1884 / 61 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 11 Mar 1884 18:00:01 GMT) scan diff

zutreten. Zwistigkeiten könnten durch das vorliegende Gesetz nicht in die Kreise der ländlichen Besitzer hineingetragen werden, da dasselbe nicht obligatorisch sondern fakultativ sei. Er bitte, dasselbe unverändert anzunehmen.

Der Abg. Baron von Buddenbrock trat für die Geneh⸗ migung des §. 1 des Gesetzes ein.

Der Abg. Dr. Langerhans nahm den Ausführungen des Ministers gegenüber den Abg. Ottow in Schutz. Wenn das Gesetz nothwendig sei, weshalb denn die fakultative Einfüh⸗ rung desselben?

Der Abg. Frhr. von Huene bat, §. 1 unverändert an⸗ zunehmen. 1

Der Paragraph wurde hierauf genehmigt; ebenso ohne Debatte die folgenden Paragraphen und das ganze Gesetz nach der Fassung der Kommission. 8

Es folgte: die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die weitere Herstellung von Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung für Rechnung des Staates, die Betheiligung des Staates bei dem Bau einer Eisenbahn von Heide nach der Landesgrenze bei Ribe, sowie die Beschaffung von Mitteln für die Vervollständigung und bessere Ausrüstung des Staatseisenbahnnetzes.

Es wurde zunächst berathen §. 1. 1

Zu 1 (Zum Bau der Eisenbahn Labiau⸗Tilsit) ergriff das Wort der Abg. Braemer, um für eine Fortsetzung der Bahn über Tilsit hinaus nach Stallupönen einzutreten.

Bei 5 (Posen⸗Wreschen) wünschte der Abg. Kantak die Anlage einer neuen Haltestelle an dieser Strecke. 8

Der Staats⸗Minister Maybach sagte dies zz.

Bei 9 (Bitterfeld⸗Stumsdorf) bat der Abg. Simon von Zastrow, eine Bahn von Zerbst nach Glöven zu bauen.

Bei 13 (Dahlerau⸗Lengerfeld) hielt es der Abg. Dr. Lieber (Montabaur) für angezeigt, daß diese Bahn in das obere Wupperthal weitergeführt werde.

Hammacher (Essen)

Die Abgg. Dr. von Cuny und Dr. unterstützten die Bitte.

Der Regierungskommissar Geh. Regierungs⸗Rath Dr. Micke erklärte, daß die Regierung der Bitte zustimmen werde. Zu Nr. 17 (Trier⸗Hermeskeil) ergriff der Abg. Knebel Wort, um für den Bau einer Bahn von Merzig in das Scargebiet einzutreten.

Der Abg. Dr. Lieber (Montabaur) empfahl diesen Vor⸗ sch! g gleichfalls.

§. 1 Nr. 1—17 wurden hierauf nach dem Beschluß der Kommission angenommen, ebenso §. 1 1b (Zur Beschaffung von Betriebsmitteln).

Es folgte die Berathung von §. 1 II (Zur Betheiligung an den Bau einer Eisenbahn von Heide uͤber Friedrichstadt,

usum und Tondern nach der Landesgrenze bei Ribe durch ebernahme von Aktien).

Der Berichterstatter Abg. von Rehdiger beantragte Na⸗ mens der Kommission:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: 1) II. zur Betheiligung an dem Bau einer Eisenbahn von Heide über Friedrichstadt, Husum und Tondern nach der Landes⸗

grenze bei Ribe durch Uebernahme der Aktien die Summe von 2 999 700 unverändert zu bewilligen;

2) folgende Resolution:

„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, in den Kon⸗ zessionsbedingungen für die Eisenbahn von Heide nach der Grenze Jütlands bei Ribe Vorsorge zu treffen, daß die Interessen der Landesvertheidigung gewahrt werden“

anzunehmen. 2 1 1 II wurde vom lehnt, nachdem

das

Hause angenommen, 2 dagegen abge⸗

1 chd die Abgg. Dr. Hänel und Hansen und der Staats⸗Minister Maybach sich gegen die Resolution ausge⸗ prochen hatten.

Bei Schluß des Blattes berieth das Haus §. 1 III (Zur Anlage des zweiten Geleises und den dadurch bedingten Er⸗ gänzungen und Geleisveränderungen auf den Bahnhöfen).

Submissionen im Auslande: Ungarn.

1) 18. März d. Js., Mittags 12 Uhr. Bau der Lokalbahn von Szajol und Pußta⸗Pö bis Földvär, Kun⸗Szent⸗Märton. Bahnlänge: 36 km. Spurweite der Bahnen 1. Ranges. Kaution: 40 000 Fl.

2) 18. März d. Js., Mittags 12 Uhr. Bau der Lokal⸗ bahn von Ujszaͤsz über Jäsz⸗Ladany⸗Kisér nach Apäthi. Bahn⸗ länge: 31,9 km. Spurweite der Bahnen 1. Ranges. Kau⸗ tion: 30 000 Fl.

Die Offerten zu 1 und 2 sind an Beniczky in Szolnok zu richten. Nähere Bestimmungen liegen

n unserer Expedition zur Einsicht aus.

8 Se. Durchlaucht der Fürst Hermann zu Hohen⸗ lohe⸗Langenburg, General der Kavallerie à la suite der Armevo, ist hier eingetroffen.

Der General⸗Lieutenant von Alvensleben, Com⸗ mandeur der 10. Division, welcher mit der Führung der kombinirten Kavallerie⸗Division des V. Armee⸗Corps für die

Dauer der im Herbst dieses Jahres unter Leitung Sr. König⸗ lichen Hoheit des Feldmarschalls Prinzen Friedrich Carl statt⸗ findenden Kavallerie⸗Uebungen beauftragt worden, ist aus

diesem Anlaß zur Abstattung persönlicher Meldungen aus Posen hier angekommen.

1 Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Bruno Fischer, Hans Hoffmann, Dr. du Bois⸗Reymond, sämmtlich in Berlin, Dr. Ludwig Weber in Lehnin und Dr. Marten in Sternberg, Dr. Gustav Becker in Görlitz.

ISachsen. Dresden, 10. März. (Dr. J.) Die Erste Kammer bewilligte heute das zur Aussührung des Gesetzes über das Staatsschuldbuch von der Regierung postulirte Berechnungsgeld von gemeinjährig 6000 und er⸗ ledigte alsdann Petitionen. Zum Schluß kam ein König⸗ liches Dekret zur Verlesung, demzufolge die Sitzungen in beiden Kammern am Mittwoch, den 26. März, geschlossen

werden. überwies den Gesetzentwurf,

den Obergespan

„Die Zweite Kammer betreffend die Befugniß zu Ausschließung säu miger Abgabenpflichtiger von öffentlichen Vergnügungs⸗ orten, ohne Diskussion an die Gesetzgebungsdeputation und bewilligte hierauf den Personal⸗ und Besoldungs⸗ etat der Brandversicherungskommission unverändert unter gleichzeitiger Annahme eines vom Abg. Niet⸗ heammer gestellten und vom Staats⸗Minister von Nostitz⸗ 1 Wallwitz Namens der Staatsregierung acceptirten Antrages: der Staatsregierung zur Erwägung anheimzugeben, ob es sich nicht empfehle, die Bestimmungen über die freiwillige Abthei⸗ lung der Landesbrandkasse einer Revision zu unterziehen. Be⸗

anstalten ꝛc. zwischen den Beschlüssen

angenommenen Antrag von Tauchnitz auf größere Beschleu⸗

Koerner⸗Museum zu Dresden stehen zu bleiben. Zum Schluß genehmigte die den Ankauf eines Gesandt⸗ schaftshotels in Berlin für den Preis von 895 000 und die Erbauung einer normalspurigen Secundärbahn von Schönberg nach Schleiz in der von der Regierung vor⸗ geschlagenen Weise.

Württemberg. Stuttgart, 8. März. (St.⸗A. f. W.) Den aus San Remo eingegangenen Nachrichten zufolge hat der König sein Geburtsfest daselbst in der Stille begangen. Se. Majestät nahm am Vorabend die Glückwünsche der Um⸗ gebung entgegen und empfing am Tage selbst, theils auf schriftlichem, theils auf telegraphischem Wege, zahlreiche Glück⸗ wünsche von Souveränen und anderen fürstlichen Personen sowie von Korporationen und Behörden, Gesellschaften und Privaten aus der Heimath. Am Morgen des Allerhöchsten Geburtsfestes fanden sich der Präfekt von Porto Maurizio sowie die Staats⸗ und Gemeindebeamten von San Remo zur Gratulation ein, während Se. Majestät von den Angehörigen

der deutschen Kolonie daselbst mit prachtvollen Blumenspenden erfreut wurde.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Weimar, 10. März. (Th. C.)

Am Großherzoglichen Hofe fand gestern zu aisers Alexander III. von

Ehren des Geburtstages Rußland Galatafel statt.

OesterreichUngarn. Wien, 10. März. (W. T. B.) Im Abgeordnetenhause erklärte heute der Minister Prazak einer bezüglichen Auslassung des Abgeordneten Car⸗ neri gegenüber und unter Bezugnahme auf zwei dieserhalb ergangene Interpellationen: er habe bei Gelegenheit der Sprachendebatte kein anderes Staatsrecht als das Staats⸗ grundgesetz im Auge gehabt. Den von Carneri gebrauchten Ausdruck „Denunziantenthum“ müsse er zurückweisen, auch müsse er auf die große Gefahr aufmerksam machen, die für den Parlamentarismus entstehe, wenn politische Parteien sich in rein nationale Parteien verwandelten. Die General⸗ debatte über das Budget wird morgen abgeschlossen.

Großbritannien und Irland. London, 10. März. (W. T. B.) Der Premier Gladstone muß wegen eines leichten Unwohlseins das Zimmer hüten und war in Folge dessen verhindert, der heutigen Sitzung der Unterhauses beizuwohnen. 1t

11. März. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung des Unterhauses wurde bei der Berathung über den Nachtragskredit für Egypten das Amendement Labouchéres, betreffend die Ermäßigung des Kredits, mit 178 gegen 13 Stimmen abgelehnt. Von Lord Hartington wurde bei der bezüglichen Debatte darauf hingewiesen daß es schließlich nothwendia waohen dürfte, eine Modifizirung des Liquidationsgefe, 5 vo zuschlagen; diese Frage könne indeß nur in der gehörigen Weise und in Uebereinstimmung mit den europäischen Mächten aufgeworfen werden, werde auch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen und sehr viele Ver⸗ handlungen erfordern. Von der Regierung eine Erklärung darüber zu verlangen, wie die Streitkräfte zum Schutze der Häfen an der Küste des Rothen Meeres gebildet werden sollten, sei verfrüht; schon jetzt aber könne die Regierung erklären, daß die Häfen durch eine civilisirte Macht geschützt werden müßten. Von der Idee, Zebehr Pascha zum Gouverneur von Chartum zu ernennen, sei Niemand mehr überrascht worden, als die Re⸗ gierung; sie habe von dem General Gordon ausführliche Er⸗ klärungen darüber verlangt und werde nach deren Eingang ihre Entschließungen fassen und dem Hause mittheilen; es würde wünschenswerth erscheinen, lieber General Gordon noch länger in Khartum zu belassen, als Zebehr Pascha zu dessen Nachfolger zu errennen.

Der Voranschlag für das Kriegsbudget pro 1884/85 beträgt 17 021 126 Pfd. Sterl., der Präsenzstand ist zu 140 314 Mann, gegen 137 632 Mann im Vorjahre, an⸗ genommen.

„Wie aus Kanea auf Kandia telegraphisch gemeldet wird, geht das britische Geschwader heute von dort nach Smyrna ab, wo es bis zum 28. d. M. verbleiben soll.

Frankreich. Paris, 10. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer bekämpfte der Minister des öffentlichen Unterrichts, Fallières, den Antrag der Unterrichtskommission; die Erhöhung der Lehrergehalte im Prinzip zu votiren, und beantragte: die Erhöhung zu vertagen bis zur Berathung der korre⸗ spondirenden Kredite in dem Budget pro 1885. Der Finanz⸗Minister Tirard sprach sich eben⸗ falls gegen den Antrag der Kommission aus und suchte nachzuweisen, daß es unmöglich sei, Kredite für die beantragte Erhöhung zu finden. Der Berichterstatter der Kommission, Bert, behauptete, daß, wenn man die Ver⸗ anlagung der Steuern modifizirte, man die erforderlichen Fonds namentlich in dem Budget des Unterrichts⸗Ministeriums finden könne. Der Minister⸗Präsident Ferry wies diese Be⸗ hauptungen zurück und erklärte: die Regierung könne nur eine Vertagung der Angelegenheit annehmen. Diese wurde mit 315 gegen 217 Stimmen beschlossen. Die Enquste⸗Kommission lehnte mit 21 gegen 12 Stimmen den Antrag Clémenceau's, mehrere ihrer Mitglieder nach Anzin zur Vornahme einer Untersuchung über die dortige Lage zu entsenden, ab, weil die Strikenden hierdurch in bedenklicher Weise ermuthigt werden würden. Nach einem Telegramm des Generals Millot hat derselbe den Vormarsch gegen Bacninh am 7. d. begonnen. Das Kanonenboot „Mousqueton“ hatte bei einer Rekognoszirung einen Zusammenstoß mit dem Feinde und verlor einen Todten und zwei Verwundete.

11. März. (W. T. B.) Fast alle Zeitungen sprechen sich beifällig über das gestern von der Kam mer ab⸗ gegebene Votum bezüglich der Erhöhung der Lehrer⸗ gehalte aus und bezeichnen dasselbe als einen Akt staats⸗ männischer Klugheit, durch welchen die Stellung des Mini⸗ steriums befestigt werde. Prinz Napoleon äußerte

ö“

züglich der zu Kap. 69 des Staatshaushaltsetats

beider Kammern bestehenden Differenzen beschloß die Kammer, den jenseits

nigung der Herausgabe der Beschreibung der im Lande vorhandenen älteren Kunst⸗ und Baudenkmäler aus formellen Gründen abzulehnen und bei ihrem Beschluß auf eventuelle Gewährung einer höheren Subvention für das

das Verhältniß zwischen ihr und der

allen praktischen Fragen, insbesondere auch haben wird.

Wenn die „Nationalliberale Correspondenz“ meint, daß die angesehenen hervorragende

den einwirken

Alles vor der Nothwendigkeit zurücktreten, dem Volke das Bestimmungsrecht wiederzugeben, denn dieses allein sei unser Herr und habe das Recht, die Entscheidung zu treffen. Der Prinz fügte hinzu: Ich besitze nicht Gold, wie die Prinzen von Orleans, sondern bin arm, und ich bin stolz hierauf aber ich habe die volle Achtung vor der Souveränetät des Volkes und den festen Entschluß, mit Entschiedenheit alle die⸗ jenigen zu bekämpfen, welche versuchen sollten, diese Rechte des Volkes an sich zu reißen.

Italien. Rom, 10. März. (W. T. B.) Der Prinz und die Prinzessin Leopold von Bayern be⸗ absichtigen, am Mittwoch mittels der Gotthardbahn die Rück⸗ reise anzutreten, und werden sich morgen Nachmittag von den Königlichen Majestäten verabschieden.

In der Deputirtenkammer weigerte sich heute der Präsident, unter Berufung auf die Geschäftsordnung, dem Deputirten Farina das Wort zu ertheilen. Auf eine bezüg⸗ liche Anfrage geschah dies jedoch von Seiten der Kammer, weshalb der Präsident sein Amt niederzulegen beabsichtigt.

Der Papst wird am 24. d. M. ein geheimes und am 27. d. M. ein öffentliches Konsistorium abhalten. Wie der „Osservatore Romano“ erfährt, wird der Papst den Kardinal Consolini an Stelle des verstorbenen di Pietro zum Kämmerer der Kirche ernennen.

Serbien. Belgrad, 9. März. Der „Presse“ wird gemeldet, daß der Finanz⸗Minister einen Gesetzentwurf wegen Konvertirung der verschiedenen Titres der serbischen Staatsschuld in eine Rente von 30 Millionen vorbereite; außerdem werde der Skupschtina eine Vorlage wegen Ein⸗ führung des Tabakmonopols zugehen.

11. März. (W. T. B.) Der König hat dem nig von Bayern für den ihm verliehenen Hubertus⸗Orden seinen Dank ausgesprochen und demselben die Insignien des Großkreuzes des Weißen Adler⸗Ordens übersandt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 11. März. (W. T. B.) Wie der „Regierungsanzeiger“ meldet, wurde dem Kaiser Alexander an seinem Geburtstage von dem deutschen Botschafter von Schweinitz ein eigenhändiges Gratulationsschreiben des Kaisers Wilhelm über⸗ reicht. Der Admiral Lessowsky ist gestern gestorben.

Afrika. Egypten. Kairo, 10. März. (W. T. B.) Der General⸗Konsul Baring erklärt die Nachricht für unbe⸗ gründet, daß General Gordon die Rettung der Gar⸗ nisonen ohne starke Truppenmacht für unmöglich er⸗ klärt habe. Aus Suakim von heute wird gemeldet: das 42. In⸗ fanterie⸗Regiment und das 10. Husaren⸗Regiment hätten bei Zareba, 8 Meilen von Suaäkim und 10 Meilen von Ta⸗ manhit, einer Verschanzung Osman Digma's, ein Lager bezogen; die übrigen englischen Truppen würden Mittwoch früh den Vormarsch beginnen.

Zeitungsstimmen.

Die „Germania“ schreibt:

Die Organe der „deutschen freisinnigen Partei“ sind sehr unglück⸗ lich darüber, daß die nationalliberalen Organe in der Provinz der ersten Parole der „Nationallib. Corr.“ folgen und die ablehnende Haltung derselben vielfach noch überbieten. Eine freundliche Erklä⸗ rung vermögen sie nur in der „Osnabr. Ztg. aufzutreiben; dagegen ist an scharfen Kritiken der Fusion in den nationalliberalen Organen von Elberfeld, Dortmund, Leipzig, Hannover ꝛc. kein Mangel. Der Fehdebrief des „Hann. Courier“ lautet: „Endlich ist die schämige und schüchterne Verbindung zwischen den Sezessionisten und dem Fortschritt öffentlich SeIeAneee Die „National⸗Zeitung“, deren Freude über dieses neue Partei⸗ machwerk nur von den Dithyramben des „Berliner Tageblatts“ über diese „That“ übertroffen wird, meint freilich, Herr von Stauffenberg sei (als Führer) in Vorschlag gebracht worden, um uns National⸗ liberalen, hinter deren Rücken die Sache abgemacht wurde. den Ein⸗ tritt in den großen Bund schmackhafter zu machen, eine Behauptung, deren Grund uns nicht ersichtlich ist, da Herr von Stauffenberg nicht Veranlassuvg gegeben hat, mit anderen Augen von uns ange⸗ sehen zu werden, als seine übrigen sezessionistischen Kollegen. Das sezessionistische Blatt, in seiner großen Freude darüber, daß sein Ideal einer „„ großen liberalen Partei“ seiner Verwirklichung etwas näher gerückt ist, öffnet uns wohl⸗ wollend die Thore des neuen Verbrüderungstempels und hegt die Hoffnung, daß unsere Partei bald eintreken werde, ja es wagt heute sogar von „nationalliberalen Sympathien“ für die Sache zu sprechen. Auch die „Weser⸗Zeitung“ ist noch in Zweifel darüber, welche Stellung die Nationalliberalen zur Sache nehmen wer⸗ den. Ja, ist denn etwas geschehen, was die Stellung der Unseren zu den Pasziszenten verändern könnte? Sind wir nicht dieselben, sind sie nicht dieselben geblieben? Sind jene nicht immer mit einander gegangen? War etwa das der Grund unseres Gegen⸗ satzes gegen die Sezessionisten, daß diese sich bisher noch nicht öffent⸗ lich mit dem Fortschritt verbündet hatten? Die Herren sollten sich doch selbst sagen, daß an einen Beitritt der Nationalliberalen im Entfeintesten nicht zu denken ist; das wäre Verrath an der eigenen Sache. Man halte uns nicht das allgemeine und verschwommene Programm entgegen; solche Sachen kann jeder unterschreiben, wir sind politisch alt genug geworden, um den Werth derartiger Dinge richtig zu beurtheilen. Auf die Handhabung, Auslegung und Ausführung kommt es an, und hier wird die neue Partei sich bald erproben. Wir stellen ihr kein hohes Alter in Aussicht. Jedenfalls ist es löblich, daß endlich einmal die konventionelle Mär, als wären die beiden Parteien wesentlich verschieden gewesen, aufgehört hat. Für die nationalliberale Partei fällt damit auch zugleich der letzte Grund weg, gegen die „alten Freunde“ anders zu verfahren, als gegen den Fortschritt. Der Ha gegen uns hat die Herren vereinigt; jetzt meinen sie, uns den chaß ins Herz“ versetzt zu haben, aber sie sollen uns gerüstet auf dem Plane finden.“ Im „Hannoverschen Courier“ vom 9. d. M. lesen wir:

IJIn allen parlamentarischen und publizistischen Kreisen wird natür⸗ lich die neue Parteibildung auf das lebhafteste diskutirt. Das Wich⸗ tigste an der Sache ist, daß die inneren Verhältnisse durch das Er⸗ eigniß eine entschiedene Klärung erfahren haben, besonders nachdem auch die Stellung der Nationalliberalen zu der neuen Partei bekannt geworden ist. Im Uebrigen ist es am besten gethan, abzuwarten, in welcher Weise sich die Sache weiter entwickeln wird. Was insbesondere die national⸗liberale Partei betrifft, so ist dieselbe darüber einig, daß „deutschen freisinnigen Partei“ dem Auftreten der letzteren in den Wahlfragen, zu richten mehr eine sanguinische Hoffnung,

sich ohne vorgefaßte Meinung nach Es ist aber wohl

ehemaligen Parteifreunde, Stellung gewinnen

werden, in

die auch in der neuen Partei einnehmen, dort den ihnen gebühren⸗ und mäßigend auf andere Flemente welchen die Nationalliberalen bisher

eine Einfluß

gestern bei dem Empfange der Journalisten der vonapartistisch⸗revisionistischen Partei: es müsse

allerdings nur Feinde zu erblicken Anlaß hatten. nung, die wir durchaus nicht theilen, unsere ganzen Erfahrungen

Das ist eine Hoff⸗

Keine Partei 1 22 so 4 Haß rt, wie die Sezession. Indeß, sie existirt nicht mehr und von wollen g2 schweigen. Bei dem allgemeinen Interesse der Sache sei es gestattet, hier einige Preßstimmen anzuführen Z. B. schreibt die „Elberfelder Zeitung“: B

„Die Sezession ist von den eigenen Urhebern ausgeliefert worden und politisch todt. Sie muthet jetzt den Nationalliberalen die gleiche Selbstaufopferung zu. Der seines Schweifes beraubte Fuchs seinen Genossen diese „Mode“ bekanntlich ebenfalls empfehlen. Aber

dieselben betrachteten ihn weniger als Rathgeber, denn als warnendes Fxempel.“ 8

Erenchas ebenfalls nationalliberale „Frankf. Journal erblickt in der Sozialpolitik den eigentlichen Zielpunkt der Vereinigung, denn hierin unterscheiden sich die Nationalliberalen prinzipiell von den übrigen e, . nämlich die Nationalliberalen allmählich zu der An⸗ sicht gelangt sind, daß man auf dem vom Reichskanzler betretenen Wege wohl zur Heilung der sozialen Schäden gelangen könne, be⸗ streiten dies die Sezessionisten und Fortschrittler prinzipiell, während die National⸗Liberalen der Ansicht huldigen, daß es sich bei den jetzt schwebenden sozialpolitischen Plänen nicht um die persönlichen An⸗ schauungen eines einzigen mächtigen Mannes handle, welche, in ihrer Ausführung verhindert, eines Tages wie ein böser Traum dahingeschwunden sein würden, sondern daß es sich hier um Ideen handelte, welche mit Nothwendigkeit aus unseren Zeitverhältnissen entsprossen sind, stellen die Sezessionisten und Fortschrittler gerade die gegentheilige Ansicht in den Vordergrund, und während endlich die Nationalliberalen der Ansicht huldigen, nur durch staatliche Gesetzgebung und vernünftig angewandte Zwangs⸗ mittel, wie Versicherungszwang, allerdings mit Ausschluß jedes bureaukratischen Staatssozialismus, seien die sozialen Schäden zu heben, stellen die Sezessionisten sich auf den manchesterlichen Stand⸗ punkt und perhorresciren prinzipiell jeden staatlichen Eingriff in das

i eben.“ 3 ergebe sich, weshalb mit der neuen artei gemeinsame Sache nicht machen könnten....

ü6 Aus Cottbus (im Januar) wird dem „Deutschen

ndels archiv“ geschrieben: 1 1 Ha Im kann das Geschäftsjahr 1883 als ein zufrieden⸗

des bezeichnet werden. 8 stenen icg 8 Tuchfabrikation hat in Cottbus und Peitz sowohl in der Sommer⸗ als in der d Resultate erzielt. Der Absatz der Waaren war im Ganzen normal.

Für den Cottbuser Tuchmarkt ist die erfreuliche Thatsache zu kon⸗ statiren, daß südamerikanische Waarenimporteure dem hiesigen Fa⸗ brikat ein größeres Interesse zuwenden, während sie bisher die bel⸗ gische und englische Waare bevorzugten und nur hier übrig⸗ gebliebene Posten Saisonwaare zu stark herabgesetzten Preisen nahmen. Hierdurch konnten die überseeischen Händler und Konsu⸗ menten keinen hohen Begriff vom deutschen Geschmack und unserer Reellität gewinnen und sich nicht für ein Fabrikat interessiren, welches sie nur von der Schattenseite kannten. Es scheint darin aher nun eine Veränderung einzutreten. Nicht allein, daß manche Be⸗ ziehung mit den Vermittelungsplätzen Hamburg und Paris angeknüpft worden, die bereits gute Resultate ergab, es sind auch direkte Be⸗ ziehungen im Entstehen, so daß der Absatz nach den überseeischen Plätzen sich in gleicher Art vollzieht, wie nach den inländischen Absatz⸗

5 Für die Tuchfabriken in Finsterwalde gestaltete sich der Meß⸗ verkehr gegenüber dem Vorjahr wesentlich ungünstiger, nur gegen den Spätherbst fanden lebhaftere Abschlüsse in den bunten, gemusterten Fabrikaten statt, allerdings bei sehr gedrückten Preisen. Etwas größere Nachfrage herrscht in den einfachen glatten schwarzen Stoffen, doch auch dafür hielten sich die Preise auf niedrigem Stand. Die 70 Fabrikanten in Finsterwalde beschäftigten im verflossenen Jahre auf 342 mechanischen und 42 Handwebstühlen durchschnittlich 1530 Arbeiter, welche volle Arbeit, theils mit Ueberstunden, fanden.

Von allen Tuchfabrikationsorten der Lausitz hat Forst das be⸗ deutendste Buckskingeschäft, und von Jahr zu Jahr läßt sich eine größere Produktion nachweisen. Während es im Jahre 1875 an Wolle 3 890 802 kg ein⸗ und 3 353 302 kg fertige Waare ausführte,

im Jahre 1883 b 8 6 486 752 kg Wolle ein⸗ und 4458 538 Luche ausgeführt. 3

Nicht zum geringsten Theil ist dieser stetig zunehmende Auf⸗ schwung der Einführung des Zolltarifs zu danken, welcher das fremd⸗ ländische Fabrikat, das früher den heimischen Markt aufsuchte, voll⸗ ständig verdrängt hat. ...

widersprechen dem leider.

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 11. Inhalt: Verfügung: vom 3. März 1884. Eröffnung der Post⸗Dampfschiff⸗ fahrt auf der Linie Stettin⸗Kopenhagen.

Nr. 12. Inhalt: Verfügung: vom 5. der Eisenbahnstrecke Call⸗Hellenthal. 18

Central⸗Blatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗ waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 5. 8 Inhalt: Anzeige der in der Gesetzsammlung und im Reichsgesetz⸗ blatte erschienenen Gesetze und Verordnungen. Allgemeine Ver⸗ waltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. Indirekte Steuern: Bekanntmachung, betreffend die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues. Tarazuschlag für Wein und Petroleum. Formular zu Anerkenntnissen über Steuervergütung für denaturirten Branntwein. Erkenntniß des Reichsgerichts. Stempelsteuer von in Einer Verhandlung enthaltenen verschiedenen stempelpflichtigen Gegenständen. Feststellung des Mittelwerths. für den österreichischen Goldgulden zum Zweck der Berechnung der Reichs⸗ stempelabgen. Personalnachrichten.

ärz 1884. Eröffnung

cichstags⸗Angelegenheiten.

Zufolge der Bestimmung im §. 28 Absatz 2 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemo⸗ kratie vom 21. Oktober 1878 ist dem Reichstage über die An⸗ ordnungen Rechenschaft zu geben, welche von der Königlich preußischen und der hamburgischen Regierung auf Grund des §. 28 jenes Gesetzes unter dem 25. Oktober, 29. Oktober und 26. November 1883 mit Genehmigung des Bundesraths getroffen worden sind. Demgemäß hat der Stellvertreter des Reichskanzlers dem Reichstage die folgende Darlegung übersandt:

1

Das Königlich preußische Staats⸗Ministerium hat auf Grund des §. 28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 mit Genehmigung des Bundesraths für Altona und Harburg nebst den angrenzenden Be⸗ zirken unter dem 25. Oktober 1883 (die in der Anlage A. enthaltenen) Anordnungen getroffen. 8 8 g” d b der freien und Hansestadt Hamburg für das Ferner batd Staatsgebiet mit Ausschluß des Amtes Ritzebüttel unter Genehmigung des Bundesraths (die als Anlage B. beigefügte) Anordnung vom 29. Oktober 1883 erlassen. 8 Diese, Maßnahmen, welche in den Nrn. 252 bezw. 255 des Reichsanzeigers und auf die für landespolizeiliche Verfügungen vor⸗ geschriebene Weise bekannt worden sind, erwiesen sich aus folgenden Gründen als nothwendig: G 1 Die Richtigkeit der in dem vorjährigen Rechenschaftsbericht aus⸗ gesprochenen Annahme, daß es durch die bisherigen Maßregeln ins⸗ besondere auch durch Ausdehnung des Ausnahmezustandes auf Harburg und Umgegend gelungen sei, die Wiederbefestigung der Organisation der sozialdemokratischen Partei in dem Gebiete des

beschränken und der Uebertragung der sozial immer weitere Kreise ——, auch durch die Erfahrung des letzten Jahres bestätigt worden. er Umstand, daß es abgesehen von der Erneuerung E 2——*— lassener eFeheeerbes 2 —u— 9 2 s e ur 2 7 des E“ 243 Aufenthaltsverbote ausgesprochen werden mußten, bewies, daß an Stelle der früheren Führer neue 2* von gleicher Bedeutung und in gleicher Stärke der Bewegung 2 geführt worden sind. Insofern ließ sich daher eine wohlthä Wirkung der Ausnahmemaßregeln keineswegs verkennen. Andererseits konnte aber ein Zweifel daruͤber füglich nicht bestehen, daß die fernere Aufrechterhaltung dieser Maßregeln ein dringendes Bedürfniß 52 Die Partei war zwar in ihrer auf den Umsturz der bestehenden Staats⸗ und Gesellschaftsordnung gerichteten Thätigkeit erheblich ein⸗ geschränkt und hatte an Ausdehnung nicht weiter gewonnen, b2 andererseiis kann es einem Zweifel kaum unterliegen, daß die Sozial⸗ demokratie in ihrem bisherigen Besitzstande sich im Großen und Ganzen erhalten hat. Einen einigermaßen sicheren Schluß „er Beziehung gestattete schon der Ausfall der letzten Hamburger 9 eichs⸗ tagswahl, bei welcher der sozialdemokratische „Kandidat mit nahezu 12 000 Stimmen gewählt wurde. Bei der innigen Verbindung Ham⸗ burgs mit den benachbarten Städten, namentlichmit Altona, Ottensen und Wandsbeck, bei der Gleichartigkeit der Verhältnisse in Handel und Gewerbe und dem fortwährenden Fluktuiren der Arbeiter⸗ bevölkerung aus den preußischen Gebietstheilen nach Hamburg und umgekehrt gab jene Wahl nicht nur für die fortdauernde Kraft der Partei in Hamburg, sondern zugleich auch für die Stärke derselben in den in Frage kommenden preußischen Gebietstheilen einen richtigen a B 8 dem vergangenen Jahre hatte es an Versuchen der Ver⸗ breitung sozialdemokratischer Druckschriften nicht gefehlt. Im Ge⸗ heimen wurde nach wie vor der „Sozialdemokrat“ und die „Freiheit eingeführt. Oeffentlich wurde in größere Anzahl ein demnächst ver⸗ botenes, in Hamburg gedrucktes Flugblatt „An das Volk“ vrrbreitet, welches in der aufreizendsten Weise die Gründe der Staatsregierung zum Erlaß des Sozjialistengesetzes beleuchtete und insbesondere be⸗ hauptete, dasselbe habe nur als Mittel dazu dienen sollen, die Durch⸗ führung der Steuerpolitik zu erleichtern und den Militär⸗Moloch zu befriedigen. Oeffentliche Versammlungen waren von der Partei nur in geringer Zahl veranstaltet worden. Dagegen hatten es die leiten⸗ den Kräfte der Bewegung in dem Gebiete des Ausnahmezustandes, welche anscheinend zur Zeit in Hamburg zu suchen sind, verstanden, die Fühlung mit dem Vorstande der großen sozialistischen Partei sowohl wie den Zusammenhang der Parteigenossen ihres Bezirks untereinander auf andere Weise aufrecht zu erhalten. Auch auf dem im Frühjahr vorigen Jahres in Kopenhagen abgehaltenen sozial⸗ demokratischen Kongreß waren die Sozialdemokraten aus Hamburg und Umgegend durch Delegirte vertreten. Die bereits in dem vor⸗ jährigen Rechenschaftsbericht erwähnten Bestrebungen der Partei, die gewerkschaftlichen Vereinsorganisationen zu Parteizwecken zu benutzen, waren nicht ohne Erfolg fortgesetzt worden. Namentlich in Hamburg wurde eine ganze Reihe von Fachvereinen ins Leben gerufen; Maurer, Schuhmacher, Tischler, Schiffsbauer, Cigarrenarbeiter, Schmiede, Töpfer hatten sich zu derartigen Vereinen zusammengeschlossen. Die⸗ selben zeiaten sich zwar in ihrem Auftreten nach Außen hin sehr vor⸗ sichtig. Der Umstand indessen, daß die Mitglieder in großer Anzahl der sozialdemokratischen Partei angehören und daß bei der Mehrzahl der Vereine notorische Sozialdemokraten an der Spitze stehen, ließen in Verbindung mit mehrfachen Aeußerungen der Parteiführer und der Parteipresse, welche die gewerkschaftlichen Organisationen als ganz besonders geeignete Agitationsfelder bezeichneten, kaum kinen Zweifel darüver aufkommen, daß diesen Unternehmungen in erster Linie der Gedanke zu Grunde liegt, einen neuen Zusammenhalt für die sozialdemokratischen Bestrebungen zu gewinnen. Es fehlte hiernach trotz der äußerlich ruhigen und vorsichtigen Haltung der Partei in dem Gebiet des Ausnahmezustandes keineswegs an Anzeichen von der fortdauernden Thätigkeit derselben im Sinne von Versuchen einer Wiederbefestigung der nnd⸗ einer Ausdehnung der ver⸗ derblichen Bestrebungen auf weitere Kreise. 8 Dazu kam, daß die sozialdemokratische Bewegung in Deutschland überhaupt eine Abschwächung nicht erkennen ließ. Die Verhandlungen auf dem Kopenhagener Kongreß hatten im Vereine mit sonstigen Wahrnehmungen die schon früher ausgesprochene Annahme bestätigt, daß die sozialdemokratische Partei sich wieder zu kräftigen beginne und an Zuversichtlichkeit und Geschlossenheit im Vergleich zu den ersten Jahren nach Emanation des Sozialistengese zes nicht unerheblich gewonnen habe. Was die Organisation der Partei angeht, so hatte der Kopenhagener Kongreß zwar den von einer Seite gestellten Antrag, ganz Deutschland mit einer festgefügten Organisation zu überziehen, mit der Begründung abgelehnt, daß eine solche theils entbehrlich, theils gefährlich sei, die geheime Organisation an einzelnen Orten und in kleineren Bezirken hatte indessen hierdurch keineswegs reprobirt werden sollen. Es wurde vielmehr von der Parteileitung auf die Erhaltung und Ausdehnung der bisherigen Organisation nach wie vor großes Gewicht gelegt. Die Regsamkeit der Parteigenossen und die praktische Bethätigung ihres Interesses hatte namentlich seit dem Kongreß in Kopenhagen erheblich zugenommen. Dies zeigte sich zu⸗ nächst in der Steigerung der Nachfrage nach dem Parteiorgan, dem „Sozialdemokrat“, dessen Auflage um circa 1000 Exemplare vermehrt verden mußte, sodann in dem Aufschwunge, welchen die Verbreitung sozialdemokratischer Druckschriften nahm, und endlich in dem reicheren Ertrage der Geldsammlungen für die verschiedenen Parteizwecke, ins⸗ besondere für die Unterstützung der Ausgewiesenen, die aus diesem Grunde z. B. für Berlin namhaft erhöht werden, konnte. 8 8 Die Versuche der Einführung des „Sosialdemokrat“, dessen Haltung und Sprache eine Aenderung nicht erfahren hat, sind fort⸗ gesetzt worden. Außer der einmaligen Beschlagnahme der Te9 Auflage einer Nummer desselben in der Höhe von 5000 . 60 Exemplaren in der Nähe von Konstanz hatten in einer großen Anzah von Fällen Beschlagnahmen kleinerer Sendungen bis zu 300 Erxemplaren stattgefunden. Von sozialdemokratischen Broschüren und Flugblättern war in den letzten Jahren theils in Zürich, theils im Inlande eine verhältnißmäßig große Zahl neu gedruckt und im Inlande zur Ver⸗ breitung gelangt, z. B. die Flugblätter „Mucker, Pfaffen und Königs⸗ schwindel“*, „An die Arbeiter in Stadt und Land“, „Was wollen die Sozialdemokraten?“, „Zehn Gebote im Reiche der Gottesfurcht und en Sitte“. stomahlan. 88 dem vergangenen Jahr hat es an Beziehungen der sozial⸗ demokratischen Partei in Deutschland zu den deutschen Parteigenossen im Auslande und den geistesverwandten ausländischen Richtungen nicht gefehlt. Die russischen Sozialisten in Zürich und Genf, das National⸗ Comité der sozialistisch⸗revolutionären Arbeiterpartei, Frankreichs, hatten unter Betonung der Solidarität und Internationalität der sozialistischen Bestrebungen dem Sozialistenkongreß in Kopenhagen Glückwunschadressen gesendet, mit den dänischen Genossen haben 1 Kongreßdelegirten ein Verbrüderungsfest, gefeiert, wiederholt. sin Führer der deutschen Sozialdemokratie im Auslande in Versamm⸗ lungen aufgetreten. Angesichts dieser Sachlage mußte es in hohem Grade bedenklich erscheinen, den Ausnahmezustand für Hamburg, Altona, Harburg und Umgebung, wo die Fäden der Organisation und Agitation für einen großen Theil Norddeutschlands zusammen⸗ laufen, unter Verzichtleistung auf die durch das Gesetz gegebenen Voll⸗ machten wieder aufzuheben. Denn es würden mit Wegfall desselben die alten Führer der Bewegung voraussichtlich zurückgekehrt und neue aufgetreten, durch die von denselben geleitete planmäßige und energische Agitation die bisherigen Erfolge vollständig in Frage gestellt und damit wieder der Zustand herbeigeführt worden sein, dessen Beseiti⸗ gung im Interesse der öffentlichen Sicherheit durch Verhängung des Ausnahmezustandes seiner Zeit gerade angestrebt worden ist. Die bisherige Abgrenzung des Rayons hatte sich als zweckmäßig erwiesen und ist daher unverändert beibehalten worden. Mit Rücksicht auf die in §. 2 des Gesetzes vom 31. Mai 1880 festgesetzte Geltungs⸗

Ausnahmezustandes zu verhindern, die planmäßige und im Großen

dauer des Gesetzes vom 21. Oktober 1878 mußte die Endfrist, wie geschehen, festgesetzt werden.

II. 1b Das Königlich preußische Staatsministerium hat auf Grund des §.28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemo⸗ kratie vom 21. Oktober 1878 mit Genehmigung des Bundesraths für die Stadt Berlin und die angxrenzenden Bezirke dieselben Anordnungen, welche am 28. November 19 8 getroffen, und seitdem alljährlich 8* neuert worden sind, mittelst (des in der Anlage C. beigefügten) Be⸗ schlusses vom 26. November v. J. bis zum 30. September d. J. von em erlassen. 8 Diese Anordnungen, welche in Nr. 278 des Reichsanzeigers und auf die für landespolizeiliche Verfügungen vorgeschriebene Weise be⸗ kannt gemacht worden sind, beruhen auf nachstehenden Erwägungen: Mit Hilfe der mit Einführung des Ausnahmezustandes der Staatsregierung übertragenen besonderen Befugnisse und namentlich durch entsprechende Handhabung der Ausweisungsermächtigung, von welcher, abgesehen von Erneuerungen früherer Aufenthaltsverbote, in dem letzten Jahre gegen 17 Personen Gebrauch gemacht werden mußte, war es während der Geltungsdauer der Bekanntmachung des König⸗ lichen Staatsministeriums vom 25. November 1882 gelungen, die sozialdemokratische Bewegung in Berlin und Umgebung in gewissen Schranken zu halten. Diesen Maßregeln war es zu verdanken, daß ungeachtet zahlreicher und verlockender Gelegenheiten, welche nament⸗ lich die Stadtverordnetenwahlen, die gewerkschaftliche Bewegung, die Besprechung der sozial⸗politischen Gesetzesvorlagen der Sozialdemokratie geboten haben, grobe Ausschreitungen nicht vorgekommen sind. In⸗ sofern hatte der Ausnahmezustand die Wirkung erzielt, welche man sich von demselben versprechen konnte. In den Verhältnissen, welche die Anwendung dieser außerordentlichen Maßregeln bisher erforderlich gemacht haben, war indessen bei Ablauf der Geltungsfrist der oben erwähnten Bekanntmachung eine wesentliche Aenderung nicht einge⸗ treten. Die den bezüglichen Gebietstheilen durch die sozialdemo⸗ kratischen Bestrebungen drohende Gefahr für die öffentlsche Sicherheit konnte daher keineswegs als beseitigt oder auch nur als vermindert rachtet werden. 1 . 1 8 gr die sozialdemokratische Bewegung ist der Kongreß, welcher in Kopenhagen im März v. J. stattgefunden hat, von unverkennbarem Einfluß gewesen. Während bisher vielfach Zerfahrenheit und Unklar⸗ heit über die zunächst zu verfolgenden Ziele bestand, ist durch die Kongreßbeschlüsse über die in nächster Zeit inne zu haltende Taktik volle Klarheit geschaffen worden. Hierdurch, sowie durch die auf dem Kongresse erstatteten günstigen Berichte über die gegenwärtige Lage und die Aussichten der Partei für die Zukunft ist in dem ganzen Ge⸗ biet des Deutschen Reiches neues Leben in die Bewegung gekommen, welches auf fast allen Feldern eine verstärkte Thätigkeit im Gefolge gehabt hat. Von besonderer Bedeutung sind die Beschlüsse des Kon⸗ gresses über die Stellung der Partei zu den nächsten Reichstagswahlen und zu den Sozialreformplänen der Staatsregierung. Die scho wiederholt ketonten günstigen Erfolge, welche die sozialdemokra⸗ tische Partei, namentlich in Ansehung einer Befestigung der Organi⸗ sation durch die letzten Reichstagswahlen erzielt hatte, sind ohne Zweifel für den Beschluß bestimmend gewesen, sich auch an den nächsten Reichstagswahben mit allen Kräften zu betheiligen und bald⸗ möglichst in die Agitation für dieselben einzutreten. 1 Die hinsichtlich der Sozialreformgesetzgebung einstimmig zur An nahme gelangte bemerkenswerthe Resolution, man glaube weder an die ehrlichen Absichten noch an die Fähigkeit der herrschenden Klassen in dieser Beziehung, hege vielmehr die Ueberzeugung, daß die soge⸗ nannte Sozialreform nur als taktisches Mittel benutzt werden solle, um die Arbeiter von dem wahren Wege abzulenken, bestätigt in be 1 dauerlicher Weise die bereits in dem vorjährigen Rechenschaftsbericht zum Ausdruck gebrachte Auffassung, daß die Führer der Partei in Schädigung der wahren Interessen ihrer Parteigenossen entweder den Ernst und die Ziele der staatlichen Reformbestrebungen auf diese Gebiete nicht verstehen oder gleichviel aus welchen Gründen 1 der Erkenntniß derselben absichtlich sich verschließen. b. Der vorstehend erwähnten Resolution ist bereits eine praktische Folge gegeben durch die außerordentlich lebhafte Agitation, welche im ganzen Reiche von der sozialdemokratischen Partei gegen das Krankenkassengesetz eingeleitet worden ist und fortgesetzt rege erhalten wird. Je größer aber in den Augen der Parteigenossen die Schwi 8 rigkeiten sind, welche sich den Versuchen entgegenstellen, eine Besserung der Lage der arbeitenden Klassen auf gesetzlichem Wege herbeizuführen, 8 um so mehr vertieft sich in der letzteren die von den Führern mit besonderem Eifer geförderte Meinung, daß alle Reformen, welche unte Aufrechterhaltung des Bestandes der heutigen staatlichen und gesell⸗ schaftlichen Ordnung ins Werk gesetzt würden, ein praktisches Resul⸗ tat nicht ergeben könnten und daß nur von der Durchführung 8 sozialistischen Theorien eine wirkliche Besserung zu erwarten sei i der notorischen Unmöglichkeit, diese letzteren auf friedlichem Wege z verwirklichen, ergiebt sich als eine nothwendige Konsequenz dieser stetigen Hinweise der Führer der Umstand, daß die Anhänger 8 sozialdemokratischen Lehre allmälig immer mehr an den Gedan en des gewaltsamen Umsturzes gewöhnt werden und sich den auf Organi⸗ sation der Massen gerichteten Bestrebungen der Führer immer zu⸗ gänglicher erweisen. Mehrfache Anzeichen, namentlich auch das erhöhte Selbstgefühl und die Zuversicht, welche die Sozialdemokraten zur Schau trugen, sobald sie in die Oeffentlichkeit traten, deuten darauf hin, daß seit dem Kopenhagener Kongreß gerade auf dem Gebiete 1 geheimen Organisation wieder namhafte Fortschritte gemach Hüera d r durch Wort und Schrift wurde in verstärktem Maße betrieben, die Sprache der Parteiorgane wurde immer auf⸗ reizender, der zwischen der sogenannten gemäßigten und der sozia revolutionären Partei angeblich bestehende fundamentale Unterschie verwischte sich auch in der Presse mehr und mehr. Bezeichnend in dieser Beziehung war der Umstand, daß der „Sozialdemokrat, 2 Organ der ersteren, die bekannte Dynamitexplosion in dem Frank⸗ furter Polizeidienstgebäude in einer Weise besprach, welche eine Biligung dieses Attentats vollständig gleichkommt. Auch an erneute Versuchen der der Truppen hat es in dem ver agenen Jahre nicht gefehlt. 8 8 gSDie Iöhke n Reser umfassenden Agitation, welche vom Feeht ausging und für das Inland berechnet war, wurde noch verstär durch die Beziehungen, welche zwischen den Sozialisten der verschiedene Kulturstaaten Europas auf Grund der Gleichartigkeit der Interesse aufrecht erhalten wurden. Dieselben sind zwar schon längst an geknüpft, begannen indessen erst in neuerer Zeit intimer zu werden und eine größere Rolle in dem Parteileben zu spielen. 1 Die Rückwirkung dieser verstärkten allgemeinen Entwickelung d Bewegung auf die Hauptagitationszentren wurde besonders auch Berlin wahrnehmbar. In Ausführung der Koßenhagene ... beschlüsse ging man hier alsbald mit erneutem Eifer an die S er aufnahme der Geldsammlungen, welche eine Zeit lang nur betrieben waren und erhielt auch durch Verkauf von Druckschrif en, insbesondere des Omnibuskalenders, nicht unwesentliche Beträge 5 Parteikasse. Neben der Beschaffung von Geldmitteln war das L augenmerk der Führer auf die Festigung und Stärkung der Har * organisation gerichtet. Dieselbe war zwar im Großen dieselbe geblieben wie früher, eine Aenderung war nur se e getreten, als die Vertreter der Wahlkreise nicht mehr wie 8 G einer Wähler⸗ oder Delegirtenversammlung gewählt, son e den Hauptleuten ernannt wurden. Es gewann e schein, daß die einzelnen nach den Reichstagswahlkreisen a Fegrenn 8 Organisationen immer größere Selbstständigkeit 9 8 zwar trotz der soeben erwähnten Neuerung auch dieses Comitémitglieder zu ermittein und durch Ausweisung eine Faeshe derselben sehr empfindliche Lücken in der Organisation ün HegeA Gleichwohl fanden die ceheimen Zuss nm erhnstene e mmitemni 1. 8 2 d Vertrauensleute noch regelmäßig ; z 8 vrbere Versammlungen sämmtlicher Vertrauensleute aus See. tagswahlkreisen in der Pegr von ng und zwar während der Na im Frei bgehalten worden. öö1““ ö einerseits für die Rührigkeit der Partei andererseits für das Fortbestehen und die Zweckmäßigkeit der es tion in Berlin, bot der bei d letzten Kommunalwahlen erzielte Erfo