Anmerkung. Die Anleihescheine sind außer mit den Unter⸗ schriften des Landraths und zweier Mitglieder des Kreisausschusses mit dem Siegel des Landraths zu versehen.
Provinz Schlesien. Regierungsbezirk Oppeln. . Zinsschein
.. Reihe zu dem Anleiheschein des Kreises Rosenberg O.⸗Schl. ... Ausgabe, Buchstabe . Nr. . über Mark .. Prozent Zinsen über . .. Mark. Pfennig.
Der Inhaber dieses Zinsscheins empfängt gegen dessen Rückgabe in der Zeit vom 2. Januar (bezw.) 1. Juli 18 . ab die Zinsen des vorbenannten Anleihescheines für das Halbjahr vom . .. bis... mit ℳ 4 bei der Kreis⸗Kommunalkasse zu Rosen⸗ bberg O.⸗Schl.
Reesenberg O.⸗Schl., den II11“ Der Kreisausschuß des Rosenberger Kreises. (Unterschriften.) 1“
Dieser Zinsschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb vier Jahren nach Ablauf des Kalenderiahres der Fälligkeit erhoben wird. 8 “
Anmerkung. Die Namenkzunterschriften der Mitglieder des Kreisausschusses können mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jeder Zinsschein mit der eigenhändigen Namens⸗ unterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.
Provinz Schlesien. Regierungsbezirk Oppeln. Anweisung zum Kreis⸗Anleiheschein des Kreises Rosenberg O.⸗Schl. 1n Assoe. Buchstabe Nr ö1äXX““
Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem obigen Anleihescheine die. te Reihe von Zinsscheinen für die fünf Jahre 18. . bis 18. .bei der Kreis⸗Kommunalkasse zu Rosenberg O⸗Schl., sofern nicht rechtzeitig von dem als solchen sich ausweisenden Inhaber des Anleihescheines dagegen Widerspruch erhoben wird. Rosenberg O.⸗Schl., den T“ Der Kreisausschuß des Kreises Rosenberg O.⸗Schl. (Unterschriften.) Anmerkung. Die Namensunterschriften der e des Kreisausschusses können mit Lettern oder Faesimilestempeln gedruckt werden; doch muß jede Anweisung mit der eigenhändigen Namens⸗ unterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden. b Die Anweisung ist zum Unterschiede auf der ganzen Blattbreite unter den beiden letzten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nachstehender Art abzudrucken: 8
jter Zinsschein. V ter Zinsschein.
Anweisung.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten. “
Der Regierungsbaumeister Ernst Fuchs in Labiau ist als Königlicher Kreis⸗Bauinspektor daselbst angestellt worden.
Der Berg⸗Assessor und bisherige Berg⸗Inspektor der Königs⸗ grube in Oberschlesien, Behrens, ist zum Bergwerks⸗Direktor ernannt und mit der Direktion der fiskalischen Steinkohlen⸗ Bergwerke bei Borgloh und Oesede im Ober⸗Bergamtsbezirk Dortmund betraut worden
E1“ 1616“ 9. Ober⸗Rechnungskammer.
Die bisherigen Hülfs⸗Revisoren, Eisenbahn⸗Sekretär Thié aus Straßburg i. E. und Eisenbahn⸗Sekretär Richt⸗ mann aus Frankfurt a. M. sind zu Geheimen revidirenden Kalkulatoren bei der Königlichen Ob Rechnungskamm v er⸗ nannt worden. “
Nichtamtliches.
Dentsches Reich.
Preußen. Berlin, 31. März. Se. Maje Kaiser und König empfingen im Laufe des gestrigen Vormittags Se. Königliche Hoheit den Prinzen Heinrich, den General⸗Adjutanten, General der Kavallerie Grafen von der Goltz, den Vize⸗Ober⸗Stallmeister von Rauch, den Oberst⸗Kämmerer Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode und den Obersten von Lindequist, Commandeur des 1. Garde⸗ Regiments z. F.
Nachmittags machten Se. Majestät eine Spazierfahrt.
Heute Vormittag 11 Uhr nahmen Se. Majestät mili⸗ tärische Meldungen und darauf den Vortrag des Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski entgegen.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte gestern dem Gottesdienst in der Kapelle des Augusta⸗ Hospitals bei.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern Mittag 1 Uhr den Reichskanzler Fürsten von Bismarck.
— Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des der Abgeordneten befindet sich in der Ersten eilage.
— In der heutigen (69.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Staats⸗Minister von Puttkamer, der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Dr. Lucius und der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. von Goßler, nebst mehreren Kommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Verlesung der Interpellation des Abg. Dr. von Jasëdzewski und Genossen, betreffend die Wiederaufnahme der Leistungen aus Staatsmitteln für den Umfang der Erz⸗ diözese Gnesen und Posen. Die Interpellation lautet:
Durch Beschluß des Königlichen Staats⸗Ministeriums ist für den Umfang der Erzdiözese Cöln die Wiederaufnahme der einge⸗ stellten Staatsleistungen angeordnet worden.
Wir stellen an die Königliche Staatsregierung die Frage: ob dieselbe gesonnen ist, eine gleiche Anordnung für den Umfang der Erzdiözesen Gnesen und Posen zu treffen;
wenn nicht, was für Gründe vorliegen, welche ihre dies⸗ bezügliche ablehnende Haltung rechtfertigen.
Auf die Anfrage des Präsidenten von Köller erklärte der Staats⸗Minister Dr. von Goßler, daß die Staatsregierung bereit sei, die Interpellation sofort zu beantworten.
Der Abg. Dr. von Jasdzewski begründete die von ihm
allen Diözesen sich bereit sinden lassen, die Härten des Kultur⸗
“ 8 —
kampfes zu lindern. Nur die Erzdiözesen Posen und Gnesen seien von dieser Wohlthat ausgeschlossen geblieben, obschon die katholischen Priester in diesen Diözesen sich keiner beson⸗ deren Vergehungen schuldig gemacht hätten.
ierauf ergriff der Staats⸗Minister Dr. von Goßler das Wort: Die Interpellation setzt sich aus zwei Fragen zusammen. Auf die erste Frage: 18
ob die Regierung gesonnen ist, eine gleiche Anordnung für den Umfang der Erzdiözesen Gnesen und Posen zu treffen? 1 — habe ich im Namen der Staatsregierung zu antworten; die Regierung ist nicht gesonnen, die Wiederaufnahme der Staatsleistungen in der Diözese Gnesen⸗Posen anzuordnen.
Auf die zweite Frage: . 3
wenn nicht, was für Gründe vorliegen, welche ihre diesbezüg⸗ liche ablehnende Haltung rechtfertigen — 1 . habe ich Namens der Staatsregierung zu antworten: Die Regierung e es ab, die Gründe für ihre bezügliche Entschließung dar⸗ zulegen. 8. Der Abg. Dr. von Stablewski hob hervor, daß sich wieder einmal zeige, daß das Haus durch parlamentarische Rücksichten nicht verwöhnt werde. Der Minister scheine auch kirchen⸗ politische Fragen nach militärisch⸗strategischen Gesichtspunkten behandeln zu wollen. Er suche den Feind zu theilen, um ihn dann zu schlagen. Wozu solle die Eximirung der posenschen Erzdiözesen dienen? Vielleicht wolle man einen Druck auf Rom ausüben, daß dieses sich in der Bischofsfrage gefügiger erweise. Die Erfahrungen des Kulturkampfs schienen ohne Belehrung vorübergegangen zu sein. Jahrelang seien von den Polen hier Klagen vorgebracht worden. Aber nicht ein⸗ mal in einem Punkte wolle man denselben Rechnung tragen. Die Polen würden nur für gut genug gehalten, Steuern zu zahlen und Militärdienste zu leisten. Im Uebrigen bleibe für 18 5 Satz, daß alle Preußen gleichberechtigt seien, eine
rase. Der Abg. Dr. Frhr. von Schorlemer⸗Alst meinte, daß die Antwort, die der Minister ertheilt habe, schwer schädigend für die Interessen des Staats und der Monarchie sei. In der Nacktheit, in welcher sie ausgesprochen, könne die⸗ selbe überall nur das Gefühl erwecken, daß die Staats⸗ regierung berechtigten Klagen herzlos gegenüberstehe. Wenn jüdische Unterthanen verletzt seien, so sei die Regie⸗ rung sofort zu jeder Auskunft bereit. Aber wenn Ka⸗ tholiken klagten, so schweige man, und doch seien in dem, was der Abg. von Jazdzewski vorgetragen, alle Katholiken soli⸗ darisch. Einen Zweck werde die Spekulation, welche die Re⸗ gierung verfolge, bei der Aufrechthaltung der Sperre in Posen nicht haben, es müßte denn sein, daß thörichte Hoffnung und Wünsche, die man oftmals den Polen zugeschrieben habe, aufs Neue Nahrung erhielten.
Der Abg. Dr. Windthorst hob hervor, daß die Antwort des Ministers nach Form, Inhalt und Ton, in welchem die⸗ selbe vorgetragen sei, verletzend habe wirken müssen. Noch mehr habe ihn empört, daß diese Erklärung von ein⸗ zelnen Abgeordneten mit Beifall begrüßt worden sei. Seine Partei werde nach dieser Antwort ihr Benehmen einzurichten wissen. An die Polen richte er die Bitte, auch bei dieser harten Behandlung die Geduld nicht zu verlieren. 3 sie gemeinsam das vorgesteckte Ziel verfolgen. Mehr als ein⸗ mal dürfte sich ihnen und seiner Partei die Gelegenheit bieten, eine ähnliche Sprache zu führen, wie sie heute der Minister von Goßler angeschlagen habe. Man habe mit dieser Maßregel vielleicht Eindruck machen wollen an der Stelle, wo noch niemals die Fahne gesenkt worden sei, wenn es gelte das Recht zu schützen. Er sei überzeugt, daß auch diesmal der Angriff der Regserung machtlos an dem Fels der Kirche, die 2000jährige Kämpfe ruhmreich bestanden, abprallen werde. Auch seine Partei werde nicht müde werden, bis sie in diesem Kampf entweder Siegerin geblieben oder ruhmvoll untergegangen sei. Damit war die Interpellation beendigt.
Es folgte bei Schluß des Blattes die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs einer Jagdordnung.
— Se. Maäjestät der Kaiser und König haben, unter Abänderung des §. 40 des Geldverpflegungs⸗ Reglements für das preußische Heer im Frieden, bestimmt: Die Offiziere der militäcischen Institute (Anstalten) — ausschließlich der Invaliden⸗Institute — sind ebenso wie die regimentirten Offiziere zu Einzahlungen in eine Offizier⸗Kleiderkasse verpflichtet bezw. berechtigt. Auf das Militär⸗Waisenhaus zu Potsdam, sowie auf das medizinisch⸗chirurgische Friedrich⸗Wilhelms⸗Institut findet diese Bestimmung Anwendung. Ferner sollen die Zeug⸗ und Feuerwerks Offiziere sowie die Zeugfeldwebel und Zeug⸗ sergeanten zur Entrichtung von Kleiderkassen⸗Beiträgen ver⸗ pflichtet sein und diese mindestens bei ersteren vierundzwanzig, bei letzteren zwölf bezw. sechs Mark monatlich betragen. Die Einzahlungen finden, sofern die betreffenden Institute (An⸗ stalten) eine eigene Kassenverwaltung besitzen, bei dieser, anderenfalls bei der Kasse desjenigen Truppentheils ꝛc. statt, dem die betheiligten Personen in ökonomischer Beziehung attachirt sind, sofern nicht eine andere Kasse hierzu besonders bestimmt wird.
— Submissionen im Auslande.
1) 15. April d. J. zu Rotterdam Lieferung gegossener eiserner Röhren im Gewichte von 373 612 kg für die Trinkwasserleitung. Submissionsbedin⸗ gungen einzusehen im „Timmerhuis“, auch in der Buchdruckerei von P. van Waesberge en Zoon in Rotterdam, Houttuin Nr. 73, für 10 Cts. käuflich.
2) 12. April (31. März) d. J. Nationalbank von Ru⸗ mänien zu Bukarest, Fundamentirungsarbeiten für das neue Bankgebäude, Lastenheft bei der Baudirektion daselbst, Hanu Serban⸗Vodà. Kaution: 20 000 Frcs.
— In diesem Jahre werden Generalstabs⸗Uebungs⸗ reisen bei dem Garde⸗Corps, dem I., II., III., IV., V., VI., XI., XIV. und XV. Armee⸗Corps stattfinden.
— Das Garde⸗Schützen⸗Bataillon wird am 30. September d. 8 von Berlin nach Lichterfelde verlegt werden, ferner nach den diesjährigen Herbstübungen das 2. Bataillon 4. Westfälischen Infanterie⸗Regiments Nr. 17 von Neu⸗Breisach nach Mülhausen i. E. und das Füsilier⸗Bataillon desselben Regiments von Mülhausen i. E. nach Neu⸗Breisach, endlich die reitende Abtheilung 1. Pom⸗ merschen Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 2 zum 31. März 1884 von Gartz a. O. nach Belgard.
im Timmerhuis,
Auf parlementarischem Wege möchten
v1“
Dauer seiner Abwesenheit sungirt als Geschäftsträger der Botschafts⸗Rath von Kotzebue.
— Der Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant 1X.rns hat sich zu Inspizirungen nach Wilhelmshaven egeben.
— Der General⸗Inspecteur der Artillerie, General⸗ Lieutenant von Voigts⸗Rhetz, hat sich behufs Musterung des in Glogau, Glatz und Neisse garnisonirenden Schlesischen Fuß⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 6 auf Dienstreisen begeben.
— Der General⸗Lieutenant Bogun von Wangen⸗ heim, Commandeur der 9. Division, ist zu einem 8tägigen Aufenthalt mit Urlaub aus Glogau hier eingetroffen.
Wiesbaden, 27. März. In der heutigen 5. Plenar⸗ sitzung des Kommunal⸗Landtags kamen nach Verlesung des Protokolls, Mittheilung und Vertheilung der neuen Ein⸗ gänge, zunächst Berichte der Finanzkommission zum Ver⸗ trage: 1) wurde die ministerielle Genehmigung des Reglements nebst Hausordnung für die Corrigenden⸗ anstalt zu Hadamar mitgetheilt, und erklärte sich der Landtag mit den getroffenen Aenderungen ein⸗ verstanden; 2) das Gesuch der Gemeinde Sossenheim um Bewilligung einer Beihülfe zu den Kosten der Nidda⸗ Regulirung wurde durch den in dieser Angelegenheit bereits gefaßten Beschluß für erledigt erklärt; 3) dem Bienenzucht⸗ verein im Regierungsbezirk Wiesbaden wurde eine Beihülfe von 150 ℳ zu Vereinszwecken bewilligt; 4) das Gesuch des Direktoriums des Vereins Nassauischer Land⸗ und Forstwirthe um Bewilligung einer jährlichen Beihülfe von 5 — 600 ℳ aus ständischen Mitteln zur Errichtung einer Saamenkontrole an der agrikulturchemischen Versuchsstation wurden dem kom⸗ munalständischen Ausschusse zur Beschlußfassung überwiesen.
Auf die Berichte der Wegebaukommission wurden die Veräußerungsvorschläge von verschiedenen Abschnitten von Chausseegrundstücken genehmigt und sodann über einen An⸗ trag des Gemeinderaths zu Steeten um Unterhaltung der im Zuge des Vicinalwegs Dehrn⸗Runkel belegenen Ortsstraße zu Steeten auf ständische Kosten zur Tagesordnung über⸗ gegangen.
Die Eingaben⸗Kommission schlägt vor, den Bericht des ständischen Verwaltungsausschusses über die Ergebnisse der ständischen Verwaltung vom 1. April 1882 bis 31. März 1883 zu den Akten zu nehmen und dem Verwaltungsaus⸗ schusse seinen Dank für die gute Verwaltung auszusprechen. Dies geschah. Ueber das Gesuch des Philipp Diehl zu Hattersheim um Erhöhung einer Brandentschädigung ward zur Tagesordnung übergegangen.
Dasselbe geschah mit einem Gesuch gleicher Art des Friedrich Meuer in Rüdesheim.
Das Gesuch des Lorenz Keller zu Glashütten um Dis⸗ pensation vom Wiederaufbau abgebrannter Gebäude und Aus⸗ zahlung der Brandentschädigung hierfür wurde dem ständischen Verwaltungsausschuß zur Beschlußfassung überwiesen.
Bayern. München, 28. März. (Allg. Ztg.) Der König hat sich bewogen gefunden, die bisherige Selbstän⸗ digkeit der Königlichen Pagerie vom 1. April d. J. an auf⸗ zuheben und dieselbe dem Königlichen Oberst⸗Kämmererstabe unterzuordnen. — Zur gestrigen Hoftafel bei Sr. Majestät war auch der Commandeur der Festung Ingolstadt, General⸗ Major Freiherr von Schleitheim, geladen.
Hessen. Darmstadt, 29. März. (W. T. B.) In Folge des Ablebens des Herzogs von Albany ist die Hochzeit des Prinzen von Battenberg und der Prin⸗ zessin Victoria verschoben und Hoftrauer bis zum 25. April angeordnet worden.
Waldeck. Arolsen, 29. März. (W. T. B.) Die Fürstin ist heute Mittag nach England abgereist.
Wien, 29. März. (Wien.
Oesterreich⸗Ungarn. Abendp.) Heute waren beide Häuser des Reichsraths versam⸗
melt. Das Herrenhaus erledigte sämmtliche Gegenstände der Tagesordnung ohne Debatte im Sinne der Ausschuß⸗ anträge. Im Abgeordnetenhause wurde von den Abgg. Fuerth und Raab eine Interpellation darüber eingebracht, ob der Minister⸗Präsident bereit sei, darauf hinzuwirken, daß das Auswärtige Amt bei der egyptischen Regierung die erforderlichen Schritte thue, damit die ca. 7 Millionen Frs. betragenden, den österreichischꝛungarischen Staatsangehörigen zuerkannten Entschädigungen thunlichst rasch und im vollen Umfange ausbezahlt würden.
Großbritannien und Irland. London, 29. März. (W. T. B.) Anläßlich des Ablebens des Herzogs von Albany ist für den Hof, das Heer und die Marine Trauer vom 30. März bis 11. Mai und eine allgemeine Landestrauer für 3 Wochen vom 30. März ab angeordnet worden. — Der Prinz von Wales begiebt sich heute Abend nach Cannes, um die Leiche des Herzogs von Albany nach England zu geleiten.
— 30. März. (W. T. B.) Der „Observer“ meldet in einer Extra⸗Ausgabe aus Kairo, von heute: General Gordon habe aus Khartum einen Ausfall auf die Auf⸗ ständischen gemacht. Die unter seinem Befehl stehenden egyptischen Truppen hätten aber in Folge einer unter ihnen entstandenen Panik die Flucht ergriffen; General Gordon sei deshalb genöthigt gewesen, sich zurückzuziehen und nach Khartum zurückzukehren (vergl. Egypten).
— 31. März, Vormittags. (W. T. B.) Die Bei⸗ setzung des Herzogs von Albany soll am nächsten Sonnabend im Mausoleum von Frogmore stattfinden. Gestern traf der Prinz von Battenberg in Windsor ein, um der Königin persönlich seine Theilnahme zu be⸗ zeigen.
Ein Telegramm der „Times“ aus Khartum be⸗ stätigt die Niederlage der Truppen des Generals Gordon in allen Stücken. Angeblich soll dieselbe durch die Verrätherei zweier egyptischen Offiziere herbeigeführt worden sein. Wie verlautet, wird Suakim eine Garnison von 2 Bataillonen der egvptischen Armee erhalten, die von englischen Offizieren kommandirt werden; außerdem soll ein englisches Kriegsschiff bei Suakim stationirt werden.
Frankreich. Paris, 29. März. (Köln. Ztg.) Der unter dem Vorsitz des Präsidenten Grévy heute im Elysée abgehaltene Ministerrath beschloß die Beibehaltung der Einrichtung des Einjährig⸗Freiwilligen⸗Dienstes nur für Schüler der höheren Normalschulen. Die jungen
— Der Kaiserlich russische Botschafter Fürst Orloff hat
eingebrachte Interpellation. Die Staatsregierung habe in
einen ihm bewilligten Urlaub angetreten. Während der 1 ..“ “
Leute, die sich nur zu den freien Berufsarten vorbereiten,
errsten Maßnahmen des Ministeriums dürfte die Ernen⸗ nung von Unter⸗Staatssekretären an Stelle
sidenten des Kaffationshofes ernannt worden.
Zolldepartement eine Kommission eingesetzt worden welche die Frage neu zu entwerfender Reglements, betreffend
Frage war im vergangenen Jahre in einem Eisenbahnkongreß
8— 7 lehnsertheilung an Grundbesi 8 ermächtigt 9 g sitzer gegen Solawechsel
sind zu dreijähriger Dienstzeit verpflichtet. — Die Regierung ließ der Königin von Tahiti zur Erinnerung an ihren Besuch in Paris eine goldene Denkmünze überreichen. — Der englische Botschafter ist nach Cannes geeilt, um Anordnun⸗ gen zur Ueberführung der Leiche des Herzogs von Albany nach England zu treffen. Aus Cannes wird die Ankunft des Generals Duprat gemeldet, der von der Königin Victoria abgesandt wurde. Heute Abend erfolgt die Einsargung der Leiche. Der Sarg wird morgen in Begleitung des Generals Duprat, des Kapitäns Perceval und des Arztes Dr. Royle nach England befördert werden.
— (Fr. Corr.) Die „Liberte“ schreibt: Die Nachrichten aus Hanor sind gut; der Gesundheitszustand des Expeditions⸗ Corps ist ausgezeichnet. Die Truppen concentriren sich nach und nach um die Citadelle, und man bereitet sich auf den Marsch gegen Hung⸗Hoa vor, dessen Einnahme nicht lange auf sich warten lassen dürfte. Berichte von Spionen melden, daß unter den Schwarzflaggen große Entmuthigung herrsche. Die Einnahme von Bac⸗Ninh und die Anwesenheit eines so starken Expeditionsheeres hat sie in völlige Zerrüttung versetzt. Der Gedanke an eine Evakuirung von Hung⸗Hoa undan einen Rück⸗ zug auf den Oberlauf des Flusses, bis nach Lao⸗Kar, wurde zu wiederholten Malen in den Berathungen der Häuptlinge der Schwarzflaggen angeregt. Die Einnahme von Hung⸗Hoa ist sehr wichtig; es wäre wünschenswerth, daß sie vor Ende April geschehen könnte, da um jene Zeit die schlimme Jahres⸗ zeit beginnt. Sie würde dem General Millot gestatten, sich sicher in den Festungen des Deltas niederzulassen „und mit der Heimsendung von 3— 4000 Mann zu beginnen.“
Der „National“ bringt folgende Note: „Der Marine⸗Minister arbeitet augenblicklich an einem Bericht, der als Anhang zu der Nachtragskreditforderung für Tongking dienen soll. Die Ziffer des Kredits wird natür⸗ lich im Verhältniß zu dem Effektiv des Expeditionscorps sein, welches letztere augenblicklich an 14 000 Mann beträgt. Wir glauben zu wissen, daß dieses Gesetzesprojekt, betreffend die Bewilligung der Kredite, von dem Marine⸗Minister erst nach den Osterfe rien eingebracht werden wird.“
— 31. März, früh. (W. T. B.) Die „République francçaise“ fordert das Ministerium auf, der großen republikanischen Majorität des Landes durch eine festere Haltung in der allgemeinen Verwaltung Genug⸗ thuung zu gewähren. In einem zweiten Artikel bezichtigt die „République française“ die Orleanisten der Conspiration; der Graf von Paristertheile nicht gerade ausdrücklichen Befehl, der Regierung Hindernisse und Erschwerungen zu bereiten, aber er rege sie doch unaufhörlich dazu an. Die Regierung müsse Maßregeln gegen die Orleanisten ergreifen.
Nach einer Meldung aus Lille dauert die Strike⸗ Bewegung in Anzin noch immer fort. Heute wurden zwei Häuser, in denen Grubenarbeiter aus Wallers wohnten, welche die Arbeit wieder aufgenommen hatten, von den Stri⸗ kenden in Brand gesteckt und vollständig niedergebrannt.
Spanien. Madrid, 30. März. (W. T. B.) Am
Dienstag wird das Dekret, betreffend die Auflösung der Cortes, erscheinen. Die Wahlen sollen am 27. April stattfinden. In hiesigen Blättern wird konstatirt, daß die gesammte spanische innere Schuld, sowie 33 ½ Proz. der äußeren Schuld sich in spanischem Besitz befinden, und daß hieraus steigenden Wohlstand des Landes geschlossen werden ürfe.
Das für Ihre Kaiserliche Hoheit die Kronprin⸗ zessin bestimmte Album ist nunmehr fertig gestellt; alle größeren spanischen Maler sind in demselben vertreten; die hauptsächlichsten Blälter sind auf Wunsch Sr. Kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen noch nicht gebunden, damit dieselben auf der Ausstellung spanischer Kunstgegenstände in Berlin einzeln ausgelegt werden können. — Pin Reuß XXVII. ist hier eingetroffen.
Italien. Rom, 30. März. (W. T. B.) Das Ministerium hat sich nunmehr konstituirt und wird noch heute Abend den Eid leisten. Als neue Mitglieder treten in dasselbe ein: Brin (Marine), Coppino (Unterricht), Grimaldi (Ackerbau) und Ferracciu (Justiz). Depretis, Mancini, G Genala und Ferrero bleiben auf ihren bisherigen
osten.
Bei Gelegenheit der Ernennung der beiden neuen Kar⸗ dinäle erinnerte der Papst an seine bei jedem neuen Angriff auf die Rechte des Papstthums formulirten Proteste und sagte: man schreite auf der Bahn dieser Angriffe vorwärts und suche durch alle erdenklichen Mittel sich in dem Besitz Roms zu befestigen. Er verurtheile alles, was zum Nachtheil der Kirche unternom⸗ men worden sei, und wolle alle Rechte derselben, nicht aus Ehrgeiz, sondern seiner Pflicht gemäß vertheidigen. Er sei einem wandelbaren, unsichtbaren Schiedsrecht preisgegeben, wie beispielsweise in der Angelegenheit der Propaganda. Er sehe noch ernstere Heimsuchungen voraus, sei aber bereit, dieselben zu ertragen; die Feinde des Papstthums hätten ge⸗ schworen, dasselbe womöglich zum Aeußersten zu treiben. Wahre Patrioten würden sicherlich nicht derartig vorgehen.
— 31. März. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer, deren Session voraussichtlich bis Anfang Mai verlängert werden wird, soll am Donnerstag zusammentreten. Eine der
der General⸗ Sekretäre sein.
Griechenland. Athen, 29. März. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident Trikupis hat der Kammer einen Gesetzentwurf, betreffend die Revision des allgemeinen Tarifs, vorgelegt. — Die hier verbreiteten Gerüchte über Unruhen auf Kreta werden für unbegründet erklärt.
Serbien. Belgrad, 31. März. (W. T. B.) Radoviec, früher Justiz⸗Minister im Kabinet Pirotschanatz, ist zum Prä⸗
Rußland und Polen. St. Petersburg, 30. März. (W. T. B.) Wie die „Nowosti“ erfahren, ist bei 8
die Frachtdokumente für aus dem Auslande mittelst der Eisenbahnen einzuführenden Waaren, berathen soll. Diese
angeregt worden.
Von Seiten der Reichsbank wird bekannt gemacht, daß auf Grund des Kaiserlichen Ukases vom 24. Januar 1884 zun mehr mehrere ihrer provinziellen Filialen zur Dar⸗
Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. März. (Hamb. Corr.) Der König ist vorgestern Abend mittelst Extrazuges nach Christianig abgereist. Auf dem Bahnhofe befanden sich außer den Mitgliedern der Königlichen Familie, den Spitzen der Behörden, einer großen Anzahl von Reichs⸗ tagsmitgliedern ꝛc. ungefähr 600 Arbeiter Stockholms, die Sr. Majestät vor einigen Tagen eine Zustimmungsadresse übersandten. Die Verabschiedung gestaltete sich zu einer eben so sym pathischen wie der neuliche Empfang. Die Regierung ist bis zum 2. April dem Minister des Aeußern, Freiherrn Hochschild, sowie den Staatsräthen Lovén, Freiherr von Otter und Reichert, und später den Staats⸗Räthen Lovén, von Otter und Richert übertragen worden.
Christiania, 29. März. (W. T. B.) Das Reichs⸗ gericht hat heute den rI, Johansen, auf den sich der erste Punkt der Ministeranklage nicht mit erstreckt, zu einer Geldstrafe von 8000 Kronen und zu den Prozeß⸗ kosten im Betrage von 200 Kronen verurtheilt.
Dänemark. Kopenhagen, 29. März. (W. T. B.) Der Handelsvertrag mit Spanien ist von dem Mi⸗ nister des Auswärtigen und dem hiesigen spanischen Gesandten unterzeichnet worden.
Amerika. Washington, 30. März. (W. T. B.) Der Handelsausschuß des Repräsentantenhauses hat die Bill, welche die Prüfung des für den Export bestimmten Fleisches anordnet und die Einfuhr gefälschter Nahrungsmittel und Getränke untersagt, der Hauptsache nach in der vom Senat beschlossenen Fassung angenommen, jedoch die Bestimmungen über die Repressalien fallen gelassen.
Cincinnati, 28. März. (W. T. B.) In Folge eines sehr milden Erkenntnisses in einem Mordprozesse sammelte sich ein Volkshaufen um das hiesige Gefängniß, in welchem noch mehrere des Mordes Angeklagte inhastirt waren, so daß zur Verhütung weiterer Ausschreitungen Militär requirirt werden mußte. Dasselbe machte von den Waffen Gebrauch, wobei mehrere Tumultuanten getödtet wurden. Der Volkshaufen vergrößerte sich hiernach, bemächtigte sich aller Waffen und Munitionsvorräthe des Zeughauses und bedroht fortgesetzt das Gefängniß. Einem Gefangenen, welcher inzwischen nach einer benachbarten Stadt gebracht werden sollte, gelang es unterwegs, aus dem Eisenbahnzuge zu ent⸗ kommen.
— 29. März. (W. T. B.) Bei den Unruhen sind 21 Personen verwundet worden und haben 4 schwere Ver⸗ letzungen davon getragen; eine Person ist an den erhaltenen Verwundungen gestorben. Der entsprungene Verbrecher ist wieder in Haft gebracht worden. Die Unruhen haben sich nicht wiederholt. — 30. März. (W. T. B.) In der vergangenen Nacht ist es zu neuen Ruhestörungen gekommen. Die Volks⸗ menge umringte das Gefängniß, welches Polizei⸗ und Militär⸗ mannschaften besetzt hielten, steckte das Gerichtsgebäude und andere Gebäude in Brand und verhinderte die Feuerwehr am Löschen, bis das Militär letztere unterstützte. Von der Volks⸗ menge wie vom Militär wurde von Schußwaffen Gebrauch gemacht, wobei über 50 der Ruhestörer getödtet wurden. Die Volksmenge erbeutete eine Kanone, jedoch ohne Munition; die Polizei nahm die Kanone später wieder und zerstreute die Tumultuanten.
„New⸗York, 30. März. (W. T. B.) Die Ruhe⸗ störungen in Cincinnati erregen aller Orten in der Union großes Aufsehen. In einer Depesche aus Cincinnati wird die Zahl der Todten auf etwa 100, die Zahl der Ver⸗ wundeten auf etwa 300 angegeben. Die Truppen sollen mit einem Gatlinggeschütz auf die Menschenmasse geschossen haben. Als Ursache der Ruhestörungen wird wiederholt angegeben: in dem Gefängnisse von Cincinnati sei eine größere Anzahl von Personen detinirt gewesen, die wegen mehrerer Mord⸗ thaten angeklagt gewesen seien; die Bevölkerung habe im Hinblick auf ein in einem früheren Prozesse ergangenes Ur⸗ theil gefürchtet, daß die Angeklagten nicht die Strafe erhalten würden, die sie verdienten, und sie habe dieselben deshalb lynchen wollen. Nach hier eingegangenen Nachrichten fällt das Wasser
des Mississippi unterhalb Greenville und Missis⸗ sippi wieder.
Süd⸗Amerika. Peru. Lima, 29. März. (W. T. B.) Die Ratifikationen des Friedensvertrages zwischen Chile und Peru sind gestern formell ausgetauscht worden. Die Nationalversammlung von Peru wird am nächsten Montag geschlossen werden.
Afrika. Egypten. Alexandrien, 30. März. (W. T. B.) Nach aus Khartum eingegangenen Nachrichten ver⸗ ließ General Gordon Khartum am 16. d. M. mit 3000 Mann Infanterie, 2 Geschützen und einigen berittenen Bashi⸗ boschuksk, um die Aufständischen zu zerstreuen, die die Stadt bedrohten. In der Nähe von Halfiyah stieß Gordon auf den Feind; seine Bashiboschuks wurden von etwa 60 Reitern der Aufständischen angegriffen und flohen eilig davon; die Infanterie Gordons, von einer Panik ergriffen, begab sich unter Zurücklassung der Geschütze gleichfalls auf die Flucht und wurde von den Reitern des Feindes verfolgt. Dieser Schlappe ungeachtet soll General Gordon erklärt haben: für Khartum sei durchaus keine Gefahr.
Zeitungsstimmen.
Nach einer, der „Volks⸗Zeitung“ zugeh 1 r vat 1 8 8 2 8 zugehenden Privat⸗ mittheilung richteten Bürger der Orte Freinsheim und Herx⸗ heim a. B. an den Reichskanzler folgende Adresse: Sr. Durchlaucht dem Reichskanzler, Fürsten Bismarck, Berlin. Die unterzeichneten Nationalliberalen, Bürger von Freinsheim und Herxheim a. B., Wahlkreis Landau⸗Neustadt, bei gemeinschaftlicher Geburtstagsfeier unseres allverehrten Ka sers die Reichstagsdebatten vom 20. März über das Sozialistengesetz be⸗ sprechend, fühlen sich gedrungen, Eurer Durchlaucht ihre vollste An⸗ erkennung auszusprechen für Ihr energisches Eintreten für diese An⸗ gelegenheit und Ihnen die Versicherung zu geben, daß trotz aller fortschrittlichen Wühlereien und Aufhetzereien doch der überwiegende Theil des eigentlichen Bürgerstandes mit Ihrer Finanz⸗ und Zoll⸗ politik sowohl als auch mit Ihren sozialen Reformbestrebungen voll⸗ ö ist. “ lange Jahre Ihren ren Dienst im Interesse des Vaterlandes versehen kö . ö“ ss sehen können. Hoch
— Die „Kölnische Zeitung“ schreibt zur Lage im Innern: ... Ueberdies war wenig Unterschied zwischen dem politischen
ien.
8
S waren alsbald nach ihrem Austritt aus der nationalliberalen Partei, um doch wenigstens ein anderes Programm zu haben als diese, ge⸗ nöthigt worden, mehr und mehr die Freihandelslehre und die wirth⸗ schaftliche Selbsthülfe zum Parteiprogramm zu nehmen. Damit aber waren sie in den beiden Hauptfragen, an denen des Fürsten Bismarck Stellung und Leben hängt, zu dem leitenden Manne in ebenso ent⸗ schiedenen und unversöhnlichen Widerspruch getreten, wie die Fort⸗ schrittspartei.
„ Um nun nicht beim Wahlkampf in doppeltes Feuer von links und rechts zu kommen, zogen die Sezessionisten vor, zum Gegner nach links überzugehen und mit diesem zusammen dem Gegner nach rechts, den ursprünglichen Partei⸗ und Fraktionsgenossen die Stirn
zu bieten.
Vielfach ist nun gemeint worden, eine solche entschiedene Front⸗ stellung sei nicht nöthig, sogar politisch fehlerhaft; es könnten sehr wohl National⸗Liberale und Freisinnige, wenn auch nicht einig zu⸗ sammen, jedoch in Frieden nebeneinander gehen. Es ist nothwendig, sich über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer solchen Stellung der beiden liberalen Fraktionen klar zu werden.
Wäre das Ziel und Trachten der auf der äußersten Rechten unserer Parlamente sitzenden Konservativen zugleich auch das Pro⸗ gramm unserer Regierungen, so würden auch wir sagen, um jeden Preis sei ein Vertreter der Opposition zu wählen. Aber die Regierun⸗ gen widersetzen sich den extremen Anforderungen der Kreuzzeitungsleute ebenso bestimmt wie wir. Zu einer Politik des nur verneinen⸗ den Pessimismus ist sonach kein Grund vorhanden. Wo aber die Reaktion „Anforderungen erhebt, die vom Standpunkte auch des gemäßigten Liberalismus unerfüllbar sind, da steht auf der Seite des letztern auch die Regierung. Hier bleiben sonach sachlich die gemäßigt Liberalen und die Fortschrittlichen eines Sinnes. Wäre damit das Programm der letztern erschöpft, so würde nichts die Liberalen gemäßigter Richtung hindern, der Fusion beizutreten; dann hätte aber auch nichts die Sezessionisten genöthigt, als Männer von Ueber⸗ zeugungstreue aus der nationalliberalen Partei auszutreten. Wenn die Zumuthung an die Nationalliberalen gestellt wird, der neuesten Ver⸗ schmelzung auf der linken Seite unserer Parlamente beizutreten, so muß die Gegenfrage gestellt werden: warum denn die Sezessionisten seinerzeit aus der Partei ausgetreten sind, statt daß die Fortschritts⸗ partei eintrat. Wenn sich die Nationalliberalen nicht geändert haben und die Fortschrittler ebensowenig, so ist es Widersinn, wenn die⸗ jenigen eine Vereinigung aller Liberalen befürworten, die vordem innerhalb des Verbandes der größten liberalen Fraktion nicht zu blei⸗ ben vermochten.
Und die Nationalliberalen haben sich in der That nicht geändert;
auch die Fortschrittspartei nicht; ebensowenig wie die Sezessionisten. Denn das muß anerkannt werden: die Gründe des Austritts der letz⸗ tern aus der nationalliberalen Fraktion sind in der letzten und eigent⸗ lichen Wurzel gleich mit den einzigen Programmpunkten, welche die Sezessionisten von ehedem mit den Fortschrittlern verkittet haben; es ist die Festsetzung der Heeresstärke durch das Parlament während jeder Legislaturperiode, also höchstens auf 3 Jahre, welcher Frhr. von Stauffen⸗ berg das Wort redete; es ist die Frechandelspolitir und die Gegner⸗ schaft gegen den neuen Zolltarif, die namentlich die liberalen nord⸗ deutschen Abgeordneten aus der national⸗liberalen Partei trieb, als diese die Zollfragen für kein trennendes politisches Parteimerkmal er⸗ klärte; es ist endlich die Aufstellung des unbedingten Grundsatzes der wirthschaftlichen Freiheit und Selbsthülfe des Individuums und Ein⸗ schränkung der Thätigkeit des Staates auf den Nachtwächterberuf der Sicherung vor Raub und Ueberfall, die Stellungnahme gegen den sogenannten Staatssozialismus. In allen diesen drei Punkten sind wir Gegner des fortschritt⸗ lichen Standpunktes und kommen dem Standpunkte des Reichs⸗ kanzlers in der Sache bereitwillig entgegen; jeder dieser drei Punkte aber auch würde uns, wenn eine Mehrheit des Reichstags in unserm und des Kanzlers Sinne nicht zustande käme oder gesichert bliebe, un⸗ abwendbar in einen Konflikt hineinbringen, von welch letzterm wir für unser wirthschaftliches wie politisches Leben durchaus kein Heil erwarten können.
Die Wehrkraft des Deutschen Reichs ist zur Zeit der oberste Grund des europäischen Friedens und wird es, so hoffen wir, auf lange Jahrzehnte hinaus bleiben. Die Erhaltung derselben liegt den vor der ganzen Welt bewährten Männern ob, zu denen wir das Zu⸗ trauen haben, daß sie mit ängstlicher Gewissenhaftigkeit und sorg⸗ samster Berechnung jede Mark Geldes, die ihnen anvertraut wird, in der zweckmäßigsten Weise verwenden. Wie stark aber die wehr⸗ bereite Mannschaft unseres Heeres der Zahl nach sein muß, um mindestens jeder andern europäischen Armee als gleichkräftig begegnen zu können, das vermögen allein nur unsere militä⸗ rischen Größen zu beurtheilen; zudem aber ist durch Art. 60 der Bundesverfassung zunächst bis 31. März 1871 die Friedensstärke des Heeres auf 1 % der Bevölkerung festgesetzt worden. ..... Es bleibt nur ein Grund denkbar, der die Freisinnigen veranlassen kann, die Bewilligung des Reichsheeres alle drei Jahre dem Reichs⸗ tage zur Entscheidung vorzulegen. Sie wollen öfter als bisher Ge⸗ legenheit haben, die Regierung durch die Drohung, das Heereserforder⸗ niß abzuschwächen oder abzulehnen, williger zu machen für die poli⸗ tischen Forderungen der Opposition. Und das ist gerade, was wir unter allen Umständen vermieden sehen möchten.
1““ Freihandelspolitik war recht eigentlich das Partei⸗ merkmal der Sezessionisten. Und die Opposition gegen den neuen Zolltarif wird immer das letzte Ziel der Herren Bamberger, Rickert, Barth u. s. w. bleiben. Wir sind die letzten, welche die großen Schädigungen verkennen, die dem deutschen Handel und der deutschen Schiffahrt, namentlich also unseren Seestädten, durch die neue Zollgesetzgebung zugefügt worden sind; wir haben bis zum letzten Moment gegen diese Politik gekämpft. Das aber kann ehrlicherweise nicht geleugnet werden: der allge⸗ meine Rückgang unserer Volkswohlfahrt, den man vielfach von dem neuen Tarif besorgte, ist nicht nur nicht eingetreten, son⸗ dern immer breitere Schichten der Bevölkerung haben sich der Meinung zugewandt und zubekannt, daß die gemäßigte Schutzzoll⸗ politik — man könnte sie auch eine eingeschränkte Freihandelspolitik nennen — zur Zeit für Deutschland angezeigt sei. Wenn die Regierung in die Nothlage gebracht würde, einen Reichstag auf⸗
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zulösen und Neuwahlen anzuordnen, bei denen es sich für oder gegen den Zolltarif handelte — so würde sie heute zuverlässig eine größere schutzzöllnerische Mehrheit bekommen als im Jahre 1878. Ein Kon⸗ flikt mit der Reichsregierung also wegen des Zolltarifs wäre nicht nur ungerechtfertigt, sondern gänzlich aussichtslos. Die Frage des Zolltarifs hat unseres Erachtens zu ruhen, bis sich unzweifelhaft herausgestellt hat, daß er einen Rückgang unseres Volkswohlstandes verursacht hat. Bis jetzt kann das ehrlicherweise, wie gesagt, nicht behauptet werden.
Das Wort Staatssozialismus hat für uns nichts erschreckendes. Und was Fürst Bismarck unter dem Namen Sozialreform erstrebt, das sind liberale Forderungen.. Gerade vom Stand⸗ punkte des Liberalismus müßte man in den Zielen der Sozial⸗ reform mit dem Fürsten Bismarck gehen. Gelingt es, diese Ziele auf dem richtigen Wege zu gewinnen, so wird eine der edelsten libe⸗ ralen Bestrebungen verwirklicht: die Hebung der Lage und somit der persönlichen Freiheit der wirthschaftlich Schwachen gegenüber dem Egoismus und der Gleichgültigkeit der Besitzenden. Wir verstehen nicht, wie es eine liberale Partei zum Grundsatz nehmen kann, diese Politik, die in gangbare Wege einzulenken eben begonnen hat, dadurch zu bekämpfen, daß man dem abgelebten Schlagworte der Selbsthülfe zu Liebe mit einem eigenen Programm nachhinkt, welches sachlich dasselbe will. Auch in der Sozialreform können wir uns zur unbe⸗ dingten Opposition gegen den Reichskanzler gerade vom liberalen Standpunkte aus nicht bekennen.
„Das Programm der neuen freisinnigen Partei ist also in seinen sämmtlichen wesentlichen Forderungen das des Konflikts; es ist das „Fort mit dem Fürsten Bismarck“ der Fortschrittspartei, in drei einzelne Punkte auseinandergelegt. Weil wir den Fürsten Bismarck an der Spitze unseres Staatslebens noch lange erhalten sehen möchten,
Programm der Fortschrittspartei und der Sezessionist Letzter 8 LEI“ 8 8
r jeden Konflikt überhaupt für ein Unglück halten und in