1884 / 27 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 31 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Wanzen als eine Theorie des Börsengeschäfts charaterisirt, ist wie in den letzten vorhergegangenen Auflagen von R. Siegfried bearbeitet worden und hat unter der Hand des gewissenhaften Herausgebers nicht nur an Umfang, sondern auch an Vertiefung des Inhalts be⸗ deutend gewonnen. Während die folgenden Bände des Gesammtwerks, die, von W. L. Hertslet bearbeitet, in jüngster Zeit in ein Jahrbuch zusammengefaßt erscheinen, die für den praktischen Verkehr bestimmten Daten über die einzelnen Fonds, Effekten, Wechsel, Geld ꝛc. be⸗ handeln, stellt sich der vorliegende erste Theil die Aufgabe, alles All⸗ eine und Prinzipielle über die Börse und Börsengeschäfte zu⸗ ammenzustellen. Dabei hat der Verfasser geflissentlich und mit Erfolg darauf Bedacht genommen, in der Darstellung des gedankenreichen Materials jedem Laien verständlich zu bleiben Mit vreaxrer Sachkenntniß sind die auf die Börse und die Börsen⸗ heschäfte bezüglichen Rechtsverhältnisse und sehr eingehend die Wir⸗ ing der bestehenden Gesetze auf die verschiedenen Effektengattungen behandelt. Das ganze Werk ist danach angethan, daß man es dem Verfasser glauben darf, wenn er in der Vorrede sagt, er habe sich alle erdenkliche Mühe gegeben, die Formen, in denen sich die Börsen⸗ geschäfte abwickeln, die Börsenusancen, die auf die Rechtsverhältnisse der Effekten Bezug habenden Gesetze ꝛc. so richtig und korrekt wie möglich darzustellen; er habe nicht nur danach gestrebt, sein Buch von Geschäftsleuten, Juristen und Gelehrten geschätzt zu sehen, sondern auch danach, daß deasselbe von den in Geldangelegenheiten weniger Bewanderten mit Nutzen zu Rathe gezogen werden könnte. Der überaus reiche Inhalt des Buches kann hier nur im Allgemeinen angedeutet werden. Nach einer kurzen Einleitung über das Wesen und die Bedeutung der Börse findet man eine kurze, definirende Uebersicht der verschiedenen Effekten⸗ Fttungen, welcher eine Auseinandersetzurg über den Courszettel im Ugemeinen und ein spezieller Nachweis über die Gestaltung dieses Preisberichts an den verschiꝛdenen großen Börsenplätzen folgt. Als⸗ darn werden behandelt die wirklichen Auszahlungsbeträge der aus⸗

kehr in Wershpapleren, die einzelnen Effektengattungen und die Usancen der Berliner und Frankfurter Fondsbörse.

Frankfurt a. M., 30. Januar. (W. T. B.) Wie die „Frank⸗ furter Börsen⸗ und Handels⸗Zeitung“ meldet, hat der Verwaltungs⸗ ausschuß der Rhein⸗Nahe⸗Eisenbahngesellschaft in einer gestern in Kreuznach abgehaltenen Sitzung den Vertragsentwurf, wo⸗ nach das gesammte Mobiliar⸗ und Immobiliarvermögen der Rhein⸗ Nahe⸗Eisenbahngesellschaft an den preußischen Staat zum vollen un⸗ widerruflichen Eigenthum überlassen wird, einstimmig genehmigt. Die Ratifikation des Vertrages erfolgt in den nächsten Tagen in Cöln.

Nürnberg, 29. Januar. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Das Geschäft bewegte sich gestern und heute bei einem Ge⸗ sammtumsatz von ca. 350 Ballen und einer Zufuhr von ca. 150 Säcken zwar in ruhigen Geleisen, hatte aber ein recht festes Gepräge. Die gezahlten Preise waren sehr hoch. Gesucht sind in erster Linie gut⸗ farbige., wenn auch leichtqualitätige Hopfen in der Preislage von 172 178 ℳ, von welcher Sorte jedoch nur wenig zum Markte kommt. Die Notirungen lauten: Württemberger prima 190 192 ℳ, do. mittel 170 182 ℳ; Hallertauer prima 190 192 ℳ, do. mittel 170 182 ℳ; Polen prima 188 190 ℳ, do. mittel 170 182 ℳ; El⸗ sässer prima 185 188 ℳ, do. mittel 170 180 ℳ; Gebirgshopfen 180 188 ℳ; Marktwaare 165 180 ℳ; Aischgründer 170 185

Pest, 30. Januar. (W. T. B) Die Ungarische Kredit⸗ bank erließ einen Aufruf zur Subskription auf 39 250 Stück 5 % Prioritäts⸗Obligationen der Pest⸗Fünfkirchner Eisen⸗ bahn im Nominalwerthe von 7 850 000 Fl, der Emissionscours

ist 95 %.

Antwerpen, 30. Januar. (T. T. B.) Wollauktion⸗ Eröffnung. Angeboten 1867 B. Laplatawollen, davon verkauft x’. B. Auktion unbelebt, Preise niedriger als in der November⸗ auktion.

Paris, 30. Januar. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet, daß die Emission der neuen Anleihe in dreiprozentigen amortisirbaren Renten, welche durch Gesetz vom heutigen Tage genehmigt sei, in der Zeit vom 10. bis 15. Februar erfolgen werde.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 30. Januar. (W. T. B.) Von den Dampfern des Norddeutschen Lloyd ist „General Werder“ heute in New⸗York, „Oder“ gestern Nachmittag 8 Uhr in Southampton eingetroffen, und der Dampfer „Hannover“ derselben Gesell⸗ schaft hat gestern auf der Ausreise St. Vincent passirt.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse

169. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen: 1 Gewinn von 450 000 auf Nr. 38 164.ͤ

1 Gewinn von 30 000 auf Nr. 23 287.

1 Gewinn von 15 000 auf Nr. 15 773.

4 Gewinne von 6000 auf Nr. 15 453. 47 911. 57 157. 85 452.

40 Gewinne von 3000 auf Nr. 4393. 6878. 9065. 10 314. 10 825. 12 571. 12 862. 15 418. 15 655. 17 736. 18 532. 19 216. 19 540. 22 589. 22 991. 25.500. 31 562. 32 636. 32 813. 36 951. 41 400. 42 759. 42 782. 44 868. 46 611. 50 346. 52 445. 54 611. 59 977. 60 422. 60 547. 62 585. 66 623. 70 351. 71 360. 76 904. 89 066. 89 488. 89 572. 94 563.

51 Gewinne von 1500 auf Nr. 536. 591. 7515. 81.. 15 183. 15 604. 15 922. 16 361. 16 708. 16 890. 20 997. 24 627. 26 484. 27185. 28 258. 29 282. 30 638. 31 821. 33 821. 34 325. 34 779. 35 557. 36 452. 39 366. 42 569. 46 647. 46 700. 46 745. 47 311. 48 763. 52 881. 59 192. 62 890. 64 369. 65 504. 65 587. 69 489. 69 605. 69 741. 70 184. 70 403. 72 299. 77 235. 77 481. 79 977. 80 724. 86 869. 89 476. 91 968. 91 987.

70 Gewinne von 550 auf Nr. 5545. 6449. 6618. 6715. 8158. 10 718. 16 849. 18 247. 18 763. 19 284. 19 360. 20 164. 20 604. 21 607. 22 087. 27 829. 28 264. 28 950. 30 134. 32 651. 33 057. 33 059. 33 374. 33 545. 34 983. 37 344. 38 341. 39 738. 40 167. 42 201. 42 958. 44 507. 45 520. 46 688. 48 162. 50 025. 50 645. 52 892. 53 906. 60 258. 60 311. 60 855. 61 818 62 233. 63 420. 63 576. 65 416. 66 233. 67 922. 68 642. 69 722. 69 773. 69 848. 72 901. 74 274. 75 428. 75 794. 81 496. 82 409. 82 432. 83 068. 83 679. 84 147. 85 614. 86 808. 88 630. 88 953. 89 388. 89 432. 89 652.

45 553.

Ausstellung des Vereins Berliner Künstler. (Schluß.)

„In jeder Hinsicht verdiente Aufmerksamkeit erregen drei kleine Bildchen von Paul Klette. Schon bei seinem ersten Auftreten im Jabre 1877 bewies der Künstler in der malerisch noch wenig fein durchgearbeiteten Scene „Im Café“ ein ungewöhnlich keckes und originelles Talent. Er ist seitdem, und zumal in den letztvergange⸗ nen Jahren, nicht häufig genug erschienen, um weiteren Kreisen des Publikums bekannt zu bleiben, präsentirt sich jetzt aber als ein

ländischen Papiere, die Zeitgeschäfte, die Coursschwanfungen. der Ver⸗-

Meister, der die Ausdrucksmittel seiner Kunst mit vollendeter Sicher⸗ heit beherrscht, ohne dabei das Mindeste an frischer Originalität ein⸗ gebüßt zu haben. Ein kleiner weiblicher Studienkopf zeigt eine so eingehende wie liebenswürdige Beobachtung der Natur. In einer in noch kleinerem Maßstab durchgeführten Genrescene in zwei Halb⸗ figuren, einem Ulanen und einer frischen Bauerndirne, die im ländlichen, saftig grünen Wirthsgarten mit einander plaudernd am Tische sitzen, gesellt sich dazu ein scharfer Blick für die Erfassung echten, unver⸗ fälschten Volkslebens in seiner ganzen derben Natürlichkeit, und in dem dritten, ein wenig größeren Bilde endlich ist sogar der specifisch Berlinische Lokalton so unmittelbar überzeugend getroffen, daß man keinen Augenblick daran zweifelt, in die links vom Brandenburger Thor abbiegende Allee des Thiergartens und auf das Gedränge der dort promenirenden Spaziergänger zu blicken. Fast die ganze Höhe und Breite der Tafel nimmt dabei die bis zum Knie herab sichtbare Figur eines eleganten Stutzers ein, der mit dem Monocle im Auge, den Spaziersteck in der Tasche des offenen hellgrauen Ueberziehers, ein Veilchen im Knopfloch, dem Beschauer in nachlässiger Haltung entgegenkommt. Ueber seine Schultern tauchen die Köpfe der in entgegengesetzter Richtung sich bewegenden Menge hervor, und auch in diesen nur vom Rücken her gesehenen Gestalten, der ältlichen Dame, dem flanirenden Ulanenoffizier u. s. w, frappirt eine so außerordentliche Wahrheit der Charakteristik, daß man eine jede 8 in ihrer besonderen Individualität lebendig vor sich zu sehen, einer jeden be⸗ reits persönlich begegnet zu sein meint. Dabei ist in der Tonstim⸗ mung des Ganzen und in dem kleinen Stäckchen nebelverschleierter Luft mit den hineinragenden kahlen Zweigen der Bäume am oberen Rande des Bildes der landschaftliche Charakter nicht minder treu ge⸗ troffen als derjenige der geschilderten Menschen, in der vornehmen, bei strenger Durchbildung des Details doch mühelos breiten und ein⸗ fachen Behandlung aber zugleich eine malerische Meisterschaft be⸗ wiesen, die den Künstler auch nach dieser Seite hin unter den Dar⸗ stellern modernen Lebens in die Reihe der Ersten stellt.

—— Aus -einer -Anzahl weiterer —Kabinetstücke der Ausstellm

dann in erster Linie zwei neue Studienköpfe von E. Harburger zu nennen, der in der lebensvollen Herausarbeitung der von ihm mit Vorliebe behandelten und mit prächtigem Humor geschilderten Typen unübertroffen bleibt, für die koloristische Stimmung seiner Bilder aber im Gegensatz zu der durchaus modernen malerischen Anschauungs⸗ weise Klette’'s in dem warmen, goldigen Ton der alten Niederländer das Vorbild findet. In der klaren Durcharbeitung von Form und Farbe, die einen erfreulichen Fortschritt gegen seine frühere ver⸗ schwommene Manier darstellt, verdient auch der kleine Kopf eines hübschen blonden Hirtenbuben von Kay unumwundene Anerkennung, obschon die Züge mehr auf ein trotzig blickendes Mädchengesicht als auf ein dem Kostüm entsprechendes Original binzudeuten scheinen. Echt im Charakter der Zeit aufgefaßt und sammt dem Interieur des Zimmers und dem Hausrath desselben mit feinem Pinsel vorzüglich durchgebildet ist ferner die kleine, zierliche Figur eines Violinspielers im Kostüm des Rococo von K. Seiler in München, während sich in der Gestalt eines die Laute spielenden Landsknechts von Ehrentraut das nicht übel ge⸗ troffene Porträt des Sängers Woworski darbietet.

Eine Reihe von Porträts, die Stauffer von Bern, G. Graef, Nils Gude, Scheurenberg u. A. beisteuerten, reprã⸗ sentirt die genannten Meister in gewohnter Weise. Besondere Be⸗ achtung fordert unter ihnen neben dem des Schriftstellers L' Arronge von Stauffer namentlich das von Gude gemalte Bildniß einer in dunkel⸗ rothem Kleide in ganzer Figur aufrecht dastehenden jungen Dame um der natürlich schlichten Haltung und der sicheren und anspruchslosen Behandlung willen. Als ein Meisterwerk aber, das bei größter Einfachheit der Darstellungsmittel die höchste künstlerische Vollendung erreicht, ist eine von Ludwig Knaus ausgestellte Porträtzeichnung, die Kniefigur des Historikers Professor Waitz, zu nennen. Eine gleichzeitig vorgeführte Radirung von H. Meyer wird das Blatt weiteren Kreisen in einer Nach⸗ bildung zugänglich machen, die indeß bei aller Trefflichkeit doch der bedeutenden Wirkung des Originals nur annähernd gleichkommt. Bis in ihre feinsten und intimsten Züge ist hier die geschilderte Er⸗ scheinung nach dem Leben studirt, die ganze Zeichnung aber wieder so leicht und sicher hingeschrieben, daß auch nicht die leiseste Spur von Absichtlichkeit an dieses eindringend beobachtende Studjum erinnert. Die Linke in die Tasche des Beinkleids geschoben, die Finger der leicht erhobenen Rechten mit dem von ihnen gehaltenen Lorgnon spielend, steht die Gestalt dem Beschauer in zwangloser Haltung mit leicht vorgebeugtem Haupte, wie in gemessen dahinfließender Unter⸗ haltung begriffen, aufmerksam zuhörend und zugleich ruhig erwägend gegenüber. Jede Linie dieser ungesucht und selbstverständlich sich gebenden Bewegung spiegelt die in sich geschlossene Persönlichkeit, den sicheren Blick und den feinen diplomatischen Sinn des frei über die Menge sich erhebenden, das weite Gebiet gesetzmäßiger historischer Entwickelung klar überschauenden Forschers wieder, und so athmet das Bildniß bei seltener Lebendigkeit des Ausdrucks in seiner ganzen Anffacfung und Behandlung eine fast klassische Ruhe und Vor⸗ nehmheit.

Zum ersten Mal bringt sich als ein sehr bemerkenswerthes Talent der Porträtmalerei Richard Scholz zur Geltung. Der etwas inhaltleeren, obschon gewissenhaft durchgeführten Studienfigur eines am Kaffeetisch sitzenden alten Mannes gesellt er das Porträt einer jungen Dame in grauem Kleid und rother Blouse, deren Gestalt in der frei und unbefangen aufgefaßten Haltung ein nicht minder indivi⸗ duelles Gepräge trägt als in dem frisch und lebensvoll blickenden, dem Beschauer zugewandten blonden Kopf. Läßt aber hier bei glück⸗ licher Beobachtung der Natur doch die malerische Ausführung an Feinheit noch zu wünschen übrig, so zeigt dafür eine dritte Arbeit, der „blonde Profilkopf eines jungen Mädchens mit braunem Seidenhut, dessen Ton zu dem Fond des Bildes und dem dunkleren Sammet des Kleides vortrefflich ge⸗ stimmt ist, in der gesammten Malerei eine so schöne, volle und ruhige Kraft der Farbe und eine so gleichmäßig sichere, die Töne fein verschmelzende Durchbildung, daß sich das Porträt den besten Leistungen bewährter Meister zur Seite stellen darf. Eine prächtige Studie endlich brachte Gysis in dem Brustbild eines ernst vor sich hin⸗ blickenden Mannes in leuchtend rothem Gewande, außerdem aber noch ein Stillleben von nicht minder reicher und energischer farbiger Wirkung, neben der sich von Arbeiten ähnlicher Art nur ein originell komponirtes Stillleben von Elise Hedinger in seinem an alte Meister erinnernden, tief gestimmten Gesammtton zu behaupten vermag.

Die reichste Vertretung findet, wie fast stets der Fall, die Land⸗ schaftsmalerei, unter deren diesmaligen Gaben cin „Golgatha“ von Försterling sich zur Höhe historischer Komposition zu erheben strebt, aber doch über einen rein äußerlichen Effekt kaum hinaus⸗ gelangt. Die unheimliche Scenerie mit dem über der fernen Stadt und über der Schädelstätte auf öder Bergeshöhe heraufziehenden, das Abendroth verschlingenden wilden Unwetter verräth mehr theatrali⸗ sches Arrangement, als tiefe Innerlichkeit des Empfindens, und das Gleiche gilt von der Staffagefigur des Judas, der sich scheu und er⸗ schreckt an den Felsen des Vordergrundes dahintastet. Mit weitaus besserem Gelingen sucht v. Pechmann in einem großen Bilde vom Ufer der Isar die einfache und große Formation der Landschaft ins Monumentale zu steigern; er würde eine noch entschie⸗ denere Wirkung erzielen, wenn die sichtliche Anlehnung an das Vorbild Wengleins nicht doch hinter dem Original merklich zurückstände. Am besten findet in diesem Zusammenhange auch eine ‚kleine Landschaft von Hermann Prell, dem Autor der Wandgemälde im Saale des Berliner Architektenhauses, ihre Er⸗ wähnung. Originell angelegt, wie jede Arbeit des begabten Künst⸗ lers, geht auch sie, ohne deshalb das Detail zu opfern, auf eine be⸗ deutendere Wirkung durch möglichste Vereinfachung und Zusammen⸗ fassung der Formen und Tonmassen aus. In dem weiten, tiefgrünen Wiesenplan einer Berghöhe, über welchen in abendlicher Stille und Einsamkeit eine Bäuerin singend dahergeschritten kommt, in der Gruppe der in herbstlichem Goldton schimmernden Birken, die weiter

zurück aus der Tiefe aufragen, und in dem Blick auf den von einem

Flüßchen durchschlängelten Thalgrund gelingt dies dem Künstler vor⸗ trefflich; nur in den kalten, violetten Tönen der Luft bleibt das Bild hinter seiner Absicht zurück.

„Mitt unbedingter Anerkennung ist das in der Schilderung der Küstengegend, in der Stimmung der Luft und in der fi urenreichen Staffage der ruhig und gleichmäßig schaffenden Erdarbeiter gleich wahr und charaktervoll ausgefallene stattliche Bild des „Kanalbau an der Ostsee“ von Kallmorgen in Karlsruhe zu nennen. Dieselbe schlichte Wahrheit athmet ferner eine große herbstliche Dorflandschaft mit der Staffagefigur eines Hirten, der mit seinen Schafen den durch⸗ näßten Weg daher kommt, von H. Herrmann in Düsseldorf, und noch nachhaltiger fesselt desselben Künstlers kleinere Partie „am Hafen“ durch das lebendig beobachtete bunte Menschengetriebe und vor allem durch die feuchte, das Licht gleichsam in sich aufsaugende silbrige Luft, die sich über die Scene breitet. Dieselben Vorzüge verbindet Rasch in München in seiner Partie aus dem Seebad Viareggio bei Carrara mit geistreich feiner Zeichnung der kleinen, auf der Brücke über dem grünlich schimmernden Wasser sich bewegenden Figuren eleganter Badegäste, während H. Gude in Berlin, von seinen ge⸗ wohnteren Motiven abweichend, einen „Septembermorgen am Erlen⸗ bach“ mit feinem poetischen Empfinden schildert und den das Grün der Zweige leicht verschleiernden Dunst der Frühe so meisterlich wieder⸗ giebt⸗ 88 vje schlane⸗ 15 85 Jngs Dame in lichtblauem Kleide,

ie in Begleitung ihres Hundes vorsichtig den fruchten We Rande des klaren Baches entlang schreitet.

Eine ansehnliche Kollektion landschaftlicher Aquarellen stellte von Gleichen⸗Rußwurm aus. Bei der größten Verschieden⸗ artigkeit der Motive zeigen sie den Meister allerdings kaum von einer neuen Seite, und auch der schwärzliche Grundton, auf dem sie in der Weise seines Weimaraner Genossen Hagen gestimmt sind, ist aus den neueren Gemälden des Künstlers bereits bekannt. Durchweg aber fesseln sie durch eine außer⸗ ordentlich energische Haltung und durch die sichere Breite, mit der

Buchholz in dem liebenswürdig ansprechenden Bildchen der „Mühle an der Ilm“ das Aeußerste an zierlich feiner Durchbildung des De⸗ tails, ohne doch die Gesammtwirkung kleinlich zu verzetteln, und durch eine ähnliche, stellenweis ein wenig harte Behandlung überrascht Hoffmann von Fallersleben in einem „Abend am Strande“ und in einer noch gelungeneren dämmernden „Winterlandschaft“ be⸗ scheidensten Umfangs. Eine Partie „am Wallgraben“ eines alten Städtchens von Schnee ist frischer und breiter vorgetragen als irgend ein früheres Bild des Malers, aber keineswegs ärmer an treulich beobachtetem und gewissenhaft geschildertem Detail.

Beachtung fordern endlich noch die Landschaften von Ed. Fischer, Schirm und v. Saucken sowie die hier und da mit schlanken Bäumen bestandene, in der feuchten Luftstimmung meisterlich wieder⸗ gegebene Wiesenpartie „am Weiher“ von Kubierschky, die in vollem, sattem Ton mit breitem Pinsel und mit gewohnter Meister⸗ schaft gemalten „Rinder auf der Weide“ von O. v. Thoren und vor allem je zwei Bilder von Konrad Lessing und von Rahtjen. Des Ersteren „Landschaft von der Lahn“ mit den kahl aufragenden Kalkfelsen, und nicht minder die ihr zugesellte „Gebirgslandschaft in Gewitterstimmung“ imponiren, in ihrer ganzen Haltung lebendig an die Kunst Karl Friedrich Lessings erinnernd, durch die schlichte, un⸗ gesuchte Größe der Auffassung ebenso sehr wie durch die diskrete, sich dem Gegenstand völlig unterordnende Meisterschaft der gesammten Malerei. In den Bildern von Rahtjen aber findet das atmosphärische Leben und Weben der Landschaft, der Zauber von Licht und Luft eine so fein emp fundene Wiedergabe, und beide Arbeiten fesseln überdies durch eine so ruhig geschlossene Stimmung des Tons, daß sie sich den vorzüglichsten Leistungen moderner Landschaftsmalerei anreihen. In einer Partie aus dem Harz mit dem Blick auf einen vom Dunst der Ferne verhüllten Berg⸗ rücken und das vom letzten Lichtstreif der abendlichen Dämmerung um⸗ säumte Gewölk, auf dem dunkel sich hinziehenden Wiesengrund und auf das aus dem Buschwerk am schilfigen Ufer hervorschauende Gehöft wirkt die Komposition mit ihren breit und klar gegliederten Tonmassen so meisterhaft wie die voll und ruhig aus⸗ klingende poetische Stimmung des Bildes. In der mit weidenden Rindern staffirten Herbstlandschaft, einer feuchten Wiese mit hier und da aufblitzenden Wasserlachen, mit dünnem Gebüsch und vereinzelt aufragenden Stämmen, ist der das Ganze umschleiernde Ton des Morgennebels nicht minder fein und wahr getroffen, und mit der seltenen Echtheit der Schilderung verbindet sich eine ebenso breite wie geistreiche malerische Behandlung.

Von den Werken reproducirender Kunft, welche die Ausstellung vorführt, seien schließlich noch neben dem bereits erwähnten Porträt nach Knaus von H. Meyer die nach Raffael und Mantegna radirten Blätter von Böttcher in München, die noch etwas befangenen landschaftlichen Radirungen von Heilmair ebendaselbst und nament⸗ lich die vorzüglichen, zu den besten Leistungen ihrer Art zählenden Hergönitte von Heuer und Kirmse in Berlin wenigstens kurz erwähnt. 8

Am Dienstag, den 29. d. Mts., fand im Sitzungssaale des Königlichen Statistischen Bureaus und meteorologischen Instituts die konstituirende Versammlung des Zweigvereins Berlin der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft statt, über deren Gründung zu Hamburg im November v. Js. wir seiner Zeit be⸗ richtet haben.

Nachdem Dr. Hellmann die zahlreich besuchte Versammlung in kurzen Worten begrüßt und die Aufgabe der Versammlung dargelegt hatte, ging dieselbe unter dem Vorsitz des Geheimen Ober⸗Regierungs⸗ Raths Dr. Thiel zur Berathung der Satzungen des neuen Vereins über, der mit einer Anzahl von 40 Mitgliedern ins Leben trat. Aus seinen Statuten heben wir hervor: „Zweck des Vereins ist die Pflege der Meteorologie sowohl als Wissenschaft, wie in ihren Beziehungen zum praktischen Leben, mit besonderer Berücksichtigung der lokalen Interessen von Berlin und Umgegend.“ Die Mitglieder des Zweig⸗ vereins zahlen einen jährlichen Beitrag von 3 ℳ, und falls sie auch Mitglieder der allgemeinen deutschen Meteorologischen Gesell⸗ schaft sind, an diese nur noch 7 ℳ, anstatt 10 ℳ, so daß es für die Freunde der Meteorologie in Berlin und nächster Umgebung am vortheilhaftesten ist, beiden Vereinen zugleich anzugehören.

. Jeden Monat, mit Ausnahme im Juli, August und September, wird eine Sitzung des Vereins stattfinden. Wegen weiterer Einzel⸗ heiten ertheilt der Schriftführer Dr. Hellmann SW., Lindenstraße 28, die gewünschte Auskunft.

Die Aufführung der „Journalisten“ von Gustav Freytag,

welche am nächsten Montag im Deutschen Theater stattfindet, gewinnt dadurch noch ein besonderes Interesse, daß Fr. Niemann als „Adelhaid“ ihrem Repertoire eine neue Rolle hinzufügt. In den

männlichen Hauptrollen sind die Herren Förster, Friedmann, Engels

Sommerstorf u. A. beschäftigt.

Im Belle⸗Alliance⸗Theater steigt die Posse „Vette Brausewetter“ von Vorstellung zu Vorstellung immer mehr in der Gunst des Publikums, was das Stück hauptsächlich den an sprechenden Melodien zu danken hat, mit welchen Gustav Michaelis dasselbe ausgestattet. Namentlich das Quartett „Ja hätten wir’'s nicht, dann thäten wir's nicht, das Couplet „Mädel, Mädel, denk daran“ und vor allem das Duett des 4. Aktes finden allabendlich großen Beifall.

Redacteur: Riedel. Berlin:

Verlag der Expedition (Kesse2). Druck: W. Elen Vier Beilagen

—- Im Gegenfatz dasm biefe—— 9*%t

des Staats, die

keiner Seite bestritten worden. dürfniß vom ganzen Hause anerkannt, 1880 habe auch der

zum Deutschen Rei

11““ ö“ ““ 8* 2* 8 8

2An

Erste Beila ge

Berlin, Donnerstag, den 31. Januar

zeiger und Königlich Preußischen Staats⸗An

Verfügung des Ministers der öffentlichen Arbeiten, betref⸗ fend Festsetzung der Geschäftsbezirke der durch den Allerhöchsten Erlaß vom 24. Januar d. Js. in Breslau und Posen errichteten Betriebsämter und anderweite Abgrenzung der Geschäftsbezirke einzelner bereits bestehender Betriebsämter.

CEs wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß

J. den durch den Allerhöchsten Erlaß vom 24. Januar d. J., betreffend Einsetzung der Behörden für die auf Grund des Gesetzes vom 24. Januar d. J. (Gesetz⸗Samml. S. 11) in Verwaltung und Betrieb des Staates übergehenden Privat⸗ eisenbahn⸗Unternehmungen und anderweite Abgrenzung der Eisenbahn⸗Direktionsbezirke Magdeburg und Erfurt, im Bezirk

8 d. J. ab errichteten Königlichen Eisenbahn⸗Betriebs⸗

ämtern zu Breslau und Posen die Verwaltung und Betriebsleitung einerseits der zu dem Rechte⸗Oder⸗Ufer⸗, andererseiis der zu dem Posen⸗Creuzburger Eisen⸗ bahnunternehmen gehörenden Strecken innerhalb der den Königlichen Eisenbahn⸗Betriebsämtern durch die Allerhöchst unter dem 24. November 1879 genehmigte Organisation der Staatseisenbahnverwaltung zugewiesenen Ressortbefugnisse übertragen, und hierbei zugleich bestimmt worden ist, daß die

hiernach vom 1. März d. J. ab in Breslau und Posen unter der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Breslau fungirenden Königlichen Eisenbahn⸗Betriebsämter, und zwar: 1) in Breslau für die Strecke: 3 a. Schebitz⸗Breslau⸗Cosel, Brieg⸗Neisse, Groschowitz⸗Gr. Sctrehlitz⸗Peiskretscham⸗Borsigwerk und Peiskretscham⸗ Laband, b. des Rechte⸗Oder⸗Ufer⸗Eisenbahnunternehmens, 2) in Posen für die Strecken: 5. a. Stargard⸗Posen, Posen⸗Thorn, Inowrazlaw⸗Brom⸗ berg und Inowrazlaw⸗Montwy, b. des Posen⸗Creuzburger Eisenbahnunternehmens, auf den von ihnen 1 amtlichen Schriftstücken ihrer Firma in Klammer den Zusatz: 8 b ad 1a Breslau⸗Cosel, 1 1 b Breslau⸗Dzieditz, 2a Stargard⸗Posen, 2 b Posen⸗Creuzburg

Der Regierungskommissar Regierungs⸗Assessor Hegel ent⸗ gegnete, die Staatsregierung stehe noch auf demselben Stand⸗ punkt, den der Minister im Jahre 1880 hier gekennzeichnet habe. Sie erkenne das Bedürfniß der Entschädigung der Superintendenten für ihre Bureauausgaben an, es frage sich nur, auf welchem Wege die nöthigen Mittel beschafft werden sollten. Es seien zwar den Provinzialsynoden verschiedene Propositionen gemacht, auch sei von denselben hierüber Be⸗ schluß gefaßt worden, indeß sei dem Minister eine Mittheilung hierüber bis jetzt noch nicht zugegangen, und kein Antrag ge⸗ stellt worden. Wenn diesbezügliche Anträge an die Staats⸗ regierung herantreten würden, so würden sie jedenfalls mit demjenigen Wohlwollen geprüft werden, welches bereits im Jahre 1880 der Minister hier in Aussicht gestellt habe. Er möchte noch mit einem Worte auf die rechtliche Seite der Sache zurückkommen. In dieser Beziehung stehe die Staatsregierung nach wie vor auf dem früheren Standpunkte, welcher auch in den Motiven zur Generalsynodalordnung und in den Motiven zu dem Kirchenverfassungsgesetz ausgesprochen

II. die Geschäftsbezirke der in der anliegenden Nachwei⸗ sung Spalte 2 aufgeführten Königlichen Eisenbahn⸗Betriebs⸗ ämter in der in Spalte 3 und 4 angegebenen Weise und zu dem in Spalte 5 bezeichneten Zeitpunkte anderweit abgegrenzt werden. v“

Berlin, den 25. Januar 1884.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten. Maybach.

Anla 1. 2. 11

Direktion. Betriebsamt. ugang.

5

Sei t der eintretenden Veränderung.

Allenstein⸗Gutstadt, Braunsberg⸗Mehlsack, Ortelsburg⸗Johannisburg, Zollbrück⸗Bütow,

Scharzfeld⸗Lauterburg⸗St. Andreasberg, Wabern⸗Wildungen

Bromberg. Allenstein

Stolp. Paderborn.

Cassel (Main⸗Weser Bahn)

Magdeburg

Magdeburg. 8 (Magdeb.⸗Halberst.).

v“ 1“ 8 Halberstadt. Wernigerode⸗Ilsenburg. Fongerich-Reuß⸗ 1 Kalscheuren⸗Jünkerath,

Call⸗Hellenthal.

,1Z“ (inksrhei ische

Langerwehe⸗Herbesthal, (Stolberg⸗Alsdorf, Stolberger Thalbahn, Herbesthal⸗Eupen.

feld⸗Homberg, 8 Viersen⸗Venlo, Homberg⸗Moers.

Plaue⸗Suhl, Grimmenthal⸗Ritschen⸗ hausen.

Weißenfels⸗Halle, Corbetha⸗Leipzig.

8 M.⸗Gladbach⸗Viersen⸗Cre⸗-

Nach Betriebseröffnung.

Suhl⸗Grimmentha Am 1. April 1884 in den Bezirk der Eisenb.⸗

8 Direktion Erfurt (Betriebsamt Erfurt).

Plaue⸗Suhl, Der Eisenbahn⸗Direktion Magdeburg

Grimmenthal⸗ direkt unterstellte Neubaustrecken, gehen

AI nach Betriebseröffnung in den Bezirk

der Eisenbahn⸗Direktion Erfurt (Be⸗

triebsamt Erfurt) über. 1X“ Nach Betriebseröffnung. 8

Am 1. April 1884 aus dem Bezirk des Betriebsamts Crefeld.

Am 1. April 1884 aus dem Bezirk des Betriebsamts Trier.

Am 1. April 1884 in den Bezirk des Betriebsamts Aachen.

Langerwehe⸗Herbesthal, Stolberg⸗Alsdorf, Stolberger Thalbahn, Herbesthal⸗Eupen. 1 Am 1. April 1884 aus dem Bezirk des Betriebsamts Cöln (linksrheinisch).

feld⸗Homberg, Betriebsamts Crefeld. Viersen⸗Venlo,

Homberg⸗Moers.

M.⸗Gladbach⸗Viersen Cre⸗ Am 1. April 1884 in den Bezirk des

Am 1. April 1884 aus dem Bezirk des BetriebdaettswI.

Am 1. April 1884 in den Bezirk des

Longerich⸗Neuß, Bez Betriebsamts Cöln (linksrheinisch).

Kalscheuren⸗Jünkerath, Call⸗Hellenthal.

Dietendorf⸗Erfurt, Dietendorf⸗Ilmenau

Am 1. April 1884 in den Bezirk des Betriebsamts Erfurt.

Am 1. April 1884 aus dem Bezirk des Betriebsamts Cassel.

Am 1. April 1884 aus dem Bezirk der Eisenb.⸗Dir. Magdeburg (Betriebsamt [Magdeburg⸗Halberstadt] zu Magdeburg).

Nach Betriebseröffnung aus dem Bezirk der Eisenbahn⸗Direktion Magdeburg.

Am 1. April 1884 in den Bezirk des Be⸗ triebsamts Weißenfels. .

Am 1. April 1884 aus dem Bezirk des Betriebsamts Erfurt. 8

Weißenfels⸗Halle, Corbetha⸗Leipzig.

8

Preuß Berlin, 31. Januar. Im weiteren

Verlaufe der gestrigen (37.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite 2T Entwurfs des Staatshaushalts⸗Etats für 1884/85 mit

Berathung des

der Diskussion des Etats des Ministeriums der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten dauernde Ausgaben Kap. 112

Konsistorien) fortgesetzt.

ei Kap. 112 (evangelische Konsistorien 1 067 345 ℳ) be⸗

merkte der Abg. Hahn, er müsse hier eine Angelegenheit zur Sprache bringen, welche schon wiederholt dieses Haus beschäf⸗ tigt habe, nämlich die Dotirung der evangelischen Super⸗

intendenten für ihre Bureaubedürfnisse. Die Verpflichtung Superintendenten hierfür aus Staats⸗ seither auch noch von

entschädigen, sei 8 Schon 1877 sei dieses Be⸗

mitteln zu

frühere Minister von Puttkamer es als billig bezeichnet, die

Superintendenten für die Führung der Ephoralgeschäfte von

Staatswegen zu entschädigen. ndeß sei noch bis heute

nichts geschehen. Nach der bisherigen Auffassung würden die Kosten der äußeren Verwaltung vom Staate getragen, und die Provinzialsynoden hätten sich daher bis auf eine mit Recht geweigert, aus dem einen Prozent der ihnen zustehen⸗ den Umlagen zu dieser Dotirung etwas beizutragen. Der Staat habe sich aber in der neuen Kirchengesetzgebung die Mit⸗ wirkung bei der Besetzung der kirchenregimentlichen Aemter aus⸗ drücklich gesichert, abgesehen von der event. Heilsamkeit dieser Bestimmung bleibe demselben aber mit diesem Rechte auch die frühere Pflicht der Bestreitung der äußeren Verwaltungs⸗ kosten der Kirche. Das Bedürfniß sei schon 1846 anerkannt gewesen, schon damals sollten 20 000 Thaler für diesen Zweck ausgeworfen werden; die Ereignisse von 1848 hätten die Sache wieder in Vergessenheit gebracht. Jetzt wolle der Staat nach einem Proponendum des Ober⸗Kirchenraths an die Provinzial⸗ synoden zwar etwas thun, aber erst dann, wenn aus den kirchlichen Umlagen wenigstens ein Theil der Mittel aufge⸗ bracht sei. Hier scheine der Kultus⸗Minister wohl gewollt, aber beim Finanz⸗Minister nicht genügendes Entgegenkommen gefunden zu haben. Er glaube, daß von Seiten des Hauses einer bezüglichen Forderung von etwa 60 000 im nächst⸗ jährigen Etat kein Widerspruch entgegengesetzt würde. 8

fet, daß namtich vie Gemeindeumlagen an erster Stelle allch zu Bureaubedürfnissen für die Superintendenten verwendet werden sollten. Von einzelnen Provinzialsynoden sei auch dieser Standpunkt als richtig anerkannt worden, indem von denselben der Wunsch hsgesbcochen worden sei, nur den Rest der durch die Umlagen hicht gedeckten Bureauunkosten auf die Staatskasse zu übernehmen. Schon hieraus ergebe sich, wie nothwendig es sei, daß substantiirte Anträge an die Staats regierung gestellt würden. Alsdann erst werde sich die Re⸗ gierung in der Lage befinden, für die hervortretenden kirch⸗ lichen Bedürfnisse einzutreten. BW“ 8 Der Abg. Hermes erklärte, im Jahre 1873 sei die Kirchen⸗ gemeinde⸗ und Synodalordnung mittels Allerhöchsten Erlasses eingeführt, indem gesagt sei, daß es angemessen erscheine, zu einer definitiven Ordnung der kirchlichen Gemeindeorgane und Synoden zu schreiten, und dadurch den in der Kirche vorhandenen Kräften Gelegenheit zu geben, sich mehr als bisher selbstthätig an der Verwaltung der kirchlichen An⸗ elegenheiten zu betheiligen. Die hier vom Könige ausge prochene Erwartung sei im gewissen Sinne in Erfüllun gegangen. Der Erlaß der Kirchenordnung sei freudig begrüßt worden. Eine andere berechtigte Erwartung sei gewesen, da die kirchlichen Behörden, vor allem die Königlichen Konsistorien, und speziell das Konsistorium der Provinz Brandenburg auch ihrerseits im Sinne des Königlichen Erlasses Alles thun würden, um die Selbstthätigkeit der Gemeinden und ihrer Mitglieder, sowie der Gemeindevertreter in den Synoden zu fördern. Aber nicht nur, daß dies nicht geschehen sei, es suche speziell das Konsistorium der Provinz Brandenburg diese Selbstthätig keit noch geradezu zu untergraben. Dasselbe wolle eben, daß an die Stelle des Gesrtzes der Wille des Konsistoriums trete. Redner verwies in dieser Beziehung unter Verlesung eine äußerst umfangreichen Correspondenz und der bezüglichen Ent⸗ scheidungen des Konsistoriums auf die bekannten Vorgänge in der hiesigen Sophien⸗Gemeinde, wo sich in Folge der Ver⸗ fügung des Konsistoriums, daß die Beschlußfähigkeit des Kirchenraths nur nach der normalmäßigen Mitgliederzahl fest gesetzt werden sollte, wiederholt Mandatsniederlegungen von Mitgliedern vollzogen hätten, und wo schließlich Beschluß unfähigkeit und ein thatsächlich rechtlich unhaltbarer Zustand eingetreten sei. Es habe sich da der Fall wiederholt, daß die E“ des Konsistoriums früheren Entscheidungen des Ober⸗Kirchenraths, die sich auf ganz gleiche Angelegen heiten bezogen hätten, geradezu in das Gesicht schlügen Auf die gegen die erwähnte, in Sachen der Sophien⸗Gemeinde erlassene Verfügung des Konsistoriums gerichtete Beschwerde habe der Ober⸗Kirchenrath erst nach etwa sechs Monaten in der Weise geantwortet, daß derselbe die Beschlußfähigkeit nach der normalen Stimmenzahl zwar anerkannt habe, und sich somit auf die Seite des Konsistoriums gestellt habe, anderer⸗ seits aber doch nicht habe umhin können zu bemerken, daß auch die entgegengesetzte Auffassung nicht als eine ungesetzliche bezeichnet werden könne. Was solle man nun mit einer solchen Entscheidung machen? Entweder sei doch eine Verfolgung ungesetzlich oder sie sei es nicht. Durch die Entscheidung des Ober⸗Kirchenraths sollte einfach dem Konsistorium zwar der Pelz gewaschen, aber nicht naß gemacht werden. Wie solle nun in der Sophien⸗Gemeinde wieder ein Rechts⸗ zustand eingeführt werden, nachdem die dort gefaßten Beschlüsse thatsächlich rechtsungültige gewesen seien? Habe doch ein Mitglied des betreffenden Kirchen⸗ raths, dem doch wohl das Bewußtsein dieses Zustandes nahe getreten sein möchte, den Antrag gestellt, daß alle Beschlüsse des Kirchenraths für legal erklärt werden sollten. Diese Beschlußunfähigkeit des Kirchenraths in der Sophiengemeinde 8 aber vom Konsistorium mit Absicht herbeigeführt worden. edner exemplifizirte nun als Argument für seine Behaup⸗ tung auf die Vorgänge bei den Wahlen in jener Gemeinde im Herbst 1882. Damals seien 6 Aelteste und 18 Gemeinde⸗ glieder ausgeschieden. Bei den Neuwahlen sei aber nur die Wahl von 5 Aeltesten perfekt geworden. Unter diesen Fünfen hätten sich vier alte Mitglieder und ein neues befunden. Diese vier hätten ungefähr auf dem Standpunkte gestanden, 1 daß sie die konsistoriale Unfehlbarkeit nicht ohne „Wei⸗ teres anerkannt hätten, während das neue Mitglied allerdings zu den Gefügigen zu zählen gewesen sei. Dafür sei dann aber auch in Bezug auf und diesen Einen eine ganz verschiedenartige Behandlung ein⸗ getreten. Als sich nämlich die Vier beschwerdeführend an das Konsistorium gewandt hätten, daß über ihre Einführung noch nichts bestimmt worden sei, da hätten sie den Bescheid er⸗ halten, daß es mit ihrer Einführung noch bis zu den Neu⸗ wahlen Zeit habe, wo jedenfallss ein kirchenordnungsmäßiger Bestand eintreten werde. Die erwähnten Vier hätten hierauf ihr Amt niedergelegt. Jetzt sei aber auch gleich ein anderes Bild in Erscheinung getreten, denn als der erwähnte übrig bleibende Eine nun wegen seiner Einführung monirt habe, da sei dieselbe ohne Weiteres verfügt. (Rufe rechts: Zur Sache! das seien doch ganz interne Vorgänge in der Gemeinde!) Wenn er über Verfügungen eines Konsistoriums spreche, welches aus der Tasche der St uerzahler

8

ETETe--““

diese Vier

EEEEE111“