 584
Wiesbaden.
. 292 59 502
Großherzogthum Hessen. 269 35 176 Provinz Sachsen.. 61 73 795 Die Darlehnskassen⸗Vereine sind überwiegend erst in neuerer und neuester Zeit begründet worden. Nur einer ist älteren Datums, und zwar derjenige, an dessen Spitze F. W. Raiffeisen selbst steht, zu Heddesdorf im Regierungsbezirke Coblenz, 1854 gestiftet. Von den übrigen Vereinen wurden 11 in den 60er, 46 in den 70er und 63 in den 80er Jahren errichtet. Bei der Sorgfalt, welche die erstmalige Statistik der Raiff⸗ eisen'schen Darlehnskassen überall erkennen läßt, ist zu hoffen, daß dieselbe bei jährlicher Wiederholung bald ar Vollständigkeit gewinnen
Darlehen an Milgltebder . ausgeliehene Mobiliar⸗ und Immobiliar⸗
—9 boddodo 1S
— Verkehrs⸗Anstalten.
29. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Gellert“ der amburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ EEEVEI“ t ist heute Mittag 12 Uhr in New⸗York ein⸗ getroffen.
Hamburg, 30. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Thuringia’ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ feenseeit chaft hat, von Westindien kommend, heute Scilly
assirt.
Triest, 29. Januar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Selene“ ist mit der ostindisch⸗chinesischen Ueberlandpost heute Morgen aus Alexandrien hier eingetroffen und in das Lazareth ge⸗ bracht worden.
Berlin, 30. Januar 1884.
Preußische Klassenlotterie. — (Ohne Gewähr.) 8 Bei der heute 169. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen: b 1 Gewinn von 15 000 ℳ auf Nr. 31 266.
2 Gewinne von 6000 ℳ auf Nr. 72 816. 82 417. 142 Gewinne von 3000 ℳ auf Nr. 10 943. 13 577. 15 993. 18 610. 18 963. 21 522. 22 373. 23 153. 23 351. 25 117. 25 733. 27 830. 28 217. 31 934. 38 717. 41 502. 42 859. 43 270. 44 546. 45 557. 45 586. 52 154. 60 378. 60 719. 64 003. 69 143. 71 771. 77 389. 78 050. 81 119. 81 546. 81 799. 84 420. 87 351. 89 212. 90 272. 90 298. 90 934. 92 389. 93 140. 93 427. 94 888.
Zahl der Hauptverhandlungen vor den Strafsenaten I 905, II 932 III 943, zusammen 2780. Die Zahl der Urtheile, ergangen auf Revisionen gegen Urtheile der Schwurgerichte, lautend auf Aufhebung des angefochtenen Urtheils unter Zurückweisung der Sache, beträgt 39, unter Entscheidung in der Sache selbst 3, Verwerfung der Re⸗ vision 130, zusammen 172.
Zahl der Urtheile —, ergangen auf Revisionen gegen Urtheile der Strafkammern, lautend auf Aufhebung des angefochtenen Urtheils unter Zurückverweisung der Sache 591, unter Entscheidung in der Sache selbst 50, Verwerfung der Berufung 1967, zusammen 2608.— Fälle, in denen §. 397 Str. P. O. angewendet ist, gab es 9, Fälle, in denen eine Entscheidung der vereinigten Strafsenate stattgefunden hat 4. — Strafsachen, für welche das Reichsgericht in erster und letzter Instanz zuständig ist, waren zusammen 8 anhängig. Davon sind auf Außerverfolgungsetzung der Angeschuldigten 2 erledigt, auf Außerverfolgungsetzung der Angeschuldigten wegen der im §. 136 Nr. I. des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Verbrechen und Eröffnung des Hauptverfahrens wegen anderer strafbarer Handlungen erledigt 1, unerledigt blieben 5.
III. Beschwerden in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Strafsachen und Konkursverfahren. Die Zahl derselben betrug insgesammt bei allen Ober⸗Landesgerichtsbezirken 578. Es sind Beschwerden eingelegt ohne Entscheidung 13, durch Entscheidung und zwar für begründet erklärt 80, für unbegründet erklärt 473. 12 Beschwerden blieben unerledigt. Hierzu tritt an Beschwerden gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters bei dem Reichsgericht anhängig 1, begründet erklärt 1. Unter den Beschwerden befinden sich solche in Konkurs⸗ verfahren anhängig 6, für begründet erklärt 3, für unbegründet 3.
IV. Geschäfte in Sachen, welche in erster Instanz zur Zuständig⸗ keit der Konsulargerichte gehören. A. Berufungen in buͤrgerlichen Rechtsstreitigkeiten (zugewiesen dem I., IV., V. Civilsenat). Zahl der Sachen 6. Mündliche Verhandlungen 4, darunter 2 kontradiktorische. Urtheile 2. — B. Berufungen in Strafsachen (zugewiesen dem II. Strafsenat). Zahl der Sachen zusammen 1. Hauptverhand⸗ lungen 1, Einzelheiten 0. — C. Beschwerden 4.
V. Geschäfte der Reichsanwaltschaft. Die Vortragsstücke über⸗ haupt beliefen sich auf 4560, Verhandlungen haben stattgefunden 2814, darunter in Strafsachen 2785, und hiervon 4 vor den vereinig⸗ ten Strafsenaten.
5 Berufungen in ehrengerichtlichen Sachen gegen Rechtsanwälte. Es waren zu erledigen Sachen aus den letzten Vorjahren 3, letzt⸗ jährige 21, zusammen 24. Davon sind erledigt ohne ÜUrtheil 2, durch Urtheil 18. Bestätigt wurde das angefochtene Urtheil in 5, abge⸗ ändert oder aufgehoben in 13 Fällen.
VII. Revisionen, Nichtigkeits eschwerden, Kassationsrekurse und Ober⸗ Appellationen in Civilsachen nach den älteren Prozeßgesetzen. In den 28 Ober⸗Landesgerichtsbezirken waren aus den Vorjahren 145 Sachen zu erledigen, letztjährige 178, zusammen 323. Davon sind ausgeschie⸗ den in Folge Entsagung, Zurückweisung, Inkompetenzerklärung ꝛc. 31. Es bleiben zu bearbeiten 292. Hiervon waren von den fünf Civil⸗ senaten zu bearbeiten vom Civilsenat I 54, II 91, III 32, IV I1, V. 36, vom Hülfssenat 68. Davon sind erledigt durch Urtheil 225, es blieben unerledigt 67. Von den unerledigten Sachen waren zu bearbeiten vom Civilsenat I 13, II 21, III 11, IV 4, V 18. Unter den letzt⸗ jährigen Sachen waren Ehesachen 2, Entmündungssachen 0. Die
ahl der Urtheile, durch welche die angefochtene Entscheidung be⸗ tätigt oder das Rechtsmittel verworfen ist, betrug 150; abgeändert oder unter anderweitiger Entscheidung aufgehoben bezw. vernichtet sind 56; aufgehoben oder vernichtet, unter Zurückweisung zur ander⸗ weitigen Entscheidung 19. Eine Entscheidung der vereinigten Civil⸗
senate hat nicht stattgefunden. Der Hülfssenat ist seit 1. Juli 1883 aufgelöst.
— Die Raiffeisenschen Darlehnskassen⸗Vereine 1881. (Stat. Corr.) Eins der wichtigsten Mittel zu einer gesunden Befrie⸗ digung des Personalkredites der landwirthschaftlichen Bevölkerung und zur Bekämpfung des Wuchers sind, wie erst unlängst im preußischen Abgeordnetenhause auch Seitens des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten öffentlich anerkannt wurde, die Raiffeisenschen Darlehnskassen⸗Vereine. Ueber die Zahl, die Verbreitung und den Geschäftsumfang dieser Vereine, welche das Kreditbedürfniß der Rusti⸗ kalen zu befriedigen suchen, ohne dabei eine Dividende für ihre Mit⸗ glieder erzielen zu wollen, und welche vielfach die Grundlage für das ländliche Genossenschaftswesen in Preußen abgegeben haben, war bisher Genaueres nicht bekannt. Diesem Mangel ist in neuester Zeit durch eine von F. W. Raiffeisen bearbeitete Statistik, welche sich auf 121
im Anwaltschaftsverbande befindliche Vereine, darunter 92 preußische, erstreckt, abgeholfen worden. Auf Vollständigkeit kann diese Statistik allerdings keinen Anspruch erheben; denn abgesehen davon, daß mehrere zum Verbande gehörige Vereine wegen inkorrekter Jahres⸗ rechnungen und Bilanzen nicht aufgenommen werden konnten, fehlt die große Anzahl meist älterer Vereine, welche sich dem Verbande nicht angeschlossen haben. Indeß bieten die hauptsächlichsten Zahlen aus den Geschäftsergebnissen der aufgenommenen 121 Vereine im Jahre 1881 einen genügend sicheren Anhaltspunkt für richtige Werth⸗ schätzung der Leistungen der Darlehnskassen⸗Vereine.
Am Schlusse des Jahres 1881 hatten die bezüglichen 121 Ver⸗ eine zusammen 13 220 Mitglieder und ein Geschäftsvermögen von 4 990 500 ℳ, darunter 3 508 440 bei den Mitgliedern ausstehende Darlehen. Diesem Vermögen standen an Geschäftsschulden 4 921 482 ℳ Fehnssee. darunter 2 994 592 ℳ Anlehen und 1 519 264 ℳ Spar⸗ assen⸗Gelder. Die unter den Passiven miteingerechneten Geschäfts⸗ antheile der Mitglieder betrugen 130 742, der Reservefonds (das Vereinskapital) 152 686 ℳ „Die Jahreseinnahmen beliefen sich pro 1881 bei den 121 Ver⸗ einen zusammen auf 4 526 140 ℳ Darunter waren:
J11ö11“““; 1 442 185 ℳ Sparkassen⸗Einlagen.. 871 129 „
wird: die Förderung aber, welche den Darlehnskassen Seitens der Staatsregierung zu Theil wird, läßt erwarten, daß durch Begründung neuer Vereine für den Personalkredit der ländlichen Bevölkerung mehr und mehr gesorgt werden wirre.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Bern, 30. Januar. (W. T. B) Der Professor Ludemann in Kiel ist als ordentlicher Professor der Kirchengeschichte an die hie⸗ sige evangelisch⸗theologische Fakultät berufen worden.
— Die Schlettersche Buchhandlung (Franck u. Wei⸗ gert) in Breslau hat über ihr antiquarisches Bücherlager Katalog Nr. 185, „Linguistik“, ausgegeben. Derselbe enthält ein Verzeichniß von 1392 Schriften, die sich auf 48 namhaft gemachte Sprachen theils beziehen, theils in denselben abgefaßt sind. Diese Sprachen sind folgende: Aegyptisch (15 Nrn.), Aethiopisch (1 Nr.), Aino (1 Nr.), Albanesisch (3 Nrn.), Arabisch (6 Nrn.), Assyrisch (4 Nrn.), Avohanisch (1 Nr.), Babylonisch (8 Nrn.), Böhmisch bez. Mährisch (42 Nrn.), Chinesisch (26 Nrn.), Cyprisch (3 Nrn.), Dajak, Dakota und Kiriri (8 Nrn.), Estnisch (3 Nrn.), Finnisch (4 Nrn.), Französisch (Grammatik und Literatur, im Ganzen 497 Nrn.), Neu⸗Griechisch (7 Nrn.), Hebräisch (Grammatik und Literatur, im Ganzen 261 Nrn.), Italienisch (Grammatik und Literatur, im Ganzen 172 Nrn.), Jüdisch⸗Deutsch (1 Nr.), Kaukasisch (2 Nrn.), Keltisch (3 Nrn.), Kolh (5 Nrn.), Littauisch (2 Nrn.), Mährisch (9 Nrn.), Nama (1 Nr.), Ostjakisch (1 Nr.), Persisch (9 Nrn.), Polnisch (Grammatik und Literatur, im Ganzen 94 Nrn.), Punisch (4 Nrn.), Russisch (21. Nrn.), Sanskrit (47 Nrn.), Slbovenisch (3 Nrn.), Spanisch und Portugiesisch (Grammatik und Literatur, im Ganzen 47 Nrn.), Sprisch (15 Nrn.), Tamulisch und Telugisch (2 Nrn.), Tokawa (1 Nr.), Türkisch (8 Nrn.), Ungarisch (6 Nrn.), Ural⸗Altaisch (2 Nrn), Urdu (9 Nrn.), Zigeunerisch (7 Nrn.)
Geywerbe und Handel.
8 em Aufsichtsrath des Landerwerb⸗ und Bauvereins wurde Seitens der Direktion der Rechnungsabschluß für das Ge⸗ schäftsjahr 1883 vorgelegt. Derselbe konstatirt recht erfreuliche Resul⸗ tate und es konnte nach Absetzung eines Extra⸗Reservefonds von ca. 2 % des Aktienkapitals die Auszahlung einer Dividende von 4 % an die Aktionäre beschlossen werden, während dieselben pro 1882 nur 1 % erhielten.
Dortmund, 28. Januar. (Rhein.⸗Westf. Ztg.) Die mit dem Beginn des neuen Jahres eingetretene Besserung im Eisen⸗ geschäft hat auch in der verflossenen Woche weitere Fortschritte gemacht. Die Konsumenten treten mehr und mehr aus der lange beobachteten Zurückhaltung heraus und es bahnt sich langsam eine Wiederbefestigung der Preise an. Die Hochöfen haben ihre Pro⸗ duktion in Puddeleisen im laufenden Quartal so ziemlich verkauft; zu weitergehenden Abschlüssen sind sie indessen nicht geneigt, da sie sich noch nicht in den erforderlichen Rohmaterialien gedeckt haben und da sie auf eine bessere Preisstellung für das II. Quartal rechnen. Auch in Spiegeleisen haben sie ihre Produktion pro I. Quartal verschlossen und zwar zum Theil schon zu etwas höheren Preisen. In Bessemer⸗ und Gießereieisen gestaltet sich der Verkehr ebenfalls regelmäßiger. Was die Walzwerkbranche betrifft, so hat namentlich der Bedarf in Stabeisen zugenommen, und es sind darin in den letzten Wochen so viele Abschlüsse zu Stande gekommen, daß die Stabeisenwalzwerke meist wieder für die nächste Zeit befriedigende Beschäftigung haben und für größere Aufträge längere Lieferfristen bedingen, und nicht mehr geneigt sind, so weitgehende Preiskonzessionen, wie im vorigen Monat vielfach bewilligt wurden, noch zu machen. Auch in Feinblechen und Stahldraht schreitet die Belebung in der Nachfrage merklich fort, während Grobbleche, namentlich aber Eisendraht und Fagconeisen, sich noch nicht besonders erholt haben. Die Stahlbranche ist noch immer schwach beschäftigt, da es an ausreichenden Aufträgen mangelt. Die Lokomotiv⸗ und Waggonfabriken haben in der letzten Zeit bedeutende Aufträge erhalten, so daß dieselben für mehrere Monate vollauf Beschäftigung haben, auch sind für dieselben noch weitere Ordres zu erwarten, da fast sämmtliche inländische Eisen⸗ bahnen ihr Betriebsmaterial vergrößern. Die Maschinenfabriken und Gießereien sind meist befriedigend beschäftigt, während Brückenbau⸗ anstalten und Kesselschmieden vielfach um Aufträge verlegen sind. — In der Kohlenindustrie ist der Absatz forkdauernd rege und wesentlich größer als in der entsprechenden Zeit des Vorjahres. Aber die Preistendenz ist matter geworden und ist in einzelnen Kohlensorten etwas billiger anzukommen. Die Notirungen für Koke haben sich noch nicht wieder befestigt. Straßburg, 28. Januar. (Els.⸗Lothr. Ztg) Die Straß⸗ burger Handelskammer hat unter dem 12. d. M. an das Ministerium ein Gutachten über den Gesetzentwurf, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktien⸗ gesellschaften, erstattet. Das Gutachten gipfelt in einem den Ent⸗ wurf schlechtweg ablehnenden Ergebniß und beantragt eine Revision der einzelnen Bestimmungen.
Glasgow, 28. Januar. (W. T. B.) Die Verschiffungen
von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 6600 gegen 8700 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
New⸗York, 28. Januar. (W. T. B.) Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach Großbritannien 61 000, do. nach Frank⸗ reich 30 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 20 000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 112 000, do. nach dem Kontinent — Qurts.
(W. T. B.)
New⸗York, 29. Januar. Der Werth der in der vergangenen Woche hier aus geführten Produkte betrug
8408.
24 706. 36 723. 49 244.
11 057. 13 528. 25 156. 29 348. 36 892. 36 897. 49 919. 51 745. 61 544. 64 958. 70 689. 71 390. 72 382. 72 943. 73 544. 73 713. 75 170. 83 456. 86 345. 87 771. 89 117. 92 089.
71 Gewinne von 550 ℳ auf Nr. 1968. 1996. 6578.
7743. 8954. 9420. 11 558. 11 602. 12 192. 12 946. 13 142. 13 620. 14 453. 17 556. 18 970. 22 341. 23 010. 24 654. 25 172. 27 030. 27 964. 30 085. 30 755. 30 939. 31 566. 35 044. 35 459. 38 280. 40 515. 41 752. 41 764. 42 844. 43 745. 46 400. 48 613. 50 043. 51 874. 52 423. 52 950. 54 921. 55 688. 57 860. 58 854. 59 180. 59 933. 61 362. 61 396. 62 695. 64 424. 65 811. 66 392. 75 780. 76 333. 78 560. 80 593. 80 836. 83 150. 85 048. 88 231. 88 404.
89 351. 89 769. 89 927.
13 850. 32 102. 38 661. 55 018.
18 590. 32 778. 39 468. 57 219.
19 080. 32 912. 45 807. 58 385.
24 344. 33 609. 49 022. 60 208.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin hat dem Comité des gestern zum Besten des Magdalenen⸗ stifts in der Sing⸗Akademie veranstalteten Concerts einen Beitrag von 1000 ℳ überweisen lassen.
erläßt das Comité in Berlin, an dessen Spitze der General⸗Feld⸗ marschall von Herwarth steht, wie alljährlich Aufforderungen zu Zeichnungen auf eine Denkschrift zum 87. Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers, welche eine authentische militärische Biographie Sr. Majestät mit einem photographischen Porträt Allerhöchstdesselben enthält. Die Aufforderung bezweckt, möglichst viele Soldaten der Armee, ehemalige Soldaten, Vereine, Schüler ꝛc. durch Zeichnungen aus privaten Kreisen in den Besitz dieser Denk⸗ schrift, deren „Preis inkl. der Photographie nur 80 ₰ beträgt, zu setzen. Ausführliche Prospekte und Zeichnerlisten für Personen, die selbst zeichnen oder in Bekanntenkreisen sich für die Cirkulation dieser Listen interessiren wollen, sind direkt franko und gratis zu erhalten
Im Hinblick auf das rege Interesse, welches die Ausstellung der Sammlung des Dr. Emil Riebeck im Lichthofe des Kunst⸗ gewerbe⸗Museums fortdauernd findet, wird dieselbe nicht, wie anfangs beabsichtigt, bereits mit Ende Januar geschlossen werden sondern noch bis zum 17. Februar dem Publikum zugänglich bleiben.
„Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 11. April vorigen Jahres, betreffend den Ausbruch der Rotzkrankheit bei Pferden des Bierverlegers Balzer, Rheinsbergerstraße Nr. 41 hier⸗
Seuche erloschen ist. F zur öffentlichen Kenntniß, daß die
Zur Beseitigung des Hausschwammes und zu den Vor⸗ beugungen gegen das Wiedererscheinen desselben werden nicht nur höchst ungeeignete, sondern oft auch höchst gefährliche Mittel ange⸗ wendet. So wurden laut Nr. 447 der Magdbg. Ztg. am 24. Sep⸗ tember v. J. ein Arbeiter getödtet und zwei andere durch die giftigen Dämpfe von Salz⸗ und Salpetersäure in Lebensgefahr gebracht. Auch bei den konstruktiven Vorbeugungsarbeiten werden irrige, un⸗ geeignete und meist ziemlich kostspielige Ideen zum Schaden der Be⸗ troffenen zur Geltung gebracht und durchgeführt. Es empfiehlt sich daher, die kleine Druckschrift von Dr. H. Zerener, „Beitrag zur Kenntniß des Hausschwammes“ zu lesen, die der Fabrikant Gustav Schallehn in Magdeburg mit einer faßlichen Gebrauchsanweisung über das von ihm gelieferte
merulion — gegen Schwamm — abgiebt. London, 29. Januar. (W. T. B.) Nach dungen sind bei dem Scheitern des Segelschiffes „JFuno 31 Personen umgekommen.
Christiania, 29. Januar. (W. T. B.) Laurwik wurde gestern Nachmittag gelöscht. 62 Häuser niedergebrannt.
Das Feuer in Im Ganzen sind
der Garnisonkirche veranstaltete Concert findet zum Besten ver⸗ armter, durch Krankheit heimgesuchter Familien statt. Frau Prof. “ von Asten wird in demselben ein Agnus Dei von Mozart und „M. Francks“ Sei nur still, Frl. M. Schmidtlein eine Arie aus 8 Salomo, und Hr. Jul. Sturm Dienels 55. Psalm singen, r. Jacobowsky wird zwei Cello⸗Nummern zu Gehör bringen und der aus etwa 100, Sängern bestehende Chor des hiesigen Königlichen Seminar für Stadtschullehrer wird unter Leitung des Hrn. Dienel Grells 133. Psalm und eine Motette von Dienel vortragen. . wird Hr. Harry Linden Thiele’s As-dur⸗Variationen und der onzertgeber seine zweite große Concert⸗Sonate und einige Präludien auf der Orgel spielen. 3 8
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Vier Beilagen
Berlin: 1 Druck: W. Elsner.
Geschäftsantheile der Mitgliede 41 542 „ zurückgezahlte Darlehen 876 042 „
4 937 000 Dollars.
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(einschließlich Börsen⸗Beilage).
“
8
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schen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Mittwoch, den 30. Januar
fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse
45-Gewinne von 1500 ℳ auf Nr. 1355. 3684. 5590.— —Presse —angeführt. —
Zu dem bevorstehenden Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers 8
von Hrn. G. von Glasenapp, Berlin, Kurfürstenstraße 9.
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gratis und ohne Verbindlichkeit und mit dem D. R. Patent geschützte Dr. H. Zerenersche Anti⸗
weiteren Mel⸗-⸗
Das von dem Musikdirektor Otto Dienel morgen Abend in 8
Nichtamtliches.
Preuße „ Berlin, 30. Januar. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (36.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts⸗Etats für 1884/85 mit der Diskussion des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten (Ausgaben, Kap. 109 Tit. 1 Ministergehalt) fortgesetzt. 8
Der Abg. Dr. von Jazdzewski erklärte, das Gefühl des Dankes für die Begnadigung der Bischöfe von Münster und Limburg werde den Katholiken durch den Umstand vergällt, daß die Wohlthat des Gesetzes den Erzbischöfen von Cöln und Posen⸗Gnesen nicht zu Theil werde. Der Minister von Goßler habe neulich gesagt, daß dies eine längst abgethane Sache sei, und daß die Rückkehr dieser Bischöfe nicht im Interesse des Staates liege. Danach müsse man sich mit ziem⸗ licher Sicherheit auf eine sehr lange Verwaisung speziell der Erzdiözese Posen einrichten. Als Grund für die Nichtzurück⸗ berufung des Erzbischofs sei in der Regierungs⸗ und liberalen
Friedenswerk zwischen Regierung und Kirche störe. Es wäre an der Zeit, wenn die Regierung eine Erklärung abgäbe, da⸗ mit man wisse, woher diese Angriffe kämen und worauf sie basirten. In dem Absetzungserkenntniß des Königlichen Gerichts⸗ hofes seien zwei positive Grüünde angegeben worden. Erstens die Androhung von kirchlichen Strafen an einen Religions⸗ diener, und zweitens die Absendung von 40 Hülfsgeistlichen ohne Benennung beim Ober⸗Präsidenten. Dann werde noch allgemein gesagt, der Erzbischof müsse abgesetzt werden, weil seine Gesammthaltung in dem kirchenpolitischen Streite sich voraussichtlich nicht ändern werde. Die Verwaisung der Diözese habe nun die Folge gehabt, daß 174 Pfarrstellen mit über 290 000 Seelen ohne Pfarrer seien, und daß 130 Pfarreien mit 205 185 Seelen jeder geregelten Seelsorge entbehrten. Eine weitere Folge sei die Verwaltung des Kirchenvermögens durch einen Staatskommissar. Diese Verwaltung sei mit kirchlichen Dingen verknüpft, über welche sonst der Bischof verfügt habe. Habe doch der Kommissar Meßstipendien einem notorisch exkomunizirten Priester über⸗ geben. Derselbe Kommissar sei es auch gewesen, der zur Zeit der größten Nothlage der Diözese das Amt eines Polizisten übernommen habe, und Geistliche habe verfolgen lassen, welche einzelne Amtshandlungen übernommen hätten, während die politischen Beamten der Provinz vom Ober⸗Präsidenten herab diese Geistlichen im Interesse des Staats geschont hätten. Konflikte zwischen Gemeinden und Pfarrern und zwischen den einzelnen Parochien unter einander, und ein allgemeines Aergerniß seien ein weiteres Resultat dieser staatlichen Ver⸗ mögensverwaltung. Eine Folge der Verwaisung der Diözese aber sei, daß die Gesetze von 1880, 1882 und 1883, welche die Maigesetze in gewissen Punkten durchvrochen hätten, in Posen nicht zur Ausführung gekommen seien. Die Erzdiözese verlange die Zurückberufung des Kardinals Ledochowski, der in jeder Hinsicht seine Pflichten der Diözese gegenüber erfüllt habe. Derselbe könne freiwillig auf sein Amt nicht verzichten, und selbst ein anderer Bischof würde nicht anders handeln können, wie der Kardinal Ledochowski. Sonach habe man die traurige Gewißheit, daß unter den obwaltenden Verhältnissen die Diözese noch weiter verwaist bleiben werde.
Hierauf ergriff der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegen⸗ heiten Dr. von Goßler das Wort: —
Wenn ich zunächst auf die Ausführungen des Hrn. Abg. Windt⸗ horst eingehe, so werde ich alle diejenigen Bemerkungen meinerseits unterdrücken, welche etwa als Wiederholungen von Ausführungen be⸗ trachtet werden können, die ich neulich bei anderer Gelegenheit hier gemacht habe. Ich werde unmittelbar auf den Punkt, den, wie ich annehme, auch der Herr Abgeordnete selbst als den Kernpunkt seiner Ausführungen betrachtete, übergehen und ich kann mit einer gewissen Befriedigung konstatiren, daß er die Zweifel, die er dabei angeregt hat, auch selbst schon beantwortet hat in einem Sinne, welcher mit meinen Anschauungen im Wesentlichen zusammentrifft. Die an mich gerichtete Frage hat er dahin formulirt: In welcher Weise würde die Regierung sich dazu verstehen, an weiterer gesetzgeberischer Arbeit sich zu betheiligen? Mit welchen Zielpunkten will sie die weitere Revision der kirchenpolitischen Gesetzgebung in die Hand nehmen? Ganz im Einklang mit den Ausführungen, die ich in meiner Rede vom 18. d. M. entwickelt habe, und welche bezweckten, klar zu stellen, daß auch unter veränderten Verhältnissen die Regierung an der Grund⸗ auffassung, die sie im Laufe der letzten Jahre vielfach in der Ver⸗ waltung und in der Gesetzgebung bethätigt hat, festhalten und in den allgemeinen politischen Zielen eine Aenderung nicht eintreten lassen würde, kann ich heute ergänzend hinzufügen, daß die Linien, welche die Regierung sich gezogen hat in Beziehung auf die gesetzgeberische Aktion, niedergelegt sind in Schriftstücken, die sich in Ihren Händen befin⸗ den, in Erklärungen, denen ich weder etwas hinzuzufügen noch etwas abzu⸗ nehmen habe; vor Allem in der Note vom 5. Mai v. J. und in derjenigen Erklärung, die auf Anregung des Hrn. Abg. Windthorst im vorigen Jahre bei der Kommissionsberathung formulirt abgegeben worden ist und welche ich später auch noch wiederholt habe in den Verhandlun⸗ gen des Herrenhauses. Indem ich dies ausspreche, bin ich bis an den Rand dessen gekommen, was ich in der gegenwärtigen Lage zu erklären mich berechtigt halte. Ueber einen weiteren Punkt besteht zwischen dem Hrn. Abg. Windthorst und mir keine Differenz, näm⸗ lich darüber, daß jede Revision, die vorgenommen wird, einzutreten hat im Interesse unserer Mitbürger. Andererseits aber lassen die weiteren des Hrn. Abg. Windthorst auch erkennen, daß, als er die Stellung des Centrums zu einer etwa vorzunehmen⸗ den Revision beleuchtete, er sich vor die Frage gestellt sah, mit wem, gegen wen und unter welchen Voraussetzungen man in eine solche Arbeit einzutreten haben würde. Das sind dieselben Fragen, die auch eine Regierung, wenn sie mit konkreten Vorschlägen an den Landtag herantreten will, sich vorzulegen hat — Fragen, die auch von wesentlichster Bedeutung sind für den Umfang und für die gesammte Ausgestaltung des Revisionswerkes. 8 “
Der Hr. Abg. Windthorst hat sodann meine Thätigkeit, die ich auf dem Gebiete der Ausbildung der katholischen Theologen ent⸗ wickelt habe, mit freundlichen Bemerkungen begleitet und ich kann in der That sagen, daß unter denjenigen Angelegen⸗ heiten, welchen ich meine besondere Aufmerksamkeit zugewendet habe von der Uebernahme meines Amtes an. auch die
rage immer vorangestanden hat, wie unseren katholische Theologie tudirenden auch unter den schwierigen Verhältnissen, mit denen ich
zu rechnen hatte, Gelegenheit gegeben werden könnte zu einer frucht⸗ baren und fruchtbringenden Durchführung ihrer Studien. Aber nicht
ich allein habe mich in dieser Richtung bemüht, sondern auch mein unmittelbarer Herr Amtsvorgänger, der die theologische katholische Fakultät in Breslau vollkommen ausgebaut hat, durch Berufung eines katholischen Dogmatikers. Mir selbst ist, was der Hr. Abg. Windthorst schon anzudeuten schien, vor Jahresfrist gelungen, einen katholischen Philosophen, der statutenmäßig in Breslau zu fun⸗ giren hat, für die dortige Universität zu gewinnen. Die Erfolge haben wir gesehen: Breslau ist zu meiner Freude in einer zunehmend steigenden Frequenz begriffen und alles, was ich von den Breslauer Falkultätsverhältnissen höre, kann meines Erachtens das günstige Urtheil, das ich mir gebildet habe, nur stärken. Ebenso wird aber der Hr. Abg. Dr. Windthorst wissen, daß es mir gelungen ist, auch unter den gegenwärtigen Verhältnissen in Bonn einen neuen Pro⸗ fessor der katholischen Theologie anzustellen, und wenn es mir bisher nicht gelingen wollte, die Lücken, die im Uebrigen in Bonn und in Münster in den theologischen Fakul⸗ täten bestehen, sämmtlich auszufüllen, so hat es, wie ja mehreren der Herren persönlich bekannt sein wird, jedenfalls an meinem Willen und meinen Anstrengungen nicht gelegen. Was die Philosophie anbetrifft, so liefert der gegenwärtige Etatsentwurf wieder einen neuen Beweis dafür, daß ich, soweit es an mir liegt, durch Begründung eines zweiten philosophischen Lehrstuhls in Münster den Bedürfnissen der katholische Theologie Studirenden Rechnung zu
praktischen Seminare. Auch in dieser Hinsicht möchte ich auf die Note vom 5. Mai v. J. verweisen. Soweit ich übersehe, besteht auch heute keine Schwierigkeit, solche Priesterseminare, praktische Seminare für Kleriker ins Leben zu rufen, auch unter der Gesetzgebung, welche im Uebrigen Ihren Beifall nicht findet. 8 Ich gestatte mir nun, auf die Ausführungen des Hrn. Abg. von Jazdzewski überzugehen, der an mich die von ihm schon bei einer früheren Verhandlung in Aussicht gestellte Frage in Betreff der Be⸗ gnadigung des vormaligen Erzbischofs von Gnesen⸗Posen gerichtet hat. Ich muß auch in diesem Falle ihn zunächst auf die Erklärungen verweisen, die ich vor einigen Tagen hier abgegeben habe. Er wird nicht erwarten und es selbst meiner Stellung entsprechend finden, daß ich seiner Klage gleichsam eine Klägebeantwortung, einer Replik eine Duplik gegenüberstelle und etwa in ein Beweisverfahren darüber ein⸗ trete, welche einzelnen Gründe für die Staatsregierung be⸗ stimmend gewesen sind, die Rückkehr des Kardinals Grafen Ledochowski nicht in Aussicht zu nehmen. Die Motive, welche die Staatsregierung geleitet haben, habe ich nicht verschwiegen. Wir haben die Pflicht und die Absicht, bei diesen sehr schwerwiegenden Entschließungen vor allen Dingen die Herbeiführung eines dauerhaften Friedens sicher⸗ zustellen. Wir halten ferner mit Ueberzeugung fest an der Auf⸗ fassung, daß die Rückkehr des genannten Prälaten friedliche Zustände auf die Dauer nicht gewährleisten wird, und an dieser Auffassung können wir nicht irre werden durch alle friedlichen Versicherungen des Abg. von Jazdzewski und seiner Freunde. Vielmehr wird unsere Auffassung aufs Entschiedenste befestigt, wenn wir die neuesten Er⸗ scheinungen, die der Hr. Abg. von Jazdzewski auch nicht einmal gestreift hat, uns vor Augen führen. Der Herr Abgeordnete hat Veranlassung genommen, hier zu bekunden, wie die gesammte Diözese die Rückkehr des genannten Prälaten verlangt, weil die Diözese mit seiner Haltung einverstanden sei, auch mit derjenigen Haltung, die er der Königlichen Staatsregierung gegenüber eingenommen hat. Darin will ich dem Hrn. Abgeordneten beitreten, daß die ablehnende Hal⸗ tung, welche die Diözese gegen den Kardinal Grafen Ledochowski früher eingenommen hat, im Laufe der letzten Jahre einer mehr ent⸗ gegenkommenden Platz gemacht hat. Sagte doch noch im Jahre 1877 eine bekannte polnische Zeitung, daß nunmehr die Haltung des Grafen Ledochowski eine solche sei, daß die Polen mit ihm zufrieden sein könnten. Es heißt dort: Möchten die Polen dem Grafen Ledochowski seine früheren Ver⸗ irrungen und Ungerechtigkeiten mit Rücksicht auf die neuen Ver⸗ dienste verzeihend ausrufen können: „Der Primas ist mit der Nation, und die Nation ist mit dem Primas“. 1 Dieses Wort „Primas“, meine Herren, führt mich unmittelbar zu einer weiteren Bemerkung, die sich an den Hrn. Abg. von Jazd⸗ zewski und an seine besonderen Landsleute speziell noch richtet. Die Fabel von der politischen Stellung des Erzbischofs von Posen ist, wie die meisten Herren, welche die Verhältnisse in den ehemals polnischen Landestheilen aus längerer Vergangenheit kennen, in den Revolutionszeiten entstanden, immer wieder aufgetaucht und in neuerer Zeit mit besonderem Gewichte in den Vordergrund ge⸗ treten. Als im vorigen Jahre Ende Oktober der Graf Ledochowski seinen Geburtstag feierte, wurde er, wie die polnische Presse ver⸗ kündete, von allen Seiten seiner Diözese mit Gratulationen über⸗ schüttet, und mehrere dieser Adressen wurden auch bekannt gegeben, um Unterschriften zu sammeln oder um wenigstens den Charakter dieser Adressen in helleres Licht zu setzen. Von diesen Adressen liegen mir zwei vor, die eine Adresse, welche der „Kuryer“, das be⸗ kannte Organ des Grafen Ledochowski, veröffentlichte, und welche wiederholt den Primat des Kardinals betont, und dann die andere Adresse, welche den mehr verhüllten Gedanken des „Kuryer“ schärfer hervortreten läßt, eine Adresse, welche in der bekannten Zeitung „Goniec wielkopolski“ erschienen ist. (Lachen bei den Polen.) Ja, meine Herren, Sie lachen. Es ist das ja ein sehr bequemes Mittel, um diejenigen Folgerungen abzuwehren, welche sich unmittelbar aus solchen Schriftstücken ergeben und Ihnen unbequem sind, aber für diejenigen Herren, die das nicht lächerlich finden, sondern die an der Integrität des preußischen Staats ein Interesse haben, möchte ich doch diese wenigen s hei a:
Heute bringen wir Polen als unsterbliche Nation, welche durch ungebrochenen Willen lebt und leben soll bis zum Tage der Be⸗ freiung, Dir, erhabenster Kardinal Primas, die Ausdrücke der Ver⸗ ehrung und Anhänglichkeit dar und erklären:
daß Deine Würde nicht blos eine kirchliche, sondern auch eine politische ist, 8 Eh;
daß wir, wie wir die Theilungen Polens vom Jahre 1772 nicht anerkennen, auch jede Beschränkung Deines Primasamtes in der Nation nicht anerkennen, 8
daß wir in dem Augenblick, wo Gott Dich zur Rückkehr in das sich befreiende Polen ruft, die demüthige Stirn vor dem Interrex des Königreichs Polen beugen werden, indem wir er⸗ warten, daß Du die einmüthigen Stimmen der Nation auf einen neuen Piast lenken und auf Wawel einen neuen Boleslaw Chrobry alben werdest. 8 — Meine gete Ich glaube, man mag die Sache so nüchtern ansehen, wie man will, so muß man doch herausfühlen, daß die Stimmung der Diszesanen nicht überall so wohlwollend und so freundlich und so harmlos ist, wie der Abg. Dr. von Jazdzewski verkündete, und ich glaube, es ist nicht mög⸗ lich, wenn man sich die Verantwortung einer preußischen Staatsregierung vor Augen führt, die vor allen Dingen die Pflicht hat, die Integrität der Staats⸗ und Reichsgrenzen aufrecht zu er⸗ halten und fuͤr Ruhe und Sicherheit, soweit es an ihr liegt, im Lande zu sorgen, Zustände herbeiführen zu helfen, wo einem zurück⸗ kehrenden Primas, einem zurückkehrenden Grafen Ledochowski gegen⸗ über Diözesanen stehen, welche ihn in der geschilderten Weise be⸗
grüßen. Ich glaube daher Recht zu haben, wenn ich sage: Es liegt
Ich kuünfe daran die weitere Bemerkung über die
im dringendsten Interesse der friedlichen Entwickelung unseres Staates auch für Ihre nächsten Landsleute, wenn ihnen zu solchen Aus⸗ schreitungen — ich will keinen schärferen Ausdruck gebrauchen, aber ich kann doch sagen — oder zu Rerolutionen Anlaß nicht gegeben werde. Sie werden es der Staatsregierung nicht verargen, wenn sie behauptet: es kann nur die friedliche Entwickelung unseres Landes ge⸗- fährden, wenn unter solchen Verhältnissen die Rückkehr des Grafen Ledochowsky stattfinden sollte.
Der Abg. von Eynern bemerkte, der Abg. von Hammer stein habe als Sprecher der Konservativen die nationalliberale Partei provozirt, sich über ihre Stellungnahme zu äußern. Bei der Berathung des Antrags Windthorst über die Spen⸗ dung der Sakramente habe er Namens der nationalliberalen Fraktion eine Erklärung abgegeben. Nach dieser Erklärung habe seine Partei das vorjährige kirchenpolitische Gesetz be⸗ handelt. Ebenso wie der Minister auf seine früheren Erklä rungen hingewiesen habe, so erlaube er sich den Abg. vo Hammerstein auf seine frühere Erklärung hinzuweisen. Wenn der Abg. von Hammerstein dieselbe nachlese, werde derselbe die Stellung der nationalliberalen Partei zur kirchenpolitischen Frage erkennen, und er sei der Mühe enthoben, das damals
Gesagte zu wiederholen.
Der Abg. Dr. Frhr. von Schörlemer⸗Alst entgegnete, wenn sich der Minister über eine Adresse aus Posen an den Kardinal Ledochowski so sehr entrüstet geäußert habe, weil darin die Frage des Primats in einer Weise, die auch er ziemlich thöricht finde, behandelt sei, so meine er doch, daß es kein Grund sein könne, einen Kirchenfürsten nicht zurückzu rufen, weil andere Leute an ihn eine Adresse gerichtet hätten 8 Dann würde auch das Erzbisthum niemals wieder mit Zu⸗ lassung der Regierung besetzt werden können, denn die Polen welche so dächten, würden das auch einem Erzbischof schreiben der einen deutschen Namen trage, und ihm dieselben politischen Rechte zuerkennen, wie diesem Kardinal. Die Antwort des Ministers dem Abg. Windthorst gegenüber sei keine Antwor gewesen. Eine solche finde sich auch nicht in den Schriftstücken von denen der Minister gesprochen habe. Mit wem und gegen wen die Revision, der Gesetzgebung zu machen sei? Gegen die Maigesetze, die am besten ganz beseitigt würden; und mit de Majorität, die der Regierung jeden Augenblick disponibel wäre wenn sie sie nur brauchen wollte. Die Erleichterung in der Theologenfrage erkenne er dankbar an, aber noch Manches sei auch hier zu thun, namentlich auch in Münster, wo systematisch die stiftungsgemäß katholische Anstalt protestantisirt [werde. Der Abg. von Hammerstein möge bestimmt erklären: Sei e Freund oder Gegner? Akademische Erörterungen hülfen nichts Der Abg. von Hammerstein habe von den Nationalliberalen wissen wollen, wie die Konservativen mit ihnen daran seien, damit sie sich danach richten könnten. Sei das ein kleine Scherz von dem Abg. von Hammerstein gewesen? Dann hab derselbe nicht den erwarteten Eindruck gemacht. Sei es aber Ernst gewesen, dann sei das keine angenehme Aussicht für das Centrum. Es heiße dann einfach: Wer biete unter? Auf dies Geschäft lasse das Centrum sich aber nicht ein! Entweder die konservative Partei unterstütze das Centrum oder sie thue es nicht. Könne sie das erstere nicht, so werde das Centrum eben allein weiterkämpfen im Vertrauen auf Gott und die gerechte Sache. Der Abg, von Minnigerode habe heut in seinem Leben den besten Scherz gemacht, als derselbe die Debatte mit der Vivisektion eröffnet habe. Daß derselbe aber nach der Rede Windthorsts wieder darau zurückgekommen sei, sei nicht gerade bös gemeint gewesen aber auch nicht zartfühlend. Aus dem beredten Schweigen der Par teien folgere er, daß auch sie mehr und mehr empfänden, wie berech tigt die Klagen des Centrums seien. Daraus erwachse abe für die Regierung die Pflicht, den schweren Leiden des Kultur kampfes ein Ende zu machen. Mit kleinen Mitteln, für di das Centrum ja auch dankbar sei, könne man diese Schmerzen nicht lindern. Das Centrum seinerseits könne nicht nachlassen, stets von Neuem seine Klagen vorzubringen. Möchte die Re⸗ gierung das Centrum doch recht bald in eine Lage versetzen in der es dies nicht mehr nöthig habe, damit der Friede, vo dem man jetzt so vielfach spreche, nicht die Ruhe des Kirch hofs, sondern ein wirklicher Friede sei!
Der Abg. Frhr. von Hammerstein erklärte, das Centrum verlange von seiner Partei bestimmte Stellungnahme zu den Forderungen des Abg. Windthorst. Nun habe er solche posi⸗ tiven Forderungen greifbar nicht vernommen. Wer eine Re⸗ vision der Maigesetzgebung fordere, verzichte auf das Recht, dieselbe lediglich auszuführen mit dem Rothstift, d. h. herum⸗ zustreichen, ohne etwas Positives statt des Gestrichenen zu schaffen. Er frage eben das Centrum und die National⸗ liberalen: Welche materielle Basis könnten sie betreten für die Revision? Er habe deshalb in vollem Ernst sich an die Nationalliberalen gewandt, weil sehr beachtenswerthe Artikel in der „Kölnischen Zeitung“ ihn hoffen ließen, daß sie füͤt eine gesunde Revision der Maigesetzgebung wirken wollten. Seine (des Redners) Partei wolle sehen, ob die Herren mit ihrem sühren⸗ den Blatt übereinstimmten. Das sollte doch das Centrum nicht überraschen. Wenn das Centrum seine kirchenpolitischen Ab⸗ stimmungen immer von der Zustimmung der Kurie abhängig mache, so sei es eben eine Partei in vinculis. Seine Partei habe keinen Einfluß auf die Entschließun en der Kurie. Was nun die vier Vorschläge des Abg. Windthorst anbetreffe, so habe jg ein großer Theil seiner Partei im Reichstage für Aufhehtng des Aus⸗ weisungsgesetzes gestimmt. Der kirchliche Gerie tshof sei nicht nur von seiner Partei verworfen, sondern auch der nicht ge⸗ rade orthodoxe frühere Präsident des Ober⸗Kirchenraths Herr⸗ mann habe denselben füx mit der Freiheit und Sekbständig⸗ keit der Kirche nicht vereinbar erklärt. Die Jurisdiktion der Bischöfe in der jetzigen Form lasse piel zu wünschen übrig; der Bischof müsse eine ausgiebige Jurisdiktion haben. Die Frage der Erziehung des Klerus endlich scheine ihm wesent⸗ lich durch die betrepfitden Büf celsce sf „Kölnischen Zeitung gelöst zu sein. An der ereitwilligkeit seiner Parlei für eine organische Revision der Maigesetze Fisherfrtien, habe das Cen⸗ trum also absolut kein Recht zu zweifeln
zweifeln. Es ffege hacche nur, für wen und gegen wfg, nte Ahser welchent Voraͤls⸗ beüngen mast die rfibn, gachen kotne. Has Ernttum
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