beantworten. Der Verfasser glaubt dieses märchenhafte Land, welches schon von dem König Alfred von England in seiner Be⸗ schreibung „von Ländern und Grenzen Europas“ erwähnt wird, in der Gegend zwischen der Oder und Prosna in Schlesien gefunden zu haben, und knüpft daran interessante Hinweise auf die halb kriege⸗ rischen, halb religiösen weiblichen Genossenschaften in den Slaven⸗ ländern, von denen uns mancherlei Spuren aus dem Alterthum er⸗ halten sind. — Aus dem literarischen Nachlaß von C. A. Böttiger in der Königlichen Bibliothek zu Dresden theilt Leonhard Lier fünf Briefe K. Friedrich Kretschmanns aus Zittau, des einst viel⸗ genannten Barden Rhingulph, mit. Diese bisher ganz unbekannten, gus Zittau (1797 — 1807) datirten Briefe gewähren einen Einblick in das ruhelose, literarische Schaffen Kretschmanns, der, un⸗ geachtet aller Lasten seines Amtes und selbst der späteren Kränklich⸗ keit, unausgesetzt schriftstellerisch thätig war. Zugleich zeugen sie von der Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit des seiner Zeit hochgeehrten Dichters. Interessant sind die Briefe vor Allem deshalb, weil sich K. darin über die Frage ausspricht, die für die Existenz und Be⸗ deutung der Bardenpoesie, deren treuester Vertreter er war, entschei⸗ dend werden mußte. Daß man es wagte, dieser Poesie alle historische Berechtigung abzusprechen, nachdem man schon ihren ästhetischen Werth in Zweifel gezogen hatte, das mußte für K. eine unabweisliche Forderung sein, nicht etwa nur das geliebte Kind seiner Muse zu schützen, sondern vor Allem den Deutschen diesen „dichterischen Ahnenadel“ zu wahren. — An diese mannigfaltigen, wissenschaftlichen Aufsätze und literarischen Mittheilungen reihen sich „Nachrichten aus den Lausitzen“, welche sich namentlich auf das Schulwesen beziehen, nebst einem Anhange, ent⸗
haltend den Jahresbericht der Lausitzer Predigergesellschaft in Leixzig. — Unter den „Literarischen Anzeigen finden wir eine Besprechuug der Monographie: „Die Urnenfriedhöfe mit Thon⸗ gefäßen des Lausitzer Typus“ von Dr. Robert Behla, ferner unter den „Miscellen“ eine Anzahl Sorauer Volks⸗ und Lieblingslieder. — Unter den „Nachrichten aus der Gesellschaft“ finden wir in dem Protokoll der 160. Hauptversammlung, abgehalten in Görlitz, am 25 April 1883, das Urtheil über die auf das letzte Ausschreiben der Gesellschaft eingelaufenen Preisschriften. Danach war über die Preisaufgabe: „Lebensentwickelung und öffeatliche Wirksamkeit der beiden Stifter der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, von Gersdorf und von Anton“ gar keine Arbeit eingegangen. Da⸗ gegen hatte die Aufgabe: „Biographie und literargeschichtliche Würdi⸗ gung Leopold Schefers“ ihre Lösung in drei Bearbeitungen gefunden, von welchen indeß eine als unvollständig zurückgewiesen werden mußte. Von den beiden andern wurde, auf Grund eingehenden Re⸗ ferats des Gymnasial⸗Direktors Dr. Eitner und des Korreferats des Vize⸗Präsidenten Dr. Paur, der Arbeit des Dr. Bren⸗ ning in Bremen der Preis ertheilt. Die Gesellschaft beschloß zu⸗ gleich, die erstere ungelöste Preisaufgabe (150 ℳ) noch einmal zu stellen, und zwar bis zum 31. Januar 1885. Als neue Aufgabe zum Preise von 150 ℳ wurde die Aufgabe ausgeschrieben: „Stellung der Gutsunterthanen in der Oberlausit zu ihren Gutsherren bis zur Ab⸗ lösung der betreffenden Lasten“. Die Arbeiten sind. einzuliefern bis 31. Januar 1885. — In der Hauptversammlung vom 5. Oktober 18838 hat die Gesellschaft zur Errichtung eines Ehren⸗ denkmals für den Dichter Leopold Schefer 300 ℳ benilligt. Der Etat balancirte in Einnahme und Ausgabe mit 9113 ℳ Dem Jahresbericht für 1882/83 zufolge ist die Bibliothek auf 7573 Bände angewachsen. — Am Schluß des Hefts werden den dahingeschie⸗ denen Mitgliedern und Ehrenmitgliedern, unter diesen dem Staats⸗ Minister Frhrn. von Manteuffel, Nekrologe gewidmet und das nament⸗ liche Verzeich iß sämmtlicher Mitglieder nach dem Personalstande vom 1. Dezember 1883 mitgetheilt.
— Bezüglich der Erstattung der Prozeßkosten sind gesetzlich nur einzelne allgemeine Grundsätze aufgestellt worden, deren formelle und materielle Ausbildung der Praxis überlassen ist. An der der letzteren hiernach zugefallenen Aufgabe soll eine von dem Landgerichts⸗ Rath Willenbücher herausgegebene Schrift mitwirken, welche den Titel führt „Das Kostenfestsetzungsverfahren und die deutsche Gebührenordnung für Rechtsanwälte mit Er⸗ läuterungen und Beispielen“ und im Verlage von H. W. Müller, Berlin, erschienen ist. (Preis 3 ℳ) Die Grundsätze darüber: welche Kosten die obsiegende Partei erstattet verlangen kann? — was sie zu thun hat, um zu ihrem Rechte zu gelangen? — wie der Richter korrekt prozediren wird, um ihr zu diesem Rechte zu verhelfen und gleichzeitig den unterliegenden Gegner vor unbilligen Ersatzansprüchen in Schutz zu nehmen? sind in der Schrift an der Hand der Praxis, unter eingehender Benutzung der Forschungen der Literatur und der Resultate der Judikatur geordnet und erläutert zusammengestellt worden. Die einen integrirenden Bestandtheil des Kostenfestsetzungs⸗ verfahrens bildende Gebührenordnung für Rechtsanwälte hat der Ver⸗ fasser dem Wortlaute nach mitgetheilt und mit Anmerkungen ver⸗ sehen, welche die von der Rechtssprechung, insbesondere des Reichs⸗ gerichts, gezogenen praktischen Konsequenzen in den Vordergrund stellen. Die Hauptdarstellung zerfällt in folgende drei Abschnitte: das Kostenerstattungsverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, dasselbe in Strafsachen, den Kommentar zur Gebührenordnung für Rechtsanwälte. Die sich hierananschließenden, größtentheils der Praxis des Landgerichts zu Allenstein entnommenen Beispiele werden dazu beitragen, die aufge⸗ stellten Grundsätze zur lebendigen Anschauung zu bringen. Die Schrift, deren praktischer Werth durch ein Sachregister erhöht wird, ist bestimmt, sowohl den Prozeßparteien eine sachkundige Berathung als auch dem mit der ktitischen Sichtung und Festsetzung betrauten Richter einen Maßstab für ein korrektes und praktisches Verfahren zu bieten; auch die juͤngeren Juristen werden in derselben ein erwünschtes Hülfsmittel für die Anwendung der schwierigen, in Frage stehenden Grundsätze finden.
Paris, 21. Februar. (W. T. B.) Der Dichter Coppée und Hr. von Lesseps sind zu Mitgliedern der Akademie gewählt worden.
Gewerbe und Handel.
In der gestrigen Sitzung des Kurakoriums der Preußischen Hypotheken⸗Aktienbank wurde die Bilanz per 31. Dezember 1883 festgestellt. Der Reingewinn pro 1883 beziffert sich hiernach auf 360 571 ℳ, und der bevorstehenden Generalversammlung wird die Vertheilung von 5 % Dividende vorgeschlagen werden. Nach dem von der Hauptdirektion erstatteten Berichte hat in 1883 die fortschreitende Besserung der Erträge und Werthe der Berliner Grundstücke auf die Sicherheit und Prosperität des Hypothekenbesitzes der Bank den günstigsten Einfluß geübt. In 1883 war die Bank bei 19 Zwangs⸗ versteigerungen betheiligt, von denen 7 von anderen Interessenten be⸗ antragt wurden. Im Besitz der Bank verblieben am Jahresschlusse überhaupt 2 in Breslau belegene Grundstücke mit einem Buchwerth von 142 596 ℳ bei einem Versicherungswerth von 192 000 ℳ An Pfandbriefen waren am 31. Dezember 1883 im Umlauf 4 % Pari⸗ Pfandbriefe 7 465 100 ℳ, 4 ½ % Pari⸗Pfandbriefe 28 448 200 ℳ, 5 % Pari⸗Pfandbriefe 30 954 600 ℳ gegen 60 164 100 ℳ Ende 1880. 4 ½ % Pfandbriefe, rückzahlbar mit 20 % Agio, 4 190 550 ℳ, 5 % Pfandbriefe, rückzahlbar mit 10 % Agio, 15 892 000 ℳ Die 5 % Pfandbriefe Serie III. sind nunmehr von der Bank, wie 1882 die Pfandbriefe Serie II., sämmtlich aufgerufen worden.
— Dem Verwaltungsbericht der städtischen Sparkasse zu Magdeburg für das Jahr 1883 sind folgende Daten entnommen: Am Schluß des Jahres 1882 betrugen die Einlagen der Interessenten 25 616 106 ℳ Im Jahre 1883 sind neu belegt 10 502 314 ℳ und den Interessenten an Zinsen gutgeschrieben 834 218 ℳ, woraus sich als Gesammtsumme ergeben 36 952 639 ℳ Zurückgenommen sind im Laufe des Jahres 1883 9 701 243 ℳ, mithin am 31. Dezember 1883 belegt geblieben 27 251 396 ℳ Die Einlagen haben sich daher gegen ultimo Dezember 1882 vermehrt um 1 635 289 ℳ Ausstehende Kapitalien besaß die Sparkasse am Schlusse des Jahres 1883 28 344 586 ℳ, Zinsen standen aus 34 676 ℳ, baarer Bestand war 904 622 ℳ, überhaupt 29 283 885 ℳ Davon gehen ab: noch nicht abgeführte Ueberschüsse 9257 ℳ, schuldige Dienstkaution 3000 ℳ, noch einzulösende Sparmarken 29868 ℳ, mithin bleibt ein Vermögen ultimo 1883 von 29 268 642 ℳ Von dieser Summe gehören, wie oben berechnet, den Interessenten 27 251 396 ℳt,
so daß ein Ueberschuß verbleibt von 2 017 245 ℳ, welcher sich nach Abzug des Reservefonds von 1 692 464 ℳ, für das Jahr 1883 stellt auf 324 781 ℳ. Von diesem Ueberschusse werden 50 % zur Verstärkung des Reservefonds entnommen mit 162 390 ℳ, wodurch letzterer auf 1 854 854 ℳ 98 ₰ erhöht wird, und 162 390 ℳ zur Verwendung für öffentliche städtische Zwecke disponibel bleiben. Sparkassenbücher waren ultimo 1882 ausstehend 61 606 Stück. Im Jahre 1883 sind neu ausgefertigt 11 588 Stück. Zurückgenommen sind im Jahre 1883 7531 Stück, mithin bleiben ultimo 1883 aus⸗ stehend 65 663 Stück, gegen das Vorjahr mehr 4057 Stück. Darauf sind im ganzen belegt 27 251 396 ℳ 17 ₰, also auf jedes Buch durchschnittlich 415 ℳ (s— 0,79 ℳ). Im Jahre 1883 sind bei der Kasse eingegangen 15 167 213 ℳ, ausgegeben sind 14 262 591 ℳ, mithin hat ein Geldumsatz stattgefunden von 29 429 804 ℳ,
— Dem Verwaltungsberichte der städtischen Sparkasse zu Halle a. S. für das Jahr 1883 sind folgende Daten entnommen: Am Schlusse des Jahres 1882 betrugen die Einlagen der Interessenten 6 359 581 ℳ (inkl. 896 ℳ älterer per 1. Januar 1876 gekündigter Einlagen). Im Jahre 1883 sind neu eingezahlt 3 511 915 ℳ und den Interessenten an Zinsen gutgeschrieben 64 541 ℳ, Summa 9 936 038 ℳ Davon sind im Laufe des Jahres 1883 zurückgezogen 2 893 597 ℳ, sodaß ult. 1883 den Interessenten ein Guthaben verbleibt von 7042 441 ℳ, d. i. gegen das Vorjahr mehr 682 859 ℳ Die Aktiva der Sparkasse betragen ultimo 1883: a. Ausstehende Kapitalien 8 211 989 ℳ, b. Grundstück Rathhausgasse Nr. 1 94 239 ℳ, c. Mobiliarwerth ultimo 1883 2198 ℳ, d. rückständige Zinsen 14 507 ℳ, e. Baar⸗ bestand 4674 ℳ, Summa 8 327 607 ℳ Rechnet man davon ab das Guthaben der Interessenten (sowie 120 ℳ Ausgaberest) mit 7 042 561 ℳ, so ergiebt sich als reines Vermögen der Sparkasse (18,25 % des Interessentenguthabens) ultimo 1883 1 285 046 ℳ, d. i. gegen 1882 mehr 20 290 ℳ Nach Abrechnung des von diesem Reinvermögen als Reservefond zurückzulegeuden Betrages von (statutengemäß 15 % des gesammten Interessengutbabens, also 15 % von 7 042 41 ℳ) 1 056 366 ℳ, bleiben somit zur freien Disposition ultimo 1883 228 680 ℳ IIu Sparkassenbüchern standen ultimo 1882 aus 15 280 Stück, im Jahre 1883 sind neu ausgefertigt 4409 Stück, Summa 19 689 Stück; davon sind im Jahre 1883 zurückgegeben 2302 Stück, bleiben ult. 1883 ausstehend 17 387 Stück, gegen das Vorjahr mehr 2107 Stück. Auf diese 17 387 Bücher sind im Ganzen belegt 7 041 544 ℳ, also auf jedes Buch durchschnittlich 402 ℳ, gegen das Vorjahr weniger 13 ℳ Der gesammte Geldumsatz der Kasse betrug: an Einnahmen 6 344 194 ℳ, an Ausgaben 6 339 519 ℳ 1
— Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahlindustrieller belief sich die Roheisenproduktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Monat Januar 1884 auf 280 062 t, darunter 168 940 t Puddelroheisen, 8708 t Spiegeleisen, 37 292 t Bessemer⸗, 33 459 t Thomasroheisen und 28 463 t Gießereiroheisen. Die Pro⸗ duktion im Januar 1883 betrug 278 995 t.
Dresden, 21. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Auf⸗ sichtsrathssitzung der Dresdner Bank wurde die Bilanz pro 1883 vorgelegt. Dieselbe ergiebt inkl. des Vortrags von 200 869 einen Bruttogewinn von 3 639 324 ℳ oder, nach Abzug der Handlungs⸗ unkosten, Steuern und Abschreibungen, einen Nettogewinn von 2 638 582 ℳ Der auf den 20. März einzuberufenden Generalver⸗ sammlung wird eine Dividende von 8 % und eine außergewöhnliche Abschreibung auf das Berliner Bankgrundstück von 230000 ℳ vor⸗ geschlagen werden. Der Gewinn setzt sich zusammen aus Zinsen⸗ und Wechselkonto mit 1 767 393, Provisionskonto inkl. Wechselstube mit 1 196 231, Effektenkonto mit 467 779, Hausmiethe mit 7051 ℳ
London, 21. Februar. (W. T. B) Bei der gestrigen Woll⸗ auktion waren Preise unverändert. 1
Bradford, 21. Februar. (W. T. B.) Wolle matt in Folge gemeldeter Fallissements, wollene Garne in besserer Nach frage, wollene Stoffe von dem mildem Wetter
Washington, 21. Februar. (W. T B.) Der Schatzsekretär Folger macht die Einberufung von 10 Millionen Dollars 3 proz. Bonds, welche am 1. Mai zahlbar sind, bekannt.
Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 21. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rhaetia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute Morgen 6 Uhr in Plymouth eingetroffen. 8
Triest, 21. Februar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Mars' ist heute aus Konstantinopel hier angekommen.
Berlin, 22. Februar 1884.
In der Querhalle der Nationalgalerie ist als neue Er⸗ werbung gegenwärtig die große, durch B. Mannfeld’'s Radirung in der „Zeitschrift für bildende Kunst“ bereits in trefflicher Nachbildung verbreitete, von dem Maler selber als „Nordische Strandscene“ be⸗ zeichnete Marine von Albert Hertel ausgestellt. Nach Komposition
und Malerei ein Hauptwerk des Meisters, giebt das mächtige Bild
die lebensvollste, den Beschauer mitten in die vorgeführte eigenartige Welt hineinversetzende Schilderung der See und der wetterharten Küstenbewohner. Der Charakter der Landschaft und der weit über die Bedeutung einer bloßen Staffage hinausgehenden Figurengruppen weist auf die holländische Küste hin. Gegen das flache, weiter land⸗ einwärts sich hügelich hebende und senkende Ufer brandet die See, die durch ferne Segel und im Mittelgrunde durch ein auslaufendes Fahrzeug belebt wird, während vorn ein heimkehrendes Fischerboot, im Begriff, auf den Strand aufzulaufen, mit den hochgehenden Wellen kämpft. Die energischen Kontraste des schwarz und drohend am Himmel zusammengezogenen Gewittergewölks und des hell durch⸗ brechenden Lichtstreifens, der die am Horizont auftauchende Ortschaft mit ihren rothen Ziegeldächern grell beleuchtet, steigern den groß⸗ artigen Eindruck der weiten, einsamen Scenerie. Seine volle Wir⸗ kung aber verdankt das Bild erst dem ergreifenden Gegensatz zwischen der Aufregung der Elemente und der unerschütterten Ruhe der am Strand versammelten Gruppen, der Frauen und Mädchen, die mit dem Sortiren und Fortschaffen einer bereits eingebrachten Fischladung beschäftigt sind, und der Männer, die das auflaufende Boot erwarten und mit im Winde wehender Fahne ihm ihre Signale geben.
Unter zahlreicher Betheiligung begannen heute Vormittag im großen Saale des „Englischen Hauses“ die Verhandlungen des Vereins der Spiritus⸗Fabrikanten Deutschlands. Dem erstatteten Geschäftsbericht war zu entnehmen, daß der Verein gegen⸗ wärtig 1926 Mitglieder zählt. Im verflossenen Vereinsjahre erfolgte die Uebernahme des von der Regierung erbauten Vereins⸗ hauses. Im Weiteren wurde eine höhere Lehranstalt für Gährungsgewerbe eingerichtet. Die Zahl der Vereinstechniker wurde auf 4 erhöht und außerdem ein Sppezialtechniker für Preßhefe⸗Fabrikation angestellt. Ferner wurde eine Abtheilung für wirthschaftliche Angelegenheiten eingerichtet, eine Enquete über Kartoffelernte und den Betriebsumfang der Brennereien und Stärke⸗ fabriken in Deutschland veranstaltet. Die Mitgliederbeiträge betrugen aus 1880 34 444 ℳ Die Bilanz der Aktiva und Passiva pro 1883 beläuft sich auf 54 696 ℳ 26 ₰lo. Die Auskunftertheilung, welche zum Theil durch Vermittelung des Vereinsorgans geschieht, gestaltet sich immer umfangreicher. Dieselbe bezieht sich auf wirth⸗ schaftliche, landwirthschaftliche (Fütterung), spezialtechnische und ma⸗ schinentechnische Fragen. Im Laufe des vergangenen Jahres hatte das Stellenvermittelungs⸗Büreau des Vereins 189 Va⸗ kanzen und fast eben so viele Stellenangebote zu verzeichnen. Den meisten Wünschen in dieser Beziehung konnte Genüge geschehen. Die Abtheilung für wirthschaftliche Angelegenheiten beschäftigte sich in hervorragender Weise mit der Tariffrage für Spiritus, Stärke und Stärkefabrikate, mit den vom Verein angestellten Enqueten über Ernte und Betriebsumfang und endlich mit der Kritik und Be⸗
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sprechung der amtlichen Statistik. Von den Vereinstechnikern wurden insgesammt 211 Revisionen von Vereinsbrennereien ausgeführt. Die wissenschaftliche Thätigkeit des Vereins⸗Laboratoriums war eine erfolgreiche. Die Studien über Maischen in Bezug auf das Nähr⸗ stoffverhältniß für die Hefe, über den Werth und die Bedeutung der verschiedenen stickstoffhaltigen Stoffe für die Hefe, haben beachtenswerthe Aufschlüsse gegeben. Die Verbindung mit dem Brauerverein hat sich als recht fruchtbar erwiesen. Besonders her⸗ vorzuheben ist die neue Studieneinrichtung in Bezug auf die Ent⸗ wickelung der Kartoffel, angeregt durch die Verbindung mit dem Stärkeverein. Die Zahl der Analyse erhält sich unvermindert; ins⸗ besondere kamen Kartoffelsurrogate zur Untersuchung. Die Zahl der eingesandten Objekte betrug 281. Die Einnahmen des Laboratoriums betrugen 1883: 2746 ℳ Im letzten Jahre waren in der Brennerei⸗ schule als Hörer 13 Brennereibesitzer, 100 Brennmeister und 6 Volon⸗ täre. Seit 1876 (dem Bestehen der Brennereischule in Biesdorf) wurden 660 Personen insgesammt in dieser Schule unterrichtet. Die Arbeiten der Vereinsversuchsbrennerei bezogen sich im Wesentlichen auf die Ver⸗ arbeitung von Kartoffelsurrogaten. Anßerdem wurden Arbeiten über Hefenführungen in Angriff genommen. Der Umsatz der Vereins⸗ glasbläserei hat sich auch im verflossenen Jahre wiederum gehoben. Es wurden für 37 939 ℳ 85 ₰ Instrumente verkauft. Der Besuch der höheren Lehranstalt für Gährungsgewerbe war ein angemessener. An den Uebungen derselben nahmen auch 14 Studirende der technischen Hochschule theil.
Weimar, 21. Februar. (Thür. Corr.) Der Allgemeine Deutsche Tonkünstler⸗Verein, der unter dem Protektorat Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs steht, hält seine mit großen Musikaufführungen verbundene Jahres versammlung, die 25. seit seinem Bestehen, in den Tagen vom 5. bis 8. Juni d. F in Weimar ab. Zu derselben wird Dr. Franz Liszt aus Pest zurückerwartet, der sich dort zur Zeit in erfreulichem Wohlsein be⸗ findet, wie gegenüber mehrfach verbreiteten Gerüchten von einer schweren Erkrankung desselben festgestellt sein mag.
New⸗York, 20. Februar. (W. T. B.) Mit dem heute hier eingetroffenen Dampfer „Frisia“ sind die Leichen des Kom⸗ mandanten der „Jeannette“, Kapitän Delong, und der mit ihm verunglückten Kameraden gelandet worden. 8
In einem 8 englische Meilen von Connelsville (Pennsyl⸗ vanien) befindlichen Bergwerk hat eine Explosion stattgefunden. Während der Katastrophe befanden sich 75 Bergleute in der Grube. Bis jetzt sind erst 12 Personen gerettet; die Mehrzahl derselben ist sehr schwer verletzt; außerdem sind 29 Leichen aufgefunden worden.
Im Königlichen Schauspielhause trat gestern Frl. Küßner vom Hoftheater in München als Gast auf und zwar in der Rolle der Luise in „Kabale und Liebe“. Luise ist eine der ergreifendsten Figuren in Schillers sämmtlichen Dramen, ein Gemisch von hingebender Liebe, Entsagung, Leidenschaftlichkeit und tragischer Größe. Gerade die beiden letzteren Momente verlangt der Zuschauer in ihrer ganzen Be⸗ deutung zum Ausdruck gebracht zu sehen. Aus dem harmlosen, bethörten Mädchen soll das leidenschaftliche, tief gekränkte Weib werden, das uns durch die Macht ihres Schmerzes und Zornes hinreißt und Mitleid für sich, Abscheu für die Bösewichte der Handlung empfinden läßt. Die tragische Größe der Rolle ward nun entschieden nicht in erforderlichem Umfange von Fräulein Küßner zum Ausdruck gebracht, wir gewannen die liebenswürdige, gekränkte Luise lieb, wir vermißten aber entschieden die Stärke der Verzweiflung, die Gewalt des Dämonischen, welch letzteres namentlich in dem letzten Akt vor und während der furchtbaren Schlußkatastrophe liegt. Hier reichte Fräulein Küßners Leistung nicht an das vom Dichter geschaffene Ideal einer um ihre liebsten Hoffnungen betrogenen, ihres Glaubens an die Menschheit beraubten Wund doch im fürchterlichsten Augenblick in der Liebe zu Ferdinand hinsterbenden Weibes heran. Dessenungeachtet war die Leistung des Frl. Küßner, welche nur über ein mäßiges Organ ver⸗ fügt, immerhin als eine lobenswerthe zu bezeichnen, welche durch richtige Zeichnung der Rolle in den mittleren Partien allen Anforde⸗ rungen entsprach, und in einigen Punkten durchaus anerkannt werden muß. Eine mehr der Mode der damaligen Zeit angepaßte Kleidung würde der Erscheinung nur zum Vortheil gereichen. Hr. Müller als Ferdinand, Hr. Berndal als Präsident und Hr. Dehnicke als Hof⸗ marschall leisteten wie immer Vorzügliches; dasselbe gilt von Frau Kahle.Keßler als Lady Milford und Hrn. Kahle als Haussekretär Wurm.
Victoria⸗Theater. Der Balletmeister Timé, der wege einer leichten Fußverletzung einige Tage der Schonung bedurfte, wird vom Sonnabend Abend ab wieder mit Frl. Qualitz das Pas de denz im San Franzisko⸗Akt, von den Solopiecen die Glanznummer in „Excelsior“, tanzen. — Die Göttin des Lichts wird, nachdem Frl. Wegmann ihre ruhebedürftige Kollegin einige Wochen in anmuthig⸗ ster Weise vertreten hatte, zur Zeit wieder von Frl. Brandt dar⸗
estellt. — Der Schwank „Mit Vergnügen“ von Moser und Girndt, welcher morgen im Belle⸗Alliance⸗Theater zum ersten Male in Scene geht, ist mit Ausnahme einer kleinen Rolle nur durch Mit⸗ glieder des Wallner⸗Theaters besetzt, von denen die Damen Herrmann, Hiller und Düring sowie die Hrrn. Guthery, Galleweki, Ottbert, Meißner und Seidel im Besitz der Hauptpartien sind.
Hr. Richard Metzdorff wird morgen (Sonnabend) Abend, von 7 ½ Uhr an, in der Sing⸗Akademie mit dem Philharmoni⸗ schen Orchester und unter Mitwirkung des Hof⸗Opernsaäͤngers Franz v. Milde aus Hannover einige seiner Kompositionen für Orchester (Tragische Symphonie Nr. 2 D-moll, Vorspiel und Balletmusik aus Rosamunde) und Gesang (Lieder Jung Werners aus dem „Trompeter von Säkkingen“*) zur Aufführung bringen. Billets zu 4, 3 und 2 ℳ sind in der Hof⸗Musikhandlung der Herren Ed. Bote u. G. Bock, Leipziger Straße 37 und Unter den Linden 3, sowie an der Kasse zu haben.
Gestern Abend gab Frau Amalie Joachim im Krollschen Saale ihr zweites Concert. Das Haus war, wie das erste Mal, vollständig ausverkauft, und die Sängerin wurde mit dem lebhaftesten Beifall empfangen, der sich fast nach jedem Liedervortrage wiederholte. Ueber die ausgezeichneten Leistungen der Fr. Joachim können wir nur das in dem ersten Bericht Gesagte wiederholen und bestätigen, daß Fr. Joachim eine der größten Concertsängerinnen der Gegen⸗ wart ist; ihre schönen, vollen Töne haben einen seltenen Klang, ihr Organ spricht auch in den höchsten Tönen leicht und rein an, und über die größten Schwierigkeiten gelangt die Sängerin mit Leichtig⸗ keit hinweg. Fr. Joachim trug zuerst 7 Lieder aus der „schönen Müllerin“ von Schubert vor, von denen besonders das „Mein“ („Bächlein, laß dein Rauschen sein“) ansprach. Dann sang sie drei Lieder von Schumann; von diesen gefiel vor allen andern die „Loreley“. Im zweiten Theil gelangten drei Lieder von Brahms, Sicilienne von Pergolese, Canzonetta aus der Oper „Serse“ von Franc. Cavalli, zum Schluß Lieder von Bruch, von Dworschack, von Rubinstein und im Volkston von Hans Schmidt zur Ausführung. Auch die im Concert Mitwirkenden, Frl. Marianne Eißler und Hr. Pohlig, leisteten Vorzügliches; besonders sei die Ausführung der „Sommernachtstraum’⸗Fantasie von Lißt durch 3 7 4“X“
Redacteur: Riedel. Berlin:
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
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Anzeiger und Königlich Preußischen
Berlin, Freitag, den 22.
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Deutsches Reich. Nachweisung v Februar 1884 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem A
und Steuervergütung abgefertigten Zuckermengen. ¹)
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Kandiszucker und Zucker n weißen vollen harten Broden, (Nr. 470 des statistischen Waarenverzeichnisses)
Staaten, bezw. Verwaltungs⸗
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Menge des abgefertigten Zuckers. Aller übrige harte Zucker, 8 sowie alle weißen krockenen Zucker in Krystall⸗, Krümel⸗ und Mehlform von mindestens 98 % Polarisation (Nr. 471 des statistischen Waarenverzeichnisses)
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2 972 423 627 422 16 538
1 663 540
V 781 414 190 016 11 638
571 776 918 144
16 990 860 3 159 278 1 018 751 437037
5 496 088 2 474 773 14 461 765,15 350 361] 14 044 077 7 260 603 853 782
401 100 10 150 138
1 455 788
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7 970 861 29 812 126 21 304 680
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3 792 567 1 931 5 724 387
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2 673 885 1 783 433 4 757 318
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72 866 619 525 985
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Ueberhaupt im deutschen Zollgebiet In demselb. Zeitraum d. Vorjahres
4 902 358 2 566 520 7 468 878 3 916 231] 2 175 580]
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46 184 576 30 631 599
75 816 175 16157,²) 72 099 805
¹) Die Nachweisung bezieht sich auf diejenigen Zuckermengen, welche zum Export oder zu einer öffentlichen Niederl bg und dadurch dem inländischen Markte entzogen worden sind, nicht also auf die wirklich zur Ausfuhr über nf Zollgrenze ——
Ergänzungen. Berlin, den 21. Februar 1884.
²) Die Abweichungen gegen die vorjährige Nachweisung
beruhen auf träglich eingegangenen
Kaiserlices Stetistisches Amt. “]
ecker. 1 8 8SS
Berichtigungen
“
gelangten Mengen. bezw.
„
Nichtamtliches.
1 1. Februar. Verlaufe der gestrigen (52.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Einführung der Provinzial⸗ ordnung vom 29. Juni 1875 in der Provinz Han⸗
Preußen. Berlin, 22.
nover, fortgesetzt.
Nach dem Abg. von Rauchhaupt ergriff der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister von Puttkamer
Wie schon der gestrige Beschluß des hohen Hauses zum §. 24a der Kreisordnung vom Standpunkt der Staats⸗ regierung als ein unerwünschter zu bezeichnen und dieser Eindruck nur dadurch abgeschwächt ist, daß die Staatsregierung sich sagen konnte, dieser §. 24 a enthält eigentlich nur ein Programm einer ihr in die Hand gelegten Fakultät, so muß ich heute, gegenüber den Kommissions⸗ vorschlägen in Bezug auf die Zusammensetzung des Provinzial⸗Land⸗
das Wort: Meine Herren!
tages, die Bedenken der Königlichen Staatsregierung mit sehr viel
größerer Entschiedenheit betonen.
Meine Herren, ich möchte doch das Thema der Diskussion von Ich glaube, es handelt sich
jetzt beschäftigenden Diskussion doch ganz wesent⸗ — ob bei der Weiterführung der repräsentativen Ausge⸗ staltung unserer Provinzialkommunen festgehalten und weiter gebaut werden soll an denjenigen bewährten Grundsätzen, welche nach langem
vornherein hier mal ganz klarstellen. bei der uns lich darum,
Kampfe im Jahre 18
zu setzen.
Rauchhaupt gehört haben, hervorgeht, daß er, alten Provinzen es welche Rückwirkung
Hrn. von so viel für die irgend
seinen
Hauses zu führen, um daran zu ermessen,
machen würde, aber jetzt, wo man völlig im
omme man nun — und da hätte ich meinen sollen, würde der Abg. von Rauchhaupt gemeint haben, zu dem Resultat, daß man für die übrigen Provinzen in derselben bewährten Bahn bleiben müsse, — nein, da schwenkt er ab und sagt: nein, da komme ich dazu, daß man für Hannover etwas ganz besonderes festsetzen müsse.
Mei Als im Jahre 1875 die Königliche Staats⸗ regierung den Beschluß faßte, den Schlußstein unserer inneren Or⸗
eine Herren!
8
75 als communis opinio aller betheiligten Fak⸗ toren aus der Diskussion herausgingen, oder ob der Versuch wiederholt werden soll, der ja dann natürlich in weiterer Fortsetzung auch auf die anderen noch nicht mit der Provinzialordnung versehenen Pro⸗ vinzen reflektiren würde, der Versuch an Stelle der gesunden korpo⸗ rativen Kreisvertretung wieder einzelne Interessen, die wir durch die Diskussion von damals überwunden und erledigt zu haben glaubten, Meine Herren! Ich muß das um so entschiedener be⸗ tonen, als aus den Ausführungen, die wir eben von dem geehrten meines Erachtens doch wenn er
verlangen er doch diejenigen Gesichtspunkte, welche bei der Schaffung der Pro⸗ vinzialordnung von 1875 zu Grunde gelegen haben, in erheblicher Weise verwischt hat, und es liegt mir deshalb doch daran, die Ge⸗ schichte der Provinzialordnung von 1875, welche auch der Abg. Köhler in seinen Eingangsworten streifte, noch einmal hier vor das ob in der That die Kon⸗ seguenzen, welche der Abg. von Rauchhaupt für die speziellen Ver⸗ hältnisse von Hannover jetzt ziehen will, richtig sind oder nicht, oder ob man nicht besser thut, sich doch im Rahmen des allgemeinen im Jahre 1875 gewonnenen Standpunktes zn halten. Der Abg. von Rauchhaupt sagt, und das ist mir eigentlich doch auffällig gewesen, weil es mit seinen übrigen Ausführungen meines Erachtens in einigem Widerspruch zu stehen scheint, — damals im Beginn der Diskussion über die Provinzialordnung von 1875 habe man auch klar einsehen können, wie sich bei der Neugestaltung der Dinge auf dem Boden der provinziellen Repräsentation die Sache
ständischen mit den
ordnung
Prin
eine, stehende
Vertretungen
Im weiteren in Harmonie
lage für die Repräsentation sein würde. Erwägungen hat die Königliche Staatsregierung mäßigste sei, der humanitären Staatszwecke vom Staat herbeizuführen und so die Provinz Gesammtheit der in ihr vertretenen
infolgedessen am besten welche aus Wahlen
so klar ausgesprochen hat, als sie es hat thun kön 9 ausdrücklich:
nicht Interessentengruppen — der Land⸗ und Stadtkreise der Provinz. Dies Hrn. von Rauchhaupt vertretene Auffassung.
allerverschiedensten Seiten. Ich erinnere nur an des Frhrn. von Heereman, welcher damals einen
meine H
Linken des Hauses. Und das möchte Rechten ins Gedächtniß ziehen, daß, wenn Sie die auch versicherte, daß Freunden fern läge,
zu wollen, daß nämlich nach der Kopfzahlvertretung, eine Provi⸗
schaffen — ein Beweis, meine Herren, festzuhalt
gen ist. Ich erinnere an den Antrag Schlüter, de
uge des . 2 2 3 g.; daß nicht der Kreistag als Wahlkörper eintrete,
allen Elementen der Bevölkerung heraus die Kreis
verhängnißvoller gewesen sein würde. Und nu
die Anschauungen der Regierung unterstützt hat? Herren von jener Seite des Hauses.
Ihr Wortführer, Hr. von Brauchitsch, hat redteren Worten noch, als die laren darüber sei, jetzt
meines Erachtens ganz unwiderleglichen Momente würden sich dann überzeugen müssen, daß, wenn
in diametralsten Gegensatz zu dem setzen, was 8 8 8
1“““
— —— — A
der Kreistage selbst hervorging. von Rauchhaupt hat das heute zu meinem großen Erstaunen in Ab⸗ rede zu stellen gesucht, während doch gerade die Provinzialordnung sich
ganisation damit zu legen, daß an Stelle der früheren provinzial⸗
zipien der Kreis⸗
. Provinzialrepräsentation gebildet werden solle, da hat sie sich ja selbstverständlich auf das Eingehendste mit der Frage beschäftigt, welches die geeignete und dem Gesammt⸗ interesse des Staats sowohl wie der Provinzen entsprechende Grund⸗ Und nach den ernstesten
damals zu keinem
andern Grundsatz kommen können als zu dem, daß es das Zweck⸗ gste diese große wirthschaftliche Vereinigung, welche die Provinz jetzt durch die Uebertragung der wirthschaftlichen Aufgaben
überkommen hat,
zusammenzufassen als eine 18 . Kreise, und daß sein würde, eine Vertretung der Provinz,
Der Abg.
nen. Sie sagt im
die Provinzialvertretung besteht aus Abgeordneten. 1u1““
scheint denn doch ein sehr starkes ee gegen die von 2½ „ 2. un, dieser damalige Vorschlag der Regierung im Jahre 1879 fand in den Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten den allerlebhaftesten Widerstand, und zwar nicht nur von einer Seite, sondern von den
meine Herren,
das Amendement ühnlichen Stand⸗
punkt einnahm, wie es jetzt Ihr Kommissionsvorschlag proponirt, der auch die neue Provinzialrepräsentation auf Interessentengruppen gründen wollte, die nicht identisch wären mit den Kreistagskorporationen. erren, ich bin der Meinung, eine viel gefährlichere Gegner⸗ schaft fand damals die Proposition der Regierung von Seiten der ich doch den Herren von der
Aber,
gewonnene Grund⸗
lage jetzt lockern, sie dann Thor und Thür denjenigen Bestrebungen öffnen, welche darauf gerichtet sind, nach der radikalen Seite hin,
nzialvertretung zu en, was aus lang⸗
wierigen Verhandlungen, aus gemeinsamen Diskussionen hervorgegan⸗
r geradezu darauf
ausging, natürlich von der entgegengesetzten Seite aus, zu verlangen, daß die Kreistagskorporationen als Wahlkörper verschwinden sollten;
sondern daß aus vertretung gebildet
werde — ein Standpunkt, der meiner Ueberzeugung nach, ich glaube, auch nach der Auffassung der großen Mehrheit des Hauses ein sehr
n, meine Herren,
welche Partei ist es denn gewesen, die damals mit den schlagendsten Gründen, mit der innigsten Ueberzeugung folgerichtiger Konsequenz
Das waren die
in sehr viel be⸗
sind, welche der Abg. Köhler vorher hier im Hause vorgeführt hat, diesen Standpunkt vertreten. Der Bericht liegt hier vor mir, aber ich zitire nicht gern wörtlich die Meinung Anderer, das überlasse ich den Herren und gebe ihnen an⸗ heim, auf Seite 1080 des Berichtes in der Sitzung von 1875 diese
nachzulesen. Sie sie sich heute mit
ihrem Votum von den Vorschlägen der Regierung entfernen, sich
sie damals selbst
vertreten haben. Nun, meine Herren, der Effekt jener Diskussion war also der, daß der Regierungsgedanke siegreich K 88 Kanfhe hervorgegangen ist: und ich glaube sagen zu können — ich glaube damit auf keinen Widerspruch zu stoßen, wenn ich dies annehme — fernere Entwickelung gelehrt hat, ie Regierung mit ihrem Vorschlage Recht gehabt hat, daß es der richtige Standpunkt ist, daß diejenigen Interessengruppen, von welchen der Hr. Abg. von Rauchhaupt gesprochen und nach vielen Gesichtspunkten erörtert hat, in der Provinzialvertretung nicht mehr zur besonderen Erscheinung kommen soll, sondern daß sie davon ausgegangen ist, daß diese In⸗ teressengruppen ihre Vertretung in den Kreistagen haben und diese Kreistage die berufensten Körperschaften zur Wahl des Provinzial⸗ Landtags seien. Nichts anderes als dieses schlägt Ihnen die Regierung für die Provinz Hannover vor. Also, wenn ich annehme, — ich glaube auch mit dieser Behauptung auf keinen Widerspruch zu stoßen — daß damalige Standpunkt der Regierung auch noch heute im Allgemeinen der richtige sein wird, für die Weiterentwicklung unserer Provinzialgesetzgebung für die anderen Provinzen, so bleibt mir nur die Erörterung der Frage übrig, ob der Hr. Abg. Rauch⸗ haupt genügende Gründe heute vorgebracht hat, welche es aus den speziellen Verhältnissen der Provinz Hannover herausbedingen, die⸗ jenigen Vorschläge anzunehmen, die er vertheidigt hat und die fast wörtlich identisch sind mit dem Votum des Provinzial⸗Landtages. Ich habe aus sämmtlichen Ausführungen des Hrn. Abg. von Rauch⸗ haupt nur einen greifbaren Grund entnommen und diesen muß ich ja zuerst sehr ernsthaft diskutiren. Er sagte nämlich: wenn für die alten Provinzen — ich glaube wenigstens so seinem Gedankengang folgen zu können — wegen der Größe des Kreises und des da⸗ durch bedingten Umstandes, daß ihnen je zwei, wenn nicht drei Ab⸗ geordnete zu Theil werden, die Interessengruppen bei den Wahlen des Kreistages zum Provinzial⸗Landtage ihre Ausgleichung finden, so wird bei den viel kleineren hannoverschen Kreisen, die nur einen Ab⸗ geordneten wählen, dies nicht möglich sein und deshalb müssen wir diejenigen politischen und Parteikämpfe, welche auf diese Weise ohne alle Noth und mit Nothwendigkeit bei den Wahlen entstehen werden, von vornherein abschneiden dadurch, daß wir die Wahlverbände der ein⸗ zelnen Kreise zu größeren Bezirken zusammenlegen und ihnen das Mandat übertragen, für die einzelnen Interessengruppen bestimmte Abgeordnete zu wählen. erkenne an, daß praktische Kernpunkt der Diskussion liegt, denn ich sehe selbstverstän⸗ lich ab von allen möglichen Hintergedanken dieser oder jener Partei in der Provinz oder im Lande. Ich kann nur davon aus⸗ gehen, daß jeder nach seinem besten Gewissen prüfen und entscheiden wird für sein Votum, was für das Wohl der Provinz am besten ist; und deshalb muß ich sagen, ich erkenne an, daß dieser Punkt die ernsteste Prüfung erheischt. Nun, meine Herren, ist ja grade das, was der Hr. Abg. von Rauchhaupt hierüber mittheilt, Gegenstand einer sehr eingehenden Diskussion in zwei Sitzungen des hannoverschen Provin ial⸗Landtages gewesen — ich meine zwei Sessionen — 1881 und 1883 und ich muß auch gestehen, was Hr. von Rauchhaupt in dieser Beziehung angeführt hat, es ist gerade in der letzten Session, und wie ich sage auffallenderweise, Hr.
vertretenen Standpunkt gestellt hat. Es ist in diesen vielfachen Verhandlungen, die sich immer gedreht haben um die Regierungsvor⸗ lage — Annahme oder Ablehnung — auf das Lebhafteste die Be⸗ sorgniß zum Ausdruck gekommen, daß diejenigen Interessen, welche jetzt durch die Vertreter des Großgrundbesitzes, der Ritterschaft ver⸗ treten werden, im künftigen Provinzial⸗Landtag bei dem Wahlsystem, welches wir vorschlagen, nicht genügend zur Geltung kommen würden und daß darin nicht blos für die Herren selber eine Benachtheiligung, sondern auch für das Wohl der Provinz gefunden werden müßte, in⸗ dem man dadurch, daß man diese verschwinden läßt, der Provinz werthvolle Elemente an Intelligenz und staatsmännischer Bildung entzieht, deren sie nicht entrathen kann Derselben Meinung bin auch ich. Auch ich würde es beklagen, wenn künftig der Groß⸗ grundbesitz unvertreten bliebe und ich zweifle nicht, daß die beiden anderen Stände, Städte und Landgemeinden, dies ebenso beklagen würden. Das ist auch in den Verhandlungen des hannoverschen Pro⸗ vinzal⸗Landtages lebhaft zum Ausdruck gekommen und zwar von beiden Seiten. Es waren Abgeordnete der Ritterschaft, ich will nur den Namen von Lenthe nennen — ich weiß nicht, welcher von den beiden hervorragenden Herren es ist — aber ein Hr. von Lenthe hat es ausdrücklichlich erklärt — erstens allerdings, da würde es mir am liebsten sein, wenn wir die alte Organisation behalten könnten, die ja nachher hier im Hause von Hrn. Dr. Windthorst vertreten werden wird — dann aber hat er erklärt: ich zweifle nicht, wenn wir die alte ständische Organisation nicht behalten können, daß dann der Vorschlag der Regierung besser ist, wie irgend etwas Anderes. Aber, fährt er fort, wie kann man denn glauben, daß die Mitglieder der Landgemeinden, welche ja thatsächlich nach dieser Organisation ein Uebergewicht haben, ihr eigenes Interesse so verkennen werden, daß sie sich auf den kleinlichen Standpunkt stellen und ohne Weiteres keine Großgrundbesitzer wählen werden? Sie werden nach wohlerwogenem Ermessen des Gesammtinteresses der Provinz wählen und wir — die Großgrundbesitzer — werden dabei auch nicht zu kurz kommen. Ebenso ist auch von Mitgliedern der künftigen Majorität, also von Vertretern der Landgemeinden gesagt: es ist ja richtig, wir werden durch den Vorschlag der Regie⸗ rung die unbedingte Mehrheit haben können und werden sie wahrscheinlich auch haben; aber das wird uns nicht ab⸗ halten, im Gegentheil die ernste Pflicht uns auflegen, bei unseren Wahlen nicht an unsere einseitigen Interessen zu denken, sondern wir werden dabei auch die Gesammtinteressen der Provinz, zu deren Vertretern wir herufen sind, zu wahren wissen. Also, meine Herren, dieser Theil der Diskussion hat schon im Provinzial⸗Landtage eine so ausführliche und meines Erachtens für die Vorschläge der Re⸗ gierung günstige Beleuchtung erfahren, daß ich glaube, man wird sie nicht mehr eskomptiren können für die Vorschläge Ihrer Kommission. Außerdem, meine Herren, spricht für die Richtigkeit der Sache auch die Erfahrung in den alten Provinzen. Ich will mit Hrn. von Rauch⸗ haupt anerkennen, daß die Sache in Hannover nicht genau so liegt wie in den alten Provinzen — nicht genau so, weil dort in den meisten Kreisen der Großgrundbesitz eine viel größere Zahl von Kreistagsmitgliedern hat wie in den hannoverschen Kreistagen und deshalb also seine völlige Eliminirung nicht mit derselben Leichtigkeit erfolgen könnte, wie es etwa in Hannover der Fall sein könnte. Aber, meine Herren, die Thatsache steht auch fest, daß in jedem Kreise der alten Provinzen Koalitionen zwischen Land⸗ gemeinden und kleinen Städten den Großgrundbesitz hätten ver⸗ drängen können, wenn sie gewollt hätten. Es ist nicht geschehen, und aus denselben Gründen hat man auch im hannoverschen Provinzial⸗Landtage die Hoffnung ausgesprochen — und meine ich, die begründete Hoffnung ausgesprochen —, daß von diesen Interessen⸗ kämpfen bei diesen Wahlen in minimalem Umfange, künftig fast gar nicht die Rede sein wird. Die Landgemeinden würden ja ganz natür⸗ lich die Mehrheit haben; aber, i glaube, die Besorgnisse, welche von Seiten des Hrn. von Rauchhaupt — er hat sie nicht ganz explicite ausgesprochen, aber sie gingen doch faktisch aus seinen Ausführungen hervor — wird man nicht in dem Maße theilen können. Es ist ja vollkommen wahr, diese Frage ist durchaus nicht eine einseitige Inter⸗
essenfrage des Großgrundbesitzes, das erkenne ich an, die Städte werden genau ebenso davon betroffen. Nun finde ich es aber merk⸗
hier der eigentlich
von Bennigsen gewesen, der 88 auf den vom Hrn. von Rauchhaupt